Sämtliche Personen, Orte und Begebenheiten sind frei erfunden. Ähnlichkeiten zu existierenden Personen sind rein zufällig.
Der Inhalt dieses Buches sagt nichts über die sexuelle Orientierung des Covermodels aus.
Alle Rechte vorbehalten.
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Und denkt daran, im REALEN Leben gilt SAVER SEX, also achtet immer darauf. AIDS ist keine Krankheit, die man auf die leichte Schulter nehmen darf. Auch die anderen Geschlechtskrankheiten nicht.
Also schützt euch!!!!
Danke
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Wie gesagt respektiert unsere Arbeit.
Der Hawaii Urlaub tat mir gut. Drei Wochen Sonne, Strand und Meer. Dennoch umschlich mich das dunkle Wissen, welches ich vor dem Urlaub in der Hand hielt. In Form dieser Vorladung.
Kyel hatte ich diesbezüglich noch nichts erwähnt. Ich wollte nicht, dass er sich die ganze Zeit darüber Gedanken machte.
Wir saßen im Flugzeug zurück nach Amerika und für einen kurzen Moment trauerte ich dem Urlaub hinterher. Hatten wir so schon oft Sex. In diesen drei Wochen sprengten wir unseren Rekord. Glücklich atmete ich ein und blickte wieder durch das runde Fenster.
Seine Finger umschlangen meine oder er fuhr über meinen Oberschenkel. Immer diese behutsame Aufmerksamkeit, gab mir das Gefühl, endlich wohin zu gehören. Zu ihm.
Es gab Aufruhr am Flughafen und jeder Passagier wurde vom Zoll kryptisch unter die Lupe genommen. So wie ich und aus dem Augenwinkel, sah ich Kyels meeresblau teuflisch auffunkeln. Ganz besonders als der Beamte anfing, meine Beine abzutasten, und kurz vor Kyels persönlichen Reich aufhörte. Ich schmunzelte und Kyel setzte leicht säuerlich seine Sonnenbrille auf. Gott musste er sich zurückhalten, um nicht seinen Besitzanspruch zu verkünden. Es gefiel mir und ich biss mir auf die Lippe, als der Beamte sich mein anderes Bein vornahm. Er war eifersüchtig und ich reizte ihm damit, als ich ganz ahnungslos mich am Hals kratzen musste. Kyel hielt sein Atem an und verschränke seine Arme vor seiner Brust. Gott nur noch ein Tropfen und er würde explodieren. ›Ja mein lieber ich durchschaue dich. Du bist nicht mehr der unnahbare Geschäftsguru, sondern mein Verlobter. Und ich habe das Recht dich anzuheizen‹.
Die Leibesvisite war vorbei und Tom wartete schon vor dem Flughafen auf uns. Kyel wurde immer ungeduldiger und riss die Tür auf, noch während Tom einparkte. Ich räusperte mich nur und meinte: »Er hat das Boardessen nicht vertragen.« Tom blickte in den Rückspiegel und schüttelte leicht seinen Kopf. Wer wusste schon, was er gerade dachte und fuhr los.
Daheim angekommen half Tom mir beim Rausheben der Koffer aus dem Kofferraum und verabschiedete sich dann, als ich ihm sagte, das ich den Rest alleine schaffte.
Ich ging zur Haustür, schloss sie auf und noch, bevor ich einen Schritt in die Villa tätigen konnte, wurde ich reingezogen und gegen die Wand gedrückt.
»Mein kleiner Orkan. Glaube ja nicht, dass ich dein Schauspiel nicht durchschaut hätte.«
»Welches Schauspiel?« Tat ich auf unschuldig und schon verbot er mir, zu sprechen. Heftig umschlossen seine Lippen die meinen und er hob mich hoch. Wie ein Äffchen klammerte ich mich an ihm und ich hörte nur, wie er die Tür zu unseres Schlafzimmers öffnete und ich etwas unsanft auf das Bett flog.
Mit blitzenden Augen betrachtete er mich und je intensiver sein Blick wurde, umso heftiger ging mein Atem.
Ich konnte es nicht mehr erwarten, ihn, meinen Verlobten, in meine Arme zu nehmen, ihn zu empfangen. Kyel Kastner.
Langsam richtete ich mich auf und wollte schon mein Shirt über mein Kopf ziehen, als Bewegung auf dem Bett aufkam und Kyel mein Shirt mit einem Ruck hinter meinen Kopf runterzog.
»Ich glaube, ich habe dir schon einmal gesagt, dass du noch nicht reif für Eigeninitiative bist.«
»Wenn ich es nicht tue, würdest du mich immer noch anstarren.«
»Treib es nicht zu weit ...« Doch er kam nicht weit, denn ich hatte mich aus dem Shirt befreit und zog ihn zu mir runter. Stürmisch drang ich mit der Zunge ein und er ließ mich gewähren. Drehte ihn auf den Rücken und setzte mich auf ihn.
Mit meinen Fingern fuhr ich seine Konturen im Gesicht nach. Wie ich diesen Mann liebte. Strich über seine Lippe, weiter hinab zu seinem Hals. Fuhr über seinen Adamsapfel, weiter runter zu seine Brustwarzen. Ich liebte es, ihn zu berühren und da ich genau auf seinem Unterleib saß, spürte ich, dass es ihm genauso gefiel. Kurz bewegte ich mich und Kyel biss sich auf die Lippen.
Langsam beugte ich mich zu ihm hinab und wollte ihn küssen, als es in der Villa plötzlich laut wurde.
»Hey! Wo sind die Urlauber. Huhu! Ich habe Sushi mitgebracht!«, hörte ich Mike rufen. Verdrossen und tief einatmend lag ich auf Kyel, der sich nicht mehr halten konnte und gluckste.
»Das ist jetzt echt nicht wahr, oder? Warum hat jeder zu deiner Villa Zugang?«
»Mike schätze ich nicht, dass er Zugang hat, aber Raoul.«
»Oh Mann!« Ich hievte mich hoch und suchte mein Shirt, welches ich mir überzog. Keine Sekunde zu spät und Mike stand im Schlafzimmer. Er grinste über all seine Backen und hielt die Sushibox hoch.
»Habe ich gestört?« Wieder atmete ich ein.
»Nicht wirklich«, meinte ich nur und ich sah, dass er sich nicht mehr halten konnte. Mir zuzwinkerte und in die Küche verschwand.
Kyel trat auf mich zu und nahm mich in die Arme. Ich schmiegte mich an seine Schulter und genoss das sanfte Streicheln.
»Na komm. Wir haben eh keine Chance, uns aus diese ›aus dem Urlaub zurück Willkommensparty‹ zu entziehen.«
»Irgendetwas sagt mir, dass du davon gewusst hast« er schüttelte mit dem Kopf.
»Nein, habe ich nicht!« Wieder atmete ich tief ein und rieb mir die Augen.
»Einfach unverbesserlich!«
Ich löste mich aus seiner Umarmung und ging in die Küche. Als ich die Meute sah und mich zu Kyel umdrehte, der noch immer verschmitzt lächelte, wäre ich zu gerne in ein Mäuseloch verkrochen, denn er hatte es gewusst. Und wenn wir es etwas schneller angegangen wären, hätte Mike uns voll erwischt. Mein Blick ging zu meiner Mutter und schon schoss mir die Röte ins Gesicht. Was wäre passiert, wenn wir dabei gewesen wären und anstatt Mike Mom ins Schlafzimmer gestürmt wäre? Oh mein Gott! Wo war nur der Fingerhut?
Egal, wo ich ihn suchte, ich fand ihn nicht und setzte mich an den bereits gedeckten Tisch.
Es gab nicht nur Sushi. Jeder hatte etwas mitgebracht und die Stimmung wurde immer ausgelassener.
Die restlichen Ferientage verbrachten wir ruhig, bis Kyel auf mich zukam und mich eindringlich anblickte.
»Willst du mir nicht endlich mal sagen, was du vor mir verheimlichst?« Geschockt starrte ich ihn an. Was bitteschön sollte ich vor ihm verheimlichen?
»Ich weiß nicht, was du meinst?«
»Och Sascha!« Kyel langte in seine Hosentasche und zog einen Brief heraus.
»Was ist das?«
»Die Vorladung für die Verhandlung!« Scheiße! Daran hatte ich gar nicht mehr gedacht, obwohl diese Vorladung wie ein Schatten mich verfolgte. »Sie ist morgen. Und wann wolltest du es mir sagen?«
»Das habe ich total vergessen!« Nun war er es, der mich geschockt anstarrte und anschließend tief einatmete.
»Vergessen?« Ich nickte nur und versuchte die eingetrocknete Spucke zu schlucken. Ging nicht, denn meine gesamte Körperfunktion war auf ›ich will ihn nicht mehr wiedersehen‹ eingestellt. Meine Übelkeit stieg an und ich spürte, wie ich weiter in den Sitz sank.
»T... tut mir leid! Ich habe es wirklich vergessen.«, murmelte ich und ich spürte nicht einmal, dass ich weinte. Kyel setzte sich neben mich und nahm mich in die Arme.
»Ist schon gut!« Sanft küsste er meine Stirn und wischte mir die Tränen aus dem Gesicht. »Wir schaffen das schon.« Langsam schüttelte ich den Kopf.
»Wurde er schon gefasst?«
»Nein! Er ist noch immer auf der Flucht, aber Anthony hat eine Spur.«
»Warum soll ich dann zur Anhörung, wenn Clancy ...« Kyel küsste auf meinen Mund und schaute mir tief in die Augen.
»Diese Aussage, die du morgen vor Gericht aussagt, ist die entscheidendste. Es ist zwar ein Haftbefehl ausgestellt worden, aber du kennst ja die Rechtslage.«
»Wie meinst du das?«
»Mit deiner morgigen Aussage, bleibt es dann nicht nur beim Staatsanwalt, sondern geht zur SPA weiter und Clancy gehört dann mit zu den Top 100 der meistgesuchten Verbrecher auf der Welt. Die Priorität, ihn hinter Schloss und Riegel zu bekommen, bekommt einen höheren Stellenwert.« Ich verstand es nicht.
»Was haben die Prioritäten damit zutun?«
»Clancy ist ein ehemaliger Red Eye. Somit genießt er Immunität. Aber wenn du aussagst, verliert er diese und die ganzen geheimen Organisationen werden der SPA helfen, ihn zu finden, fangen und einsperren.«
»Aber ...«
»Mach dir darüber nicht so viele Gedanken. Mach morgen deine Aussage und der Rest erledigt sich von selbst.«
Es hat sich ein Logikfehler eingeschlichen, den ich erst während der Überarbeitung beseitigen werde.
Clancy ist nicht auf freiem Fuß, bitte beherzigt es. Ich bitte vielmals um Entschuldigung.
LG Conny
Hatte er es wirklich vergessen? Diese Frage schob sich arg in meinem Verstand. So etwas konnte man nicht vergessen und ich schloss daraus, dass er es einfach schlichtweg verdrängt hatte. Zumal der Brief bereits geöffnet war, bevor ich ihn gefunden hatte. ›Sascha, was soll ich nur mit dir machen? Warum verschließt du dich mir?‹
Diese Fragen konnte ich mir immer noch nicht beantworten, obwohl er inzwischen für mich, wie ein offenes Buch war.
Ich stand auf der Terrasse meiner Villa und nippte an den teuren Schnaps. Noch immer fragte ich mich, wie Sascha sich diesen leisten konnte. Doch er schmeckte und es schob sich ein Grinsen in mein Gesicht.
Vielleicht hatte er endlich von meiner Kreditwürdigkeit gebrauch genommen. Ich hoffte es zumindest, denn noch immer lief er in der Spur, alles selbst bewältigen zu wollen und ich wollte ihm einfach nur helfen. Nein! Hilfe nahm er nicht an, das musste ich mir klar werden.
Hilfe und Sascha? Sind Tatsachen die absolut und unwiderruflich nicht zusammenpassten.
Langsam schlenderte ich zurück und sah, Sascha, auf der Couch, über irgendwelche Unterlagen gebeugt sitzen.
»Mann! Was wollen denn die von mir?«
»Hast du ein Problem?« Kurz nickte er und schmiss einen Zettel vor sich hin.
»Das alles ist mein Problem! Warum wollen die, das ich in diesen Kurs gehe, oder in den oder in den!« Bei jeder Aussage zeigte er auf einen anderen Zettel und ich rieb mir die Augen.
»Wenn du Sozialpsychologe werden willst, brauchst du halt diese Kurse.« Noch eine Zeit lang grummelte er vor sich hin und füllte schließlich die Anmeldungen für die jeweiligen Kurse aus.
»Na, wenn die das wollen, dann bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als in die für mich eher sinnlose Kurse zu gehen?« Etwas belächelnd nickte ich und es hatte den Anschein, das Sascha langsam über sein Erlebtes hinweg war. Nicht nur körperlich, sondern auch komplett seelisch. Aber wie gesagt, es hatte nur den Anschein. Ich wusste es besser.
Noch immer wälzte er sich im Schlaf oder schreckte auf. Manchmal spürte ich es beim Sex, wenn er zu verkrampfen drohte, oder wenn sein Blick starr wurde und er nur einen einzigen Punkt an der Wand fixierte.
Mein Handy klingelte und ich blickte auf das Display. Anthony rief an und ich ging ran.
»Kastner«
»Sitzt du?« Ich wurde hellhörig. Wenn Anthony so anfing, dann sollte ich mich wirklich hinsetzen und ich tat es auch.
»Jetzt sitze ich!«
»Okay! Clancy hat ein Fluchtversuch gestartet, aber wir konnten es vereiteln.«
»Wie das?«, rief ich aus und Sascha blickte auf. Sofort stand ich auf und ging in die Küche.
»Das ist irrelevant. Wichtig ist, dass er gefasst wurde. Die für morgen angesetzte Anhörung bleibt und Sascha soll sich darauf vorbereiten, Clancy wieder gegenüber zu stehen.«
Ohne mich zu verabschieden, legte ich auf, ging zurück ins Wohnzimmer und blickte zu Sascha, der noch immer vor sich hinfluchte. Einige Zettel von sich schmiss und tief einatmete. Danach sich mit der Hand durch die Haare fuhr und mich anblickte.
»Ich glaube, ich habe jetzt alles ausgefüllt und ich würde sagen, das wäre eine Be ...« Er hielt inne und sein Blick wurde intensiver. »Kyel, was ist los?« Langsam schüttelte ich den Kopf. Das was ich gehört hatte, musste ich erst selbst einmal verdauen. »Kyel! Sprich!« Hastig schnappte ich das Glas mit dem Schnaps und nahm einen kräftigen Schluck. Immer wieder schüttelte ich den Kopf. Was würde passieren, wenn Clancy letztendlich flüchten konnte, wenn die SPA es nicht verhindern konnte ...
Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Sollte ich es ihm sagen? Ja oder nein? Wenn ich es ihm verschwieg, würde er es mir übel nehmen. Wenn ich es ihm sagte, würde er, ja, was würde er?
»Sascha, Clancy hatte versucht zu fliehen ...« Seine Gesichtszüge sowie die Farbe entwichen ihm. Dann lehnte er sich zurück, schloss die Augen und ich wusste nicht, ob er weinte oder lachte. Ein paar Minuten blieb er so, fuhr sich übers Gesicht und schaute mich schließlich mit rot gewordenen Augen an.
»Und was heißt das?«, fragte er mich und ich lächelte leicht. Wie immer war Sascha mit seinen Gedanken meilenweit voraus.
»Das heißt nichts. Also für dich ändert sich nichts. Deine morgige Aussage vor Clancy bleibt.« Unwillkürlich schüttelte er den Kopf.
»Du weißt es?«
»Gott Sascha! Natürlich weiß ich das!«
Wieder schüttelte er den Kopf.
»Ich will nicht«, flüsterte er.
»Hast du deswegen nichts gesagt?« Diesmal nickte er und ich setzte mich neben ihn. Nahm ihn in meinen Arm und platzierte sanfte Küsse auf seine Schläfe.
»Nie wieder will ich ihn sehen! Kyel ich stehe das nicht durch.«
»Du schaffst das!« Versuchte ich ihn zu beruhigen und ich konnte ihm nicht mehr böse sein, weil er mir vorenthalten hatte, dass er eine Vorladung in der Hand hielt. Nun so richtig verheimlicht hatte er es mir ja nicht, ich wusste darüber bescheid, bevor der Brief im Postkasten war.
Ich sah es ihm an, dass er viele Fragen diesbezüglich hatte, doch er vermied es sie zu stellen. Seine seelische Wunde war nicht verheilt und würde wohl nie heilen. Sanft küsste ich ihm auf den Kopf und streichelte über seinen Rücken.
Er zitterte und es übertrug sich auf mich. Ich spürte seine Angst, seine tief sitzende nie endende Angst und in diesem Moment wurde es mir bewusst, diese Angst würde ihn sein ganzes Leben verfolgen.
Eine Woche, nein es reichte nur ein einziger Übergriff und die Seele eines Menschen zerbrach in tausend Stücke.
Wie konnte ich ihm helfen? Sicherlich durfte ich ihn wieder berühren und Sex hatten wir auch, doch wenn ich mich an die Zeit zurückerinnerte, schmerzte es mir mehr, als ich es je für möglich gehalten hätte.
Im Fernsehen oder in den Zeitungen las man es fast täglich: Raubüberfall, Kindesmisshandlungen, Vergewaltigungen und Entführungen. Doch wenn man es las, tat man es als ein Schulterzucken ab. »Ist das schon wieder passiert oder in welcher Welt leben wir eigentlich?«, aber so richtig was dagegen tun, darauf kam niemand. Nur wenige, die sich in diesen sozialen Bereichen bewegten, erbarmten sich und erreichten bald ihre Grenzen. Seelische wie körperliche Überlastung und das Wissen, das die zur Verfügung stehenden Mittel nie ausreichten.
Es war ein hoffnungsloser Kreislauf.
Sascha blickte zu mir hoch und lächelte leicht.
»Wird schon schief gehen«, sagte Sascha und ich küsste ihm auf die Lippen.
Wie ich diese Wölbung liebte. Diese seidige Samtigkeit seiner Haut. Ich könnte mich in ihr verkriechen und nie wieder rauskommen.
Langsam hob ich meine Hände und strich ihm übers Gesicht. Wischte ihm die Spuren seiner Tränen weg und küsste ihn wieder.
»Was hältst du davon, wenn wir uns ein Eis gönnen und dann gehen wir zusammen diese Unterlagen durch«, sagte ich ihn und seine Augen leuchteten auf.
»Da bin ich dabei und ich hoffe, mein Schatten Namens Loris macht heute mal frei. Das nervt nämlich.«
Ich musste kichern, denn vor mir stand nun der kindliche Sascha, den ich mit etwas Schokolade oder einem Eis locken konnte.
»Zu Tim?«, fragte ich.
»Wohin denn sonst!«, gab er zur Antwort und es fehlte sein Standartspruch.
Ungewöhnlich ruhig schlief ich die letzte Nacht und stand auch erst auf, als der Wecker das dritte Mal klingelte. Ich schob die Decke von mir runter, als Kyel das Schlafzimmer betrat und mich eindringlich musterte.
»Wollte schon einen Eimer mit kalten Wasser holen, aber du scheinst doch endlich wach geworden zu sein«, meinte er und grinste mich an.
»Lass mich! Wenn es nach mir ginge, könnte es gerne noch Nacht sein, oder wohl eher sechs Stunden später.« Kyel trat auf mich zu und setzte sich neben mich.
»Lenard hat ein paar Beruhigungstabletten dagelassen. Vielleicht solltest du sie nehmen, bevor wir losfahren.«
Automatisch schüttelte ich den Kopf. Es kam nicht infrage, mich mit Tabletten vollzustopfen. Am Ende saß ich wie ein sabberndes, vollgedröhntes Etwas im Zeugenstand und konnte kaum ein Wort von mir geben. »Na, aber sie liegen neben der Kaffeemaschine, wenn ...« Mehr bekam ich nicht mit. Das ausschlaggebende Wort war ›Kaffeemaschine‹ und ich war bereits auf dem Weg in die Küche.
Nun war es soweit! Knapp sechs Monate war es her, als Clancy geschnappt wurde und bei mir war es fast ein Jahr, als ich in seine Fängen geraten war.
Manchmal kam es mir so vor, als ob ich immer noch bei ihm war. Ich hörte seine Stimme, sein Flüstern. Spürte seine Hände, wie sie sanft waren und auch so brutal. Sah mich, wie ich am Andreaskreuz hing, mit präsentierenden steifen Schwanz.
»Ich will euch ja nicht hetzen, aber es wird langsam zeit, dass ihr euch um euren Hochzeitstermin kümmert!«, riss mich Mom aus meinen Gedanken und zur Bestätigung nickte Janett.
»Was?«, bekam ich nur raus, denn auf die Schnelle verstand ich nämlich gar nichts. War ja auch kein wunder, denn ich wünschte mich ins Bett zurück.
»Euren Hochzeitstermin! Seit Wochen bringen die nichts anderes.«
»Ahhh! Ähm!«
»Sascha macht erst seine Uni und dann haben wir immer noch genügend Zeit um uns darüber Gedanken zu machen.« Nahm Kyel die rettenden Worte in die Hand und ich nickte grinsend. Und bereute es. Zwei Gesichter, vier Augen und zwei runterfallende Kiefer betrachteten mich mit angehaltenen Atem.
»Wofür habt ihr euch dann verlobt, wenn ihr erst in drei Jahren heiraten wollt?«
»Ähm Janett, wir sind noch gar nicht 'offiziell' verlobt«, widersprach ich ihr und ihr Blick wurde dunkler.
Automatisch schaute ich mich nach einem Mauseloch um. Sie und Mom, wenn sie zusammen waren, blieb nie ein Stein auf dem anderen.
»Natürlich nicht! Aber die Zeitungen, die Klatschpresse und das Radio sagen nichts anderes als, das ihr verlobt seit! Also ...!«
»Mom, Sascha hat recht. Bevor wir uns mit der Hochzeit auseinandersetzen, würde ich sagen, planen wir erst einmal unsere Verlobung, die ...!« Theatralisch blickte Kyel auf seine Uhr. »Die erst in vier Monaten ist.«
Beide schauten abwechselnd zu Kyel und zu mir, nur damit sie wie siamesische Zwillinge gleichzeitig einatmeten, die Hände in ihre Hüften stemmten, um anschließend zu ihren eigenen Söhnen, sekundenlang den Blickkontakt hielten. Unheimlich.
Wie ein Lausbub, der sich das Lachen nicht verkneifen konnte, untersuchte ich anstrengend meinen Kaffee. Wie wundervoll braun er doch war.
»Das ist ja fantastisch!«, rief Mom, schüttelte den Kopf und gleichzeitig hob sie genervt ihre Hände.
Es lief ja echt gut, dachte ich und schlürfte an meinem Kaffee. Diese kurzweilige Abwechslung tat mir gut. Dies zeigte mir, wie wichtig für mich Alltag war und doch beschlich mich ein unangenehmes Gefühl. Nicht mehr lange und ich würde ihm im Zeugenstand gegenübersitzen. Clancy, dessen graue Augen sich in meine Seele eingebrannt hatten.
Doch recht weit kam ich mit meinen Gedanken nicht, Tom das lebende Inventar, wie Kyel ihn gerne nannte, kam in die Küche und schon hatten unsere Mütter ihn in der Mangel. Der arme Kerl.
Selbst er hob beschwichtigend seine Arme und kümmerte sich um seinen Kaffee. Irgendwann ließen sie von ihm ab und er teilte Kyel, seine Termine mit. Bei einem Namen, der in letzter Zeit of die Runde gemacht hatte, verdrehte Kyel seine Augen und ich trank meinen Kaffee aus. Wusch die Tasse ab und ging ins Wohnzimmer, weil ich mich fertig anziehen wollte.
Kurz schaute ich mich nach meinen Schuhen um, doch dann wurde es mir plötzlich schwindlig. Schnell suchte ich an der Wand halt, aber die Übelkeit, die mich zu überrennen drohte, übernahm die Oberhand. Es würgte mich und meine Beine wurden weich. Lange hatte ich dies nicht mehr und Clancy schob sich immer weiter in meinen Verstand.
Geschmack von Kaffee und Galle begleiteten mich, als ich schwankend versuchte das Bad zu erreichen.
Ich wusste nicht, wie lange ich über der Toilette gebeugt war, als ich einen kalten Lappen in meinem Nacken spürte. Wie automatisch, wie als ob sich gar nichts verändert hatte, schlug ich die Hand, die sich auf meine Schulter gelegt hatte weg.
»Nicht anfassen!«, keuchte ich und es dauerte eine Zeit lang bis ich erkannte, dass es meine Mom war. Ihr Blick war kurzzeitig geschockt, doch dann wurde er traurig. Sie sagte nichts und dann versuchte sie zu lächeln.
»`Tschuldige. Ich, ich ...«
»Ist schon gut, Schatz« vorsichtig hob sie ihre Hand. Ich folgte ihr, ließ die Hand nicht aus den Augen, doch als ich erkannte, dass Mom nur eine Strähne aus meiner Stirn streichen wollte, ließ ich es zu.
»Ich schaffe das nicht« sie nickte.
»Doch du schaffst das. Nicht umsonst gehst du zu den Psychologen. Nicht umsonst willst du Sozialpsychologe werden. Willst anderen Menschen helfen, denen das Gleiche widerfahren ist, wie dir. Sascha du bist stark. Stärker als Clancy. Ich kenne niemanden, der so stark ist, wie du.«
»Ich habe angst!«
»Ich weiß mein Schatz. Ich weiß.«
Trotz den mutzusprechenden Worten meiner Mutter konnte ich mich nicht beruhigen. Im Gegenteil, je näher wir zum Gerichtsgebäude kamen, umso unwirklicher wurde es mir.
Auch wenn ich das Erlebte durch den vielen Besuchen bei den verschiedensten Psychologen zu verarbeiten versuchte, so kamen dennoch immer wieder Fetzen dieser Tage in Erinnerung.
Eigentlich immer. Es gab wenige Tage, an denen sie nicht hochkamen, doch die anderen überwogen. Manchmal versuchte ich dies, durch körperlichen Kontakt mit Kyel zu verkraften, dennoch gelang ich zur Erkenntnis, dass dies mir nichts brachte.
Ich ertappte mich sogar dabei, wie ich unbewusst nach mehr verlangte. Danach lechzte, etwas mehr Härte und Arroganz von Kyel zu bekommen. Doch die Scham, diesen Wunsch auf irgendeiner Weiße auszusprechen, übernahm jedes Mal die Kontrolle. Ich konnte nicht mehr.
Sicherlich war das mein Körper und ich war der Herr darüber und doch ...
»Wir sind da. Wir haben noch etwas Zeit«, sagte Kyel und blickte auf seine Uhr. Erschrocken darüber, dass die Fahrt bereits zu Ende war, schaute ich Kyel starr an. Er lächelte und nickte mir zu. »Du bist nicht alleine. Und hey, ich sitze sogar bei deiner Familie. Gleich hinter dir.«
»Aber das letzte Mal warst du ...« Er zwinkerte mir zu.
»Das letzte Mal, war ich nur proforma dein Lebensgefährte und nicht mit dir verlobt, also! Und ich weiß, was du sagen willst, wir sind noch nicht verlobt, doch das sind wir. Seit diesem Moment als du in mein Büro gestürmt bist und ja geschrien hast.«
»Bürokratie!«
»Hmm Nein. Presse«, war ja klar und ich atmete tief ein.
Ich stieg aus und blickte mich verstohlen um. Keine Presse, keine Absperrungen, keine Polizei. Nichts. Gar nichts deutete darauf hin, dass ich eine sehr wichtige Gerichtsverhandlung hatte. Niemanden schien es zu interessieren und ich atmete erleichtert ein.
Doch dann fuhr ein Kleintransporter von der Polizei an uns vorbei und bog in die Seitengasse. Loris mein ständiger Schatten verschwand in diese Gasse und auch, wenn Anthony es zu vertuschen versuchte, so folgte ich seinen Blick, der auf Loris haftete und anschließend uns galt.
Er begrüßte uns und führte uns in das Gebäude.
Nun gab es kein Zurück mehr. Es gab nie ein Zurück und ich machte einen Schritt nach dem anderen.
Schweiß bildete sich auf meinen Handflächen, den ich an meiner Hose versuchte abzuwischen. Mein Herz pochte mir bis zum Hals, und drohte mich zu ersticken. Ich konnte es nicht.
Alles in mir schrie ›hau ab, such das Weite‹, doch ich folgte Kyel, der Anthony folgte. Am Ende saß ich neben meinem Rechtsanwalt und kämpfte gegen die Erinnerungen und Tränen an.
Wie in Trance, in Zeitlupe bekam ich alles mit. Es war wie ein Déjà-vu der letzten Verhandlung, nur dass es mir diesmal nicht so übel war. Wie konnte es auch? Immerhin hatte ich vorhin meinen gesamten Mageninhalt, der nur aus Kaffee bestand von mir gegeben.
Kyel trat, bevor er sich auf seinen Platz setzte auf mich und überreichte mir einen Becher mit Wasser aus dem Spender, der im Flur für die wartenden Personen aufgestellt worden war. Dankend nahm ich es an und trank den Becher in einem Zug leer. Es war erfrischend, doch brachte es nichts, denn mein Mundinnenraum fühlte sich immer noch staubtrocken an.
Ein paar Minuten mussten wir warten, bis der Gerichtsdiener den Richter ankündigte und als dieser auf seinem Stuhl saß, blickte ich zu einer separaten Tür und wartete, bis sie geöffnet wurde. Doch da passierte nichts und die Verhandlung wurde eröffnet.
Mein Anwalt trat vor und begann mit seinem Eröffnungsplädoyer. Er leierte seinen Text runter und je länger er über meine Misshandlungen und Gefangenschaft sprach, umso mulmiger wurde es mir. Die Geschworenen starrten mich die ganze Zeit an. Wie gerne würde ich aus ihren Gesichtsmimiken lesen können, was sie dachten. Wie sie mich sahen. War ich in ihren Augen selbst schuld? Oder unschuldig? Oder sahen sie mich als jemanden an, der es darauf angelegt hatte oder einfach nur das arme Opfer.
Als mein Anwalt fertig war, setzte er sich wieder neben mich.
Der Richter hatte sich ein paar Notizen gemacht und sagte schließlich.
»Bevor wir den Ankläger Mr. Sascha Fleischhauer in den Zeugenstand rufen, hören wir uns erst die Aussage vom Angeklagten Nigel Clancy an!«
Mir wurde schlecht.
Wenn ihr wollt, schaut mal da vorbei: http://buecher-bilder.jimdo.com/ wir freuen uns auf euer Besuch.
Ich hielt die Luft an, als die Seitentür, die sich neben der Eingangstür des Richterzimmers befand, geöffnet wurde und ein hochgewachsener Mann mit leicht grau meliertem Haar in den Saal geführt wurde. Zuerst hielt er seinen Blick gesenkt. Es hatte den Anschein, dass er seine Taten an Sascha und an all den anderen Menschen die er in den letzten zwei oder drei Jahrzehnten verübt hatte, bereute. Doch dann, und es war, als ob er genau wusste, wo Sascha saß, hob er seinen Kopf und blickte ihn mit für mich arroganten, herablassenden und süffisanten Ausdruck an. Als wenn er Sascha mit nur einem einzigen Blick zerbrechen wollte.
Sascha fing zu zittern an, doch er hielt den Blickkontakt stand. Nicht für lange und er schaute zu seinem Anwalt, der ihm aufmunternd zunickte. Clancy grinste breiter. Er war sich seines Sieges sicher und ich hoffte, die Geschworenen ließen sich nicht von ihm einlullen. Denn das war seine Stärke. Seine unverkennbare Stärke. Geistig Schwache mit Gestik, Mimik und ruhiger sanften Stimme, um den Finger zu wickeln. Egal, ob es für einem eine Lüge war. Clancy konnte eine Lüge in eine Wahrheit ändern und der Betroffene bekam davon nichts mit. Aber Sascha war nicht schwach. Körperlich war er vielleicht kein Bodybuilder oder ein Profi Athlet, aber er war geistig stark.
Ich glaubte an ihn, ich vertraute ihm, denn nicht einmal ich, konnte ihn unterjochen, obwohl ich das am Anfang gerne getan hätte. Er hatte sich von mir nicht einlullen lassen.
Der Ankläger las die Anklageschrift vor und danach begann die Strafverteidigung mit ihrem Plädoyer. Clancy der im Zeugenstand saß, ließ Sascha nicht aus den Augen und jedes mal, wenn sich ihre Blicke trafen, wurde Sascha weißer.
Das Gehörte und Clancys Haltung machten es Sascha sehr schwer.
Nachdem die Verteidigung fertig war, wandte sie sich zu Clancy und fragte ihn.
»Mr. Clancy, Sie bestanden darauf, ihre eigene Aussage zu machen und erst danach, die für den Prozess notwendige Fragen zu beantworten. Ist das korrekt?«
»Ja, das ist korrekt.«
»Gut! Dann würde Sie bitte Ihre Aussage abgeben.«
»Ich danke Ihnen.« Danach legte er eine obligatorische Pause ein. Wandte seinen Blick von Sascha zu den Geschworenen, bevor zu sprechen anfing.
»Sascha Fleischhauer, war, nein ist mein ein und alles. Ich verstehe nicht, warum ich hier bin? Ist es denn verboten, jemanden zu lieben?« Er schaute mich an, dann atmete er tief ein. »Ja ist es wohl!«, beantwortete er seine Frage selbst. »Vor allem, wenn sich jemand dazwischen drängt, der alles mit Geld kaufen kann, so auch meinen geliebten Sascha. Sascha hat sich von ihm kaufen lassen, obwohl wir so glücklich waren. Aber was konnte ich ihm denn schon bieten, außer meine Liebe. Nichts.« Er schüttelte den Kopf und legte wieder eine Pause ein. »Ich hatte nichts, nur mein Herz, das ich verschenken konnte. Ich konnte Sascha nichts geben, nicht so wie Kyel Kastner. Er hat eine Villa, eine gut gehende Firma, Kreditkarten voll mit Geld, Autos, ach was rede ich da. Fakt ist, dass ich Sascha an diesem Mann verloren habe, der mit seinen Dollarscheinen um sich wedelt und Sascha ist darauf reingefallen.« Tief atmete er ein und es schien, als ob er innerlich zitterte und er presste sich sogar eine Träne aus.
Sein Verteidiger wollte aufstehen und Clancy sprach einfach weiter.
»Es ist schade, das es so kommen muss, mein Sascha, aber mir bleibt keine andere Wahl. Kyel Kastner hat Sascha fest in der Hand. Mit einem Vertrag hat er ihn an sich gebunden. Ja, mein Sacha ich weiß es, du brauchst nicht so überrascht zu schauen. Und es tut mir leid, dass ich nicht mehr länger schweigen kann. Ich weiß, dass wir einen Deal hatten, aber ich kann mit dieser Bürde nicht mehr leben.«
Was hatte dieser Arsch vor? Ich schaute zu Sascha, der nun sichtlich zitterte und mit sich rang. Er war dabei, aufzuspringen um dieses Monster die Meinung zu Geigen, doch sah ich auch, das sein Anwalt ihm am Bein berührte und ihn somit beruhigte. Ich musste in mich schmunzeln. Wie Anthony vorhergesagt hatte, wollte Clancy Sascha aus der Reserve locken, mit seiner Art, wie er Sascha für sich eingenommen hatte, um die unausgesprochenen Tatsachen zwischen ihnen an die Öffentlichkeit zu bringen.
Als Sascha keine Reaktion zeigte, versteinerte sich Clancy Gesicht und der Richter klopfte mit dem Richterhammer auf sein Pult. Jeder der Anwesenden erwachte wieder in die Realität, aber mit einer eigenen bleibenden faszinierenden oder abschreckenden Meinung, gegenüber Clancy.
»Nun, wie ich sehe, sind Sie mit Ihrer Aussage fertig, Mr. Clancy?«, meinte der Richter.
»Nein, keineswegs ...«
»Doch, das sind Sie!« Und wieder hämmerte er auf seinem Pult. »Bitte Mr. Gray würde Sie bitte Fortfahren!« Saschas Anwalt stand auf und tippte ein paar Mal auf einem Zettel. Danach trat er vor und verschränkte seine Arme am Rücken. Etwas länger als gewohnt musterte er Clancy.
»Mr. Clancy, das war eine fantastische Geschichte, die Sie uns glauben wissen lasse wollen. Sie hätten Schriftseller werden sollen.«
»Einspruch!«
»Stattgegeben!« Der Anwalt lächelte, als ob er nichts anderes erwartet hatte und die Faszination wich nun endgültig von den Geschworenen.
»Nun Mr. Clancy ist es nicht so, dass Sie Sascha Fleischhauer mit vorgetäuschten Tatsachen ins High Skills gelockt hatten, ihn mit KO Tropfen betäubten und mit ihm, während seiner Bewusstlosigkeit bereits schon den Akt des Geschlechtsverkehrs vornahmen?«
»Das wollte Sascha so! Es ist unser Spiel!«, rief Clancy dazwischen obwohl er nur ja oder nein hätte sagen müssen. Nach meines Erachtens war das bereits ein riesen Fehler seitens von ihm.
»So ist es das? Aber Tatsache ist, dass Sascha gedacht hatte, dass es sich um Kyel Kastner handelte, der ihn mit einer SMS ins High Skills geladen hatte.«
»Quatsch! Er wusste es von anfang an, dass ich es bin!«
»Wirklich?« Der Anwalt drehte sich zu einem Tisch, auf denen diverse Beweismittel lagen. Er griff zu einem Handy und hielt es hoch.
»Beweisstück 16A328. Sascha Fleischhauers Handy.« Danach ging er zu einem bereitgestellten Laptop und steckte das Handy an. Sofort flimmerte die weiße Leinwand, die eigens für die Verhandlung aufgestellt worden war auf.
Mein Blick allerdings wanderte zu Clancy, der in sich hineingrinste, dass mir ebenfalls zum Grinsen verleitete. ›Clancy, du unterschätzt wohl deine ehemaligen Kollegen. Auch wenn du die SMS und alles was auf dich schließt, hervorragend gelöscht hast, hängst du der Technik jetzt ganz schön hinterher. Irgendwann lässt das Gehirn das Neue nicht mehr zu.‹
»Hier haben wir es!« Sagte der Anwalt und nahm sich einen Zeigestock. »Darf ich die Geschworene bitten ihr Augenmerkmal auf diesen Namen zu richten. Für´s Protokoll. Der Name dieser abgeschickten SMS lautet Kyel Kastner.« Er trat an den Tisch zurück und hielt einige Zettel hoch. »Hier meine Damen und Herren, haben wir den Beweis, dass Mr. Clancy das Handy von Kyel Kastner gehackt hatte, um diese Nachricht abschicken zu können. Beweisstück 23Z14 und hier das Handy von Mr. Kastner. Beweisstück 16A329.«
»Nun, worauf wollen Sie hinaus? Das Handys gehackt werden können ist jedem klar. Haben Sie Beweise, das es mein Mandat gewesen ist?«, fragte Clancys Anwältin.
»Das, verehrte Verteidigung, hat Mr. Clancy bereits bestätigt.« Er trat an den Schriftführer und las das Gesagte vor.
»Das wollte Sascha so. Es ist unser Spiel!« Er wiederholte es.«
»Einspruch! Der Ankläger versucht die Geschworenen zu beeinflussen!«
»Ich sehe hier keine Beeinflussung. Bitte fahren Sie mit Ihrer Befragung fort, Mr. Grey!«
»Sehr wohl. Mr. Clancy, können Sie dem Gericht bitte erklären oder beschreiben, wann und wo Sie Sascha Fleischhauer kennengelernt haben.«
»Einspruch! Es ist allgemein bekannt, dass Mr. Clancy Saschas Fleischhauers Klassenlehrer war.«
»Das mag schon sein, aber das war nicht meine Frage!«
»Worauf wollen Sie hinaus?«, fragte der Richter.
»Ich möchte gerne klarstellen, ob die sogenannten gegenseitige Gefühle, die Mr. Clancy angesprochen hat, bereits von Anfang an bestanden oder ob sie eher einseitiger Natur waren.«
»Stattgegeben. Mr. Clancy beantworten Sie die Frage.«
»Ich lernte Sascha kennen, als er ungefähr zehn Jahre war. Die Familie Fleischhauer hatten einen Privatlehrer gesucht, der ihren Kindern in Englisch unterrichtete.«
»Ihren Kindern?«
»Ja, Sarah Fleischhauer und Sascha Fleischhauer.«
»Und wie lange haben Sie die Kinder unterrichtet?«
»Nicht sehr lange. Sarah unterrichtete ich knapp einen Monat.«
»Und Sascha?«
»Nur ein mal!«
»Ein Mal? Wie das?«
»Er konnte sich bereits gut in Englisch verständigen. Was man bei Sarah nicht behaupten konnte. Sie konnte sich damit einfach nicht zufriedengeben, dass sich ihre Eltern in Amerika ein neues Standbein aufbauen wollten.«
»Ist das so? Laut Aussage von Loren Fleischhauer, waren Sie den Kindern nicht geheuer und die Eltern daraufhin gezwungen waren, den Privatunterricht zu kündigen.«
»Nein, ich hatte ein Verhältnis mit Loren Fleischhauer und ihr Mann ist dahinter gekommen, das was zur Folge der Kündigung führte.«
»Ist das Ihre korrekte Aussage?«
»Ja!« Der Anwalt wandte sich ab und trat an den Tisch, an dem Sascha saß.
»Mr. Clancy ist es nicht so, dass ihr Verhältnis mir Loren Fleischhauer erst ein paar Wochen, nachdem Sie gekündigt wurden, zustande kam?«
»Nein!«
»Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass Sie unter Eid stehen. Bleiben Sie bei Ihrer Aussage?« Er holte einen Zettel aus seinem Ordner und hielt ihn hoch.
»Darf ich dem Vorsitzenden um die Erlaubnis bitten, diesen Schriftzug als darlegendes Beweismittel aufzunehmen!«
»Einspruch, ein nicht zugelassenes Beweismittel, beeinflusst den Verhandlungsverlauf.«
»Dies ist die Aussagen von Markus Fleischhauer, dem geschiedenen Ehemann von Loren Fleischhauer und damaligen Erziehungsberechtigten von Sascha Fleischhauer.«
»Bringen Sie mir das Beweisstück!« Der Richter las sich das Dokument durch und wandte sich an Clancy.
»Ich weise Sie noch Mals darauf hin, dass Sie unter Eid stehen. Einen geleisteten Meineid kann bis zu 15 Jahren geahndet werden.« Clancy hob die Hände und nickte nur. »Gut ich nehme diesen Schriftzug als Beweismittel Aktenzeichen C019 auf. Mr. Clancy wiederholen Sie Ihre Antwort auf die Frage, wann das Verhältnis mit Loren Fleischhauer begann.«
»Tut mir leid, ich kann mich nicht mehr an den Tag erinnern. Aber Loren war eine Granate.«
»Keine weiteren Fragen.« Nun begann die Verteidigung mit ihrer Befragung und Clancy wurde plötzlich das Opfer. Wäre ich ein Geschworener, hätte ich ihn schon lange durchschaut, leider konnte ich in ihren Gesichtern nichts lesen. Vielleicht war es sogar gut so, dass ich es nicht schaffte, denn ich war innerlich total aufgewühlt. Am liebsten würde ich ihm an die Gurgel gehen und einfach zudrücken.
»Noch einmal zurück zu Ihrer Aussage ...« Shit, ich war mit meinen Gedanken ganz woanders und hatte nichts mehr mitbekommen. »... Sie hatten ausgesagt, dass Mr. Fleischhauer und Mr. Kastner einen Vertrag haben. Um welchen Vertrag genau handelt es sich genau?«
»Um einen Master/Sub Vertrag ...« Mein Herz blieb von einer Sekunde auf die nächste stehen. Ich sah Clancys Gesicht wie aus einem Tunnel scheinen und seine Worte halten pochend wie mein Pulsschlag, den ich in meinen Schläfen spürte in meinen Eigenweiden wieder.
»Können Sie es bitte genauer beschreiben, was genau dieser Vertrag zu bezwecken hat.«
»Es ist ein Sexvertrag, in dem genau beschrieben steht, wie sich ein Sklave zu verhalten hat.«
»Einspruch!«, ging Saschas Anwalt dazwischen.
»Es ist äußerst notwendig, die private Natur von Sascha Fleischhauer zu erkunden und wie das Verhältnis zwischen meinem Mandanten und Mr. Fleischhauer zustande kam.«
»Einspruch stattgegeben. Diese Einsicht ist irrelevant.«
»Ich denke, das es sogar sehr relevant ist. Ist es nicht so, dass Kyel Kastner vor laufender Kamera in einer Seitenstraße in aller Öffentlichkeit mit dem Ankläger Sex auf der Motorhaube hatte. Welcher Mensch tut so was schon? Nur einer der seinem Herrn und Gebieter gehörig ist.«
»Einspruch, dies beruht auf Tatschen, die erst wenige Wochen alt sind und nichts mit Mr. Fleischhauers Entführung, Freiheitsberaubung, körperliche und geistige Misshandlungen und auf bestialische Weise den Zwang zum Geschlechtsverkehr basieren. Kennen Sie die Anklagepunkte Ihres Mandanten denn nicht.«
»Einspruch stattgegeben!«
»Ist es dann nicht so, dass kaum ein Tag später in den Medien die angebliche Verlobung kursierte, damit diese sexuellen Neigungen zwischen dem hoch angesehenen Geschäftsmann Kyel Kastner und Sascha Fleischhauer unter dem Tisch gekehrt werden ...«
»Einspruch!«, rief Saschas Anwalt nun energischer.
»Haben Sie noch mehr solche Fragen, die ins Nichts führen Mrs. Baker?«, fragte der Richter die Verteidigung und Clancys Anwältin wurde etwas blass. Wahrscheinlich wurde ihr bewusst, dass sie bereits einen verlorenen Kampf bestritt. So sah es zumindest für mich aus.
»Wie gesagt, Einspruch stattgegeben. Dies geschah viele Monate später und hat mit diesem Fall nichts zu tun!«, ging der Richter noch einmal dazwischen.
»Es ist äußerst wichtig, die sexuelle Neigung des Anklägers zu ergründen, damit wir uns einen Einblick darin verschaffen können.«
»Nun Mrs. Baker, was halten Sie davon, den jungen Mann selbst zu befragen. Wie ich es sehe, laufen wir hier im Kreis und kommen auf keinen Nenner.«
»Ich bin mit Mr. Clancy noch nicht fertig.«
»Dann fahren Sie fort und kommen Sie bitte endlich zum Punkt.«
»Ja Sir! Mr. Clancy, Sie sagten aus, dass Sie Sascha lieben.«
»Ja!«
»Dann können Sie uns doch etwas über Sascha erzählen?«
»Sicher kann ich das!«
»Bitte tun Sie das!«
»Was wollen Sie wissen?«
»Alles!«
»Wo fange ich an? Sascha ist mir bereits schon sehr früh aufgefallen, doch er war noch zu jung und wusste von der großen weiten Welt nichts.« So fing Clancy an, alles, aber auch wirklich alles von Sascha zu erzählen und je mehr er von ihm preisgab, umso ruhiger wurde Sascha. Es hatte sogar den Anschein, dass er ab und an schmunzelte. Sich hin und wieder mit seinem Rechtsanwalt unterhielt, der wieder rum etwas auf einen Zettel schrieb.
Irgendwann wurde es wohl dem Richter zu langweilig, aber Deal war eben Deal, das Clancy alles erzählen durfte, bis, das der Richter der Meinung war, die nächsten Zeugen aufzurufen. Ich hingegen bewunderte Sascha. Er hatte wieder Farbe im Gesicht und seine ganze Haltung hatte sich gefestigt. Nie im Leben konnte ich mir vorstellen, was in der letzten halbe Stunde in ihm vorging. Von Zitteranfälle, bis hin zu Übelkeit. Zeitweise hatte er geschwankt, als ob er kurz vor einem Kreislaufkollaps stand, und dann wieder war seine Haltung komplett angespannt, doch nun ... schien es, als ob er auf einer Couch saß und eine Serie im Fernsehen ansah. Nichts deutete darauf hin, dass Sascha den Boden von den Füßen verlor. Er schien von Sekunde zu Sekunde stärker zu werden.
»Ist das wahr?«, wurde Sascha vom Anwalt gefragt.
»Natürlich, aber fakt ist, dass es außer Clancy nur noch einer davon weiß. David. Vielleicht noch die Polizei, wenn sie damals die Fingerabdrücke von Sue´s Auto genommen haben.«
»Das ist interessant und wer ist dieser Kilrian Ford, den Clancy angesprochen hat.«
»Gott, von ihm habe ich schon lange nichts mehr gehört. Ich frage mich, woher er meinen Schulfreund aus Deutschland kennt? Wir gingen bis zur vierten Klasse zusammen in die Schule. Danach bin ich nach Amerika ausgewandert und er ging auf ein deutsch-englisch Internat. Das ist das letzte Wissen von ihm.«
»Vierte Klasse? Wie alt waren Sie beide?«
»Zehn, knapp elf. Kil ist etwas älter.«
»Verstehe! Jetzt müssen Sie stark sein, Clancy ist bei Ihrer Entführung angelangt«, hörte ich Saschas Anwalt, bevor der Richter eine Pause einberief, die wir alle bitter nötig hatten. Ganz besonders Sascha.
5 Sascha:
Ich konnte es nicht fassen, was Clancy von sich gab. Er stellte es tatsächlich so hin, dass ich ihn dazu ermuntert haben sollte, mich zu entführen und zu vergewaltigen.
Mir fiel auf, dass Mr. Gray mein Anwalt, während der ganzen Erzählung von Clancy keinen Einspruch erhob, sondern die Geschworene beobachtete oder sich Notizen machte. Hin und wieder fragte er mich über etwas, was Clancy erwähnt hatte aus und kreiste oder unterstrich eine Notiz. Er war sehr ruhig und diese Eigenschaft übertrug sich auf mich. Mr. Gray half mir nicht auszurasten oder etwas zu sagen, was für mich belastend sein könnte.
Im Vorfeld erklärte mir Mr. Gray, dass alles, während Clancy im Zeugenstand saß, geschah, äußerst wichtig für mich war. Dass die Geschworene, seine Anwältin und sogar der Richter mich beobachteten, wie ich mich verhielt.
Dankend nahm ich das Trinken, das Kyel mir brachte entgegen und nahm einen kräftigen Schluck.
»Das ist wirklich harter Tobak«, meinte Kyel.
»Das ist noch gar nichts Mr. Kastner. Das Schlimmste steht Mr. Fleischhauer noch bevor.«, wandte Mr. Gray ein und verließ den Aufenthaltsraum. Ich blickte zu Kyel hoch, der mich etwas abwesend musterte.
»Sascha ich bitte dich. Sag alles. Ich weiß, dass du mir vieles verschwiegen hast, aber bitte hier nicht.«
»Bis jetzt verlief alles gut. Clancy ist mit seinen Argumenten am Ende. Dass was ihm am Ende aus der Bahn geworfen hat, bevor der Richter die Pause angeordnet hat, war, das Saschas Anwalt keinen Einspruch mehr eingelegt hatte. Das war von Mr. Gray ein guter Schachzug«, sagte Anthony, der mit Loris in den Aufenthaltsraum kam.
»Wie meinst du das?«, fragte ich.
»Ganz einfach, weil Nigel darauf bestand als erster auszusagen, als Erstes seine Version der Geschichte zu erzählen, fing er langsam an, unbewusst, sich in seine Lügen zu verstricken. Du hast doch bestimmt gesehen, dass Mr. Gray Notizen gemacht hatte?« Ich nickte. »Diese Notizen wird er gegen Clancy verwenden, in dem er dich diese Fragen beantworten lässt, obwohl er die Antwort bereits kennt. Ihr habt euch doch unterhalten?« Wieder nickte ich und Anthony zwinkerte mir zu. »Diese Notizen waren alle ein Einspruch«
»Du meinst ...«
»Ja genau, durch des, dass er keinen Einspruch erhob, hat er die Aussage von Nigel indes beschleunigt, indem es den Geschworenen zu langweilig wurde, weil keine Action da war. Nigels Anwältin konnte auch nichts dagegen tun, weil Gray nichts getan hat und Fragen auf Aussage zu stellen, die bereits durch Clancy beantwortet wurden, war für Mrs. Baker sinnlos. Also musste abgewartet werden, bis der Richter eine Pause einberief.«
Langsam verstand ich Grays Vorgehensweise. Es war wie bei Schach. Er hatte seine Figuren bereits so gestellt und es bedarf nur noch einen Schritt und Clancy war Schach Matt.
»Ich kann dir sagen, wie es weiter geht. Clancy wird nach der Pause noch einmal in den Zeugenstand gerufen, dann wird der Richter fragen, ob noch Fragen vorhanden sind, wenn keiner ja sagt, wird Clancy aus dem Zeugenstand entlassen. Clancy wird sich weigern, weil er mit seiner Ausführung der Geschichte nicht fertig ist. Der Richter wird dies ablehnen und Clancy darauf hinweisen, wenn er sich nicht ordnungsgemäß verhält, ihm eine Ordnungswidrigkeitsstrafe auferlegt wird, dies wird den Geschworenen wieder etwas zu denken geben. Weil es dann schon das zweite Mal ist, das der Richter Clancy ermahnt. Inzwischen schätze ich, dass es für dich 5:3 steht.«
Nun das half mir gar nichts, obwohl ich mich stark und gefestigt gab, war ich innerlich so aufgewühlt, als ob jeden Moment ein Tornado durch das Gerichtsgebäude fegen würde.
Kyel setzte sich neben mich und nahm mich in die Arme. Gab mir einen zärtlichen Kuss auf die Stirn und seine Lippen wanderten zu meine. Ich öffnete sie und seine weiche warme Zunge schlüpfte hinein. Auch wenn es nun ein unmöglicher Ort war, so wünschte ich mir mehr. Danach legte er seine Stirn an die meine.
»Du schaffst das. Ich bin bei dir.«
»Nicht ganz Mr. Kastner, Sie gehen als Nächstes in den Zeugenstand.« Erschrocken blickte er zu meinem Anwalt und nickte.
»Na dann ...«
»Jetzt heißt es für dich, nichts zu verheimlichen. Sag alles, okay?« Kyel nickte und gab mir wieder einen Kuss.
Zusammen gingen wir zurück in den Gerichtssaal und setzten uns auf unserer Plätze. Mein Anwalt zeigte mir, mit welchen Fragen er Kyel ausfragen wollte und ich atmete tief ein.
»Ist das wichtig?«
»Ja, denn die Geschworenen haben sich darauf versteift und wollen es aus seinem Mund hören.«
Ich rieb mir die Augen und der Gerichtsdiener meldetet den Richter an. Alle standen auf und als der Richter saß, setzten wir uns wieder.
Es verlief genauso ab, wie Anthony es vorausgesagt hatte und Clancy war darüber gar nicht einverstanden. Er wollte, dass Mr. Gray oder Mrs. Baker ihn weiter mir Fragen bombardierten, damit er sein Gesagtes beliebig revidieren konnte umso die Geschworenen zu verunsichern und sie für sich einzulullen.
Die Verhandlung ging weiter und Kyel saß im Zeugenstand. Er wurde belehrt und schwor darauf. Ich sah, wie er tief einatmete und sich auf die kommenden Fragen einstellte. Jeder würde nun denken, er war die Coolnis. Nichts konnte man an seiner Mimik erkennen, aber ich. Ich kannte ihn, vielleicht sogar besser als es seinen Eltern taten, die ein paar Bänke hinter mir saßen.
»Mr. Kastner, 33 Jahre, hier in dieser Stadt ansässig. Besuchte in einem Zeitraum von zwei Jahren die Universität des Ärzteverbands, dass Sie abbrachen, danach absolvierten Sie ein Jurastudium, das sie ebenfalls abbrachen. Ihr Vater ein Rohstoffabbauer, der nun seine Altersvorsorge genießt und ihre Mutter. Nun sie lebt den Status Mutter eines reichen Sohnes aus.«
»Einspruch! Was haben Mr. Kastners Eltern damit zu tun.«
»Laut Mr. Clancy lebt Mr. Kastner ein etwas ungewöhnliches Sexualleben aus. Ich will nur ...«
»Einspruch stattgegeben. Mrs. Baker bringen Sie bitte nutzbare Fragen an.«
»Jawohl Sir. Wurden Sie von ihrem Vater sexuelle missbraucht?«
»WAS?«, rief Kyel und ich drehte mich zu seinem Vater um. Er rieb sich die Augen und flüsterte Janet etwas zu.
»Beantworten Sie bitte die Frage Mr. Kastner!«, fordert der Richter ihn auf.
»Nein!«
»Wurden Sie jemals sexuell misshandelt?«
»Nein!«
»Natürlich nicht. Sie sind einer, der misshandelt.«
»Einspruch!«
»Ist es nicht die Tatsache, dass Sie als Mr. Veritas in der einschlägigen Szene unterwegs sind! Als sogenannter Master« Ignorierte Mrs. Baker den Einspruch.
»War! Mrs. Baker. Ich war unter diesen Namen unterwegs. Ja. Ist das ein Verbrechen?« Irgendwie schien Mrs. Baker aus ihrem Konzept gekommen zu sein. Sie hatte wohl mit einem nein gerechnet und überlegte sich ihre nächste Frage.
»Können Sie uns etwas darüber erzählen?«
»Ich denke, das hat Mr. Clancy schon zu genügend erörtert. Nur mit einer Tatsache, das, ich im Gegensatz zu ihm, meine Sklaven nicht vergewaltigt habe. Sie müssen verstehen, dass derjenige der den Part des Masters übernimmt, im eigentlichen der Sklave ist.«
»Ach, der Master soll der Sklave sein? Wie soll ich das denn verstehen?« Nun lächelte Kyel dieses spezielle Lächeln, was ich gerne süffisant nannte und dieses Lächeln nur mir gehörte.
»So wie ich es sage. Der Master darf nicht weitergehen, als wie es sein in die Hände gelegter Partner oder Partnerin erlaubt. Alles was darüber hinausgeht, gleicht einer Verletzung der Menschenwürde, Vergewaltigung Mrs. Baker. Das was Mr. Clancy meinem Verlobten angetan hat.«
»Sind Sie und Mr. Fleischhauer Master und Sub?«
»Nein, sind wir nicht!«
»Wären Sie es gerne?«
»Wenn Sascha es zulässt!«
Die Wahrheit. Das war mir persönlich etwas zu viel der Wahrheit und ich blickte verstohlen zu den Geschworenen. Die Frauen konnten ihren Blick nicht von Kyel nehmen und ich sah auch so zwei, drei Männer, die ihn schmachtend ansahen. Der Rest versuchte das Gesagte zu verdauen oder wohl eher zu verstehen und ich schaute wieder zu Kyel. Kurz trafen sich unsere Blicke und ich spürte, wie mir das Gesicht heiß wurde, als es mir schlagartig bewusst wurde. Veritas. Veritas war die lateinische Bezeichnung für Wahrheit. Warum hatte Kyel diesen Namen gewählt?
Warum wurde es mir anders? Mir wurde schwindlig ...
»Zähle!«, hörte ich ihn an meinem Ohr flüstern und gleichzeitig spürte ich seine Hand an meinem Schwanz. Clancy trat einen Schritt zurück und kaum, dass ich ihn im Blickfeld hatte, sauste das Leder auf meine Haut. Ich hatte mich an meiner Spucke verschluckt und brachte die eins nicht heraus. Er forderte mich nochmals auf und als sich mein Husten immer noch nicht beruhigt hatte, trafen mich fünf Hiebe kurz hintereinander. Mir blieb die Luft weg. Ich konnte nicht schreien, nicht husten und ich hatte das Gefühl zu ersticken. Meine Kehle brannte und ich spürte, wie mir die Tränen den Wangen hinab liefen und ich erkannte die volle Wahrheit.
»Wie meinen Sie es, wenn Sascha es zulässt. Sie sind doch ein Master! Ihr Sub hat nicht zu wollen, nur zu befolgen ...« Ich kam aus meiner Erinnerung heraus und sah, wie Kyel den Kopf schüttelte.
»Wie ich bereits sagte, Sascha ist kein Sub.«
»Nicht? Wie erklären Sie sich, ihren Ausschweif auf der Motorhaube?«
»Einspruch. Dies wurde bereits ...«
»Ja, ja. Dann anders. Ist es nicht so, dass Mr. Fleischhauers geheimen Wünsche erst durch meinen Mandaten erwacht sind?«
»Das ist wohl ein Witz!«, rutschte es aus Kyel und die Anwältin grinste etwas.
»Gibt es einen Vertrag, zwischen ihnen?«
»Nein!«
»Was wollen Sie dann von einem einfachen Jungen aus der Mittelschicht, wenn er Ihnen nichts bieten kann? Wenn es nicht um Sex im SM Bereich geht.«
»Einspruch.«
»Abgelehnt! Mr. Kastner beantworten Sie die Frage!«
»Es mag wohl banal klingen. Ich liebe Sascha ...«
»Ach und das meinen Sie ernst? Warum kommen Sie darauf, das Sie etwas für Mr. Fleischhauer empfinden, das vielleicht annähernd, so etwas wie Liebe sein könnte?«
»Was hat diese Frage zu bedeuten? Soll ich jetzt genauso, wie Mr. Clancy meine Liebe für Sascha bezeugen. Wir sind nicht hier um herauszufinden, wer Sascha als Erstes lieb gewonnen hat und wer das Vorrecht auf ihn hat, den keiner hat, denn er wählt selbst, sondern, damit Nigel Clancy für seine Tat die er an Sascha begangen hat, seine gerechte Strafe erhält.«
Mein Anwalt drehte sich zu mir.
»Das war gut. Kyel hat die Gunst der Geschworenen auf sich gezogen.« Mir brachten aber die guten Worte nicht, denn mir war heiß. Sehr heiß sogar und ich hatte alle Hände damit zu tun meine Erektion, die sich eingestellt hatte zu beruhigen.
Die Wahrheit, Kyels Wahrheit schlich sich tief in mein Herz.
Ich konnte mich nicht einmal mehr beruhigen, als ich im Zeigenstand saß und nur am Rande die Fragen hörte und beantwortete.
Nach weiteren zwei Stunden stand fest, dass Clancy in allen Anklagepunkte für schuldigbefunden wurde und er für zehn Jahre hinter Gittern kam. Allerdings standen ihm noch andere Prozesse wegen Mord und wie bei mir wegen Freiheitsberaubung und Vergewaltigung sowie den Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz bevor und Mr. Gray vermutete, das Mr. Nigel Clancy noch seine Strafe absitzen müsste, wenn er schon lange unter der Erde lag.
Heim! Nur noch nach Hause wollte ich und kaum, als wir unser Wohnzimmer betraten, fiel ich Kyel um den Hals. Er war sehr überrascht, doch dann lächelte er mich an und in seinen Augen konnte ich sehen, wie sehr er mich liebte.
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Die ganze Fragerei machte mich schier wütend. Mrs. Baker hatte von dieser Szene absolut null Dunst. Sie hätte sich informieren müssen, aber das hatte sie nicht getan. Wahrscheinlich wurde sie ebenfalls ein Opfer von Nigel. Unbewusste natürlich, denn sie zeigte keine Anzeichen, das sie gegebenenfalls eine sexuelle Beziehung zu ihren Mandaten hegte. Im Gegenteil, sie schien von ihm sogar abgeneigt zu sein und wollte wohl diesen Prozess schnellstmöglich hinter sich bringen. Aber sie war nun mal eine Strafverteidigerin und nach meinen Recherchen nach, sogar eine der besten mit.
Nachdem Clancy abgeführt worden war, sah ich, wie Mr. Gray und Mrs. Baker aufeinander zugingen und sich die Hände gaben.
»Schade, es ist nicht so ausgegangen, wie ich es wollte. Es sieht so aus, dass diesmal du den besseren Riecher gehabt hast, Ike. Zehn Jahre und nach sechs Jahren die Chance auf Bewährung. Obwohl ich sechs Jahre und dann drei Jahre auf Bewährung raushandeln wollte.«
»Luisa, dein Fehler war gewesen, dass du Mr. Kastner unterschätzt hast.«
»Nein mein Lieber, ich habe ihn nicht unterschätzt. Ich habe dich unterschätzt. In dem Moment indem du keinen Einspruch mehr eingelegt hast, wusste ich, dass ich mich auf ganz dünnes Glatteis bewegte.«
»Ach Luisa, ist es denn so gewesen? Immerhin kennst du mich und meine Strategien. Du hast Mr. Kastner vollkommen falsch eingeschätzt, das liegt daran, dass du dich über ihn nicht richtig informiert hast, oder wohl eher, dich über die Szene nicht informiert hast und du nur deinem Mandanten glauben geschenkt hast. Hat er dir vorgeheuchelt das das Verhältnis zwischen Dom und Sub nur mit einem Vertrag funktioniert und das ein Sub nichts zu melden hat? Es gibt zwar Extremen in dieser Szene, doch alles läuft auf gegenseitiges Einverständnis. In diesem Fall, war das dein schlimmster Fehler und so kenne ich dich gar nicht. Du hättest es geschafft die sechs/drei auszuhandeln, aber nicht mit solch einem schlechten Hintergrundwissen. Schade, dass ich es dir sagen muss, aber du hast dich von Clancy leiten lassen und er kennt sich absolut nicht mit der Rechtslage aus. Aber du schon. Das nächste Mal, pass bitte auf, dass dir solch ein Anfängerfehler nicht mehr unterkommt.« Er drehte sich von ihr weg, doch sogleich wandte er sich wieder um. »Bis heute Abend, Schatz und sag deiner Mutter, sie soll mich, während der Arbeit nicht immer wegen der Hochzeit anrufen. Woher soll ich wissen, wie die Tische gedenkt werden sollen? Wenn sie nach dem Brautkleid eingedeckt werden.« Mrs. Baker kicherte und nickte ihm zu.
»Bis heute Abend und ich hoffe, wir arbeiten nie wieder getrennt. Es war schwer, dich nicht fragen zu können.«
»Du hättest mich fragen können.«
»Du hättest mir keine Antworten gegeben.«
»Doch hätte ich, und zwar ... geh raus und informiere dich.«
Das war mir neu, ich mein nicht das die beiden ein Paar waren, das wusste ich bereits, denn Loris hatte mich diesbezüglich in Kenntnis gesetzt und Gedanken, dass die beiden womöglich zusammenarbeiteten kamen mir deswegen auch in den Sinn, das ich wohl nach dem Gehörten revidieren musste. Aber das was mir neu war, das Clancy angeblich eine Null in Rechtslagen sein sollte und ich blickte zu Mr. Gray. Nein ich starrte ihn an, denn Nigel Clancy kannte sich sehr wohl in den Rechtslagen aus. Vielleicht sogar besser als die beiden zusammen und ich suchte den Ausgang. Ich musste nun dringend mit Anthony reden. Doch leider war er nicht mehr anwesend, genauso wie die restlichen der SPA spurlos verschwunden waren. Na toll.
Ich rieb mir die Augen und als Sascha an mich herantrat, schlug mir sein Duft in die Nase. Wie ich diesen Geruch liebte. Wir blickten uns in die Augen und waren uns einig. Nur noch nach Hause. Keinen Abstecher in eine Bar um zu feiern, wie wir es, falls wir gewinnen würden, machen wollten.
Auf der Heimfahrt diskutierten meine Eltern ausgiebig und schimpften über Mrs. Baker, wie sie sich erdreisten konnte, solche beschämenden Fragen zu stellen. Ich wusste nicht, was beschämender war. Die Fragen, die mir gestellt wurden oder das Wissen, das meine Eltern einen riesengroßen Einblick in mein Sexualleben genießen durften. Ich atmete nur tief ein und war echt schon gewillt, auf das Gaspedal zu treten um nun wirklich sehr schnell daheim sein zu können, doch damit wäre das Problem Eltern nicht vom Tisch. Denn sie hatten sich für ein paar Tage in meine Villa eingenistet, aber obwohl, wenn ich es geschickt hinbiegen könnte, dann schliefen sie bei Loren oben auf ihrer Etage ... Kurz nickte ich meinem Täufelchen auf meiner Schulter zu. Doch wusste ich auch, dass dies wohl nicht passieren würde. Meine Eltern schliefen immer in ihrem Zimmer und wenn sie nicht in ihrem Zimmer waren, dann waren sie in der Küche oder sonst wo auf meinem Anwesen unterwegs. Auch wenn Dad seinen Ruhestand genoss, so fand er immer irgendwelche Arbeiten oder Reparaturen, die er mit Parker unbedingt erledigen musste. Und Mom? Mom hatte eine neue Busenfreundin gefunden. Janet. Die beiden konnte man schon langsam mit siamesische Zwillinge vergleichen. Die beiden saßen den ganzen Tag und wenn es sein musste auch die ganze Nacht zusammen.
Ich schüttelte den Kopf und fragte mich, wie ich auf solche Gedanken kam. Ganz ehrlich, ich wusste es nicht und ich blinzelte kurz zu Sascha.
Er war ziemlich gefasst gewesen. Wenn ich an die letzte Verhandlung dachte, als er in Ohnmacht fiel, hatte er sich ganz schön gemacht. Sascha zuckte nicht einmal zusammen, als die Frage aufkam, ob er mein Sub sei oder ob er es sein möchte. Auch sah er Mrs. Baker fest in die Augen, als sie ihm die Frage gestellt hatte, ob er mein Sub sein wollte. Er verzog keine Mimik und die Frage war ihm absolut nicht peinlich.
»Wie soll ich das denn wissen? Ich habe Monate gebraucht um Kyel wieder an mich heranzulassen ohne ihm vor die Füße zu kotzen. Ich bin schon froh, dass ich mit ihm wieder schlafen kann ohne aus dem Bett zu springen unter die Dusche zu rennen und mich mit literweise Duschgel einzuseifen, weil ich mich schmutzig, dreckig und benutzt fühle.«
»Also Nein!«, gab Mrs. Baker stattdessen die Antwort.
»Genau, nein.«
»Und sind Sie sein Sub ...?« Wieder blickte er ihr fest in die Augen.
»Nein.«
»Nein? Aber ist es nicht so, dass Mr. Kastner es Ihnen befiehlt, jetzt im Moment einen eigenen Willen zu zeigen?«
»Kyel befehlt mir gar nichts. Wie kommen Sie überhaupt darauf?« Knack, das war der Punkt und Mrs. Baker verlor wieder einen Zug in diesem Spiel, denn Sascha hielt permanent den Blickkontakt zu ihr aufrecht. Er schaute weder zu den Geschworenen, zu seinem Rechtsanwalt noch zu mir.
Dennoch sah man ihm an, dass er tierisch nervös war und ich sollte mich irren, wenn da nicht einen rötlichen Touch auf seinen Wangen war.
Dieser Touch hatte er noch, als wir im Auto saßen und er war noch da, als wir daheim in unserem Wohnzimmer waren.
Ich wollte es mir auf der Couch bequem machen, als Sascha auf mich zukam und mich zu sich runterzog.
Unsere Lippen trafen aufeinander und er drückte sich an mich. Unwillkürlich musste ich schmunzeln. Wie lange lief er damit schon rum. Bestimmt nicht seit eben und er verbot es mir auf seine weise, dies zu fragen.
Gott ich liebte ihn. Niemand konnte auch nur erahnen, wie sehr ich meinem Sascha verfallen war. Dom hin oder her. Er war es wert vergöttert zu werden und für ihn, verzichtete ich sogar auf meine dunkle Neigung. Aber meine Hoffnung gab ich dennoch nicht auf. Ihn irgendwann mal an einem Andreaskreuz gefesselt zu sehen. Seine Augen zu sehen, wie sie mich buchstäblich auszogen und ich es ihm verwehrte, weil ich ihm eine Augenbinde anzog. Zu sehen, wie seine Haut darauf reagierte, wenn ich mit einer Feder darüber strich. Seine Gänsehaut zu betrachten und das hoffnungsvolle Warten seines Schwanzes, endlich von mir berührt zu werden.
Warum musste dieser Arsch dazwischen kommen und mir dies versauen. Sascha würde sich nun durch sein Erlebtes mir nie richtig öffnen können. Es würde nicht einmal funktionieren, wenn er es wollte. Aber Mitleid war hier fehl am Platz, Sascha war nie der Typ dafür, sich unterzuordnen, geschweige denn als Sub sein Sexualleben auszuleben. Als ein sehr sanftmütiger Dom, falls so was überhaupt gab, ja, das konnte ich mir vorstellen. Dennoch schüttelte ich das Bild ab. Es war einfach ... trotz alledem nicht vorstellbar, Sascha mit schwingender Peitsche. Der Kuss den Sascha mir gab, war nur kurz und doch so intensiv. Wir ließen voneinander los und Sascha sagte, dass er unter die Dusche ging. Ich selbst überlegte, ob ich noch etwas fernseh oder ins Bett ging und ich entschied mich fürs zweite.
»Ich bin froh, dass es vorbei ist«, fing Sascha an, nachdem er aus der Dusche kam und zu mir ins Bett kroch.
»Ich auch«, murmelte ich und nahm ihn in meine Arme. Sanft platzierte ich Küsse auf seine Stirn und war mit meinen Gedanken woanders.
Ich wurde das Gefühl nicht los, dass wir es nicht komplett ausgestanden hatten und wir in naher Zukunft, wieder mit ihm zu tun bekommen.
Als Sascha eingeschlafen war, setzte ich mich an meinem Laptop und rief Anthony an. Ich teilte ihm meine Sorge mit, die er mit einer Handbewegung abtat und mir vergewisserte, dass Nigel Clancy im best bewachten Hochsicherheitstrack seine Strafe absaß.
Es war einfach zum Haareraufen. Ich saß über meinem Abschlussreferat und Mom hatte nichts Besseres zu tun, als sämtliche namhafte Designer zu kontaktieren um mit ihnen einen Termin auszumachen.
»Mom, es ist nur eine Verlobung. Ich heirate nicht.« Sofort legte sie auf und drehte sich zu mir um. Zog theatralisch die Luft ein, ich möchte zu gerne wissen, woher sie das Getue hatte und fing zu poltern an. Von wegen und das viele Reporter anwesend sein werden, der Bürgermeister, wenn nicht sogar der Präsident. Okay, ich spulte das Gehörte noch einmal zurück und fragte sie.
»Der Präsident? Übertreibst du da nicht?« Sie schaute mich an, dann setzte sie sich zu mir an den Küchentisch.
»Ach Schatz. Es ist ja nicht so, dass du jemanden heiratest der nicht mit an der obersten Spitze, der ersten zehntausend steht. Du heiratest Kyel Kastner, der sozusagen noch bekannter wie der Präsident ist.«
»Mom, er ist nur ein erfolgreicher Geschäftsmann, was anderes ist er nicht. Er ist nicht der Präsident und so bekannt ist er auch nicht.«
»Natürlich nicht. Er ist nur öfters im Fernsehen zu sehen als der Präsident. Empfängt hier Auszeichnungen oder eröffnet da irgendwelche Hilfsorganisation. Sascha, Schatz, Kyel ist nicht irgendein namenloser Mensch. Er steht mit beiden Beinen komplett in der Öffentlichkeit.«
»Aber ich heirate ihn, irgendwann, und nicht die Öffentlichkeit.« Sie stand auf und wählte die Nummer erneut.
»Wenn du Kyel heiratest, dann heiratest du auch alles, was mit ihm zu tun hat. Dazu gehört auch leider die Öffentlichkeit und andersherum verhält es sich genauso. Kyel will dich heiraten, weil du die Geborgenheit bist und die Normalität, die er braucht, um auf dem Boden zu bleiben ...«
»Das ist es ja. Ich will ich bleiben und nicht ein Vorzeigemodell alla Madam Tada.«
»Das bist du nicht. Du siehst doch, das Kyel dich aus der Öffentlichkeit heraushält ...« Hatte man ja gesehen, doch diesen Sarkasmus schüttelte ich sofort wieder ab. Kyel war unvorsichtig gewesen und ich hatte ihn auf irgendeine Art provoziert. Wenn ich es zurückdrehen könnte, so würde ich es nicht anders machen. »... aber du verlobst dich nun mal mit ihm und die Presse hat davon Wind bekommen, also bitte, nur dieses eine Mal ...« Sie hob einen Finger an den Mund und sofort veränderte sich ihre Art. »Hello my name ...«
Ich schaltete ihre Unterhaltung mit wem auch immer aus und konzentrierte mich nur noch auf mein Referat.
Doch das konnte ich nicht. Immerzu fragte ich mich, was ich wollte? Wollte ich so leben? Als das Püppchen von Mr. Kyel Kastner oder wollte ich als Sascha Fleischhauer leben. Egal, welche Gedanken ich mir machte, ich kam immer nur auf einen Nenner. Nein. Ich wollte weder das eine noch das andere. Ich wollte ich sein, doch wer war ich?
Verdammt noch mal, wer war ich? Wenn mich das einer vor zwei Jahren gefragt hätte, hätte ich ihn womöglich aus vollem Herzen ausgelacht und bezeugt, dass ich Sascha Fleischhauer sei, doch nun? Ich war mir selbst nicht mehr sicher. Wer war ich?
Sascha Fleischhauer. Fleischhauer. Dieser Nachname war nicht ich. Denn mein sogenannter Vater Markus Fleischhauer, war nicht, wie es sich herausstellte mein biologischer Vater, denn meine Mutter wurde vergewaltigt, von wer weiß wie vielen Männern und einer davon war mein wirklicher Vater. Wie einer davon der Vater von meiner Schwester sein könnte. Wir waren zweieiige Zwillinge und ich war mir nicht einmal sicher, ob wir Geschwister waren oder nur Halbgeschwister. Ob die Eizellen im selben Zeitraum befruchtet wurden, denn wie wir alles wissen, können Spermien bis zu fünf Tage auf Wanderschaft gehen, bevor sie ihr Ziel erreicht hatten. Aber Mom wollte es nicht wissen und dafür liebte ich sie. Denn sie sagte immer, wir, damit Meinte sie Sarah, sich selbst und mich, sind eine Familie und wir gehörten zusammen. Auch wenn ich sie dafür liebte, so wollte ich dennoch wissen, wer mein wirklicher Vater war.
Aber bevor ich dies erfuhr, lief noch sehr viel Wasser die Donau hinab. Sorry war ein Spruch aus Deutschland, aber er passte wie die Faust aufs Auge und ja, meine Biografin stammte aus Deutschland, also ...
Zurück ... als ich über mein Referat saß, klingelte mein Handy und Mike rief mich an. Er hatte wieder eine Zwistigkeit mir Raoul. War nichts Neues, aber da ich sein Freund war, bemitleidete ich ihn natürlich. Manchmal ging er mir echt auf die Nerven. Nein die beiden gingen mir auf die Nerven. Ihr Stetiges auf und ab. Entweder waren sie ein Herz und eine Seele, dann konnte nichts, aber auch gar nichts zwischen ihnen kommen und keine fünf Minuten später, tat sich das Meer auf. Und wir mussten schauen, auf welche Seite wir standen. Meistens war ich in der Mitte und versuchte zu vermitteln, aber ich hatte mir geschworen, dass ich beim nächsten Mal das Weite suchte. Nun diesmal war es wohl soweit, als ich abnahm, polterte Mike sogleich drauflos.
»Jetzt mal ganz ruhig«, versuchte ich ihn zu beruhigen, aber ich kannte auch Mike. »Bitte noch einmal von vorne!«
»Du hörst mir gar nicht zu! Es ist Schluss, nun endgültig!«
Schon wieder, wie oft ich das schon gehört hatte! Bei gefühlten hundert Mal hatte ich zu Zählen aufgehört. Nun stand ich da, genau in der Mitte, denn ich wusste, wenn meine Leitung wieder frei war, mich Raoul anrief und ich rieb mir die Augen. Das Einzige was mir blieb, war entweder ja zu sagen, hmm oder ich verstehe es. Gutes zureden half nichts. Vermitteln half ebenfalls nichts. Mit beiden gleichzeitig reden, schon gar nicht und so ignorierte ich das Klopfzeichen. Das zu hundert Prozent von Raoul stammte oder von Kyel, weil er mich vorwarnen wollte, denn Raoul rief meistens immer als erstes seinen besten Freund an und dieser war Kyel.
Es war ja kein Wunder, das die beiden sich ständig in den Haaren hatten. Es gab keine Minute, wo die beiden nicht zusammen waren. Mike wohnte bei Raoul und lernte bei ihm Hairstylist. Mike und Friseur, das hätte ich mir im Leben nie träumen lassen. Schon gar nicht, wenn man aus so einer prominenten Familie stammte wie er. Aber was redete ich denn da? Wenn ich das Angebot von Kyel angenommen hätte, dann stünde einer aus der Mittelschicht, bald ganz oben. Gruselig, allein der Gedanke daran, ließ mich erzittern, obwohl ich schon ganz oben mit stand. Das Wort hieß ›Verlobung‹, und ja, ich erinnerte mich an einen Artikel aus einer Zeitung. Das Schlechtgerede, stand an oberster Stelle. An den eigentlich Wortlaut daran erinnerte ich mich nicht mehr, aber im Wesentlichen hatte es damit zu tun, dass ich wohl auf der Suche nach den Krümeln war, die Kyel hinterließ, weil ich noch so jung war, oder so ähnlich.
Mein Handy hatte ich auf laut gestellt und auf die Seite gelegt. Mit nur einem halben Ohr hörte ich Mike zu und schrieb an meinem Referat weiter.
Irgendwann verabschiedete er sich und ich war ihm gar nicht böse darüber. Tief atmete ich ein und las mein Referat durch. Fertig.
Meine Mom kam zurück, mir war gar nicht aufgefallen, dass sie die Küche verlassen hatte, und legte sichtlich genervt, das Telefon auf den Tisch. Rieb sich die Augen und blickte mich durchdringend an.
»Was?«, fragte ich ebenso genervt, aber nicht, weil sie genervt war, sondern weil ich genervt von Mike war.
»Eins sage ich dir. Noch einmal plane ich keine Verlobung von dir.«
»Ich habe auch nicht vor mich noch einmal zu verloben.«
»DAS rate ich dir tunlichst ab. Seit Wochen laufe ich im Kreis. Es geht nichts vorwärts.« Wieder rieb sie sich die Augen und ich schmunzelte in mich.
»Ach Mama, wenn ich wieder heiraten sollte, dann bestimmt einen, der nicht ganz oben auf der Liste der Schönen und Reichen steht.« Sie schien wieder einen klaren Gedanken fassen zu können und setzte sich zu mir an den Tisch.
»Ach Schatz! Ich freue mich doch für dich, aber Kyel ist eine Kategorie, die ... die«
»Von denen man die Finger lässt?«
»Nein! Gott bewahre! Aber eigentlich schon. Ich frage mich immer noch, wie du auf ihn gekommen bist. Wir sind Menschen aus der niedrigen Mittelschicht. Ein Kyel Kastner hätte sich nie mit uns abgegeben, geschweige denn hätten wir ihn mal persönlich gesehen. Und wenn, dann nur im Fernsehen. Wann wollt ihr eigentlich heiraten?«
Uff, ja, okay. Das war meine Mom, erst ein auf sentimental machen und dann ins kalte Wasser stoßen. Kurz räusperte ich mich, denn ich hatte diesbezüglich auch noch keine Ahnung.
»Hmm, ich will den Abschluss machen, dann schauen wir mal, ob die Uni mich nimmt ...«
»Willst du immer noch Sozialpsychologe werden?« Ich nickte und sie atmete tief ein.
»Ja, wenn die Uni mich nimmt.« Wieder bedachte sie mich mit ihren Mutterblick, der aber auch was anderes hieß.
»Kyel wird dich da schon reinbringen«, murmelte sie und ich starrte sie etwas geschockt an.
»Nein, er wird mich da nicht reinbringen.«
»Wo denkst du hin? Er rührt vielleicht kein Finger, aber es reicht allein schon sein Name. Außerdem bist du auch nicht mehr so ganz unbekannt. Dein Name ziert überall in der Klatschpresse. Da werden sich die Universitäten die Finger nach dir ablecken.«
»Ach Mom!« Ich konnte es nicht ausstehen, wenn Mutter mit dem Weibergetratsche daherkam. Vor allem aber auch nicht glauben, dass renommierte Universitäten so ein unterstes Niveau aufweisen sollten. »Das ist doch nicht wahr!«, Meinte ich, doch sie legte ihren Kopf etwas schief, atmete ein und stand wieder auf. Mit den Worten, »wo war ich denn?«, verließ sie die Küche. Ich selbst schüttelte den Kopf und packte meine Schulsachen weg. Kurz blickte ich auf die Uhr und da es Nachmittag war, überlegte ich, wie ich die Zeit rumbrachte, bis Kyel wieder daheim war.
Das war wohl die Höhe! Loren und meine Mutter wollten die Verlobungsfeier auf meinem Anwesen feiern. Ich stand nun wie geplättet da und verdaute das soeben Gehörte. Innerlich schüttelte ich den Kopf und suchte den Blickkontakt zu Sascha. Er schaute aus dem Fenster und vermied so mich anzuschauen. Dieser Verräter. Wahrscheinlich war dieser Vorschlag auf seinem Mist gewachsen und ich atmete tief ein.
»Kommt gar nicht infrage! Ich lasse doch keine Paparazzi in mein Haus!«
»Kyel, es ist nur eine Verlobungsfeier, da kommt niemand ...« Kam meine Mutter versöhnlich auf mich zu.
»Woher willst du das wissen? Der Termin kursiert schon in den Abendnachrichten und in sämtlichen Internetplattformen, obwohl es geheißen hatte, darüber stillschweigen zu bewahren. Ich frage mich sowieso, wer den Termin weitergegeben hat?«
»Das war Raoul, ... ausversehen«, sagte Loren etwas leise und auch sie wich meinen Blick aus. War ja typisch, dass es von Raoul kam. Die alte Quasselstrippe. »Er erzählte es einem Kunden, der es seiner Frau erzählt hat und sie hat es womöglich einem anderen erzählt, der es dann der Presse zugesteckt hat. Kyel gerade du solltest es wissen, wie schnell so eine Information die Runde macht.«
»Da gebe ich Loren ausnahmsweise mal recht! Außerdem was hast du dagegen, dass die Verlobung hier stattfindet. Das Atelie ist groß genug, um alle Gäste unterzubringen, ...«
»Ich will es aber nicht. Und Schluss damit!« Ohne weiter darüber diskutieren zu wollen, stiefelte ich aus der Küche und ging in die Richtung, in der mein Wohnzimmer lag. Ich riss die Tür auf um sie sogleich hinter mir zuzuschlagen.
Waren denn alle von ihren guten Geistern verlassen? Hier in meiner Villa die Verlobung stattfinden zu lassen. Ich wollte es mir gar nicht ausmalen, was alles passieren könnte. Paparazzi, die ihren Weg irgendwie in das Haus bahnten. Anschläge könnten verübt werden. Okay, ich war ja nicht der Präsident, aber dennoch und noch viele mehr Gedanken kreisten in meinem Kopf herum, als mich zwei Arme von hinten umgriffen und ein Kopf sich an meinen Rücken schmiegte.
»Was hast du denn dagegen?« Nicht Sascha auch noch und ich drehte mich zu ihm um. Nahm sein Kinn in meine Finger und zog ihn zu mir hoch. Sanft berührten sich unsere Lippen. »Sags mir. Wie unsere Mütter es schon gesagt haben, das Atelie ist groß genug, um unsere wenigen geladenen Gäste unterzubringen.«
»Es kann so viel passieren und ich will dich nicht noch einmal verlieren.« Sascha lächelte leicht und nickte nur.
»Aber meinst du nicht, dass du etwas überreagierst? Es ist unser zu Hause! Was will da schon Großartiges passieren, außer das ich Mike, deinen Onkel und gegebenenfalls Lenard, ins Bett bringen muss.«
»Mein Kleiner, du siehst immer noch das Gute überall.« Er entzog sich mir und schaute mich durchdringend an.
»Und du überall das Schlechte. Ich bin einverstanden, dass unsere Verlobung hier stattfindet. Warum auch nicht? Schau, das Schlafzimmer ist dann nicht mehr so weit weg.« Kurz wackelte er mit den Augenbrauen und grinste frech. Wie konnte ich ihm da widersprechen. Ging nicht.
»Okay! Ich werde es mir überlegen«, Meinte ich und stellte mich darauf ein, dass es noch ein harter Kampf werden würde. Doch weitere Argumente überlegen, soweit kam ich nicht. Sascha kam auf mich zu und verstrickte mich in einen sehr heißen Kuss. Gott konnte er küssen. Schon immer und ich versank in die Spielerei unserer Zungen.
In den nächsten Tagen bekam ich Sascha kaum noch zu Gesicht. Ich hatte einen großen Job ans Land gezogen, an dem ich nicht einmal Parker ranließ und der meine komplette Aufmerksamkeit benötigte. Selbst Aiden, der sich ganz schön gemacht hatte, ließ die Finger davon und ich hatte sämtliche Profis engagiert, die sich um das wertvolle Stück kümmern mussten. Dieses Stück von einer Spitze eines Speeres war kostbarer als mein ganzes Vermögen und der Kunde wollte es so restauriert haben, wie es einst war. Nur ein paar alte Pergamentzeichnungen hatte er mir vorgelegt, die in etwa aufzeigten, wie die Speerspitze ausgesehen hatte. Dass er dadurch den Wert, durch die Restaurierung dieser Spitze minderte, war ihm egal.
Nun gut, der letzte Schliff war getan und ich wartete im Büro auf den Kunden. Vor mir lag die Speerspitze und ich verglich sie ein letztes Mal mit der Zeichnung.
»Kyel, Mr. Brewster ist hier!«, meldete Tom den Kunden an.
»Lass ihn eintreten!«, gab ich zurück und bettete das Stück in die mit Styropor ausgelegte Kiste ein.
Gleich darauf trat ein Mann ein, der seinen Cowboyhut abnahm. Er kam auf mich zu und reichte mir seine Hand. Wie schon beim ersten Kennenlernen, erkannte ich, dass dieser Mann sein Geld geerbt hatte.
»Mr. Kastner!«
»Mr. Brewster«, begrüßten wir uns und ohne Aufforderung nahm er die Speerspitze aus der Kiste. Wog sie in seiner Hand und unterzog ihr eine genaue Musterung. Danach legte er das Stück zurück und blickte mich an.
»Mr. Kastner, Ihr Name eilt Ihnen voraus. Bei vielen Restauratoren habe ich die Spitze vorgelegt und für alle, war der Arbeitsaufwand zu groß oder sie rieten mir ab, weil es den Wert minderte, wenn der Speer in seinen alten Zustand zurückversetzt wird. Aber nicht Sie ...« Neugierig blickte er mich an.
»Nun Mr. Brewster, für mich hat die Speerspitze wohl den gleichen Wert, wie bei den Sammlern und die Museen, die sich die Finger nach dem Stück geleckt hatten, aber ich erkannte, dass für Sie nicht der Geld oder Materialwert im Vordergrund steht. Nein, für Sie hat die Speerspitze einen viel höheren Wert. Einen der unbezahlbar ist. Deshalb bin ich Ihrem Wunsch nachgekommen und habe keine Mühen gescheut ihn, ihren Wunsch zu erfüllen.« Verblüfft blickte er mich an und schmunzelte leicht.
»Da haben Sie wohl recht! Wie Sie bereits wissen, ist das eine Speerspitze von den Cheyenne Indianern. Diese Spitze hatte damals mein großväterlicher Vorfahre im Jahre 1874 das Herz durchbohrt, der wie durch ein Wunder, dies überlebte. Die Cheyenne Indianer nannten ihn darauf hin, ›tokahe‹, dass ungefähr so viel bedeutet, wie, der Erste. Aber die Geschichte verlief anders. Ein Cheyenne Mädchen hat sich in mein Vorfahre verliebt und ihn im geheimen gesund gepflegt. Die Stammesführer waren darüber anfänglich nicht besonders erfreut, als sie dies erfuhren und wollten das Mädchen verjagen, doch mein Vorfahre hatte sich für das Mädchen, obwohl er noch im Sterben lag eingesetzt. Sie bekamen den Segen des Stammes und mein Vorfahre die Erlaubnis, nach Gold zu schürfen.«
Nachdem ich einen kleinen Einblick in seiner Abstammungsgeschichte bekommen hatte, verabschiedete sich Mr. Brewster und ich lehnte mich in meinem Stuhl zurück. Schaute aus dem Fenster und versank in den Anblick des grauen Horizonts.
Der Herbst kündigte sich dieses Jahr schon früh an und ich hatte das Gefühl, dass das Wetter sich seit letztem Jahr gar nicht geändert hatte. Letztes Jahr Sommer hatte es nur geregnet, der Herbst war nicht goldbraun, sondern grau und vom Winter gar nicht zu sprechen. Kaum Schnee und meistens gab es nur Plusgrade. Weihnachten war nicht weiß, sondern matschbraun. Tief atmete ich ein und riss mich vom trüben Horizont weg. Rieb mir die Augen und in dem Moment klopfte es an meiner Tür. Noch bevor ich ›herein‹ rufen konnte, betrat Tom mein Büro. Ohne Unterschweif kam er zu mir und legte mir einen Brief auf den Tisch.
»Ist gerade abgegeben worden.«
»Ein Eileinschreiben!«, murmelte ich überrascht, denn solche Einschreiben bekam ich nie. Tom war schon wieder auf dem Weg zur Tür und ich öffnete den Brief.
»Blas die Verlobung ab!«, las ich und das war das Einzige was auf dem Zettel stand. »Tom ruf Anthony an, sofort!«, rief ich ihm hinterher, bevor er die Tür hinter sich geschlossen hatte.
»Ist was passiert?«, fragte er und musterte mich eingehend. Dann kam er schneller zurück und riss mir den Zettel aus der Hand. Sogleich trafen sich unsere Blicke und er wählte Anthony´s Nummer, ohne auf die Zahlen zu schauen.
»Kyel hat ein Drohbrief bekommen«, hörte ich nur und ich rieb mir wieder die Augen.
Ich wusste, was nun losging und wartete bis Tom die ganzen Befehle, die Anthony ihm zudonnerte mir übermittelt hatte.
Am Abend wurde ich von Hilal nach Hause gefahren und als er mein Auto parkte, kam Sascha aus der Villa. Ich sah, dass er auf mich zu rennen wollte, doch durch die Paparazzi, die nun ständig mein Anwesen unter Beobachtung hatte, vermied er es und blieb an der Tür stehen. Er wusste es bereits und ich atmete tief ein. Auch sah ich, dass Tom´s Auto da stand und schmunzelte. Mein ewiges Inventar. Ich musste wohl wirklich die obere Etage ausbauen lassen, damit er seinem Spitznamen gerecht blieb, aber mir nicht ständig nackt unter die Nase tritt. Er war auch wirklich eine Sahneschnitte, mit seinem dunkelblonden Haaren und den blauen Augen. Leider war er nie ein Kandidat für mich, schon gar nicht, weil er für mich arbeitet, aber auch so nicht. Etwas war in seiner Ausstrahlung, die mir sagte, dass er für mich immer nur ein guter Freund sein würde. Außerdem verheimlichte er mir, dass er auf mich stand und blieb immer auf Distanz. Vielleicht wusste oder spürte er es, dass ich nicht mehr wollte, oder und das dachte ich eher, wollte er keine Kerbe in meinem Bettpfosten werden.
Hilal wies mich an sitzen zu bleiben und er selbst schaute sich um. Erst als nach seiner Meinung die Luft rein war, stieg er aus und trat um das Auto herum. Öffnete mir die Tür und stellte sich so, dass selbst ein Scharfschütze es schwer hatte mich zu treffen. So gingen wir zur Tür.
Sascha schloss hinter mir die Tür, sofort befand ich mich in einer innigen Umarmung und empfing einen heißen Kuss.
»Das darf doch nicht wahr sein, Kyel! Wer tut denn so was?«
»Sascha beruhige dich. Lass uns erst mal in die Küche gehen.« Versuchte ich ihn zu beruhigen, was mir misslang.
»Wie soll ich mich denn beruhigen, wenn der Drohbrief aus deiner eigenen Firma kommt.«
»WAS?«
»Ja, das stimmt. Der Farbabgleich des Drucks bestätigt, dass es jemand aus deiner Firma war. Wir wissen auch, von welchen Drucker es ausgedruckt wurde und wann. Leider können wir nicht sagen, auf welchem Rechner es geschrieben wurde. Der Verlauf wurde gelöscht und es sind nur deine und Tom´s Fingerabdrücke auf dem Zettel. Vom Briefumschlag konnten wir keine nehmen, da ist ein heilloses Durcheinander an Abdrücke«, sagte Anthony und nippte an einer Tasse.
Sascha blickte mich immer noch ängstlich an und ich setzte mich an den Tisch. Makaber aber wahr, mir kam ein Spruch in den Sinn. »Vom Regen in die Traufe«
»Ich verstehe es nicht! Warum will jemand, das die Verlobung abgeblasen wird? Ich mein, Kyel hatte doch vor mir doch auch welche, mit denen er ›verlobt‹ war.«
»Schon. Aber du musst verstehen Sascha, bei euch hat er es öffentlich bekannt gegeben. Die anderen waren mehr oder weniger vertraglich an ihn gebunden«, meinte Anthony und ich sah, wie Sascha etwas angewidert einatmete. Ja, es war ein schwieriges Thema und noch schwieriger war es, ihm alles haargenau zu erklären. Ich zog mich praktisch vor ihm aus und stand wirklich total unschlüssig an der Tür, als ich ihm mein Spielzimmer gezeigt hatte. Ohne ein Wort dazu zu sagen, betrachtete er das Zimmer und ging danach schweigend in unser Wohnzimmer zurück. Danach kam nie wieder ein Gespräch darauf und ich hatte immer öfters das Gefühl gehabt, mich verteidigen zu müssen.
Hatten wir nicht schon genügend durchgemacht? Nein! Wohl nicht! Schoss es mir durch die Gedanken, als ich nicht von Tom von der Schule abgeholt wurde, sondern von Loris.
Sonst saß ich immer vorne auf dem Beifahrersitz, doch diesmal saß ich hinten drin. Anweisung von Loris, da ich besser in Deckung gehen konnte, sollte was passieren. Ich hasste dieses Theater und blickte schweigend aus dem Fenster. Das Wetter schien wieder einmal mit meinen Gemütszustand die Hand zu schütteln, so wurde mir der triste Anblick zu viel und holte mein Handy hervor. Dennoch konnte ich mich nicht auf die Spieleapp konzentrieren, denn die Anmerkung von Loris, dass Kyel ein Drohbrief erhalten hatte, kreiste stetig in meinem Kopf. Nicht nur das kreiste durch meine Gedanken, auch die nächste und letzte Prüfung, die am kommenden Tag angesetzt war. Vor allem, war es der wichtigste Test und sollte ich den versemmeln, konnte ich mein Studium zum Sozialpsychologen vergessen. Aber wenigstens konnte ich dann noch weiter im Café arbeiten, das nun mir gehörte. Kyel hatte es Alessandro abgekauft und meinen Namen darunter geschrieben. Tief atmete ich ein, denn mit dem Gedanken konnte und wollte ich mich nicht anfreunden. Sicherlich war dieses Bein nur eine Notlösung und wenn alle Stricke rissen, konnte ich den Abschluss im nächsten Jahr wiederholen. Aber ehrlich? Hatte ich darauf keine Lust. Noch einmal die letzte Klasse wiederholen. Ich war schon durch diverse Umstände ein ›Wiederholer‹, aber ein zweites Mal? Nein.
Ich lehnte mich zurück und blickte trotzdem wieder aus dem Fenster. Das letzte Jahr war die Hölle und hätte ich Kyel und meine Freunde nicht gehabt, wäre ich zerbrochen. Nicht mehr ich. Noch immer nagte die Erinnerung wie ein Klotz an mir, doch ich konnte sie nun leichter ertragen. Bis vor ein paar Wochen war es auch so, doch als ich vor Clancy´s Antlitz trat und seinen selbstgefälligen Ausdruck ertragen musste, kam etwas in mir zum Vorschein. Und es machte mir angst. Höllische angst. Denn ich sah mich, an dem Andreaskreuz gefesselt und Kyel stand mit eiskaltem Blick vor mir. Keine Regung kam von ihm und ich konnte ihn noch so mustern, ich konnte keine Erektion an ihm sehen, geschweige denn, dass es ihm aufgeilte. Er hielt mich gefangen, nur aus dem einzigen Grund, mich zu brechen. Mich zu vernichten, egal wie und doch musste ich mir eingestehen, dass ich, nur allein an diesen Gedanken geil wurde. Allerdings wusste ich auch, dass mein Unterbewusstsein mir dies vorgaukelte. Ich kannte Kyel, vielleicht besser als mich selbst. Er würde mich nie mit so einem herablassenden und kalten Blick anschauen. Dafür liebte er mich viel zu sehr. Dies hatte er mir schon sehr oft bewiesen.
Letztens hatte ich das meinem Psychologen erzählt und er sagte genau das Gleiche darauf. Das es mein Unterbewusstsein war. Das mein seelischer Heilungsprozess noch nicht abgeschlossen war und es wohl noch eine sehr lange Zeit andauerte, bis ich das alles verarbeitet hatte. Er bestätigte auch, dass es durch das Zusammentreffen mit Clancy durchaus zu Tun haben könnte und das es im Allgemeinen mein Wunschdenken war. Mein Wunschdenken, was? Wollte ich das? War das wirklich mein innigster Wunsch? Mich von Kyel so behandeln zu lassen? Ich wusste es nicht. Verdammt ich konnte es mir nicht einmal vorstellen. Wie denn auch? Unser Sex war liebevoll. Kyel war liebevoll und rücksichtsvoll. Er hielt sich zurück. Seine dunkle Leidenschaft hielt er im Zaun, nur für mich. Er sagte sogar, als ich ihn darauf ansprach: »Solange ich dich lieben darf und du bei mir bist, ist alles in Ordnung. Ich würde dir nie etwas antun, was du selbst nicht willst. Sascha ich liebe dich und es ist für mich das Schönste, in dein Gesicht zu blicken, wenn ich meine Augen öffne.«
Loris fuhr auf das Anwesen und kaum als ich einen Fotografen gesehen hatte, der seine Stellung bezogen hatte, drehte ich mein Gesicht von ihm weg. Auch wenn es sinnlos war, tat ich es dennoch. Inzwischen kursierten mehr Fotos von mir durch das Fernsehen und Internet, als was in Omas Fotoalbum geklebt wurde. Loris parkte das Auto, stieg aus und öffnete meine Tür. Schützend stellte er sich vor mich und verdeckte für jeden und alles das Schichtfeld zu mir.
Warum auch musste der Drohbrief dazwischen kommen. Er hatte meinen ganzen Plan für den Abend versaut. Erst vor Kurzem hatte ich meinen Motorradführerschein gemacht und durch das stetige schlechte Wetter konnte ich keine Spritztour machen. Dieser Abend war nieselfrei und nun ...? Es war echt aus der Haut zu fahren.
Ich stieg aus und sah, dass die SPA wieder jeden kontaktiert hatte. Sarah´s und Mom´s Auto standen da. Emily´s ihrs und selbst das Auto von Raoul war da. Mom huschte wahrscheinlich wieder durch die Villa und richtete sämtliche Gästezimmer her und ich stellte mich darauf ein, dass sie mich auch durch das Haus jagte und rumjammerte, was das für ein Männerhaushalt nur war. Innerlich verdrehte ich die Augen und atmete tief ein. Eigentlich wie jeden Tag. Immer wieder musste ich mir anhören, dass sie im Grunde genommen nur eine Wohnung bezog und sie sich des Öfteren wie eine Haushälterin fühlte. Mütter! Das bekam man wohl nie aus ihnen heraus, dass sie sich immer über irgendetwas aufregten.
Kaum war ich durch die Tür, kam Mom kopfschüttelnd auf mich zu.
»Was treibt ihr nur? Es ist ja nicht zu fassen!« Fest nahm sie mich in die Arme und tätschelte meinen Rücken. »Könnt ihr nicht einmal, wie normal Sterbliche leben?«
»Da fragst du echt den Richtigen, Mom!«
»Na ja, es wird schon werden!«, sprach sie sich selbst Mut zu und das, was ihr auf der Zunge lag, blieb unausgesprochen. Ich wusste genau, was sie sagen wollte, es aber nicht über´s Herz brachte, es auszusprechen. Die Sache mit Clancy, das ganze vorherrschende Drumherum und nun der Drohbrief. Japp, ich hatte absolut kein ruhiges Leben mehr.
Ich setzte mich in der Küche am Tisch auf meinem Platz und schloss die Augen. Es wird nicht einfach so werden, wie Mom gesagt hatte. Jemand wollte, dass die Verlobung abgeblasen wird. Aber wer? Es kamen so viele infrage, zumal allein, wenn man auf diversen Plattformen surfte. Konnte man Hasstiraden lesen, aber auch Glückwünsche. Von Kyel gab es on mass an Fans, bei mir hatte ich noch gar nicht geschaut. Ich wollte es auch nicht wissen, denn ich wusste auch so, dass mein Bekanntheitsgrad im letzten Jahr sehr angestiegen war. Allein nur, weil ich mit ihm zusammen war. Es gab wahrscheinlich auf der Welt keinen mehr, der mich nicht kannte. Vor allem aber fragte ich mich, warum zum Teufel gab es Fanwebseiten von jemanden, der im Import & Export tätig war. Kyel war doch kein Schauspieler oder Sänger. Diese Frage erübrigt sich, denn Kyel gehörte zu den oberen zehntausend mit. Zu den Schönen und Reichen und wurde mit den Königsfamilien auf gleiche Stufe gestellt.
Ich hörte Loris, wie er in seinem Headset die Bestätigung gab, dass er Hilal und Kyel zur Villa fahren sah. Sofort stand ich auf und wollte zur Tür.
»Das ist nicht gut, wenn du jetzt raus gehst!«, hielt mich Loris zurück.
»Warum?«
»Die Paparazzi! Benimm dich wie immer. Eine einzige kleine Unregelmäßigkeit und die werden hellhörig.«
Mist, das hatte mir noch gefehlt, wenn das an die Öffentlichkeit gerät. Nicht einmal vor meiner eigenen Haustür konnte ich mich frei bewegen. Was war denn daran so schlimm, wenn ich meinen zukünftigen Verlobten begrüßen wollte. Aber Loris hatte recht. Ich konnte mich nicht von jetzt auf gleich anders geben. So öffnete ich nur die Tür und hielt mich vor den Paparazzi bedeckt. Dass wir ständig von Bodyguards umgeben waren, also sprich, von Hilal und Loris, das war an der Tagesordnung und für die Presse inzwischen schon langweilig. Auch wurde kein Trara um Tom mehr gemacht, der mich jeden Tag in die Schule chauffierte und wieder abholte.
Kyel trat auf mich zu und ich nahm ihn in die Arme. Setzte sanft meine Lippen auf die seinen und ich konnte mich irren, aber ich fühlte, dass er darauf ansprang. Und wie er darauf ansprang, sein Blick mir aber sagte, dass ich mich noch etwas gedulden sollte.
Da ich sowieso nicht alles verstand, was über den Drohbrief und wer ihn geschrieben haben sollte, geredet wurde, verabschiedete ich mich und ging ins Wohnzimmer.
Auf dem Tisch lag die Fernbedienung und ich schaltete den Fernseher ein. Ich hatte Glück, denn es kam eine Serie dran, die ein Remake von einem Film war, indem ein High School Junge von einem Werwolf gebissen wurde. Und zum Glück mal keine Wiederholung. Doch konnte ich mich nicht darauf konzentrieren, die Zeilen des Briefs schoben sich unaufhörlich vor. »Blas die Verlobung ab«
Wer schrieb denn so was? Hastig, um die Gedanken beiseitezuschieben, stand ich auf und schaltete den Fernseher aus. Egal, ob die Serie nun zu Ende war oder nicht und ich ging ins Schlafzimmer. Schnappte mir frische Unterhosen und ging ins Bad. Leider konnte ich keine Lust verspüren, in die Wanne zu gehen, stattdessen schaltete ich die Dusche an. Lange dauerte es nicht. Sofort war das Wasser auf die Temperatur, die ich haben wollte und als ich mich ausgezogen hatte, stieg ich unter dem herrlichen Wasserstrahl. Bevor ich mich abwusch, ließ ich ein paar Minuten das Wasser über meinen Körper laufen und als ich fertig war, stieg ich raus.
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Kilrian Ford
Ich saß über die monatliche Abrechnung und schrieb nun endlich grüne Zahlen. Nicht viel, dennoch war ich in diesem Moment happy.
Sicherlich konnte ich mit ruhigem Gewissen meine Angestellten bezahlen, denn mein ›Nebenjob‹ ermöglichte es mir. Er war wirklich sehr lukrativ. Seit einiger Zeit, war ich offiziell der Manager des ›Hotel Schwanenteich‹, das meinem Vater gehörte, galt in dieser Branche als ›der Jüngste‹ und war auch sogleich der Luxus-Callboy Zeth. Ohne diese Nebentätigkeit hätte ich das Hotel nie halten können. Wie ich allerdings zu einem Callboy wurde, war eine andere Geschichte und nebensächlich.
Mit der Abrechnung war ich fertig und streckte mich durch. Danach blickte ich kurz auf die Uhr und beschloss, bis zu meinem Termin Feierabend zu machen. Die letzte Nacht war einfach zu kurz und ich merkte, dass mir der Schlaf fehlte. Herzhaft gähnte ich und stand auf.
Als ich aus meinem Büro ging und in die Richtung, die zu meinen Privaträumen führte, laufen wollte, hielt mich eine Angestellte auf.
»Herr Ford ein Telefonat für Sie. Aus außerhalb!«, fragend blickte ich sie an. »Tut mir leid, ich habe ihn nicht verstanden.« Nun atmete ich tief ein. Sie stand nun definitiv auf der Liste, gekündigt zu werden. Wer bei mir an der Rezeption tätig war, musste Englisch, bis auf einen gewissen Grad beherrschen. Das war Voraussetzung und ich nahm ihr das Telefon ab.
»Hotel Schwanenteich, Sie sprechen mit Kilrian Ford!«
»Hallo ... Bin ich hier richtig im Hotel Schwanenteich? Und spreche ich mit Kilrian Ford?« Perfektes Deutsch und ich wandte mich kurz zu dem Mädchen um, die verstohlen auf ihrem Handy tippte.
»Ja, Sie sprechen mit Kilrian Ford. Was kann ich für Sie tun?«
»Ihre Anwesenheit ist gefragt.« WAS? Ein Kunde? Huschte es mir durch die Gedanken. Aber woher wusste ... Nein das konnte nicht sein. Zumal ich nie meinen wirklichen Namen angab, geschweige denn die Nummer meines Hotels oder meine private Nummer. Zeth mein Zweites Ich lebte nach Regeln.
»In wie fern wird meine Anwesenheit benötigt?«, fragte ich, denn ich war nun sehr neugierig auf den Typen an der anderen Leitung, die aus Amerika stammte.
»Nun, wie soll ich mich ausdrücken? Ich möchte dich bei meiner Verlobung dabei haben!« Verlobung?
›Was ist das denn für ein Typ? Soll ich erst einen auf Anstandsdame machen und dann mit ihm durch das Bett hüpfen‹.
Aber das war mir eigentlich egal, wenn es ihn befriedigte.
Okay, aber die ganze Sache kam mir doch etwas spanisch vor. So stellte ich ihm eine kleine Falle. Wenn es sich wirklich um einen Kunden handelte, würde er sich mit einem Pseudonym vorstellen.
»Mit wem spreche ich denn?« Sofort hörte ich ein Kichern am anderen Ende.
»Kil, ich bin´s Sascha!« Kil? Welcher Sascha? Und mir viel ein Stein vom Herzen und ich schelte mich ein Schaf. Sascha mein bester Freund aus Kindheitstagen. Erst vor Kurzem hatte ich mich mit Omama unterhalten, also mit seiner Oma und sie hatte mir offenbart, dass Sascha sich verloben wollte. Nur mit wem, das hatte sie mir nicht gesagt.
»Hey Auswanderer, wie geht´s dir denn? Lange nichts mehr gehört«, fragte ich sogleich.
»Wie´s halt so geht! Hey, warum ich anrufe. Ich werde mich bald verloben ...«
»Das weiß ich!«
»Woher?«
»Omama!«
»Ah I see. Ja Omama, sie verrät dir alles über mich. Hat sie schon immer. Also warum ich anrufe. Was machst du in drei Monaten?«
»Wenn du mich zu deiner Verlobung einladen möchtest, muss ich leider absagen. Ich habe wegen dem Hotel sehr viele Meetings, außerdem habe ich notorischen qualifizierten Personalmangel und noch dazu geht es auf Sommer. Hochsaison. Du kannst dir gar nicht vorstellen, was da los ist.« Dass ich wegen meinem Nebenjob nicht nach Amerika fliegen konnte, behielt ich für mich.
»Verstehe, aber wenn du es einrichten kannst. Ich freue mich, dich mal wiederzusehen.«
»Ich auch!«, sagte ich und Meinte, dass wir auflegen müssten, weil wir die Leitung blockierten. Ich gab ihm meine private Handynummer und den Namen von meinem Skypekonto.
Mit einem Grinsen legte ich auf und betrachtete noch einige Sekunden das Telefon. Wer hätte das gedacht, dass Sascha an mich dachte. Seit er mit seiner Familie nach Amerika ausgewandert war, war der Kontakt abgebrochen. Telefonieren! Ging nicht. Unsere Eltern hätten uns den Kopf abgerissen, wenn die Telefonrechnung ins Unermessliche gestiegen wäre. Internet war damals noch nicht so ausgereift und von Skype, Messenger und wie die ganzen Kontaktchats hießen, hatten wir noch nichts gewusst. Okay, wir versuchten es mit Briefen. Wie so ne Art Brieffreundschaft, aber es hielt nicht lange an. Gut, da musste ich mich wohl nackig ausziehen. Ich war der Pol, warum der Kontakt abgebrochen war. Bevor mein Vater krank wurde, war ich auf ein Internat und da hatte ich was anderes zu tun, als an meinem Kindheitsfreund aus Amerika zu denken. Nun ja und danach, ging alles schnell und mein Leben geriet aus den Fugen. Einen herzlichen Dank an meine Mutter. Mit ihr hatte alles angefangen. Hätte sie mir damals nicht die Entlassungspapiere für das Hotelpersonal in die Hand gedrückt, wäre mein Leben wohl anders verlaufen. Aber dazu ein andermal, denn dieses Leben war einfach noch zu frisch und ich wollte es nur vergessen.
Ich schüttelte die Erinnerung ab, denn auf die konnte ich gut und gerne verzichten. Stellte das Telefon auf die Ladestation zurück und atmete tief durch. Es wurde Zeit, dass neue Elektronik herkam. Irgendwie wiesen alle Telefone einen Defekt der Akkus auf. Kurz blickte ich auf die Uhr und fluchte leise vor mich hin. Nun hatte ich absolut keine Zeit mehr, mich etwas auszuruhen und mein Job, brauchte meine volle Aufmerksamkeit. Stone war nicht so einfach zufriedenzustellen.
Schnell duschte ich mich ab und machte mich für Stone fertig. Das Taxi hatte ich bereits vorbestellt und würde in einer guten halben Stunde vor meinem Hauseingang stehen, das mich in ein anderes Hotel fahren sollte. Nun kamen bestimmt einige Fragen auf, warum ich meine diversen Kunden nicht in meinem Hotel bediente. Die Antwort war ganz einfach. Privatleben. Das Hotel Schwanenteich war mein zu Hause und da nahm ich keine Kunden in empfang und ließ mich von ihnen durchs Bett jagen.
Wie bestellt stand das Taxi da und ich fuhr zu meinem Termin.
Texte: (c) Conny J. Gross
Bildmaterialien: (c) E.R. Thaler
Lektorat: Keines
Tag der Veröffentlichung: 18.08.2016
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