Cover



Mit hasserfülltem Blick starrt sie auf das Bild, was ihr der Spiegel zeigt!
Wer ist diese Person?
Und was will sie von ihr?
Sie wendet sich ab und geht hinaus, wandelt durch den dunklen Wald.
Sie friert, denn es ist Winter.
Als sie zurück kommt, tritt sie erneut dem Spiegel gegenüber.

Wieder bietet sich ihr das gleiche Bild:
ein Mädchen, bleich wie der Mond, mit roten Augen und einem in fetzen herab hängendem Kleid, nun mit Efeu in den Haaren, starrt sie an.
Mit tränenerstickter Stimme fragt sie die Frage, die schon die ganze Zeit in ihrem Kopf tanzt:
„Wer bist du?“
Doch sie bekommt keine Antwort, statt dessen sieht sie, wie dem Mädchen im Spiegel Tränen über die Wangen kullern.
Und als sie die Hand hebt, um ihre Wange zu streicheln, kann man die Narben auf ihrem Arm sehen!
Doch wie sie nun die Oberfläche des Spiegels berührt und merkt, dass diese kalt wie Stein ist,
und sich selbst über das Tränennasse Gesicht fährt,
fängt sie an zu begreifen, dass sie selbst es ist, die ihr aus dem Spiegel so verzweifelt entgegenblickt.

Sie läuft wieder hinaus, zum See, auf dessen spiegelglatter Oberfläche, sich silbrig das Mondlicht bricht.
Und sie kniet sich an sein Ufer und taucht ihre Hände in das eiskalte Wasser um ihr Gesicht zu befeuchten.
Die Kälte fühlt sich an wie tausend Nadelstiche, und doch geniest sie es.
Sie beugt sich nach vorne, um ihr verschwommenes Spiegelbild zu betrachten.
Aus ihren Augen tropfen rote Tränen, welche sich mit dem klaren, eiskaltem Wasser des Sees vermischen.
Und aus den Wunden auf ihren Armen fließen rote Rinnsale, welche Spuren auf den zurückgebliebenen Fetzen ihres Kleides hinterlassen.


Wie ist sie so geworden?
Es war im Sommer, als sie zu jemandem ging, mit dem sie sehr glücklich war, den sie liebte.
Doch dieser jemand verging sich an ihr, doch ihre Angst war zu groß, um sich dagegen zu wehren.
So ertrug sie all Abendlich die Pein, und die einzigen Zeugen ihres Leidens sind die Narben auf ihren Armen.
Doch eines Nachts gewann sie ihren inneren Kampf und schaffte es auszubrechen aus dieser Gewalt.
Auf ihrer Flucht irrte sie tagelang durch Wälder und über Felder, sie Zerriss sich an Dornen und Hölzern ihr einst schneeweißes Kleid, in welches sie extra für ihn gestiegen war.

Sie betrachtete noch einmal ihr verzerrtes Spiegelbild,
schaut noch einmal auf die Wunden ihrer Arme.
Und nun wandert sie in den See, um sich von den Erinnerungen und Spuren ihrer Vergangenheit zu befreien.
Sie nimmt noch ein letztes mal den Geruch und die Geräusche des Waldes war,
dann vermischt sich das rauschen der Bäume mit dem Rauschen des Wassers, welches über ihrem Kopf zusammen schlägt.
Das letzte was man von ihr sieht, sind ihre silbrig-blonden Haare, dann sind auch sie verschwunden.
So taucht sie ab, in die Erlösung.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 12.02.2010

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /