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Tim auf der Hallig

Tim war ärgerlich aber auch traurig. So ärgerlich und traurig, wie man mit 8 Jahren nur sein konnte. Mama hatte ihm erklärt, dass sie ins Krankenhaus müsse. Für etwa 3 Wochen. Und da der Vater in seinem anstrengenden Beruf sehr eingespannt war, müsse er, Tim, für diese 3 Wochen nun mal zur Oma reisen. Mutti hatte die notwendige OP extra in die Ferien verlegt, damit Tim keine Schule versäumte.

Tim war auch ein wenig ängstlich, weil er die Großmutter, die ganz weit am anderen Ende der Republik auf einer Insel in der Nordsee lebte, kaum kannte. Besucht hatte er sie noch nie. Vater und Mutter telefonierten nur häufig mit ihr, weil sie regelmäßig anrief. Sogar über das Internet, mit Webcam. So wusste er wenigstens, wie Oma aussah. Sie war eine kleine, lebhafte etwas untersetzte Person, mit einem freundlichen Lachen. Schick, wie die Großmütter von Tim´s Schulfreunden war Oma nicht. Sie trug meistens Pullover und Jeans. Nur manchmal konnte man auch erkennen dass sie einen Rock trug. Aber meistens war alles unter einer großen bunten Küchenschürze verborgen. Ihr graues Haar war ziemlich kurz geschnitten. „Das ist wegen dem Wind“ meinte Papa. „Der weht da oben ständig. Da kann man keine aufgestylte Frisur tragen, die wäre gleich hin.“

Tim wohnte mit den Eltern in einem mittelgroßen Ort in Baden Württemberg. An der schwäbischen Alb. Und nun sollte er für 3 Wochen hoch oben in den Norden, auf eine Insel. Zu einer Großmutter, die er kaum kannte. Oma reiste nicht gerne. „Die hängt an ihrer Hallig“, meinte Vater. „Die hat Angst, wenn sie mal von dort fort ist, und auf das Festland kommt, dass  der kleine Flecken Land untergeht weil sie nicht da ist.“

Vater musste seine Heimat Hallig schon früh verlassen, wie fast  alle Halligkinder.

Mit 10 Jahren war er in ein Internat gekommen, weil es auf dem kleinen Eiland nur eine Zwergschule für die wenigen Kinder gab, die dort bis zur 4. Klasse der Grundschule unterrichtet wurden. Danach mussten sie auf eine Schule auf das Festland um wechseln. Entweder lebten die Kinder dann in einem Internat, dass dort für die Hallig Kinder eingerichtet worden war. Die meisten Halligkinder hatten aber Verwandte, dort in dem kleinen Küstenort, die sie während ihrer Schulzeit auf nahmen. Nur am Wochenende, wenn die Tide es zu ließ, und in den Ferien, fuhren sie wieder zurück auf ihr kleines Eiland.

Als Vater das Abitur gemacht hatte, ging er fort, um zu studieren. Eigentlich hat er nur die ersten 10 Jahre seines Lebens regelmäßig auf der Hallig gelebt. Und die Großeltern hatten es nur einmal geschafft, die Insel zu verlassen für eine längere Reise. Das war, als Papa und Mama geheiratet hatten. Aber da war Tim ja noch nicht dabei.

Seit der Hochzeit hatten sich Oma und die Familie ihres einzigen Sohnes also nicht mehr besucht. Und inzwischen war auch der Großvater gestorben. Vater war damals allein zur Beerdigung seines Vaters gefahren.

Mama mochte nicht mit fahren. Sie fürchtete sich vor der Schifffahrt. Das kleine Eiland war nur mit einem Fährschiff zu erreichen bei Hochwasser. Und sie mochte dort nicht einmal Ferien machen. So kam es, dass Tim die Großmutter eigentlich nur vom Telefonieren am PC kannte. Ja, mit einer Webcam kannte die Oma sich aus. Tim hatte nie darüber nachgedacht, warum seine Oma sich mit dieser neuen Technik zurecht fand.

Und nun sollte er drei Wochen lang bei dieser fremden Oma,

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: © Bei der Autorin
Bildmaterialien: Cover: BX Bildvorlage
Tag der Veröffentlichung: 27.04.2014
ISBN: 978-3-7368-2095-1

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