Cover

Copyright

Sämtliche Personen, Orte und Begebenheiten sind frei erfunden. Ähnlichkeiten zu existierenden Personen sind rein zufällig.

 

Der Inhalt dieses Buches sagt nichts über die sexuelle Orientierung des Covermodels aus.

 

Alle Rechte vorbehalten.

 

Nachdruck oder eine andere Verwertung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin.

eBooks sind nicht übertragbar und dürfen nicht weiterveräußert werden. Bitte respektieren Sie die Arbeit der Autorin und erwerben eine legale Kopie.

 

Und denkt daran, im REALEN Leben gilt SAVER SEX, also achtet immer darauf. AIDS ist keine Krankheit, die man nicht auf die leichte Schulter nehmen darf. Auch die anderen Geschlechtskrankheiten nicht.

Also schützt euch!!!!

 

Danke

 

 

Dies ist eine unkorrigierte Version und die Geschichte steht nicht im Verkauf. Sie ist nur auf Bookrix online und kostenlos zu lesen. Wer dafür Geld gezahlt hat, ist einem Betrug in die Falle gegangen. Mein geistiges Eigentum zu plagiieren oder auf verschiedenen Plattformen zu verteilen ist illegal und wird strafrechtlich verfolgt.

Wie gesagt respektiert unsere Arbeit.

Info zu Geschichte

Klassensystem und Kristallfarbe

 

Klasse - Farbe: Rang - Hoch / Mittel / Niedrig

 Eliteklasse: Blau: Hellblau / Mittelblau / Dunkelblau

Oberklasse: Gelb: Hellgelb / Mittelgelb / Dunkelgelb

Mittelklasse: Grün: Hellgrün / Mittelgrün / Dunkelgrün

Unterklasse: Braun

 

 

Klasse: Farbe: Schweregrad - Leicht / Mittel / Schwer

 Straftäter: Rot: Hellrot / Mittelrot / Dunkelrot

Gesetzeslos: Orange

 

 

Klasse: Eigentum von Hellblau / Mittelblau - Gelb

Sklave: Schwarz / Grau

 

Weiß: Tod

1.

Im Hier und Jetzt

 

Luca Kappner

 

Meine Arme waren über meinem Kopf an irgendeiner Fassung befestig. Ich konnte mich nicht bewegen. Mein Körper brannte innerlich. Mich in dem Raum umschauen war ebenfalls ein Ding der Unmöglichkeit. Wo war ich? Was passierte mit mir und unwillkürlich bäumte sich mein Körper wieder auf. Er wollte Erlösung.
Ich wusste nicht, wie lange ich bereits in diesem Zustand war. Waren es Minuten oder sogar Stunden und die Qualen wurden immer unerträglicher. Was war das für ein Zeug, dass sie mir verabreicht hatten und wer waren die überhaupt?
Wieder durchflutete dieses unbändige Gefühl meinen Körper und ich stöhnte auf. Ich wollte Erlösung.
»Fuck!«, keuchte ich und meine Atmung erreichte allmählich ihren Höhepunkt. Mein Herz hämmerte nun in meiner Brust und die Gestalt, die sich die ganze Zeit im Schatten aufhielt, tat nichts. Beobachtete mich und amüsierte sich wahrscheinlich.
»Macht es dir spaß, du Arsch!«, versuchte ich zynisch zu sein, doch es kam nur ein Keuchen aus meinem Mund. Das Zeug, das sie mir verabreicht hatten, war die Hölle.
»Nun Spaß würde ich es nicht nennen. Es ist eher eine administrative Bestrafung«, diese Stimme war männlich, leise und sehr schneidend. Dieser Mann war es nicht gewohnt, von jemanden Befehle erteilt zu bekommen. Er war einer, der Befehle hindonnerte und keinen Widerspruch duldete.
»Ein Scheiß, administrativer Bestrafung. Warum bin ich wach? Sollte ich nicht schon tot sein? ...!«, weiter kam ich nicht. Wieder bäumte ich mich auf und dann hörte ich Schritte, die auf mich zukamen. Ich wollte meinen Kopf heben, aber die Droge die in meinem Körper hervor herrschte ließ es nicht zu. Jede Bewegung, die ich machen wollte, wurde dadurch brutal verhindert.
»Luca Kappner, Gefangenenstrafvollzugsnummer K-33025, im Zeitpunkt des Kälteschlafs 17 Jahre. Eltern: Marline Kappner, alter 42, lebendig und Mauro Kappner, alter im Zeitpunkt des Todes 45. Schwester: Lisa Kappner, alter 18. lebendig. Verurteilt, wegen Totschlags an Mauro Kappner zu 22 Jahre Kälteschlaf mit anschließendem Ausscheiden aus dem Leben.«
»Ist mir bekannt, warum bin ich dann hier?«, keuchte ich.
»Aus keinem besonderen Grund«, wieder hörte ich Schritte und der Mann trat ins Licht. Geschockt starrte ich ihn an. Ich konnte meinen Blick nicht mehr von ihm nehmen.
»Scheiße!«, dachte ich nur, denn das Hellblau seines Kristalls am Halsband stach mir ins Auge. Vor mir stand einer von der Eliteklasse oder Königsblut genannt. Das war nicht wahr! So einen bekam man nie zu Gesicht. Sie lebten in ihrer eigenen Welt.

 

2.

Ein paar Jahre zurück:

 

Luca Kappner

 

Schon wieder war der Unterricht aus. Ich stand auf dem Schulhof und blickte zum Himmel. Nach Hause wollte ich nicht, denn seit Vater seinen Job verloren hatte, war es die Hölle. Meine Eltern stritten sich nur noch und auch öfters bekam ich mit, dass mein alter Herr seine Hand gegen meine Mutter erhob ... und gegen mich.
In dieser Zeit, waren wir von der oberen Mittelschicht zur untersten Mittelschicht gerutscht und meine sogenannten Freunde aus der oberen Mittelschicht fingen an mich zu meiden. Meine Schwester erteilte das gleiche Schicksal. Wir waren nur noch einen Schritt zur totalen Unterschicht entfernt, dann würde uns der Besuch der Schule verwehrt und müssten in die Slums ziehen.
Das es schon soweit war, erfuhr ich, als ich vom Schulhof ging. Mein Halsband klickte. Die Halsbänder, wer die erfunden hatte, gehörte sich ungespitzte in den Boden gerammt. Als ich geboren wurden, war die Farbe des Kristalls in meinem Halsband Hellgrün. Mit anderen Worten, wir gehörten, zu den, na ja etwas betuchten. Die wirklich betuchten, besaßen die Farbe Gelb des Kristalls und die, die wirklich oben standen, gehörten zu der Blauklasse. Nun ich gehörte immer noch in die Grünklasse, aber auch da wurde Abstufungen gemacht. Hellgrün, waren die oberen in der Klasse, mittelgrün, wie es der Name schon sagte, war das die Mittelschicht und dunkelgrün, okay ich brauchte also nicht weiterreden. Mein Kristall war dunkelgrün.
Dennoch blieb die Hoffnung bestehen, dass der Schritt in die Slums aus blieb und wir von Dunkelgrün rauf in die Mittelschicht, also Mittelgrün gestuft wurden. Mit anderen Worten, Vater trat eine Arbeit an. Die nächste Stufenerhöhung ergab sich, wenn Vater länger als drei Jahren infolge arbeitete. Eine Herbsenkung, wenn er länger als 18 Monate infolge ohne Arbeit war. Verwirrend? Glaubt mir, das Klassensystem hatte ich bis heute noch nicht begriffen. Also hängen wir uns nicht weiter darauf auf.

Mutter durfte nicht arbeiten, da sie für die Erziehung der Kinder bis zur Vollendung des zwanzigsten Lebensjahrs zuständig war. Dennoch ereilte ihr das gleiche Schicksal und sich Scheiden lassen, war verboten.

Langsam und mit hämmernden Herzen trat ich vor einem Schaufenster, blickte auf die Farbe des Kristalls an meinem Halsband und meine Hoffnung wurde zunichtegemacht. In diesem Moment war ich ›Abfall‹. Die Farbe hatte sich in Braun geändert. Slums.
Meine Beine gaben nach, immer wieder schüttelte ich den Kopf und sank auf die Knie. Das konnte nicht wahr sein! Das durfte nicht wahr sein. Wie konnte es nur so weit kommen? Doch schluchzen half nichts, ich musste heim, und zwar so schnell wie möglich. Jemand mit einem braunen Kristall war in Mittel-City nicht gern gesehen.
Nun hatten wir nur noch 24 Stunden Zeit um aus der City zu verschwinden, weil sonst sich der Kristall in hellrot änderte und wir dann als Straftäter galten. Die Braunklasse hatte nicht das Recht einen Schritt in Mittel-City zu setzen. Die Linie war klar klassifiziert und unabänderlich.

 

 

***

 

Ein paar Monate später:

 

Es war kaum Sonnenaufgang und ich ging aus der heruntergekommenen Wohnung. Ich hatte Hunger und machte mich auf den Weg um etwas Essbares zu finden, das ich später mit meiner Mutter und meiner Schwester teilte. Mein Vater war mir egal, der lebte sein Leben mit ner Bulle in der Hand.
Da wir in den Slums lebten, war nun jeder auf sich selbst gestellt. Mutter musste nach wie vor bei Vater bleiben, Scheidung verboten, aber nur noch für sieben Jahre, bis meine Schwester ihre Volljährigkeit erreicht hatte und die Regelung, dass sie bei den nicht volljährigen Kindern daheim bleiben musste, war sowieso hinfällig, denn wir waren nicht mehr schulpflichtig, weil wir für das Klassensystem nicht geeignet waren. Um es zu verdeutlichen. Ein Kind mit einem braunen Kristall am Hals, hat kein Recht sich weiterzubilden.

Sie ging für ein paar Geldstücke arbeiten, dass sie Vater abgeben musste. Ihr blieb nichts anderes übrig, da sie sich nicht scheiden lassen durfte. Meine Schwester machte ihr eigenes Ding. Sie hatte jemanden gefunden, der mal Lehrer war und sie unterrichtete.
Ich hatte einen Stand ausgemacht, der Brot anbot. Kurz kramte ich in meiner Hosentasche und holte das wenige Geld heraus. Es reichte nicht und mir blieb nichts anderes übrig, als mein Essen zu klauen. In der Zwischenzeit war ich sehr gut darin geworden und als der Besitzer mit dem Rücken zu mir stand, hatte ich das Brot unter mein T-Shirt versteckt. Unauffällig ging ich weiter und kurze Zeit später stand ich vor dem Haus, indem meine Mutter wohnte. Es war genauso baufällig und morsch, wie meins. Das Gute war, ich brauchte keine Miete zahlen, weil es leer stand und ich hatte mir das beste Zimmer rausgesucht. Ob die Heizung im Winter funktionierte, war ziemlich fraglich, aber im Moment reichte es.

Als ich die Tür öffnete, hörte ich Schreie. Es war eigentlich an der Tagesordnung, dass irgendwo jemand schrie. Gewalt in den Slums war normal und ich musste oft meine Fäuste spielen lassen, doch diese Schreie hörten sich wie meine Schwester an und ich stürmte rein.
Erstarrt blieb ich vor meiner bewusstlosen Mutter stehen. Ihr Gesicht war zerschunden und über ihrem Auge hatte sie eine klaffende Wunde. Wieder dieser schmerzverzerrte Schrei und fragte mich, wo mein Vater war. Der Typ lag bestimmt irgendwo besoffen im Graben. Hoffte ich, denn Schläge von ihm, bekam man immer. Als ich mich umblickte, sah ich, dass ein Stuhl kaputt war. Ich nahm ein Stuhlbein und ging weiter. Zuckte zusammen, als ich wieder schreien hörte. Ich ging darauf zu und mir wurde schlecht.
Innerlich verkrampfte sich alles und als meine Schwester mich sah, flehte sie mich an.
»Luca, Hilfe«, danach ging es schnell. Wie wild geworden drosch ich auf meinem Vater ein und ich stieß schließlich den toten Körper von meiner Schwester.

Wie in Trance bekam ich mit, dass ich abgeführt wurde. In dem Moment als das Herz meines Vaters aufgehört hatte zu schlagen, hatte sich sein Kristall in Weiß geändert und die Sicherheitsbehörde wurde durch den integrierten Chip alarmiert.
Jeder Mensch wusste sofort, was hier geschehen war und sie brauchten nur 1 und 1 zusammenzählen. Meine Mutter bewusstlos auf dem Boden, meine 13 Jährige Schwester in eine Decke gewickelt, mein Vater tot und ich stand mit dem Knüppel über ihn. Mein Kristall hatte sich von Braun in Hellrot geändert.

 

 

***

 

 

»Wir die Geschworenen befinden den Angeklagten Luca Kappner, wegen Totschlags an Mauro Kappner für schuldig.«
Der Richter erhob sich und verkündete das Urteil. 22 Jahre Kälteschlaf mit anschließendem Ausscheiden aus dem Leben. In diesem Moment hörte ich ein Klicken und ich brauchte die Farbe meines Halsbandes nicht zu sehen, um zu wissen, das sich das Hellrote in dunkelrot geändert hatte. Nun galt ich als Schwerverbrecher und wurde auch so behandelt. Es war egal, ob es Notwehr war oder nicht. Eines Menschen des Lebens berauben wurde immer mit dem Tod bestraft.
»Alles Gute zum Geburtstag«, gratulierte ich mich selbst. Es war mein 17. Geburtstag und sogleich mein Todestag.

 

3.

Wieder im Hier und Jetzt:

 

Luca Kappner

 

Doch für lange konnte ich nicht geschockt bleiben, denn ich stöhnte unter meinem körperlichen Verlangen auf.
»Was will einer von deiner Sorte von einem Slum?«, fragte ich schweratmend.
»Trotz des vierjährigen Kälteschlafs und der Droge kannst du so schnippisch sein. Luca Kappner?«, er trat weiter an mich heran und betrachtete mich mit eiskalten Augen. »Aber um deine Neugierde zu befriedigen, bin ich gewillt, dir eine zweite Chance zu geben, allerdings ist sie nicht umsonst.«
»Das wäre ja dann Ostern und Weihnachten an einem Tag, wenn einer aus der Elite etwas umsonst machen würde«, gab ich zurück.
»Faszinierend, wie du dich gegen die Droge wehren kannst. Luca Kappner ich unterbreite dir nur einmal mein Angebot. Entweder du bist bis zum Ablauf deiner Strafe ein schwarzer Kristall oder du gehst in deinen Kälteschlaf zurück. Woraufhin ich dafür Sorge, dass du deine Zeit mehr wach, als schlafend verbringst.«
In den Kälteschlaf zurück, was? Der Kälteschlaf war die Hölle auf Erden. ›Du liegst in einem Behälter, bist an Händen und Füßen gefesselt und dein Kopf ist fest fixiert. Du wirst künstlich beatmet und genauso ernährt. Schläuche führen entweder in deinen Körper oder aus deinem Körper. Direkt vor deinen Augen befand sich eine Anzeigetafel, auf der das aktuelle Datum, die abgelaufenen Zeit, die verbliebenen Zeit, wie lange man in der Zeit wach war und geschlafen hatte aufgezeigt.‹ von den vier Jahren Kälteschlaf hatte ich eineinhalb Jahre wach verbracht und ich war öfters als einmal dran wahnsinnig zu werden. Doch davon hatte ich nichts gewusst. Ich sah, meine letzten Minuten genau vor mir. Zählte den Countdown runter und dachte an meine Mutter, Schwester und an ihn. Ael, bevor sich meine Augen für immer schlossen.
»Ich pfeif drauf!«, meinte ich abwertend.
»Wie du meinst, allerdings verringert sich deine Strafe um das Sechsfache und deine Mutter bekommt ihre alte Klasse zurück, in der sie war, bevor sie deinen Vater geheiratet hatte. Was für deine Schwester ebenfalls gilt.«
»Was für ein ... scheiße!«, ich verstand nichts, laut keuchte ich und die Schweißperlen traten hervor. Mein Körper zuckte nur noch und ich hatte das Gefühl, dass mein Schwanz allmählich zerberste.
»Gelb!«
Gelb? Meine Mutter war in der Oberklasse, das würde bedeuten, dass sie viel mit der Eliteklasse zu tun hatte. Huschte es durch und ich vergaß es gleich wieder. Innerlich brannte ich höllisch.
»Aufhören, das soll aufhören. Ich kann nicht mehr!«
»Ich kann dafür sorgen, dass es aufhört. Ich muss nur deine Entscheidung wissen.«
»Wa ...«, wieder kam ich nicht weiter, denn nun stöhnte ich unter das aufkommende Gefühl auf, das mir der Elitetyp bescherte. Sanft strich er über meinen Schwanz, umgriff ihn, rieb eins zweimal und bevor ich, soweit war, hielt er inne.
»Deine Antwort!«
Ich war zu keiner Antwort mehr fähig, vor allem wusste ich nicht, was er von mir wollte, so nickte stattdessen. Dieses Brennen sollte aufhören. Ein letztes Mal bäumte sich mein Körper auf und ich schrie meinen Orgasmus raus.
Bevor ich wegdämmerte, hörte ich mein Halsband klicken und die Stimme des Elitetypen.
»Schlaf ruhig mein Sklave.«
»Wer bist du?«, nuschelte ich die Frage schläfrig.
»Ich bin Raphael Angelus«, sagte er, doch mir weiter Gedanken darüber zu machen konnte ich nicht. Ich war körperlich ausgelaugt.
Meine Fesseln wurden gelöst und ich schlief nun endgültig ein.

 

4.

Luca Kappner

 

 

»Herr Luca, bitte wachen Sie auf!«, wurde ich geweckt und öffnete langsam meine Augen. Blickte in ein junges männliche, wirklich hübsches Gesicht. Sein Alter war schwer einzuschätzen. Er könnte 15 sein oder aber auch älter. Seine Augen hatten eine leichte violette Umrandung und die Haare hatten die Farbe wie Flieder.
»Guten Morgen Herr Luca. Ich habe Ihre Anziehsachen bereitgelegt.«
»Was mache ich hier? Sollte ich nicht im Kälteschlaf sein? Nein Tod!« Der Junge lächelte mich sanftmütig an.
»Herr Luca Ihr Kälteschlaf ist vor sechs Monaten aufgehoben worden.«
»Wie? Sechs Monate? Aber ...«, ich erinnerte mich an gar nichts mehr und doch ... war da ein Gesicht mit kalten eisblauen Augen.
»Das ist normal Herr Luca. Ihr Körper wurde reanimiert, aber Ihr Gehirn brauchte noch etwas Zeit. Sie sind gestern das erste Mal richtig erwacht.«
»Was ist daran normal? Ich erinnere mich an jedes Wecken, und an mein Tod, aber warum kann ich mich nicht an die letzten sechs Monate erinnern?«
»Ganz einfach. In den Wachphasen im Kälteschlaf wird das Gehirn aktiviert, deshalb können Sie sich daran erinnern und ein Kälteschlaf aufzuheben braucht Zeit. Ihr Körper musste sich auf den normalen natürlichen Ablauf wieder einstellen. Damit es für Sie keine anhaltende Qual wurde, wurden Ihre Gehirnaktivitäten auf das minimum runtergesetzt, nur allein Ihr Körper wurde reaktiviert.« Ich hob die Hand und winkte ab. Auf trockenen Schulstoff hatte ich keine Lust. Aber warum konnte ich mich nicht an den letzten Tag erinnern? Oder nur vage.
»Hier bitte würden Sie das bitte anziehen. Herr Raphael wartet nicht gerne.«
»Wer ist Raphael?«, fragte ich und doch kam mir der Name bekannt vor.
»Raphael Angelus, Elitestatus Hellblau, unser Gebieter«, erklärte er und nun blickte ich zum ersten Mal auf sein Halsband. Sein Kristall war schwarz.
»Du bist ein Sklave!«
»Ja Herr Luca. Ich bin die neueste Version aus der Reihe der Violette. Mein Name ist Fion.« Ich nickte nur, denn ich stand das erste Mal einem genetisch entwickelten Sklaven gegenüber. »Und ich bin für Ihr Wohlbefinden zuständig« sprach er lächelnd weiter. Danach reichte er mir das Kleidungsstück und es fühlte sich gut an. Nur als ich es anhob, erschrak ich.
»Das ist durchsichtig und was soll das für ein Bekleidungsstück sein?«
»Ein Kimono. Traditionelle japanische Kleidung«
»Ein Kimono? Das kann man als eine Gardine verwenden!«, rief ich aus und plötzlich wurde es mir schwindlig.
»Bitte passen Sie auf sich auf. Das sind die Nebenwirkung der Droge, die Ihnen verabreicht wurde.«
»Was für Drogen?«
»Aphrodisiakum. Nicht schlimm, aber Ihr Geschlechtstrieb wollte nicht so, wie es sich Herr Raphael gewünscht hat.« Ich wollte schon was erwidern, aber mein Kopf schien Salsa zu tanzen und sank zurück auf das Kissen.

»Fion!«, hörte ich die leise und schneidende Stimme, aber ich war nicht fähig meinen Blick in dessen Richtung zu drehen. »Luca sollte bereits fertig sein!«
»Ich bitte um Verzeihung. Herr Luca ist nicht bei Kräften.« Schritte kamen näher und dann lag eine kühle Hand auf meiner Stirn.
»Für was bist du hier, Fion. Er hat leichtes Fieber! Du weißt doch, dass ein Mensch bei der ersten Einnahme, mit Nebenwirkungen zu kämpfen hat.«
»Fieber? Ist nicht in meinem Repertoire.«
»Dann kümmere dich darum!«
»Ja Herr Raphael«
Die Schritte gingen wieder von mir weg und ich hörte nur, wie Fion mit dem System sprach.
Nach einiger Zeit weckte mich Fion wieder und reichte mir eine Tasse mit einem Gebräu, das nach Kräutern roch. Ich trank es und es dauerte nicht lange, bis es mir besser ging.
»Herr Luca, Herr Raphael möchte Sie heute Abend empfangen!«

Irgendwann schaffte ich aufzustehen, eigentlich musste ich aufstehen, denn die Natur rief und Fion folgte mir auf Schritt und Tritt.
»Ich kann das alleine!«, meinte ich und schlüpfte in den gardinenartigen Kimono. Der Stoff schmiegte sich an mich und es fühlte sich an, als ob es meine zweite Haut wäre. Einfach himmlisch, mit nur einem Defizit, es war durchsichtig.
»Ist mir bewusst, aber ich bin für Ihr Wohlbefinden hier.«
»Würdest du bitte trotzdem draußen warten?« Er blieb stehen und blickte mich freundlich an. »Die Tür kann auch meinetwegen offenbleiben«, sagte ich und endlich schien er damit zufrieden zu sein und ging aus dem Bad.
Erleichtert setzte ich mich auf die Toilette und schloss die Augen. Der letzte Tag kam mir langsam wieder in den Sinn.

 

***

 

Mit einem Schrei erwachte ich aus dem Kälteschlaf. Seit 22 Jahren war es der erste Ton, den ich von mir gab und dieser gab alles wieder, was und wie ich mich gefühlt hatte. 22 Jahre ohne Bewegung. 22 Jahre nichts zu fühlen zu atmen, nichts essen, wach gewesen und dazu gezwungen zu sehen, wie viel Zeit vergangen war. Wie viel Zeit dir noch blieb. Dazu gezwungen Stunden wenn nicht Tage wach zu bleiben in dieser gefesselten Position immer den Blick auf die Zeit.
Ich war mir sicher, dass ich meine 22 Jahre abgesessen hatte und doch ...

Danach, nachdem mein Körper und mein Gehirn wieder in Symbiose funktionierten, wurde ich in einem Raum gesperrt und war wieder allein. Minuten oder Stunden und mir war kalt. Ich lag auf dem Boden, ein Bett gab es nicht, als die Tür geöffnet wurden und ein Tablet mit Essen reingeschoben wurde.
Es waren Sicherheitsmänner, also befand ich mich noch im Gefängnis und als sie wieder draußen waren, ging das Licht an. Kurz blickte ich mich um. Eine Toilette mit Waschbecken und einem Spiegel, sonst befand sich nichts in dem Raum und ich stand auf. Ich hatte die Kraft aufzustehen, was nach einem Kälteschlaf schier unmöglich war und doch konnte ich es. Trat an den Spiegel und blickte rein. Ich sah noch genauso aus, wie vor 22 Jahren, obwohl ich bereits 39 war. War ja logisch, alle Funktionen wurden herbgesetzt, somit auch das Altern, und mein Blick ging zum Hals. Der Kristall leuchtete dunkelrot. Noch immer galt ich als Schwerverbrecher, doch warum wurde ich aus dem Kälteschlaf geholt? Warum lebte ich noch? Ich hatte meine letzten Minuten vor Augen und hatte sogar mit runtergezählt, weil ich es nicht mehr erwarten konnte, diese schier unendliche Qual loszuwerden. Der letzte Kick, die Hoffnung alles loszusein ...

Mein Magen knurrte und mein Blick wanderte zum Tablet, das auf dem Boden lag. Ich bewegte mich darauf zu und setzte mich auf den Boden. Nahm das Tablet auf mein Schoß und fing zu Essen an. Es war nur ein einfaches Brot und dennoch, konnte ich mich darein knien. Nahm den Becher und trank das Wasser aus. Brot und Wasser, wie es für einen Schwerverbrecher galt. Sollte mal Butter oder Wurst mit dabei sein, oder einen Teebeutel, hatte man wirklich Glück oder es war die Henkersmahlzeit.
War es die Henkermahlzeit? Wurde meine Strafe verschärft? Sollte ich bei vollen Kräften und Bewusstsein meinen Tod entgegentreten? Aber es war doch nur Notwehr?
Ich hatte meine Schwester gerettet. Das mein tyrannischer Vater dabei draufging, war keine Absicht.

Was war das? Hatten sie die Heizung höher gestellt, mir wurde es auf einmal warm. Nein, die Wärme kam nicht von irgendeiner Heizung, es war mein Körper. Mein Körper erhitzte sich und meine Atmung ...
Kräftige Arme umgriffen mich und hievten mich hoch. Meine Augen wurden verbunden und ich bekam einen Knebel in den Mund geschoben. Danach stießen sie mich vor sich her, dass ich immer wieder über meine Füße stolperte. Fürs erste musste es ihnen wohl gefallen haben, denn ihr Lachen war herblassend, doch beim fünften Mal, wurde ich unter die Arme gepackt und so weitergeschleppt.
Es ging in einem Aufzug und er fuhr nach oben. Länger, als gewöhnlich und als er stoppte, stießen sie mich weiter. Danach wurde ich auf ein Bett oder was es war gelegt, meine Arme nach oben gefesselt, mir die Augenbinde und den Knebel aus dem Mund genommen und dann war ich alleine. Trotzdem vernahm ich hin und wieder im Schatten eine Bewegung und mein Körper brannte.

 

***

 

Was hatte Fion gesagt? Das ich schon seit einem halben Jahr aus dem Kälteschlaf heraußen war. So lange hatte es gedauert, bis sich mein Körper vollständig erholt hatte. Doch wer hatte es veranlasst? War es dieser Typ? Was wollte der von mir? Ich stand von der Toilette auf, spülte und blickte in den Spiegel. Auch wenn ich es bereits vermutet hatte, so traf mich trotzdem der Schlag. Mein Kristall war schwarz. Ich war der Sklave von einem aus der Eliteklasse.
Als ich aus dem Bad kam, stand Fion vor der Tür und wie immer hatte er ein Lächeln aufgesetzt. Früher wollte ich unbedingt, solche wie er sehen, doch nun, ging er mir mit seinem stetigen Grinsen auf die Nerven. Obwohl er nichts dafür konnte, er wurde so gezüchtet.
Er zeigte und erklärte mir alles. Innerhalb dieses Zimmers durfte ich mich frei bewegen und alles benützen. Mir war verboten auf die Terrasse zu gehen und durch die anderen zwei Türen. Sollte ich es dennoch versuchen wollen, würde sich das Halsband aktivieren und Schmerzen erleiden, die ich mir im leben nie vorstellen könnte.
»Wie nett und was ist hinter den anderen Türen?«, fragte ich.
»Diese Bereiche gelten nur für Herr Raphael.«
»Die du betreten darfst.«
»Natürlich, ich bin für Herrn Raphaels Wohlbefinden zuständig.«
»War ja klar!« Tief atmete ich ein und setzte mich auf den Stuhl, den Fion vorgezogen hatte. Als ich saß, hob er die Glocke hoch und ich staunte nicht schlecht. Essen vom Feinsten. Wahrscheinlich kostete dieses Frühstück mehr, als was mein Vater im Monat verdient hatte.
»Ist das nicht etwas übertrieben?«
»Wie meinen Sie das Herr Luca?«
»Dieses Frühstück ... das ist übertrieben!«
»Ich habe es für Sie zusammengestellt. Herr Raphael wünscht Sie kräftig und gesund.« Für eine kurze Zeit war sein Lächeln verschwunden und mir war es, als ob er angst hätte. Könnte so einer wie er angst haben? Diese Frage schüttelte ich sofort ab und nahm den ersten Bissen. Meine Fresse war das lecker. Kochte meine Mutter schon gut, aber das ..., oder war es, weil meine Geschmacksnerven, während des Kälteschlafes unterbeansprucht worden waren.
Nachdem ich das Essen fast zur Hälfte aufgegessen hatte, wagte ich einen Blick zu Fion, der neben mir stand. Sein Ausdruck schien nun erleichtert zu sein und goss mir das Trinken nach. Es hatte den Geschmack von süßen Erdbeeren und ich trank aus. Kaum war die Flüssigkeit in meinem Magen angelangt, hatte ich das Gefühl, schon wieder innerlich zu verbrennen. Ich fuhr hoch und funkelte Fion böse an.
»Was war da drin? Ich hoffe für dich ...«, weiter kam ich nicht. Die Wirkung war die Hölle und ich sank auf die Knie. »Gott!«, stöhnte ich und riss mir den Kimono runter. Heiß, mir war es heiß und umgriff mich. Das war keine Geilheit, das war Folter, im höchsten Maße. Obwohl ich so etwas nie vor Zuschauer getan hatte, war es mir in diesem Moment egal. Fion war mir egal und alles um mich herum war mir egal. Ich wollte nur das dieses brutale Gefühl, was alles in mir zusammenzog, aufhörte. Als Fion meine Absicht erkannte, fesselte er meine Arme in Windeseile auf den Rücken.
»Bitte verzeihen Sie mir, aber Sie dürfen sich nicht selbst berühren.« Ich hatte keine Zeit darüber erbost zu sein, denn so wie mein Herzschlag war, wurde Unmengen an Blut in die unterste Region gepumpt und Fion zog mich mit einer Leichtigkeit nach oben, die ich ihm nicht zugetraut hatte.
Wie als ob er nie etwas anderes getan hatte, führte er mich in Richtung des Bettes. Auch wenn ich mich dagegen wehrte, konnte ich nicht. Die Droge schien alles zu lähmen nur eines nicht, meinen Schwanz.
»Herr Raphael wird sehr erfreut sein. Das Eintreten der Wirkung der Droge übersteigt, den Wert der experimentalen Phase«, flüsterte er. Den Was?
Währenddessen fummelte er an einer Bedienung, drückte auf einigen Knöpfen und ich sah, wie sich das Bett veränderte. Das Kopfende sowie das Fußende, sanken unter das Bettgestell. Als es eingerastet war, schoben sich Metallstangen hervor, die danach wie ein Gitter aussahen. Allein zuzuschauen, wie aus einem normalen Bett ein Folterinstrument wurde, machte mir angst. Ich versuchte mich zu wehren, doch er hielt mich mit einer Kraft fest, die schon schmerzhaft war. Ihm aber nichts ausmachte.
Fion legte die Bedienung weg, hob mich hoch und legte mich sanft auf die Matratze, die die Gleiche blieb.
Mein ganzer Körper fühlte sich schmerzhaft heiß an und ich stöhnte lauf auf, als mein nackter Rücken die kühle Matratze berührte. Dem nicht genug, fesselte er meine Arme und Beine an das Gitter, das ich dann dalag, wie eine Frau auf einem Gebärdenstuhl, noch dazu verpasste er mir einen Mundknebel.
Kaum, dass ich gefesselt auf dem Bett lag, hörte ich, wie die Tür ging. Krampfhaft versuchte ich meinen Kopf zu diesem Geräusch zu drehen, doch meine Kraft blieb mir verwehrt. Hätte es auch nicht gebraucht. Mich blickten zwei eisblaue kalten Augen an, die zu einem Gesicht gehörten, das keine Mimik zuließ.
»Fion, du kannst gehen!«, befahl er ihm und sogleich hörte ich wieder die Tür. Er selbst ließ mich nicht aus den Augen und ich schloss meine. Ich konnte diesen eiskalten Blick nicht ertragen, schon gar nicht, da ich vollkommen nackt vor ihm lag.
Ich war also ein Sklave. Sein Sklave. Hatte keine Rechte mehr, keinen eigenen Willen mehr und war komplett von den Launen meines Herrn ausgeliefert. Sicherlich wurden keine normalgeborenen Menschen als Sklaven gehalten, dies verbot das Gesetz und damit jemand, wie er, nicht in den Verruf kam, sich unsittlich zu benehmen, wurden die ›Sklaven‹ erschaffen. Genetisch veränderte Menschen, die nur für diesen einen Zweck gezüchtet wurden. Dennoch kam es ab und an auch vor, dass ein Mensch zu diesem Leben verurteilt wurde. Er wurde in einschlägigen Etablissement verkauft und ihm wurden Gliedmaßen amputiert. Entweder war es die Zunge, die Füße, Hände oder in den meisten Fällen, der Penis, weil Sexualdelikte wurden hart bestraft.
Aber warum, wurde ich ein Sklave? Aus welchem Grund? Ich hatte einen Menschen getötet, der sich an meine kleine Schwester vergangen hatte. Dass ich dadurch das gleiche Schicksal erlitt, war mir klar. Gleiches wurde mit Gleiches gesühnt. Ich hatte einen Mord begangen, somit hatte ich die Todesstrafe bekommen. Ein Sexualverbrecher wurde ein Sexsklave. Die kleineren Delikte wurden meistens mit dem Kälteschlaf bestraft. Die dafür vorgesehene Höchststrafe betrug 10 Jahre und danach fristete man sein Leben in der Braunklasse. Keine Chance mehr auf aufstieg.
Gefängnisse gab es nicht mehr, sie wurden wohl mit der Zeit zu teuer, daher wurde vor über 200 Jahren der Kälteschlaf eingeführt. Genauso wie die Klassenfixation.

 

Aber warum war ich noch am Leben?
Ich hatte meine Jahre abgesessen und sollte tot sein, warum also?
Nachdem ich mich durch die wirren Gedanken etwas beruhigt hatte, öffnete ich meine Augen. Er stand noch genauso da und musterte mich.
»Hast du dich endlich an die Wirkung gewöhnt? Aber was will ich schon von einem einfachen Menschen erwarten. Dennoch ist es sehr lobenswert, wie du damit zurechtkommst.« Er trat näher an mich heran und strich mir die nassen Haarsträhnen aus der Stirn. Fuhr mit seinem Finger über meine Nase und tippte auf die Spitze. »So wie du mich anschaust, hat Fion dir wirklich nichts gesagt. Warum bin ich hier? Warum bin ich noch am Leben? Warum bin ich jetzt ein Sklave? Was ist der Grund? Und noch viele mehr Fragen, die dich beschäftigen und es gibt nur eine einzige Antwort darauf: Aus keinem besonderen Grund und das sollte dich glücklich schätzen, Luca Kappner.«
»Von wegen und aus keinem besonderen Grund. Der Typ will sich an mir vergnügen und da ich wohl in der Gesellschaft als Tod gelte, ist das für so ein arrogantes Arschloch auch kein Problem«, dachte ich, obwohl ich das ihm gerne ins Gesicht geschrien hätte. Nur konnte ich es nicht, der Knebel verhinderte es und schon stöhnte ich auf. Ich hatte es nicht mitbekommen, wie seine Hand ihren Weg nach unten gebahnt hatte. Die Wirkung der Droge und seine warme Hand, war unbeschreiblich. Ohne das ich es wollte, hob und senkte sich mein Unterkörper, dass sich mein Schwanz in seiner Hand rieb. Ich schloss meine Augen und mein Rhythmus wurde schneller, bis plötzlich seine andere Hand auf meinem Bauch lag und mich zwang, mich nicht mehr zu bewegen. Ich öffnete meine Augen, die inzwischen tränenverhangen waren, denn diese Geilheit war überaus schmerzhaft und sah meinen Peiniger nur noch verschwommen.
»Willst du kommen?«, fragte er leise und die Hand auf meinem Bauch streichelte mich. Die andere verharrte an meinem Schwanz. »Ich lasse dich kommen. Immer und immer wieder. Das verspreche ich dir.«
Er beugte sich zu mir runter und gab mir einen Kuss auf meine verschwitzte Stirn. Sein Duft drang in mich. Er kam mir bekannt vor. Orchidee. Weiße Orchidee und es schien, dass dieser Geruch mein Verlangen nach Erlösung überaus verstärkte.
Nur einer hatte je so gerochen und ich verfluchte diesen Elitetypen, dass er sich mit diesem Parfüm bestreut hatte. Wie konnte er es wagen, ihn nachzuahmen. Ael. Mein Geliebter. Meine einzige Liebe, die mir das Klassensystem weggenommen hatte.
Ich hatte ihn auf einer Schulparty kennengelernt, damals war mein Kristall noch hellgrün und als mein Status immer weiter sank, war es durch das System verboten, uns zu sehen. Seinen Status kannte ich nicht. Er trug immer ein Halstuch, selbst als wir uns innig liebten. Daher schätzte ich, dass er aus der Gelbklasse kam. Gelbklasse und Hellgrün wurde mit sehr viel Augenzudrücken akzeptiert.
Wie gerne hätte ich ihn noch einmal gesehen, doch nun müsste er ein erwachsener Mann an die 40 Jahre sein und lebte sein eigenes Leben. Vielleicht hatte er sogar selbst eine Familie. Ich gönnte es ihm ...
Mit großer Anstrengung versuchte ich dem Elitetypen in die Augen zu schauen. Kurzzeitig schaffte ich es, aber ich konnte die Einzigartigkeit der Farben die Aels Augen ausmachten nicht erkennen. Ael hatte zwei verschiedene Augenfarben. Grün und Blau. Dieser hier hatte nur eine. Eisblau. Dennoch kam ich nicht drum rum und ergoss mich.
Heiß lief mein Sperma vom Bauch. Ich konnte mich nicht erinnern, dass es jemals so heiß war. Er wandte sich von mir ab.
»Fion!«, rief er und es dauerte keine Sekunde, da hörte ich die Tür. Raphael oder wie er sich genannt hatte, sagte nichts zu ihm, sondern verließ einfach das Zimmer, ohne sich noch einmal umzudrehen. Diesen Arsch würde ich wohl nie leiden können, aber mir blieb nichts anderes übrig. Mein Kristall war schwarz und somit war ich als sein Eigentum registriert. Fion kam an das Bett, löste die Handschellen und nahm mir den Knebel aus dem Mund.
»Ich werde Sie jetzt ins Bad begleiten. Da können Sie sich in einer schönen heißen Badewanne entspannen.«
»Nicht heiß ...«, flüsterte ich nur.
»Herr Luca, ich bin für Ihr Wohlbefinden zuständig und Ihr Körper braucht jetzt Entspannung und Ruhe.«
»Kein heißes Wasser. Ich verglühe, nein ich brenne, es schmerzt höllisch.«
»Verständlich Herr Luca, Ihnen wurde innerhalb von 24 Stunden zweimal Shince verabreicht. Bitte, wenn Sie nun aufstehen wollen ...«
»Ich bleib liegen!«
»Herr Raphael ...«
»Interessiert mich einen scheiß und wage es ja nicht mich anzufassen!«
»Wie Sie wünschen. Ich wünsche Ihnen einen geruhsamen Schlaf.« Ich gab nichts drauf und schloss meine Augen.

5.

Raphael Angelus

 

Lange hatte ich nach ihm gesucht. Nach diesem Jungen, der mich so freundlich angeschaut hatte. In seinem Blick war nichts Unterwürfiges. Kein scheinheiliges Getue, was ich, seit ich die Welt betrat, erleben musste und endlich sah ich ihn wieder. Leicht musste ich schmunzeln, als er am Tresen stand und sich mit einem Mädchen unterhielt.

 

***

 

»Keine Sorgen kleiner Mann«, hatte er gesagt und seine braunen Augen zogen mich in seinen Bann. »Du bist nicht schlimm verletzt«, sprach er ruhig weiter, als er meinen Arm verband und mich aufforderte auf sein Rücken zu klettern, was durch den Umstand, dass ich mir den Knöchel verstaucht hatte, etwas schwierig war. Mich wunderte es außerdem, als er meinen hellblauen Kristall sah, keine Reaktion zeigte. Noch dazu meine weißen Haare und die eisblauen Augen, die uns als Eliteklasse ausmachten, ihm wohl wirklich nichts ausmachten. Alle Menschen, denen ich begegnet war, hielten respektablen Abstand, dass es mir immer schon wehtat. Aber nicht er. Er zog mich aus dem Luftschiff, verband meine Verletzungen und hievte mich auf seinen Rücken. Für meine Beschützerin kam jede Hilfe zu spät und der Junge atmete tief ein, als er ihren Puls fühlen wollte.
»Ich hoffe, deine Leute sind gleich da, denn ich denke, dass die, die euch abgeschossen haben, nicht lange auf sich warten lassen.«
»Nach der Bruchlandung ist das GPS ausgefallen ...«, sagte ich darauf und ich sah, dass er etwas lächelte.
»Hmm, mag schon sein, aber der Rauch führt sie hierher. Wir müssen hier wegsein, bevor sie uns ausmachen. Ach ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Ich heiße Luca Kappner.«
Seine erfrischende Art, erheiterte mich und ich war auch überrascht, dass er nicht schreiend davongerannt war, als er mich sah. Er hatte echt keine Scheu oder Ehrfurcht und es beruhigte mich allgemein. Auch wenn ich wusste, warum das so war. Ich hatte das Aussehen eines Sechsjährigen, für ihn war ich wohl nur ein Kind, dennoch war ich befähigt über die Menschheit zu befehligen. Er war ein Junge, den ich auf 12 oder 13 schätzte, einfach noch zu jung, um zu begreifen, wer vor ihm stand.
Etwa nach zehn Minuten machte ich einen Schatten aus, der auch dann gleich hervortrat. Sofort ging Luca mit mir auf seinem Rücken in Abwehrstellung.
»Wer seid ihr?«
»Für einen Grünen nimmst du deinen Mund ganz schön voll. Übergib uns Herrn ...«
»Ich fragte, wer ihr seid!«, sanft klopfte ich auf seine Schulter und flüsterte ihm ins Ohr.
»Sie gehören zu mir. Du kannst mich runterlassen.«
»Ist das dein Ernst? Die schauen aber nicht so aus!« Unwillkürlich musste ich kichern.
»Ist schon okay. Das sind meine Bodyguards.« Langsam und vorsichtig hob er mich auf den Boden zurück und einer meiner Männer kam auf uns zu. Dieser hob mich auf den Arm.
»Danke Luca Kappner«, sagte ich und wurde von meinem Bodyguard weggetragen.

 

***

 

Wieder schmunzelte ich und trat an ihn heran. Neugierig musterte er mich und ich wusste, er erkannte mich nicht. Immerhin sah ich vor zwei, drei Jahren noch wie ein Sechsjähriger aus und nun ging ich als 18 Jähriger durch. Ich sprach ihn an und sah, wie sein Blick zu meinem Hals ging. Vorsorglich hatte ich mein Halsband mit einem Tuch verdeckt. Ich hätte mich sonst nicht mehr erwehren können oder wohl eher, ich würde wohl komplett ignoriert werden oder die Festhalle wäre von einer Sekunde auf die nächste verstummt. Außerdem wenn ich mein Königsblut unterdrückte, konnte ich mein Äußeres verändern. Meine weißen Haare wurden braun und ein Auge veränderte sich in Grün. Diese Fähigkeit hatte nur ich, da ich ein Mischling war. Mein Vater war ein Königsblut und meine Mutter eine normalgeborene.
Wie schon bei unserem ersten Treffen stellte er sich vor und ich liebte es, wie schon beim ersten Mal, den Klang seines Namens. Luca Kappner.
»Hi ich heiße Phaelan Ragelus. Nenn mich Ael, der ist einfacher«, stellte ich mich diesmal auch vor. Schnell kamen wir ins Gespräch und ich war überrascht, was für ein Weltwissen er besaß.
Irgendwann zur späteren Stunde, ich wusste nicht, wie es kam, berührten sich unsere Lippen. Wie ein elektrischer Schlag traf es mich und ich war von dem Gefühl, was mich beherrschte überrannt. Ich wollte mehr, ich wollte ihn, aber ich wusste, dass es mir bald verboten wurde.
Ich war in der Eliteklasse und er würde, wenn sein Vater nicht bald eine Arbeit annahm ins Mittelgrün sinken. Danach hätten wir keine Chance mehr uns zu sehen und ich nahm mir vor, diese paar Wochen mit ihm zu genießen. Und sogleich hoffte ich, dass er und seine Familie auf Hellgrün blieb.
Nach ein paar Wochen, als ich mich wie üblich nach Mittel-City aufgemacht hatte, kam mein Erwachen.
Als ich ihn von der Schule abholte, sah ich sein Kristall. Unwillkürlich schüttelte ich den Kopf und Lucas Blick war verzweifelt.
»Es tut mir leid«, flüsterte er nur und ich trat auf ihn zu. Nahm ihn in die Arme und wir küssten uns kurz.
»Nein muss es nicht. Ich werde auf dich warten. Egal, wie lange es dauert. Ich verspreche es dir und wenn ich dich zu mir holen muss.«

 

***

 

Endlich hatte ich es geschafft, Luca über das System an mich zu koppeln, somit blieb ich immer auf den neuesten Stand, was ihn betraf.
»Warum hegst du so ein Interesse an einem Menschen, Raphael?«
»Das hat dich nicht zu interessieren, Jophiel!«, gab ich zurück, ohne ihn anzuschauen. Dennoch wusste ich, dass er seine Augenbraue wieder nach oben gezogen hatte.
»Ich hoffe nur, dass du damit ›Mother‹ nicht verärgerst.«
»Wohl kaum, sonst hätte sie mir nicht ihr Einverständnis gegeben.«
»Verstehe. Raphael, du warst schon immer der Liebling von Mother ...«
»Jophiel, ich bin in keiner Weise, der Liebling von Mother. Wie du sicher weißt, habe ich mehr Türen zu bewältigen, als ihr, da ich als Bastard gelte.«
»Da muss ich widersprechen. Du giltst als einzigartig und von dir wird Großes verlangt. Da du der Einzige bist, der sich in den Gefühlen und Gedanken der Menschen reinversetzen kann.« Ich verdrehte meine Augen, diesen Spruch hörte ich nur zu oft, doch die Wahrheit lag viel weiter im Dunkeln.
»Natürlich«, gab ich nur drauf und stand auf.
»Dennoch gebe ich dir einen Rat mit. Sei vorsichtig, dein Interesse an diesen Menschen, wird nicht lange unentdeckt bleiben.«

 

***

 

Ich saß in einer langweiligen Konferenz, als mein Armband klickte. Ein kurzer Blick genügte und mein Herz zog sich in meiner Brust zusammen. Zuerst hatte sich der Kristall von Luca von mittelgrün zu dunkelgrün geändert und ich verfluchte langsam seinen Vater. Als sein Kristall braun wurde, war ich kurz davor durchzudrehen, doch mir waren die Hände gebunden und nun hatte er sich von Braun in hellrot geändert. Ohne ein Wort zu verschwenden, stand ich auf und zog mich in meine Privaträume zurück. Ich musste was tun, so konnte es nicht mehr weitergehen und mein Wille ihn noch einmal zu sehen, ihn lieben zu können, konnte ich nicht ignorieren.
»Mother, orte Luca Kappner!«
Sofort erhielt ich alle Informationen. Er war auf dem Weg ins Gefängnis. Die Anklage lautete Totschlag.
Es zerriss mich innerlich und ich konnte nichts tun.
»Mother, wen hat Luca Kappner getötet?«
»Mauro Kappner, alter ...« Ich hörte nicht weiter zu. Mir stellte sich die Frage, warum er ausgerechnet seinen eigenen Vater getötet haben sollte. Luca hatte zwar selten über ihn gesprochen, aber er war nicht der Typ, um so etwas zu tun.
»Mother, lege mir alle Informationen der letzten 24 Stunden von Mauro Kappner auf den Bildschirm!«
»Zugriff eingeschränkt!«
»Erbitte die Vitalwerte!«
»Lege Vitalwerte, der letzten 24 Stunden von Mauro Kappner auf linken Bildschirm«
Ich las seine Vitalwerte und in der letzten Stunde, war sein Testosteronspiegel ziemlich erhöht. Mit anderen Worten, er hatte Sex.
»Wo befand sich Marline Kappner in der letzten Stunde?«
»Zugriff eingeschränkt!«
»Erbitte Vitalwerte der letzten Stunde« Sie war bewusstlos.
»Mit wem hatte Mauro den Coitus durchgeführt?«
»Lisa Kappner, alter 13 ...« Ich war fassungslos, als ich das las und konnte nun auch verstehen, warum Luca so gehandelt hatte. Dennoch wusste ich auch, dass seine Strafe für Totschlag, sein eigener Tod war. Dem musste ich Einhalt gebieten.
»Mother, berechne Strafaktion für Luca Kappner!«
»Höchststrafe 50 Jahre, 30 Jahre Kälteschlaf: 20 Jahre Wachzustand mit ausscheiden aus dem Leben«
»Mother, berechne die Mindeststrafaktion für Luca Kappner!«
»30 Jahre, 20 Jahre Kälteschlaf: 10 Jahre Wachzustand mit ausscheiden aus dem Leben«
»Mother, gibt es eine Alternative und was muss erfüllt werden?«
»Negativ« das durfte nicht wahr sein! »Frage: Warum sind Raphael Angelus Werte um 76,2359% erhöht? Berechnung: Definiere ›Sorge‹. Erbitte um Eingabe, um weitere Berechnungen anstellen zu können.« Mein Herz setzte kurzzeitig aus. Auf diese Aufforderung von Mother war ich nicht gefasst und sofort übermittelte ich, was sie wissen wollte.
»Berechne neu: Strafaktion für Luca Kappner kann herabgesetzt werden. Auf 22 Jahre Kälteschlaf, 10 Jahre Wachzustand mit ausscheiden aus dem Leben.« Es half alles nichts. Gleiches wurde immer mit Gleichem gesühnt. Ich lehnte mich zurück und rieb mir die Augen, als eine Passwortanfrage aufkam. Überrascht tippte ich mein Passwort ein und schon erhellte sich der Bildschirm in abgesicherten Modus.
»Alternative: 4 Jahre Kälteschlaf. 1½ Jahre Wachzustand, anschließenden Status schwarz. Eigner Raphael Angelus. Alternative ist auf Code 0 ausgelegt. Handhabung wird bei Bestätigung verschlüsselt übermittelt.« Code 0! Das ist streng geheim und keiner aus der Eliteklasse hatte darauf zugriff. »Erbitte Bestätigung« blinkte es auf dem Bildschirm und daneben war ein Handscanner.
»Handhabung wird bei Bestätigung übermittelt«, las ich noch mal und dies schreckte mich etwas ab. Was verlangte Mother, was ich machen sollte, um Luca´s Leben retten zu können? Um dies herauszufinden musste ich die Anfrage bestätigen. Also legte ich meine Handfläche auf den Bildschirm und schon wurde ich gescannt.
»Bestätigung erhalten. Handhabung ist im Kristall gespeichert, jederzeit abrufbar«, dies tat ich auch und ich kam den Tränen nahe. Dennoch blieb mir nichts anderes übrig.
»Danke Mother«, flüsterte ich nur und der Bildschirm verdunkelte sich. »System auf Stand-by!«

Langsam stand ich auf und rieb mir die Augen. War das wirklich die einzige Möglichkeit, um Luca zu retten? Ich hatte die Wahl, entweder beließ ich die Strafe und akzeptierte seinen Tod oder ich nahm ihn als meinen ›Sklaven‹ zu mir. Wenn ich ihn als meinen Sklaven annahm, so durfte ich mich ihm nie als Ael zu erkennen geben, aber das war es, was ich wollte. Ich wollte für ihn Ael sein, denn nur so hatte ich die wahre Liebe kennengelernt. Seine Liebe kennengelernt und geschenkbekommen. Doch nun, musste ich mit dem Wissen leben, dass er als mein Sklave, sollten die anderen davon Wind bekommen, das er ein richtiger Mensch war, ein Vorzeigemodell werden wird. Ich musste, um sein Leben zu retten, ihn wirklich als einen Sklaven behandeln, denn er war dann nichts anderes als ein Sklave. Eine willenlose Kreatur, mit der man spielte, wie man wollte. In meinem Fall, ›musste‹. Allerdings musste Luca, nach Beendigung seines Kälteschlafes, seinen Sklavenstand aus freien Stücken einwilligen.
»System aktivieren! Mother ich akzeptiere die Bedingung mit einer Ausnahme. Luca Kappners ausgesprochene Strafe Code 0 wird um das Sechsfache herabgesetzt. Erbitte um Antwort und erbitte die Berechnung seiner möglichen Klasse, nach Beendigung der Strafe.«
»Nicht möglich. Luca Kappners Strafe bleibt bis zum Tod bestehen«
»Mother! Das kann ich nicht akzeptieren. Kein Mensch hält 18 Jahre Klasse schwarz aus.«
»Raphael Angelus. Dein Ausbruch ist unerwünscht«, ich drehte mich zur Schaltzentrale und sah, wie sich das System Mother transferiert hat. Das Hologramm, das nun wie eine wunderschöne Frau mit weißem Haar aussah, kam auf mich zu und nahm mein Gesicht in ihre Hände. »Ich definiere dies als Liebe und bin froh, dass du so fühlst, Raphael. Dennoch kann ich dir dies nicht erlauben. Luca Kappner hat einen Menschen das Leben genommen und du kennst die Strafe darauf.«
»Ja die kenne ich, aber hätte er seelenruhig zuschauen sollen, wie seine kleine Schwester von eigenen Vater vergewaltigt wird? Mauro Kappner kann seine Strafe nicht mehr antreten, da er tot ist. Warum muss sein Sohn mit dafür büßen?«
»Du verkennst was. Luca Kappner wird nur für sein Vergehen bestraft und ich war nun ziemlich nachsichtig mit ihm. Akzeptiere es.«
»Du weißt aber auch, das ich dadurch mitbestraft werde.«
»Es dient alles für einen höheren Zweck und du als Königsblut, darfst dir nichts Perniziöses leisten. Akzeptiere es und ich werde alles in die Wege leiten.« Komischerweise hatte sie dies mit einem Augenzwinkern gesagt und ich wurde neugierig. Fragte allerdings nicht nach.
»Ich akzeptiere, bitte leite es in die Wege, Mother«
»Verstanden!« Das Hologramm verschwand und meine Bildschirmanzeige ging aus dem abgesicherten Modus raus.

 

In den nächsten Tagen und Wochen verfolgte ich Luca´s Verhandlung. Auch ließ ich mir immer einen Bericht von Mother zuschicken, wie oder was in dem Gefängnis los war. Er hatte es nicht leicht, konnte sich aber bisweilen gut wehren.
Am Tag seiner Verhandlung saß ich als Mensch getarnt auf der hintersten Bank und sah, wie er mit gesenktem Kopf reingeführt wurde. Keine Reaktion kam von ihm, nicht einmal als das Urteil verkündet worden war. Nachdem er es gehört hatte, schaute er nur kurz zum Richter. Mir war es, als ob er Tränen in den Augen hätte.
»Halte durch Luca. Ich hole dich zu mir«, dachte ich und verließ den Gerichtssaal.

 

 

***

 

Lange betrachtete ich Luca, wie er unruhig schlief. Er drehte sich von einer Seite auf die andere. Fion stand regungslos auf der anderen Seite des Bettes und wartete, wie es für ihn gehörte. Ich hasste künstlich geschaffene Sklaven und doch musste ich mich mit ihm abfinden. Er war ein Teil des Vertrages, den ich mit Mother geschlossen hatte. Beziehungsweise den zusätzlichen Vertrag, damit Luca´s Strafe auf das Sechsfache reduziert wurde und seine Mutter und Schwester, wieder in die Gelbklasse aufgenommen wurden.
»In einer Woche ist die Auktion, schau, dass Luca bis dahin bei vollen Kräften ist und lehre ihm, wie er sich zu benehmen hat.«
»Jawohl Herr Raphael«
Mit ballenden Fäusten verließ ich das Zimmer und schlug anschließend gegen die Wand. Wie gerne hätte ich ihn in die Arme genommen, ihm alles erzählt, ich durfte nicht. Ich sah, wie es ihm quälte, wie ihm die Droge zu schaffen machte. Zweimal innerhalb von 24 Stunden war zuviel für einen Menschen und doch musste ich es ihm verabreichen. Er musste sich daran gewöhnen, dass sein Körper immer unter Strom stehen musste. Immer bereit sein, wie ein genetisch veränderter Mensch, der diese Droge automatisch ausschüttete, wenn es sein Herr befielt.

 

6.

Marline Kappner

 

 

Mein Kristall, piepste und ich berührte ihn. Es war eine Nachricht von Hoch-City und als ich sie las, strauchelte ich.
»Marline Kappner, alter 42, Klasse dunkelgrün, lebend.
Ehevertrag: Mit Mauro Kappner, Klasse braun, verstorben, erfolgreich erfüllt.
Muttervertrag: Mit Luca Kappner, Klasse schwarz, lebend, erfolgreich erfüllt.
Muttervertrag: mit Lisa Kappner, Klasse dunkelgrün, lebend, laufend.
Strafanfälligkeit: 0
Wird aufgefordert Ihre Geburtsklasse Gelb unverzüglich wieder aufzunehmen.
Zugeteilte Wohnung: vorübergehend Pete Norol: Verwandtschaftsgrad: Vater.
Erbitte Bestätigung:

Ich las es noch einmal und schloss meine Augen. Luca befand sich nicht mehr Kälteschlaf, aber warum?
»System! Warum ist Luca Kappner Status schwarz und nicht dunkelrot? Erbitte um Antwort.«
»Kein Zugriff, Klassenstatus ungenügend.« War ja klar, dass ich als Klasse dunkelgrün auf diese Frage keine Antwort bekam. Noch weniger Antworten hätte ich bekommen, wenn ich immer noch Braun gewesen wäre, aber als mein Mann starb und die Sicherheitsmänner, meine Tochter und mich in diesem Zustand aufgefunden hatten, wurden wir, noch bevor Luca abgeführt worden war in Status dunkelgrün gehoben. Als Entschädigung für die Umstände. In den Slums hätte ich meine Tochter nicht behandeln lassen können und sie wäre über ihr erlebtes noch lange nicht drüber hinweg. Manchmal kämpfte sie noch damit, aber inzwischen hatte sie ihr leben wieder aufgenommen.
»System! Ist Lisa Kappner berechtigt mich zu begleiten?«
»Wird empfohlen.« Und der Button für die Bestätigung blinkte immer noch. Tief atmete ich ein, denn ich hatte nicht damit gerechnet zu meiner Familie zurückkehren zu können. Vielleicht hatte Vater sich für mich eingesetzt und mit einem Lächeln drückte ich auf Bestätigung. Ich hörte das Klicken und holte mein Kosmetikspiegel aus meiner Tasche. Mein Kristall war dunkelgelb. Innerhalb von nur wenigen Sekunden hatte sich mein Status geändert. Was ich nun für Berechtigungen hatte ... ich konnte es mir nicht vorstellen.
»System! Ich wiederhole die Frage bezüglich dem Status von Luca Kappner.«
»Kein Zugriff« diesmal hatte ich nur keinen Zugriff also müsste ich die Frage umformulieren.
»System, wer ist der Eigner von Luca Kappner?«
»Raphael Angelus, Status Hellblau«
»Warum hegt ein ›Engel‹ Interesse an einem Menschen?«
»Zugriff verweigert, Status ungenügend.
»System bekomme ich diesbezüglich Informationen, wenn mein Status sich erhöht?
»Negativ. Zugriff obliegt allein Raphael Angelus. Weiterreichen der Berechtigung, ausgeschlossen. System codiert und offline.« Mist dachte ich nur und ich schaute, dass ich heimkam.
Kaum hatte ich die Tür geöffnet, kam auch schon Lisa an. Ich blickte auf die Uhr, ihr Unterricht war noch nicht zu Ende und wollte sie schon ausschimpfen, von wegen und einfach die Schule schwänzen, als sie schniefte.
»Die haben mich von der Schule geschmissen. Ich weiß nicht warum? Mein Kristall hatte geklickt und ich will nicht ... ich habe angst ...« Doch dann hielt sie inne und trat näher an mich heran. »Gelb? Kein Braun? Kein Mittelgrün, gelb« Ich nickte den Kopf und lächelte sie an, dann war sie nicht mehr zu bremsen und kurz darauf hörte ich sie quieken aufschreien.

Noch in der gleichen Stunde holte uns ein Taxi aus Hoch-City ab und ich blickte runter zur Schlucht. Lange war es her, als ich diesen Weg das letzte Mal gefahren war. Damals hatte ich es nicht bereut Hoch-City zu verlassen, denn ich liebte Mauro, der die Klasse hellgrün hatte. Wir heirateten und bekamen unsere Kinder. Ich war glücklich und vermisste Hoch-City nicht. Ich würde noch immer ein glückliches Leben mit Mauro führen, wenn er seine Arbeit nicht verloren hätte und seinen Grant in Alkohol ertränkte. Er war nicht mehr wiederzuerkennen und auch wenn ich oft geweint hatte, hatte ich es nie bereut.
Wir passierten Hoch-City und die Schönheit der Stadt überragte all meine Erinnerungen. Lisa konnte sich nicht sattsehen. Sie strahlte und hatte Tränen in den Augen.
»Nie im leben hätte ich gedacht, dass es hier so schön ist!«, murmelte sie und sie blickte zu mir. »Ich wünschte, Luca könnte es sehen.« Ja stimmte, sie wusste nichts davon, dass Luca aus dem Kälteschlaf heraußen war und nun ein Sklave von Raphael Angelus war. Ich fragte mich immer noch, wie es dazu kam.
»Ja das wünsche ich mir auch«, sagte ich und nahm meine Tochter in den Arm.

Wir stiegen aus dem Taxi, bezahlen brauchte ich nicht, die Fahrt war bereits beglichen und ich drehte mich zum Tor. Es sah noch genauso aus, wie ich es in Erinnerung hatte und ich legte meine Hand auf den Scanner.
»Herzlich willkommen Marline Kappner« das Tor öffnete sich und wir traten ein.
»Wow du bist in diesem Haus registriert? Wie das Mama?«
»Das ist mein Elternhaus.«
»Du hättest jederzeit herkommen können und ...?«
»Nein Lisa, mir war es verboten gewesen. Ich hätte vielleicht für ein paar Tage die Bewilligung bekommen nach Hoch-City zu reisen, aber der Eintritt in dieses Haus, wäre mir verwehrt geblieben. Mein Vater hat den Status hellgelb und ohne Bewilligung vom System, darf er niemanden Empfangen, der niedriger als dunkelgelb ist. Wir hätten uns in der Stadt treffen müssen, doch Papa ist nicht mehr bei guter Gesundheit.«
»Oh man ich blicke immer noch nicht richtig durch das Klassensystem durch.«
»Je höher du in der Klasse aufsteigst, umso schwieriger wird es. Man besitzt viele Berechtigungen und noch mehr Einschränkungen. Hier wirst du es doppelt und dreifach mitbekommen, was für ein Unterschied in den drei Abstufungen, der Gelbklasse herrscht.«
Als wir vor der Tür standen, wurde sie von einem jungen Schönling aufgemacht, der sich sogleich verbeugte.
»Herzlich willkommen Herrin Marlina, Sie werden bereits erwartet.« Lisa starrte den Jungen an. Es war das erste Mal, das sie einen Sklaven sah. Dieser sah den Sklaven von damals sehr ähnlich, doch wusste ich auch, dass Mikas exekutiert worden war, aus Gründen, die mir nun ein Kopfschütteln bescherten, aber damals sah ich es als richtig an.
»Ist er ein Sklave?«, fragte sie auch sogleich.
»Ja Herrin Lisa ich bin der Sklave von Herrn Pete und sorge dafür, dass es Euch an nichts mangelt«, antwortete er lächelnd und sie grinste ihn an. Ich nahm sie an der Hand.
»Danke, bring uns zu meinem Vater!«, befahl ich ihm und er nickte, lächelnd.


Ich brauchte mich im Wohnzimmer nicht umzuschauen, es sah noch genauso aus, wie ich es vor über 20 Jahre verlassen hatte.
»Papa!«, stotterte ich. Ich konnte meine Tränen nicht mehr zurückhalten, als ich sah, wie er seine Arme ausbreitete.
»Meine Tochter. Marli, wie habe ich dich vermisst. Bin ich froh ... ich bin so froh.« Er ließ mich los und blickte meine Tochter an. »Du musst Lisa sein. Komm her. Lass mich dich anschauen. Du schaust genauso aus, wie deine Mutter. Ach ich bin so froh!«, und nahm sie in seine Arme.

Am späteren Abend wurde ein Festmahl veranstaltet und ich fühlte mich frei. Dennoch umschlich mich der Gedanke an Luca und fragte diesbezüglich meinen Vater, ob er etwas darüber wusste.
»Du meinst, Raphael Angelus hält Luca als Sklave? Einen Menschen?«, fragte er und ich nickte. »Aber warum? Was hat Luca angestellt, dass er die Aufmerksamkeit eines Angelus auf sich gezogen hat?«
»Das weiß ich nicht«, antwortete ich darauf, doch dann stand mein Vater auf und schritt ein paar Mal hin und her.
»Mir fällt was ein, etwas was sich vor acht Jahren zugetragen hat. Raphael Angelus wurde während einer Geschäftsreise von Piraten angegriffen. Im Bericht stand, dass ein Menschenjunge ihn aus dem brennenden Frack gezogen hat und seine Wunden verarztete. Raphael Angelus befand sich in dieser Zeit in seinem Puppenstadium. Der Angriff erfolgte in der Nähe der Schlucht.«
»Meinst du, dass es Luca war? Er hätte es mir erzählt, wenn er jemand aus der Eliteklasse getroffen hätte.«
»Nicht unbedingt. So jemanden wird gerne den Mund verboten auf nicht gerade feine englische Art.«
»Warte!«, rief ich aus und sprang von meinem Stuhl auf. »Luca kam mal sehr schwer verletzt nach Hause. Er wurde auf das Übelste verprügelt, das ich ihn ins Krankenhaus bringen musste. Das müsste vor acht Jahren gewesen sein. Er hatte gesagt, dass er sich mit ein paar Jungs aus seiner Klasse geprügelt hätte. Wegen einem Mädchen.«
»Es war Luca!«, mischte sich Lisa ein. »Ich habe es gesehen. Weißt du noch Mama, ich sollte Luca holen gehen, weil das Abendessen bald fertig war und er noch immer nicht daheim war. Ich ging zur Schlucht und da habe ich es gesehen, wie er einen kleinen weißhaarigen Jungen auf dem Rücken trug. Dann kamen Männer, die sich ihm in den Weg stellten, aber es schien, dass sie zu dem Kind gehörten. Einer trug das Kind weg und als sie, außer Sichtweite waren, wurde Luca verprügelt. Sie haben ihm eingebläut niemanden etwas darüber zu erzählen und seine Hand soll ihm abfaulen, weil er es gewagt hatte ein erhabenes Wesen anzufassen.« Meinem Vater gingen die Augen über und er rieb sich die Stirn.
»Das ist seine Strafe. Raphael Angelus nimmt sich das Recht der Unantastbarkeit, denn Luca hatte es gewagt, ihn ohne Erlaubnis anzufassen. Kein Wunder, das er nun Status Schwarz ist.«
»Aber er hat ihm das Leben gerettet. Nicht einmal ein Angelus kann so ignorant sein.«
»Die sind es, glaub mir meine Tochter. Die sind es.«

 

7.

Luca Kappner

 

Endlich schien ich alleine zu sein und das erdrückende Gefühl des Beobachten werden verschwand. Das Brennen in meinem Körper schien abzuflachen und ich dämmerte weg. Träume verfolgten mich und ich sah mich im Wald, bei der Schlucht.

 

***

 

Luca Kappner: 13 Jahre
Es war schon an der Tagesordnung, dass ich nach der Schule, noch einmal in den Wald ging. Er war die Grenze von Mittel-City zur Hoch-City. Zu Fuß hatte man keine Möglichkeit diese Grenze zu passieren, denn hinter dem Wald war eine über 2 km lange Schlucht angelegt worden. Auch gab es keine Brücken oder Straßen dorthin. Hoch-City erreichte man nur über den Luftweg, mit einem gesonderten Pass oder mit der integrierten Erlaubnis im Halsband. Das hieß, nur jemand der den Blau- oder Gelbstatus hatte, konnte diese Grenze passieren. So jemand wie ich mit einem Grünstatus oder weniger, wurde der Zugang verwehrt. Sollte jemand wie ich versuchen diese Grenze zu passieren, aktivierte sich das Halsband und man erlitt höllische Schmerzen, die einem lähmten. Diese elektronische Grenze hatte man auch von der Mittel-City zu den Slums. Mit einem kleinen Unterschied, da gab es keine Schlucht.

Tief atmete ich die Frühlingsluft ein und beobachtete den regen Verkehr der Luftfahrzeuge, als plötzlich ein heller Strahl knapp neben mir in einem Baum einschlug. Ich flog auf meinem Hintern und suchte das Übel. Etwas abseits der Luftstraße kam ein Wagen in Strudeln, der wohl unter Beschuss stand. Es war schwer, die Laserstrahlen zu erkennen, und wieder schlug einer unweit von mir ein. Langsam wurde es gefährlich und ich rannte zurück in den Wald.
Ein paar Minuten später hörte ich einen lauten Knall und spähte durch die Bäume durch. Ein Flugschiff lag brennend vor mir und ich sah, wie ein kleiner Junge versuchte, sich aus dem Schiff zu befreien. Der Junge blutete aus dem Arm und er konnte nur auf einem Bein auftreten, das andere hielt er angewinkelt. Ich rannte zu ihm und befreite ihm aus dem Frack.

 

***

 

Ich schreckte hoch, der Junge hatte den gleichen Ausdruck wie der Elitetyp. Konnte es sein? Nein, denn nachdem mich seine Bodyguards fast zu Tode geprügelt hatten, schwor ich mir, nie wieder an diesen Tag zu denken, und strich ihn aus meinen Gedanken. Warum ich nun davon geträumt hatte?
Mit schweren Gliedern hievte ich mich aus dem Bett und schlürfte ins Bad. Blickte mich in den Spiegel und fuhr mit meinen Fingerspitzen über den schwarzen Kristall.
»System erbitte Status«
»Luca Kappner, alter 17 vor Kälteschlaf, reales Alter 21, Status schwarz, Eigner Raphael Angelus.«
»System, ich bin 39 und nicht 21«
»Negativ«
»System, welches Jahr haben wir?«
»212 im neuen Zeitalter«, hatte ich wirklich nur vier Jahre im Kälteschlaf verweilt? Und ich erinnerte mich, wie der Arsch mir den Status meiner Familie vorgesagt hatte. Aber ich hatte es nicht so recht registriert, auch das sich meine restliche Strafe um das Sechsfache vermindert wurde, wenn ich ... wenn ich ...
Das verdammte Arschloch hatte mich reingelegt. Er hatte meinen Zustand, hervorgerufen durch die Droge ausgenutzt.
»System, warum wurde mein Kälteschlaf abgebrochen?«
»Zugriff verweigert«
»System ...«
»Administrationsrecht und Zugriff auf System von Luca Kappner, obliegt Raphael Angelus. System offline.«
»System, ... - System« keine Reaktion. »Fuck du Arsch!«, rief ich und etwas packte mich am Genick. Fest war der Griff und ich blickte in zwei eisblauen Augen. Mein Herz setzte aus und der Griff wurde immer fester. Langsam bekam ich keine Luft mehr.
»Luca Kappner, solange du dich gegen mich wehrst, sind deine Rechte, selbst als Sklave eingeschränkt. Bedenke, dass du es selbst gewählt hast«, flüsterte er und mit einer Leichtigkeit schleuderte er mich in die Mitte des Zimmers. Hart flog ich zu Boden und ich keuchte auf. »Bis jetzt war ich immer nachsichtig mit dir, aber ich kann deine Aufmüpfigkeit nicht länger dulden. Schon gar nicht, nachdem du es endlich begriffen hast. Fion erkläre ihm noch einmal, wie er mich zu nennen hat.«
»Jawohl Herr Raphael. Der Name unseres Gebieters lautet Herr Raphael Angelus. Es gibt aber auch Anreden, die für spezielle Situationen geeignet sind, wie, mein Gebieter oder mein Herr. Uns ist es erlaubt, Herr Raphael mit Herr Raphael anzusprechen.«
»Ich kann mich nicht erinnern, mich mit ›Du Arsch‹ vorgestellt zu haben. So hast du mich schon zweimal genannt, ein drittes Mal und du wirst dir wünschen, diesen Tag nie erlebt zu haben.« Seine Stimme war sehr schneidend und ich bekam am eigenen Leib mit, wie einer, der aus der Eliteklasse stammte, seine Macht durch die Stimme demonstrierte. Ich war zu nichts mehr fähig. Langsam kam er auf mich zu. Ich kroch von ihm weg und traf auf widerstand. Hinter mir stand Fion, der mir den Weg versperrte. Eigentlich war Flucht eh sinnlos, denn laut Fion kam ich nicht aus dem Zimmer raus, aber ich wollte nur noch von ihm weg. Aus diesen Augen raus, die mir angst machten. Weg von der Stimme, die mich lähmte.
»Wo willst du hin? Du kannst nirgends hin.« Schon hatte er mich am Schopf gepackt und zog mich hoch. Ich konnte mich nicht wehren, war wie gelähmt. Mein Herz hämmerte in meiner Brust und das Atmen viel mir von Mal zu Mal immer schwerer. »Nirgends kannst du hin. Ohne meine Erlaubnis kannst du nicht einmal einen Schritt machen oder atmen, wie du es bereits mitbekommst. Du bist mein.«
Er ließ mich los und ich sank auf meine Knie. Der Druck ließ nach und ich holte tief Luft.
»Was willst du von mir?«
»Schon wieder die gleiche Frage. Willst du mich nicht verstehen ...«
»Ich verstehe es einfach nicht. Ich bin ein Verbrecher. Ich habe einen Menschen getötet und davor lebte ich in den Slums, also was willst du von mir? In deinen Augen bin ich nichts weiter, als Abschaum, also sag, was willst du von mir!«
»Mit dir spielen, weil du Abschaum bist. Niemand kräht nach dir. Ich werde mit dir spielen, wie es mir gefällt und wenn du mir überdrüssig wirst, werde ich dich von deinem erbärmlichen Leben erlösen. Also wie gesagt, aus keinem besonderen Grund.«
»Dachte ich mir, du arrogantes Arschloch. Ihr Elitetypen nimmt euch einfach, was ihr wollt, ohne rücksicht auf andere. Für euch gelten Menschen nichts«, zischte ich und plötzlich blitzten seine Augen gefährlich auf, dann lächelte er herablassend.
»Was ist? Hat es dir nicht gefallen, was ich gesagt habe? Na, macht nichts. Deine Meinung interessiert mich eh nicht«, er beugte sich zu mir runter. »Aber ich werde jetzt sehr viel Spaß mit dir haben und du wirst den heutigen Tag verfluchen, wie ich es dir vorhin prophezeit habe. - Fion bring ihn in das externe Zimmer.«
»Jawohl Herr Raphael!«

 

***

 

Keine Ahnung wie lange ich schon hier hing. Es war still sehr still, nur hin und wieder hörte ich das zoomen einer Kamera. Die Handschellen schnitten ins Fleisch und meine Arme schmerzten höllisch. Als dann vor mir an der Wand eine digitale Uhr erschien und im gleichen Moment seine Stimme ertönte.
»Nostalgisch, nicht wahr? Die Uhr ist das genaue Ebenbild wie die Zeitangabe während des Kälteschlafs. Oben ist die verbliebende Zeit, unten die abgelaufene Zeit und rechts oben die Zeit während des Wachzustands. Aber ich denke, das brauche ich dir nicht zu erklären, du kennst es ja. Allerdings läuft es hier etwas anders ab, aber bevor ich es dir weiter erkläre, will ich von dir die Zeiten hören.«
»Leck mich!«, flüsterte ich und schon durchströmten mich ein höllischer Schmerz.
»Die Zeiten«, forderte er mich wieder auf, als der Schmerz nachließ.
»Ich sagte, leck mich«, wieder und als der Schmerz nachließ, sah ich, wie sich die verbliebende Zeit um sechs Stunden verlängerte.
»Wir können dieses Spiel gerne so spielen, wie du es willst. Nur denke ich dann, wirst du es nicht gewinnen und mich am Ende anflehen, dass es aufhört. Die Zeiten.« Um nicht noch einmal diesen Schmerz zu erfahren, fügte ich mich, auch wenn es mir total gegen den Strich ging.
»Verbliebene zeit: 15 Stunden und 58 Minuten.
Abgelaufene Zeit: 2 Stunden und 2 Minuten.
Wachzustand: 2 Stunden und 2 Minuten, nein 3 Minuten.«
»Wie du es bereits mitbekommen hast, verlängert sich die Zeit um 6 Stunden, bei jedem Aufbegehren von dir. Die Zeit verlängert sich um weitere drei Stunden, solltest du ohne meine Erlaubnis einschlafen. Natürlich gibts es auch Belohnungen, wenn du die Aufgaben, die ich dir während der Zeit stelle, erfüllst. Muss ich dich, wie eben durch Schmerzen dazu zwingen, dass du es dann doch erfüllst, gibts keine Belohnung. Und damit du einen kleinen Ansporn bekommst, bei jeder erfüllten Aufgabe, verringert sich die Zeit um 1 Stunde. Bei einer unerfüllten Aufgabe läuft die Zeit normal weiter. Bist du mit den Spielregeln einverstanden?«
»Bleibt mir was anderes übrig?« Schmerz durchströmte mich und die Zeit verlängerte sich wieder um sechs Stunden auf 21 Stunden und 49 Minuten. »Was soll das?«
»Fion hilf Luca auf die Sprünge!«
»Herr Luca, nehmt die Regeln an, indem Ihr ›ja Herr Raphael‹ sagt.« Kräftig schluckte ich und schloss meine Augen. 21 Stunden hielt ich nicht aus. Mir taten nach 2 Stunden die Arme schon höllisch weh. Wenn ich also seine Aufgaben erfüllte, sollte ich schnell oder relativ schnell von der verbliebene Zeit runter kommen. So antwortete ich zähneknirschend mit: »Ja Herr Raphael.«
»In der nächsten Stunde sind dir Geräusche jeglicher Art verboten. Dazu gehören auch, das Klirren der Ketten. Also bleib ruhig stehen. Hast du die Aufgabe verstanden?«
»Ja Herr Raphael« ich sah, wie eine neue Zeit eingeblendet wurde, dies war wohl die Zeit, in der ich ruhig stehen bleiben sollte und es wurde still, sehr still.
Nach einigen Minuten blickte ich auf die Uhr, es waren gerade mal fünf Minuten vergangen. Nach einer weiteren Zeit schaute ich wieder auf die Uhr und ich hatte das Gefühl, die Zeit verging nicht.
Langsam konnte ich nicht mehr ruhig stehen und ich schaute hoch zu den Ketten. Wenn ich die Ketten umgreifen könnte, könnte ich vielleicht mein Gewicht etwas verlagern. Doch dieses Vorhaben ließ ich bleiben, denn der Arsch hatte die Ketten gelockert und jede Bewegung würde mit einem Klirren enden. Ich schloss meine Augen und versuchte ruhig zu atmen.
»Ich habe dir nicht erlaubt zu schlafen!«, erschrocken blickte ich zu der Kamera und wollte schon was erwidern, als ich aber dann auf den Timer sah, der nur noch fünf Minuten ging, verkniff ich es mir. Wieder schloss ich meine Augen und zählte in Gedanken die Zeit ab. Meine Arme schmerzten inzwischen höllisch und es schien, dass meine Beine mein Gewicht nicht mehr tragen konnten und doch gab ich nicht auf. Eine Stunde weniger, war eine Stunde weniger. Nachdem ich gedanklich die Zeit runtergezählt hatte, öffnete ich meine Augen und in dem Moment verschwand die Anzeige. Als ob es Klick gemacht hatte, ließ ich meine Arme so weit runter, wir es die Kette mir erlaubte. Was war das eine Erleichterung und atmete tief ein, als die verbliebene Zeit sich um eine weitere Stunde verringerte. Nur noch 19 Stunden.
»Ich muss aufs Klo!«
»Du hättest gehen sollen, als du im Bad warst und nicht deinen Status abrufen.«
»Ich erbitte auf die Toilette zu gehen, Herr Raphael«
»Wenn ich wüsste, dass du es wirklich ernst meinst, würde ich dich gehen lassen, aber so ... Höre die nächste Aufgabe. In deinem Kristall sind alle Daten gespeichert, während der Zeit als Klasse Rot. Erinnerst du dich an die disziplinarische Strafe, als du einen Wächter angegriffen hast?«
»Ich habe ihn nicht angegriffen, er wollte mir an die Wäsche!«
»Keine Widerrede, Luca. Diese Warnung gebe ich nur einmal raus, das nächste Mal, weißt du was passiert. Du erinnerst dich also. Diese Strafe wirst du für 4 Stunden in empfang nehmen. Das sollte für dich ein Leichtes sein, denn im Gefängnis betrug die Zeit 8 Stunden.«
»Nein, bitte nicht«, flüsterte ich nur und Tränen traten mir in die Augen. Warum nur? Das war die Hölle, schlimmer als das ruhige Dastehen. Die Handschellen waren magnetisch zusammenfixiert und du hingst in der Luft. Hattest keinen Bodenkontakt und immer im gleichen Abstand, wurde entweder ein harter Wasserstrahl auf dich abgefeuert, die Raumtemperatur erhöht, dass du das Gefühl hattest zu verglühen, oder sie sank unterm Nullpunkt. Noch dazu musste ich Töne ertragen, die schrill waren, dass mir fasst das Trommelfell platzte.
»Hast du die Aufgabe verstanden?«
»Ja Herr Raphael«, sagte ich und wieder erschien die Zeit und im gleichen Moment, verschwanden die Ketten, meine Hände wurden durch die Handschellen magnetisch fixiert und ich wurde brutal hochgezogen. Ich keuchte auf und spürte, wie ich angst bekam. Wie im Gefängnis traf mich als erstes der harte Wasserstrahl und ich schrie auf. Es waren nur für ein paar Sekunden und doch hatte ich das Gefühl, meine Haut wurde vom lebendigen Leib abgerissen. Nachdem der Strahl versiegt war, kühlte der Raum ab, dann erwärmte er sich und immer waren dabei diese schrillen Töne. Und es ging von vorne los. Ich hatte keine Ahnung, wie oft es sich schon wiederholt hatte und als es wieder anfing, flehte ich:
»Bitte aufhören. Ich kann nicht mehr. Bitte!«
»Warum flehst du mich an? Du hast keinen Grund dazu. Du bist mein Sklave und ich habe dir die Möglichkeit gegeben, dich anständig zu benehmen. Was du nicht getan hast. Nimm deine Strafe an!« Der Strahl traf mich und ich schrie wieder auf. Irgendwann ich musste wohl zwischendurch das Bewusstsein verloren haben, normalisierte sich die Temperatur im Raum und ich wurde zu Boden gelassen. Alles schmerzte, mein Körper fühlte sich an, als ob er nicht mir gehörte und als ich den Boden berührte, stöhnte ich laut auf.
»Du darfst dich für fünf Stunden ausruhen. Fion wird dir zur Seite stehen.« Endlich! Etwas ruhe und schloss meine Augen. Auf die Toilette musste ich nicht mehr. Durch die Schmerzen konnte ich den Drang nicht mehr unterdrücken und hatte mich entleert. Sofort schlief ich ein und bekam nicht mit, wie Fion mich säuberte.
Helles Licht gefolgt mit einem schrillen Ton weckte mich und kaum das ich meine Augen geöffnet hatte, wurde ich wieder hochgezogen. Mein Blick ging Richtung der Uhr und ich hatte immer noch viele Stunden vor mir.
»Guten Morgen Luca, ich hoffe, du hast dich genügend ausgeruht.«
»Ja!«, kam es krächzend aus mir.
»Ich kann dich nicht hören!«
»Ja Herr Raphael!«
»Schon besser. Deine nächste Aufgabe besteht darin, zu lernen. Du wirst auf deinen Knien ausharren und warten. Um es dir etwas zu erleichtern, damit du nicht in Versuchung kommst dich mit den Händen abzustützen, werden deine Arme, von hinten nach oben gezogen. Fion wird dich in Position bringen. Diese Position, aber mit Arme auf den Rücken, wird von dir immer verlangt, wenn du mich begleitest. Reden ist dir verboten. Hast du die Aufgabe verstanden?«
»Ja Herr Raphael« und schon klickte die ablaufende Zeit auf sieben Stunden, die aber noch nicht ablief. Fion half mir die Position einzunehmen und ich musste sagen, sie war unbequem. Ich saß auf meinen Beinen und die Knie wurde auseinandergespreizt. Nachdem Fion mir die Arme auf den Rücken gelegt hatte, hob er mein Kinn etwas an.
»Sie müssen so sitzen, dass Herr Raphael alles von Ihnen präsentieren kann. Es ist äußerst wichtig. Wenn Herr Raphael mit Ihnen äußerhalb unterwegs ist, dürfen Sie Ihn nie in eine beschämende Lage bringen. Sein Ansehen darf nicht darunter leiden.«
»Nichts anderes gedacht, was passiert dann mit mir?«
»Wenn ein Sklave nicht richtig funktioniert, wird er exekutiert.«
»Wie angenehm. Zum Tode verurteilt bin ich eh schon, also von daher ist der Umstand des Todes eh egal.«
»So würde ich es nicht nennen. Herr Raphael hat Ihnen eine zweite Chance eingeräumt, damit Sie leben können.«
»Da stellt sich mir wieder die Frage warum, aber die Antwort wird die Gleiche bleiben. Aus keinem besonderen Grund.«
»Herr Luca uns ist es nicht gestatten, die Gründe der Eliteklasse zu hinterfragen.«
»Fion bist du immer noch nicht fertig!«, ertönte es aus der Sprechanlage.
»Ich bitte um Verzeihung, Herr Raphael.«, sagte er und ich spürte, wie er meine Arme noch oben zog. Danach verschwand er. Die Zeit wurde aktiviert und kurz darauf hörte ich einen Schrei. Das war Fion! Was hatte dieser elende Arsch mit ihm gemacht? Doch da die Zeit bereits lief und ich diese Folter endlich hinter mir haben wollte, tat ich nichts und harrte aus. Auch wenn es an mir nagte und es mir in der Seele wehtat, blieb ich ruhig. Fion war ein künstlich geschaffener Sklave. Im Gegensatz zu mir wurde es bei ihm genetisch verankert, wie er sich zu verhalten hatte. Er konnte sich nicht gegen die Befehle seines Herrn stellen, selbst wenn er es wollte.

8.

Raphael Angelus

 

Musste Luca seine Willenstärke immer vor Fion ausleben? Aber so war er eben, so war er schon immer. Nie hatte er einen Hehl aus seiner Meinung gemacht. Was ihm nicht passte, vertrat er. Er war kein Mitläufer.
Aber ich war selbst schuld, hätte ich die Warnung nicht ausgesprochen, hätte ich die Disziplinarstrafe nicht anwenden müssen. Dennoch konnte ich es nicht gutheißen, mich von ihm vor Fion als einen Arsch bezeichnen zu lassen. Dies durften nicht einmal meine direkten Untergebenen.
Wie lange hing er schon an den Ketten? Seine Schmerzenslaute ließen mein Herz bluten und wenn ich könnte, wie ich wollte, würde ich ihn von den Ketten herablassen und ihn in meinen Armen schmiegen. Doch Mothers Wächter ließ mich nicht aus den Augen. Wo ich schon an ihn gedacht hatte, trat er auf mich zu und erinnerte mich, dass ein Meeting anstand. Wiederstrebend stand ich auf und übergab Fion die Überwachung der Bestrafung.


Kurz vor dem großen Saal indem das Meeting stattfand, wurde ich von Jophiel aufgehalten.
»Wie geht´s deinem Menschen. Seit drei Tagen ist er wach und noch immer wurde er uns nicht vorgestellt.«
»Es wäre nicht in euerem Ermessen, Luca in seinem momentanen Zustand zu sehen.«
»Ich frage mich, warum du so lange brauchst. Sklaven hast du doch immer gleich gesellschaftsfähig gemacht.«
»Nun Jophiel, Luca´s Gene sind nicht dazu bestimmt, sich unterzuordnen, wie du es von den genetisch erschaffenen Sklaven her kennst. Seine Unterordnung benötigt Zeit.«
»Raphael ich hoffe für dich, dass du dich nicht übernimmst. Menschen die für die Führungen geboren worden sind und zwangsweise versklavt werden, werden sich immer aufbegehren und dein Mensch ist eine Gattung für die Führung. Sein Problem liegt allein dadrin, dass er in der falschen Klasse geboren worden ist. Sein Stammbaum ist sehr vielversprechend. Pete Norov sein Großvater ist ein sehr fähiger Mann«, mischte sich Chamuel ein. Ich musste mich sehr zusammenreisen um ihnen nicht an die Gurgel zu gehen. Ohne mein Wissen hatten sie sich über Luca erkundigt. Nun ich konnte ihnen dies nicht verübeln, dass sie neugierig waren. Es lag eben nicht an der Tagesordnung, dass ein Angelus sich einen Menschen als Sklaven halten wollte und seit über vier Jahren um die Erlaubnis von Mother kämpfte.

Als alle zehn Angelus versammelt waren, öffnete sich die Tür zum Saal. In mitten des Raums stand Mother als Hologramm da und wir traten ein. Wir nahmen unsere Plätze ein und lehnten uns an die Lehne des Stuhls. Eine Nadel wurde in unseren Nacken eingeführt und wurden an die Gedanken von Mother und den Angelus gekoppelt. Sofort verschloss ich meine persönlichen Gedanken und das Meeting begann.
Schnell wurde mir klar, warum Mother uns herbeordert hatte, und zwar, weil Michael Zeit des Neubeginns nahte. Mein Neubeginn lag schon 15 Jahre zurück. Nicht mehr lange und mein nächster Neubeginn stand an. Mein Zyklus verging schneller, da ich kein reingezüchteter Angelus war. Mein Vater hatte seine Gene mit einer Menschenfrau gekreuzt.
In den ersten fünf Jahren befand ich mich im Larvenstadium. Der Körper schlief, der Geist war wach. In dieser Zeit brauchten wir ein Medium, der unseren Willen weitergab und es waren nur die Königsblüter dazu geeignet.
Das Puppenstadium dauerte in der Regel nur zwei Jahre, da wuchs mein Körper rasendschnell, danach stand ich in der Blüte, in der ich mich immer noch befand, bis die Zeit des Neubeginns wieder anbrach. In der Zeit des Pupenstadiums traf ich das erste Mal auf Luca und er hatte mich auf ihn neugierig gemacht.
Das Medium war schnell gefunden. Gabriel bekam die Aufgabe in der Zeit des Larvenstadiums für Michael zu sprechen und das Meeting wurde geschlossen. Die Nadel wurde aus meinem Genick gezogen und ich stand auf.
»Raphael!«, rief mich Mother und meine Brüder blickten mich nur kurz an, bevor sie den Saal verließen. Es war ein ungeschriebenes Gesetz, wenn Mother mit jemanden sprechen wollte, dass alle anderen zu gehen hatten.
Ich kniete mich vor ihr hin und sie kam auf mich zu.
»Steh auf!«, forderte sie mich auf und ich tat es. »Wie geht es dir?«
»Gut Mother!«
»Ich sehe, das dich etwas beschäftigt. Ist es Luca Kappner? Ich frage mich, warum er dich so beschäftigt. Du hast deinen Wunsch bekommen.«
»Ja Mother, Danke, dass du meinen Wunsche erfüllt hast.«
»Und doch, so scheint es, bist du nicht zufrieden.«
»Bitte verzeih, Mother«, mehr sagte ich nicht und drehe mich um.
»Raphael machst du dir Sorgen wegen der Auktion?« Ich drehte mich zurück und schaute sie an.
»Nein Mother!« Sie nickte nur und ich ging. Wie sollte ich einem Computer, einem hoch entwickelten Computer erklären, der sogleich meine ›Mutter‹ war, dass ich mit ihrer Entscheidung absolut nicht einverstanden war. Doch ich musste mich ihrer Entscheidungen fügen, ob ich wollte oder nicht.


Tief holte ich Luft, als sich die Tür zu meinen Privaträumen schloss. Fion kam und verbeugte sich zur Begrüßung, doch ich ging einfach an ihm vorbei zu der Schaltzentrale. Betätigte einige Knöpfe und zoomte die Kamera. Luca quälte sich ab. Sein ganzer Körper zitterte und doch hielt er aus. Ich bewunderte seine Kraft, seine Willensstärke, seinen Mut. Alles an ihm und ich blickte auf die Zeit, die ihm noch blieb.
Ob er durchhielt? Dies bezweifelte ich.
Die nächste Aufgabe stand an und mein Herz zerbrach, als Luca durch den Wasserstrahl, der frontal seinen Oberkörper traf, aufschrie und war schon gewillt, die Zeit zu verkürzen, doch konnte ich nicht. Ich wurde beobachtet und jede Handlung, die ich mit Luca tätigte, wurde haargenau aufgezeichnet. Mir waren die Hände gebunden. Es war seine Strafe und für mich Folter.
»Herr Raphael, Herr Luca hat seit gestern keine Flüssigkeit mehr zu sich genommen. Er wird die Behandlung nicht überstehen ...«
»Schweig. Es ist deine Aufgabe, dich darum zu kümmern. Wie oft willst du noch versagen, Fion? Und du sollst das neueste Modell sein? Du bist fehlerhafter als deine Vorgänger!«
»Ich bitte um Verzeihung!«
»Ich sagte, schweig!« Sofort trat er einen Schritt zurück und stand regungslos da.
Wieder schrie Luca auf und das ging mir durch Mark und Bein. Er flehte, dass es aufhören sollte, aber ich ignorierte es. Wie oft er bettelte, konnte ich nicht sagen, aber kurz, bevor die Strafe vorbei war, meldete ich mich zu Wort. Auch wenn meine Worte hart waren, so schienen sie Luca etwas zu beruhigen, oder wachzurütteln. Tapfer hielt er die letzten Minuten durch.
Langsam ließ ich ihn zu Boden und Luca stöhnte qualvoll auf. Da er die letzten Stunden sehr tapfer war und sich keine, nun ja, fast keine Fehler erlaubt hatte, räumte ich ihm etwas Ruhe ein. Ich selbst ging aus der Schaltzentrale und setzte mich auf meine Couch. Fion kam und wollte mir eine Erfrischung bringen, doch ich scheuchte ihn weg.
»Wie oft noch? Du sollst dich um Luca kümmern!«
»Ja, Herr...«
»Ich habe dir immer noch nicht das Sprechen erlaubt!«, schnitt ich ihm das Wort ab, ohne ihn anzuschauen. Noch einen Fehler von ihm und ich werde ihn bestrafen müssen. Aber im Gegensatz zu Luca, wusste Fion, was auf ihn zukam. Dies wurde in seinen Genen eingepflanzt und doch, zeigte er so etwas wie Willen. Ich schloss meine Augen, auch wenn ich tagelang wach bleiben konnte, so musste ich mir eingestehen, dass ich am Ende meiner Kräfte war.


Langsam raffte ich mich auf und ging zurück in die Schaltzentrale. Zoomte auf Luca, der nackt am Boden lag und sichtlich fror. Dennoch schlief er wie ein Baby und ich musste mir ein Lächeln unterdrücken.


In den paar Wochen in den wir ein ›Paar‹ waren, hatte ich ihn auch immer beim Schlafen beobachtet. Seinen süßen Schnarrchen gelauscht und ohne das er es merkte, mir immer wieder Küsse von ihm geklaut. Warum erkannte er mich nicht? Hatte sich meine Stimme so stark verändert? Mein Äußeres sah zwar etwas anders aus. Als Königsblut hatte ich schneeweißes Haar und blaue Augen, aber als Mischling, war meine Haarfarbe braun und meine Augen waren verschiedenfarbig, aber meine Stimme ...
Ich konnte es nicht mehr ertragen und dieses Spiel musste ich weitere vier Jahre spielen, solange, bis seine Strafe abgegolten war. Luca durfte nicht erfahren, wer ich in Wirklichkeit war. Ich durfte es ihm nicht sagen, aber es gab keine Klausel, dass er es auf Umwegen nicht herausfinden dufte.
»Luca, ich bin es Ael. Dein Ael!«, dachte ich und drückte auf einen Knopf. Lauter schriller Ton ertönte und helles Licht ging an. »Noch neun Stunden und du hast es geschafft. Mach keine Fehler, Luca. Bitte!«, flehte ich ihn in Gedanken an.

9.

Luca Kappner

 

»Gab es überhaupt eine Sitzmöglichkeit, die nicht schmerzte?«, schoss mir der lachhafte Gedanke durch den Kopf. Mein ganzer Körper schmerzte und ich wusste, dass ich tagelang Muskelkater haben würde. Blickte wie in den letzten Stunden auf die Uhr. Auch diesmal wollte die Zeit nicht vergehen und doch war die Aufgabe nicht so schlimm. Nur meine gespreizten Beine, die den Blick auf meinem Schwanz freigaben, machte mir etwas zu schaffen. Wieder war es zum Lachen, denn ich musste unwillkürlich an Ael denken. Wir hatten oft eine Wette laufen, wer am längsten die unmöglichste Position einnehmen und halten konnte. Meistens verlor ich und der Verlierer musste dem Sieger immer einen Kuss geben.

Meine Beine waren eingeschlafen und ich hatte schon lange kein Gefühl mehr in ihnen, aber ich wollte die Aufgabe bestehen. Ein Aufgeben oder verlieren kam nicht infrage, denn diese Tortur würde sich dann um sechs weitere Stunden verlängern. Noch länger hielt ich nicht mehr aus und ich hatte ziemlichen Durst und Hunger.

Irgendwann kam Fion rein und band meine Arme los. Er half mir beim aufstehen, aber meine Beine waren wie Gummi und gaben immer wieder nach. Er sprach nichts und ich sah, dass er eine versorgte Wunde im Gesicht hatte.
»War das Raphael?«, wollte ich fragen, aber es kam kein Ton über meine Lippen. Ich musste wohl ausgetrocknet sein und schon hielt mir Fion ein Glas mit Wasser zum Trinken hin. Gierig trank ich und wunderte mich, dass ich mich nicht verschluckte, schon gar nicht, nachdem Leben in meine Beine kam und es mir mit vielen, vielen, Nadelstiche heimzahlte. Ein Armeisenhaufen war nichts im Vergleich und ich stöhnte auf. Dem nicht genug, spürte ich, wie es mir heiß wurde.
»Nein!«, keuchte ich auf. »NEIN!« Tränen liefen mir den Wangen runter. »Bitte nicht. Zuviel, es ist zuviel. Ich kann nicht mehr. Bitte!«, schrie ich mit letzter Kraft.
»Deine letzte Aufgabe besteht darin, meine Fragen, nur mit ja oder nein zu beantworten. Deine Antworten werden analysiert und ausgewertet. Bei jeder richtigen Antwort verringert sich die Zeit um fünf Minuten, bei jeder falschen Antwort verlängert sich die Zeit um drei Stunden, bei jedem weitere Wort, das von dir kommt, verlängert sich deine Bestrafung um sechs Stunden. Das Gleiche gilt, wenn du dir selbst Abhilfe schaffen willst. Hast du die Aufgabe verstanden?«
Ich blickte zu Fion, der aufgestanden war und aus dem Raum ging. Danach wanderte mein Blick zur Uhr rauf. Ich hatte noch etwas von über eine Stunde.
»Ja, Herr Raphael!«
»Gut! Ist dein Name Luca Kappner?«
»Ja!« Ich sah wie sich die Zeit um fünf Minuten verringerte.
»Hast du Mauro Kappner absichtlich getötet?«
»Nein!« Wieder verringerte sich die Zeit.
»Bist du noch Jungfrau?« Was sollte die Frage? Und plötzlich kam mir das sanfte Gesicht von Ael in den Sinn.
»Nein!«, schluchzte ich die Antwort raus.
»Wie hieß die Person, die dich entjungfert hatte?« Erschrocken blickte ich in die Kamera und wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich durfte nichts anderes sagen als Ja oder Nein. Meine Lippen zitterten und am Ende entschied ich mich zu schweigen. Die Zeit wurde verringert und mir wurde es immer heißer. Allein der Gedanke an Ael, reichte aus. Da hätte es die Droge nicht gebraucht.
»Liebst du diese Person, die dich entjungfert hat?«
»Ja!«, kam es stockend und ich setzte mich auf meine Hände um halbwegs zu verhindern, mich zu umgreifen.
»Ist der Name Phaelan Ragelus?« Fassungslos, dass er es wusste, blickte ich in die Kamera.
»Ja!«
»Bist du in deinem Leben, einem Angelus in seinem Puppenstadium begegnet?« Die Zeit stand auf Null.
»Nein!« Das Licht ging aus und alles wurde muksmäuschen Still, als Fion reinkam und mir beim Aufstehen half. »Ist es jetzt vorbei?«, fragte ich keuchend und krümmte mich. Er sagte nichts und Raphael trat an mich heran.
»Nein ist es nicht«, sagte er flüsternd, seine Stimme war schneidend und ich blickte ihm direkt in die Augen.
»Was?«
»Überlege, warum?«, sanft nahm er mein Kinn in die Hand und strich mit dem Daumen über meine Lippen. Die Berührung durchströmte meinen nun inzwischen ziemlich gereizten Körper und ich atmete nur noch stockend.


Gefesselt lag ich im Bett und flehte sämtliche Gottheiten an, mich von dieser Qual der Lust zu befreien. Sie mussten mich erhört haben, ich war zu erschöpft und schlief ein.
Im Traum verfolgte mich ein sanftes Lächeln, und die dazugehörigen verschiedenfarbigen Augen. Sanfte Küsse und liebevolle Wörter. Warme Hände die mir den Himmel bescherten und unendliche Liebe. Ael ich vermisste dich.

Ruckartig wachte ich auf und ergoss mich. Ich war alleine. Nein, jemand stand im Schatten und beobachtete mich.
»Ich hätte nicht gedacht, dass du allein nur durch Willenstärke dich zum Orgasmus bringen kannst«, hörte ich ihn und schon trat er in mein Blickfeld. »Auch wenn du dich gerne gegen meine Befehle stellst, so hoffe ich, hast du etwas aus den letzten Stunden gelernt. In wenigen Tagen findet eine Auktion statt. Baust du Mist, erfreue ich mich gerne wieder daran, dir die einfachen Lektionen zu lehren.«
»Was passiert mit Phaelan?«, rutschte es aus mir heraus. Es machte mir ziemlich zu schaffen, dass der Elitearsch von ihm wusste.
»Was soll mit ihm sein?«
»Tu ihm nichts, bitte.«
»Ich hege kein Interesse an ihm und falls du denkst, das ich sauer auf ihn bin, nur weil ihr das Bett geteilt habt, irrst du dich. Oder hast du angst um ihn, dass ihm doch etwas zustoßen könnte, wenn du dich mir weiter verweigerst.«
»Bitte nicht ...«
»Willst du dann alles tun, was ich von dir verlange, wenn ich ihn in ruhe lasse?« Kräftig musste ich Schlucken und bevor ich zur Antwort ansetzen konnte, beugte er sich zu mir runter und flüsterte mir ins Ohr. »Das lasse ich mal hinten angestellt, aber danke, dass du mich auf solch wunderbare Idee gebracht hast. Es ist deine eigene Entscheidung, wie ich mit Phaelan Ragelus weiter verfahre. Na?« Plötzlich berührte seine Zunge mein Ohr. »Wünsche ich dir eine gute Nacht. Morgen will ich dich wie einen Sklaven vorfinden.« Abrupt richtete er sich auf und wandte sich zu Fion. »Dir ist das Sprechen wieder erlaubt. Erfülle deine Aufgabe und enttäusche mich nicht noch einmal. Das nächste Mal, macht dein Hals Bekanntschaft mit meinem Schwert.« Fion senkte seinen Blick.
»Ja Herr Raphael!«

***

Zwei Tage lag ich im Bett, unfähig mich irgendwie zu rühren. Fion bemühte sich ungemein, um mich wieder auf die Beine zu bringen. Das Essen rührte ich an, aber beim Getränk zögerte ich immer wieder, bis Fion wohl der Geduldsfaden riss, falls er so was überhaupt besaß, denn es schien, dass ihm nichts aus der Ruhe bringen konnte, das Glas ansetzte und es im einen Zug austrank.
»Schauen Sie, es ist nichts drin!«
»Packt die Droge bei dir überhaupt an?«
»Ja, tut sie, auch wenn ich die Droge nicht brauche!«
»Fion tut mir leid, aber ich ... ich kann die Droge nicht ab.«
»Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen und Sie brauchen auch keine Bedenken zu haben. Solange Herr Raphael nicht zugegen ist, wird Ihnen nichts verabreicht.«
»Hoffentlich werde ich nicht darauf süchtig.«
»Nein, natürlich nicht. Shince ist ein auf Hormonbasierendes Aphrodisiakum«, fragend blickte ich ihn an. »Um es genauer auszudrücken, Shince hat die Fähigkeit sich in jeglicher Gefühlslage des Einnehmenden anzupassen. Außerdem kann man es auch über das Essen einnehmen.«
»WAS?« Nun grinste er mich an.
»Ja Herr Luca.«
»Du verarscht mich doch!«
»In keiner Weise. Shince ist ein hervorragendes Produkt. Wir, die künstlich erschaffenen Menschen, produzieren es selbst.«
»Ist das auf dauer gut, wenn du ständig dauergeil bist?«
»Herr Luca, ich schütte es nur aus, wenn es mein Herr befiehlt und außerdem, wie Sie es bestimmt schon gemerkt haben, lässt die Wirkung in dem Moment nach, indem Sie Ihren Höhepunkt genießen. So verhält es sich auch bei uns.«
»Gruselig!« Wieder lächelte er, nein er grinste. Könnte es sein, dass er zu Gefühlen fähig war?
»Sie überraschen mich, Herr Luca.«
»Warum?«
»Nun, wie soll ich es ausdrücken. Sie haben erst eine desolate disziplinare Strafe hinter sich und können dennoch Witze reißen. Ihr Wille ist beachtlich.«
»Nein das ist menschlich. Nein, das ist nicht so der richtige Ausdruck. Ich habe in den letzten Jahren viel Scheiße erlebt, den Kälteschlaf nicht zu vergessen, das härtet in gewisser Weise ab. Körperliche Züchtigung wiegt nicht so schwer wie seelische. Außerdem, wenn ich so sein kann, wie ich bin, wenn der Elitetyp nicht da ist, ist alles in Ordnung. Das ist sozusagen meine Schulter und hilft mir nicht durchzudrehen.«
»Bitte schauen Sie darauf, dass Sie selbst in seiner Abwesenheit, ihn Herr Raphael nennen. Sie wissen was passiert, wenn Sie ihn anders anreden.« Ich verdrehte die Augen und nickte stumm. Noch einmal solche Horrorstunden erleben, wollte ich nicht und auch wenn es mir tierisch gegen den Strich ging, fügte ich mich.

Fion erklärte den Ablauf der Auktion und mir wurde schon beim Zuhören schlecht. Im großen und ganzen war das eine Benefizauktion, bei denen der neueste Sklave eines jeden Angelus vorgeführt wurde. Mit anderen Worten mit den neuesten Modellen die dann, nach der Auktion auf dem Markt kamen. Diese Modelen wurden vollständig angezogen und gefesselt zur Versteigerung angepriesen und nur der Ersteigende hatte für eine gewisse Zeit, die Erlaubnis, den Sklaven genauesten zu betrachten. Nackt versteht sich. Unzüchtiges Verhalten war strengstens verboten. Ich wünschte mir den Tag nie herbei, denn ich wollte nicht wie eine nackte Gans vorgeführt werden, doch er kam schneller als gedacht.

***

Seit einer Woche, oder eher seit vier Jahren schnupperte ich wieder frische Luft und blickte zum Himmel. Wie schön die Wolken waren und die aufkommende Dämmerung. Direkt unterm Himmel sah es viel herrlicher aus, als durch die Fensterscheibe.
Wie oft lagen Ael und ich im Gras und hatten stundenlang den Weg der Wolken beobachtet.
»Steigt ein!«, riss mich die schneidende Stimme aus den Gedanken und Fion hielt mir und ... und ›Herrn Raphael‹, ich würde mich wohl nie daran gewöhnen, diesen Arsch so zu nennen, die Tür auf.
Kaum saßen wir, stieg das Luftschiff auch an. Noch nie war ich in so einem Gefährt gesessen. Sicherlich in Bussen oder Autos schon, aber sie schwebten kaum höher als einen halben Meter über den Boden. Das war der Vorteil der Klasse Blau. Sie besaßen alles und hatten über jeden Macht.
Fion schien in seinem Schweigemodus gefallenzusein und ich blickte durch das Fenster.
»Genieße die Aussicht, so lange du noch kannst«, diese süffisante Stimme. Ich könnte ihm eine in die Fresse hauen.
»Ich weiß, dass mir die Augen verbunden werden. Dass mir einen Knebel verpasst wird und meine Armgelenke, Füße und mein Hals Bekanntschaft mit Metallringen machen, die mit Strom gefüttert werden.«
»Schlagfertig bis zu letzt.« Ich zuckte zusammen. Hatte ich das laut gesagt? »Aber ich denke, dass du eher zu laut gedacht hast! Nicht wahr Luca?« Sein Blick durchbohrte mich und ich senkte mein Haupt. Das war eine Warnung von seiner Seite, die er mir direkt ins Gesicht gesagt hatte. Das nächste Mal gab´s keine mehr und ich würde ohne vorheriger Warnung wieder seinem Zorn ausgeliefert sein. »Ab jetzt kein Ton mehr, Luca!«, befahl er und Fion öffnete die Tür. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass wir schon wieder hielten. Langsam stieg ich aus, war ich froh, dass ich den durchsichtigen Kimono nicht tragen musste, bei den vielen Menschen, die hier rumliefen und blickte hoch zu der Gebäudespitze.
Das müsste das Gebäude sein, das wo man in Mittel-City nur die Spitze sah. Aber um was es sich für ein Gebäude handelte, wusste ich nicht und wollte es nicht wissen. Schon gar nicht, dass man in diesem Gebäude Auktionen mit und von Menschen abhielten. Okay, es wurden die neuesten künstlich erschaffenen Sklaven, für einen guten Zweck, der zehn herrschenden Angelus versteigert, aber trotzdem, wollte ich da nicht rein. Ich fing zu zittern an, wusste nicht warum. Laut Fion, sollte mir nicht passieren. Ich müsste mich nur auf meine Knie setzten und die Versteigerung abwarten. Natürlich war ich vermummt und angezogen, denn nur der, der mich ersteigert hatte, durfte sich für eine halbe Stunde an mir sattsehen, mehr war das nicht und doch umschlich mich ein ungutes Gefühl.

Ein Bediensteter wartete bereits und ich wurde ihm übergeben. Raphael äußerte aber den Wunsch, das Fion mich begleiten sollte. Dies war wohl nicht gerne gesehen und doch willigte der Typ ein. Wir wurden in ein Zimmer gebracht und ich blickte mich um. Sehr kahl war das Zimmer. Es stand nur ein Schminktisch mit einem Stuhl drin.
»Für was ist denn das?«, rief ich aus.
»Einige Herrn wünschen ihre Sklaven geschminkt zu sehen.«
»Aha, und du darfst wohl wieder reden?«
»Nein und Sie auch nicht!« Shit, mir viel ein, dass er es mir verboten hatten und sofort drehte ich mich zur Tür. Ich sah nur einen Schatten, der sich entfernte und hoffte, er war es nicht. Tief atmete ich ein, während ich mich zu Fion umdrehte und wurde am Genick gepackt. Ich wollte schon zu Fluchen anfangen, als ich Fion unterwürfig sah, unterdrückte ich es. Er blickte zur Seite und sank auf die Knie. Nein, das konnte nicht wahr sein! Raphael war hier.
Nein der Griff war anders, härter.
Ich wurde in eine Richtung gezerrt und blickte ihm direkt in die Augen. Es war nicht Raphael und unwillkürlich musste ich grinsen.
»Hast du das Recht mich so anzufassen?«, flüsterte ich zynisch und sein Griff verstärkte sich. Ich musste alles Aufwarten, was ich hatte, dieser Kerl war ein Hunne von einem Menschen. Plötzlich schaute er mich verdattert an. Wahrscheinlich hatte ihm nie jemand, wegen seiner Statur Kontra gegeben, obwohl er selbst nur ein Sklave war. Ein Sklave mit der Klasse grau. »Ist es dir erlaubt, mich so anzufassen?«, fragte ich noch mal und sah, dass er das Accessoire in der Hand hielt, was ich anlegen musste und bevor er ausrastete, er stand kurz davor, aus Gründen, die ich nicht kannte, hielt ich zu ihm Blickkontakt und fragte. »Ist das für mich?« Zeitgleich und zeigte auf das Zeug in seiner anderen Hand. Er nickte nur. »Kannst du es mir bitte geben?«, fragte ich weiter, nur um eine Spur freundlicher. Wieder nickte er und reichte es mir. »Danke Großer, kannst du mich bitte jetzt runter lassen, damit ich mich fertigmachen kann?«, fragte ich noch freundlicher weiter, denn sein Griff hatte in keiner Spur nachgelassen. Wieder nickte er und ließ mich abrupt los. Ich fragte mich, was das für einer war, als er aus dem Zimmer ging. Fion der immer noch auf seinen Knien war, schaute mich sprachlos an. War das für ihn möglich, sprachlos zu sein?
»Wie hast du das geschafft, den ALFA 15 0=4 zu besänftigen?«
Er stand auf und glotzte, ja er glotzte den Hunnen wirklich hinter her. Ich selbst rieb mir den Nacken und zuckte mit der Schulter.
»Woher soll ich das denn wissen? Was war das überhaupt?«
»Der ALFA 15 0=4. Der einzige Sklave, der ohne seinem Meister auch Bestrafungen anwenden darf, und das im Sinne der Hellblauen.«
»Er war nur ein Grauer ...«
»Je eben ...« Ich hatte Fion noch nie so gesehen und mir wurde etwas klar. Fion war kein nur, normaler genetischer Sklave. Er besaß ein Herz. Und Gefühle. Und er benahm sich wie ein fünfzehnjähriger Teenager, und er ignorierte Raphaels Befehl, oder widersetzte sich diesem. Dies warf mir viele Fragen auf, warum es sein konnte. Aber in diesem Moment schwieg ich, und genoss seine Jugend.
War das zu fassen? Ein genetisch entwickelter Mensch, war zu Gefühlen fähig ... ein Sklave ... ?????
»... die Grauen haben mehr Freiheiten.« Freiheiten? Was war mit seinem Enthusiasmus? Gerade als ich etwas mehr ...
»Ich will auch ein Grauer sein ...«
In dem Moment wusste ich nicht, wo ich landete. Gab es bei Sklaven auch unterschiede. Bis jetzt dachte ich, dass Sklaven mit einem schwarzen Kristall auf der Rangliste ganz oben standen, doch als ich Fions Reaktion sah, war ich mir nicht mehr so sicher.
»Fion! Fion was ist los?«, rief ich ihm zu und er erschrak. Ab diesem Moment war ich mir nicht mehr sicher, was ihn betraf. Fion war nicht der, der er zu schein pflegte und die Antwort, die er mir gab, gab mir die Gewissheit.
»Ja Alles in Ordnung Herr Luca. Wir müssen Sie langsam für die Auktion fertigmachen.
Fion war einer dieser genetisch veränderter Sklave, der seine Meinung vertreten durfte, nur wusste er es noch nicht. Und was es für mich bedeutete, und wer dahinter steckte, tja, das wusste ich noch weniger. Dies erfuhr ich erst nach viele, vielen Jahren.

 

***

 

Die Auktion ging los und Fion schien wieder normal zu sein. Er legte mir die Augenbinde an und die Füße, sowie die Handfesseln. Auch machte er nicht halt um mir die ›Halskrause‹ zu verpassen. Danach setzte er mir ein Glas an die Lippen. Ich wusste, was in dem Glas war, widerwillig trank ich.
»Sie sind so weit, Herr Luca«, wie ich das Herr Luca hasste.
»Ich dachte, du darfst nicht reden ...«, die Wirkung setzte ein und ich sank zu Boden. Fuck dachte ich nur, denn Fion knebelte mich.
»Sie ebenfalls nicht ...« Ich nickte nur und mir blieb nun nichts anderes übrig als zu warten.

Ich wusste nicht, wer mich hochzog, aber nach dem Griff zu beurteilen, war es nicht Fion. Vielleicht war es der Hunne und ich war überrascht, dass er mich sicher führte, ohne mich stolpern zu lassen.


»Nun kommen wir zum nächsten Objekt. Meine Damen und Herren, wieder dürfen wir uns auf das allerneueste Modell der humanoiden Reihe, von Herr Raphael Angelus, freuen. Wie in den letzten Jahren stach Herr Raphael Angelus mit seiner Einzigartigkeit und Originalität heraus.«
Ich wurde auf die Knie gezwungen und meine Arme wurden über mir fixiert.
»Laut Index hat die humanoiden Reihe, sehr viele Merkmale eines herkömmlichen Menschen. Wie Sie sehen können meine Damen und Herren wurde auf die Körperbehaarung geachtet.« Der Aktionär hob mein Gesicht an. »Der Bartwuchs«, dann spürte ich etwas über meine Achseln streichen »die Achselbaharrung«, und etwas später, tippte etwas an meinem Unterleib, »und die Schambehaarung, die der Ersteigende, später genauer betrachten darf. Meine Damen und Herren, auch sticht diese Reihe hervor, dass auf die Augenfarbe genauestens geachtet wurde. Luca, so wird dieses Modell gerufen, besitzt die Magnifike der braunen Augenfarbe, die bei den Herkömmlichen schwer zu produzieren sind. Nicht zu vergessen meine Damen und Herren, wurde diesmal sehr genau auf den normalen Bodymassindex geachtet. Aber wie Sie sehen meine Damen und Herren ist es nur dem Ersteigenden erlaubt, sich bildlich davon in Kenntnis zu setzten.« Was für ein Gelabere, dachte ich, und ich kämpfte mit der Droge, die in meinem Inneren herrschte. War ich froh, dass ich die Gaffer nicht sah, ich würde wohl ausrasten. »Das Anfangsgebot liegt bei 50 000 Saphiren.« WAS? So viel? Damit konnte man sich drei Häuser leisten und ich traute meinen Ohren kaum. Nach nur wenigen Sekunden lag das Gebot bei über 250 000 Saphiren und es stieg weiter an.
Am Ende lag das Gebot bei über einer Million und ich wurde runtergelassen.
Wieder wurde mir im Genick gegriffen, aber es fühlte sich anders an und ich keuchte kurz auf. Die Berührung der warmen Hand auf meiner erhitzten Haut, war zuviel und meine Beine versagten mir den Dienst. Schnell wurde ich unter dem Arm gepackt und gehalten.
»Das machst du gut!«, flüsterte er mir ins Ohr und ich zuckte zusammen. Raphael. »Wenn du weiter so durchhältst, ist dir eine Belohnung gewiss!« Er ließ mich los und jemand anderes packte mich. Ekel durchströmte mich, aber warum? Und ich wurde brutal zu Boden gezerrt.
Die Augenbinde wurde mir abgenommen und ich blinzelte kurz. Danach sah ich schwarze Schuhe vor meiner Nase stehen und ich blickte hoch. Ein fremdes Gesicht schaute mich an und ich musste sagen, dieser Mann hatte etwas furchterregende an sich.
»Du hast wirklich braune Augen.« Er machte einen Wink und ich wurde hochgezogen, danach wurden mir die Hand- und Fußfesseln abgenommen und den Knebel rausgenommen. Schnell widerstand ich den Impuls mir über die Lippen zu lecken.
Vier Hände, die wohl nie was anderes machten, zogen mich aus. Der Typ beobachtete alles ganz genau. Nachdem ich nackt vor ihm stand, wurde ich auf die Knie runtergedrückt und automatisch nahm ich die Position ein, in der ich 7 Stunden ausharren musste. Auch wenn es hieß, mein Genitalbereich zur Schau zu stellen.
»Wahrhaftig, du siehst echt wie ein normaler Mensch aus. Körperbeharrung.« Langsam fragte ich mich, was die genetisch veränderten Menschen für Merkmale aufwiesen, dass mein Körper als eine Faszination galt, obwohl der Mann, der etwas Kräftiger war, wohl in seiner Jugend genauso aussah. »Er packte mich am Schopf und zog meinen Kopf nach hinten. »Auch in der Nase und deine Haare, fühlen sich nicht wie Watte an. Man könnte meinen, dass du wirklich ein Mensch bist. Raphael Angelus ist ein Durchbruch gelungen!«

 

Nicht wirklich, das macht die Natur seit Jahrmillionen.

 

»Deine Haut, diese Unregelmäßigkeit, diese Gänsehaut, der leichte Schweißfilm ... Wie bei einem Menschen. Ich frage mich, wie du dich anfühlst?« Er hielt inne und sah aus, als ob er nachdachte und ich wünschte mir, die Zeit wäre um und Raphael holte mich hier weg. Der Typ machte einen Wink und die zwei, die hinter mir standen, gingen aus dem Zimmer.
»Warum soll ich das nicht mal ausprobieren? So wie du aussiehst.«
»Fordern Sie Herr Raphael nicht heraus!«, flüsterte ich. Meine Stimme schien mir zu versagen.
»Was? Du sprichst?« Und plötzlich grinste er hämisch auf. »Das ist ja leichter als gedacht. Ein Sklave, der sich gegen den Befehl seines Herrn stellt.« Sein Griff wurde fester und ich keuchte auf, als er mich hochzog. Er zerrte mich zu einer Couch und stieß mich über die Lehne. Es dauerte bis ich realisiert hatte, was er machen wollte und ich schrie.
»HERR RAPHAEL, FION! Hilf ...« Er hielt mir den Mund zu und ich versuchte mich, so gut es ging, zu wehren, was in Anbetracht der Dröhnung, die ich hatte, sehr schwer war.

Ich spürte seine Spitze, wie sie in mich dringen wollte, als die Tür aufgestoßen wurde. Herrisch mit hoch erhobenen Hauptes kam Raphael in das Zimmer und mein Hintermann erschrak.
»Ich kann nichts dafür. Dieser Sklave ist fehlerhaft. Er wollte, er hat mich bedrängt und ich habe nachgegeben, weil ich Euch keine Schand ...«
»Seien Sie still!« Selbst durch die Droge zuckte ich zusammen. So schneidend und kalt hatte ich seine Stimme noch nie gehört und der hinter mir sank auf die Knie. Richtete sich aber sogleich wieder auf.
»Sie müssen Ihren Sklaven bestrafen. Nein gleich Exekutieren, er ist eine Schande ...«, versuchte er sich rauszureden. Ich lag noch immer über die Couchlehne, mich zu bewegen war unmöglich, als Raphael mir die Hinterbacken auseinanderzog und mit seinem Finger in mich eindrang. Überrascht keuchte ich auf und hatte kurzweilig Atemnotstand. Dann nahm er den Finger wieder raus und betrachtete ihn kurz.
»Eine Schande sind Sie, aber leider haben Sie auch Glück. Sie kommen mit einem blauen Auge davon. Fion hilf Luca sich anzuziehen.«
»Ich will mein Geld zurück!«
»Übertreiben Sie nicht. - Autorisierungscode 0, Angelus Raphael, System, erbitte Hormonübergreifende Werte der letzten 30 Minuten von Toncha Narhit.« Ich sah, wie ein Datenhologramm erschien und Raphael auf eine Zeile zeigte. »Sie wissen, was diese Werte bedeuten.«
»Wie können Sie ... das sind meine privaten Werte, wie ...« Raphael ignorierte ihn und wir verließen das Zimmer sowie das grässliche Gebäude.

 

***

 

Beim nach Hause Weg quälte ich mich ab. Jede Berührung von Fion, auch wenn er mir nur helfen wollte, ließen mich aufkeuchen. Im Apartmet von Raphael angekommen, wurde ich sofort ins Bett verfrachtet.
»Lass es endlich aufhören!«, stieß ich aus und handelte mir kalte Blicke ein.
»Nein!« WAS? Das durfte nicht wahr sein. Wie lange sollte ich den Zustand ertragen müssen.
»Was soll der Scheiß?«, keuchte ich und irgendwie sah er belustigt aus.
»Du willst es doch nicht. Also warum soll ich mich abmühen?«
»Genau! Ich will es nicht. Ich will das alles nicht!«
»Geht in Ordnung Luca Kappner. Ich habe deinen Wunsch gehört und werde alles in die Wege leiten.«
»Was soll das jetzt schon wieder ... Gott!« Ich krümmte mich.
»Du willst hier weg, also wirst du deine Strafe so beenden, wie du dazu verurteilt wurdest. Du gehst noch heute in den Kälteschlaf zurück.«
»Was?«, rief ich aus. »Das ist nicht dein Ernst!«, wurde ich immer leiser.
»Doch ist es, ... es sei denn ...«, langsam beugte er sich zu mir runter.
»Es sei denn, was?« Plötzlich küsste er mich und schlagartig schrie alles in mir, nach ihm. ›Ael‹ Stück für Stück hob ich meine Hand und wollte ihn berühren, als er von mir ließ und sich wieder aufrichtete. Geschockt blickte ich ihn an. Ich nahm meine Hand runter und fuhr mit dem Finger über meine Lippen.
»Das ist nicht wahr!«, flüsterte ich. »DAS IST NICHT WAHR! Du bist ein Sadist, warum quälst du mich so, warum machst du ihn nach? WARUM?«, dachte ich und doch revidierte ich meine Gedanken. Diese Berührung, das Gefühl.

Ich starrte ihn nur noch an und bekam nur am Rande mit, dass er sich ausgezogen hatte. Wie automatisch, wanderte mein Blick über seine Brust und sah das Muttermal.
Ich glaubte, ich träumte. Das gleiche Muttermal, an der gleichen Stelle und mir wurde etwas klar, Phealan Ragelus war ein Anagramm für Raphael Angelus. Ael.
Meine Augen füllten sich mit Tränen und, obwohl ich wütend auf ihn sein sollte, so war ich es nicht. Denn ich musste mir eingestehen, dass ich es geahnt hatte, aber zu stolz war um es auch zu sehen und ich breitete meine Arme aus. Kurz nickte er lächelnd und legte sich zu mir. Sanfte Küsse hauchte er mir ins Gesicht und es brauchte nicht lange, da spürte ich ihn in mich eindringen. Laut stöhnte ich auf und drückte mich ihm entgegen. Wie hatte ich ihn vermisst. Mein Ael.

 

»Ael, warum hast du es nicht schon früher gesagt?«
»Ich durfte es dir nicht sagen und auch jetzt muss ich darüber schweigen. Aber eins kann ich dir sagen. Wenn du weiterleben willst, musst du, bis deine Strafe abgegolten ist, mein Sklave bleiben und auch als mein Sklave leben. Wirst du es schaffen?«, fragte er mich und das eisblaue seine Augen nahmen mich in den Bann.
Kurz aber wirklich nur kurz, sah ich das rechte Auge grünlich schimmern.
»Ja, Herr Raphael«, sagte ich und Ael drückte mir einen leidenschaftlichen Kuss auf die Lippen.
»So sei es! Merke es dir gut, ...

 

Du bist mein«

 

ENDE.

Impressum

Texte: (c) 2017 Malaike Lucas
Bildmaterialien: pinterest.de /gut-teral.tumblr.com; bearbeitet Anna Lena
Lektorat: Keins
Tag der Veröffentlichung: 09.06.2017

Alle Rechte vorbehalten

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