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Über den Autor

Heinz Brast, geb. 1940 in Deutschland, wanderte 1977 mit Familie nach Kanada aus. Hier war er über 20 Jahre im deutsch-kanadischen Investitionsgeschäft tätig. 1983 schrieb er sein erstes Buch "Kanada, Ihre neue Heimat", welches vom ZDF als dreiteilige Serie "Kanadische Träume" unter der Redaktion von Dr. Claus Beling erfolgreich verfilmt wurde.

Danach folgte das Drehbuch "Die Rückkehr" mit Gerhard Lippert u. Christine Neubauer als Hauptdarsteller, ebenfalls erfolgreich ausgestrahlt vom ZDF.

In den darauffolgenden Jahren betätigte sich Heinz Brast als freiberuflicher Journalist und schrieb über 120 Artikel über Land und Leute in Kanada, vorzugsweise aber über Indianer und Mennoniten, veröffentlicht in den Zeitschriften und Magazinen "Deutsche Presse", "Kanada Journal", "Kanada Kurier" und anderen einschlägigen Publikationen.

An der renommierten "New York Institute of Photography" erwarb der Leica-Fotograf im Jahre 2008 das begehrte Zertifikat als "Professsional Photographer".

Durch den Verkauf einer Hotelimmobilie stieß er im letzten Jahr auf eine der großen Internetbetrügereien, wie sie momentan weltweit verübt werden. Nach über 300 Stunden intensiver Nachforschungen und Untersuchungen entstand sein neues spannungsgeladenes Buch "Geld, Gier und Diamanten", welches zum Großteil auf wahren Ereignissen basiert.

Vorwort

Obwohl es bereits Angst erregend ist, wie schnelllebig unsere heutige Welt geworden ist, sorgen immer neue technische Entwicklungen und andere Erfindungen dafür, dass diese Schnelllebigkeit täglich zunimmt. Viele Menschen glauben daran, auch ich bin einer von denen, dass die Errungenschaften und Veränderungen der letzten fünfzig Jahre weit größer und weitreichender sind als die der letzten fünfhundert. Neuerungen und Weiterentwicklungen bringen unzählige Verbesserungen und Erleichterungen in unser tägliches Leben, die einfach nicht mehr wegdenkbar sind. Aber, wo Licht ist, da ist auch Schatten.

Während beispielsweise das Internet für Millionen von Menschen nutzbringende Erfolge und Gewinne erzielt, wird es jedoch auf der Schattenseite von Verbrechern zum Betrug an ehrbaren Menschen benutzt, die ihr Geld und ihre Ersparnisse mit viel Mühe und harter Arbeit verdient haben.

Dieses Buch soll neben der Unterhaltung auch die unmoralischen und üblen kriminellen Machenschaften aufzeigen, die oft in primitivster Weise von verbrecherischen Elementen benutzt werden, um ehrliche und hart arbeitende Menschen zu schädigen und in den Abgrund zu stürzen.

Obwohl die in diesem Buch enthaltenen Geschichten fiktiv sind und alle Personen und Charaktere von mir frei erfunden wurden, Namensgleichheiten sind also purer Zufall, beruht doch der überwiegende Teil der Geschehnisse auf Taten, wie sie mir teilweise erzählt, aber auch zum Großteil von mir erlebt wurden. Interessanterweise musste ich dabei feststellen, dass die Begebenheiten, die im Buche am unglaubwürdigsten klingen, der Wahrheit am nächsten kommen.

 

Viele gutgläubige Menschen lassen sich durch die Sehnsucht, aber teilweise auch Gier, schnell reich zu werden, in diesem Netz der Versuchung fangen, verlieren viel, oft sogar ihr gesamtes Hab und Gut.

Die Praktiken und Tricks der Ganoven und Verbrecher sind meist primitiv und leicht durchschaubar. Trotzdem benehmen sich ein Großteil der Betrogenen und Verlierer wie Glücksritter.

Sie werden unbelehrbar und süchtig, bis sie tatsächlich am Boden zerstört, alles verloren haben und mit eigener Kraft keinen Ausweg aus ihrem Dilemma finden.

Heinz Brast

 

 

 

Vorgeschichte: Südafrika im Dezember 1869

Mit verschlafenem Gesicht, die Augenlider zusammengekniffen, so dass man selbst bei genauem Hinschauen nicht die Augenfarbe erkennen kann, steht Johan van der Toorn am offenen Schlafzimmerfenster seines Holzhauses. Er blickt hinunter in das vor ihm liegende blühende Tal. Die erst vor wenigen Minuten aufgegangene Sonne lässt die drüben auf der anderen Seite liegenden Hügel noch lange Schatten in die mit wilden Blumen und Sträuchern bewachsene Umgebung werfen. Schatten, die fast bis zu seinem Vorgarten reichen und die üppige Farbenpracht, The God’s Window‚ das Fenster Gottes’, wie es im Volksmund bezeichnet wird, dem Betrachter noch verborgen halten.

Johan van der Toorn ist, wie sein Nachname schon vermuten lässt, von ehemals holländischer Abstammung. Seine Vorfahren wanderten bereits im späten 18. Jahrhundert nach Südafrika aus, dem wie sie es damals beschrieben, schönsten Land im Süden der Erde. Schließlich hatte einer ihrer Vorfahren, Jan van Riebeeck, bereits im Jahre 1652 am Kap der guten Hoffnung, dem heutigen Kapstadt, eine Versorgungsstation für die das Kap umsegelnden Schiffe eingerichtet. Schiffe, die sich auf der Reise von oder nach Indien, Indonesien und Madagaskar, sogar Australien befanden, konnten sich hier mit frischem Proviant versorgen.

Als aber ein Großteil der Siedler vom Kap der guten Hoffnung weiter nach Osten vordrang, trafen sie auf den Stamm der Xhosa mit denen sie wegen Landbesetzungen, Wegnahme von Viehbeständen und dergleichen, öfters in blutige Kämpfe verwickelt wurden. Gerade wegen dieser Konflikte wanderten viele der Siedler, etwa zwölftausend Holländer, Deutsche und Franzosen, inzwischen als die ‚Buren’ bekannt, weiter in den Norden und Nordosten Südafrikas.


Etwa um das Jahr 1830 zogen sie in die heute als Provinzen Gauteng, Limpopo, Mpumalanga und Nordwest bekannten Territorien, wo sie die ‚South African Republic’ gründeten.

Auch Johan van der Toorns Vorfahren befanden sich unter jenen Siedlern. Die damalige Regierung verabschiedete verschiedene Gesetze, unter anderem die sogenannte Apartheid, wobei hauptsächlich drei Klassen gegründet wurden: Die weiße Rasse, die farbige, die aus Asiaten und anderen farblich gemischten Personen bestand und naturgemäß die schwarze Rasse. Alle drei Rassen wurden mit verschiedenen Rechten und auch Einschränkungen versehen, was zu regelrechten Kämpfen untereinander führte und auch besonders den Hass, hauptsächlich zwischen Schwarzen und Weißen schürte.

Johan van der Toorn stand immer noch total in Gedanken versunken und starrte in die vor ihm liegende Landschaft, die mehr und mehr Farbe annahm als die Sonne mit geballter Kraft vollständig hinter den Hügeln hervorschaute. Es würde ein heißer Tag werden, der 11. Dezember 1869. Glücklicherweise war die Luftfeuchtigkeit trotz des naheliegenden Limpopo Flusses, des zweitgrößten Stromes in Afrika, erträglich. Es war nicht wie im südlichen Teil des Landes, wo man an manchen Tagen kaum atmen konnte.

Johan war ein grobschlächtiger Mann, zweiundvierzig Jahre alt, unverheiratet, hatte zwar einige weibliche Bekanntschaften hinter sich, aber zu ernsteren Beziehungen oder sogar zum Eingang einer Ehe hatte es nie gereicht. Es störte ihn aber wenig. Schließlich hatte er genug andere Interessen und heute würde er erst zum Angeln und danach mit Pfeil und Bogen auf die Jagd gehen so wie es ihm seine schwarzen Freunde in den Jahren in denen er hier lebte, beigebracht hatten. Er ließ sein Schlafzimmerfenster weit offen, denn solange die Sonne nicht ihren Höhepunkt erreicht hatte, blies eine frische Brise durch die Fensteröffnung und hielt die Temperatur im Haus in einem erträglichen Maß.

Nachdem er unter der Dusche, die er rechts neben dem Haus auf einer kleinen Wiese erbaut hat, eine ordentliche Erfrischung nahm, ging er bedächtigen Schrittes zurück zum Haus. In der kleinen, aber gemütlichen Küche kochte auf einer noch mit Holz gefeuerten Heizplatte bereits das Kaffeewasser. Vom Rasieren hielt er nicht viel. Deshalb blieb auch heute, wie an manchen anderen Tagen der Bart stehen und verlieh ihm ein wildes und urwüchsiges Aussehen. Es störte ihn persönlich aber nicht im Geringsten. Doch seinen morgendlichen Kaffee brauchte er, erstens zum vollkommenen Wachwerden und zweitens zur absoluten Verbesserung seiner Laune. Im Volksmunde würde man ihn ohne weiteres als ‚Morgenmuffel’ bezeichnen.

Nur mit seiner kurzen Hose bekleidet, schenkte er sich in eine übergroße Blechtasse den Kaffee ein und schnitt sich drei Scheiben von seinem selbstgebackenen Brot ab. Er bestrich diese mit Butter und selbstgekochter Marmelade aus den Früchten seines Gartens. Danach nahm er an dem rohgezimmerten Tisch seinen gewohnten Platz ein.

Nach seinem recht kargen Frühstück legte er sich sein Angelzeug zurecht. Dann, als er genug Würmer in dem taufrischen Garten gesammelt hatte, machte er sich auf den relativ kurzen Weg zu einem Seitenarm des Limpopo Flusses. In einiger Entfernung von seinem Angelplatz hatte man doch vor rund zwei Jahren im seichten Wasser des Limpopo einige Diamanten, von hartem Felsstein umgeben, gefunden. Nach weiterem Suchen, welches in den nächsten Wochen die Ufer des Limpopo und auch der angrenzenden Nebenarme aus ihrer normalen Ruhe riss, sind aber die meisten Diamantensucher ohne Erfolg wieder abgezogen. Nur hier und da erspäht man noch jemand, der mit Spitzhacke und Schaufel bewaffnet, seinem Glück nachzujagen versucht.

Johan van der Toorn packt nun sein Angelgeschirr zusammen. Nur leicht bekleidet mit einem kurzärmeligen Sommerhemd, kurzer Khakihose und Sandalen, macht er sich auf, um seinen geliebten Angelplatz drunten am Flussufer aufzusuchen. Etwa zehn Minuten marschiert er den steilen Hügel von seinem Haus zum Flussbett hinab. Dort angekommen, führt ihn ein Trampelpfad noch einige Meter flussabwärts bis zu der Stelle, wo er sich bereits vor langer Zeit eine gemütliche Sitzgelegenheit geschaffen hat. Doch die meiste seiner Angeltätigkeit übt er im Stehen aus. Erst nach geraumer Zeit, er hat seine Angel, er weiß nicht wie oft, ausgeworfen, beißt ein stattlicher Fisch, ein kapitaler Barsch, der Johan van der Toorn den Kampf angesagt hat, an. Als er nach geraumer Zeit aufgibt und endlich von Johan aus dem Wasser gezogen, mit einem kurzen Schlag auf den Kopf betäubt ist, kann Johan ihn ausnehmen. Noch voll mit dieser Arbeit beschäftigt, die Sonne ist inzwischen ziemlich hoch am Horizont aufgestiegen, wird er von einem plötzlichen Lichtstrahl geblendet. Eine Wasserspiegelung der Sonne ist sein erster Gedanke. Doch bei nochmaligem Hinschauen bemerkt er, dass das Glitzern aus dem Ufersand kommt und nicht vom wellenwerfenden Strom. Ein Stück Glas kann es nicht sein. Hier an dieser Stelle des Ufers hat er noch nie Menschen gesehen. Gerade wegen dieser Unberührtheit hat er sie ja für sich und nur für sich ausgewählt.

Neugierig geworden, legt er Fisch und Filetiermesser auf eine vor ihm liegende flache Steinplatte und wandert weitere fünfzig Meter flussabwärts. Sein Erinnerungsvermögen bringt ihn plötzlich auf die Diamantenfunde vor rund zwei Jahren zurück. ‚Es könnte ja sein....... Nein, soviel Glück war ihm in seinem bisherigen Leben nie hold gewesen. Aber trotzdem, nachschauen schadet nichts’. So steht er plötzlich vor einem beachtlichen Felsbrocken der entweder im Winter bei hohem Wasserstand und kräftigem Sturm hierher gerollt oder vielleicht auch schon einige Jahrhunderte unbeachtet hier liegt.

Bei genauer Untersuchung stellt er fest, dass es sich um einen Teil einer Gesteinskette handelt, die sich am gesamten Ufer entlang zieht, zeitweilig frei zu sehen, aber meistens mit angespültem Flusssand überdeckt ist. Zurück zu dem am höchsten herausragenden Felsen, mehr trampelnd als gehend, versucht er die im Sonnenlicht vorher so gleißende Stelle wiederzufinden. Keine so leichte Aufgabe, denn trotz des niedrigen Wasserspiegels im Sommer wird das Gestein doch von Strudeln gebildeten Wellen immer wieder angespritzt. ‚Da’, sein Herzschlag kommt fast zum Stillstand, sieht er es im obersten Drittel des Felsbrockens.

Durchsichtig und klar, als wäre er bereits bearbeitet worden, sitzt der Diamant, nur etwa zehn Zentimeter entfernt ein anderer kleinerer und auf einmal, als hätte ihm irgendwer die Augen geöffnet, sieht er sie, einen nach dem anderen. ‚Oh Gott, ich bin auf eine Diamantenader gestoßen’. Er atmet schwer, sein Mund ist plötzlich wie ausgetrocknet. Obwohl er weiß, dass keine menschliche Seele im Umkreis von zehn Quadratkilometern zu finden ist, schaut er sich in jeder Minute mindestens drei Mal um, als ob er jemand erwartete, der käme um ihm seinen Fund streitig zu machen.

‚Johan, reiß dich zusammen; was muss ich jetzt tun, was soll ich jetzt tun. Versuche mal klar zu denken; meine Gedanken, sie wollen nicht, aber ich muss.’

Nach einiger Zeit, als sein Verstand wieder die Oberhand gewinnt, tastet er mit vorsichtigen Händen die vordere Gesteinswand ab. Seine Finger gleiten immer wieder über die klaren, weißen Stellen im Felsen als ob diese zerbrechlich wären. ‚Erst mal ans Ufer setzen und über den nächsten Schritt nachdenken.’ Obwohl er sehr grobschlächtig wirkt und auch im Gesamtbild eher den Eindruck eines Grobians als den eines feinfühligen Akademikers erweckt, dumm ist er sicherlich nicht.

Nachdem er einige Zeit so gesessen hat, blickt er zur Sonne und nach ihrem Stand zu urteilen, ist es inzwischen früher Nachmittag geworden. Seine vorherige Überraschung ist nun total verschwunden und von nüchternen Überlegungen abgelöst worden. Zuerst muss er jetzt zurück zum Haus, um einige Werkzeuge wie Spitzhammer und Meißel zu holen und damit versuchen, die Rohdiamanten aus ihrer Umhüllung zu lösen. Mit einer bisher ihm unbekannten Leichtigkeit eilt er den steilen Hügel hinauf, zurück zu seinem Haus. ’Systematisch denken, nur nichts vergessen’ prägt sich in sein Gehirn ein und so packt er eine Schaufel, eine Kreuzhacke, einen Spitzhammer, einen scharfen Meißel und nicht zuletzt, einen Vorschlaghammer zum Zerschlagen des Felsbrockens, zusammen. Das alles schnürt er zu einem straffen Bündel, welches ihm den Transport zurück zum Haus nach getaner Arbeit später erheblich erleichtern wird.

‚Habe ich alles, nichts vergessen? Nein, ich habe nichts vergessen. Oh doch! Ich brauche ja irgendwas, einen Beutel oder was Ähnliches zum Transport meiner wertvollen Fracht.’ Über seine ‚wertvolle Fracht’, den Wert von Diamanten, weiß er Bescheid. Er hat allerhand darüber gelesen und in Erfahrung gebracht, außerdem hat er auch einen Freund, der damit handelt.

Als man vor rund zwei Jahren die vorhin erwähnten Diamanten an der etliche Kilometer entfernten Uferstelle des Limpopos fand, wurde auch sein Freund aus Messina für eine Expertise eingeschaltet. Wie man herausfand, war in dem Fund auch ein dreiundachtzigeinhalb Karat Diamant, dem man einen ungeheuer hohen Wert nachsagte. Aber trotz weiterer intensiver Suche hat man es damals nicht geschafft, die Kimberliteader zu finden.

Johan van der Toorn rennt nun mehr als er geht, er hat doch etwas vergessen, zurück in sein Schlafzimmer. Aus dem neben seinem Bett stehenden Nachtkasten holt er einen aus Büffelleder hergestellten und von ihm selber sorgfältig genähten Beutel und schüttet den Inhalt, einige ererbte Schmuckstücke sowie mehrere kleinere Goldnuggets, in die offenstehende Schublade des Nachtkastens. Den nun leeren Lederbeutel steckt er tief in die Hosentasche seiner Khakishorts bevor er sich zum zweiten Male den steilen Hügel hinunter zum Flussufer begibt.

Am Fundort angekommen, beginnt er unverzüglich mit der vor ihm liegenden Arbeit. Mit dem Vorschlaghammer zwischen seinen großen, kräftigen Händen zerschlägt er die Steinplatte in Bruchstücke von der Größe eines Fußballes. Ein unsichtbarer Betrachter würde überrascht zuschauen um festzustellen, mit welcher Leichtigkeit der bärenstarke Mann den stattlichen Felsbrocken zertrümmert. Mit Hammer und Meißel trennt er nun die Steine, die die Diamanten enthalten, in faustgroße Brocken, um dann mit dem Spitzhammer die Diamanten auszulösen. Obwohl inzwischen Spätnachmittag und eine leichte Brise durch das Flusstal zieht, ist Johan van der Toorn jetzt in Schweiß gebadet. Etliche Male wandert er deshalb in die tieferen Stellen des Flusses, Abkühlung und Erfrischung suchend.

Als sich die Sonne anschickt, das Limpopotal in ein warmes Licht zu tauchen, ist auch für den glücklichen Diamantenfinder die Arbeit vorerst getan. Der recht große Lederbeutel ist mit Diamanten prall gefüllt. Jedoch nicht mit normalen Rohdiamanten, sondern mit den schönsten fehlerfreien, weißen Juwelen, die Johan je gesehen hat. Er war zu oft in Messina bei seinem Freund, der mit Diamanten, Juwelen und Gold handelte, zu Gast und konnte sich immerhin eine Vorstellung über den Diamantenwert machen.

Obwohl er meilenweit keine Nachbarn hat und auch noch nie in all den Jahren, in denen er hier lebte, ein menschliches Wesen am hiesigen Ufer gesehen hatte, schaufelt er Sand über die verstreut herumliegenden Gesteinsbrocken. Danach bündelt er sein Werkzeug zusammen und versteckt es vorerst in einer Felsspalte in der Nähe seines Angelplatzes.

Inzwischen zeigt die rötliche Verfärbung am Horizont den recht schnell kommenden Sonnenuntergang an. Aus diesem Grunde beschließt der Diamantenfinder Johan van der Toorn nicht auf seinem normalen Pfad, sondern eine Abkürzung durch den Busch und das dahinter liegende Waldstück zu nehmen. Den prallgefüllten Beutel mit den Diamanten in der linken Hand und den rechten Arm zum Brechen oder Wegbiegen von Ästen und Sträuchern gebrauchend, erreicht er das mit dichtem Unterholz und Krüppelbäumen versehene Waldstück. Plötzlich verspürt er einen höllischen Schmerz in seiner linken Ferse. Nur einen Augenblick später sieht er die ‚Schwarze Mamba’ davonhuschen, bevor er mit schon stark betäubtem Körper zu Boden fällt.

Mit letzter Kraft versucht er das Schlangengift aus der Ferse herauszudrücken. Zu spät. ‚Wie konnte er auch, nur mit Sandalen bekleidet, diesen Weg einschlagen.’ Die Betäubung seiner Glieder breitet sich schnell aus bis er endlich in eine wohltuende Ohnmacht fällt. Innerhalb einer Stunde wird der Tod von ihm Besitz ergreifen und in wenigen Wochen wird sein Körper vom dichten Unterholz des Waldes bedeckt und schwerlich auffindbar sein. 

Kapitel 1: Pieter van Dohlen und Belinda Holborn

Obwohl es eigentlich recht dunstig ist, die Sichtweite beträgt nicht mehr als ein paar hundert Meter, ist die Temperatur mit rund 25 Grad Celsius für diese Jahreszeit als angenehm zu bezeichnen. Immerhin ist der September nun einmal der Frühlingsmonat in Südafrika. Pieter van Dohlen liegt in einer mehr vorgebeugten als sitzender Stellung in dem bequemen, selbst gebauten Bambusstuhl auf der Veranda seines schmucken Holzhauses in der Nähe von Messina. Den ganz in der Nähe liegenden Fluss im Tal kann er durch den Dunstschleier zwar nicht sehen, doch der Geruch des vor ihm liegenden Wassers dringt bis zu seinem Haus und weiter in die hinter ihm liegenden fruchtbaren Hügel. Hier hat er in den siebzehn Jahren, die er in diesem, seinem ebenfalls selbst erbauten Haus lebt, einen großen Garten mit allerlei Obstbäumen, von Äpfeln, Zitronen, Orangen bis zu Eukalyptusbäumen, angelegt. Sogar ein Hügel mit Weinstöcken umrahmt die hintere Grenze seines Grundstückes.

Bekleidet mit einer olivgrünen Khakihose, dazu ein hawaiifarbiges Hemd und Sandalen, erhebt er seinen als schlaksig zu bezeichnenden Körper bedächtig aus seiner Ruhestellung. Er streckt sich erst einmal, um dabei seine braungebrannten Arme weit auszubreiten. Mit einem Meter fünfundachtzig hat er eine stattliche Größe und obwohl nicht übergewichtig ausschauend, drückt er doch rund hundert Kilogramm auf die Waage. Mit seinen siebenundvierzig Jahren bewegt er sich mit einer Geschmeidigkeit, die ihm so leicht niemand zutraut. Sein Gesicht ist, wie seine Arme, braun gebrannt. Die Gesichtszüge strahlen eine gewisse Härte aus, sind aber dennoch auch von einer unübersehbaren Gutmütigkeit geprägt, während die stahlblauen Augen eine gewisse Wachsamkeit bezeugen. Momentan ist sein Blick sanft und weich. Ja er streift fast träumerisch über das vor ihm liegende Land soweit es die Dunst und Nebelglocke erlaubt. Seine Haare, eine dichte Mähne und etwas zu lang im Nacken, haben jene Pfeffer und Salzfarbe, die bei vielen weiblichen Wesen einen zweiten Blick auslöst. Doch Pieter van Dohlen zeigt im Moment nicht das geringste Interesse, sich mit irgendjemand, weiblich oder männlich, weder romantisch noch freundschaftlich, einzulassen. Als vor etwa drei Jahren seine Frau, die einzige große Liebe in seinem Leben, innerhalb von nur drei Monaten an einer äußerst seltenen, aggressiven Krebskrankheit für immer einschlief, war es für ihn als wenn sein Körper zwar noch lebte, aber sein Geist mit ihrem Gehen bereits auch gestorben wäre. Tag und Nacht verbrachte er an ihrem Bett, wollte einfach nicht glauben, dass es keine Hoffnung gab. Er erfreute sie mit erfundenen Plänen, was sie alles noch zusammen erleben wollten, wenn sie wieder gesund sei. Aber die Illusion, die er wirklich hatte, ihr jedoch nur vorgaukeln konnte, nämlich Südafrika zu verlassen und in Kanada in Freiheit den Rest des Lebens zu verbringen, blieb Illusion. Noch monatelang nach ihrem Tod waren seine Gedanken erfüllt von einer Mischung aus Hass und zeitweilig auch Wehmut gegen alles was ihm in den Sinn kam. So verlor er in relativ kurzer Zeit fast alle seine Freunde. Eigentlich blieben ihm nur seine treu zu ihm haltenden Arbeitskollegen und der alte, verschrobene Hassan al Hasan, der ihn trotz all seiner oft sehr missmutigen Launen nicht hängen ließ und immer wieder versuchte, ihm Lebensmut einzureden. Manchmal schaffte er es sogar, Pieter ein Lächeln oder zumindest ein Grinsen abzuringen.

Eines Tages brachte er ihm einen jungen Schäferhund in der Hoffnung, Pieter mit einer neuen Aufgabe zu betrauen. Nach langen Hin und Her und auch vielen anzüglichen Worten, gelang es dem zahnlosen Hassan, Pieter dazu zu bewegen, den Hund wenigstens vorläufig zu behalten. Er belog ihn mit der Geschichte, dass der Hund zwar heimatlos, aber stubenrein sei und bereits auf den Namen ‚Samson’ hörte.

‚Hassan, wenn dieses Vieh mir auch nur ein einziges Mal ins Haus pinkelt, bringe ich ihn dir vierteilig und gebraten zurück. Also überlege dir gut, was du mir erzählst.’

‚Pieter, du bist nicht nur mein Nachbar, du bist mein Freund und in deiner Situation braucht man nichts mehr als Freunde. Glaube mir, nichts tut mir mehr leid als dass deine Frau keine Kinder bekommen konnte, denn die würdest du jetzt dringend brauchen.’

Alles das fällt Pieter ein als er nun mit bedächtiger Gangart zur Haustür geht, sich noch einmal, fast hilflos wirkend, umdreht bevor er die Haustüre hinter sich schließt. Der schmale Vorraum hinter dem Eingang wirkt fast erdrückend auf ihn. Die Treppe auf der linken Seite scheint ihm auf einmal so steil als wäre sie wie eine Leiter dort aufgestellt. Doch die weite Türe auf der rechten Seite des Flures lässt das Licht aus dem behaglich eingerichteten Wohnzimmer in die Eingangshalle strömen und wirft groteske Schattenbilder auf die gegenüberliegende Wand.

Pieter eilt mit schnellen Schritten in die geradeaus vor ihm liegende Küche, die er erst kurz vor dem Tode seiner geliebten Frau mit einer pastellgrünen Farbe gestrichen hat. Während vor ihm ein großes Fenster einen Ausblick in den gepflegten Garten und die weiter entfernt liegenden Hügel gewährt, ist in der linken Wand ein großer Torbogen. Dieser führt ins dahinterliegende Esszimmer und von da in die Vorderseite des Hauses ins gemütlich eingerichtete Wohnzimmer.

Mit langsamen Schritten und den Blick zielstrebig auf den zweiteiligen Küchenschrank an der linken Seite des Raumes gerichtet, schaut er sich dennoch einmal nach allen Seiten um. Jedoch unnötig, da Hassan ihn ja schon vor einer halben Stunde verlassen hat, nur sein Hund ‚Samson’ ihm gefolgt ist und er außerdem die Haustüre zugesperrt hat. Jetzt, nachdem er auch den Garten mit vorsichtigen Blicken überschaut hat, seine nächsten Nachbarn wohnen übrigens eineinhalb Kilometer entfernt von ihm, öffnet er die linke obere Glastüre im Schrank. Er nimmt die übereinander gestapelten Teller im unteren Fach heraus, tut das gleiche mit dem restlichen Geschirr in den beiden oberen Fächern und stellt alles auf den vor dem Fenster stehenden Küchentisch. Zurück zum Schrank, mehr schleichend als gehend, nimmt er die losen Fächer vorsichtig aus ihren Rahmen. Mit beiden Händen gegen die Rückwand drückend, schiebt er diese zur Seite. In die Wand hat er damals beim Hausbau, schließlich war man hier draußen vor einem Einbruch oder Überfall nie sicher, einen Tresor eingelassen. In diesem ‚Safe’ hat er alles was ihm und seiner Frau wertvoll und wichtig erschien, sorgfältig geordnet und aufbewahrt, ja sogar katalogisiert.

Sich zum x-ten Male umsehend, ob ja niemand zusieht, öffnet er die Tresortüre und holt aus der linken hinteren Ecke einen schwarzen Lederbeutel. Vorsichtig, als ob der Inhalt zerbrechlich wäre, hebt er ihn heraus, geht zum Küchentisch und öffnet den mit einem starken Band zusammengeschnürten Ledersack, nicht jedoch bevor er einen Teil der Tischplatte mit einem weichen Handtuch abgedeckt hat.

Bevor er den Beutelinhalt endgültig auf dem weißen Tuch ausbreitet, schweifen seine Gedanken zurück. Zurück zu jenem Tag in Messina, als er und seine Frau Marie-Luise sich die Umgebung dieser Stadt zum Leben ausgesucht hatten. Die reizvolle Landschaft hatte es ihnen angetan und das von ihnen auserwählte Grundstück war nicht zu weit entfernt von der zweitgrößten Diamantenmine in Südafrika, nämlich der ‚Venetiamine’. Man schrieb das Jahr 1992. Peter und Marie-Luise waren gerade drei Jahre verheiratet. In Johannesburg hatten sie sich 1988 zum ersten Male getroffen. Eigentlich per Zufall. Er hatte sie versehentlich beim Vorbeigehen auf dem Bürgersteig angerempelt, entschuldigte sich tausendmal bevor er sie spontan zu einer Tasse Kaffee einlud. Ihre großen Augen in der für ihn undefinierbaren Farbe, die Grübchen in ihren Wangen, ihr heiteres Lachen, alles was er in ihr sah, überzeugte ihn so, dass er sich vom ersten Augenblick an in sie verliebte.

Ein Jahr später gaben sie sich in einer kleinen Kirche in der Nähe von Pretoria das ‚Jawort’. Nach drei glücklichen Jahren in der südafrikanischen Hauptstadt, als er seine Arbeit als Bauleiter einer großen Baufirma verlor, beschlossen sie, weiter hoch in den Norden, nach Messina zu ziehen. Dort, so hörte man, wollte die Diamantenfirma ‚De Beers’ eine der größten Diamantenminen der Welt erschließen. Das bedeutete auch Arbeit für Pieter van Dohlen.

Die Mine wurde tatsächlich 1992 eröffnet und Pieter bekam seinen Job. Die beiden suchten sich in der Nähe der ‚Venetiamine’ in landschaftlich reizender Umgebung ein Grundstück und da beide verstanden, nicht nur mit dem Kopf sondern auch mit den Händen zu arbeiten, entstand in relativ kurzer Zeit ihre Wohnstätte, nämlich ihr Traumhaus.

Nun war alles zu Ende, eine gähnende Leere breitete sich um ihn aus. Er ist inzwischen in eine Managementstelle aufgestiegen und wird beim Betreten und Verlassen des Betriebes kaum noch kontrolliert und nichts könnte er leichter bewerkstelligen als hier und da einige Diamanten aus der Mine herauszuschmuggeln.

Tief in Gedanken versunken und mit einem fast ausdruckslosen Gesicht schreckt er schlagartig auf, als er Motorengeräusche wahrnimmt und plötzlich jemand an der Haustüre klopft. Er fühlt wie ihm das Blut in den Kopf schießt und mit einer Schnelligkeit, die einem Zauberkünstler alle Ehre gemacht hätte, wickelt er die Diamanten in das weiche Tuch, wirft alles in den Tresor und verschließt hastig die Schranktüre. Erst dann geht er zur Tür um festzustellen, wer ihm zu dieser ungewohnten Stunde noch einen Besuch abstattet.

Vor ihm steht ein großer, kräftiger Mann, der mit seinen breiten Schultern fast den Türrahmen ausfüllt. Es ist Heinrich Brandenburger, ein Deutscher, der vor rund fünfzig Jahren mit seiner Familie seinem Heimatland den Rücken gekehrt hat, um hier in Südafrika ein neues Leben zu beginnen. In der linken Hand hält er einen Korb mit frischen Hühnereiern.

„Elsa schickt mich. Ich soll dir die Eier bringen!“ Mit mürrischem Gesicht kommen auch gleichzeitig die Worte nicht sehr freundlich aus seinem Munde. Im Nachsatz fragt er dann wie es Peter so geht, mehr aber wohl, um die Neugierde seiner Frau zu befriedigen, wenn er ihr Bericht erstatten muss. Heinrich Brandenburger lebt mit seiner Familie rund eineinhalb Kilometer entfernt an der gleichen Schotterstraße wie Pieter und obwohl sich die beiden schon längere Zeit kennen, sind sie nie Freunde geworden. Heinrich arbeitet wie Pieter in der ‚Venetiamine’, hat aber den Aufstieg in eine bessere Position nie geschafft. Vielleicht ist deshalb ein gewisser Neid an dem fast angespannten Verhältnis der beiden schuld. Böse Zungen hatten sogar vor einiger Zeit das Gerücht ausgestreut, dass Pieter aufgrund seiner Stellung und Möglichkeit vielleicht doch hier oder dort ein paar ‚Steinchen’ hätte mitgehen lassen. Ein Gerücht, welches von Heinrich mehr geschürt als verhindert wurde.

„Kann ich reinkommen oder hast du keine Zeit?“ Eine etwas scheinheilige Frage. Immerhin steht er schon fast in der Eingangshalle Pieter gegenüber.

„Ja, ja, komm rein, kaltes Bier habe ich immer im Haus.“ Als sich die beiden im Wohnzimmer gegenüber sitzen, schaut Heinrich Pieter mit zusammengekniffenen Augen lange an bevor er eine Frage stellt. Eine Frage, die Pieter das Blut ins Gesicht schießen lässt.

„Hast du heute schon die neuesten Nachrichten im Radio gehört? Nein? Nahe einem Nebenfluss des Limpopo nahe zu deinem Grundstück, haben vorgestern zwei Angler, mehr durch Zufall, im Ufergestrüpp vergraben ein Skelett gefunden. Die herbeigerufene Polizei hat inzwischen bekanntgegeben, dass das Skelett weit über hundert Jahre dort gelegen haben muss. Vielleicht war es einer, der in der damaligen Zeit auch nach Diamanten gesucht hat. Immerhin haben schon vor langer, langer Zeit Gesteinsforscher festgestellt, dass am Fluss eine Kimberlite-Ader vorbeilaufen muss. Beim Skelett wurde jedoch nichts gefunden.“ Obwohl Pieters Hände anfänglich gezittert haben, ist er jetzt wieder die Ruhe selbst.

„Ja, ich weiß. Lange bevor ‚De Beers Consolidated’ die ‚Venetiamine’ erschlossen hat, ging das Gerücht herum, dass ein Diamantensucher am Fluss den größten Diamanten mit über dreiundachtzig Karat gefunden haben soll. Aber danach hat sich alles in Stillschweigen aufgelöst. Was immer auch dort passiert ist oder gefunden wurde, die Öffentlichkeit hat jedenfalls nichts Weiteres davon erfahren.“

Die beiden ungleichen Männer wechseln abrupt das Thema. Während der grobschlächtige Heinrich Pieter einige Fragen bezüglich seiner Auswanderungsabsichten stellt, gibt dieser ihm nur sehr vage Antworten.

„Ich werde gehen, aber du weißt ja wie die Behörden hier arbeiten und obwohl man mich von kanadischer Seite nicht abgelehnt hat, warte ich doch immer noch auf eine positive Antwort. Auf jeden Fall werde ich gehen. Das Leben hier hat mir nichts mehr zu bieten.“

„Ich verstehe dich und deine Absichten zwar nicht ganz, aber schließlich ist es deine Sache und dein Leben.“ Die beiden wechseln noch ein paar belanglose Sätze miteinander, bevor Heinrich Brandenburger sich verabschiedet.

Bei Pieter van Dohlen macht sich nun eine gewisse Unruhe bemerkbar. Seine rechte Hand zittert sogar sichtbar als er die beiden Biergläser aus dem Wohnzimmer in die Küche bringt. ‚Sie haben also per Zufall in Flussnähe ein Skelett gefunden, welches über hundert Jahre dort gelegen hat. Was hat er damit zu tun? Überhaupt nichts!’

Als er seine Nerven halbwegs beruhigt hat, ist es auch inzwischen Spätnachmittag geworden und er erinnert sich, dass er wichtigere Dinge zu erledigen hat. Ein Anruf zur kanadischen Botschaft in Pretoria, den er schon über eine Woche vor sich herschiebt, steht an erster Stelle. Er hat Glück. Die Aufforderung, in die Hauptstadt zur ärztlichen Untersuchung zu kommen, ist auf dem Weg zu seiner Adresse. Erst vor vier Wochen hat er sich vorsichtshalber von seinem Hausarzt vollständig untersuchen lassen und seinen erstklassigen Gesundheitszustand bestätigt bekommen. Nur sein Cholesterinspiegel zeigte Grenzwerte, war aber immer noch akzeptabel. Endlich ist er ein Stück vorwärts gekommen. Von jetzt an ist Planung eine Priorität. Man hat ihm vom kanadischen ‚Visa-Office’ bereits mitgeteilt, dass nach dem ärztlichen Untersuchungsergebnis die Wartezeit bis zur Ausstellung der Immigrationspapiere etwa drei Monate in Anspruch nehmen würde und diese Zeitspanne musste er wirklich brauchbar nutzen. Haus in Ordnung bringen, Haus verkaufen, Hausrat auflösen, Gegenstände aussuchen, die er mitnehmen will usw. sind einige seiner Anliegen. Seine größte Sorge war und bleibt immer noch der gesicherte Transport der Diamanten aus dem Lande.

Nicht nur das Schmuggeln, sondern das Schlimmste war das Erwischen und er hatte nichts in seinem Besitz um nachzuweisen, woher die Diamanten stammten und ob sie sein rechtmäßiges Eigentum sind. Aufgrund seiner Stellung in der Diamantenmine würde man ihn unbedingt des Diebstahles beschuldigen und was ihm danach bevorstand, konnte er sich an seinen zehn Fingern abzählen.

Der Rest des Tages bringt ihm glücklicherweise keine weiteren Überraschungen. Die folgenden Tage nutzt er, um weitere Vorbereitungen für seine Ausreise zu erledigen und in der nächsten Woche ist sein Arzttermin in Pretoria. Alles verläuft bestens. Das ärztliche Gutachten bestätigt, was er erwartet hatte und innerhalb von nur sechs Wochen bringt ihm der Briefträger die so sehnlichst erwarteten Immigrationspapiere zur Einreise nach Kanada.

Den Tag seiner Abreise hat er bereits für Ende November festgelegt und bis auf einige Änderungen, die er buchstäblich erst in der letzten Minute vornimmt, geht sein genau ausgeklügelter Plan auch auf. Seine ursprüngliche Absicht, von Messina über die Grenze nach Zimbabwe zu gehen, musste er wohl oder übel aufgeben, da aufgrund der Nähe zur Venetiamine die Grenzbewachung sehr streng ist und man dort sein Gepäck eventuell gründlich untersuchen würde. Sein Ziel ist nun, den Landweg nach Johannesburg zu nehmen, teils per Eisenbahn, teils per Bus und sogar Teilstrecken per Taxi, um alle hinterlassenen Spuren seiner Ausreise zu verwischen.

Der Hausverkauf verläuft eigentlich auch ohne große Probleme. Er muss zwar einen schlechteren Preis als vorgesehen annehmen. Wohl auch dadurch, dass sich seine Auswanderung nach Kanada zu viel herumgesprochen hat. Unglücklicherweise ist er teilweise selbst schuld daran, da er hier und da das Datum der Abreise mehr oder weniger nur so beiläufig erwähnt hat. 

Während Pieter van Dohlen voll mit seinen Reisevorbereitungen beschäftigt ist, herrscht im Hause seines Bruders in der Nähe von Lomé, der Hauptstadt Togos, eine Aufregung, die nicht zu verbergen ist. Gerald, Pieters Bruder, telefoniert zwar öfters mit diesem, aber gesehen haben sich die beiden ungleichen Brüder seit Jahren nicht mehr. Selbst zu Marie-Luises Begräbnis konnte Gerald nicht kommen. Eine Hüftoperation kurz davor machte es unmöglich für ihn, sich auf den weiten Weg nach Südafrika zu begeben. Es wäre einfach zu gefährlich gewesen.

Im Gegensatz zu seinem Bruder ist Gerald gerade mal mittelgroß, ist zwar einige Jahre jünger als Pieter, trägt dafür aber ein stattliches Bäuchlein vor sich her. Immerhin ist er ja auch stellvertretender Bürgermeister von ‚For Ever’, eines Vorortes der Hauptstadt Lomé.

Als er vor etwa zwanzig Jahren erfuhr, dass Togo ehemals eine deutsche Kolonie war und auch heute noch viele Europäer dort lebten und in Südafrika die Apartheid immer noch vorherrschte, beschloss er, seiner Heimat den Rücken zu kehren und nach Togo auszuwandern.

Kaum im Lande, lernte er eine hübsche Mulattin kennen. Die beiden wurden ein Herz und eine Seele, heirateten und Martha gebar ihm innerhalb von fünf Jahren drei Kinder, zwei Mädchen und einen Jungen. Seinem Sohn gab er den Vornamen seines Bruders und so lebt der Name Pieter van Dohlen in der Familientradition weiter. Die beiden Mädchen, Amalie und Melissa, sind fast Ebenbilder ihrer Mutter.

Nun wartet die gesamte Familie in einer Spannung, die man den sonst so ruhigen und besonnenen Clanangehörigen nicht zugetraut hätte:

„Onkel Pieter kommt, Onkel Pieter kommt!“ Schließlich hatte Vater Gerald seinen Kindern zigmal erzählt, dass Onkel Pieter der Familienheld sei, nicht nur wegen seines besseren Aussehens, sondern hauptsächlich wegen seiner erlebten Abenteuer im afrikanischen Busch, die das Ansehen seines jüngeren Bruders nach allen Regeln der Kunst in den Schatten stellten.

Während sich seine Frau und die drei Kinder lebhaft auf die baldige Ankunft ihres Schwagers und Onkels vorbereiten, wird geputzt, aufgeräumt und Dinge geordnet und organisiert, die man vorher einfach ignoriert hatte. Sogar der Zaun um Haus und Garten erhält einen neuen schneeweißen Anstrich. Obwohl sich Gerald riesig auf das Wiedersehen mit seinem Bruder freut, ist doch eine innere Unruhe in ihm spürbar, die er selbst vor den Augen seiner Frau Martha kaum verbergen kann. ‚Ist es, weil Pieter in einen anderen Erdteil auswandert oder weil er und sein Bruder sich für eine lange, lange Zeit vielleicht nicht mehr wiedersehen werden? Oder ist es doch vielleicht das letzte Telefongespräch, das er vor einigen Tagen mit seinem Bruder geführt hat?’ Pieter hatte sich sehr zurückhaltend, ja fast geheimnisvoll verhalten. Wenn er jetzt darüber nachdenkt, bestand das Gespräch eigentlich mehr aus Andeutungen. ‚Nichts von Freude auf ein Wiedersehen. Nur Andeutungen über Andeutungen, dass er Hilfe brauche und er, Gerald, ihm diese gewähren konnte. Finanzielle Hilfe ist es gewiss nicht.’ Gerald ist sich sicher, dass Pieter in dieser Hinsicht besser abgesichert ist als er. ‚Aber was ist es? Warum hat er sich so geheimnisvoll verhalten?’

Doch eines ist Gerald klar; Pieter würde sich niemals in irgendwelche ungesetzlichen Dinge einlassen. Dafür ist sein Bruder viel zu gradlinig. Die Spannung in Gerald steigt von Stunde zu Stunde. Nur noch zwei Tage trennen die Familie von Pieters Ankunft. Doch eines steht für Gerald fest; sein Bruder braucht seine Hilfe, in welcher Form auch immer und er ist gewillt, ihm diese zu gewähren, solange sie nicht seine Familie in irgendwelchen Konflikt bringen kann.

Der vorletzte Tag seines Reiseantrittes zeigte sich für Pieter nicht von seiner besten Seite. Zwar ist das Haus fast leer, aber immer wieder findet er hier und dort Kleinigkeiten, die ihm jetzt, da er Abschied nehmen muss, viel bedeuten. Doch es ist zu spät. Der Container mit allen ihm wichtig erscheinenden Gegenständen wie Haushaltswaren, Möbeln und auch persönlichen Dingen ist bereits auf der Schiffsreise nach Kanada. In Toronto, wo Pieter einige Bekannte hat, werden seine Habseligkeiten nach der Ankunft erst einmal in einem Lagerhaus eingespeichert bis er eine neue Bleibe gefunden hat.

Doch das ist nicht das ihn im Moment belastende Problem. Der Abschied von seinem treuen Begleiter ‚Samson’ bereitet ihm Herzschmerzen. In relativ kurzer Zeit hat er sich so sehr an den Hund gewöhnt. Er hat ihm in seinen depressiven Stunden immer wieder Auftrieb und Ermunterung gegeben.

Immerhin war es ja auch ‚Samson’, der ihm geholfen hat, durch das Auffinden des Skeletts und der Diamanten reich zu werden. Der alte Hassan hat sich jedoch ohne Zögern bereiterklärt, ‚Samson’ aufzunehmen und somit hat der treue Hund ein neues Herrchen gefunden, das seinem alten in nichts nachsteht.

Zum wievielten Male Pieter inzwischen im Haus rauf und runtergelaufen ist, weiß er nicht. Seine innere Unruhe treibt ihm jedoch den Schweiß auf die Stirne. ‚Hatte er die Diamanten so gut im Gepäck versteckt, dass sie allen Kontrollen standhalten werden?’ Die Grenzkontrollen zwischen Südafrika und Zimbabwe, die als besonders scharf und professionell gelten, interessieren ihn nicht mehr. Gerade deshalb hat er ja seine Reiseroute total geändert. Nun wird er über Pretoria und Johannesburg nach Lomé, der Hauptstadt Togos, fliegen.

In mühevoller Kleinarbeit hat er in den letzten Wochen zwei Ledergürtel und sogar die Absätze von zwei Paar Schuhen so präpariert, dass ihm die Entdeckung seines ‚Schatzes’ unwahrscheinlich erscheint. Ein Paar der recht unauffälligen Schuhe wird er während seiner Reise tragen und die verstärkten Absätze der Schuhe werden ohne weiteres dem Druck seines Körpergewichtes standhalten. Die zwei Gürtel, die Diamanten in doppeltem Leder eingenäht, stecken in je einer der Kofferinnentaschen, aber direkt sicht- und greifbar. Falls die Zollbeamten den Koffer öffnen sollten, würden sie eher in den Kofferböden nach versteckten Gegenständen suchen und die Gürtel vielleicht unbeachtet lassen.

Diese und noch hundert andere Gedanken schießen durch Pieters Kopf als er sich nun zum letzten Male auf der Veranda in seinem geliebten Schaukelstuhl niederlässt. Das weite, grüne Tal vor ihm mit den subtropischen Pflanzen und den blühenden Sträuchern erfreut immer wieder seine Augen, nun aber endgültig morgen zum letzten Mal.

Obgleich vorhin noch von einer kaum zu glaubenden Unruhe beseelt, verfällt er jetzt in einen erlösenden Schlaf. Er wird erst wieder wach, als die untergehende Sonne hinter einer dichten Wolkendecke verschwindet.

Nach Einbruch der Dunkelheit kommen, zwar unangemeldet, einige Nachbarn um Abschied zu nehmen und ihm alles erdenklich Gute für seine Reise zu wünschen. Der alte Hassan hatte bestimmt Pieters Abreise wie ein Nachrichtensprecher im Radio in der Umgebung verstreut. Schließlich wandert ja auch nicht jeden Tag einer aus. Einige seiner früheren Arbeitskollegen sind auch dabei. Pieter hatte zwar seinen Job bereits vor einigen Wochen gekündigt, doch wollten sie es sich nicht nehmen lassen, ihm zum Abschied alles, alles Gute und viel Glück zu wünschen.

Es wird geredet und geredet. Neue Geschichten werden erzählt oder alte wieder aufgefrischt und erst kurz nach Mitternacht verlässt sein getreuer Freund Hassan mit seinem nun ihm gehörenden Hund ‚Samson’ als letzter Pieters Haus.

Obgleich sich es Pieter so fest vorgenommen hat, keine Emotionen zu zeigen, fließen doch einige Tränen und der Wahrheit halber muss gesagt werden, auf beiden Seiten. Fast abrupt kommt dann der Abbruch als Hassan und sein Hund ‚Samson’ mit einem kaum wahrnehmbaren „Goodbye, God bless you“ mit hängenden Köpfen davonziehen und ihn, nun doch von einer gewissen Traurigkeit erfasst, allein zurücklassen.

Am Abreisetag ist Pieter seit fünf Uhr dreißig auf den Beinen. An ein Schlafen war letzte Nacht sowieso nicht zu denken. Die Aufregung war einfach zu groß. Noch einmal, zum letzten Mal, geht er von Zimmer zu Zimmer, läuft noch einmal in den Garten, umrundet das Haus gleich zwei Mal, bevor er hastig zwei Tassen Kaffee trinkt und da kommt auch schon der neue Hausherr, um die Schlüssel in Empfang zu nehmen. Man unterhält sich kurz. Pieter hat ihm ja schon alle Einzelheiten und Besonderheiten mindestens drei Mal erklärt und dann ist es da, das für sieben Uhr bestellte Taxi.

Während des Gepäckeinladens schaut er sich noch einmal um, wehmütig blickt er hinunter ins Tal, wo in einiger Entfernung ein Nebenfluss des Limpopo Rivers ruhig dahinfließt.

Doch seine Gedanken sind schon nicht mehr hier. Die Zukunft hat bereits von ihm Besitz ergriffen und im Taxi sitzend, schaut er zwar nach draußen, wo momentan alles grünt und blüht, doch nun ist es mehr mechanisch. Im Geist sieht er bereits die Flughafenkontrollen in Johannesburg vor sich, obwohl er erst einmal auf dem Weg nach Messina ist. Mit dem Taxifahrer wechselt er während der eineinhalbstündigen Fahrt nur wenige Worte. Der grobschlächtige Schwarze mit seinen tätowierten Oberarmen ist absolut nicht ein gerade Vertrauen erweckender Typ und das letzte, was Pieter im Sinn hat, ist eine langweilige Unterhaltung.

Vor dem nicht gerade mondänen, sondern eher reparaturbedürftigen Bahnhofsgebäude in Messina angekommen, hilft der Taxifahrer ihm nur widerwillig sein Reisegepäck zu entladen. Erst als Pieter ihm einige Randmünzen in die Hand drückt, bemüht er sich, seinem Fahrgast behilflich zu sein. Er bietet ihm auf einmal sogar an, das Gepäck in die Bahnhofshalle bis zum Ticketschalter zu bringen.

Während er die Koffer für die einige hundert Kilometer lange Reise von Messina nach Pretoria am Gepäcksschalter eincheckt, möchte er seine Reisetasche und den großen Rucksack unbedingt als Handgepäck mitnehmen. Der Fahrkartenverkäufer rät ihm dringend davon ab, da er ja in Pietersburg in einen anderen Zug umsteigen muss. Aber woher soll der ‚Ticketverkäufer’ auch wissen, welche wertvollen Sachen Pieter in der Reisetasche und in dem Rucksack versteckt hat. Öfters redet er sich selber ein ‚du hast vier Gepäckstücke. Zähle sie also immer wieder, bevor du in ein anderes Verkehrsmittel einsteigst oder einen neuen Reiseabschnitt antrittst.’ Der ihn abfertigende Beamte bleibt hart: Zwei Koffer mit dem Gesamtgewicht von fünfzig Kilogramm und nur ein Handgepäckstück, welches sich unter oder über seinem Sitz verstauen lässt und für das vierte Gepäcksstück, entweder Reisetasche oder Rucksack, muss er extra bezahlen.

Wie bei der ‚Shosholoza Meyl Railway’ vorgeschrieben, ist Pieter pünktlich eine halbe Stunde vor der Abfahrt da. Er steht nun auf dem Bahnsteig herum, wandert in verschiedenen Richtungen auf und ab, dabei aber sein Handgepäck nicht aus den Augen lassend.

Endlich, seine Nervosität hat bereits beträchtlich zugenommen, läuft der Zug mit den blau gelb gestrichenen Clubwagen in den Bahnhof ein. Pieter erinnert sich kurz daran, dass der trotz Uniform recht ungepflegt aussehende Schalterbeamte es verstanden hatte, ihm trotz oder wegen des Übergepäcks ein Clubabteil aufzuschwätzen, was ihm jetzt zugutekommt. Der Zugschaffner hilft ihm beim Einsteigen und er ist nun eigentlich froh darüber, allein im Abteil zu sein. Ohne langes Nachdenken schließt er die Augen und als der Zug sich langsam in Bewegung setzt, ist Pieter bereits in einen leichten Schlaf gefallen, etwas was er unbedingt vermeiden wollte. Doch die Natur nimmt ihren Lauf und Pieters Körper fordert seinen Tribut.

Er wacht erst wieder auf, als der Kontrolleur mit einem kräftigen Ruck die Abteiltür öffnet, um seinen Fahrschein zu kontrollieren.

„Sie wissen, in Pietersburg müssen sie umsteigen, doch trotz ihres Gepäcks“, dabei wirft er einen gewichtigen Blick auf die Gepäckstücke, „dürfte es ihnen keine besonderen Schwierigkeiten bereiten, da der Expresszug nach Pretoria auf dem gleichen Bahnsteig gegenüber abfährt.“ Pieter nickt mit dem Kopf.

„Übrigens, in zwanzig Minuten sind wir in Pietersburg. Ich wünsche ihnen noch eine angenehme Weiterreise.“ Nochmals ein schweifender Blick über die Gepäckstücke, dann wirft er mit einem harten Ruck die Türe zu und ist aus Pieters Gesichtsfeld verschwunden.

Beim Umsteigen in Pietersburg verläuft alles reibungslos und rund fünf Stunden später fährt der Expresszug mit geringfügiger Verspätung in den Hauptbahnhof von Pretoria ein.

Pieter ist heilfroh, als sich ein uniformierter Gepäckträger anbietet, die Gepäckstücke zu einem bereits auf dem Bahnhofsvorplatz wartenden Reisebus zu bringen. Der Schwarze mit seiner roten Mütze und der dunkelblauen Jacke hat eigentlich mehr das Aussehen eines abgedankten Generals und fährt auch die Gepäckstücke auf seinem Handkarren mit einer gewissen Grandiosität, die ihm in einer anderen Tätigkeit unbedingt Respekt eingebracht hätte. Dankbar nimmt er den zehn Rands, die Pieter ihm zusteckt, weil er eigentlich nur vier verlangte.

Mit wachsamen Augen verfolgt Pieter die Prozedur des Verladens in die untere Gepäckkabine des Autobusses und wartet geduldig neben der Ladeklappe, bis diese geschlossen wird und niemand mehr etwas herausnehmen kann. Erst danach besteigt er den Bus, kauft beim Fahrer seinen Fahrschein und nimmt in der fünften Reihe neben einer hübschen, braungebrannten Frau, die den Fensterplatz bereits besetzt hat, den noch unbesetzten Gangplatz ein.

Pünktlich genau zur Abfahrtszeit setzt sich der Bus, der nur zu etwa zwei Drittel besetzt ist, in Bewegung. Die rund sechzig Kilometer lange Strecke wird er in einer Stunde und fünfzehn Minuten zum ‚Internationalen Flughafen’ in Johannesburg bewältigen. Während die Frau neben ihm, Pieter schätzt sie auf etwa achtunddreißig Jahre, ihr Gesicht dem Fenster zuwendet und sich die vorbeifliegende Landschaft anschaut, studiert er sie mit heimlichen Blicken. Seiner Ansicht nach ist sie nicht nur auffallend hübsch sondern auch äußerst attraktiv und scheint malaysischer Abstammung zu sein, soweit er es aus ihren Gesichtszügen erkennen kann. Nach ungefähr fünfzehn Minuten dreht sie plötzlich ihren Kopf und schaut ihm voll ins Gesicht. Er ist ein wenig verwirrt und stellt ihr einige freundliche, doch belanglose Fragen, die sie mit gleicher Freundlichkeit beantwortet und kontert:

„Darf ich fragen wohin ihre Reise geht?“ „Selbstverständlich. Ich bin auf dem Wege zu meinem Bruder in Togo. Wir haben uns seit Jahren nicht mehr gesehen. Deshalb freue ich mich jetzt besonders, ihn und seine Familie nach so langer Zeit wiederzusehen. Und sie?“

„Ein gutes Stück weiter als ihre. Von Johannesburg werde ich zuerst nach London, England, fliegen, werde etwas über zwei Wochen dort verbringen, um einige familiäre Angelegenheiten zu erledigen. Normalerweise wäre dieser Aufenthalt für mich viel zu lang, doch ist es diesmal fast ein Zwangsurlaub.“

„Wieso, warum?“

„Na ja, mein Hauptgepäck habe ich nicht bei mir. Es ist in einem Container und schwimmt für die nächsten Wochen über den Ozean nach Kanada, dem Endziel meiner Reise. Nach Erledigung meiner Sachen in London geht’s auf in mein Traumland. Ich hoffe, dass Toronto schon auf mich wartet.“ Ihre Augen strahlen wie die eines kleinen Kindes als sie die letzten Worte lächelnd heraussprudelt. Pieter starrt sie wie versteinert an. Es hat ihm total die Sprache verschlagen. Das kann einfach nicht wahr sein. Er glaubt zwar fest daran, dass das Leben aus vielen Zufällen besteht und behauptet deshalb auch immer, dass sich dadurch auch das Wort ‚Zufall’ gebildet hat. Aber gleich nach seinem ungewöhnlichen Reiseantritt jemand mit dem gleichen Reiseziel am anderen Ende der Welt zu treffen, findet er mehr als einen Zufall. Es ist für ihn wie ein Schicksalswink.

Ohne es gleich zu bemerken, bemächtigt sich seiner schlagartig eine starke innere Unruhe und lässt ihm eine Gänsehaut über den Rücken laufen. Zum ersten Male nach dem Tode seiner geliebten Frau wachen in ihm wieder Gefühle für ein weibliches Wesen auf, nämlich für das Wesen das neben ihm sitzt und ihn jetzt mit ihren opalgrünen Augen fragend anschaut. ‚Was soll ich jetzt machen?’ Doch schnell, viel schneller als er es sich selbst zugetraut hat, streckt er ihr seine sonnengebräunte Hand entgegen:

„Mein Name ist Pieter, Pieter van Dohlen. Der Nachname stammt von meinen holländischen Vorfahren, die hier vor vielen Jahren ihr Glück versuchten und Südafrika zu ihrer neuen Heimat auserkoren.“ Sie lachte ihn an:

„Ich bin die Belinda und mein Vater suchte sich eine malaysische Frau, also meine Mutter, bevor sie nach Durban kamen, um ebenfalls dort eine neue Heimat zu finden. Beide kamen jedoch vor neun Jahren bei einem schrecklichen Verkehrsunfall ums Leben. Nur mein einziger Bruder Thomas und ich überlebten. Sei mir aber bitte nicht böse, wenn ich nicht weiter darüber sprechen möchte.“ Pieter schaut ernst in ihr nun trauriges Gesicht.

„Nein um Himmelswillen, ich möchte deine Gefühle unter keinen Umständen verletzen.“

„Danke, das ist sehr lieb von dir und irgendwann werden wir uns vielleicht einmal wiedersehen, wer weiß?“

‚Soll er ihr nun offenbaren, dass auch das Endziel seiner Reise Kanada war?’ Aber er schweigt. Bedingt durch die Umstände, würde es die gerade so plötzlich eingefädelte Beziehung nur belasten, vielleicht sogar zerstören. Doch eines hätte er noch gerne von ihr erfahren: Ihre zukünftige Adresse in Toronto.

Leider kommt es nicht mehr dazu. Der Reisebus hat wegen einiger Baustellen zwar mit Verspätung sein Ziel erreicht und stoppt abrupt vor der Abflughalle des ‚Internationalen Flughafens’ in Johannesburg, so dass den beiden gerade noch Zeit bleibt, sich die Hände zu schütteln und sich gegenseitig alles Gute für die Weiterreise und die Zukunft zu wünschen.

Nur noch Stunden trennen Gerald und die übrige van Dohlen Familie vom Wiedersehen mit Pieter. Einem gereizten Tier gleich läuft Gerald im Haus auf und ab, wird sogar einige Male recht laut. Die Kinder hatte er noch nie angeschrien, noch viel weniger seine Frau. Er ist einfach nicht er selbst, der jetzt den gesamten Hausfrieden stört und durcheinander bringt.

Immer wieder stellt er sich die gleiche Frage, warum Pieters Verhalten bei ihrem letzten Telefongespräch so geheimnisvoll war, beschwichtigt sich aber selber auch gleichzeitig, indem er sich einredet, dass Pieter nichts Ungesetzliches bewerkstelligt hat und ihn auch ganz sicher nicht mit illegalen Dingen belasten würde.

Obwohl Pieters Besuch für die gesamte Familie ein freudiges Ereignis würde, darüber ist er sich sicher, bleibt in seinen Hintergedanken ein ungutes Gefühl. Man kann es nicht als Angst bezeichnen, eher als Unsicherheit.

Die beiden Mädchen tragen selbstverständlich ihre besten Kleider und selbst Pieter Junior steckt in einem brandneuen Anzug, gerade erst heute Morgen gekauft und marschiert stolz im Haus umher. Immerhin ist das sein erster kompletter Anzug und ihm ist etliche Male eingetrichtert worden, diesen ja mit der nötigen Sorgfalt zu behandeln.

Am späten Nachmittag, es ist bereits nach fünf Uhr, besteigen alle Geralds Prachtstück, einen ‚Nissan SUV’, der die gesamte Familie zum Flughafen in Lomé bringt, um dort das letzte und einzige noch übriggebliebene Mitglied der van Dohlen Familie zu begrüßen. 


Kapitel 2: Der Verwandtenbesuch in Togo

Mit großem Schreck stellt Pieter fest, dass sich der Bus von Pretoria zum Flughafen in Johannesburg wegen der Baustellen bereits kurz nach der Abfahrt einige Verspätung eingehandelt hat und sich die Spanne während der Fahrt mehr und mehr vergrößert hat. Nun beträgt sie bereits über eine halbe Stunde. All das hatte er während seines intensiven Gesprächs mit seiner charmanten, attraktiven Begleiterin nicht mal im Unterbewusstsein mitbekommen.

Mit schnellen Schritten, in jeder Hand einen Koffer, auf einem hat er die Reisetasche angeschnallt, eilt er in der Abflughalle auf den mit ‚Regional Airlines’ deklarierten Schalter zu und reiht sich in die Schlange der dort wartenden Fluggäste ein. Alles geht ihm viel zu langsam. Die Zeit zum Abflug wird immer kürzer, obwohl sie immer noch eineinhalb Stunden beträgt. Dann trifft ihn der Schreck seines Lebens: Gerade als er den auf seinem Rücken tragenden Rucksack abnehmen will, bemerkt er, dass das wertvollste seiner Gepäckstücke fehlt. ‚Oh mein Gott, oh mein Gott, lieber Gott hilf mir bitte nur das eine Mal. Bitte, bitte lass es nicht wahr sein. Bitte lass mich den Rucksack finden!’ Er ist nicht mehr in der Lage, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen. Die beiden Koffer hinter sich herziehend, läuft er zurück zum Ausgang, die neugierigen Blicke der hinter ihm stehenden Reisenden auf sich ziehend. Doch als wenn der da oben ihn erhört hätte, kommt ihm seine lieb gewonnene Reisebegleiterin entgegen, seinen Rucksack über dem Bügel ihres Koffers hängend.

„Mein Gott Pieter, bin ich glücklich, dich zu sehen. Als der Busfahrer das letzte Gepäckstück auslud, erkannte ich deinen Rucksack. Auf Anhieb war ich mir sicher, dass es deiner war, denn schließlich reist nicht jeder mit einem roten Rucksack.“ Er steht da, schweißüberströmt mit einer Schuldmine:

„Belinda, wie kann ich dir dafür danken?“

„Keine Ursache. Nur hätte ich den Rucksack an der Fundstelle abgeben müssen, wenn ich dich nicht im letzten Moment gesehen hätte.“ Pieter kann das Zittern seiner Hände nicht verbergen. Immerhin ist gerade in diesem Rucksack der Großteil der Diamanten untergebracht. In diesem Moment überkommt ihn ein überwältigendes Glücksgefühl und ohne Fragen oder Zögern streckt er beide Hände nach ihr aus und zieht sie so fest an sich, dass ihr fast der Atem wegbleibt.

„Pieter, Pieter, du zerdrückst mich. Doch das ist der schönste Abschied, den ich mir nach unserem kurzen Kennenlernen vorstellen kann. Nun mach aber dass du fortkommst, bevor du deinen Flug versäumst.“ Plötzlich laufen Tränen über ihr Gesicht und total unerwartet für Pieter gibt sie ihm einen Kuss mit einer solchen Intensität, dass er ihn für den Rest seines Lebens nicht vergessen wird und auch nicht will.

Eine plötzliche Lautsprecheransage reißt die beiden zurück in die Realität:

“Mr. Pieter van Dohlen please urgently proceed to the Kulula Regional Airways Counter Number 3!“

Beide haben auf einmal das Gefühl, als ob sie sich schon jahrelang kennen würden. Sie hilft ihm mit seinem Gepäck bis zum Abflugschalter der ‚Kulula Airways’ bevor sie noch einmal seinen Kopf zu sich herunterzieht, um sich mit einem letzten Kuss auf seine Wangen zu verabschieden. Noch ein „tausend Dankeschön“ von Pieter, dann dreht sie sich um und strebt in die Richtung der ‚Internationalen Abflughalle’. Nur noch einmal wendet sie sich ihm flüchtig zu, als er ihr mit lauter Stimme nachruft:

„Wir sehen uns in Toronto!“ Total verwirrt eilt sie davon. Der Flug von Johannesburg mit dem ‚Kulula Airways Jet’ verläuft reibungslos und ohne jegliche Unannehmlichkeiten. Man hat sogar gerade noch in letzter Minute die Koffer einchecken können. Seinen Rucksack konnte er als Handgepäck mit in die Kabine nehmen. Eine Kontrolle der Gegenstände, die er mit sich führte, verlief bedingt durch den Zeitmangel, äußerst lasch. Langsam aber sicher kehrt bei Pieter wieder seine sprichwörtliche Ruhe ein als er sich in dem blaufarbigen Ledersitz am Gang niederlässt.

Der internationale Flughafen ‚Tokoin’ in der Nähe von Lomé nennt sich zwar ‚International’, ist aber mit internationalen Flughäfen der meisten Weltstädte nicht zu vergleichen. Man muss jedoch den Flughafenbehörden dafür Kredit einräumen, dass man, immerhin ist man dem Äquator nahe, alle Flughallen mit Klimaanlagen ausgestattet hat. Gerald und seine Familie erreichen den Flughafen, bedingt durch den um diese Zeit starken Berufsverkehr, rund eine halbe Stunde später als er die Ankunftszeit kalkuliert hat, jedoch immer noch eine Stunde vor der Landung. Denn auch Pieters Flug hat sich um einige Zeit verspätet. Die neue Ankunftszeit beträgt nun 19:30 Uhr. Während Gerald und seine Frau sich auf einer der letzten noch unbesetzten Bänke bequem niederlassen, wandern die Kinder von Geschäft zu Geschäft und bewundern die zwar spärlichen, aber für sie trotzdem interessanten Schaufensterauslagen.

Endlich, kurz vor 19:30 Uhr erscheint auf der Anzeigentafel an der Wand über dem Fluggastausgang die Mitteilung, dass Regionalflug Nr. 143 von Johannesburg gelandet ist. Vor der mit undurchsichtigem Glas versehenen, automatischen Doppeltüre steht die van Dohlen Familie mit etlichen anderen, die auf Angehörige, Freunde oder Geschäftspartner warten und deren Blicke ebenfalls auf die automatische auf und zuschließende Türe starren. Gerald stampft von einem Fuß auf den anderen. Seine Frau hat sich bei ihm eingehängt, während die drei Kinder mit wartenden Augen auf die Ausgangstüre starren.

Endlich, Gerald erscheint es wie eine Ewigkeit, öffnet sich die Türe und Pieter kommt, die beiden Koffer mitsamt Reisetasche hinter sich herziehend und einem roten Rucksack auf dem Rücken. Mit einem weitläufigen Blick über die Wartenden schauend, erspäht er seinen jüngeren Bruder und sein vorhin angespanntes Gesicht verwandelt sich in ein breites Grinsen. Die Brüder fallen sich in die Arme. Nach der Begrüßungszeremonie mit dem Rest der Familie geht es zum Parkhaus. Die Kinder wollen unbedingt je einen Koffer rollen, doch den Rucksack behält Pieter auf seinem Rücken. Dann wird die relativ kurze Reise nach ‚For Ever’, welches nördlich von Lomé liegt, angetreten. Unterwegs wird erzählt, gefragt und manchmal weiß Pieter nicht, welche Antwort er wem schuldet, weil sich die Fragen überschlagen.

„Mensch Pieter, es ist fast unglaublich, dich hier zu haben. Ein bisschen älter sind wir beide schon geworden, doch deinem schlaksigen Gang und deinen langen Haaren bist du treu geblieben.“

„Ja Bruderherz, obwohl du dich im Aussehen vom Älterwerden ferngehalten hast, ist dein Bäuchlein auch nicht kleiner geworden. Na ja, als städtischer Angestellter oder muss ich dich jetzt mit ‚Herr Bürgermeister’ anreden, steht es dir ja schließlich auch zu, eine respektvolle Figur zu haben.“

Selbstverständlich bekommt Pieter das für seinen Besuch besonders herausgeputzte Gästezimmer. Nachdem er sich in dem seinem Zimmer angegliederten Badezimmer erfrischt hat, haben Geralds Frau und die beiden Mädchen im Speisezimmer das Essen aufgetragen. Gerald hat natürlich Südafrikas besten Rotwein besorgt:

„Extra für dich von der Westküste“ wie er stolz verkündet. Pieter jun. ist besonders stolz, weil er auf der linken Seite der Tafel neben seinem Lieblingsonkel sitzen darf. Pieter hat inzwischen die mitgebrachten Geschenke in der Familie verteilt, doch Pieter jun. scheint noch etwas Anderes am Herzen zu liegen, so dass Pieter ihn schließlich fragt:

“Pieter Junior, du schaust mich so fragend an. Ist da etwas, was du von mir wissen möchtest, dann raus mit der Sprache!“

„Onkel Pieter, Papa hat uns erzählt, dass du uns eigentlich nur besuchst, weil du auf der Durchreise bist. Er sagt, dass du nach Kanada auswandern willst und wenn Tante Luise noch lebte, wäre sie mit dir gegangen. Ist das alles wahr?“

Pieter schaut dem Jungen gerade ins Gesicht.

„Ja Junior, es ist alles wahr und es war auch der größte Wunschtraum deiner Tante und nicht nur, weil sie dort noch Verwandte hat. Sie hat immer erzählt wie friedlich und freundlich die Menschen aller Rassen dort zusammenleben. Dort gibt es keine Apartheid, hat es nie gegeben. Im Alltag interessiert es keinen, so hat Tante Luises Schwester mir erzählt, ob der andere schwarz oder weiß ist. Viele nehmen es nicht einmal mehr wahr und wegen einer anderen Hautfarbe wird dort keiner schief angeschaut.“ Mit diesen einfachen Worten hat Pieter versucht, dem jungen Pieter die Friedfertigkeit der kanadischen Einwohner zu erklären. Wie es scheint, ist es ihm auch gelungen. Nur noch eine Frage scheint dem Jungen auf dem Herzen zu liegen:

„Du wirst also nie von deinem Land vertrieben oder verjagt?“

„Nein Junior, ganz im Gegenteil. In Kanada helfen die Weißen den Schwarzen und die Schwarzen den Weißen, wenn sie gebraucht werden.“ Blitzschnell dreht der Junge seinen Kopf zum hinter ihm stehenden Vater zu:

„Papa, können wir nicht auch dorthin gehen?“

„Junior, ganz so einfach ist das nicht. Außerdem ist Togo anders als Südafrika und auch dort ist die Apartheidphase vorbei und vergiss nicht, Togo war bis zum ersten Weltkrieg sogar eine deutsche Kolonie.“

Nach einer angeregten Unterhaltung, die Zeit ist inzwischen vorgerückt und Pieter bemüht sich recht und schlecht, alle auf ihn einprasselnden Fragen so gut wie möglich zu beantworten, bittet Gerald seine Frau, die Kinder ins Bett zu schicken. Dann kann er sich endlich mit Pieter über das Thema, das ihn am meisten beschäftigt, unterhalten, nämlich jenem geheimnisvollen Telefonanruf.

Während seine Frau Martha sich beizeiten entschuldigt, da sie in der Küche allerhand zu tun habe, bittet Gerald seinen Bruder ins Wohnzimmer, um sich dort gemütlich niederzulassen. Martha bringt zwei Gläser und einige Flaschen eiskaltes Bier, welches sie den beiden ohne ein Wort serviert. Die Unterhaltung der beiden Brüder kommt nur schleppend in Gang, doch während sie sich gegenseitig zuprosten und Gerald einfach die Worte fehlen, um das für ihn so wichtige Gespräch einzuleiten, ist es Pieter, der die Unruhe in Gerald verspürt und den Anfang der auch für ihn so aufregenden Unterredung in Fluss bringt.

„Gerald, bevor ich zum Grunde meines ungemein wichtigen Gesprächsstoffes komme, schulde ich dir eine Aufklärung. Einen Großteil der Vorgeschichte kann ich mir sparen, du weißt ja, dass ich jahrelang in der ‚De Beers Venetia’ Diamantenmine in Messina als Vorarbeiter und zuletzt als Manager angestellt war. Ich hatte zwar nur bedingten Zugang zum letzten Vorgang, dem Aussortieren der Diamanten und trotzdem wäre es für mich leicht gewesen, Rohdiamanten aus der Mine zu schmuggeln. Immerhin habe ich in der langen Zeit alle erforderlichen Tricks gelernt, die es mir ohne weiteres ermöglicht hätten, das zu tun, was zwar gestohlen wäre aber mir den Reichtum gebracht hätte, den ich brauche um in Kanada ein gesichertes Leben aufzubauen und den Rest meines Lebens sorgenfrei zu verbringen. Andererseits weißt du aber auch, dass ich in meinem Leben niemals andere Menschen geschädigt oder meinen Arbeitgeber bestohlen hätte. Das musst du mir glauben. Doch die ganze Geschichte ist verzwickter als du es dir vorstellen kannst.“

Gerald hört ihm zwar andächtig zu, doch seine Spannung ist auf einem gewissen Höhepunkt angelangt, der es ihm ermöglicht, die ihm auf dem Herzen liegende Frage offen zu stellen:

„Wie ich nach unserem letzten Telefonat vermutet habe, sind also doch Diamanten im Spiel und nun bitte ich dich, mir aufrichtig zu erklären, was hier vor sich geht und ob ich dir wirklich die Hilfe geben kann um die du mich gebeten hast.“ Sein Gesicht hat eine fast krebsrote Farbe angenommen und seine Hand zittert beträchtlich, als er nach seiner Bierflasche greift.

Pieter hebt seinen Kopf:

„O.K. ja, es hat mit Diamanten zu tun, aber nicht mit gestohlenen, wie man unbedingt annehmen müsste, wenn man diese bei mir findet. Nach dem Tod von Marie Luise, nach einem Jahr oder so, brachte mir einer der wenigen mir übriggebliebenen Freunde, der alte Hassan al Hasan einen jungen Schäferhund, den er mir mehr aufschwätzte als schenkte. Ihm war unbedingt klar, dass ich etwas Lebendes um mich brauchte, um zu mir selbst zurückzufinden. ‚Samson’, der junge Hund, wurde mein ständiger Begleiter und mir kommen jetzt noch die Tränen, wenn ich daran denke, dass

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 30.03.2015
ISBN: 978-3-7368-8654-4

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