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wiso?!

"Ihre Bestellung bitte?" mit einem Lächeln auf den Lippen ging sie von Tisch zu Tisch. Der Job in dem Maid-Café war ihr auf Anhieb sympathisch gewesen. Der Laden war gleich um die Ecke und die Bezahlung war auch gut. Das der ein oder andere Kunde mal unter ihr Kleid fasste nahm sie in Kauf. Sie brauchte das Geld, da durfte sie nicht wählerisch sein. Seit sie sich erinnern konnte hatte sie nur ihren Vater gehabt. Ihre Mutter starb kurz nach ihrer Geburt an einer Krankheit. An was genau konnte ihr niemand sagen. Konnte oder wollte nicht, es kam das selbe bei raus. Ihr Bruder verschwand als sie 10 Jahre alt war. Er war damals 16 und so wie er verschwand auch sie im Alter von 16 Jahren. Tokyo! Die Stadt in der alle ihre Träume wahr werden sollten. Welche Träume überhaupt? Sie hatte nie groß über ihre Zukunft nachgedacht. Wollte einfach nur raus aus ihrem Kaff. Die Welt sehen. Reisen, heiraten eine Familie gründen. Viel Geld haben. Glücklich sein. Mehr wollte sie doch gar nicht. War das denn schon zu viel verlangt? Die letzten Kunden waren verabschiedet und der Abwasch war erledigt. "Endlich Wochenende" seufzte Laya während sie ihr Kleid gegen ein einfaches Top und einen geblümten Rock eintauschte. Das ständige Lächeln ging ihr auf die Nerven. Immer nett und freundlich sein. "Der Kunde ist König" schnaubte sie verächtlich. "Das ich nicht lache". Sollte das etwa alles sein? War das ihr Leben? Eine billige Maid in einem Café für verzweifelte Männer, die seit 10 Jahren keine Frau im Bett gehabt haben und noch bei Muttern lebten? Das konnte doch nicht alles sein! Sie war doch nicht nach Tokyo gekommen um so zu enden! Sie nahm ihre Tasche aus der Kabine. "Tschühüs" trällerte sie gespielt fröhlich . Keine Antwort. Sie räusperte sich, dann flötete sie erneut "Tschüs meine Damen!" Immer noch war alles still. Waren sie alle schon gegangen? Ohne sich zu verabschieden! Frechheit! Das Café war dunkel und leer. Nur aus der Küche drang etwas Licht in den Umkleidebereich. Langsam ging sie auf das Licht zu.  Es klapperte laut. Jemand fluchte leise. "Wer ist da?" sie bemühte sich ihrer Stimme einen festen Klang zu verleihen. Ein großer dunkler Schatten erschien. Ihr Herz schlug aufgeregt und unregelmäßig in ihrer Brust. "Wer-?" - "Buh!" Ein Junge steckte den Kopf aus der Tür. Er grinste. Seine Haare waren dunkelbraun und lockig. Sein Gesicht über und über mit Sommersprossen bedeckt. "Wer bist du?" zu seiner Enttäuschung und ihrem Erstaunen hatte sie sich nicht erschreckt. "Julien" sagte er. Seine Stimme klang warm. Als würde er direkt in ihr Herz reden. "Und du bist Laya Nagasaki nicht wahr?" Sie nickte. Er hatte einen englischen Akzent. Er sah auch nicht wirklich aus wie ein Japaner. So jemanden vergaß man doch nicht einfach. "Woher kennst du mich?" Ihre Frage klang zickiger als sie beabsichtigt hatte. "Unter Kollegen kennt man sich halt" er grinste wieder. "Kollegen? Heißt das du arbeitest hier?" Jetzt war er anscheinend wirklich enttäuscht. Sie warf ihm ein entschuldigendes Lächeln zu. Sie hatte es ja nicht böse gemeint. Niemand sagte jetzt etwas. Es kam ihr vor wie eine Ewigkeit. Das Ticken der Uhr…. ihr Blick fiel auf die Uhr. "Verflucht! Mein Bus!" Schnell drehte sie Julien den Rücken zu und lief ohne ein weiteres Wort aus dem Café. 'Tut mir Leid Julien' dachte sie, dann rannte sie ohne zu schauen über die Straße. Der Bus kam. Doch sie stieg nicht ein, sollte das denn schon alles gewesen sein? "Ich liebe dich" flüsterte er. Sie war schon lange Zeit verschwunden doch er stand immer noch im Türrahmen und schaute ihr nach. Er hörte Sirenen am Laden vorbei fahren. Eine Träne rann über seine Wange. Schnell wischte er sie weg. "Das wollte ich dir nur sagen" mit diesen Worten drehte er sich um und ging zurück in die Küche. Das Ticken der Uhr hörte nicht auf. Die Zeit verging. Alles nahm seinen Lauf ohne darauf zu achten was geschah. Rücksichtslos. Der Regen setzte ein. Es war als würde der Himmel um sie weinen.

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Tag der Veröffentlichung: 16.07.2013

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