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Er wusste, dass er es nicht tun sollte.
Doch nach mehreren Monaten war er nicht bereit damit aufzuhören.
Nachdem er ein paar Mal bei ihre gewesen war, hatte sie sich an ihn geschmiegt, während er sie im Arm gehalten hatte. Und mehr tat er auch nicht.
Er beobachtet sie beim Schlafen. Er wusste selbst nicht, warum er das tat, doch er tat es.
Sie wusste nichts von ihm und er wusste, dass es ungerecht war. Doch wie sollte er ihr erklären, dass er seit langem bei ihr war, sie im Schlaf beobachtete?
Er wartete immer bis sie eingeschlafen war, bevor er den Raum betrat.
Er war glücklich, dass er ihr nicht erklären musste, wie ihm das gelang, dass er nicht erklären musste, warum er überhaupt bei ihr war.
Ersteres lag daran, dass er nicht von dieser Welt war, mehr Traum als Wirklichkeit…
Und letzteres fragte er sich selbst oft genug. Er war ihr in einem ihrer Träume begegnet.
Hatte sie gesehen, wie sie langsam auf frischem, saftig grünen Rasen umher tapste und voller Faszination die bunten, blühenden Blumen betrachtete.
Er hatte lächeln müssen. Sie hatte ihn in diesem Traum nicht wahr genommen. Genauso wenig, wie sie ihn an den letzten Abenden wahrnahm, in denen er in ihrem Zimmer auftauchte.
Sie hatte wunderschöne Träume, doch ihr Gesicht während sie schlief war damit nicht zu vergleichen. Sie lächelte leicht und man sah ihr an, wie wohl sie sich fühlte.
Es war für ihn wie eine Sucht. Er musste sie einfach immer wieder sehen. Er machte sich Vorwürfe, da er ihr gegenüber nicht fair war, doch was sollte er sonst tun?
„Ach Hallo, ich besuche dich seit ein paar Monaten, wie geht’s? Gut geschlafen?“
Das war sehr originell… Und unmöglich!
Sie kam gerade nach Hause als er sie bereits - mehr Schatten als Materie - beobachtete.
Sie zog sich im Badezimmer um während er im Wohnzimmer darauf wartete, dass sie fertig wurde und sich hinlegte. Er war wirklich sauer auf sich.
Er fühlte sich wie ein Pädophiler. Wie ein Junkie ohne seine Droge.
Sie kam aus dem Badezimmer ins Wohnzimmer und als er sie sah wusste er wieder, dass er nicht aufhören konnte.
Doch an diesem Abend legte sie sich nicht sofort ins Bett.
Sie schnappte sich ein Buch, setzte sich aufs Sofa und begann zu lesen. Er beobachtete ihr Mienenspiel, doch er merkte auch, dass sie immer wieder auf- und zur Uhr sah. Sie schien sich nicht konzentrieren zu können, als warte sie auf etwas. Einen Anruf?
Sie hörte auf zu Lesen und ging auf und ab, hörte Musik, Hörbuch…
Sie setzte sich aufs Bett, es war Mitternacht, und seufzte. Sie stand wieder auf, ging wieder auf und ab, sah mehrere Male aus dem Fenster.
Was war nur mit ihr los?
Sie schien frustriert. Es war gegen vier Uhr als sie wieder aus dem Fenster sah. „Wo bleibst du nur?“ Hatte sie das gerade wirklich gesagt? Oder hatte er es sich nur eingebildet?
Wartete sie auf ihn? Aber das war nicht möglich!
Es konnte nicht sein! Sie schlief doch jedes Mal wenn er da war!
Sie war müde und zog die Stirn kraus. Sie schien einen Entschluss zu fassen und ging duschen. Sie fing jeden Tag um diese Zeit an aufzuwachen. Wahrscheinlich musste sie zur Arbeit.
Sie machte sich für die Arbeit fertig, frühstückte, trank mehr Kaffee als gewöhnlich und er wusste, dass er eigentlich schon wieder weg sein sollte.
Er hatte Pflichten zu erfüllen! Immer wenn sie am aufwachen war machte er sich wieder auf den Weg und nun würde er das auch tun müssen.
Er verschwand zurück in seine Welt, die der Träume und machte sich an die Arbeit. Zum Glück war niemandem aufgefallen, dass er später war als sonst, so musste er niemandem etwas erklären.
Den ganzen Tag war er unkonzentriert. Die Menschen hatten seltsame Träume und er war nicht konzentriert genug um sie in schönere Bahnen zu lenken. Immerhin wurden es keine Albträume.
Doch während er Gedankenverloren seiner Arbeit nachging fasste er einen Entschluss!
Er würde sich ihr zeigen. Sie hatte die ganze Nacht nicht geschlafen und wenn sie nicht wusste wer er war konnte er dafür sorgen, dass sie der Meinung war auf dem Sofa eingeschlafen zu sein und dabei nur von ihm geträumt zu haben!
Er stand in ihrem Schlafzimmer als sie die Tür aufschloss und wartete dort. Sie seufzte und ging die Treppen hinauf. Sie öffnete die Schlafzimmertür und stockte jäh. „Was…“ Sein Herzschlag beschleunigte sich und langsam drehte er sich zu ihr um.
Er sah sie, so wie sie ihn sah. Sie schien plötzlich vollkommen wach zu sein und ihn von oben bis unten zu mustern. Er war noch nie nervöser in seinem Leben gewesen. Er wusste, dass er das hier eigentlich nicht durfte und doch war er hier.
Sie jedoch schien genau zu wissen wer er war. Sie ging lächelnd einen zögernden Schritt auf ihn zu. Er wusste nicht, was er tun sollte, deswegen fragte er „Du hast nach mir gerufen?“
Ihr Lächeln verstärkte sich, sie ging zu ihm und umarmte ihn. Hatte sie ihn wirklich bemerkt? War er so unvorsichtig gewesen?
Doch dies war jetzt erst einmal unwichtig. Sie umarmte ihn und er tat das, was er sich sehnlichst gewünscht hatte, er erwiderte ihre Umarmung.
Er war glücklich als er merkte, dass sie sich - wie in ihren Träumen - wohl zu fühlen schien.


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Tag der Veröffentlichung: 15.12.2010

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