Sämtliche Personen, Orte und Begebenheiten sind frei erfunden. Ähnlichkeiten zu existierenden Personen sind rein zufällig.
Der Inhalt dieses Buches sagt nichts über die sexuelle Orientierung des Covermodels aus.
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Und denkt daran, im REALEN Leben gilt SAVER SEX, also achtet immer darauf. AIDS ist keine Krankheit, die man auf die leichte Schulter nehmen darf. Auch die anderen Geschlechtskrankheiten nicht.
Also schützt euch!!!!
Danke
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Einige Wochen waren, seit ich Tom rausgeschmissen hatte, vergangen. Noch einmal blickte ich mich in meiner alten Wohnung um, bevor ich sie endgültig verließ.
Mutter hatte nun vollständig das Ruder über das Hotel übernommen. Viele meiner Angestellten hatten die Kündigung in der Hand und viele neue Gesichter liefen durch das Hotel. Auch Sam stand vor ein paar Tagen mit gepackten Koffern vor der Tür und wartete bis Marie-Ann ihn und Mario abholen kam. Sicherlich war Mutter so freizügig und wollte Mario behalten, doch er meinte, wenn Sam nicht da sein durfte, so wollte er auch nicht bleiben und sich als billiger Küchenjunge abspeisen lassen. Mir hatte sie vorgeschlagen, dass ich im Hotel wohnen bleiben darf, was ich allerdings dankend abgelehnt hatte. Zehn Jahre hatte ich um das Hotel gekämpft und nun war es an der Zeit abschied zu nehmen.
Vielleicht war es besser so, denn Hotelmanager war ich nie. In erster Linie war ich eine Hure, denn das war ich, bevor ich überhaupt Manager wurde. Eine Hure. Sicherlich ging ich nicht mehr auf den Strich, dennoch machte ich immer noch die Beine für reiche Bonzen breit. Ließ mich von ihnen begrapschen und mich im Arsch ficken.
»Ach Kilrian ich brauche die Jahresabschlussrechnung ...!«
»Was willst du mit der?«
»Na was wohl, von der Steuer absetzen, was denn sonst.«
»Ahh, die Steuer ist bereits eingereicht worden, aber wenn du möchtest, kannst du gerne den Steuerbescheid haben.«
Ihre Augen fingen zu leuchten an.
»Ja bitte, kannst du ihn mir geben.«
»Der muss im Büro sein«, sagte ich nur und ließ sie stehen. Leicht grinste ich in mich hinein. Ihr erster Schock in der Geschäftswelt. Das ich die ausstehende Steuer noch nicht gezahlt hatte, band ich ihr nicht auf die Nase. Immerhin kam der Bescheid erst nach dem, sie das Hotel übernommen hatte. Also hatte mich das nicht mehr zu interessieren und natürlich hatte ich mein Geld auf mein besagte Konto Transferieren lassen und das Geschäftskonto gekündigt.
Ich drehte mich nicht mehr um, als ich zu meinem Auto ging. Öffnete den Kofferraum. Blickte kurz zum frühlingshaften Himmel, runter zum Weiher und dort blieb mein Blick haften. Wie oft hatte mir der Weiher weitergeholfen. Mich getröstet. Der Wind, der sanft über meine Haut strich. Viele Wege hatte er mir offenbart, die ich gehen konnte, doch nun schien es, als sei er verstummt. Als ob er sich von mir abgewandt hatte, genauso wie ... Scheiße, ich spürte wie mir die Tränen in die Augen stiegen. Ich musste ihn vergessen. Ihn aus meiner Erinnerung bannen und nie wieder an ihn denken. Er hatte mich verraten. Aufs schändlich verraten und ausgenutzt. Sich in mein Leben geschmuggelt und mich systematisch fertiggemacht.
»Hey Chef!«
Ich drehte mich zu der Stimme um und war dankbar, dass sie mich aus den Gedanken gerissen hatte.
»Leo! Was ist los?«
»Ich frage mich, ob Sie eventuell einen Koch brauchen. Sie wissen schon, ein Fünfsternekoch findet nicht so schnell wieder Arbeit.«
»Hat Mutter Sie entlassen?«
»Nein ich habe gekündigt. Frau Ford wollte mich behalten, aber ich kann mir ein Gehalt von einem Gehilfen nicht leisten.«
Sah so aus, als Mutter ihre Sparmaßnahme in Angriff genommen hatte.
»So! Tut mir leid. Im Moment bin ich selbst arbeitslos und muss schauen, wo ich bleibe.«
»Ja war mir irgendwie schon klar. Aber sollten Sie vielleicht doch ...« er fuhr sich mit der Hand durch die Haare. »Na ja. Es wäre schön wieder unter Ihnen arbeiten zu dürfen.«
Es entlockte mir ein Lächeln. Wenigsten hatten sich nicht alle von mir abgewandt.
»Ich werde an Sie denken. Aber versprechen kann ich es Ihnen nicht.
Leo nickte noch zum Abschied und ich stieg ins Auto.
Kaum bog ich auf die Hauptstraße, klingelte mein Handy. Anhand der Melodie die ertönte wusste ich, dass es ein Kunde war. Ich stellte es auf Headset und ging ran. Machte den Termin klar und fuhr zu meinem Apartment, das sich im obersten Geschoss des Nobelhochaus befand.
Da ich wegen der Renovierung einiges an Geld zurückgelegt hatte, war es für mich kein Problem das Apartment zu unterhalten. Auch hatte ich Zugang zu einigen Konten, die First mir gütigerweise überlassen hatte. Um was es für Geld sich handelte, war mir egal. Hauptsache ich hatte welches.
Das Auto parkte ich in der Tiefgarage, betätigte die Zentralverriegelung und ging zum Aufzug. Wartete, bis der Fahrstuhl kam, betrat ihn und aus dem Lautsprecher ertönte eine blecherne Frauenstimme. ›Herzlich willkommen bitte wählen Sie die gewünschte Etage‹. Ich ignorierte es und drückte auf die letzte Etage. Der Aufzug brachte sich in Bewegung.
Eigentlich war ich schon glücklich, dass ich hier in diesem Nobelhochhaus ein Apartment bekommen hatte. Na ja ich hatte einige Verbindungen spielen lassen. Der Aufzug stoppte und gab die Etagenzahl durch und wünschte wie einprogrammiert noch einen schönen Tag. Übertreiben konnte man es schon, aber es wäre vielleicht eine Überlegung wert gewesen, dieses Extra in den Fahrstühlen des Hotels mit zu installieren. Nun war es Wunschdenken. Würde wohl nie passieren.
Ich stieg aus und steuerte meine Wohnungstür an. Schloss auf und roch Kaffee. Innerlich verdrehte ich die Augen, doch wusste ich auch, dass ich nun nicht mehr ohne Bodyguards auskam. Viele Finger lechzten bereits nach mir, die mir liebend gerne an die Gurgel gingen. Da ich allerdings auch wusste, dass ich nicht alleine unterwegs war, ließ ich die Tür offen. Bob kam wenige Sekunden nach mir an. Er schloss die Tür und ging vor. Jede Tür und jedes Zimmer überprüfte er, bis er schließlich in der Küche ankam. Erst als er mir einen Wink gab, ging ich in meine Wohnung und konnte mich auf meinem Feierabend einstellen.
Kaum hatte ich die Küche betreten sprangen einige auf. Einer ich glaubte, er nannte sich Leon, stellte mir einen Kaffee hin, der andere, der anscheinend aus Red Skorpion entsprungen war, nahm mir meine Jacke ab. Es fehlte wirklich nur noch, dass der Dritte auf die Knie ging, um mir die Füße zu lecken. Aber daran musste ich mich wohl gewöhnen.
»Boss ich würde abraten, dass Sie sich weiter mit Kunden treffen.«
Ich horchte auf und blickte Bob in die Augen.
»Och Bob bist du eifersüchtig? Du Schlingel.«
»Nein ich bin nur um Ihre Sicherheit besorgt.«
»Ach du hast Angst das dem da was passiert?« provozierend drückte ich in meinem Schritt. Ich sah, wie sein Atem sich beschleunigt.
»Boss ...!« Ich winkte ab.
»Sei lieb und lass mir Badewasser ein, und wenn du dich besonnen hast, kannst du gerne kommen, um mir den Rücken zu waschen. Vergiss aber dich nicht.«
Ich grinste ihn hinterher, als er die Küche verließ. Spürte, wie die anderen mich anschauten. Kurz ignorierte ich sie und zündete mir eine Zigarette an.
»Was ist, noch habt ihr nichts getan, dass ich euch durchvögle. Was macht Steffen? Bringt er endlich den Soll?«
»Ähm nein Boss. Die Sozialarbeiter haben ihn. Er liegt im Krankenhaus und macht nen Entzug.«
»So und warum macht der nen Entzug ...?«
Herausfordernd, blickte ich den red Skorpion an. »was ist, ihr werdet nicht bezahlt, um Kaffee zu saufen. Verpasst ihm eine Lektion.«
Tief atmete ich ein und schloss die Augen. Was machte ich da bloß? Ich verfiel in mein altes Ich. Nein dieses Ich war schlimmer. Vor dieses Ich hatte ich Angst und nun war es da.
»Boss das Wasser ist fertig.«
Ich lag im Bett und sah Bob zu, wie er sich anzog. Mein benütztes Kondom aufhob und aus dem Zimmer ging. Den Laptop stellte ich auf meine Beine ab, zündete mir eine Zigarette an und wartete, bis er hochfuhr. Das Konto checkte und sah, dass ein Betrag eingegangen war. Das Handy schnappte ich und gab mein Okay. Wie immer. Lange dauerte es nicht, als der Kunde mir mitteilte, dass das Zimmer bereits gebucht war und er mich am Abend erwartete. Ich blickte auf den Wecker, der seit einigen Wochen genauso arbeitslos war, wie ich. Drei Stunden hatte ich noch. Nun gut, diese Zeit nutzte ich, um etwas zu schlafen. Doch an Schlafen war nicht zu denken. Kaum das ich die Augen geschlossen hatte, huschte ein Lächeln durch den Verstand, das mein Körper in Flammen versetzte. Es war wie ein Deja vu. Ein einhalbjähriges Deja vu und ich konnte nichts dagegen tun. Gar nichts. So blieb mir nichts anderes übrig als aufzustehen und aus dem Fenster zu blicken. Zu beobachten, wie sich der Horizont von Blau bis hin zu rötlich zu Violett und dann schwarz verfärbte.
Alleine. Ich war alleine und ich fühlte mich leer. Ausgelaugt und ich wünschte, ich hätte schon damals mit fünfzehn Jahren auf meine Mutter gehört. So wäre mir vieles ersparrt geblieben und Tom hätte ich nie kennengelernt. Auch wenn es mir in diesem Moment ein Stich durch das Herz jagte, so war es doch für alle Beteiligten am Besten, wenn ich ihn nie begegnet wäre.
Das Geklingle des Handys riss mich aus meinen Gedanken und ich ging ran. Es war meine Mutter und ich verdrehte die Augen.
»Was soll das, warum ist die Steuer noch nicht bezahlt? Du glaubst doch nicht allen Ernstes, dass ich das übernehme?«
»Schau auf die Adresse, an wen es gerichtet war, dann weißt du es.«
»Marlene Ford.«
»Siehst du, gute Nacht Mutter.«
»Aber ...« ich legte auf und fuhr mir durch die Haare. Es wurde Zeit mich fertigzumachen. Wieder klingelte es und ich nahm noch mal ab.
»Kilrian du kannst mich doch nicht so einfach stehen lassen. Ich dachte, ich helfe dir dabei. Ich wollte dich doch nicht rausekeln.«
Wenn ich nicht schon so viele Scherze auf der Welt erlebt hätte, wäre dieser Moment wohl wirklich witzig gewesen.
»Die Bedingungen, die du und dein Rechtsanwalt gestellt haben, sind nicht akzeptabel. Was will ich mit 5 % Gewinnbeteiligung. Ich soll mir 24 Stunden am Tag den Arsch aufreisen für nur lappische 5 %.«
»Warum nur bist du so. Du weißt ganz genau, dass ich dir das Gehalt gezahlt hätte und obendrauf noch eben den Gewinnanteil. Ich dachte, es wäre eine schöne Gelegenheit wieder beisammen zu sein so wie, als wenn Papa noch da wäre.«
»Wie waren wir zusammen, als wenn Papa da wäre. Von welcher Vergangenheit sprichst du? Von meiner nicht.«
»Versteh mich nicht falsch. Ich vermisse ihn genauso wie du. Kilrian ich dachte, wir machen daraus ein wirtliches Familienunternehmen ...«
»Dafür ist es zu spät. Als ich Hilfe gebraucht hatte, warst du mit Paul, Gerhard oder keine Ahnung wie der Gärtner heißt auf Wolke sieben und wolltest nichts davon hören.«
»Aber Kilrian, willst du dir das wirklich nicht überlegen. Ich brauche deine Hilfe.«
Nun klingelte es. Nun wusste ich, wo der Hase läuft.
»Warum fragst du nicht deinen Rechtsanwalt. Der kann dir bestimmt da weiterhelfen.«
»Kilrian du hast das Hotel mit nichts da gelassen, wie soll ich das denn schaffen. Nichts. Es gibt keine Konten, kein Geld nur Schulden.«
»Damit hättest du rechnen müssen, dass ich mein verdientes Geld dir nicht schenke. Oder hast du mir etwas von der Lebensversicherung gegeben oder der Ausbildungsversicherung, geschweige denn von dem Bausparer, den Papa für uns Kinder zurückgelegt hatte. Kaum war er nicht mehr selbstständig, hast du alles gekündigt und dir das Geld ausbezahlen lassen. Noch dazu hast du jede Woche die Hand aufgehalten, weil du nichts mehr zu Essen gehabt hattest, weil die Medikamente von Papa so teuer waren. Was glaubst du eigentlich, wer alles gezahlt hat. Die Operationen, den Krankentransport, die Krankenhausaufenthalte etwa Du.«
»Dafür ist die Krankenkasse aufgekommen.«
Nun musste ich lachen.
»Mutter, Vater war nicht krankenversichert. Und als ich damals, wegen einer Familienversicherung zu dir gekommen bin, hast du mich abgewimmelt und gesagt, das brauchen wir nicht. So war ich gezwungen mich bei einer privaten Versicherung umzusehen, aber was glaubst du, was sie gesagt hatten. Können wir nicht machen, weil Ihr Vater sterbenskrank ist. Zehn Jahre Mutter, zehn verdammte Jahre, wo ich deine Hilfe gebraucht hatte und du nicht willens warst sie mir zu geben und jetzt verlangst du von mir, dass ich dir unter die Arme greife, dir vielleicht noch das ganze Geld gebe, damit du dein Leben, so wie du es gewohnt bist, weiter leben kannst. - Mutter es ist dein Hotel, mach damit, was du willst und nun behellige mich damit nie wieder. Es reicht schon, dass du meinen Traum zerstört hast.«
»Du hast mich nie gefragt. Das höre ich zum ersten Mal.«
»Mutter höre auf, dich selbst zu belügen.«
»Ich belüge mich nicht selbst Kilrian. Wie oft bin ich zu dir gekommen und habe gefragt, ob du etwas brauchst, oder ob ich dir helfen kann ...«
»Wann sollte das gewesen sein. Ich weiß nur, wie du dich immer bei Tante Marie-Ann ausgeweint hast und deinen ach so lieben Sohn bemitleidetet hast, aber zu mir bist, du nie gekommen. Mutter, hör einfach auf, die Wörter im Mund umzudrehen, bis es du oder ein anderer selbst glaubt.«
»Ich erkenne dich nicht wieder ...«
»Das sagst du immer, wenn du nicht mehr weiter weißt. Leb wohl Mutter.«
Ich legte auf, ohne zu warten, ob noch etwas von ihr kam.
Der Kundentermin war schnell vorbei und nun konnte ich wirklich nicht mehr. Zuvor war ich mit Bob im Bett und dann noch einen Termin wahrnehmen, war sogar für mich äußerste Belastbarkeit. Aber vielleicht war es gut, denn ich fiel wie ohnmächtig ins Bett und keine graublauen Augen, wohlgeformte Lippen und eine sinnliche Stimme mit dem perfekten dazugehörigen Körper, der dich um den Verstand vögeln konnte, verfolgten mich.
Die Tage plätscherten dahin und ich wuchs immer mehr in die Rolle des Bosses. Mitgefühle unterdrückte ich. Ich ging nicht mehr aus dem Zimmer, wenn ein Mädchen oder ein Junge ›erzogen‹ wurde. Nahm mich selbst hin und wieder dem Frischfleisch an und es gab kein Abend, an dem ich nicht zugedröhnt war. Okay so gab ich vor zu sein. Doch in Wahrheit schickte ich ständig die Bodyguards aus dem Zimmer und stellte dem Mädchen oder dem Jungen die entscheidendste Frage.
»Willst du oder willst du nicht für mich anschaffen gehen?« meistens blickten sie mich aus ihren glasigen Augen an und nickten ängstlich. Es tat mir in der Seele weh, solche jungen Menschen bereits kaputt zu sehen. Am liebsten ginge ich jeden Abend an die Straße, wo der Babystrich herrschte und würde jedes Ding, das bereit war, die Beine für Geld breitzumachen mich annehmen, doch konnte ich es nicht. Ich musste den verfuckten Schein bewahren und das nagte tierisch an meine Substanz. Vor allem musste ich es geheim anstellen, denn ich wusste, nicht inwieweit die Bodyguards mir gegenüber loyal waren oder ob sie eher zu First tendieren. Am schlimmsten traf es mich immer wieder, wenn so junge Dinger angeschleppt wurden, wo die Eltern ewig viel Schulden bei First hatte, die kaum älter als die angehende Pubertät war. Die Kinder schaffte ich zum ehemaligen Polizeipräsidenten, der seine Dienstzeit als Leitender Direktor ausklingen wollte, der ebenfalls ein Kunde von mir war und er sich liebevoll ihnen annahm.
Aus dem Auto aus rief ich ihn an.
»Zeth!«
»Ist alles bereit?«
»Ja, wen?«
»Sie nennt sich Shirley, doch wahrscheinlich heißt sie anders. Wie immer. Ihre Eltern haben sich Geld geliehen und konnten es nicht mehr zurückzahlen.«
»Wie alt?«
»Ich schätze sie auf 12. Zu mir hatte sie 15 gesagt.«
»Ist sie noch ... Jungfrau.«
»Das glaube ich nicht, nach den blauen Flecken zu urteilen.«
»Scheiße! Ich kontaktiere das Krankenhaus und die Sozialarbeiter. Und Zeth pass` auf dich auf.«
»Wird schon schief gehen!«
»Irgendwann bestimmt.«
Ich wusste nicht wie und wann das passiert war. Doch eines Abends wurde ein Junge, ziemlich zerschunden vor meine Füße geschmissen. Der Bodyguard nannte sich Kick. Nun ja wahrscheinlich hatte er Minderwertigkeitskomplexe um sich so einen bescheuerten Namen zu geben. Trotz das der Junge schon am Boden lag, schlug Kick immer wieder auf ihn ein.
»Genug! Du Depp. Warum schlägst du ihn nicht gleich tot, dann kann ich mein Geld gleich vergessen.«
Ich fuhr mir durch die Haare und befahl jeden das Zimmer zu verlassen. In der Regel wusste ich, was zu tun war, doch konnte ich nicht über meinen eigenen Schatten springen. Ich konnte nicht wie er sein. Nicht wieder. Lange hatte es gedauert, bis die Albträume aufgehört hatten und selbst dann, besaß ich in meinem Innern immer noch diesen Nachgeschmack.
Der Junge, der gekrümmt vor meinen Füßen lag, zeigte es mir überdeutlich. Meinen Kampf, meinen Trotz und meinen ungebrochenen Willen mich ständig First entgegenzustellen. Warum also sollte ich es aufgeben, nur um First das zu geben, was er immer von mir wollte. Warum in Gottes Namen musste ich auf der anderen Seite stehen, nur, um einem Menschen das anzutun, gegen das ich mich immer gewehrt hatte. Was ich selbst nie wollte, aber ertragen musste. Jahrelange Hölle hatte ich erfahren. Diese Schmerzen, diese Demütigung, diese unerträgliche Übelkeit, diese immer wiederkehrende Angst, wenn du nicht das gemacht hattest, was verlangt wurde. Und nun sollte ich es dem armen Geschöpf gleichtun? Für was?
Ich sprach den Jungen an, und es schien, als ob er bei meiner Stimme sich immer mehr klein machte. Das durfte nicht sein und ich kniete mich vor ihm hin. Sprach ihn noch einmal an, bettelte schon fast, dass er mir in die Augen schauen soll. Er sollte erkennen, dass ich ihm nichts Böses antun wollte, aber der Junge war bereits viel zu eingeschüchtert, um überhaupt irgendetwas zu erkennen.
Seine Augen, rot, glasig, er war nicht da. Er war in seiner eigenen Welt gefangen, die wahrscheinlich genauso wie es bei mir war nur aus Demütigung und Schmerzen bestand. Warum sollte er mir auch nur ein Fünkchen glauben, von dem was ich von mir gab. Gutes zureden war hier fehl am Platz. Kein Mensch in seiner Lage würde auch nur einen Buchstaben von dessen glauben, was ich sagte. Das Einzige, an was der Junge glaubte, war, ›bald bekomm ich den nächsten Schuss und dann ist friede Freude Eierkuchen und wenn es nur für ein paar Stunden ist, um den ganzen Scheiß zu ertragen‹.
Es war zu viel. Für mich war es zu viel. Mit brutaler Gewalt war ich in meiner eigenen Vergangenheit. Ich sah mich, wie ich am Boden lag, zitternd, weinend, vollgenässt, wie ich die Männer angefleht hatte, dass sie aufhören sollten. Wie jeder Einzelne sich an mir vergnügt hatte, mir die Drogen verabreicht hatten, wie ich fast keine Luft mehr bekam, weil meine Nase von dem Drogenstaub zu war und ein Schwanz in meinen Mund steckte. Ich mich vor lauter Schmerzen nicht mehr bewegen konnte. Ich hatte alles getan, was sie wollten, alles gesagt, was sie hören wollten, nur damit sie aufhörte, dass ich keine Prügel mehr bekam, dass sie mich in Ruhe ließen. Alles.
Tränen kullerten mir den Wangen hinab.
»Ja ich verstehe dich und ich kann es dir nicht verübeln«, murmelte ich und ich wusste, nicht ob es bewusst oder unbewusst war, dass ich aufstand, mein Handy in die Hand nahm und eine Nummer suchte. Ohne weiter zu überlegen, wählte ich diese. Nun hoffte ich, dass er ranging. Lange klingelte es und in diesem Moment flehte ich sämtliche Gottheiten, an die es auf der Welt gab. Wer konnte mir denn noch helfen, wenn nicht er.
»Zeth?«
Mich stieß der innerliche Schmerz auf. Luft bekam ich kaum noch.
»Zeth, was ist los?«
»Hilf mir.«
»Zeth ...«
»Komm her ... bitte.«
»Zeth alles in Ordnung mit dir. Wurde dir was angetan?«
»Ja, nein ... ich brauche deine Hilfe. Bitte.«
»Ist es ein Notruf? Dann musst du die Notrufleitzentrale benachrichtigen ...«
»Nein, nein ... ich brauche deine Hilfe ... nur deine. Gott bitte ...«
»Ich kann dir nicht helfen, wenn du nichts sagst ...«
»Ich habe einen Jungen vor mir liegen. Er muss ins Krankenhaus, aber ich kann es nicht machen, ohne aufzufliegen ...«
»Was meinst du ...?
»Bitte Captain, bitte ... Hans bitte es, ist dringend.«
»Du kennst meinen Namen.«
»Das tut nichts zur Sache, ich will hier ein Menschenleben retten und da sind Pseudonyme unangebracht. Komme bitte. Aber nur du alleine. Bitte«
»Wie ist dein Name? - Ich mein, damit ich weiß, auf welche Klingel ich drücken muss.«
»Kilrian Ford. Mach schnell.« und meine Adresse gab ich ihn auch noch durch.
Die Bodyguards schickte ich nach Hause. Natürlich weigerten sie sich, doch als ich energisch wurde und ihnen mit Teich und Steine an den Füßen drohte, gaben sie alle klein bei. Nur Bob nicht, er stand da wie angewurzelt. Auch wenn es mir schwer viel und es über meine Prinzipien hinaus ging, so konfrontierte ich ihn damit, dass ein Kunde kam, er bestimmt nicht da sein wollte, wenn es richtig zur Sache ging. Ich sah, wie er schluckte und sich dann doch noch auf den Weg machte, wer wusste schon wohin.
Keine Minute zu spät und ich ließ Hans rein. Er blickte sich nicht im Apartment um, roch nur in die Luft und schüttelt angewidert den Kopf.
»Allein dafür kann ich dich verhaften lassen.«
»Ich kann alles erklären, nur ziehe jetzt keine voreiligen Schlüsse. Ich brauche wirklich deine Hilfe ...« allerdings hoffte ich, das mein Vorhaben nicht nach hinten ging. Ich riskierte Kopf und Kragen wenn nicht mein Leben.
Ich führte ihn ins Schlafzimmer und sofort sprang sein Blick auf den Jungen. Der ruhig dalag. Ohne Weiteres zutun stürmte er schon fast auf ihn zu.
»Was ist mit ihm. Zeth das, das ... er ist total ...«
»Er kommt vom Babystrich.«
»Was hast du mit ihm gemacht?«
»Nichts glaube mir.«
»Er lebt noch. Ich rufe einen Krankenwagen.«
»Das ist nicht gut.« böse funkelte er mich an.
»Erkläre mich die Sache oder du wirst mich richtig kennenlernen.« tief atmete ich ein. In diesem Moment war mir mein Leben egal, ich wollte dem Jungen helfen und nur ihm. Warum also sollte ich den Mann decken, der mich selbst jahrelang durch die Hölle gejagt hatte mit der Aussage, es ist nur das Beste für dich.
»Ich sehe ihn heute das erste Mal. Sagt dir der Name First etwas?« er schüttelte den Kopf.
»Jason Selter?« seine Augen glommen auf. War ja klar, dass First unter seinen richtigen Namen operierte.
»First, also Jason ist mein Zuhälter und er hat mich gezwungen, hier in Deutschland in seine Fußstapfen zu treten. Nun ja, seine Männer, die jetzt ›für mich arbeiten‹ haben den Jungen so zugerichtet. Hans ich habe die Scheiße am eigenen Leib erlebt. Ich will, ich will, dass es aufhört. Ich will Jason dafür bezahlen lassen, aber ich weiß nicht wie. Wenn er vor mir steht, dann bin ich wie, wie der Junge. Ich kann mich nicht bewegen, was sagen oder irgendetwas tun. Ich lass es einfach geschehen, damit es bald wieder vorbei ist. Verstehst du. Auch wenn der Typ kilometerweit weg ist, mache ich trotzdem das, was er sagt.« ruhig hörte Hans mir zu. Es schien aber, dass er nur die Hälfte von dessen verstand, dennoch erhellte sich sein Ausdruck.
»Zeth, dich hat der Himmel geschickt.«
»WA ...?«
»Weißt du, wo wir Selter finden?« ich schüttelte den Kopf.
»Nein, er ruft an, ich gehe zu ihm.« nun nickte er nur und blickte sich im Schlafzimmer um.
»Hast du eine Decke?«
Es war noch ein Kampf, bis wir den wimmernden und zappelnden Jungen in der Decke hatten und Hans mit ihm auf dem Weg ins Krankenhaus war.
Ich parkte das Auto beim ausgemachten Treffpunkt und brauchte nicht lange zu warten. Das Mädchen Shirley überreichte ich Hans. Auch wenn aus ihren Augen nur Trotz zu sehen war, so erkannte ich auch ein bisschen Hoffnung.
»Es wird alles wieder gut Shirley. Mein Freund ist Polizist und er bringt dich zurück zu deinen Eltern. Aber vorher musst du dich noch untersuchen lassen.« Nun glomm wieder Trotz auf und auch die Furcht vor der Polizei. Ich wusste warum sie so reagierte, bei mir war es nicht anders. Die Polizei dein Freund und Helfer, tja darauf konnte ich damals sehr gut scheißen. Sozialarbeiter, Polizisten und alle die für eine heile Welt einstanden waren ausnahmslos Feinde. Es sei denn, ich hielt den Arsch für so jemanden hin, dann waren sie kaum besser als der Dreck unter dem Fingernagel.
Ich muste wohl doch, irgendeine Reaktion von mir gegeben haben, denn ihre Mimik erhellte sich, wenn nur kaum merklich.
»Du gibst mich frei? Aber was ist mit den Schulden?«
Nun lächelte sie nur an und blickte den beiden hinterher, wie sie ins Polizeiauto stiegen und in Richtung Krankenhaus unterwegs waren.
Nummer vier, die ich aus dem Babystrich geholt hatte. Wie viele werden noch kommen, wie lange konnte ich das durchziehen, bevor First davon Wind bekam und er mich dafür dran bekam. Ich wusste so gut, wie das Amen in der Kirche, dass diese Aktion mein tot war. First
Ich fuhr zurück. Schloss die Tür auf und der Dunst der Joints schlug mir entgegen. Wie gerne würde ich tief einatmen doch der Geruch war zu penetrant um sich dadurch Luft zu machen.
»Bob ich gehe ins Bett. Ich will nicht gestört werden.«
War alles, was ich sagte und schloss mich in mein Schlafzimmer ein. War ich froh, dass das Zimmer eine extra Tür zu einem kleinen Bad hatte. Ich ging unter die Dusche und anschließend ins Bett. Doch an Schlafen war nicht zu denken. Ich fühlte mich. Eineinhalb Jahre zurückversetzt. Die Leere hatte mich wieder. Die Einsamkeit umhüllte mich wie wabernder dicker Nebel, der egal was ich tat, sich nicht auflöste.
Tom.
Scheiße ich vermisste ihn.
Ich fasste es erst als ein Scherz auf, als Kilrian mir sagte, dass ich verschwinden sollte. Doch dann knallte er mir mit kalter Stimme, die Wahrheit ins Gesicht.
Hatte ich zuerst so etwas wie Mitleid für meinen Vater empfunden, so wandelte es sich nun endgültig in puren Hass um. Ich konnte mich selbst nicht verstehen, warum ich in all der Zeit die Augen davor verschlossen hatte. Vielleicht weil er mein Vater war, weil er mein Vater war, weil er mein Vater war. Ich konnte es noch so oft vor mich hinmurmeln es blieb dabei, dass er mein Vater war. Doch es änderte sich nichts an der Tatsache, dass er ein Monster war. Er sich trotz durch meine Ignoranz ihm gegenüber nicht geändert hatte. Ich hatte versagt ihm zu vermitteln, das ich mit seinem Handeln nicht einverstanden war. Aber hatte ich jemals was zu sagen? Wohl kaum. Ich war nur der Sohn. Das war leider schon zu viel.
Das Sprichwort: Die Familie kann man sich nicht aussuchen, traf wie die Faust aufs Auge. Oh je, ich wurde sprichwörtlich gewandt. Ich wandte mich vom Panorama Fenster meinem Apartment ab und schwenkte den Wein im Glas.
»Alles Okay?«, wurde ich gefragt und ich zuckte leicht zusammen. Ich hatte den Aufzug, der gleichzeitig meine Haustüre war nicht kommen gehört. Sascha stand mit Tüten von Einkauf vor mir und lächelte mich an. Ich nickte nur den Kopf und zeigte in die Richtung, in der meine Küche lag.
Tief atmete ich ein und ging ihm hinterher. ER hatte die Eigenheit, jeder Trübsal davon zu jagen. Jedoch wenn er ging, kam es zurück.
So stand ich wieder vor meinem Fenster und blickte in die Nacht hinaus.
Nur ein paar Tage Auszeit hatte ich mir gegönnt. Deutschland raubte mir allmählich den Verstand. Ich hatte einen Tapetenwechsel gebraucht. Nur wusste ich auch, dass ich wieder zurück musste. Leider wurde es mit der Auszeit nichts. Mein Blick wanderte zum Tisch, auf der eine dicke Akte lag.
Über zehn Jahre gesammeltes Beweismaterial, dass ich unter Schloss und riegel gehalten hatte. Nie im Leben hatte ich gedacht jemals davon gebrauch zu machen, doch Jason Selter trat mir ziemlich in die Eier, dass ich es nicht mehr runterschlucken konnte.
»Halte dich von Kilrian Ford fern. Er ist nicht das, was er vorgibt zu sein.«
›Oh doch! Kilrian ist Kilrian und ich werde alles dafür dun, ihn wieder in meine Arme nehmen zu können. Er hat dich überstanden. Deine Erziehung überlebt, wurde nicht drogenabhängig oder gar verrückt. Und egal, mit was du ihn erpresst. Ich werde ihn von dir befreien. Jason Selter du warst lange genug mein Vater. Nun bist du mein Feind und ich werde dir zeigen, was es bedeutet, dein Sohn zu sein.‹
»Loris ich bin auf dem Weg.«
»Geht klar. Sicht ist frei. Hilal erwartet dich.«
Nach dem Telefonat mit Loris riss ich mich von dem nächtlichen Sternenhimmel los. Ging zum Aufzug, betätigte den Knopf und wartete, bis der Aufzug da war.
Der Fahrstuhl brauchte eine Ewigkeit, bis er endlich da war und ich stieg ein. Noch länger benötigte er, bis er unten angelangt war. Oder war es einfach nur mein Empfinden. Er stoppte und ich trat aus. Blickte mich in der ›Empfangshalle‹ von Kyels Firma um.
Es schien mir wie eine Ewigkeit her zu sein, als ich am Empfang saß und das Telefon, das praktisch schon an meiner Hand angewachsen zu sein schien, verteufelt hatte. Termine, Telefon, Handy, Taxi und persönlicher Butler. Ich musste grinsen. Auch wenn ich es mir nicht eingestehen wollte, die Zeit hier in der Firma hatte ich geliebt. Schnell schüttelte ich die nostalgischen Erinnerungen ab.
›Warum so trübsinnig?‹ Ermahnte ich mich. ›Tom du arbeitest doch noch für Kyel. Zwar nicht mehr in Amerika, aber dafür in Deutschland ...‹
Ja, das war es. In Deutschland.
Ich trat aus der Firma und sah auf dem Parkplatz Hilal auf mich warten, der als er mich erblickte, mir die Tür aufhielt. Ich stieg ins Auto und hörte ihn in das Headset sprechen.
»Paket in Empfang genommen.«
»Warum so militärisch Hilal?«
»Weil das eine streng geheime und gefährliche Operation ist. Man Tom du hast was ins Rollen gebracht.«
»Aha! Darf ich fragen, was ich da ins Rollen gebracht habe?«
»Darfst du, aber du wirst keine Antwort bekommen. Zumindest jetzt noch nicht. - Anthony wie ist die Sicht? - Biege in die 21. hast du mich wieder? - Okay. - Tom schalte dein Handy ein. Anthony hat dich verloren. Scheiße ich habe doch gesagt, dass das GPS an der Karre dran bleiben soll. WAS? Ich soll mich beruhigen? - Nach dem Tag. Ey Alter, Mann. - Loris verdammt du kannst doch jetzt kein Schäferstündchen bei unserem Gast machen. WAS? Gib ihm die Scheiß Tabletten, wenn diese Operation durch ist.«
Okay ich klinkte mich aus dem Gespräch, das ich sowieso nur zur Hälfte verstand aus. Schaltete das Handy an und gegen meine eigene Vernunft, drückte ich zu den Fotos. Sofort lächelte mich die schönste Person auf der Welt an. Seine tiefschwarzen Augen durchbohrten mein Herz. Sein tiefes Timbre ließ auf der Stelle auf meinem ganzen Körper Gänsehaut entstehen. Die feinen Härchen an den Beinen berührten die Jeans und ich musste durch das plötzliche Gefühl meine Lippen fest zusammenpressen. Nicht nur meine Erregung macht mir zu schaffen. Meine Erinnerung an seine Berührungen. Der verdammte Hauch vom Nichts. Seine Liebkosungen, seine Stöße, die einem in den Himmel trieben, seine Leidenschaft, seine ... ach einfach alles an ihm.
»Verschwinde von hier oder ich zeige dir, was ich alles von deinem Vater gelernt habe. Was nicht nur mit, Beine breitmachen, zu tun hat.«
Ich war auf die Knie gesunken und hielt mir die Eier. Der Kick war heftig, dass ich nicht nur die Engelchen singen gehört hatte. Kilrian hatte sich von mir abgewandt und war dabei sich wieder einen Joint zu drehen, als ich mich aufgerafft hatte. Scheiße waren das Schmerzen, die ich im Geiste immer noch spürte.
Ich trat auf ihn zu und packte ihn an der Schulter. Alles ließ ich mir gefallen, aber mich mit meinem Vater auf gleiche Ebene zu stellen, das ging zu weit und das wollte ich ihm vermitteln. War ein Fehler, so schnell, hatte ich mich nicht am Boden gesehen, wie Kilrian mich dorthin befördert hatte.
»Verschwinde endlich von hier!«
»Kilrian es ist nicht so, wie es aussieht ...«
»Ach ne! Wirklich? Und wie schaut es denn aus? Ist schon komisch oder? Ich bin mit dir zusammen und schon tritt mein Zuhälter in mein Leben zurück, obwohl er mir die Freiheit gegeben hat. Weißt du eigentlich, wie schwer es ist, wenn du auf dem Strich gehst, deine Freiheit zurückzubekommen, wenn du nichts weiter bist als ein Fickstück. Tom frei zu sein. Tom Freiheit. Weißt du das überhaupt, was das Wort bedeutet? Was es für mich bedeutet? ...
»Wir sind da!«, holte Hilal mich in die Realität zurück. Ich rieb mir kurz die Augen und erkannte, dass wir im ehemaligen Industriegebiet waren. Er stieg aus und öffnete mir sogleich die Tür.
»Was machen wir hier?«
Hilal schwieg und wies mir an zum Container zu gehen. Wie schon zuvor beim Auto, öffnete, und hielt er mir die Tür auf. Auch hier zeigte er mir, dass ich eintreten sollte. Kaum betraten wir den alten Container, gingen automatisch die Strahler an. Kurz war ich geblendet und Hilal drängelt sich vor. Noch immer schwieg er und je weiter er voranlief, umso heller wurde es in dem Container. Nun erkannte ich, dass es mehrere aneinandergereihte Container waren, die miteinander verbunden waren. Im Innern war es angenehm warm. Die Lüftung sorgte für genügend Frischluft und doch roch ich Elektrosmog. War keine Wunder, so vollgestopft die Räume mit dem neuesten Schnickschnack an Technik war.
SPA. Allein diese Bezeichnung zeugte von hohem Nivou auf dem hohen Standard der Technik.
Anthony saß vor einem Laptop und schien zu telefonieren. Etwas weiter hinten saß Raoul, ebenfalls an einem Laptop und knapperte an seine Finger. Doofe Eigenschaft, die ich nie so mitbekommen hatte, doch nun stach mir dies in die Augen. Selbst Emily war mit Johnny da und spielte mit ihm.
Ein lachhafter Gedanke erhob sich mir, den ich ohne zu überlegen aussprach.
»Wo ist Mike?«
»Bei Sascha!« gab Raoul die Antwort und die Sache war erledigt. Keiner fragte mich, wie ich darauf kam, warum er hier sein sollte.
»Da hinten sind Kojen. Du kannst dir eine von den Unbezogenen aussuchen«, sagte Anthony, ohne aufzusehen. Okay, also hier übernachten wollte ich nicht. Was ich wollte, war nur die Akte abgeben und dann zurückgehen. Ich fragte mich sowieso, warum hier so ein Aufheben veranstaltet wurde.
»Ich habe eigentlich nicht vor hier zu übernachten.«
Nun blickte Anthony auf.
»Dir wird nichts anderes übrig bleiben. Tom. Du bist unser einziger Zeuge, der noch lebt. Der Zeuge überhaupt. Kronzeuge, wenn dir das besser gefällt.«
»WA ...?«
»Du lebst noch. Jason Selter hegt eine Vorliebe, und zwar die, jeden und alles zu töten, der mehr als nur einen kleinen Finger von ihm kennt.«
»Ist ja logisch. Ich bin sein Sohn.«
»Nun das ist ein Grund aber für Selter leider kein Hindernis. Tom du hast neun Halbgeschwister. Aber du bist sein Stern. Sein wahrer Sohn ...«
»Moment! Was meinst du mit noch neun Halbgeschwister ... Wo sind die anderen?«
»Oh Entschuldigung. Ich wollte dich nicht schocken. Komm setz dich erst hin und wir erklären dir alles.«
Diese Aufforderung kam ich allzu gerne nach. Kaum das ich saß, stellte Hilal mir einen Kaffee hin. Eigentlich wollte ich keinen mehr, doch das Aroma, das mir in die Nase stieg, überzeugte mich. Der erste Schluck bewies es, dass da etwas mehr als nur ein kleiner Schuss drin war.
»Tom, dein Vater war mit vier Frauen vor deiner Mutter verheiratet. Es waren illegale eingewanderte Mädchen, die er anfänglich auf den Strich schickte und dann heiratete.«
»Hat er das mit Mom auch getan ...?«
»Ehm, nein Tom. Deine Mutter war seine große liebe. Seine wirklich große Liebe und deswegen verfährt er mir dir die ganze Zeit anders, als mit seinen anderen Kindern. Aber dazu später. Der eigentliche Grund, warum wir so mit dir verfahren, ist die, dass du lebend aus der Sache rauskommst. Wenn dein Vater erfährt, was du in den Händen hältst, dann ist dein Leben absolut nicht mehr sicher. Fakten Tom. Du besitzt Fakten, nicht nur Wissen. Mit Wissen können wir nichts anfangen. Deshalb haben wir dich erst einmal hierher geschafft.«
Ich nahm einen weiteren Schluck und meine Tasse war bald leer. Langsam wünschte ich mir, ich hätte diesen Mann nie kennengelernt, denn das, was ich in den Händen hielt, war nur Pipifax, von dem, was mir Anthony erzählte, mehr nicht.
Da dachte ich, ich hätte schon viel gesehen, viel von meinem Vater erlebt, doch das, überstieg alles. Aber wie Anthony schon sagte, waren Fakten von Bedeutung und nicht das Wissen.
Wie gerädert bezog ich mein Bett. Zog mich aus und legte mich hin. Doch wie schon die vielen Nächte vorher, konnte ich auch diese kein Auge zutun und das hatte nichts damit zu tun, was ich über meinem Vater in der letzten Stunde erfahren hatte, sondern um einen Menschen, der mir ziemlich unter die Haut ging.
Selbst Kilrian lag schon unter der Beobachtung der SPA. Aber nicht, seitdem er den ›Posten‹ des Bosses übernommen hatte, sondern schon sehr viel früher. Kilrian war lange kein unbeschriebenes Blatt mehr. Drogen verticken, Menschenhandel und sogar Mord, doch es gab etwas, was die SPA veranlasst hatte, ihn nur zu beobachten und nicht dingfest zu machen. In dem Moment, indem sie zuschlagen wollten, war Kilrian von der Bildfläche verschwunden. Hatte sich von meinem Vater ›befreit‹ von ihm abgewandt, lebte ein bürgerliches und anständiges Leben.
Warum es so war, wusste die SPA bis dato nicht. Seitdem wurde er nur beobachtet und die Akte, die sie von ihm angelegt hatten, war dick, doch wie Anthony sagte, waren das Informationen, die nicht besonders wichtig waren. Zum Beispiel waren seine sämtliche Kunden aufgelistet. Mit Berufsstand, Lebensweise und öffentliches Interesse sowie deren Kontostand.
Meine Gedanken gingen zurück zu den Fotos. Es zeigte einen Mann in einer dunklen Lederjacke, mit Kappe, Turnschuhe und Jeans, der vor einem kniendem Jungen stand und eine Waffe auf ihn gerichtet hatte. Der Junge hatte seinen Blick auf die Waffe und sein Gesicht war tränenüberströmt. Auf dem zweiten Foto kniete der Mann über den Jungen und fühlte den Puls am Hals. Das dritte Foto zeigte, wie der Mann den Jungen zum Fluss zog. Das Vierte zeigte Kilrian, blass mit eingefallenem Gesicht, wie er selbst weinte, zum nächtlichen Himmel blickte und sich die Waffe an die Schläfe hielt.
Kurz fragte ich mich, was ihn davon abgehalten hatte, abzudrücken. Kilrian sah sehr verzweifelt aus. Kaputt und fertig.
Eine weitere Frage schob sich hoch. Warum hatte die SPA, Kilrian nicht verhaftet, immerhin war es sehr deutlich zu sehen, dass er den Jungen getötet hatte.
Aber das ganze Grübeln brachte nichts. Was ich brauchte, war einen klaren Kopf und vor allem schlaf.
Doch der Schlaf blieb aus und so wälzte ich mich von einer Seite auf die andere, bis wohl doch noch der Schlaf über mich fiel.
Manchmal fragte ich mich wirklich, ob ich nur von Idioten umgeben war, oder ob das der ›normale‹ Zustand, im täglichen Leben eines Halbmafiosibosses war. Drei meiner vier Bodyguards konnte man in der Pfeife rauchen. Nur Bob hatte für mich die erforderliche Kompetenz. Er war perfekt, allglatt und undurchschaubar. Mit ihm konnte man über alles reden, doch in dem Moment, da das Gespräch ins Private glitt, machte er zu. Das war mir egal, auch ich gab nichts von mir preis, was er nicht wissen musste. Wahrscheinlich kam ich für ihn genauso allglatt rüber.
Ich stand am Fenster und rauchte. Seit ich Tom rausgeschmissen hatte, war das wieder zu einer unkontrollierten Sucht geworden. Vorher war ich ein Genussraucher, doch nun, brauchte ich es. Genauso wie den Schnaps vorm Einschlafen.
Innerlich schüttelte ich mich, als ich an die Vergangenheit dachte, wie ich wieder und wieder einen Entzug gemacht hatte und dann noch die ganzen Ausnüchterungen, durch die ich gegangen war, um jedes Mal aufs Neue wieder davon abhängig zu werden. Beim dritten qualvollen Entzug, weil ich keine Drogen bekommen hatte, hatte ich aufgehört zu zählen und oft ans Aufgeben gedacht. Es war jedes Mal die Hölle.
Etwas Gutes hatte es dennoch. First dachte die ganze Zeit, dass er mich nicht abhängig machen konnte und irgendwann hatte er es aufgegeben, mich mit Drogen vollzupumpen. Es war ein kleiner Sieg für mich.
Ich wandte mich vom Fenster ab und setzte die Flasche an. Nur kurz brannte die Flüssigkeit und ich verzog meinen Mund. Schaute die Flasche an, die mich nun ins Bett begleitete.
Meinen täglichen Kundenbesuch hatte ich bereits hinter mir und ein weiterer stand, Gott sei Dank, nicht an. Seit ich das Hotel nicht mehr hatte und da ich die Kinder nicht auf den Strich schickte, musste ich anderweitig das Geld auftreiben, um First zufriedenzustellen. Für mich war es einfach, das Geld zu beschaffen. Ich konnte einiges mehr verlangen, als die Kinder. Kinder?
Das hörte sich so grausam an. Und es war grausam. Selbst ich war noch ein Kind, als First mich auf den Strich schickte.
Einen Jungen, der kaum in die Pubertät war, hatte ich gefragt, was er so verlangte.
»Fünfzig fürs Blasen, fünfzig fürs Runterholen, siebzig mit Gummi und hundert ohne.« Lachhaft dachte ich da nur. Für solche Preise mussten sie sich verkaufen. Dafür mussten sie sich schänden, demütigen und ihres Willens und der Freiheit berauben lassen.
Die Schnapsflasche stellte ich auf den Wohnzimmertisch, sagte zu ihr, dass ich gleich wieder da sei und ging ins Bad. Von Gehen, war keine Rede, ich schwankte und als ich vor der Badewanne stand, entschied ich mich zu duschen. Doch selbst in die Dusche zu gehen, forderte eine gewaltige Konzentration, sodass ich schließlich das Vorhaben mich zu waschen aufgab. Ich schnappte mir nur einen Waschlappen und betrieb Katzenwäsche. Das sollte reichen.
Ohne mich weiter umzusehen und den Wunsch aufzuräumen zu hegen, ging ich zurück zu meiner Flasche. Die ich sorgsam zu mir nahm und Richtung Bett schwankte.
Ein lautes Gepolter riss mich aus meinem traumlosen Schlaf und ich saß kerzengrade im Bett.
»Boss, entschuldigt die Störung, aber das Fickstück hier ...«
Nein, nicht in aller Herrgottsfrüh und ich sank zurück. Schaute Kick an, der eine Frau brutal an den Haaren hielt. Eine Frau? Was zum Teufel ...
»Wo ist Bob?«
»Boss, das Weib hier ...«
»Wo ist Bob?«
»Ähm ich glaube, er ist bei der roten Linie und hat ein Auge auf deine ...«
»Ah, lass die Frau los und mach Kaffee!«
»Die Frau ...«
»Kick wirst du bezahlt, um mit mir zu diskutieren?«, fiel ich ihm ins Wort und hielt meinen Arm über meine Augen.
»Boss Ihr Verhalten ist inakzeptabel ...«
Ich drehte den Kopf in seine Richtung und schaute ihn, so herablassend, wie es mir in meinem Zustand möglich war, an.
»Kick du unterstehst mir und ich unterstehe Selter. Du bist nichts weiter als ein Handlanger und hast jedem meiner Befehle sofort Folge zu leisten. Wenn ich dir also sage, lass die Frau los, dann frage ich mich, warum du sie immer noch am Schopf hältst und ›Fuck‹, der Meinung bist mit mir darüber diskutieren zu dürfen. Außerdem noch diese Unverschämtheit mir zu sagen, dass mein Verhalten inakzeptabel ist. Kick du bist ein Nichts, ein Wurm, der nur hier ist, um zu kriechen. Und jetzt lass die Frau los und mach mir einen Kaffee!«
Mit Schwung stieg ich aus dem Bett. Da ich meinen Morgenmantel wohl im Bad vergessen hatte, stand ich nun nackt vor ihnen. Ich sah, wie es in den Augen von Kick aufleuchtete und die Frau beschämt ihren Kopf wegdrehte. Irgendwie hatte dieses Schauspiel etwas belustigend an sich, ich drehte mich um und suchte meine Zigaretten. Nachdem ich sie fand, zündete ich mir eine an, blies gelassen den Rauch aus und wandte mich ihnen wieder zu.
»Also, was ist? Soll ich Selter dein Verhalten melden oder bist du gewillt mir endlich einen Kaffee zu kochen?« Diesmal lächelte ich ihn an und stellte mich provokativ vor ihm hin.
Ich sah, dass er seine Spucke runterschluckte, sich langsam rückwärts zur Tür bewegte, die Frau und mich nicht aus den Augen ließ.
»Ach Kick, keine Sorge mit der Frau komme ich schon zurecht!« Obwohl ich glaubte, dass es ihm keine Sorgen bereitete, mich mit einer ›schwachen‹ Frau alleine zu lassen. Ich würde eher sagen, dass er etwas gerochen hatte oder das er dabei sein wollte, wenn ich, was natürlich nicht passierte, die Frau, wer auch immer sie war, zum Reden brachte.
Ich wartete noch, bis die Tür endgültig geschlossen war, bevor ich meine Aufmerksamkeit auf die Frau richtete.
»Ich ziehe mir nur was über. Wenn Sie allerdings der Meinung sind, abhauen zu wollen, ... ich würde es an Ihrer Stelle nicht tun. Kick haben Sie bereits kennengelernt und die anderen ...«, ich zuckte mit der Schulter und ging ins Bad. Aber nicht ohne vorher noch einen Blick aus dem Fenster zu werfen. Es war immer noch Nacht. Wie lange hatte ich wohl geschlafen? Nun das würde ich wohl schon noch erfahren, doch im Moment war die Frau wichtiger und warum überhaupt eine Frau.
Ich schätzte sie ungefähr auf Anfang vierzig und wahrscheinlich war sie sehr attraktiv. Nur im Moment war ihre Schönheit durch das verschmierte Make-up und die verheulten Augen verunstaltet.
Als ich aus dem Bad kam, war die Frau immer noch da. Sie hatte es sich wohl gründlich überlegt, ob sie abhauen wollte oder nicht.
»Nun ...«, weiter kam ich nicht. Die Frau hielt ein Foto in der Hand und streckte es mir mit zittriger Hand entgegen.
»Meine Tochter ... wo ist meine Tochter? Ich will sie sehen, ich möchte wissen, ob sie noch lebt ... meine Tochter, sie ist erst dreizehn, ... Bitte geben, Sie sie mir zurück ... bitte ... ich mache alles, was Sie wollen, nur geben Sie mir meine Tochter zurück.«
Langsam trat ich auf die Frau zu. Courage hatte sie. Auf diesem Weg nach ihrer Tochter zu suchen. Mit dem Wissen, das sie es, wenn sie an First geraten wäre, nicht überlebt hätte.
»Wie ist Ihr Name?«
»Sie heißt Laura«
Kurz schüttelte ich den Kopf.
»Nein, Ihr Name?«
»Ich? Ich heiße Melanie.« Ich nickte und mein Blick wanderte zur Tür.
»Melanie, viel Zeit haben wir nicht. - wurden Sie von der Sozialhilfe kontaktiert?« Sie schüttelte den Kopf. »Verstehe!« Ich wandte mich von ihr ab und suchte Zettel und Stift. Dann schrieb ich ihr die Adresse von Hans und die von der Sozialdienststelle auf. Überreichte ihn ihr und schaute sie eindringlich an.
»Sie hatten sehr viel Glück, es überhaupt bis hierher zu schaffen. Allerdings wieder lebendig rauszukommen ist um einiges schwieriger. Ich brauche Ihre Hilfe dabei.« Sie nickte. »Gut! Es wird etwas schmerzhaft werden, aber nur so kommen Sie aus dem Apartment raus und können zu Ihrer Tochter.«
»Alles ich mach alles!« Wie verzweifelt musste diese Frau sein.
»Ich muss Sie etwas verletzen. Und Sie müssen so laut ›Nein‹ schreien wie Sie können und vor allem dürfen Sie absolut keine körperliche Kraft zeigen, wenn ich meine Männer rufe. Geht das für Sie klar?« Geschockt blickte sie mich an. »Es geht nicht anders. Meine Männer haben bereits ein Auge auf Sie geworfen.« Zögerlich nickte sie.
»Okay!«, sagte sie und richtete sich vollständig auf. Nickte und plötzlich sah ich ihre innere Stärke. Ich lächelte sie an.
»Fertig?« Wieder nickte sie. »Noch nicht schreien, erst wenn ich es sage.« Okay also nun stand ich vor einer Herausforderung. Ich und Frauen schlagen, aber nur so konnte ich sie vor meinen Männern schützen. Brutale Merkmale setzen.
Und der erste Schlag traf. Ihre Lippe platzte auf, und als sie taumelte, fing ich sie auf. Nachdem ich sie gefragt hatte, ob es ging, grinste sie. Ihr Kampfgeist war erwacht. Bevor sie sich richtig darauf einstellen konnte, traf der Zweite. Diesmal musste ich sie schütteln, damit sie nicht in Ohnmacht fiel. Nun wies ich sie an, ihre Hose und ihren Slip runterzuziehen. Fragend blickte sie mich an.
»Machen Sie schon. Es muss echt aussehen. Sie können die Hose später wieder hochziehen.« Melanie schüttelte den Kopf. »Hören Sie, es ist äußerst wichtig. Wenn meine Männer nur den geringsten Verdacht schöpfen, dann sind Sie und ich tot.«
»Sie ... Sie sind doch der Boss?«
»Theoretisch ja, aber praktisch nein.« Sie gab sich damit zufrieden und zog ihre Hosen aus.
»Sie brauchen sie nur runterzuziehen nicht gleich ganz ausziehen.« Melanie ignorierte mich und schob sich einen Finger rein. Ihr Blick fest auf mir.
»Es muss echt aussehen, oder nicht? Und wenn ich trocken wie die Sahara bin, was für einen Sinn hat das dann?« Tief atmete ich ein und schüttelte den Kopf. »Ich turne dich nicht an«, hauchte sie und wieder schüttelte ich den Kopf. »na, wenn du nicht willst, obwohl es echt aussehen muss, hast du dann etwas zum Spielen da?«
»Schon ...!«
Ich ging zu meiner Kommode, zog diverse Spielsachen heraus und legte sie ihr hin.
»Wie kann es sein, dass du nicht erregt wirst.«
»Musst du nicht wissen. Wichtig ist, dass du dich nicht nur vorne bearbeitest, sondern hinten auch.« Ihre Augen blitzten wollüstig auf.
»Ein Spanner, wie nett ...«
Nett in der Tat. Wäre ich meinem dunklen Ich verfallen, würde sie sich nicht selbst befriedigen, sondern meinen Männern zur Verfügung stehen.
»Nun ist es angebracht, dass du zu schreien anfängst.«
Sie tat es und ich musste mir die Ohren zuhalten. In meinem Leben hatte ich noch nie so viele ›Nein‹, ›hör auf‹ und ›lass mich los‹ gehört, wie in den paar Minuten. Schlagartig hörte sie auf, als ich mir einen Finger an die Lippen setzte.
»Wow das war gut!« Ich zwinkerte ihr zu und sie lächelte. »BOB!«, schrie ich und sie wurde abrupt ernst. Krümmte sich am Boden zusammen und nestelte an ihrer Hose rum. Sie wimmerte auf und Tränen liefen ihr den Wangen runter.
Zu meiner Freude kam Bob auch tatsächlich rein und war nicht noch unterwegs. Sein Blick blieb auf der Frau haften. Wahrscheinlich fragte er sich, warum sie nun da war, doch er sagte nichts. Er nahm es hin, so wie es für einen Handlanger sein sollte. Wäre ich wirklich ein Boss, würde er der erste Mann in meiner ›Leibgarde‹ sein. Vielleicht sollte ich eine Rangordnung einführen.
»Geleite die gute Frau raus. Sie hat begriffen, wie wertvoll ihre Tochter für mich ist und sie ebenfalls. Und Bob ...« ich zeigte auf Melanie, »... Sie gehört mir.«
Anhand meiner Tonlage verstand er es als unumstößlich und nickte nur. Er biss sich lieber die Zunge ab, als mir Fragen über meine Beweggründe zu stellen.
Nicht gerade behutsam packte er sie am Arm, gab ihr kaum zeit ihre Hose anzuziehen und drängte sie nach draußen. Wie ich es geahnt hatte, wollten die anderen sich sogleich auf sie stürzen, doch Bob hielt sie ab und brummte. »Die Hure gehört dem Boss.« Auf ihn war Verlass. Ich hörte nur noch, wie Kick das Kichern anfing und meinte: »Der Boss hats der Schlampe richtig gezeigt!«
Ich schloss die Tür und lehnte mich an sie. Nun hoffte ich, dass Melanie es bis nach unten schaffte, ohne irgendwelche neue Blessuren aufzuweisen.
Langsam und mit einem Kater behaftet schlich ich mich wieder ins Bett. Noch einmal so eine Störung und ich würde meinen Zorn mit einer geladenen Waffe zum Ausdruck bringen.
»Wie lange soll ich noch hier in diesem Container bleiben. Ich muss zurück nach Deutschland. Da wartet eine Firma auf mich, die in weniger als zwei Wochen eröffnet werden soll!«, wütete ich und lief in der provisorischen Einsatzzentrale hin und her. Natürlich beachtete mich keiner und auch Kyel schien davon nicht sonderlich beeindruckt zu sein.
Abgesehen davon konnte ich hier eh nichts anstellen als die verdammte Zeit totzuschlagen und das ging mir tierisch an die Nerven.
»Tom jetzt beruhige dich endlich.«
»Wie soll ich mich beruhigen. Ich sitze seit Tagen hier fest. Machen kann ich sowieso nichts und warum lasst ihr mich dann nicht einfach mein normales Leben leben. Ihr habt doch alles! Oder glaubt ihr, wenn mein Vater mich nicht erreicht, dass er dann keine Hebel in Bewegung setzt, um mich zu finden!«
»Warum will er dich finden?«
»Weil wir einen gottverdammten Deal haben, der besagt, dass ich telefonisch erreichbar sein soll, zu seiner Geburtstagsparty gehen muss und er mich dadurch in Ruhe lässt und mich nicht mit seinem Geschäft belästigt. Deshalb! Und wenn er mich nicht erreicht, dann schickt er jeden und alles, was ihm zur Verfügung steht los, um mich zu suchen. Dann erst geht die Hölle richtig los. Und euer Versuch, mich beschützen zu wollen, könnt ihr einpacken.«
Wahrscheinlich hatte sich meine Tonlage um einige Oktaven erhöht. Aber das war mir egal. Ich wusste, dass ich hier raus musste. Wieder nach Deutschland musste, nun nicht gerade wegen der Firma, eher wegen meines Vaters, der zurzeit seinen Krebs behandeln ließ.
Der wie gesagt ein totaler Kontrollfreak meinerseits war. Scheiße ich durfte nicht daran denken, wie er mich gesucht hatte. Als ich von heute auf morgen ›ausgezogen‹ war. Seine Leute kannten keine Gnade. Ihnen war es egal, wer ich war. Sie befolgten nur den Befehl mich zu suchen, ausfindig zu machen und zurück zu meinem Vater bringen. Das ich danach überall blaue Flecken hatte, war meinem Vater nicht egal. Dies wollte ich auf keinen Fall noch einmal erleben, wie er die Männer sich gegenseitig töten lassen hatte und der Letzte, der noch halbwegs stand, seinen Verletzungen, vor mir erlag. Deswegen fügte ich mich und ging immer brav an das Telefon. Okay nicht immer, aber wenn er überhaupt nicht aufhörte, mich anzurufen, ging ich ran oder rief ihn zurück.
Mein Ausbruch hatte wohl was gebracht. Keinen halben Tag später war ich auf dem Weg nach Deutschland. Natürlich mit der Auflage, mich einmal am Tag zu rühren und mir wurde ein Leibwächter zur Seite gestellt. Hilal.
Ich blickte zu meinem Nachbarn, der nach der Musik, die aus seinem Kopfhörer kam, seinen Kopf bewegte. Schräge Töne von sich gab, mit den Fingern auf seine Oberschenkel trommelte und das neben mir, dem das Fliegen gar nichts ausmachte. Ich hielt einen Spuckbeutel in der Hand und betete zu Gott, dass der Flug bald zu Ende war.
Als ich nach endlosen Stunden wieder Boden unter den Füßen hatte, war ich heilfroh, dass der Pilot nicht das grausame Singen von Hilal mitbekommen hatte. Der hätte sonst die Maschine irgendwo in der Pampa notgelandet und wäre schreiend davongerannt.
Hilal schien seinen eigenen Plan zu verfolgen, denn er war plötzlich verschwunden. Ich hingegen startete mein Wagen, der auf dem Flugparkplatz stand, und fuhr los.
Bei mir daheim angekommen, schaute ich mich in der tristen Wohnung um. Viel stand noch nicht drinnen. Wie denn auch? Ich hatte keine Zeit mir eine Wohnung herzurichten. Wenigstens war die Küche bereits integriert, so konnte ich mir, wenn ich mal Lust hatte, etwas kochen. Was natürlich nicht oft vorkam. Warum auch? Ich war alleine und schon zog sich mein Herz zusammen. Dunkle braune Augen. ›Verdammt verschwinde endlich!‹
Brachte nichts. Ich spürte ihn. Ich hörte ihn. Ich schmeckte ihn. Ich sah ihn genau vor mir. Kilrian.
Egal wie oft ich es versuchte ihn aus meinem Gedächtnis zu bannen. Es ging nicht. Er verfolgte mich. Er war immer da. Ständig bei mir.
Der Schmerz in meiner Brust vergrößerte sich, sodass ich kaum noch Luft bekam. Nicht nur das, mein Körper schrie nach ihm. Es verlangte mich nach ihm. Schlimmer als in den eineinhalb Jahren.
Ich musste mir Luft machen. Raus aus der Wohnung und laufen. Ja Laufen war gut. Da kam man auf andere Gedanken. Schnell zog ich mir meinen Jogginganzug und meine Turnschuhe an.
Ging vor die Tür und schaute nach einem geeigneten Weg. Ich wurde fündig und schlug die Richtung zu den Feldern ein. Fing das Laufen an und lief.
Von der Umgebung bekam ich nichts mit. Ich joggte vor mich hin, nur um meine Gedanken freizubekommen. Ihn aus mir zu bannen und ihn so hoffentlich endlich vergessen zu können. Solange ich lief, funktionierte es, doch sobald ich in meine Wohnung zurückkam, befiel mich der Verlust wieder. Es brachte nicht. Ich musste dadurch und wenn es noch so schwer war. Kilrian hatte mich abserviert. Mich mit meinem Vater auf die gleiche Ebene gestellt, als ob ich so ein Untier wär. War das zu fassen.
Dieser Vergleich fraß mich seit Wochen auf und am liebsten würde ich es ihm in sein wunderschönes Gesicht prügeln, das es nicht wahr war. Das ich auf keiner Weise, wie mein Vater war. Dass ich, ich war und nicht er.
Vielleicht half mir duschen. Es half mir immer irgendwie, wenn auch nicht für lange und schon wünschte ich mich zurück zu den Containern. Da war ich auf andere Gedanken gekommen und Kilrian hatte mich nicht so verfolgt.
Scheiße nicht einmal das Duschen, half mir ihn aus meinen Gedanken zu vertreiben. Im Gegenteil es wurde immer schlimmer. Ich sah ihn direkt vor mir stehen, wie er mich einseifte, streichelte und auf seine geheimnisvolle Art verwöhnte.
Ich stützte mich mit dem Rücken an den Fliesen ab. Versuchte, die brennenden Tränen zu unterdrücken. ›Gott Tom du bist 27, reiß dich zusammen‹, puschte ich mich an. Doch alles funktionierte nicht, ich sank zu Boden und fing wie ein Baby zu weinen an.
Es war das erste Mal, seit Kilrian mit mir Schluss gemacht hatte, dass ich weinte. Dass mir sein Verlust so tief ging und ich nicht mehr ein noch aus wusste. Oder war es, dass ich begriffen hatte, welche Last auf Kilrians Schultern lag und er einfach nur einen Sündenbock gesucht hatte, um sich selbst zu schützen. Er sich seinen Gefühlen, wegen seines verletzten Stolzes nicht eingestehen wollte.
Wie würde ich reagieren, wenn ich erfahren sollte, dass der Mann, den ich liebte, in Wirklichkeit der Sohn meines schlimmsten Albtraumes war. ›Haargenau so‹. Und wie würde ich mich verhalten, wenn der Mann den ich liebte, plötzlich vor mir steht. ›Ihn davonjagen‹. Und auf was würde ich warten, wenn der Mann den ich liebte, nicht geht. ›das er mich küsst und mir seine liebe gesteht, egal wie‹.
Ich raffte mich auf und stieg aus der Dusche. Ich wusste nicht wie, aber ich fühlte mich leichter und motivierter. Ging ins Schlafzimmer und durchstöberte meinen Wäschehaufen nach etwas Passendes zum Anziehen. Zog ein Shirt raus und warf es beiseite, eine Jeans, die ebenfalls neben mir landete. Ich fand nichts, was für einen Besuch in diesen Kreisen angemessen war. Doch dann fiel mein Blick auf den noch unausgepackten Koffer. Da drinnen befanden sich meine teuren Anzüge, die ich für besondere Anlässe besaß.
Öffnete ihn und holte einen heraus. Dieser Anzug war genau der Richtige für das Auftreten für den Sohn des Bosses. Ich zog ihn an. Leider konnte ich mich in keinen mannshohen Spiegel betrachten, da ich keinen besaß. Nur das kleine Guckloch im Bad sollte genüge tun. Ich föhnte meine Haare, stylte sie und parfümierte mich ein. Es war schon ewig lange her, dass ich mich so rausgeputzt hatte, aber um ihn zurückzubekommen und seine Sturheit auszutreiben, war mir dieser Aufwand recht.
Ich war schon an der Tür, als mir einfiel, dass ich Kilrians neue Adresse nicht kannte. Nein das konnte nicht sein! Sollte mein Vorhaben an der Adresse scheitern? Ich fasste es nicht und atmete deprimiert ein. Das durfte einfach nicht sein. Doch dann erinnerte ich mich an meinen ›nichtvorhandenen‹ Leibwächter. Ich rief ihn an und wie nicht anders zu erwarten, riet er mir ab, zu Kilrian zu gehen. Mit etwas Geschick konnte ich sie ihm entlocken. Natürlich mit der Auflage, das Hilal mitging, und zwar öffentlich und nicht als Schatten, wie vorher vorgesehen. Resigniert musste ich dem zustimmen.
Als ich zur Tür herausging, traute ich meinen Augen kaum. Hilal stand vor meinem Auto und wartete bereits. Irgendwie kam mir das Spanisch vor, vor allem, da ich ihn erst vor fünf Minuten angerufen hatte. Hatte die SPA in meiner Wohnung Kameras versteckt? Dem musste ich, wenn ich wieder daheim war, nachgehen. Nicht nur das, er forderte die Autoschlüssel.
»Wenn du schon als Mafiosisohn auftreten willst, der du bist, dann richtig.«
»Ich bin kein Mafiosisohn!«
»Nicht?« er lachte auf und startete den Wagen.
Die Fahrt dauerte nicht lange und es wunderte mich nicht, dass Kilrian im Bonzenhochhaus ein Apartment mietete. Nun konnte er seinen Stil, der zu ihm passte, ausleben, da er keine weiteren Verpflichtungen besaß. Zuhälter, Drogenboss, Menschenhändler und Luxuscallboy. Obwohl ich sogar glaubte, dass er seinen ›Job‹ an den Nagel gehängt hatte. Wofür brauchte er den denn noch. Er nahm genügend Geld als Krimineller ein, da brauchte er seine Beine nicht mehr breitzumachen, das taten andere für ihn.
Wir stiegen aus und gingen an die Eingangstür. Meine Fresse waren da viele Klingeln, doch ich wurde bald fündig. Seine Klingel war die oberste und ich schaute kurz zu Hilal. Er deutete mir an, dass es keine Zeit mehr für einen Rückzieher war. Eigentlich wollte ich auch nicht vor meiner Entscheidung flüchten. Es war nur die Angst, die in mir aufkam. Die Angst auf das Kommende, was ich nie wieder sehen wollte. Meine Erinnerungen an die Mädchen und den Jungs. Wie Vater sie erzogen hatte. Gequält. Wie er mich zu einem Boss erziehen wollte. Auch hörte ich ab und zu ihre Schreie noch. Es war eine schlimme Zeit. Innerlich schüttelte ich es ab und drückte auf die Klingel.
»Ja!« hörte ich und es war nicht Kilrians Stimme.
»Ich komme im Auftrag von Jason Selter.«
»Name!«
»Nicki Selter!« Hilal starrte mich an und ich sah, wie seine Mundwinkel zuckten.
»Nicki? Echt jetzt?« ich zuckte nur mit der Schulter.
»Von meinem zweiten Vornamen. Nicolai. Lach nicht. Ja, ich war für eine kurze Zeit der Sohn des Bosses. Und?«
»Habe auch nichts anders erwartet. - Nicki. Es fehlt nur das man dich mit Babyface verwechselt. - Nicki!«
»Haha!«
Mit einem Brummen ging die Tür auf und wir traten in das Treppenhaus. Geradeaus befand sich der Aufzug, der uns zur letzten Etage brachte.
Okay, also langsam wurde es zeit nervös zu werden, doch ich fühlte nur meine innere Ruhe, was ich von Hilal nicht behaubten konnte. Er lief wie ein Gockel, der ein Stock verschluckt hatte, neben mir her. Doch es konnte auch nur Fassade sein. Ich wusste, wie Kampferbrot er war.
Okay es war nur meine Vorstellung. In Wahrheit ging mir der Arsch auf Grundeis und je näher wir kamen, so hatte ich das Gefühl, wurde ich langsamer, bis ich vor dem Schrankmann stand. Woher bekam mein Vater immer diese Riesen? Breite Schulter, breitbeinig, als ob sie die Glocke von Notre Dame dazwischen hätten und Oberarme, so dick, dass sich dahinter eine ausgewachsene Anaconda verstecken konnte.
»Wer ist Nicki?«, wurden wir gefragt und ich trat vor.
»Für dich Nicolai Selter oder Herr Selter.« der Schrankmann nickte und gleichzeitig ging sein Kopf zu Hilal.
»Wer ist das?«
»Mein Bodyguard und solltest du noch weiter so unverfroren sein, werde ich ihn nicht mehr zurückhalten. Bring mich zu deinem Boss!«
»Erst Leibesvisite ...« schon war Hilal vorgesprungen und hielt ihm ein Dolch an die Kehle.
»Kick was dauert da so lange, der Fahrstuhl ... Herr Gott! Was ist denn da los?«
Das war mein Stichwort und ich drängelte mich in das Apartment. Tat so, als ob ich mich umsah. Kurz darauf stand Hilal wieder lässig neben mir, doch nicht für lange. Er ging auf einen anderen Mann zu und sie machten irgendein Handshakespiel.
»Bob! Ist das lange her. Hab gehört du, machst jetzt ein auf Babysitter.«
»Hilal altes Haus! Rede nicht so über meinen Boss. Außerdem kann ich das Gleiche von dir behaupten. Der Sohn von Selter, was? Bist ganz schon noch oben geklettert.«
Das war also Bob. Eigentlich Robert. Anthony hatte mir von ihm erzählt und das sie einen Agenten eingeschleust hatten. Er war eine Augenweite und ich wusste bescheid. Seine Augen leuchteten auf, als er über seinen Boss geredet hatte. Er und Kilrian hatten was am Laufen.
»Ist ja nett!« ging ich dazwischen und sofort besann sich Hilal und trat neben mich. »jetzt möchte ich wirklich allzu gerne zu Kilrian Ford.«
»Bitte entschuldigt. Herr Ford ist nicht zugegen«, sagte Bob.
»Und wo ist er?«
»Ehm, er geht seinem Hobby nach!« Hobby? Soviel ich wusste, hatte Kilrian kein Hobby.
»Und wie lange wird es dauern, bis er wieder da ist?«
»Unterschiedlich. Er kann in den nächsten Minuten auftauchen oder erst in zwei drei Stunden.«
»Gehe ich recht in der Annahme, das Kilrian Fords Hobby, das Bedienen diverse Männer beinhaltet.« Bob nickte. »Ach und wird er begleitet?« Bob schüttelte den Kopf. »Und warum wird euer Boss nicht begleitet?«
»Er will es nicht. Es ist die einzige Zeit ...«
»Und ihr lasst es einfach geschehen? Mein Vater hält sehr große Stücke auf ihn und ihr lasst ihn ohne Schutz!«
Bob wollte sich noch weiter verteidigen, doch ich hob nur meine Hand und er verstummte. Noch einmal blickte ich mich um und meinte dann, dass ich hier alleine auf Kilrian warten wollte. Wie es für Bodyguards gehörte, weigerten sie sich. Aber Hilal unterstützte mich dabei tatkräftig und sehr überzeugend. Die Luschen, die für Kilrians Schutz abgestellt worden waren, lagen bald am Boden.
»Wenn ihr ihn schon nicht beschützt wie es sich gehört, warum weigert ihr euch dann, zu gehen?«
Kurz drauf war ich mit Hilal alleine im Apartment.
»Du kommst zurecht?«, fragte er mich. Als ich keine Antwort gab, meinte er: »Ich bin in der Nähe!«
»Nein darum geht es nicht. Kilrian ist hier in der Gegend der Boss. Ihm kann sehr leicht was zustoßen.«
»Mach dir um Kilrian keine Sorgen. Bob hat ein Auge auf ihn.«
»War der nicht eben hier?«
»Schon, aber auch nur sich umzusehen, dass hier alles in Ordnung ist. Er war eigentlich auf dem Sprung zu Kilrian.«
»Weißt du, wie schnell man einen Menschen töten kann. Man dreht sich nur um und schon ist man tot.«
»Ich weiß es. Aber ich vertraue auch Bob und ich glaube kaum, dass er irgendetwas unternimmt, was Kilrian schaden könnte. Die einzigen Zeugen, die wir haben sind, Kilrian und du, deshalb seit ihr auch so wichtig.«
»Zeugen?« er nickte und ich holte tief Luft. Leider bekam ich keine Antwort mehr, und als ich in die Richtung schaute, in der er gestanden war, war er weg.
War ja typisch. Ich zuckte mit den Schultern, rieb mir die Augen und spürte ein leichtes Hungergefühl. Mal schauen, was Kilrian so in seiner hochmodernen Küche hatte. Fündig wurde ich leider nicht. Der Kühlschrank war leerer als meiner. Also was Essbares betraf. Dafür standen dosenweise Bier, literweise Wein und Sektflaschen drin und natürlich Kaffeesahne. Aus einem inneren Impuls hervor, nahm ich die Sahne und musste schmunzeln. Kilrian hatte eine Geschichte, es war ein kleiner Krimi, mehr eine gute Nacht Geschichte, in der ein Hund und eine Katze vorkamen. Ich glaubte mich zu erinnern, dass der Kater Mr. Pussy hieß, der eine extreme Arachnophobie hegte und eine totale Vorliebe für Sahne hatte. Und um an seine geliebte Sahne zu kommen, rief er immer mit hypnotischem Blick zur Kühlschranktür ›Die Macht‹ an. Allein die Vorstellung brachte mich zum Kichern und ich erinnerte mich, wie Kilrian vor Lachen fast keine Luft mehr bekam.
Die Sahne stellte ich zurück und schloss den Kühlschrank. War egal, ich konnte auch später etwas essen und so einen tierischen Hunger hatte ich auch nicht. Es war mehr, die Zeit totzuschlagen, denn aus Erfahrung wusste ich, dass es sehr lange dauern konnte, bis Kilrian heimkam.
Schon wieder ›heimkam‹. Ich wohnte nicht mehr mit ihm zusammen.
Wir waren bereits länger getrennt, als wir zusammen waren. Ironie des Schicksals. Damals hatte ich gedacht, das nichts und niemand uns je wieder trennen konnte, doch hatte ich nicht mit meinem Vater gerechnet. Wie denn auch? Woher sollte ich denn wissen, dass Kilrian bereits in seine Klauen war?
Ich inspizierte noch etwas das Apartment und es kam mir immer bedrückender vor. Nichts, rein gar nichts zeugte von Kilrian. Es war unpersönlich und kalt. Sicherlich waren die Möbel, die drinnen standen sehr modern, der Marmorboden vom hohen Standard und noch solch noblen Schnickschnack, aber es war eben nicht Kilrian.
Das Apartment sah aus, wie fertig eingerichtet, bevor Kilrian es bezog und er hatte nichts verändert.
Nun, nachdem ich mir fast alle Räume angesehen hatte, fehlte mir noch eine Tür. Ich öffnete sie und befand mich im Schlafzimmer. Sofort taumelte ich zurück. War der Rest der Wohnung kahl und unpersönlich, so überschlug sich hier Kilrians Anwesenheit. Schwer hing sein Geruch in der Luft. Das Duschgel, sein Parfum sein eigener Körpergeruch, konzentriert vermischt hier in diesem Raum.
Brutal zuckte es in meiner Lende. Keuchend rang ich nach Atem und ich musste mich am Türrahmen festhalten. So schnell hatte ich noch nie eine Erektion bekommen, wie in diesem Moment.
Ich versuchte mich zu beruhigen, was sich allerdings als schwer erwies. Einen Rattanstuhl machte ich ausfindig und ich schwankte leicht gekrümmt dorthin. Ließ mich auf den Stuhl plumpsen und atmete ein paar Mal tief ein und aus. Je mehr ich mich zur Ruhe zwang, umso schneller schien mein Herz zu schlagen. Doch irgendwann schien es mein Körper verstanden zu haben und der Druck ließ nach.
Nicht für lange. Ich hörte Stimmen und eine davon gehörte Kilrian.
»Es scheint, dass der Besuch wieder gegangen ist.«
»Kann schon sein Boss. Brauchen Sie noch etwas?«
»Nein! Du kannst gehen!«
»Ich wünsche Ihnen eine gute Nacht.«
»Nacht Bob. Ach Bob, mach Kick endlich klar, was passiert, wenn er mich noch weiter stressen will. Meine Geduld bezüglich, ihm, ist langsam aufgebraucht.«
»Warum entlassen Sie ihn dann nicht?« Kilrian lachte höhnisch auf.
»Bob ich entlasse keine Leute. Sie arbeiten so lange für mich, bis das der Sarg ›Hallo‹ sagt.«
»Verstehe!« Wieder hörte ich die Tür und ich schloss meine Augen. Stand vom Stuhl auf und suchte mir eine dunkle Ecke. Es war nicht zu spät, denn im gleichen Atemzug ging das Licht an. Kilrian kam rein, der an das Fenster ging. Das Handy am Ohr, eine Flasche ansetzte, trank und kurz aufkeuchte.
»Hans, heute früh war eine Frau bei mir. Sie heißt Melanie ... Verstehe ... das war doof, ... aber jetzt ist alles klar ... Okay ich wünsche der Familie alles Gute.«
Wieder setzte er an, steckte das Handy in seine Hosentasche, zündete sich eine Zigarette an, blies den Rauch aus und murmelte.
»Wieder ein Schritt näher am tot.«
Er holte sein Handy wieder hervor.
»Anthony ich habe ein Problem?«, mich wunderte es immer wieder, wie schnell er vom Deutschen ins Englische wechseln konnte. »Für mich arbeitet ein Mann. Ich habe das Gefühl, das er etwas geschnuppert hat. Ich kann mich auch täuschen. Verstehe. Danke.«
Er starrte so lange aus dem Fenster, bis er seine Zigarette ausgeraucht hatte. Zog sich aus, nahm wieder einen kräftigen Schluck von der Schnapsflasche und ging zu einer anderen Tür, die ich nicht gesehen hatte. Dann hörte ich das Wasser in der Dusche laufen und die Schiebetür. Kurz darauf das Gleiche wieder und Kilrian kam in einem Morgenmantel zurück. Seit wann trug er einen Morgenmantel? Nackt war seine Devise. Doch ich schüttelte den Gedanken ab. Er hatte bestimmt seine Gründe.
»Little Nicki Selter, wie lange wollen Sie mich noch beobachten?« Schock er kannte meinen alten Namen und er sprach englisch. Er hatte mich nicht erkannt, wusste aber, dass jemand da war. »Habe ich in den Augen Ihres Vaters etwas Falsches getan, oder warum wurden Sie herbeordert?«
Ich trat aus der Ecke, in der ich mich versteckt hatte, raus.
»Nichts dergleichen!«
Ich sah, wie er sich anspannte. Sich langsam zu mir umdrehte und kräftig schluckte.
»Du ... bist ... Little ...«
Ich schüttelte den Kopf.
»Nein, war ich. Aber wie du siehst, hat der Name noch Kompetenz. - Deine Leute hätten mich sonst nicht reingelassen.«
»Wer ist dann Tom?«
»Ich. Mein vollständiger Name lautet, Thomas Nicolai Selter und ja ich bin der Sohn von Jason Selter. Leider. Und ja ich war kurzzeitig im Geschäft meines Vaters mit tätig und ja, ich hatte die Augen davor verschlossen und nein, ich hatte mit meinem Vater kein Geschäft am Laufen gehabt, was mit dir zu tun hatte. - Kilrian ich was selbst überrascht, als ich es erfahren hatte. Du musst es mir glauben. Kilrian es ... es ...«
»Lüg jemanden anders an und nun verschwinde.«
»Verdammt ich lüg dich nicht an.«
»Sicher! Verarsch jemand anderes aber nicht mich!«
»Warum willst du es nicht verstehen?«
»Verstehen? Ich verstehe dich sehr gut und glaube mir, darauf falle ich kein zweites Mal rein. - Sag deinem Vater, die Geschäfte laufen gut ...«
»Welche Geschäfte? Glaubst du ernsthaft ich, wüsste nicht, was du machst?« Geschockt blickte er sich im Zimmer um. »Keine Sorge Bob schaut drauf, dass keine Wanzen hier sind.«
»Bob?«
»Robert heißt er und er ist ein SPA Agent. Ich durfte es dir eigentlich nicht sagen, aber ... verdammt ich will, dass du verstehst, dass ich mit meinem Vater nichts mehr am Hut habe.«
Ich sah, wie er zitterte. Langsam zum Bett ging und sich draufsetzte. Immer wieder schüttelte er den Kopf.
»Nein! Geh!« War alles, was er rausbrachte, denn nun schüttelte es ihn heftiger. Seine Vergangenheit hatte ihn eingeholt und nur Gott allein wusste, was da passiert war. »Geh bitte.«
»Kilrian ... ich ...«
Er hatte sich wieder gefasst, stand auf und blickte mich fest an.
»Tom ... Nicki bitte. Gehen Sie. Wie Sie sehen, ist alles in Ordnung, und wenn Bob wirklich ein SPA Agent ist, dann werde ich mich darum kümmern. Ich danke Ihnen für den Hinweis.«
Sein Blick war kalt, auch sah ich sein Zerwürfnis. Genervt rieb ich mir über die Augen. Scheiße was konnte ich noch tun? Wie konnte ich es im klar machen?
»Hör zu, du machst nichts dergleichen, sonst bekommst du es mit Anthony zu tun. Mit Hilal, mit Loris, mit Kyel und ganz besonders mit Sascha.« Sascha das war es. Sein Blick wurde weicher. »Und vor allem bekommst du es mit mir zu tun, wenn du dich nicht endlich zusammenreist und zurück zu mir kommst.«
Nun hatte ich seine Aufmerksamkeit. Für einen Bruchteil von einer Sekunde war er wieder er selbst, doch das änderte sich schlagartig.
»Wie Sie wünschen Nicki. Was soll ich für Sie tun?« Mit lasziven Schritten kam auf mich zu.
»Gottverdammt! Kilrian hör damit auf!«
»Mit was soll ich aufhören? Ich weiß nicht, was Sie von mir wollen. Zuerst soll ich zu Ihnen kommen und dann soll ich aufhören. Was für ein Spiel wird das?«
»Das frage ich mich auch. Ich weiß nicht, was passiert ist oder was mein Vater dir alles angetan hat, aber ich bin nicht er. Ich bin nicht Nicki. Ich bin Tom. Der ehemalige Sekretär von Kyel, nun Vizechef. Ich bin dabei eine Firma zu eröffnen und ich will meinen Freund zurück, der ein Callboy ist und nun in irgendeiner Vergangenheit steckt, die ihm es unmöglich macht in das Hier und Jetzt zu kommen. Soll ich es dir vielleicht noch aufschreiben oder ein Lied zelebrieren, dass du anfängst, mir zu glauben.«
Ich gab auf. Machte den letzten Schritt auf ihn, packte ihm am Genick und zog ihn zu mir. Ohne Unterschweif fand ich seine Lippen. Steif und ohne Regung ließ er es geschehen.
»Küss mich! Bitte küss mich. Ich vermisse dich so sehr. Bitte Kilrian lass mich dich nicht weiter anbetteln.«
Etwas änderte sich. Er war nicht mehr bocksteif. Leicht zitterte er, wenn auch nur kurz. Dann legte er seine Arme um meinen Oberkörper und öffnete seine Lippen. Erst war die Berührung behutsam und wurde von Mal zu Mal immer heftiger. Unsere Zungen waren ausgehungert. Kilrian drückte sich fester an mich. Ich spürte seine Finger, diesen Hauch von Nichts und mein Herz schlug fast über. Sein Morgenmantel rutschte ihm über die Schulter. Mit einem Ruck hatte ich ihn runtergezogen. Man war der Mann hübsch, noch schöner und ansehnlicher als ich ihn das letzte Mal nackt vor mir hatte. Seine Muskulatur trat am ganzen Körper vermehrt hervor. Es schien, dass er sich in zunehmendem Maße sportlicher betätigte und damit meinte ich nicht den Matratzensport.
Er selbst legte Hand an meiner Wäsche und ich war in null Komma nichts ausgezogen. Auch er musterte mich und strich sich mit der Zunge über die Lippen. Scheiße hatte ich ihn vermisst. Nicht nur ich. Mein Schwanz ragte hart hervor und wollte nach Hause.
Nach Hause. Ja das war es. Ich wollte wirklich wieder nach Hause kommen. Bei Kilrian sein. Mit ihm durch mein ganzes Leben gehen, und doch wusste ich auch, dass uns noch ein schwerer Gang bevorstand.
Kilrian bugsierte mich in Richtung Bett. Er legte sich breitbeinig rauf. Ich mich auf ihn und suchte wieder seine Lippen. Diesmal ließ er mich gleich rein. Ab und an biss ich ihn. Küsste seinen Hals. Liebkoste seine Brustwarze und bei allem, was ich mit ihm tat. Stöhnte er auf.
Als ich meinen Schwanz über seine Rosette strich, hob er seine Beine an. Ich wusste, dass ich ihn nicht vorbereiten brauchte, und drang sogleich ein. Nur kurz verzog er sein Gesicht. Ich positionierte mich so, dass ich bei jedem Stoß die Prostata erwischte. Sein Stöhnen wurde lauter, bis er schrie.
Er schrie und krallte sich in mein Rücken. Er biss mich, kratzte mich, küsste mich und dass alles gleichzeitig. Auch ich wurde lauter und schneller in meiner Bewegung, bis ich die bekannte Enge um mich spürte und er sich über seinen Bauch ergoss. Ich beugte mich zu ihm runter und küsste ihn mit all meiner Liebe. Nur noch langsam stieß ich in ihm, doch das reichte aus, dass ich auf ihn zusammenkrachte.
»Ich liebe dich Kilrian.«
Er fuhr mir durch die Haare und es war für mich ein Genuss seinen Herzschlag zuzuhören.
Wir hatten uns zwar geliebt, doch so ganz der Alte war er noch nicht. Wir waren geduscht und standen nackt am Fenster.
»Tom ich vertraue dir immer noch nicht!«
Ich lächelte nur und nickte.
»War mir irgendwie schon klar. Aber wenigstens nennst du mich wieder Tom. Sag mir, wie kann ich dein Vertrauen wiedergewinnen?«
»Gar nicht. Ein gescholtenes Kind bleibt ein gescholtenes Kind.«
Somit wandte er sich vom nächtlichen Himmel ab und ging ins Bett. Ich wartete nicht auf seine Einladung, sondern kuschelte mich neben ihn.
An Schlafen war nicht zu denken und es schien Kilrian genauso zu ergehen. Wir lagen nebeneinander da. Keiner sprach ein Wort oder tat etwas anderes. Die Nacht zog sich hin und irgendwann klingelte sein Handy.
»Bob weißt du, wie spät es ist?«, plötzlich hustete er. »Kick? Was ist mit ihm. Er ist verschwunden?! Der Idiot wird schon Muffensausen bekommen haben. Ja such weiter, vielleicht bekommst du irgendwelche Informationen raus oder ihn. Und wenn du ihn gefunden hast, dann lass ihn von mir grüßen.«
Er legte auf und wählte neu.
»War das gerade ein Mordauftrag?«, fragte ich und Kilrian nickte.
»Hey Anthony ... ha verstehe ... ja ... ihr habt ihn. Okay danke.«
Er legte auf und wandte sich zu mir. »Tom einer meiner Männer ist der SPA in die Hände gefallen. Er wird gerade verhört. Sag mal, wie lange soll ich vor Bob den Unwissenden spielen.«
»Du vertraust mir also doch.«
»Bleibt mir was anders übrig?«, fragte er und kroch zu mir. Beugte sich über mich und zärtlich küsste er mich.
»Nein dir bleibt nichts anders übrig, denn wenn mein Vater ›unseren Verrat‹ herausbekommt, sind wir beide am Arsch.«
»Na ja die Aussicht ist rosig, denn mein Arsch gehört ihm ja schon.«
Was für Kilrian so viel bedeutet, das nicht sein Arsch meinem Vater gehörte, sondern sein ganzes Leben mitsamt der Seele und alles Drum und Dran. Ich konnte nicht anders und nahm ihn in meine Arme.
»Ich verspreche dir, dass dir nichts geschieht.«
Dringend suchte ich nach Worten. »Ich weiß zwar nicht wie, aber ich werde einen Weg finden.«
Wie von Bob erwartet, wartete er etwas abgelegen auf einem Parkplatz auf mich und spielte mit seinem Handy. Anhand der Geräusche, was es machte, war es eine App, die sich Talking Tom nannte. Innerlich grinste ich. So ein gestandener Mann und spielte Kinderspiele. Amüsant. Doch nicht amüsant war es, dass das Spiel den gleichen Namen besaß, den ich für immer aus meinem Leben streichen wollte.
Wie immer fuhr er mich schweigend nach Hause, doch bevor er den Wagen anhielt, meinte er, dass ich Besuch von Nicki Selter hätte. Mir wurde es heiß und kalt auf einmal. Nicki Selters der berüchtigte Sohn Selters, das durfte nicht wahr sein. Allein der Name brachte einen dazu sich freiwillig von der Brücke zu stürzen. Allerdings war es, bevor ich zu Selter kam, und hatte von ihm auch sonst nie etwas gehört. Es war, als ob er nur ein Gerücht war, um uns Stricher Angst einzujagen.
Doch nun sollte dieses berüchtigte Gerücht bei mir auf Besuch sein. Ich schloss meine Augen und wartete, bis Bob endgültig den Wagen hielt.
»Macht Ihnen dieser Mann Angst?«, holte Bob mich aus meinen Gedanken und ich schüttelte den Kopf.
»Nein! Es gibt keinen Menschen auf der Welt, der mir mehr Angst einjagen konnte, als die, die ich schon erlebt hatte. Nicht einmal du schaffst es.«
Aber dennoch stellte er sich beschützend den ganzen Weg zur obersten Etage vor mich. Wobei er mir nicht die Angst nehmen wollte, sondern mich beschützte. Er spannte sich an, als die Aufzugtür aufging und wurde plötzlich locker. Er winkte mich in den Gang und führte mich zur Tür. Sperrte sie auf und schaute sich in meinem Apartment um.
Was mich wunderte, dass die anderen nicht mehr da waren. Nun so wundern tat es mich nicht. Es kam ab und zu mal vor, dass sie ihre eigenen Wege gingen, wenn sie keine Aufgaben hatten. Die einzigen Aufgaben die die hatte, waren mir auf die Nerven zu gehen und hin und wieder zu den Huren und Strichern zu schauen, um die rauszupiken, die ihrer Meinung nach nicht das erforderliche Geld anschafften, sie zu mir zu bringen, die ich dann wiederum Hans übergab. Wenn ich es könnte, würde ich alle vom Strich holen, doch mir waren die Hände gebunden. Und die größte Fessel war First. Wobei nun mein inneres Gefühl anschlug, das besagte, der nächste Knoten, der zu überwinden war, war First Sohn.
»Es scheint, dass der Besuch wieder gegangen ist«, meinte ich, als ich mich endlich mal hinter Bob vordrängeln konnte und ich sah, dass es stockdunkel im Apartment war. Scheiße fiel mir eine Lawine der Erleichterung runter.
Bob fragte mich noch, ob ich was bräuchte, was ich abschlug. So eine Gelegenheit, mal alleine zu sein, musste ich auskosten. Dennoch gab ich ihm noch eine Warnung mit, bezüglich Kick. Ich war langsam wirklich bereit, den Mann in den Fluss zu werfen. Ganz besonders hatte ich bei ihm ein sehr schlechtes Gefühl.
So gut wie gar nicht bekam ich mit, dass er ging. Tief atmete ich ein, ging an den Kühlschrank und durchsuchte ihn. Viel war nicht drinnen. Wie denn auch? Die Männer, die First mir bereitgestellt hatte, kannten nur ficken, ficken und noch Mals ficken. Für was anderes reichte ihr Gehirn nicht aus. Verdrossen nahm ich mir einen billigen Fusel raus. Für das Zeugs einzukaufen reichte gerade noch ihr Grips. Na ja, das sollte genügen um meine innerliche Leere, wieder für eine Nacht zu betäuben.
Ich konnte mich kaum noch erinnern, wann ich in welcher Nacht nüchtern war. Warum sollte ich auch nüchtern ins Bett gehen. Ich hatte in dem Sinn keine Verpflichtungen mehr, die meine komplette Aufmerksamkeit verlangten. Kunden bedienen konnte ich im Schlaf und das andere ... wie gesagt, da waren mir die Hände gebunden. Das Einzige, was ich an den Tag legen musste, war den Boss zu markieren und die Finanzen im Blick halten, mehr auch nicht.
Gott und für so ein langweiliges Leben wurde getötet. Aber ein, was Gutes hatte es, ich konnte so lange schlafen, wie ich wollte. Da fiel mir ein, ich musste mich nach der Frau erkundigen, ob sie schon ihre Tochter gefunden hatte. Also rief ich Hans an. Er bestätigte mir, dass Melanie bei ihrer Tochter war und dass sie seit Tagen versucht hatten, die Eltern zu erreichen.
Eigentlich wollte ich die Sache mit Kick Bob überlassen, doch auch ihm vertraute ich nicht. Er war mir zu allglatt und so rief ich Anthony an. Bei Anthony wusste ich, wo ich dran war. Er sagte mir, dass er sich darum kümmern würde. Keine Ahnung, wie er es anstellen wollte, immerhin waren er und seine Leute in Amerika. Sollte nicht mein Problem sein. Er war der Fachmann darin, Leute zu observieren, sie zu verhaften und keine Ahnung was noch. SPA, wenn man es genauer betrachtete, waren sie genauso, wie die Kriminellen nur operierten sie mit der Genehmigung des Staates und ihnen waren alle Mittel recht. Egal ob jemand dabei zu schaden kam oder nicht. So gerecht war die Welt.
Als ich mit Anthony telefonierte, sah ich vage etwas aus dem Augenwinkel auch das Geräusch von wackelnder Bekleidung vernahm ich. Scheiße wer war das? Mein Herz pochte mir bis zum Hals und ich spürte das Adrenalin in meinem Körper ansteigen. Es war keiner meiner Männer, die würden es sich nicht trauen, in meinem Schlafzimmer mir nachzustellen. Nicht einmal wenn sie todesmutig genug waren.
Ich war so gut wie tot, wenn es der war, was ich dachte, dass er es war.
Auch wenn er es sein sollte, so unterdrückte ich den Impuls, mich umzudrehen. Wenn ich schon Abschied nehmen sollte, so wollte ich wenigstens sauber sein und nicht mit Sperma und dem Geruch des Sexes vor meinem Schöpfer treten oder wie in meinem Fall vor meinem Mörder.
›Nun Bob du hattest mich gefragt, ob der Mann mir Angst machte‹. Jaa Scheiße ich hatte Angst. Nicht gerade vor dem tot, aber Angst davor, dabei schmerzen zu erleiden. Qualvoll wie ein Häufchen Elend zu sterben.
Mit schlotternden Beinen ging ich in mein Bad, stellte die Dusche an, trat unterm Wasser und wusch mich wie mechanisch ab. Ich konnte nicht mehr denken. Nicht einmal weinen konnte ich. Das Einzige, was mir durch den Kopf ging, waren die Kinder, denen ich nicht mehr helfen konnte. Die Erkenntnis, dass ich nicht den Schneid hatte, mich gegen First aufzulehnen und nun wieder vor ihm kroch. Meinen tot hinnehmen würde und somit alles hinter mir zu lassen. Ich war ein Feigling.
Ich trat aus der Dusche und blickte mich im Bad um. Fuhr mir mit der Hand durch die Haare, weil ich keine frischen Klamotten mitgenommen hatte. Dann fiel mein Blick auf den Morgenmantel, zuckte mit der Schulter und zog ihn an. Gott war es egal, wie ich vor ihm trat. Nackt, mit Bademantel oder in einem schnittigen Anzug. Die Seele war ihm wichtig und da waren wir schon angelangt. Mich schickte er Postwenden zu Luzifer. Na gut dann ging der Terror nach dem tot weiter. Mein Peiniger hatte dann zumindest einen anderen Namen. Halleluja.
Als ich zurückging, fragte ich mich, ob es normal war, dass man sich vor dem Tod über Dinge Gedanken machten, die sinnlos waren. Leider bekam ich darauf keine Antwort. Mich befiel eine Ruhe. Ich wusste, dass ich bald sterben würde und jeder Gedanke daran war ein vergeudeter Gedanke. Das Ganze was, wäre, wenn war hinfällig. Das hier und jetzt und genau dieser Moment, war es, was uns Menschen ausmachte, was wichtig war.
War es Mut oder Todessehnsucht? Ich wusste es nicht, aber ich sprach ihn an.
Doch als ich das Timbre hörte, blieb die Welt stehen. Alles aber auch wirklich alles zog sich in mir zusammen. Mit allem hatte ich gerechnet, aber nicht mit ihm. Es kam nicht einmal ein Gedanke, während meiner Lethargie über ihm auf. Langsam, es war schon Zeitlupe, drehte ich mich um.
Es war wirklich Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet er mein Todesengel war und nun trat er in seiner wahren Gestalt vor mir auf. Zeigte sein wahres Gesicht. Tom. Nein er war nicht der Mann, den ich liebte. Er war der Sohn, des Mannes, der mir das Leben zur Hölle gemacht hatte. Kein anderer als Nicki Selter, der nun höchstpersönlich vor mir stand.
Tom war Nicki Selter.
Auch wenn ich in seinen graublauen Augen blickte, die in mir sämtliche Reize und Ströme in Wallung brachten, mich dazu bringen konnten, alles zu tun, was er wollte, musste ich mich zurückhalten. Musste mich besinnen und mir klar werden, dass das nicht mein Tom war.
Scheiße ich wollte ihn, dennoch schob sich die Erinnerung an einem Leidensgenossen in mir hoch. Warum ich das Wort Vertrauen aus meinem Wortschatz gestrichen hatte. Warum ich die Regeln für meine Kunden festgelegt hatte. Warum ich Tom zuhörte und jedes Wort, das er sprach, auf die Goldwaage legte und das ungesagte hörte.
Wichtig waren nicht die Worte, die man hörte, sondern das, was nicht gesagt wurde. Tom konnte mir den Himmel auf Erden versprechen. Ich glaubte ihn nicht.
Dass ich so handelte, war mein damaliger Freund schuld. Freund, dass ich nicht lachte. Verraten hatte er mich. Mir die Liebe vorgespielt und am Ende hatte er mich dem Löwen zum Fraß vorgeworfen. Alexander hieß er und war genauso ein Stricher wie ich. Eigentlich war es eine schöne Zeit mit ihm. Er ließ mich vergessen. Wir leckten uns gegenseitig die Wunden, wenn ein Freier wieder äußerst brutal war oder First Schergen uns erwischt hatten und wir liebten uns. Ich hatte ihn geliebt. Alexander liebte seine Drogen und den nächsten Rausch. Doch davor hatte ich die Augen verschlossen. Ich war blind. So blind, dass ich es nicht mitbekommen hatte, dass First ihn auf mich gehetzt hatte. Er sollte mich beobachten. Alles was ich tat, ihm zustecken, und als ich irgendwann zu Alexander ging und ihm offenbarte, dass ich mich von First befreien wollte und schon einen Plan hatte, wie ich es anstellen wollte, befand ich mich im Keller wieder. Ab da brach die Hölle komplett über mich ein und First erklärte mir auf fantastische Weise, dass ich ihm gehörte. Alles, was First mir vorher angetan hatte, war nichts im Vergleich zudem, was er mir ab diesem Zeitpunkt antat.
Ich war in der Vergangenheit gefangen, die Schmerzen brannten mir im Geist. Ich sah, dass Tom redete, aber ich verstand ihn nicht. Es war schwer ihm zu folgen und mir viel nichts Besseres ein als die Fetzen, die ich mitbekam, mit meinen eigenen Worten wiederzugeben. Doch urplötzlich verschwand die stetige Wiederholung meiner Vergangenheit. Mein Körper reagierte auf etwas, er hatte noch nie einfach so, ohne das ich es bewusst gesteuert hatte auf etwas reagiert. Nur wenn er in meiner Nähe war, dann war ich komplett hilflos. Nein ich war nicht hilflos. Ich war stark. Mit ihm zusammen war ich stark und konnte endlich der sein, der ich war. In diesem Moment bewies er es mir. Mit nur einem einzigen Kuss und seiner Bitte ihn zu küssen, holte er mich zurück.
Er hatte recht. Er war nicht Nicki Selter. Vielleicht war er das einmal und wenn, dann wohl nur zum Schein. Wie ich nur zum Schein ein Boss war. Gott hatte ich ihn vermisst. Wie von selbst sprach ich auf ihn an. Wollte seine Haut spüren, seine Wärme. Ihn schmecken, riechen einfach alles. Die Wochen ohne ihn waren einsam und leer und irgendwie wusste ich, dass ich, durch ihn meine Freiheit zurückbekam. Der letzte Rest des Zweifels wurde besiegt als ich die Worte ›Ich liebe dich Kilrian‹ hörte.
Danach duschten wir und Tom versuchte, weiter zu mir vorzudringen. Doch wie das Sprichwort besagte: Ein geschlagenes Kind trägt Spuren der Folter, versuchte ich ihn noch auf Abstand zu halten. Vergebens.
Sicherlich bedeutete, Sex mit einem Menschen mehr. Bei mir war das anders. Sex war mein Leben. Mit Sex verdiente ich mein Geld. Sex hatte ich jeden Tag. Für mich galt Sex nicht Liebe und doch war der Sex mit Tom, ihm meine Liebe zeigen.
Widersprüchlich und doch war es so.
Keine Ahnung, wann ich eingeschlafen war, aber am nächsten Morgen war es mir heiß. So heiß war mir schon lange nicht mehr und der Pol, lag ausgestreckt neben mir. Leises Schnarchen drang zu mir rüber und ich betrachtete seine Züge. Lange und intensiv, obwohl ich sein Gesicht auswendig kannte, suchte ich nach Gemeinsamkeiten. Die waren da, natürlich waren die da und mich durchzuckte ein Stich. Nun wusste ich auch, warum ich mich, knall auf fall, in ihn verliebt hatte. Diese Ähnlichkeit und doch waren Toms Züge viel weicher, harmonischer.
Ich war in First verliebt, kein Zweifel. Mag es einer nennen, wie er es wollte, aber es war die Tatsache, dass der Mann es geschafft hatte, dass ich mich in ihn verliebte und gleichzeitig ihn bis auf den Tod hasste. Aber sein Sohn, der vom äußerlichen doch so ähnlich mit ihm war, war ganz anders. Das genaue Gegenteil. Vielleicht hatte er sogar ein paar von First Ambitionen, doch seine Lebenseinstellung war auf dem rechten Fleck.
Meine Finger fuhren wie von selbst seine Konturen nach. Strichen die Haarsträhnen aus der Stirn. Tom sah aus, als ob er schon lange keinen Friseurbesuch mehr hatte. Und ich berührte sanft seine Brauen. Wie immer wenn ich es tat, zog er seine Stirn in Falten und er Klopfen holte mich zurück.
»Wer?«, rief ich und sofort schlug Tom die Augen auf.
»Hilal. ich komm rein!« na toll, schon lugte er hervor und grinste über seine beiden Backen. Es fehlte nur noch, das er so geschminkt war, wie ein Harlekin, und er einen Pantomimentanz aufführte. »Ahh! Die Turteltauben sind wieder da!« Tom verdrehte die Augen und drehte sich zur Seite. »Es wurde auch wirklich wieder zeit. Ach Kil ... dein Bodyguard Kick oder wie der sich nennt. Weiß gar nichts. Das Einzige, was wir aus ihm herausholen konnten, war, dass Jason ihm versprochen hatte, das er dich so richtig vögeln darf, wenn er ein Auge auf dich hat. Nun ja, als wir ihn abgefangen hatten, hatte er gerade mit Jason telefoniert und Jason musste ihn wohl abserviert haben. Man hat der getobt wie ein kleiner Kanarienvogel. Außerdem ist an ihm nichts dran. Nur Muskelmasse sonst nichts. Ich frage mich, ob ...« er schüttelte sich kurz und dann blickte er uns direkt an. »so jetzt zu euch. Wie soll es weitergehen. Ihr braucht doch nicht zu denken, das Jason damit einverstanden ist, dass ihr wieder ein Techtelmechtel miteinander habt. Nachdem er darauf hingearbeitet hatte, euch auseinander zu bringen. Oder warum sollte ausgerechnet der Lover von Selters Sohn das Amt übernehmen ...«
Nun das war eine gerechtfertigte Frage, worüber ich mir selbst noch nie oder zumindest selten Gedanken gemacht hatte. Warum wollte First, dass unbedingt ich sein Nachfolger hier in dieser Gegend werde.
Plötzlich stemmte sich Tom auf. Blickte nein, sein Blick war durchbohrend, Hilal an.
»Du meinst doch nicht ... das ... Vater es ... mit Absicht, so hingedreht hat ...«
»Nun das ist die Frage Tom, aber wenn du es selbst nicht so richtig weißt ... » Tom schüttelte den Kopf.
»Das kann nicht sein Hilal! Zumal das, da viele Optionen zusammenspielen mussten und selbst mein Vater nicht in die Zukunft schauen kann. Wie sollte oder woher sollte er es wissen, dass ich mich in Kilrian verliebe? Ich mein ... ich wohnte in Amerika und hatte keine Ambitionen nach Deutschland zu ziehen, erst als ich Kilrian kennenlernte ...«
»Aber vielleicht hatte dein Vater einfach die Gunst der Stunde am Schopf gepackt. Wer weiß.«
»Nein, das ist nicht Selters Art. Er hat was anderes vor, wenn er was vorhat. Das weiß man von ihm nie. Heute so und morgen so.« warf ich ein.
Es war ein abgekartetes Spiel und ich wusste nicht, was ich davon halten sollte.
Die ganzen Überlegungen brachten uns nicht weiter. Es war einfach zum Verteufeln, da lebst quasi, ein halbes Leben mit einem Menschen zusammen und am Ende kannte man ihn trotzdem nicht. Noch schlimmer hatte es Kilrian erwischt. Er kannte nur eine Seite von meinem Vater, und zwar, die es Monsters.
Nachdem Hilal gegangen war, weil er eine Nachricht über sein Headset bekommen hatte, lag ich neben Kilrian, der starr an die Decke blickte.
»Dein Auftritt von gestern wird nicht lange geheim bleiben.«
Ich blickte ihm in die Augen, die mich wie immer in ihren Bann zogen.
»Das kann ich dir nicht sagen. Es war einfach ... ich musste dich wiedersehen. Da war mir alles Recht, und wenn ich den Papst hätte machen müssen ...« Kilrian kicherte und das liebte ich so an ihn.
»Dann glaube ich kaum, dass du sehr weit gekommen wärst, aber ich kann mir das sehr gut vorstellen. Du, in einer Papstkutte und diesem Ding da auf dem Kopf, Pileolus oder wie sich das nennt. Oh Tom ... du bringst mich auf Gedanken.« Und diesen Gedanken würde ich gerne mit dir teilen, hätte ich allzu gerne gesagt, doch kam ich nicht dazu. Seine Lippen platzierten kleine, kurze, sanfte Küsse, auf die meinen. Auch wenn ich seine Taktik schon langsam kannte, so kam sie mir immer wieder neu vor. Gänsehaut überflutete mich. Mein Blutkreislauf schien urplötzlich die Richtung zu wechseln, um dort haltzumachen, dass man im wahrsten Sinne des Wortes das Denken vergaß.
Sanft und sehr bedacht, als ob er von Neuem meine Körper erkunden wollte, strichen seine Finger über meine Brust, weiter zu meinen erogenen Zonen. Da ich wusste das sich die Frage erübrigt, wie er die Zonen so schnell finden konnte, genoss ich nur. Ich legte mich voll und ganz in seine kundigen Hände. Nebenbei küsste er mich am Hals und strich mit der Zunge feuchte Spuren, bis hinter mein Ohr. Hauchte dort Küsse rauf und seine Zunge wanderte zu meinem Adamsapfel. Man hatte ich ihn vermisst und nun bekam ich die volle Kilriandröhnung.
Er kicherte, als ich genüsslich vor mich hin seufzte und ihn etwas leicht geschockt anblickte, als er sich auf mich setzte. Er sich einen Finger an die Lippen legte und mich ohne Vorbereitung in sich aufnahm. Ich fragte mich immer wieder, wie er es machte, wie er den Schmerz aushielt.
Kilrian warf seinen Kopf nach hinten und drückte sich weiter runter. Nur kurz hörte ich ein Keuchen, und als ich komplett in ihm war, fing er an sich langsam zu bewegen. Ich wollte ihn berühren, doch er verneinte es und legte meine Arme über meinen Kopf. Er beugte sich zu mir runter, darauf bedacht sein Streicheln und sein Rhythmus nicht zu unterbrechen. Fand meine Lippen und küsste mich. Ich konnte nicht anders, legte meine Arme, die ich eigentlich über meinen Kopf halten sollte runter, auf seine Oberschenkel. Stemmte mich etwas hoch und meine Hände wanderten zu seinem Rücken und drückte ihn zu mir runter. Nun küsste ich ihn und wir wurden immer wilder. Es war kein Keuchen mehr, es ging in Stöhnen und dann in Lustschreie über. Auch hatte sich sein Rhythmus erhöht. Er richtete sich wieder auf und umgriff sich selbst. Kilrian hatte seine Augen geschlossen, doch wusste ich, dass er mich durch seine Wimpern heraus ansah. Ich selbst stieß meine Hüfte nach oben und drückte gleichzeitig ihn an seinen Hüften runter. Nur noch einmal atmete er tief ein und ich spürte seinen Saft auf mir landen. Doch ich verringerte meinen Rhythmus nicht. Im Gegenteil ich wurde schneller und stieß fester in ihm, bis ich selbst kam. Erst dann entließ er mich und kuschelte sich auf meinen Oberkörper.
Keine Minute zu früh klopfte es an seiner Schlafzimmertür und Kilrian seufzte genervt auf.
»Ja!«
»Boss bitte entschuldigt die Störung.«
»Bob was gibts denn?«
»Kick ist unauffindbar.« Kilrian blickte mich mit einem Blick an, der so viel bedeutete, ›keine Geheimnisse mehr, wenn es nicht sein muss‹ ich nickte nur.
»Bist du alleine hier, Bob?«
»Ja Boss!«
»Ich weiß, wo Kick ist und dort soll er bleiben.«
»Sie wissen, wo Kick ist, wo?«
»Robert, und du weißt das auch.« Kilrian lächelte ihn an und nickte nur als Robert kräftigt, schluckte. »Okay, Robert würdest du uns bitte einen Kaffee machen.« er nickte nur. Wahrscheinlich musste er erst alles Verdauen, zumal ich der Meinung war, dass er weniger davon überrascht war, dass Kilrian es über ihn wusste, sondern dass er mich in seinem Bett antraf. Ich wurde das Gefühl einfach nicht los, das Robert etwas mehr für Kilrian empfand, als was es für ihn gut war.
»Er liebt dich!« rutschte es aus mir raus und Kilrian stemmte sich auf meinem Oberkörper ab.
»Wie kommst du darauf?«
Ich zuckte mit der Schulter.
»Nur so ein Gefühl. Du hast mit ihm geschlafen!«
»Hmm, nein nicht geschlafen, gefickt. Mit dir schlafe ich.«
Ich wusste nicht warum, aber mir wurde es warm ums Herz. Zumal ich es verstand, warum Kilrian daraus einen himmelweiten Unterschied machte. Seine Kunden oder wie im Fall Robert, mit denen fickte er. Da war keine Liebe mit im Spiel, nur Mittel zum Zweck, aber mich liebte er. Mit mir machte er Liebe oder schläft mit mir und das war mir sehr viel wert.
»Danke Babe!«
»So hast du mich schon lange nicht mehr genannt.«
»Wir waren ja auch getrennt, sonst hätte ich das viel öfters zu dir gesagt.«
Wieder kicherte er und stand abrupt vom Bett auf. Zog mir die Decke weg und meinte, dass der Kaffee fertig sei. Genötigt ergab ich mich. Ich suchte meine Klamotten, die im Zimmer überall verstreut waren, und zog mich an.
Der Kaffee roch wirklich herrlich und ich freute mich, mit Kilrian wieder zusammen am Frühstückstisch zu sitzen.
Doch leider hatte ich eine Kleinigkeit vergessen. Kilrian war der Boss und ich spielte den Mafiasohn, somit war unser gemeinsames zweisames Frühstück gegessen. Hilal und Bob standen in der Küche. Am Tisch saß noch jemand, den ich am Abend kurz gesehen hatte, der klischeehaft seine Waffe putzte und eine Zigarette, nein es war ein Joint, rauchte. Vom Eingangsbereich hörte ich die Toilette gehen und da kam ein etwas kleinerer Mann heraus. Aber so wie sie aussahen, waren alle wohl aus einem Mafiosifilm entlaufen. Verdrossen kniff ich die Augen zusammen. Vor allem wusste ich nicht, wie ich mich den beiden Männern gegenüber verhalten sollte, von denen einer am Tisch saß und aufsprang, während der andere dabei war, seine Hose zu richten und mich beide, wie begossene Pudel, anstarrten.
»Macht die Klappe zu!« übernahm Kilrian das Ruder. »Habt ihr schon was von Kick gehört?«
Beide schauten urplötzlich in eine andere Richtung.
»Ähm nein Boss, er ist wie vom Erdboden verschluckt.«
»So! Vom Erdboden verschluckt. Ihr wollt mir doch nicht weismachen, dass sich die Erde aufgetan hat und Kick einfach so verschlang. Sucht ihn, findet ihn und dann bringt ihn her. Tod oder lebendig, mir egal.«
»Aber Boss ...«
»Was? - Sucht ihn und kommt mir ja nicht mit leeren Händen zurück. Eher will ich euch nicht mehr sehen.«
Weg waren sie. Das Einzige, was noch zu hören war, war die Tür, die ins Schloss fiel. Kilrian rieb sich die Augen und meinte, ›die wären wir für eine Zeit lang los‹. Hilal ließ ein Pfiff los.
»Na die hast du ganz schön unter Kontrolle!«
»Nicht wirklich. Sie spurten nur, weil Tom da ist. Eigentlich hätte ich den Befehl Bob, tzzz Robert gegeben und er hätte es den Idioten aufgetragen.«
Kilrian trat an die Kaffeemaschine und schenkte Kaffee in vier Tassen ein. Holte die Sahne aus dem Kühlschrank und schüttelte den Kopf. Wahrscheinlich ging ihm das Gleiche durch den Kopf, wie mir letzte Nacht, als ich auf ihn gewartet hatte. Er nahm die Tassen, die Sahne und stellte alles auf den Tisch. Ich war erleichtert, als nur noch wir vier da waren und wir in ein intensives Gespräch fielen.
Plötzlich erhob sich Kilrian und meinte, dass er einkaufen gehen wollte, da sein Kühlschrank nur aus gähnender Leere bestand. Hilal nahm sogleich die Chrometür in Augenschein und öffnete diese. Wie immer ließ er ein Pfiff los und schloss sie wieder.
»Na wenigstens ist da Sahne drin.«
Robert verdrehte die Augen und hob entschuldigend die Arme.
»Ich wäre schon einkaufen gegangen, aber ich wollte mich nicht unbedingt als Hausmütterchen entpuppen, also musste der Lieferservice immer herhalten. Es reichte schon, dass ich jedes Mal denen ihr Dreck hinterherräumen musste und Kilrian aß eh meistens auswärts.«
Robert wurde von Hilal unterbrochen, der eine Hand zu seinem Ohr führte. Er sogleich in ein anderes Zimmer ging und kurz darauf wieder zurückkam.
»Wir haben zwei Maulwürfe gefunden. Sie sind gerade auf den Weg nach Amerika.« Kilrians Gesichtszüge entgleisten.
»Ich hoffe, nicht die beiden.«
Hilal nickte bestätigend den Kopf.
»Doch! Sie waren vor Selters Ferienhaus, als wir sie erwischten.«
»Gott!«, rief Kilrian aus. »Hey innerhalb von nur 24 Stunden, verschwinden meine sämtlichen Leute, also wenn das nicht auffällig ist! Was denkt ihr euch dabei. Meint ihr wirklich, Jason bekommt davon nicht Wind?«
»Das geht wirklich zu weit!« mischte sich nun Robert ein. »Wir haben Order, wenn irgendetwas nicht nach Plan läuft, sollen wir mit Selter in Verbindung treten. Das war unüberlegt!«
»Nein, war es nicht. Kilrian ist hier der Boss und als Boss muss er ab und zu ein Exempel statuieren. Die kommen auch wieder zurück, verkohlt, dass dann nur noch der Leichenbeschauer von Selter sie erkennen kann. Kilrian du bist der Boss und als solcher musst du dich auch so benehmen. Du warst mit deinen Männern nicht zufrieden, also weg damit.«
»Warum habe ich nur ein schlechtes Gefühl bei der ganzen Sache!«, murmelte Kilrian und rieb sich die Augen.
»Gute Gefühle gibt es massenweise, mein Lieber, aber hier haben wir es mit dem schlechtesten Gefühl der Gefühle überhaupt zu tun. Selter ist schon lange ein Dorn in der Drogenszene. Seine Wege pflastern mehr Leichen als Steine. Menschenhandel, Sklaverei, Freiheitsberaubung, Mord. Wenn das so weiter geht, kann Selter der Yakuza bald Konkurrenz machen.«
»Und warum wird er nicht dingfest gemacht? Wenn ihr schon so viel über ihn wisst?«, warf ich ein.
»Das können wir nicht! Er schaffte es immer wieder, sich aus der Affäre zu ziehen. Wir müssen ihn auf frischer Tat erwischen und selbst dann ist es ungewiss, ob er hinter schwedische Gardinen kommt. Er hat sehr gute Anwälte. Außerdem Kilrian kannst du dich fragen, warum du noch auf freiem Fuß bist. So ganz grün hinter den Ohren, wie du tust, bist du auch nicht.«
Kilrian blickte zu Hilal und sein Ausdruck nahm etwas Ängstliches an. Ob es mit dem einen Jungen auf dem Foto zu tun hatte, dem Kilrian eine Waffe vor die Nase gehalten hatte? Aber er schüttelte nur den Kopf und meinte, dass er Luft bräuchte.
Ich stand mit ihm auf und wir gingen einkaufen. Natürlich wussten wir auch, dass wir in Begleitung waren. Wer uns aus dem Schatten beschützt, das wussten wir nicht und wollten es wohl auch nicht wissen.
Ich war einfach nur glücklich mit Kilrian wieder zusammen zu sein und ich musste schmunzeln, denn es war das erste Mal, dass wir zusammen einkaufen gingen. So hatte ich es mir immer vorgestellt. Hier ein verstohlenes Küssen, die Hand des anderen berühren, dort die Finger ineinander verkeilen.
In der Stadt in der Kilrian lebte, war die Homosexualität nicht verpönt, doch um Ärger zu vermeiden, da es vielleicht doch welche gab, die sich daran aufstießen, verhielten wir uns, als wären wir ganz normale Freunde.
Obwohl es erst Frühling war, stach die Sonne vom Himmel. Wenigstens hatte Kilrian so weit vorgedacht und schlenderte nur mit T-Shirt und Jeans durch die Stadt, aber ich, ich kämpfte mich mit dem Anzug ab, den ich angezogen hatte, um Einlass in sein Apartment zu bekommen. Was für eine Aktion.
Eigentlich hatte ich nicht damit gerechnet, so schnell wieder neben Kilrian aufzuwachen, wenn ich nur an das Hin und Her im letzten Jahr vor Weihnachten dachte und wie wir uns umkreist hatten, obwohl wir schon sehr lange ›zusammen‹ waren.
Das Schicksal hatte auserkoren, dass wir zusammengehörten, doch wir waren zu arg in unseren Stolz gefangen und hatten die kleinen Anzeichen, ›wohl bewusst‹ zu übersehen.
Etwas skeptisch blickte Kilrian mich an, zog eine Augenbraue hoch und meinte: »Wenn du noch weiter so dämlich vor dich hingrinst, fang ich an, mir sorgen zu machen.« Er hielt eine Tiefkühlpizza hoch und blickte auch gleichzeitig zur Fleischtheke. Ungläubig schaute ich ihn an und schwenkte zur Fleischtheke. Kilrian legte schmunzeln die Pizza zurück. Ich fasste es nicht, vor mir stand der Fünfsterne Hotel Gastronom und hielt eine Tiefkühlpizza hoch.
Was war nur anders? Seit ich neben Tom aufgewacht war, fühlte ich mich wie beschwipst. Beschwingt und flog in den höchsten Sphären. Ich konnte es mir noch so einreden, noch irgendwelche Gedanken machen, dass es unmöglich war, dass wir zusammen sein konnten. Es änderte sich einfach nichts daran. Ich liebte ihn. Verfluchte Scheiße hoch drei. Ja ich liebte Tom und, wenn es noch eine Steigerung dessen gab, wäre es genau diese.
Die wenigen Wochen, in denen wir getrennt waren, verschwanden im Nebel. Die Zeit war, wie nie da gewesen und doch hing sie an mir wie schlechter Geruch. Etwas anderes war es nicht.
Wie sollte ich in Zukunft mit Tom leben können? Diese und mehr Gedanken drangen sich unaufhaltsam in mir hoch. Er war der Sohn meines größten Feindes, daran ließ sich nichts ändern und doch war er der sanfteste Mensch, der mir je über den Weg gelaufen war.
Nur erahnen konnte ich, was passieren könnte, wenn wir zusammenblieben. Ganze besonders, weil ich in diesem Milieu auf eine der untersten Stufe stand. Sicherlich war ich ›der Boss‹, dennoch war ich nichts weiter als ein Stricher, der das Geld anschaffte und Tom ... er war zu recht schaffend. Viel zu gut und ich hatte eigentlich nicht vor meinen ›Job‹ als Callboy in naher Zukunft an den Nagel zu hängen. Schon gar nicht, wenn das nun mein finanzielles Standbein war. Ich musste schauen, woher ich das Geld bekam und vom Nichtstun bekam man nichts. Gut Arbeitsamt wäre auch noch da, doch mit dem Hungerlohn kam man keine zwei Wochen weit. Woher kamen die Gedanken? Aber ich musste vorausplanen, denn ich würde wohl kaum bis zur Rente oder drüber hinaus als ›Boss‹ tätig bleiben. Die Sterberate in diesem Geschäft war eindeutig zu hoch und sterben wollte ich so schnell auch wieder nicht. Dafür hatte das Leben wieder eine viel zu Bedeutetende Rolle für mich eingenommen. Und die bedeutendste Rolle lief gerade vor mir her in diesem Anzug. Scheiße er war einfach zum Anbeißen. Aber es war egal, wie Tom angezogen war, der Mann allein war einfach ... und ich verteufelte die Schlange an der Fleischtheke. Aber zum Glück hatte der Metzger, der im Supermarkt seine Filiale eröffnet hatte, das Nummerprinzip eingeführt. Gut für uns - schlecht für die Rentner, die sich all zu gerne immer vordrängelten und den ganzen lieben Tag nie Zeit hatten.
Ich fragte Tom, welche Nummer er hatte, er hielt sie mir unter die Nase und ich schaute auf die Anzeigetafel.
»Hmm, du hast die 62 und gerade ist der Kunde Nummer 45 dran.«
»Ja! Und?«
»Du willst mir doch nicht weismachen, dass du die ganze Zeit da warten willst, bis du dran bist!«
»Was meinst du? Wir haben schon alles im Einkaufwagen, was wir brauchen ...«
»Tom lass den Wagen stehen und komm einfach mit!«
»Kil ...«
»Tom ich muss jetzt wirklich mal mit dir über dein ... deinen Anzug reden.«
Tom schaute auf sich herab und schaute mich danach im gleichen Atemzug sprachlos an.
»Was ist dam ...« ich brauchte nicht weiterreden. Er schob den Einkaufswagen auf die Seite und grinste mich herausfordernd an. »Kilrian ... du bist ein kleines ...«
Ich nickte nur und zeigte Richtung Ausgang, wo sich die Toiletten befanden.
Kaum dort angekommen zog ich Tom in die Kabine, machte mich an seinem Reisverschluss zu schaffen und griff hinein. Tom war bereits steinhart.
»Gott!« zischte er und verlor fast sein Gleichgewicht.
»Dreh dich um ... mach schon ich platze gleich.«
»Kil ... ich bin nicht so schmerzunempfindlich wie du ...«
»Press deinen Mund zusammen und halte dich an der Toilette fest. Scheiße, wenn ich dich nicht gleich habe ...« wie automatisch sank ich auf die Knie und Tom beugte sich über das Klo. Es war unpersönlich und absolut nicht romantisch, aber ich hatte es nötig. Ich konnte nicht anders. Tom machte mich in seinem pickfeinen Anzug einfach an. Kaum das er sich anhielt, hatte ich ihm seine Hose runtergezogen und er präsentierte mir seinen wunderbaren Hintern. Ich zog seine Backen auseinander und in dem Moment wurde es mir bewusst, wie sehr ich ihn vermisst hatte.
Mit meiner Zunge leckte ich ihm über seine Rosette. Sanft platzierte ich sanfte Küsse rauf und saugte an der Haut. Drang mit meiner Zungenspitze in ihm und legte eine feuchte Spur aus Speichel über seinen Eingang. Danach schob ich ihm einen Finger rein und mit der anderen Hand kraulte ich ihm seine Eier. Nur allmählich entspannte er sich und mir ging es zu langsam.
»Tom bitte ...«
»Kil ...«
Er schnappte nach Luft als mein zweiter und kurz darauf mein dritter Finger folgte. »Mach langsam ...«
»Mach deine Beine breiter und beuge dich weiter nach unten.«
»Hörst du mir überhaupt zu?«
»Tom ich will dich. Jetzt. Mach einfach das, was ich dir sage. Entspanne dich und rede nicht so viel.« Mit einer Hand öffnete ich meine Hose. Sie rutschte von alleine runter und eine Unterhose hatte ich eh nie an. Da fühlte ich mich immer so eingeengt. Außerdem in so einer Situation war eine Unterhose sowieso viel zu viel Stoff.
Ich zog die Finger aus ihm heraus, richtete mich auf und setzte meinen Schwanz an seinen Eingang.
Langsam drang ich in ihm. Ich hörte, wie er kurze Schmerzlaute von sich gab und ich wies ihn an, sich etwas aufzurichten. ER tat es und ich drang mit Leichtigkeit vollständig in ihm. Das war auch nur möglich, wenn der Partner die für sich beste Position einnahm.
Ohne Weiteres zu tun erhörte ich mein Tempo. Tom musste sich nun mit ganzer Kraft an der Toilette festhalten. Ich hingegen krallte mich an ihm fest und rieb seinen Schwanz. Immer schneller wurde ich und Tom biss sich schon fast auf die Lippen, dass er nicht stöhnte. Dann hörte ich, wie die Tür ging, und hielte in meiner Bewegung inne. Jemand ließ Wasser, wusch sich die Hände und die Tür ging wieder. Nur noch kurz lauschte ich.
»Das ist nicht zu fassen ...«, schnaufte er und ich stieß in ihm, dass er diesmal vor Schreck einen Laut von sich gab. In der ganzen Zeit, als der Unbekannte seinem Geschäft nachging, hatte ich Toms Schwanz sanft gestreichelt. Beugte mich über ihn und hauchte küsse auf seinen Rücken. Er spürte sie kaum, da er das Jackett anhatte.
»Was ist nicht zu fassen?«
»Das Ganze hier. Eigentlich werde ich schlaff, wenn eine Störung kommt, aber ...« ich musste kichern. Tom war in dieser Beziehung wirklich noch sehr naiv.
»Ich habe es eben nicht zugelassen, dass du schlaff wirst ...«
»Die 59! 59 Bitte!« hörte ich und ich erhöhte wieder mein Tempo, auch rieb ich stärker Toms Schwanz.
»Gott warum so schnell?« keuchte Tom.
»Weil wir gleich drankommen, oder willst du wieder über 15 Leute vor dir haben. Dann können wir das hier gerne wiederholen.«
Plötzlich spürte ich Enge um mich aufkommen und Tom ergoss sich über meine Hand. Selbst ich brauchte nur noch ein paar Stöße und ich kam.
Wir zogen uns die Hosen hoch, wuschen die Hände und traten aus der Toilette heraus.
»Du treibst es auch überall, oder?«
Ich zuckte nur mit der Schulter.
»Nicht ganz. In einem Riesenrad würde ich wohl totale Höhenangst bekommen!«
Allein die Vorstellung reichte aus und es schüttelte mich ab.
Wir kamen an die Fleischtheke an, als unsere Nummer aufgerufen wurde.
Da wir ohne Auto unterwegs waren, weil es ein lauschiger Vormittag war, schleppten wir den Einkauf nach Hause. Nun bereute ich es und doch musste ich schmunzeln, Tom in seinem pickfeinen Anzug zu sehen und wie er sich auch mit der Tüte abkämpfte. Wir bogen gerade in die Straße ein, als mein Handy klingelte. Ich hörte Tom neben mir laut einatmen und ich stellte die Einkaufstüte ab. Holte das Handy aus meiner Hosentasche und blickte auf das Display.
»Chairman.«
»Chairman ...?«, flüsterte Tom, der ebenfalls raufgeschaut hatte und ich nickte. »Du meinst ... der Präsident?!«, wieder nickte ich und da fiel es mir ein. Er war auf einem Gipfeltreffen in Deutschland unterwegs und da war es schon normal, dass er mich anrief.
»Ja!«
»Zeth von Freitag bis Sonntag brauche ich einen Escort für meine Tochter.«
»Ich mache keinen Begleitservice für Frauen ...«
»Du schuldest mir noch etwas. Hast du vergessen, dass ich alles Stehen und Liegen gelassen habe, um dich nach Deutschland zu fliegen ...«
»Habe ich nicht vergessen und ich bin dir deswegen auch sehr zum Dank verpflichtet, doch, soweit ich mich erinnere, war die Gegenleistung, etwas aus meinem privaten Leben zu erfahren.«
»Was sehr wenig ist. Ach Zeth ... der kleine Umweg nach Deutschland hat mich ein kleines Vermögen gekostet. - Wir sehen uns am Freitag um 19:30 Uhr vor dem alten Theater.«
Ich rieb mir die Augen. Das auch noch. Ich musste mich verkleiden, weil der alljährliche Maskenball stattfand. Nicht nur das, er würde mit hundertprozentiger Sicherheit noch ein paar Mal anrufen, bis er der Meinung war, dass ich meine Schuld gänzlich bei ihm abgezahlt hatte.
Kurz atmete ich mit schüttelndem Kopf tief ein und Tom trat an mich heran.
»Was ist los?«
»Ach, die sind alle gleich! Ich wurde für drei Tage als Escort gebucht.«
»Aha! Und was ist das?« Gott Tom war so lieb naiv und ich schmunzelte ihn an. Danach fing ich an, es ihm zu erklären. Als ich damit fertig war, nickte er nur und stellte mir eine andere Frage.
»Warum bist du da abgeneigt? Ich mein es handelt sich um eine Frau, - ist ja nicht so, dass du mit ihr ins Bett steigst.«
»Weil ich daran nichts verdiene. Chairman will es als Gegenleistung, weil er uns nach Deutschland geflogen hat.«
»Ahh!«
»Und das passt dir nicht?«
»Jepp. Es läuft alles aus dem Ruder, wenn du nur einmal anfängst, den kleinen Finger zu geben.«
Ich holte den Schlüssel aus der Tasche und sperrte die Eingangstür auf. Als Tom sie schließen wollte, meinte ich nur, dass er sie offen lassen soll, damit Hilal oder Bob oder wer auch immer in unserem Schatten lief, rein konnte.
Fragend blickte er mich an und ich zeigte auf den Mann, der keine fünf Sekunden später durch die Tür kam. Es war Bob. Sorry Robert. Es würde wohl noch eine lange Zeit dauern, bis ich mich an seinen Namen gewöhnt hatte.
»Woher hast du gewusst ...«
»Seit ich als Boss fungiere, stehe ich unter ständiger Bewachung und ich denke, dass dein Vater dich ebenfalls überwachen lässt. Auch wenn du bis jetzt noch nichts davon mitbekommen hast.«
»Dann kennen sie Hilal ...!« Rief er aus.
»Mit Sicherheit ...«
»Keine Sorge. Wir wissen es, dass wir beobachtet werden. Doch solange eine Seite nichts macht, ist das ein gegenseitiges Abkommen«, mischte sich Bob ein. Ich verdrehte nur die Augen und wartete, bis der Fahrstuhl sich öffnete. Tom war es, so wie mir es erschien in vielen Dingen total unerfahren. Da musste ich Abhilfe schaffen. Die Frage lautete ... WIE?
Er hatte einen Heimvorteil. Er war der Sohn des Bosses. Okay nicht gerade des ›Bosses‹, aber immerhin stand er in diesem Milieu doch sehr weit oben. Aber wie er diese Position ausnützen könnte, wusste er nicht.
So richtig wusste er es nicht, obwohl er seinen Stand vor wenigen Stunden ausgenutzt hatte. Hatte er sich diese Macht unbewusst zu seinem Eigen gemacht.
Bob drängte sich vor und schloss das Apartment auf.
»Hilal!«, rief er rein.
»Das Apartment ist sauber!«, kam es von drinnen und Bob änderte seine Haltung. Er ließ uns eintreten.
Keine Ahnung, warum ich dies tat, aber ich hielt automatisch die Luft an. Aber als ich keine Rauchschwaden sah, wagte ich etwas einzuatmen. Erleichterung kam in mir auf, es war kein Duft von schweren Kräutern zu riechen oder die penetranten Parfüms, die meine Männer immer trugen.
Außerdem sah ich einige Koffer in meinem Wohnbereich stehen und blickte fragend zu Hilal.
»Sind das deine?«
Er schüttelte mit dem Kopf.
»Nein, sie gehören Tom. Ich habe mir die Freiheit genommen und habe einige Sachen eingepackt.«
Ich blickte zu Tom, der wohl genauso sprachlos dreinblickte wie ich.
»Anthony meinte, es sei besser so, wenn wir euch in nur einer Wohnung unter Beobachtung haben und da das Apartment etwas mehr an Luxus und Zimmer aufweisen kann wie Toms Bruchbude ...«
Hilal zückte lieblich seine Augenbraue und ich hatte das Gefühl, Loris stand vor mir. Innerlich schüttelte ich mich, denn Loris war der Meister der Verwandlung. Hingegen Hilal eher dazu neigte, alles gerne mit den Fäusten zu regeln.
»Aha!«
Plötzlich erschrak ich, als Tom sich in die Hände klatschte und meinte, dass das gar keine so schlechte Idee sei, denn er wollte doch sehr gerne aus dem Anzug raus. Verdrossen blickte ich ihm hinterher, wie er sich gleich über den ersten Koffer hermachte. ›Welche eine Schande! Wie lange werde ich wohl warten müssen, bis ich wieder in diesem Genuss komme?‹
Die Tage vergingen und ich gewöhnte mich daran in ständiger Begleitung zu sein, auch wenn ich meine Begleitung selten bis nie sah.
Die Männer, die mein Vater für Kilrian bereitgestellt hatte, saßen hinter schwedische Gardinen. Anthony hatte noch einige Leute für uns abkommandiert, weil Kilrian nun wirklich den Boss gegenüber meinem Vater gegeben hatte. Hut ab! Keine Ahnung, wie er es geschafft hatte, aber mein Vater musste wohl irgendwie nachgegeben haben.
Einige waren neu, die ich, seit ich mit der SPA zusammenarbeitete, noch nie gesehen hatte. Ich kannte Gerbert, Loris, Hilal, Emily und Anthony. Raoul war der Bruder von Emily, hatte aber mit der SPA nichts zu tun, dennoch half er hin und wieder mit aus. Kyel war eher der Sponsor und manchmal auch der Auftraggeber der SPA sowie der Pate von Emilys und Anthonys Sohn John und der beste Freund von Raoul, wo er durch ihn, durch gewisse Umstände an die SPA kam.
So sah ich mich gezwungen einen Agenten in der Zweigfirma von Kyel einzustellen. Er hatte sich mir als K. -H. Rausch vorgestellt und sah nicht gerade wie eine Kampfmaschine aus. Er war ziemlich hochgewachsen, schlank, schmale Schulter und hatte so rein gar nichts von Hilal oder Anthony. Eine Hackenase und recht schmale Lippen zierten sein Gesicht. Noch dazu sahen seine blauen Augen hinter der getönten Glasbrille unheimlich aus. Der Typ verursachte mir Gänsehaut und unter normalen Bedingungen hätte ich ihn nie eingestellt, nicht einmal wenn er dazu prädestiniert war.
Ich verschwand in mein neues Büro, wo noch einige Kartons standen und diverse Gerätschaften angeschlossen wurden. Die letzten Schritte waren im Gange und bald würde die Firma eröffnen. Ich stellte mein Laptop, der im Moment mein Arbeitswerkzeug war auf den noch ziemlich leeren Tisch, und ließ ihn hochfahren. Die Elektriker entschuldigten sich, dass sie noch nicht fertig waren und ich winkte es ab.
»Wenigstens sitze ich nicht wie in den letzten Wochen auf eine Europalette und habe den Laptop auf die Knie.«
Es war schon wahnsinnig rekordverdächtig, was Kyel geschafft hatte. Das ganze Gebäude war baufällig, zerbrochene Fenster, Stromleitungen, die aus den Wänden hingen und Risse sowie Löcher aufwiesen. Von der Statik gar nicht erst zu sprechen. Beim Betreten hatte man Angst, dass es wie ein Kartenhaus zusammenbrechen könnte. Doch Kyel hatte es geschafft die Leute zu motivieren, sodass diese selbst im Winter gearbeitet hatten.
Eine Woche noch, das war der Hammer. Am nächsten Samstag war die Eröffnungsfeier und ich hatte noch immer nicht alle freien Stellen besetzt. Werde ich wohl auch nicht mehr schaffen, denn im Moment hatte ich kein freies Zimmer zur Verfügung um Bewerbungsgespräche führen zu können.
»Entschuldigen Sie bitte ...«, hörte ich und blickte auf. An der Tür stand eine attraktive junge Frau. »Guten Tag, mein Name ist Tanja Lederer. Herr Reimer schickt mich, wegen der Gestaltung für die Eröffnungsfeier.«
Na wenn das nicht, ›wenn man vom Teufel spricht, dann kommt er angerannt‹ Devise war. Ich erhob mich und begrüßte die Frau.
Das Gespräch mit Frau Lederer ging schnell über die Bühne und ich konnte die Blicke, die ihr von den Bauarbeitern entgegengebracht wurde nicht übersehen.
»Das Mädl ist schon eine heiße Braut, nicht wahr?«
»Jo da hast du recht. Aber so ein heißer Feger hat bestimmt schon jemand an der Angel!«, hörte ich sie reden und innerlich verdrehte ich die Augen.
Ich schaltete ihre Unterhaltung bezüglich Frau Lederer aus, die wohl unter Heteros üblich waren. Aber ich musste mir wirklich eingestehen, wenn ich auch auf Frauen stehen würde, würde sie wohl in mein Beuteschema passen. Ihr Lachen war natürlich und nicht wie bei den meisten Frauen künstlich. Auch hatte sie sich nicht extrem mit Schminke zugekleistert, was ich bei Frauen zu schätzen wusste. Nachdem ich mit meiner selbst auferlegten Arbeit fertig war, beschloss ich Feierabend zu machen.
Aber eigentlich konnte ich die restliche Arbeit, die noch auf mich wartete, auch erledigen, denn ich war allein daheim.
Kilrian war vom Präsidenten für seine Tochter gebucht worden und ich hoffte, dass er seine schlechte Laune, die er seit Tagen mit sich rumschleppte, nicht in seinem Job ausließ. Robert und Hilal litten schon genug unter Kilrian Spitzfindigkeit. Er hätte eine Diva werden sollen und kein knallharter Callboy. Aber er wäre nicht Kilrian, wenn er darin keine Professionalität reinlegte. Niemand würde ihm seine Laune ansehen, bis auf eine Ausnahme. Ich.
Ich fuhr den Laptop runter und ging noch einmal durch die Firma. Schloss die Fenster und aktivierte die Alarmanlage. Da fiel mir ein, dass ich noch gar keinen Hausmeister eingestellt hatte, und rieb mir die Augen. Für diese Stelle hatte ich noch nichts ausgeschrieben. Warum war mir das nicht zehn Minuten früher eingefallen? Egal, das holte ich am nächsten Tag nach. Auch wenn es Wochenende war, aber dank Internet, war das in der heutigen Zeit kein Problem mehr.
Ich saß gerade im Auto, als mein Handy losging. ›Kilrian‹
»Hey! Was ist los?«
»Mir ist so grottenlangweilig!«
So wie er das hergebracht hatte, musste ich schmunzeln. »Tom du hast echt keine Ahnung, wie nervig die Tochter des Präsidenten ist. Sie hängt die ganze Zeit an mir dran ... und labert über ihre ›ach so angeblich beste Freundin‹, wenn sie wenigstens tanzen könnte, wäre der Abend etwas aufregender.«
»Du packst das schon!«
»Ich möchte lieber was anderes packen.«
»Nun Eleanor ist erst sechzehn. Was hast denn du gedacht, wie sie sich benimmt. In ihrem Alter würde sie kaum über den Weltfrieden reden oder daran denken, mit einem wildfremden Kerl ins Bett zu steigen. Da sind ihre Freundinnen an erster Stelle und dann kommen erst die doofen Jungs.«
Nun kicherte er.
»Danke Tom. Wir werden uns bald sehen. Länger wie bis zehn Uhr hat sie nicht Ausgang.«
»Was höre ich da aus deiner Stimme. Bist du verstimmt, weil du heute deine Kunst nicht präsentieren kannst?« wieder kicherte er. »Etwas Pause schadet keinem.«
»Ah da bist du!«, hörte ich die Präsidententochter reden und wie immer war ich überrascht, wie schnell Kilrian ins englische wechselte. Okay mit mir sprach er ab und an auch englisch, aber das war wohl unbewusst, obwohl ich ihn gebeten hatte, vorwiegend deutsch zu sprechen, damit sich meine Sprachkenntnisse verbesserten.
›Ja ich weiß, wie sehr dich der Job ankotzt, aber da musst du jetzt durch. Ob du willst oder nicht‹
»Na man sieht sich. Hello Dear ...«
Die Verbindung war weg und ich startete das Auto. Noch bevor ich losfuhr, ging die Beifahrertür auf und Rausch stieg ein.
»Meine Güte erschrecken Sie mich nicht so!«
»Seien Sie froh, dass Sie sich nur erschreckt haben. Im Normalfall bekommen die Menschen nicht einmal mehr das mit.«
Rausch schnallte sich an und sprach in die Luft, dass er bei mir war. Egal wie ich nach dem Mikrofon suchte, ich fand es nicht. Resigniert gab ich auf und fuhr los.
»Ich habe eine Frage. Sind Sie auch ein Ehemaliger?«
»Ein Ehemaliger was?«
»Red Eye!«
Stille kam auf und ich blickte zu ihm rüber. Ich sah, wie er mich musterte.
»Nein. Bin ich nicht. Die red Eyes wurden aufgelöst, da kam ich gerade zu der SPA. Woher wissen Sie über die red Eyes Bescheid.«
»Zufall!«
»Zufall! So. - Station 1, hier Rausch, erfrage Codeeinstufung von Paket 2. - Paket 2 weist Wissen über RE auf - verstanden. Rausch ende. - Herr Selter Sie sind ein explosives Paket. Nun verstehe ich auch, warum Kommander McAlaster diesen Fall auf Rang 1 eingestuft hat.«
»Anthony? Anthony ist Kommander? Ich dachte, er sei nur ein einfacher Agent und nimmt die Befehle von jemand anderen an.«
»Macht er auch, aber er ist der Kommandeur unsrer Einheit. Was glauben Sie, was die SPA ist?«
»Pff so was Ähnliches wie die CIA oder FBI ...!«, wieder musterte er mich an und es war unheimlich.
»Nun die SPA wird gerne mit der CIA oder FBI verglichen aber wir erstrecken uns nicht nur im eigenen Land, sondern über die ganze Erde. Wir operieren oft mit anderen Organisationen zusammen. Erledigen die Drecksarbeit wenn es für Denen zu heikel wird. Seals, Marines, CIA. FBI, KGB und wie sie alle heißen, bewahren nur ihre weiße Weste ...«
Als er sein Blick immer noch nicht von mir genommen hatte, war es nicht mehr unheimlich, sondern schon gruselig.
»Mit anderen Worten, die SPA ist die Müllentsorgung und wird als normale Polizeieinheit in der Öffentlichkeit dargestellt.«
Nun lächelte er und langsam wusste ich nicht mehr, wo ich als Erstes hinschauen sollte. Auf die Straße oder auf seine blütenweißen Zähne. Welcher normale Mensch hatte solche Zähne? Die waren definitiv nicht echt.
»So in der Art.«
Die restliche Fahrt verlief schweigend.
Was mich wunderte, als Herr Rausch ausgestiegen war, er direkt zum Kofferraum lief und einen Rucksack herausholte. Wann und wie bitteschön, hatte er ihn darein getan? Die Frage würde wohl in alle Ewigkeit unbeantwortet bleiben. Ich musste mir aber auch eingestehen, ich wollte nichts mehr wissen.
Daheim angekommen ging ich in die Küche, an den Kühlschrank und holte mir ein Bier raus. Rausch setzte sich an den Küchentisch und schlug die Tageszeitung auf. Wieder fragte ich mich, woher er die versteckt hatte. Kilrian bekam keine und er ließ mich an keinem Stand oder bei einem Supermarkt um eine zu kaufen anhalten. War er sich sicher, dass er kein Ehemaliger war? Seine Vorgehnsweise unterschied sich kaum von Anthony. Innerlich schüttelte ich den Kopf und köpfte die Flasche.
»Sind Sie für heute Nacht hier eingeteilt?«, er nickte und ich dachte mir ›Okay‹.
Auch wenn mir dieser Mann nicht ganz koscher vorkam, wer war das schon, setzte ich die Flasche an und stellte sie zurück auf die Ablage. Danach ging ich ins Schlafzimmer, in das anliegende Bad und ließ mir Badewasser ein. Ich hatte keinen Blick für das Inventar, da ich von Kyels Villa schon genug zu sehen bekommen hatte. Für Reiche war das die Norm und doch war das so gar nicht Kilrians Stil. Ich wünschte mir seine heruntergekommene und gemütliche Wohnung im Hotel zurück. Da wusste man, dass man zu Hause war. Aber hier?
Immer wieder blickte ich verdrossen auf meine Armbanduhr und wünschte mir 22 Uhr. Doch der Stundenzeiger hatte kein erbarmen und wieder befand ich mich auf der Tanzfläche.
»Oh meine Füße bringen mich um!«
»Sie halten sich tapfer Mss. Eleonore.«
»Sie Charmeur!«
»Mss. die Limousine wartet ...« kam ein Bodyguard von ihr her und ich blickte wieder auf die Uhr.
»Oh, wie schnell die Zeit verging.«
Die Präsidententochter schmollte. »ich denke, Ihr Bodyguard gewährt uns noch diesen Tanz.«
Er tat es.
Der Tanz ging nicht mehr lange und ich brachte sie zum Ausgang.
Dort umarmte sie mich.
»Ich danke Ihnen.«
»Gern gesehen meine Liebe.«
»Nein ich mein es ernst. Sie sind der erste Mann, der mich als Frau ansah und nicht als die Tochter des Präsidenten oder als eine verzogene Göre.« ich lächelte leicht und nickte ihr noch zum Abschied. »Ähm Zeth dürfte ich Ihr Gesicht sehen?«
»Das Geheimnis hinter der Maske wird beim letzten Maskenball gelüftet«, sagte ich ihr winkend und wartete, bis sie eingestiegen war und die Limousine davonfuhr.
Nun atmete ich erleichtert ein und blickte mich um. Hätte ich mir ja denken können, dass hier keine Taxis warteten wie in Amerika und ich rief mir ein Mietauto.
Ich zündete mir eine Zigarette an und blickte zum sternenklaren Himmel. Noch wenige Wochen und um diese Zeit wäre es erst Sonnenuntergang. Das Taxi hielt vor mir und ich wunderte mich, dass es so schnell ging. Eigentlich, wenn ein Event stattfand, konnte man ruhig eine halbe Stunde einplanen.
»Haben Sie ein Taxi bestellt?«
»Hilal? Wie, woher ich mein ...«
»Berufsgeheimnis! Steig ein. Ich bekomme bei solch Menschenauflauf, immer ein kribbeln in den Händen.«
Ich öffnete die Tür und stieg ein. Kaum zwei Sekunden später wurde die Hintertür geöffnet, Bob stieg ein und er nahm sich seine Maske ab. Leicht verdattert blickte ich ihn an.
»Jetzt geht es wohl schon so los, dass ihr mir zu meinen Terminen folgt, oder wie sehe ich es.«
»Darauf kannst du Gift nehmen. Und tue nicht so, als ob es dir peinlich wär. Außerdem wäre es nicht das erste Mal.«
»Hilal das ist aber jetzt echt nicht wahr!«, sein Grinsen sagte alles. »Meine Fresse! Wie lange schon?«
Er schwieg und das Grinsen war aus seinem Gesicht verschwunden.
»Hilal! Wie lange?«
»Seit ... seit du Alexander Zollwerk erschossen hast.«
Geschockt blickte ich Hilal an. Ich spürte, wie mir das sämtliche Blut aus dem Kopf floss und mein Herz gegen meine Brust hämmerte. Schon lange hatte ich keinen Klos mehr im Hals gehabt, doch dieser würde mir für immer in Erinnerung bleiben. Er schnürte mir buchstäblich die Luft ab.
Zu fragen, woher sie das wussten, brauchte ich nicht. Die Frage lautete eher, warum wurde ich nicht verhaftet. Warum ich nach all den Jahren noch immer auf freien Fuß war? Und noch viele andere Fragen kamen in mir hoch, die ich aber auch sofort wieder vergaß.
»Sven Kracker, Oliver und Lucas Schrepp, Kevin Mariou, ...«
Mir wurde es schlecht.
»... und noch ein paar mehr. Das Wichtigste ist aber, das wir wissen, dass du sie alle getötet hast. Sie alle, bis auf Zollwerk weisen deine Handschrift auf. Schläfenschuss, dass es wie ein Selbstmord aussah und dein Sperma. Für eine Zeit lang wurdest du ›die schwarze Witwe‹ genannt. Doch dann hörte es plötzlich auf und Kilrian Ford der Hotelmanager sowie Zeth traten auf die Bildfläche.«
Die Übelkeit wurde unerträglich. Das Schwindelgefühl nahm überhand und ich krächzte nur, dass er anhalten sollte, was er auch tat. Kaum hatte ich die Tür aufgemacht und die frische Nachtluft umfing mich, kotzte ich mir die Seele aus dem Leib. Es war zu viel. Ich dachte, ich hätte es überstanden, verkraftet, doch es war nicht so. Noch immer sah ich ihre Gesichter und hörte ihr Lachen. Ich konnte mich nicht mehr auf den Beinen halten und sank auf die Knie. Wieder blickte ich zum Nachthimmel und sah, wie Robert mir ein Taschentuch hinhielt. Dankend nahm ich es an.
»Es mag vielleicht nicht besonders tröstend sein. Aber wir wissen, wie du dich fühlst und wir wissen auch, dass du zum Töten gezwungen worden bist.«
»Ist das der Grund, warum ich noch auf freiem Fuß bin?«
»Einer davon. Ja. Der Hauptgrund ist allerdings, dass du der Einzige bist, der noch lebt. Selter hat dich aus welchem Grund auch immer am Leben gelassen. Warum er so gehandelt hatte, wollten wir herausfinden. Aber bestimmt hatte er dich nicht am Leben gelassen, dass du irgendwann sein Nachfolger wirst. Nicht einmal ein Selter plant so weit in die Zukunft.«
»Ich habe ihn erpresst. Gesagt, dass ich Beweise habe und es nur ein Anruf auf der Post genügt und sie schicken es der Polizei, wenn er mich nicht gehen lässt und wenn ich mich nicht nach einer gewissen Zeit melde, sie es ebenfalls dorthin schicken. - zuerst hatte er mich ausgelacht, doch als ich ihm die Kopie gezeigt hatte ...«
»Hat er dich einfach so gehen lassen ... absurd und du weißt das!«
Das wusste ich bereits. Selter hatte nur mitgespielt und mir meine sogenannte Freiheit gegeben, weil er es so wollte. Das hatte er mir allzu gut wissen lassen. Danach lag ich einige Wochen im Krankenhaus und von Selter hatte ich bis vor Weihnachten nichts mehr gehört. In Gewisser weiße hatte er sein Versprechen eingehalten und ich war so naiv, um zu denken, dass es für immer sein würde. Beschissene fünf Jahre Freiheit, und ich hatte in der ganzen Zeit nicht eine Sekunde den Mut gehabt, um wirklich zur Polizei zugehen. Ein Feigling war ich, weil ich wusste, dass ich dann wegen Mordes angeklagt wurde und meine ›Freiheit‹ fürn Arsch war. Die Freiheit, für die ich einen sehr hohen Preis gezahlt hatte und mehr zahlen wollte ich einfach nicht mehr. Nun bereute ich es, dass ich diesen Schritt nie gegangen war, denn nun würde ich lieber im Knast sitzen, als ein auf Selters Handlanger zu machen.
Das Einzige, was ich zusammenbrachte, war ein leichtes Nicken.
Eine kräftige Hand, die mich beruhigen wollte, spürte ich auf meiner Schulter. Ich hatte nicht mitbekommen, dass ich weinte.
»Wir können dir nicht versprechen, dass du für die Morde nicht bestraft wirst, aber wir können dafür sorgen, dass es aufhört ...«
Ich hatte ihn nicht gehört. Meine Gedanken hingen in der Vergangenheit fest und ich hatte das Bedürfnis darüber zu reden.
»Ich war fünfzehn, damals hatte ich mir nur Gedanken gemacht, wie die nächste Note ausfiel und ob ich mein Abitur schaffte. Mein Vater war bereits erkrankt. Mutter hatte wie immer keinen Sinn für das Hotel und wollte alle entlassen, weil es in die Insolvenz abgerutscht ist. Was wusste ich schon, was Insolvenz bedeutet. Es war für mich nur ein Wort, doch dann hielt ich die Entlassungspapiere in der Hand. Ich sollte sie zur Post bringen. - Zur Post bringen. Es war so unpersönlich ... Mutter halt. Irgendetwas ging dann in mir vor. Mir fielen die Briefe aus der Hand und ... ich konnte es einfach nicht. Stattdessen bin ich in die Stadt gelaufen und schaute zum Abendhimmel. Die Sterne kamen und dann kam Selter. Er war mir auf der Stelle sympathisch und ich vertraute mich ihm an. Auf seine Art hatte er mir erklärt, dass er mir einen Weg zeigen würde, wie ich das Hotel retten konnte. Er hatte mich gefickt und danach hatte er mich vor die Wahl gestellt. Doch vor die Wahl stellen hatte es gar nicht gebraucht. ›du brauchst dich nur anzubieten und das Geld, was du für dein Hotel brauchst, wird fließen.‹ Ich hatte ihm geglaubt und er ließ mich nicht mehr gehen. In der Zeit, als ich nur bekifft war, übernahm Leo die Führung des Hotels. Er fragte auch nicht, woher ich das Geld hatte. Ich hatte die Schule sausen lassen und lebte nur für Selter. Ich wollte ihm gefallen. Hatte mir eingebildet, dass er mich liebt, doch dann kam Alex. Am Anfang war alles im Nebel des Rausches versunken, doch je länger ich mit ihm zusammen war, umso lichter wurde mein Bewusstsein. Ich verstand, was ich tat, zu was ich geworden war, also wollte ich die Notbremse ziehen, doch es war bereits zu spät. - Wisst ihr, wie es ist, sich vögeln und verprügeln zu lassen, nur, um an den Stoff zu kommen? Wenn man mit ansehen muss, wie der eigene Freund vergewaltigt wird, wie er bei jedem Stoß nach Stoff bettelte. Wie man selbst so behandelt wird, es aber nicht checkt, was einem angetan wird.
Waren es Alex Schreie oder waren es meine, ich weiß es nicht mehr, aber ich weiß, dass ich höllische schmerzhafte Stunden hinter mir hatte. Meinen ersten Entzug - Gott! Ich bin in meiner eigenen Kotze, Pisse und Scheiße aufgewacht. Doch nicht genug. Je weniger Drogen ich nahm, umso zugedröhnter war Alex. Ich wollte ihn auch daraus holen, hatte ihm ein Vorschlag unterbreitet, zusammen abzuhauen ... war ein Fehler. Bei der nächsten Gelegenheit ist Alex zu Selter gerannt und hatte mich verpfiffen. Als Selter bemerkt hatte, dass ich auf dem Weg war, clean zu werden, hatte er mir mit Gewalt die Drogen eingeflößt und durch BDSM versucht gefügig zu machen. Es gelang ihm, vorerst. Er brachte mich dazu, auf Alex wütend zu sein. Hatte in mir die Eifersucht geschürt und so sah ich nur einen Ausweg. Ich musste Alex los werden. Mein erster Mord. Selter kam dahinter und nutzte die Gelegenheit. Ich war ab sofort kein Stricher mehr, sondern half bei der Erziehung mit. Ich selbst verging mich an die Frischlinge, schaute drauf, dass sie Geld anschafften und wer es nicht tat und in Selters Augen als ›unwürdig‹ angesehen wurde, wurde von mir entsorgt. Doch mein Drang nach Freiheit und das Verstehen, dass ich Selter nicht liebte, sondern hasste, wurde übermächtig und so konnte ich ihm immer und immer wieder widerstehen.«
Wieder spürte ich die Hand auf meiner Schulter und blickte Robert in die Augen, der sich vor mich hingekniet hatte. Er lächelte mich an und nickte nur.
Die Heimfahrt verlief schweigend. Das Einzige, was Hilal nur noch sagte, war, dass ich irgendwann eine ausführliche Aussage machen musste und dass es ihm leidtat, wenn ich das alles noch einmal durchleben musste.
Kaum hatte ich entgegen jeder Warnung die Tür aufgeschlossen, stürmte ich ins Apartment und schaute mich suchend um. Wo war er?
Ich ging in die Küche und da saß er. So wie er aussah, war er frisch geduscht und machte einen Schluck von seinem Bier. Ohne weiter zu überlegen, ergriff ich seine Hand und zog ihn einfach hinter mich her. Warum ich so agierte, konnte ich nicht sagen, aber ich brauchte einfach seine Nähe. Ich zog ihn hinter mich her und stieß die Tür zu meinem Schlafzimmer auf, was nun unser Schlafzimmer war. Ich sprach immer noch nichts. Ich brauchte ihn einfach. Ich brauchte keinen Sex, einfach nur seine Nähe.
»Halt mich.«
War alles, was ich sagte. Tom tat es und hielt mich fest an sich gedrückt. Ab und an streichelte er mir über den Rücken. Ich hatte mein Gesicht in seinen Hals gedrückt und hielt meine Augen geschlossen.
Wie oft hatte mich die Vergangenheit eingeholt. Es war nie im Vergleich zu diesmal. Alles aber auch wirklich alles kam mit Urgewalt in mir hoch. Jeder Schmerz, jede Demütigung, selbst meine fatale Entscheidung zu Selter zu gehen, die ich nun bis auf das Blut bereute. Das Hotel und wie ich als Callboy arbeitete. Mein Vater und dessen Krankheit, der mich überhaupt zu diesem Schritt gebracht hatte. Ich war aber dennoch meinem Vater dankbar, ohne dass und durch ihn hätte ich nie gelernt zu kämpfen, wäre ich nicht der, der ich nun war.
Ich wusste nicht, wie es um mich geschah. Noch saß ich mit Herrn Rausch am Küchentisch und im nächsten Moment, zog Kilrian mich ins Schlafzimmer. Ich kam nicht dazu zu fragen, was los sei. Er drückte sich an mich und ich spürte, dass er am ganzen Körper zitterte. Etwas musste passiert sein.
Eine Zeit lang standen wir so da und als Kilrian sich allmählich beruhig hatte, zog ich ihm die Maske vom Kopf. Seine Augen waren verheult und ich wischte die restliche nasse Spur, die sich unter der Maske gebildet hatte ab.
»Geht's wieder?«, fragte ich und er nickte. »Was war los?«
»Ich hatte eine Crashfahrt in meine allerliebste Vergangenheit.«
Kilrian löste sich von mir und ging ins Bad. Ich blickte ihm hinterher und atmete tief ein. Während er im Bad war, wollte ich die Zeit nutzen, Hilal und Robert zu fragen, was passiert war. So ging ich zurück in die Küche, wo ich die beiden auch vorfand.
Ich setzte mich an den Tisch und nahm meine Flasche, die noch immer dastand in die Hand, und setzte an.
»Was ist passiert? So hatte ich Kilrian noch nie erlebt.«
Robert blickte mich an. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Herr Rausch und Hilal sich per Kopfnicken unterhielten. Keine Ahnung, wie sie das machten, aber Herr Rausch war wohl nicht gerade einverstanden. Er zog ein Aufnahmegerät aus seiner Tasche und legte es vor mich hin.
»Es ist Ihre Entscheidung. Sie könne es sich anhören oder gehen lassen. Doch seien Sie gewarnt, - der Inhalt ist nicht gerade für schwache Nerven.«
Ich zog das Gerät an mich heran und wollte schon auf ›Play‹ drücken als Hilal seine Hand auf die meine legte.
»Es ist ein Teilgeständnis von Kilrian ...«
»Ein Geständnis? Hat Anthony nicht ausdrücklich gesagt, dass das zu vermeiden ist. Dass ihr Kilrian nicht in Bedrängnis bringen sollt!«
»Wir haben ihn nicht dazu aufgefordert zu reden. Er tat es von ganz allein.«
Ich drückte auf Play. Zuerst war nur Geschäker zu hören, dann war Stille und Kilrian fing nach einer kurzen Zeit zu reden an.
Was ich hörte, war wirklich harter Tobak, ganz besonders aus Kilrians Mund. Sicherlich wusste ich, dass er von meinem Vater ›erzogen‹ worden war und was sich dahinter alles verbarg, aber es von meiner Liebe zu hören, schmerzte doppelt so viel. Ich rieb mir die Augen und gab das Gerät Herrn Rausch zurück.
Ich bedankte mich und ging zurück ins Schlafzimmer. Kilrian war noch immer im Bad und ich ging zu ihm. Er stand unter der Dusche an der Wand gelehnt. Langsam zog ich mich aus und schob die Schiebetür auf. Er öffnete seine Augen und das braun verschlang mich. Ich stieg ein und schloss die Dusche. Sie war wirklich sehr komfortabel und ich griff zum Duschgel.
»Du bist doch schon geduscht!«, oh Kilrian hatte seine Coolness wieder oder war es gespielt. Auch wenn ich sagen konnte, dass ich Kilrian kannte, so blieb er mir dennoch ein Rätsel. Viele Geheimmise waren hinter seiner Fassade verborgen und jede Einzelne werde ich ans Tageslicht bringen, und wenn es mein ganzes Leben dauern würde.
»Nö! Ich war in der Badewanne.«
Mehr sagte ich nicht und seifte ihn ein. Kilrian schloss seine Augen und es legte sich in meine Hände. Mit viel Bedacht fuhr ich seine Konturen im Gesicht nach. Über die Augen, Nase, Wangen und Lippen.
»Wie viele Menschen haben diese Lippen schon geküsst?«, fragte ich eher mich selbst.
»Nur einen!« ich riss meinen Blick von seinen Lippen los und schaute ihm in die Augen.
»Das ist ein Scherz!«
Kilrian schüttelte den Kopf.
»Nur einen. Wenn ich als Callboy arbeite, küsse ich nicht. Es reicht schon, wenn ich das Sperma schlucke, da brauche ich den Speichel nicht auch noch.«
Ich fuhr seine Lippen nach und er küsste meine Finger.
»Ich kann es trotzdem nicht glauben. Es ist unvorstellbar, dass Du nur von einem einzigen Mann geküsst worden bist.«
»Geküsst wurde ich öfters, als mir lieb war, aber ich habe nur einen Einzigen geküsst. Freiwillig und ohne zwang. Tom warum bleibst du bei mir? Ich habe gehört, dass sie dir die Aufnahme vorgespielt haben.«
»Rede nicht darüber. Weißt du, nicht nur du, hast eine dunkle Seite. Ich ebenfalls. Und deswegen kann ich dich nicht verurteilen, weil ich selbst kein Deut besser bin. Außerdem habe ich dir was versprochen und das werde ich halten. Ich hole dich aus den Fängen von meinem Vater raus und durchschneide die Fäden. Damit ich Dich Kilrian Ford, meinen Geliebten in die Arme nehmen kann und für den Rest meines Lebens dich nie wieder loslasse. Ich habe langsam was dagegen, auf dich warten zu müssen.«
Kilrian hatte mich umarmt und unsere Stirnen berührten sich.
»Du bist ein hoffnungsloser Romantiker.«
Sanft berührten sich unsere Lippen und ich spürte, dass er etwas kicherte.
»Na wenigstens kicherst du wieder. Also hat es was gebracht.«
Auch wenn es mit einem bitteren Nachgeschmack geschah. Wir wussten beide, dass das ein Unterfangen war, das mit dem tot endete oder Kilrian für eine lange Zeit in den Knast wanderte.
Aber das war mir im Moment egal. Ich hatte den ersten Splitter seiner Seele in die Hand genommen und ihn in meinem Herz verschlossen.
Kilrian gab sich stark, unnahbar und vollkommen cool, aber in Wahrheit war er ein gebrochener Mann, der nichts mehr hatte, um was es zum Kämpfen lohnte. Er lebte nur um des Lebens willen und das wollte ich durchbrechen. Sein ganzes Leben bestand nur aus Schmerz und Verlust.
Sein größter Verlust war sein Vater zu verlieren und nun das Hotel.
Kilrian musste zurück in sein Hotel. Nur dort konnte er leben, wie er wollte. Es war seine Heimat, sein inneres Gleichgewicht.
Und seine Wohnung, die viel zu viele Türen aufweisen konnte, um ins Hotel zu gelangen, schäbig und unkomfortabel, aber ich liebte sie und ich wollte sie wieder zurück, denn diese Wohnung machte ihn aus. Das Hotel und die Wohnung war Kilrian. Nichts anderes. Ich wollte mit ihm wieder in diese Wohnung.
Ich werde ihm sein Hotel zurückgeben, komme, was wolle.
Ohne es zu bemerken, schmunzelte ich über meinen genialen Einfall. Ob er genial war, war abzusehen. Doch dafür musste ich mit Kyel Rücksprache halten. Laut Zeitungsartikel sank Hotel Schwanenteich immer mehr in Verruf und die fünf Sterne wackelten bereits. Ob Kilrian dies wusste? Bestimmt, wusste er darüber bescheid. Das Hotel war sein Baby, sein Ein und Alles, und ich konnte mir nicht im geringsten vorstellen, wie er sich gefühlt haben musste, als er erfahren hatte, dass das Hotel an seine Mutter ging.
Es war auch der Tag, an dem er mich aus seinem Leben geschmissen hatte. Auch erfahren hatte, dass ich Jason Selter Sohn war. Zu viel war über ihn eingeströmt, da war es kein Wunder, dass er so reagiert hatte. Angriff war die beste Verteidigung. Ich konnte es ihm nicht verübeln.
Nur Gott allein wusste, wie ich ihn liebte.
Ich wusch ihn ab und küsste seinen Körper an jeder Stelle, die ich vorher mit meinen Händen berührt hatte. Danach half ich ihm aus der Dusche, trocknete ihn ab und führte ihn ins Bett. Fest nahm ich ihn in meine Arme und so schliefen wir ein.
Am nächsten Tag wachte ich auf und mir war warm. Mein Arm war eingeschlafen, denn Kilrian lag darauf. Er selbst schien noch zu schlafen. Langsam und vorsichtig zog ich meinen Arm unter Kilrians Kopf hervor. Ich musste das Fenster öffnen. Es war viel zu warm in dem Schlafzimmer.
Der Frühling hielt nun endgültig Einzug und ich riss das riesige Fenster auf. Noch bevor sich meinen Lungen mit der herrlichen Luft gefüllt hatte, wurde die Tür aufgestoßen. Drei gestandene Kerle waren mit vorgehaltener Waffe reingestürmt. Selbst Herr Rausch stand angriffslustig da und ich musste sagen, obwohl er eine schlackige Figur hatte, sah er geschmeidig wie ein Panther auf Jagd aus.
Kilrian saß aufrecht im Bett und ließ ein amüsantes Schnauben los.
»Tom die Fenster nur kippen. Die sind verkabelt.«
Alle drei entspannten sich wieder.
»Das hättet ihr mir ruhig sagen können.«
»Ups! Vergessen!«, schmunzelte Kilrian vor sich hin und nur er wusste, an was er gerade dachte. Es schien, dass er wieder zu sich gefunden hatte, denn sein Schmunzeln ließ nicht nach. So kannte ich ihn.
»Sag das mein Herz!«
»Sag das meinem zuckenden Zeigefinger«, murrte Hilal. »Wäre Tom angezogen, hätte ich auf ihn geschossen.«
»Ist ja nett. Also schießt du nur auf angezogene Leute. Muss ich hier also ständig nackt rumlaufen.«
»Nein, aber niemand steigt nackt in eine Wohnung im letzten Stock am helligen Tag ein.«
Hilal steckte seine Waffe zurück und er war der Erste, der das Schlafzimmer verließ. Die anderen folgten ihm wortlos. Ich rieb mir die Augen und schüttelte den Kopf.
Da es Samstag Vormittag war, ich meine Arbeit am Vortag fast alle erledigt hatte, ging ich zu meinen Koffern, die ich nicht mehr ausgeräumt hatte, und öffnete einen. Etwas unschlüssig blickte ich mich im Schlafzimmer um. Sollte ich wirklich oder sollte ich nicht. Ich meinte ... ich konnte doch nicht so einfach meine Klamotten in Kilrians Schrank einräumen, was, wenn, ich, ...
»Was überlegst du? - Oder findest du nichts Passendes. Du könntest aber auch so bleiben, wie du bist.«
Ich drehte mich zu der Stimme um und blickte in dunkle Augen.
»Ich habe mich nur gefragt, ob es in Ordnung ist, wenn ich meine Klamotten in deinen Schrank räumen würde?«
Kilrian zuckte mit der Schulter und meinte:
»Es ist nicht das erste Mal, das du bei mir einziehst. Im Schrank ist genügend Platz.«
War ich froh, dass ich den Begleitservice für die Präsidententochter endlich hinter mich gebracht hatte. Es waren lange drei Tage und das alles ohne Gage. Müde lehnte ich mich im Fahrstuhl an die Wand und hatte die Augen geschlossen.
»Danke Zeth«, hatte sie gesagt. »Können wir in Verbindung bleiben? - Denn ich mag dich, sehr.«
Sie hatte ihre Visitenkarte bereits in der Hand und wollte sie mir überreichen. Ich nahm ihre Hände und drückte sie sanft zusammen. Nebenbei schüttelte ich den Kopf.
»Meine Liebe, es war schön, aber es würde nicht gut gehen.«
Tief atmete sie ein.
»Ja ich weiß, wegen der Entfernung, aber wir könnten doch immer telefonieren, oder ...«
Wieder schüttelte ich den Kopf. »Weil du bei einer Escortfirma arbeitest. Denkst du wirklich, ich würde da eifersüchtig werden? Ich mein, du hast mich nicht angerührt. Also unterhältst du nur die Frauen und hast kein Sex mit ihnen. Es ist eine seriöse Firma.« Gab sie nicht nach.
»Nein so ist das nicht. Eleanor ich bin schwul und ich arbeite bei keiner Escortfirma. Ich bin ein Callboy und bediene nur Männer. Dein Vater hat mich angagiert, weil ich ihm noch einen Gefallen schuldete.«
Ich beugte mich zu ihr runter und gab ihr einen sanften Kuss auf die Stirn. Sie hatte nicht einmal mehr ein ›Oh‹ rausgebracht und es tat mir etwas in der Seele weh, ihren rosaroten Traum platzen zu lassen.
Sie drehte sich um und ging. Mir war es, als ob sie feuchte Augen hatte.
»Was ist mit ihr?«, fragte mich Chairman, der seine Tochter hinterher sah.
»Eleanor hatte sich Hoffnung gemacht. Das kommt dabei raus, wenn man meine Regeln missachtet. Noch einmal erfülle ich dir nicht wieder so einen Gefallen. Ihren Herzschmerz hast du jetzt zu ertragen.«
»Wie konntest du! Was hast du mit ihr gemacht?«
»Nichts. Ich habe ihr nur Aufmerksamkeit geschenkt, wie du es wolltest. Es war vorhersehbar, dass deine Tochter sich in mich verliebt. Sie ist 16. Das ihr Leben durch eine Abfuhr von mir ins Chaos stürzt, und alles dann nur noch Scheiße ist, hättest du wissen müssen.«
Die Fahrstuhltür öffnete sich und ich wurde bereits von Bob erwartet, der mich in mein Apartment reinließ.
»Ich werde schauen, wie ich die Unterlagen herbekomme. - Das ist mir schon klar. Es ist ja nicht das erste Mal, dass du eine Immobilie einfach mal so kaufst. Danke Kyel«, hörte ich und Tom legte auf.
»Hat Kyel wohl schon wieder vor etwas Sinnloses zu kaufen?«
Tom zuckte mit den Schultern.
»Hmm, sieht so aus, dass er für Sascha noch ein drittes Standbein schaffen will.«
»Hä? Sascha ist doch Sozialpsychologe ...«
»Schon und ein Coffe to go Besitzer und jetzt denkt Kyel, dass er für Sascha ein Hotel in Deutschland eröffnen will.«
Ein Hotel? Hier in Deutschland? Was wollte Sascha damit? Nun ich würde wohl bald darauf Antwort finden.
»Ist das nicht etwas übertrieben?«
Tom zuckte mit den Schultern und meinte, dass es wohl ein Geburtstagsgeschenk werden sollte.
»Sascha hat erst im Oktober.«
»Schon, aber eine Firma oder Hotel zu eröffnen braucht Zeit. Wir haben jetzt März und seit Dezember bin ich in Deutschland um die ganze Renovierung zu betreuen und Personal einzustellen. Noch dazu die ganzen reibungslose Planungen zu planen und nächsten Samstag ist Eröffnung. Kyel plante die Expandierung nach Deutschland schon seit fünf Jahren und letztem Frühjahr hatte er sich für die alte Firma entschieden.«
Ich hörte Tom zu und dennoch hatte ich das Gefühl, das er sich bei irgendetwas rausredete. Auch hielt er keinen Blickkontakt. Na egal. Meine Jogginghose nahm ich und schnappte noch ein Kuschelpulli. Auch wenn es Frühling war, die Abende waren dennoch immer noch frisch.
Ich ging unter die Dusche und wusch mich ab. Das Gespräch, was Tom führte, geriet in Vergessenheit. Es war eh banal und für mich uninteressant. Sicherlich wenn Sascha mich anrufen würde, würde ich mich für ihn freuen.
Ich nahm mir ein Tuch und trocknete mich ab. Zog mich an und ging aus dem Bad raus. Tom telefonierte immer noch oder schon wieder, ich wusste es nicht. Die Eröffnung der Firma spannte ihn eben ein.
Ich selbst griff zu meinen Zigaretten und ging damit raus aus dem Balkon. Als ich mir eine Zigarette anzündete, musste ich kurz schmunzeln.
Noch bevor Tom wieder in mein Leben getreten war, war es mir egal, wie verraucht mein Schlafzimmer war, doch für ihn ... ich schüttelte nur den Kopf und blies den Rauch aus.
Mein Blick schweifte über die Stadt. Es hatte seine Vorteile im obersten Stockwerk zu wohnen. Da hatte man bei diesem sagenhaften Anblick, den Eindruck, über alles gebieten zu können und doch war man kleiner, als eine Ameise.
Dennoch war es komisch. Auf der einen Seite der Stadt herrschte reges Kommen und gehen. Neonlicht erhellte alles im Umkreis und lud buchstäblich jeden ein, sein sündiges Dasein auszuleben. Auf der anderen Seite war es in Grau getaucht. Wenige Straßenlaternen waren an oder flimmerten nur noch kurz auf, bevor sie für immer erloschen.
Wieder zog ich an der Zigarette und mein Blick blieb bei einem Gebäude haften. Schon lange hatte ich die Exponate ins Auge gefasst, doch noch nie den Elan dafür aufbringen können, mich dafür vermehrt zu interessieren und doch schob sich nun der Gedanke immer mehr in den Vordergrund.
Von hinten umgriff mich Tom und setzte mir leichte Küsse in den Nacken.
»An was denkst du?«
Ich machte den letzten Zug der Zigarette und schmiss den Stummel über die Brüstung. Danach atmete ich tief ein.
»Seit einiger Zeit überlege ich, ein neues Geschäft zu eröffnen. So als zweites Standbein. Okay eigentlich bräuchte ich es nicht, aber ... Sex ich mein den käuflichen Sex ist ziemlich lukrativ.«
»Und uneigentlich?«
Kurz schloss ich meine Augen und genoss seine Wärme.
»Uneigentlich ... möchte ich irgendwie ein neues Zuhaus schaffen, für die Kinder, die nicht mehr in ihr eigenes zurückkönnen, die auf der Straße leben, fern von jeder Zivilisation ... sich verkaufen, für Peanuts ... Tom ich will den Kindern helfen ... ihnen ein Leben ohne Zwang ermöglichen ...«
»Dafür musst Du erst selbst frei sein und das bist du im Moment nicht.«
Da hatte Tom recht, das war ich wirklich nicht. Okay ich konnte tun und lassen, was ich wollte, diese Freiheit hatte ich, aber frei war ich trotzdem nicht. Ich gehörte First oder wie ich ihn in letzter Zeit oft nannte Selter.
Wie kam es, dass ich ihn bei seinem Namen nannte? Ich konnte es mir einfach nicht erklären, aber es war so.
Ich horchte in mein Innerstes und irgendwie, auch wenn die Angst vorherrschte, konnte ich ihn nicht mehr als First ansehen. Sicher war er der Erste in meinem Leben, aber er würde nicht der Letzte sein. Der Letzte war Tom.
»Ja da hast du recht, aber ich habe keinen Plan, wie ich es anstellen soll. Immerhin haben wir die Schonfrist schon ziemlich ausgeschöpft. In der Regel lässt dein Vater nicht so lange auf sich warten, wenn etwas schief geht. Und inzwischen sind schon über eine Woche meine Männer ›verschwunden‹ und noch nicht verkohlt zurückgekommen. Lange wird er die Füße nicht mehr stillhalten und hier auftauchen.«
»Nun etwas Zeit haben wir schon noch. Auch wenn ich es nicht gerne sage, ich habe regelmäßigen Kontakt zu meinem Vater und im Moment spannt ihm die Rehabilitation ziemlich ein. Ich denke, vor nächsten Monat brauchen wir mit ihm nicht zu rechnen. Also noch genügend Zeit um uns seinen guten Plan auszudenken.«
Wenn das nur so einfach wäre ...
Ich drehte mich zu ihm um und blickte in seine graublauen Augen. Schlang meine Arme um seinen Nacken und zog ihn zu mir. Unsere Lippen trafen aufeinander.
Nach dem Kuss schaute er mich verdutzt an und leckte über seine Lippen.
»Also der Kuss ... das bist nicht du ... der ist viel zu ... einfach.«
»Einfach? Also ich denke, das war ein Weltmeisterkuss.«
»Sicher, wenn man so einem Kuss seiner Schwester geben würde!«
Meinte er glatt und doch spürte ich etwas an mir. Etwas Hartes, es hatte ihn nicht kalt gelassen. Ganz bestimmt nicht.
»Muss denn alles nass sein? Mit Zunge, Mund offen und den Innenraum erforschen? Also Tom, wir sind keine Teenager mehr«
»Aber zwanzig Jahre verheiratet auch nicht.«
Ich trat einen Schritt von ihm weg und musterte ihn. »Gott Kilrian, der Kuss hat mich fast umgehauen und«
Er verstummte und ich lächelte ihn an.
»Was und? Spreche es aus!«
Er schüttelte den Kopf.
»Halte Zeth im Zaun. Du bist Kilrian und du weißt, was ich will.«
»Ins Bett gehen und kuscheln, wie zwei alte Ehemänner«, sagte ich und ging mit lasziven Schritten zur Balkontür. Schaute über meine Schulter nach hinten und sah, wie Tom sich am Schritt fasste.
»Natürlich, wenn es nur das wäre.«
Der Typ machte mich fertig. Erst der Kuss, der wirklich nichts mit Leidenschaft oder Sex zu tun hatte, der mich aber absolut nicht kalt ließ und nun dieser herausfordernde Blick. Kilrian wusste, wie er mit mir spielen musste, dass ich darauf ansprang.
Als ich die Balkontür hinter mir geschlossen hatte und nach Kilrian schaute, sah ich, wie er auf sein Handy blickte. Es dann auf den Tisch legte und ganz und ohne Scham sich am Hintern kratzte.
Ich musste schmunzeln. Eine alltägliche Sache wie Nase putzen oder auf die Toilette gehen. Sich einfach an Stellen kratzen die juckten. Er war auch nur ein Mensch, mit seinen Vorlieben und Macken.
Ich trat auf ihn zu und nahm ihn in die Arme. Genüsslich schloss er seine Augen und kroch anschließend mit der Nase in meinen Hals.
»Also, wie genau, willst du den Kindern ein Zuhause geben. Ich mein, Kinderheime, Sozialhilfestellen und Pädagogen gibt es massenweise. Und du, fass es nicht als böse auf, hast nicht die Kompetenz dazu. Wie soll ich mich ausdrücken, du bist ein Gastronom. Hast ein Hotel über Jahre geführt ...«
»Ich bin eine Hure. Nicht mehr und nicht weniger. Ich verkaufe meinen Körper, aber ich kenne mich im Geschäftsleben aus.«
»Ja schon willst du ein Hotel aufmachen und dort die Kinder leben lassen. Die nicht selbstständig auf ihren Beinen stehen. Ich denke, da kommst du nicht sehr weit, zumal du bestimmt nicht Millionen mit deinem Körper verdienst.«
Er schaute mich an und schmunzelte.
»Wie naiv du doch manchmal bist und so unschuldig. Ich will kein Kinderheim eröffnen oder noch einmal ein Hotel führen. Ich denke an etwas mehr Glamour. An Lust und Leidenschaft.«
Ich hoffte doch sehr, dass es nicht das war, an was ich gerade dachte. »Ein Puff.« Okay an das hatte ich gedacht. Es war zwar eine gute Idee, aber er konnte doch keine Kinder ... »...und bevor du deine Bedenken aussprichst, die dir deutlich auf deiner Stirn geschrieben stehen, nein ich werde keine minderjährigen beschäftigen. Sie alle, Jungs oder Mädchen müssen volljährig sein und es ist ihnen freigestellt, ob sie dort arbeiten wollen oder nicht. Sie werden sozialversichert und in die Rentenkassen wird auch eingezahlt. Ich sagte doch schon bereits, im Geschäftsleben kenne ich mich aus. Ob es nun ein Hotel ist oder eben dann ein Puff ... ich brauche etwas. Diese Langeweile und Däumchendreherei hier macht mich wahnsinnig.«
Liebevoll drückte ich ihn an mich, suchte seinen Mund und setzte kleine Küsse rauf. Sicher war das eine gute Idee, doch warum sollte Kilrian sein Potenzial so stark Reduzieren müssen, nur um sich etwas über Wasser halten zu können.
Er entwand sich aus meiner Umarmung und ging zum Bett.
»Mit der Polizei arbeite ich zusammen. Hans ... ich weiß, nicht ob du ihn kennst, hat mir mehr oder weniger diese Idee in Kopf gesetzt, denn viele Kinder, die diese Erfahrung gemacht hatten, schaffen es nicht, in ein normales Leben zurückzukehren. Drogen, Alkohol und einige Vorstrafen herrschen da arg vor. Ich möchte ihnen dabei helfen und wenn eben, den Körper zu verkaufen das Einzige ist, was hilft, um das Selbstbewusstsein für ein gewisses Maß aufzubauen, dann werde ich der Letzte sein, der die suchende Hand wegstößt.«
»Sicher, aber wie willst du das anstellen. Ich glaube kaum, dass die Kunden sich mit alkoholfreien Getränken zufriedengeben. Und eine Hure muss doch animieren, damit das Geld fließt.«
»Tom wo denkst du denn schon wieder hin. Ein Barkeeper trinkt auch nicht, während der Arbeitszeit und das kann ich von meinen Angestellten wohl verlangen.«
Ganz der Chef. Kilrian hatte diese Idee wohl schon länger im Hinterkopf und es war bestimmt nicht Hans, der ihm diesen Gedanke eingepflanzt hatte.
Kilrian schlug die Decke vom Bett zurück und zog sich aus. Ich musterte seine Kehrseite und mir war, als ob was fehlte. Die Striemen. Sie waren nicht mehr da.
»Was hast du mit deinem Rücken gemacht?«
Er drehte sich zu mir um. »Wo ... wo sind die Striemen?«
»Die habe ich mir wegoperieren lassen. Mir gingen die Fragereien der Kunden allmählich auf die Nerven. Vor allem, weil einige es falsch interpretierten und Wünsche geäußert haben, die ich nicht erfüllen kann oder wohl eher, nicht will.«
Tief blickte er mir in die Augen und fragte: »Oder hätte ich die behalten sollen?«
Ich schüttelte den Kopf und trat an ihn heran. Griff in seinen Nacken und zog ihn zu mir. War der Kuss vorhin wie freundschaftlich, so war dieser das pure Verlangen. Es raubte mir den Atem und nur schwer konnten wir uns voneinander lösen.
Kilrian war fantastisch in allen Lebenslagen. Dies wurde mir bewusst, nein es war mir bereits bewusst ...
Am nächsten Tag brach die Hölle über mich ein. Hämmernde Kopfschmerzen, als ob ich die ganze Nacht zu tief ins Glas geschaut hatte, weckten mich, noch dazu fror ich. Als ich nach der Decke greifen wollte, konnte ich mich nicht bewegen. Meine Hände und die Füße waren festgebunden.
»Was zum Teufel!«, rief ich aus, und versuchte meine schweren Lider zu öffnen. Es war hell und es brannte in den Augen. »Kilrian, das ist kein guter Scherz. Gott! Warum habe ich nur solche Kopfschmerzen.«
»Vom Schlafmittel!«, hörte ich eine fremde Stimme mit ausländischem Dialekt. Nun riss ich die Augen auf und schloss sie sogleich wieder. Der Schmerz stach in meine Schläfe.
»Wer bist du?«
Automatisch hatte ich ins Englische gewechselt und die fremde Stimme antwortete mir auf Deutsch.
»Wir haben einen gemeinsamen Freund, der weniger mein Freund ist, wohl eher zu meinem Feind gehört, aber für Sie Mr. Nicki Selter hat er eine tiefere Bedeutung.«
Brutal wurde mein Kopf nach oben gezogen und etwas wurde an meinem Mund gedrückt.
»Trinken Sie. Danach wird es Ihnen besser gehen.«
Etwas widerwillig kam ich der Aufforderung nach, doch nach ein paar Schlucken ging es mir wirklich etwas besser. Aber meine Augen konnte ich immer noch nicht öffnen. Ich hörte Schritte, die sich von mir wegbewegten und wie eine Tür ging, die abgeschlossen wurde.
Ich musste wohl wieder weggedämmert sein, denn ich wurde plötzlich nach oben gezogen und zwei Ohrfeigen weckten mich vollständig.
Nun bemerkte ich, dass ich nackt war und mein Gegenüber, den ich nun sah, stand mit einem Anzug vor mir und lächelte mich mitleidend, wenn auch, oder vielleicht irrte ich mich, lüstern an.
»Nicki Selter. Es ist mir eine Ehre Sie endlich persönlich kennenzulernen.«
»Schön und mit wem habe ich die Ehre?«
Sein Lächeln wurde breiter und er kam einen Schritt auf mich zu.
»Nun, wer ich bin, tut im Moment nichts zur Sache. Das werden Sie bald genug erfahren. Ich möchte Sie nur darauf hinweisen, dass nun Ihr Leben, so wie Sie es kennen, vorbei ist.«
Eine Bewegung, die ich im Augenwinkel sah, erlangte meine Aufmerksamkeit und ich drehte meinen Kopf dorthin. Ich glaubte, ich fing an zu spinnen. Das durfte nicht wahr sein ...
»Sir die Limousine steht bereit.«
... und es gab kein Zweifel. Zuerst dachte ich, da stand ein Zwilling, doch die Stimme, die allglatt war und die blütenweißen Zähne waren unverkennbar.
»Rausch?«
Er blickte kurz auf mich herab, genauso wie ich ihn kannte, verzog er keine Mimik. Doch was neu war, er ignorierte mich.
»Wie ich sehe, kennen Sie Mr. Rausch bereits, dann erübrigt sich die Vorstellung. Nun ich wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt. Mr. Selter.«
Der fremde Mann ging und Rausch folgte ihm. Noch immer würdigte Rausch mir kein Wort und mir wurde es langsam angst.
Ich war festgebunden, nackt und mit vielen Fragen zurückgelassen.
Ich hoffte nur, dass der Peilsender, den ich von Anthony damals, als Kilrian sich dem Selbstmordkommando gestellt hatte, um Clancy unschädlich zu machen, unter der Haut eingepflanzt bekommen hatte, funktionierte, sonst sah ich wirklich alt aus, so mein Gefühl.
Ich schloss meine Augen, und wie der Teufel wollte, fing es an, an Stellen zu jucken, an denen man sowieso nie hinkam.
Ich erwachte mit höllischen Kopfschmerzen und versuchte mich an die letzte Nacht zu erinnern. Eigentlich war das kein Problem, doch irgendwie war nichts mehr vorhanden. Ich erinnerte mich noch, wie ich die Decke zurückschlug, etwas Wasser zu mir nahm und ...
Die Tür wurde aufgestoßen und es schien, dass die ganze Kavallerie vom letzten Jahrhundert reingestürmt kam.
»Ist bei euch alles in Ordnung.«
Noch etwas benebelt und mit Schwierigkeit behaftet krächzte ich irgendwie ein Ja heraus. Scheiße! Waren das Schmerzen.
»Nichts ist in Ordnung. Wo ist Tom?«
Das Einzige, was mir einfiel, wo Tom um diese Zeit sein könnte, war die Toilette und das sagte ich auch, oder wollte es wohl irgendwie aus meinem Mund rausbringen.
»Tom ist nicht da ...«, mehr bekam ich nicht mehr mit. Ich beugte mich über das Bett und übergab mich. Gott warum das nur? Ich hatte letzten Abend nichts getrunken.
Ich spürte, wie mich Arme hielten, weil mir die Luft langsam zu knapp wurde.
»Er hat eine Überdosis! Schnell! Wasser! Er muss das Zeug rausbekommen.«
Das nächste Mal als ich erwachte, hörte ich Piepgeräusche neben mir. Doch meine Lider versagten den Dienst und ich schlief weiter. Oder war es was anders. Mein Körper rebellierte. Ich spürte Schmerzen, die ich nicht haben durfte. Meine Arme und Beine waren unkontrollierbar und ich schwitzte und fror gleichzeitig. Ein klemmendes Gefühl machte sich in mir breit, denn ich kannte diese Zeichen. Doch woher? Ich hatte nur Joints geraucht und das war am Tag, als ich mit Tom schlussgemacht hatte und ihn aus meinem Leben schmiss. Danach hatte ich keine Drogen mehr genommen.
Irgendwann mag es am selben Tag gewesen sein oder erst am nächsten, ich wusste es nicht, erwachte ich und schaute mich im Zimmer um.
Mein erster Gedanke war, das konnte doch nicht sein und doch war es so. Ich erwachte im Krankenhaus.
Aber warum das nur?
Ich spürte Hände an meiner Hand und ich drehte meinen Kopf dorthin. Es war Bob, der gedankenverloren meine Hand streichelte und aus dem Fenster blickte.
»Robert«, sprach ich ihn an und er erschrak und doch erhellte sich sein Gesicht.
»Kilrian! Gott sei Dank! Du bist endlich wach!«
Was hieß hier endlich?
Ich versuchte mich aufzurichten, doch der Entzug, es war definitiv ein Entzug, hatte meinen Körper komplett geschwächt.
»Was ist passiert?«
»Du hattest eine Überdosis.«
»Warum? Ich nehme keine Drogen und wenn dann nur Joints.«
»Das Wissen wir. Du kannst auch nichts dafür. Sie wurden dir verabreicht, nachdem du betäubt worden bist. Jemand will deinen Tod und es so aussehen lassen, dass du an einer Überdosis gestorben wärst.«
»Betäubt? Wie konnte das überhaupt passieren? Das Apartment ist sicherer als Fort Knox und ihr ward da.«
»Ja aber wir wurden selbst ausgeschaltet. Nur durch Hilals schnelle Reaktion, da er, nachdem er bemerkt hatte, das wir alle betäubt worden waren, hatte er sich eine Aufwachtablette eingeworfen, damit das Mittel nicht so stark bei ihm wirkte und er ist dann relativ schnell wieder wach geworden. Doch nicht schnell genug. Der Täter hatte dir eine Überdosis verpasst und Tom mitgenommen.«
»Wisst ihr, wer es war und was er von Tom will?«
Robert schüttelte den Kopf.
»Wir haben eine Vermutung, und wenn die sich bewahrheitet, dann können wir nur hoffen und vor allem Beten, dass wir Tom rechtzeitig finden.«
Hörte ich und doch hatte ich das Gefühl, dass Robert mir etwas verheimlichte.
Plötzlich schreckte ich hoch, und obwohl es mir schwindlig wurde, wollte ich aus dem Bett. Robert, der völlig verblüfft zu mir sah und mich davon abhalten wollte, stieße ich weg.
»Kilrian, was ist ...!«
»Tom ... ich muss zu Tom ...!«
»Kilrian Tom ist nicht da. Die Nelumbus hat ihn.«
Alles war wirr, sämtliche Gedanken kreisten um mich und in mich. Ich wusste nicht, was real war und was Fantasie. Ich hatte den Entzug noch immer nicht überstanden. Diesmal war es schlimmer als sonst, oder vielleicht kam es mir nur so vor. Ich hatte das Gefühl, das die Zeit drängte, das ich keine mehr hatte.
Angst umhüllte mich. Nichte die alltägliche Angst, mit der jeder Mensch zu kämpfen hatte. Es war eine andere. Tiefer. Sie lag so weit tief unten, dass man durch diese Angst den Lebenswillen verlor.
Robert hatte mühe mich zu halten oder mich zu beruhigen. Ich konnte diese Angst nicht einordnen und doch kannte ich sie. Es war die Angst etwas verlieren zu können oder jemand. Dass dieser jemand nie wieder da war.
Schon einmal hatte ich so Gefühl gehabt, mich so allein und so verlassen gefühlt. Es war das gleiche Gefühl, was mich ständig begleitet hatte, als es bekannt wurde, dass mein Vater, seine Krankheit nicht besiegen konnte. Sie war wieder da, sie bohrte sich in mich und ich wusste nicht, wie ich diesmal damit umgehen sollte.
Diesmal ging es um Tom. Ihn konnte und durfte ich nicht verlieren. Nicht noch einmal. Ohne ihn würde ich nichts überstehen, würde verlieren, würde mich verlieren. Die Wochen unserer Trennung waren die Hölle, ich war verloren und lebte nur in den Tag hinein. Sofern ich einen Tag hatte.
Meine Gedanken hörten abrupt auf und Dunkelheit umfing mich.
Die Kopfschmerzen ließen nach und auch nahm meine Sehkraft zu. Nun starrte ich an die Decke, und als ich mich an diesem Weiß sattgesehen hatte, drehte ich meinen Kopf zum Fenster. Die Sonne schien und ihre Strahlen erwärmten mein Gesicht. Nachdem ich die Faszination der Wolkenformationen zu genüge, Aufmerksamkeit gegeben hatte, drehte ich meinen Kopf in die entgegengesetzte Richtung. Da war die Tür, die sich seit Stunden nicht mehr bewegt hatte.
Meine Arme und Beine waren taub und wenn ich versuchte, meine Zehen zu bewegen, fingen sie zum Kribbeln an. Ein merkwürdiges Gefühl und doch war es das Einzige, das mir Abwechslung bescherte. Das mir sagte, dass ich wach war.
Wäre eh ein schlechter Traum, von dem ich gewiss schon längst erwacht wäre.
Tief atmete ich ein und überlegte, wer diese Männer waren. Okay Rausch kannte ich bereits und er kam mir schon vor ein paar Tagen nicht ganz koscher vor. Konnte es sein, dass er ein doppeltes Spiel spielte? Wenn ja, war Kilrian in Sicherheit und wusste es Anthony?
Laut Informationen, die ich, während Sascha in den Fängen von Clancy war, herausgefunden hatte, war es nicht gerade unüblich, dass SPA-Agenten öfters die Seiten wechselten oder Doppelagenten waren. Siehe Robert. Gut war vielleicht doch ein schlechter Vergleich, immerhin arbeitete er auf Befehl als Undercoveragent und ich wusste, laut seiner Aussage, dass er lieber gestern als morgen den Job zu den Akten legen würde.
Endlich nach Stunden öffnete sich die Tür und Rausch kam rein. Er hatte ein Glas in der Hand mit einer schwarz-braunen Flüssigkeit, das er mir, nachdem er meinen Kopf hochgezogen hatte, unter die Nase hielt. Es war Cola. Doch ich verschloss meinen Mund.
»Trinken Sie Mr. Selter.«
Ich weigerte mich dennoch und er lächelte mir aufmunternd zu. »Keine Sorge, da ist nichts drin. Vielleicht zu viel Zucker, künstliche Farbstoffe und Koffein, sonst nichts. Aber das brauche ich Ihnen nicht zu erklären.« Er schnaubte resignierend. »Trinken Sie bitte ...!«
Ich drehte, so gut es ging meinen Kopf weg.
»Wie die Cola beschaffen ist, weiß jedes Kind. Was genau ist da drin?«
»Ein Aphrodisiakum.«
»Ein was?«
»Aphrodisiakum!«
»Warum willst du mir ein Geilmachmittel einflößen?«
Wieder atmete er tief ein.
»Nehmen Sie es einfach, dann ist es leichter für Sie.«
»Leichter? Was?«
Rausch sagte nichts mehr. Er schaute mich nur an. Aus seinem Blick wurde ich nicht schlau. War es bemitleidend oder war es Resignation, ich wusste es nicht, doch plötzlich hielt er mir die Nase zu. Meine Gegenwehr schlug fehl und als mir die Luft ausblieb, kippte er den Inhalt in meinem Mund. Ohne darauf zu achten, ließ er das Glas fallen und er hielt mir sogleich den Mund zu.
Atmen oder Husten! Das kam mir in den Sinn, doch zuerst musste ich das Zeug schlucken. Ich schluckte. Rausch ließ von mir am und ich machte einen kräftigen Atemzug, doch auch hustete ich zeitgleich. Meine Kehle brannte und ich hustete mir die Seele aus dem Leib.
»Das nächste Mal, so empfehle ich, trinken Sie. Ist auf jeden Fall leichter zu ertragen.«
»Für was brauche ich das?«, schrie ich ihn an, als sich der Hustenreiz gelegt hatte. Nun grinste er.
»Das werden Sie früh genug erfahren. Doch nun werde ich Sie erst einmal gründlich waschen.
Mehr sagte er nicht mehr und verschwand aus dem Zimmer. Ich schloss meine Augen, um dann doch wieder an die Decke zu blicken. Sie machte mir zu schaffen, seit Stunden sah ich nichts anderes als die Decke oder den Himmel vom Fenster aus.
Doch langsam spürte ich, wie es mir zunehmend warm wurde. Fror ich die ganze Zeit und waren meine Gliedmaßen wie in Eis erstarrt, so hatte ich nun das Gefühl, als ob ich mich immer mehr erwärmte. Mein Körper hatte den Anschein, als ob ich Kilrian gegenüberstand. Meine Lust stieg an und doch hatte ich kein Auge dafür, nach wenigen Minuten fühlte sich mein Körper an, als ob er brennen würde. Ich wollte mich umgreifen, doch ging es nicht. Das Einzige, was ich wahrnahm, war, wie etwas Warmes, Nasses meinen Körper einnahm. Mich wusch und abspülte. Ich konnte mich erinnern, wie ich gesagt hatte: »Genug« mehr wollte ich nicht. Meine Geilheit und mein Wille, gehörte Kilrian, sonst niemanden und doch ... mein Körper brannte, er juckte, er wollte mehr ...
Ich war gefangen. Ich war in meiner eigenen Lust gefangen und sehnte mir die Erlösung bei, doch konnte ich sie mir selbst nicht geben. Es war hoffnungslos. Ich war gefesselt, an Händen und Füßen, wie es mir nun schmerzlich bewusst wurde.
»So ist es schön«, hörte ich nur und ich wusste nicht, wer mit mir sprach. War es Rausch oder der Mann, dessen Namen ich nicht kannte.
Ein Stöhnen entlockte sich meiner Kehle, warum wusste ich nicht.
Konnte es sein, dass ich kurz einen Luftzug spürte, der angenehm über meine Mitte hinwegzog? Ich wusste es nicht. Aber ich wusste, dass es schön war, dass es in mir Gefühle heraufbeschwor, die ich so nicht kannte.
Wieder stöhnte ich. Mein Körper brannte. Nein! Ich brannte innerlich.
»Mehr! Gib mir mehr. - Ja so ist es gut ...«
Wer sprach nur mit mir? Ich hatte das Gefühl innerlich zu zerbersten. War die Erektion, die ich mit Kilrian erlebte das höchste, was ich empfand, so überstieg dieses Gefühl alles und ich wollte mehr. Ich wollte, dass es aufhörte und auch wieder nicht. Es war nicht ich, es war eine Qual. Die die Widersprüche in sich beherbergte und irgendwann flog ich, doch es war nicht genug.
Von weit her hörte ich so etwas wie stöhnen, ob ich es war oder jemand anderes, konnte ich nicht einordnen. Es war mir nicht genug. Ich wollte mehr fliegen, mehr davon spüren und ich wollte dieses Gefühl mit einer einzigen Person teilen.
Etwas Helles drang durch meine Lider und ich wollte sie nicht öffnen. Völlig fertig drehte ich mich von dem hellen Zeug weg. Versuchte, meine Augen zu öffnen, dass mir nach ein paar Anläufen auch gelang.
Ich war im selben Raum. Der schreckliche Traum war noch nicht vorbei.
»Guten Morgen Mr. Selter ...«
Die Stimme, die kannte ich und ich wandte meinen Blick in dessen Richtung. Rausch. Ach ja, ich erinnerte mich und diese Erinnerung war mit einem üblen Nachgeschmack behaftet. Mein Hinterteilloch brannte, schlimmer, als wenn Kilrian sich darin vergnügt hätte.
»Wer hat mich gefickt?«
»Ich weiß nicht was Sie ...«
»Wer hat mich gefickt?«
Ich wurde lauter und durch die Wimpern sah ich, wie Rausch schluckte.
Nachdem er mir nach, ein paar Sekunden immer noch keine Antwort gab, atmete ich resignierend ein und Rausch stellte das Tablett ab. Schaute mich nur noch kurz an und verschwand.
Was war das für eine Aktion? Fragte ich mich und bemerkte auch, dass ich nicht mehr gefesselt war. Eine Zeit lang musterte ich meinen Körper. Außer den Schürfwunden an den Hand-und Fußgelenken wies ich keine nennenswerten Verletzungen auf. Okay außer, dass mir der Hintern brannte und ich etwas spürte, das stetig vor sich hinbrummte. Das durfte doch wohl nicht wahr sein und ich tastete zwischen meine Pobacken. Langsam zog ich es heraus und starrte das vibrierende Ding fassungslos an.
Irgendwann machte es, in meinem Kopf klick und ich warf den Vibrator auf den Boden. Es bekam nicht einmal einen angewiderten Blick von mir und ich stand auf.
Meine Beine waren noch etwas taub, doch nach ein paar Schritten legte es sich und ich konnte mich mit ohne Hilfe aufrecht halten. Nun hatte ich Gelegenheit mich genauer in dem Zimmer umzuschauen. Außer dem Bett, einem Tisch mit zwei Stühlen und einer kleinen Kommode hatte es nichts zu bieten. Es war zehn allerhöchstens 12 Quadratmeter groß.
Neben dem Bett befand sich noch eine separate Tür, die ich nun sah und die angelehnt war. Ich ging darauf zu und drückte sie auf. Ein kleines Bad. Genauso kahl eingerichtet, wie das Zimmer. Außer einer Toilette, Dusche und einem Waschbecken hatte es nichts zu bieten. Für einen Mann zu klein für zwei war es unmöglich sich darin bewegen zu können.
Dennoch half es nichts, die Natur rief und ich stellte mich vor die Toilette. Sofort kam mir Kilrian in den Sinn.
»Setz dich, oder glaubst du, ich werde wegen dir zu einem Hausmütterchen und putze dir den ganzen Tag hinterher.«
Kilrian konnte Stehpinkler nicht leiden. Okay er hatte nichts gegen sie, solange sie nicht auf seinem Klo gingen. Meine Güte was waren das für Gedanken und ich betätigte die Spülung.
Ich wachte auf und schlief ein. Wie oft dies passierte, davon bekam ich nichts mit. Ich wusste nur, dass ich nicht alleine war.
Das nächste Mal, als ich aufwachte, war es Tag und die Sonne schien durch die Fenster. Kurz blickte ich mich um und sah, dass ich in einem Krankenhauszimmer lag. Eine Infusionsnadel in meiner Armbeuge steckte und ich mich nur vage an den Schmerz erinnerte. Ich hatte einen höllischen Entzug durchgemacht, aber warum?
Langsam richtete ich mich auf und anhand meiner Gliederschmerzen, die ich hatte, musste ich eine lange Zeit gelegen haben. Meine Finger bewegte ich, meine Beine und zu guterletzt drehte ich meinen Oberkörper, bis die Wirbelsäule knackte.
Nicht nur das, auch machte sich ein erdrückendes Gefühl an meinen Geschlechtsteilen breit und ich hob die Decke hoch.
Schloss meine Augen und schüttelte den Kopf. Echt super. Die hatten mir, doch tatsächlich einen Katheter verbraten und eine Windel verpasst.
Die Tür öffnete sich und Hilal betrat mit Robert das Zimmer.
»Ach es wird aber auch Zeit, dass du aufwachst. Ich habe schon angefangen, mir Sorgen zu machen.«
Wäre witzig gewesen, wenn es nicht von Hilal kam und sofort sprach er in sein Headset. Robert ging zum Nachttisch und wechselte die Blumen.
»Sind von Mario und Sam ...«
Ich schluckte, seit ich das Hotel nicht mehr hatte, hatte ich sie nicht mehr gesehen und das schlechte Gewissen machte sich bemerkbar. Sicher brauchte ich kein schlechtes Gewissen zu haben, denn es war meine Entscheidung gewesen, den Kontakt abzubrechen, um ihnen nur ein klein wenig Sicherheit zu gewährleisten. In dem Milieu, in dem ich mich bewegte, lag die Sterbensrate von Familienangehörigen auf der obersten Stufe. Und dies galt zu vermeiden, denn ich liebte die beiden.
»Wie geht`s den beiden?«
Robert lächelte mich an und nickte.
»Ganz gut und ich soll dir von ihnen einen schönen Gruß sagen, arbeite nicht so viel«, fragend blickte ich ihn an und er zuckte mit der Schulter. »Sie wissen nichts davon, dass du eine Überdosis verabreicht bekommen hast, sie denken, dass du während der Arbeit einen Kreislaufkollaps hattest.«
»Ah! Überdosis?«
Doch dann erinnerte ich mich wieder und schloss kurz die Augen. Robert schien dies überhört zu haben und sprach weiter,
»Wir haben deine ganze Familie außer Landes geflogen.«
Erschrocken blickte ich wieder auf und dann ihn direkt an.
»Warum das denn und wohin?«
»Wohin darfst du nicht wissen und den Grund ... nun ja, jemand will dich tot sehen und wollte das mit einer Überdosis Heroin als ›Selbstmord‹ hinstellen, damit keine sinnlosen Fragen aufkommen. Was auch beinahe passiert wäre, hätte Hilal nicht im richtigen Moment richtig geschaltet. Und nun ja du eben nicht tot bist, mussten wir handeln.«
Okay, auch wenn mein Hirn langsam wieder normal arbeitete, warf es doch einige Fragen auf zumal, wer und warum und überhaupt? Ein dunkles Gefühl machte sich in meiner Magengegend breit.
»Tom ...«
Bekam ich den Namen kaum über meine Lippen und ich fing zu zittern an. Wenn man mir eine Überdosis verabreicht hatte, dann mit hundertprozentiger Sicherheit auch Tom. »Was ist mit Tom, ... ist er ...«
»Er lebt, aber er ist nicht hier.«
Ich wagte es, kaum zu fragen und Gottseidank, kam Robert mir zuvor. »Eine Gruppe Namens Nelumbus hält ihn gefangen. Kennst du diese Gruppe.«
Ich war mir nicht sicher und versuchte tief in meiner Erinnerung zu graben, doch ich gab auf. Sicherlich war Nelumbus die lateinische Bezeichnung für die Blume Lotus, aber mit so einer Gruppe hatte ich noch nie zu tun. Zumal wer benannte eine Gruppe oder Organisation mit einem Namen, der so außergewöhnlich war, dass man ihn nicht wieder vergessen konnte. Ich schüttelte den Kopf.
»Na macht nichts.«
Er drückte meine Hand, stand auf und ging. Hilal schaute aus dem Fenster und hing seinen eigenen Gedanken nach. Es sollte wohl so der Eindruck erwecken, denn ich wusste, dass dem nicht so war. Auch wenn er gelassen rüberkam, so war er bereit und aufmerksam. Nichts konnte sich außerhalb seines Blickes bewegen und schon gar nichts, wenn er etwas ins Ziel gefasst hatte.
Ich atmete tief ein und drückte auf den Knopf, der den Pflegedienst rief.
Lange dauerte es nicht und jemand kam. Ich fragte, wie lange ich den Katheter noch behalten durfte und der Pfleger meinte, dass er gleich wieder kam.
War das eine Wohltat, das lästige Ding los zu sein und ich blickte zur Decke rauf. Schloss meine Augen und hoffte, Tom ging es gut.
Nelumbus. Was war das für eine Gruppe? Robert hatte nicht viel von ihnen erzählt und doch sagte mir mein Gefühl, dass man sie absolut nicht unterschätzen durfte. Oder hatte ich schon einmal von ihnen gehört? Ich wusste es nicht. Und wenn einmal das Gespräch über diese Organisation aufkam, dann war ich wohl zu benebelt, um überhaupt etwas zu verstehen. Damals kannte ich nur Beine breitmachen und Selter zu gehorchen.
Selter. Der Mann hatte mich gebrochen. Mir meines Willens beraubt und doch hatte ich es irgendwie geschafft, ihm die Stirn zu bieten.
Wie?
Doch nun wusste ich, wenn er wieder seine Krallen nach mir ausstreckte, würde ich aus seinen Fängen nicht mehr entkommen. Ich hatte nichts mehr in der Hand. Selter hatte mich an sich gekettet und nun wurde es mir brutal bewusst, dass ich nie frei war.
Noch ein paar Tage musste ich im Krankenhaus bleiben, bis ich entlassen werden konnte. Meine Vitalwerte waren zwar immer noch im Keller, aber mir ging es so weit gut.
Der Typ, der Tom entführt hatte, wollte 100%ig sichergehen, dass ich diesen Trip nicht überlebte. Nur dank Hilal war ich noch am Leben. Ob ich darüber glücklich war. War abzusehen, doch wenn ich an Tom dachte, so erwachte mein Kampfgeist.
Ich durfte ihn nicht verlieren. Nie wieder.
Tom war mein Halt. Meine gute Seele, wo wäre ich nun, wenn ich Tom nicht kennengelernt hatte.
In meinem Apartment, vollgedröhnt und irgendein Frischfleisch fickend im Bett oder ich verscharrte eine Leiche, die ich zuvor gefickt hatte, bevor ich ihr den Gnadenschuss gab. Scheiße ich durfte nicht daran denken. Ich war ein Mörder, ein Killer, ein Monster.
Wann hatte diese Scheiße angefangen, wann ging es stetig bergab. Es ging los, indem Moment als der Sarg über meinem Vater geschlossen wurde. Ab da brauchte man nur noch die Tage rückwärts zählen und ich war bei null angelangt.
Etwas zu laut stöhnte ich und lehnte mich im Aufzug, der mich in mein Apartment brachte an.
Hilal, der die ganze Zeit nicht von meiner Seite gewichen war, blickte kurz von seinem Handy auf und mich an, doch sagte nichts.
Ich musste um jeden Preis Tom zurückbekommen, sonst konnte ich für nichts mehr garantieren.
Mit der Zeit vergaß ich die Zeit. Schlafen war das Einzige, was ich tun konnte. Denn ich war auf mich alleine gestellt. Nur ein paar Mal am Tag kamen welche und schoben ein Tablett mit Essen und Trinken in das Zimmer und gingen wieder. Manchmal kam es sogar vor, dass ich gar nichts zu Essen bekam, sondern nur Alkohol und dann konnte ich mich an nichts mehr erinnern, nur dass ich, während ich meinen Rausch ausschlief, benutzt wurde. Das machte mich langsam aber sicher fertig. Aber eine Antwort darauf bekam ich nie.
Als aber irgendwann, nach Tagen oder Wochen der fremde Mann wieder auftauchte, wusste ich nicht, wie es um mich geschah. Ich wurde an das Bett gefesselt und einige Männer, die ich noch nie gesehen hatte, fingen an meinen Körper zu massieren und meine sämtlichen Behaarungen zu entfernen. Erst als dann wirklich nur noch meine Kopfbehaarung vorhanden war, wurden mir die Fesseln abgenommen und ich wurde an den Armen hochgezogen.
Nicht mit mir!
Ich fing an, mich zu wehren, und schaffte es sogar, dass ich welche zu Boden brachte, doch Rausch, zückte einen Elektroschocker und setzte mich damit außer Gefecht. Der Schocker war nicht hoch eingestellt, somit behielt ich noch mein Bewusstsein.
»Wer hätte das gedacht, mein Hübscher!«
Der Mann zog mich zu sich hoch und grinste mich herablassend an. »Nun aber so abwegig ist dies nun, auch wieder nicht, nicht wahr Herr Selter? Immerhin erfuhren Sie ein sagenhaftes Training unter der Leitung Ihres Vaters.«
Was? Ich verstand gar nichts.
»Was wollen Sie von mir?«, fragte ich, als ich endlich auf meinen eigenen Füßen wieder stand.
Wieder grinste der Mann mich an.
»Von Ihnen will ich nichts. Sie sind, wie soll ich mich ausdrücken, Mittel zum Zweck, ein Bauer, der auf das Feld geschickt wird, um geopfert zu werden.«
»Und welches Mittel zum Zweck?«
»Herr Selter, Sie sind nicht in der Lage solche weitreichenden Fragen zu stellen. Es reicht vollkommen, wenn Sie wissen, dass Sie nur ein Bauer sind.«
Er schnippte mit dem Finger und sofort wurde ich auf die Knie gedrückt. Rausch machte sich dran, fesselte meine Arme auf dem Rücken und verpasste mir einen Knebel. Der fremde Mann strich sanft, fast schon behutsam über mein Gesicht.
»Nun Herr Selter, sind Sie bereit für Ihre erste Amtshandlung als Sklave?«
›Sklave? Das ist doch wohl ein Witz!‹
Leider kam ich nicht dazu, mir weitere Gedanken darüber zu machen. Ich spürte einen Stich an meinem Oberarm und es dauerte nicht lange, bis ich die sengende Hitze in meinem Innern aufkommen fühlte. Mir wurde wieder ein Aphrodisiakum verabreicht. Meine Lende reagierte brutal auf das Mittel und ich hatte das Gefühl, das es diesmal stärker und schneller wirkte. Meine Atmung sowie mein Herzschlag beschleunigten sich und aus mir kam ein unterdrücktes kehliges Stöhnen.
»Ja so ist es gut. Sie sind ein guter Junge!«
Der Mann rieb sich die Hände und schnippte wieder mit seinem Finger. Es schien, dass er nicht viele Wörter für seine Männer übrig hatte, oder was wohl das Naheliegende war, sie waren selbst Sklaven. Folglich war Rausch ... auch sein Sklave.
Mir wurde ein Lederhalsband angelegt und dessen Kettenende der Mann in der Hand hielt. Auf Knien musste ich hinter ihm herrobben und er führte mich durch die Wohnung, die ich nun nur schemenhaft wahrnahm auf die Straße. Bugsierte mich in ein Auto, und als er neben mir saß, setzte sich der Wagen in Bewegung. Die Fahrt dauerte nicht lange, so war meine Wahrnehmung, auf die ich im Moment nicht viel Wert legte. Durch die Stimulanz strudelte sowieso alles um mich herum und ich flehte innerlich, dass die Lust die mich gefangen hielt, bald aufhörte.
Der Mann zog an der Kette und mir blieb nichts anderes übrig, als ihm zu folgen. Wenigstens ließ er mich laufen und der Asphalt unter meinen nackten Füßen war noch von der Sonne erwärmt.
Welchen Monat hatten wir? Ich wusste es nicht. Die Lethargie, die mich durch das Alleinsein erfasst hatte, hatte Zeit für mich keine Bedeutung mehr. Ich hoffte, dass es noch März war ... und die Eröffnung der neuen Firma noch erst bevorstand.
Beifall!
›Was wohl Kilrian macht?‹
»Objekt 02. Alter 27. Hat seinen Herrn aufs Äußerste erzürnt. Das Anfangsangebot liegt bei 10.
›Ich hoffe, ihm geht es gut.‹
»Objekt 02. Ist erst seit Kurzem ein Individuum und kann sich sehr schlecht an die Regeln halten. 10 ... 10 ... 11. Das Angebot liegt bei 11.«
›Wahrscheinlich steht er auf dem Balkon und raucht.‹
»Wer ist gewillt dem Herrn dieses Individuum Hilfe zu leisten. 11 ... 12 ... wer bietet 15? 15.«
Plötzlich wurde ich in Position gesetzt. Meine Beine wurden auseinandergeschoben und an den Schnallen, die am Fußgelenk festgemacht wurde, wurde eine Stange befestigt. Ich konnte meine Beine nicht mehr zusammennehmen.
»Wie Sie sehen können meine Herren, will sich das Individuum entschuldigen. 20. Das Angebot liegt bei 20 000 €. Wer bietet mehr. Das Individuum ist kräftig und sehr durchtrainiert. Sein Herr schaut in allen Lebenslagen auf das Wohlbefinden seines Sklaven.«
›Kilrian bitte nimm mich endlich. Du weißt doch, dass ich diese Spielchen hasse.‹ Ich sah sein Lächeln und seine Zunge, wie sie über seine Lippen strich.
›Ja, bitte mach endlich!‹
Endlich beugte er sich zu mir runter und nahm meinen total heißen Schwanz in seinen wunderschönen Mund auf.
»23 000 €. Schaut euch das Prachtstück von einem Schwanz an. Wäre es nicht wunderbar, diese Dreistigkeit zu bestrafen? 30 000«
Kilrian lutschte brutal meinen Schwanz und unkontrolliert zuckte mein Körper auf. Ich stöhnte in den Knebel, doch ich bekam keine Erlösung.
»49 zum Dritten. Verkauft für eine Züchtigung für 49 000 € an dem Herrn mit der Nummer 103.«
Ich hörte diese Stimme an meinem Ohr. Diese Stimme, die noch keinen Namen hatte.
»Da hat Sie ein wirklich ›Guter‹ ersteigert. Ich hoffe doch stark, dass Sie danach nicht mehr solche unüberlegten Fragen stellen. Herr Selter. ... Ich will alles dokumentiert haben. Und Sie wissen bescheid, keinen Samenerguss in ihm, er darf absolut nicht ejakulieren und keine sichtbaren Verletzungen. Es wäre sonst zu schade um ihn.«
Ich hörte, wie meine Kette raschelte.
»Für die nächsten 24 Stunden gehört er Ihnen.«
»Wie lange ist die Injektion her?«
»Nun, Sie haben höchstwahrscheinlich noch 2 - 3 Stunden Spaß an seiner Erektion.«
War alles, bevor man mir einen Sack über den Kopf zog. Das Nächste, an das ich mich erinnerte, war, dass die Fahrt ziemlich lange dauerte. Nun ob es stimmte, konnte ich nicht sagen, aber das Hin und Her brachte mich an die Grenze des Möglichen. Wahrscheinlich hatte ich mich sogar übergeben. Vor allem erinnerte ich mich, dass ich berührt wurde, von außen und von innen, dass meine Geilheit mich verbrannte und ich den ziehenden Schmerz sogar durch den Knebel herausschrie. Und an Blitze. Viele Blitze. Mehr nicht.
Als ich wach wurde, hatte ich das Gefühl seit Wochen durchwegs Sex gehabt zu haben und doch fühlte ich mich unbefriedigt. Mein ganzer Körper schrie quälend auf. Mein Hintern brannte und als ich mich dort berührte, konnte ich einen Finger ohne Widerstand in mich einführen. Es war beängstigend. Meine Rosette spürte den Eindringling nicht, das war nicht normal und langsam dämmerte es mir, dass ich benutzt wurde. Nein vergewaltigt. Doch war es eine Vergewaltigung, wenn man sich daran so gut wie gar nicht mehr erinnert?
Stöhnend hievte ich mich aus dem Bett und versuchte, so gut es ging, die Toilette zu erreichen.
Plötzlich packten mich Hände und stützten mich ab.
»Langsam Tom. Sie haben eine Züchtigung durch einen wahrhaftigen Master erfahren.«
Ich blickte zu der Stimme und es war Rausch.
»Du Arsch bist wohl auch sein Sklave. Verräter!«
»Nein. Ich bin sein Bruder und ja ich habe euch verraten. Aber was zählt schon etwas Verrat, wenn ich dazu beitrage, unsere Rache zu vervollständigen.«
»Was für eine Rache. Ich habe Ihnen nie was getan.«
»Sie ... natürlich nicht. Aber bedenken Sie, dass meine Nichte genauso wenig jemand was getan hatte, und so einen Tod, den sie durchgemacht hatte, wünsche ich nicht einmal meinem Feind. Und Feinde habe ich wirklich viele. Amber wäre jetzt 24 Jahre.«
»Ich kenne keine Amber ... Bitte, lassen Sie mich gehen. - Rausch!«
»Sie wissen schon, dass ich ein Befehl meines Bruders missachtet habe ... was wiederum für Sie bedeutet, dass Sie bestraft werden ...«
»Rausch ich habe Ihnen nie was getan ...«
»Nein das haben Sie wirklich nicht. Aber die Natur sagt was anderes. Sie sind der Sohn von Jones Selter. Des Mannes, der meine Nichte in den tot getrieben hatte ... Dafür müssen Sie Sorge tragen und so leid es mir tut ... ja Sie sind ein guter Mann. Und doch sind Sie für ihren Tod mitverantwortlich. Herr Selter.«
Kyel war aus Amerika angereist und hatte die Eröffnung der neuen Firma geleitet. Von Tom fehlte immer noch jegliche Spur. Seit fast zwei Wochen war er schon verschwunden und ich hatte immer noch kein Lebenszeichen von ihm.
Ich saß im Rattanstuhl auf dem Balkon und blickte zu den Wolken. April. Meine Laune war wie der Monat, wechselhaft und meist trüb. In der linken Hand hielt ich eine Zigarette, die kaum Beachtung von mir bekam und in der rechten, ein Glas Wein. Hin und wieder nippte ich und wartete, bis die Wirkung endlich einsetzte.
Tot, seelisch tot war ich. Die Schmerzen die ich unter Selters Hand erfahren hatte, waren nichts im Vergleich zu denen, die ich nun spürte. Mein Herz blutete, mein Verstand war leer. Nur einzig allein die Aufgabe, die Kinder vom Straßenstrich zu holen, hielt mich aufrecht sowie die Hoffnung, Tom wiederzusehen und die nicht sonderlich beruhigende Worte von Hilal, dass die Organisation Nelumbus ihre Gefangenen nicht gleich umbrachten.
Die Tür ging und Robert stellte sich neben mich.
»Kilrian ...«
Er stockte und ich riss mich von den Wolken. Schaute zu ihm hoch und sah, dass er schluckte.
»Was ist?«
»Ähm ... Jones Selter ist auf dem Weg hierher und er ist nicht gerade ... na ja bei guter Laune.«
»So!«, meinte ich nur, doch innerlich zog sich alles zusammen. »Verstehe. Wann wird er da sein?«
Ich hörte die Klingel und schloss meine Augen. Robert räusperte sich.
»Jetzt!«
Ich hatte gar nicht bemerkt, dass ich tief eingeatmet hatte und die Luft pochend wie mein Herzschlag aus der Lunge herausdrang. Langsam stand ich auf und drückte Robert das Glas Wein in die Hand. Die Zigarette, war zu Boden geflogen und qualmte vor sich hin.
»Nun ist es soweit. Willst du Informationen, warte bis der Löwe in die Höhle kommt.«
Ich wusste nicht, ob ich es laut gesagt hatte oder es nur gedacht, aber Robert stellte das Glas Wein auf den Tisch ab und folgte mir. Hilal stand bereits an der Tür und hatte seine Waffe gezogen. Wieder klingelte es und er öffnete die Tür.
Ein älterer Mann ende fünfzig anfang sechzig betrat mein Apartment, gefolgt von fünf Bodyguards, die sofort ihre Waffen zogen, als sie sahen, das Hilal seine an die Schläfe Selters hielt.
Selter lächelte nur.
»Was sind das für Sitten mein kleines Mädchen.«
»Nimm die Waffe runter.«
»Kannst vergessen.«
»Nimm die Waffe runter!«, befahl ich Hilal, ohne ihn dabei anzuschauen. Mein Blick blieb auf Selter haften, der immer noch lächelte. Sein Lächeln war kalt und herablassend.
»Na wie du meinst. Aber beschwer dich nicht, wenn du deinem Schöpfer gegenüber trittst.«
»Keine Sorge ich stehe bereits vor meinem Schöpfer.« Innerlich war ich aufgewühlter wie ein Tornado, doch meine Stimme war die Ruhe in Person.
Nun lachte Selter auf und trat auf mich zu. Nahm mein Kinn in seine Hand und begutachtete mich.
»Du wirst alt. Du solltest dich liften lassen, damit dir die Kunden nicht abhauen.«
Er ließ von mir ab und ging weiter in das Apartment. »Wie ich sehe, leisten deine Mädchen gute Arbeit, sonst könntest du dir so einen Luxus nicht leisten. Ich muss schon sagen, alle Achtung, allerdings sind mir unschöne Dinge zu Ohren gekommen und ich möchte sie aus deinem Mund hören ob sie stimmen. Es wird gemunkelt, das einige Fickstücke aus deinem Bezirk verschwunden sind. Ist das wahr?«
»Ja!«
Er drehte sich zu mir um und blickte mich kalt an.
»So du gibst es also zu, dass dir die Fickstücke davonlaufen!«
»Sie laufen mir nicht davon, sie verwesen. Genauso wie die Männer, die du mir zur Verfügung gestellt hast.«
Langsam griff er in seine Brusttasche und holte sich seine Kubanische raus. Nun hieß es sich in acht nehmen. Die Kombination Selter und Kubanische war nie gut.
»Verstehe! Aber das zu hinterfragen war nicht das eigentliche Anliegen, warum ich dich aufsuche. Ob Fickstücke oder Bodyguards abhauen oder sterben ist mir egal, solange die Einnahmen stimmen.« Einnahmen? Selter hatte sich nie um meine Einnahmen gekümmert. Er war nur daran interessiert, wie viele Orgasmen ich haben konnte und wie viele Schwänze ich zum Erguss brachte. Mehr auch nicht. Oder sollte es sich in der Zwischenzeit geändert haben?
Er zündete sich die Zigarre an und blies den Rauch aus. »Ich weiß, dass du kurzzeitig mit einem gewissen Thomas eine Affäre hattest, die ich nicht sonderlich gutgeheißen habe. Aber ich habe dich machen lassen, denn auch Individuums wie du brauchen ab und an etwas Spaß.«
Individuum! Was? Dieses Wort hatte ich schon lange nicht mehr gehört und zeigte mir wieder, was ich für Selter war. Nur ein Spielzeug, ein Sklave, sein Eigentum mehr nicht.
Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Hilal sich anspannte. »Nun zu meiner Frage. Hast du in letzter Zeit Kontakt mit Thomas gehabt?«
»In den letzten drei vier Wochen nicht mehr. Nach meinem Wissen ist er zurück nach Amerika. Warum?«
Und ich hatte eine Ohrfeige.
»Mein kleines Mädchen, wie lange soll ich mir deine Lügen noch anhören. Du weißt ganz genau, dass ich dich durchschaue. Kein Mensch kennt dich besser als ich. Also wann hast du Thomas das letzte Mal gesehen?«
»Vor ca vier Wochen.«
»Und er ist nicht nach Amerika gereist?«
»Nein ist er nicht!«
»Und wärst du so lieb und teilst mir seinen Aufenthaltort mit!«
»So viel ich weiß, muss eine Gruppe, die sich Nelumbus nennt, ihn haben.«
Selter viel die Kubanische aus dem Mund und es schien, dass er schwankte. Doch er fasste sich gleich wieder und bückte sich nach seiner Zigarre.
»Wenn es wahr ist, was du gerade gesagt hast. Kannst du dich darauf einstellen, dass du Thomas nie wieder siehst.«
»Du ebenfalls! Aber was Rede ich da, dich haben Menschen eh nie interessiert. Nicht einmal wenn es der eigene Sohn ist.«
Und wieder hatte ich eine Ohrfeige, aber diesmal musste ich mich auffangen.
»Was weißt du schon, du Fickstück. Du bist nur gut, um deine Beine breitzumachen und jeden Schwanz in dein Arsch zu lassen. Lass das Denken, denjenigen die nicht so durchgevögelt sind wie du. Ach eins gebe ich dir noch auf dem Weg. Pass auf dich auf, die Nelumbus gehen sehr sorgsam vor. Es wird nicht lange dauern, dann werden sie dich auf ihrem Gewissen haben. Na, vielleicht haben sie es ja schon versucht. Immerhin warst du ja im Krankenhaus. Aber bis dahin, weißt du, was du zu tun hast, mein kleines Mädchen. Vielleicht sehen wir uns wieder.«
Selter war auf dem Weg zu Tür, ich rieb mir die Wange und fühlte, wie ich devot wurde. Nur das Abfällige ›Tzz‹ und eine unauffällige Bewegung, die ich aus dem Augenwinkel wahrnahm, holte mich zurück.
Ich fing das Kichern an, doch Selter ignorierte mich und kurz, bevor er die Tür erreicht hatte, lagen drei seine Männer bewusstlos auf dem Boden. Hilal hielt ein Messer und seine Feuerwaffe in den Händen. Lächelte Selter an und wies mit der Waffe die Richtung ins Apartment. Robert hatte sich um die anderen zwei gekümmert und streckte sich kurz mit einem stöhnenden Laut.
»Bob! Was hat das zu bedeuten?«
»Das bedeutet, dass ich nicht mehr für Sie arbeite. Und wir nur darauf gewartet haben, bis Sie auftauchen.« Er zuckte mit der Schulter.
»Du Miststück!«
Ich legte nur meinen Zeigefinger an den Mund und lächelte Selter an.
»Sei mir nicht Böse, aber ich brauche Informationen, die du mir liefern kannst.«
»Ich habe für ein Fickstück keine Informationen.«
»Nun, dann blicke dich bitte um oder glaubst du, dass was du siehst, habe ich nur mit Ficken erreicht? Ich befehlige Männer, von denen du dir die Finger ableckst. Ich brauche nichts zu sagen und sie wissen, was ich von ihnen will. ''Red Eyes's' ... oh ja. Ich sehe es an deinen Augen. Diese Angst und dieses Wissen, was diese Männer mit Menschen anstellen können.«
»Ich mache dich fertig. Ich nimm dir alles, was dir lieb ist.«
»Och Selter komm mir doch nicht mit dieser Masche. Ich habe nichts mehr, was du mir wegnehmen kannst. Du hast mir schon alles weggenommen. ...- Ah da fällt mir ein. Eine Sache hast du mir noch nicht weggenommen und das wirst du auch nicht können. Tom. Dein Sohn, er gehört mir.«
»Du bist ein verdammter Lügner.«
»Ja ich weiß.« Ich grinste Selter an. »Warum sollte, gerade ich, die ''Red Eyes's' befehligen. Nein ich befehlige sie nicht. Sie helfen mir aus freien Stücken. Oh auch nicht. Sie helfen mir, weil wir in etwa das gleiche Ziel haben.«
»Kilrian, komm zum Punkt!«, zischte Hilal mich an.
»Nelumbus?!«, kam es flüsternd aus Selter raus. Doch ich schüttelte den Kopf.
»In etwa. Doch mein Anliegen ist Tom und dafür mein ehemaliger süßer Zuhälter, gehe ich über Leichen.«
Ich wandte mich Hilal zu.
»Mein Freund! Bist du so lieb und geleitest Jones ins Wohnzimmer und Bob würdest du bitte, den Fußboden mit einem alten Betttuch abdecken. Danke.«
»Damit kommst du nicht durch. Meine Männer werden mich suchen.«
Ich lächelte ihn nur an.
»Wirklich?«
Wieder sah ich aus dem Augenwinkel die versteckten Aktivitäten von Hilal und nach seinem Gesichtsausdruck zu beurteilen, war er mit meinem Handeln nicht gerade einverstanden.
Ich wurde selbst aus mir nicht schlau, doch im Moment schien mir es der beste Weg zu sein, Selter ein für allemal und endgültig die Stirn zu bieten. Er musste aus meinem Leben verschwinden, und wie schon gesagt ich würde über Leichen gehen um Tom wieder in meine Arme schließen zu können.
Ich glaubte, mich verhört zu haben, und meine Gedanken machten einen Stopp als ich in mein Headset ›zugreifen‹ flüsterte. Selbst Robert flüsterte unentwegt in sein Headset. Er forderte, Befehle zu erhalten. Auch wenn ich Robert gut leiden konnte, so konnte er doch bitte einmal auf eigenen Füßen stehen. Ich flehte direkt und hoffte, dass es erhört wurde. Doch leider war Robert kein 'Red Eyes', sondern nur ein SPA-Agent, der gewohnt war Befehle zu erhalten und diese akribisch auszuführen.
Anthony an der anderen Leitung knurrte bereits. Es kam zu plötzlich und langsam fragte ich mich, wer Kilrian in Wirklichkeit war.
Anfänglich erschien er als seriöser Hotelbesitzer mit einem etwas unnormalen Nebenjob, auch die Monate seit ich an seiner Seite war, brachten kein Licht in das dunkle, das ihn zu umgeben schien. Er war wie Nebel. Nein, kein Nebel er war wie eine Medaille mit zwei Seiten. Seine helle und gutmütige Seite hatte ich bereits kennengelernt, doch nun stand ich seiner dunklen Seite gegenüber und ich musste sagen, sie ängstigte mich etwas. Ich selbst lebte seit vielen Jahren mit meiner dunklen Seite und sie war wahrhaftig nicht schön. Pervers, dunkle und tödlich.
Kilrian hatte den Tod bereits kennengelernt und vielleicht auch Geschmack daran gefunden und doch sah ich, wie er litt. Wie er kämpfte, um nicht vollständig in seine Dunkelheit zu verfallen.
›Wer bist du? Kilrian oder steht Zeth vor mir‹ ich schüttelte unmerklich mit dem Kopf. ›Keiner von beiden steht vor mir. Er ist jemand anderes. Das andere, das in jedem schlummert, bis es gerufen wird und es ist gerade in ihm erwacht.‹
Anthony bellte mir ins Ohr, was die ganze Scheiße sollte, zumal erst Abwarten befohlen worden war. Ich versuchte es so gut es ging, in verschlüsselten Worten das wiederzugeben, was soeben passiert war.
»Das mag schon sein Hilal, aber das ist eine Aktion die ... man ...« Plärrte er und ich unterbrach ihn.
»Du hast keine andere Chance mehr. Kilrian hat es in seine Hände genommen. Greif Selters Quartier an. Jetzt. Kilrian hat die Nachfolge nun endgültig übernommen. Hoffen wir, das Selter diese Nacht überlebt. Ich melde mich wieder, wenn Kil sich etwas beruhigt hat.«
»Mom ... warte Hilal ...!«
Ich stellte Anthony auf stumm und tat, was Kilrian gesagt hatte. Ich fuchtelte mit meiner Waffe und zeigte Selter den Weg ins Wohnzimmer.
»Anthony hat den Angriff angeordnet!«, hörte ich Robert und konzentrieren mich nur noch auf Selter.
Ich atmete tief ein und zählte die Sekunden. Dies half mir mich zu beruhigen. Eine alte Methode, um zu sich selbst zu finden. Ich war gut in Spurensuche und ein Scharfschütze. Meine Treffsicherheit lag immer noch bei 100 % und doch spürte ich, wie das Alter um mich griff. Mit meinen 45 Jahren war ich nicht mehr so ausdauernd wie mit 20.
War ich froh, als Anthony mich vor so viele Jahren gefragt hatte, als die ''Red Eyes'' aufgelöst wurden, ob ich noch weiter in sein Team bleiben wollte. Ich wüsste nicht, was aus mir geworden wäre, wenn ich nicht zugesagt hätte. Anthony, der Jüngste bei den ''Red Eyes'' und das Genie. Er hatte es oft nicht leicht, doch er überragte uns in allem. Ich erinnerte mich an die letzte Mission. Er kannte jeden besser als seine eigene rechte Westentasche. Somit war die Verhaftung Clancys eigentlich schon in trockenen Tüchern, noch bevor sie richtig losging. Dachten wir.
Über zwanzig Jahre arbeitete ich bereits mit Loris, Gerbert, Emily und Anthony zusammen. Wäre Clancy nicht verrückt geworden und hätte er sich nicht an den Geliebten des besten Freundes von Anthony rangemacht, würde er sicherlich auch noch im Team mit sein. Doch so, lag er in dem Zimmer und zählte die Tropfen, die auf seiner Stirn landete. Loris konnte Clancy nie richtig leiden, doch die beiden waren das perfekteste Team, das sich jemand wünschen konnte.
»Damit wirst du nicht durchkommen! Du bist nichts weiter, als eine kleine Schlampe!«
Wurde ich aus meinen Gedanken gerissen und bevor Selter auf Kilrian zustürmen konnte, hatte ich ihn an seinen Haaren gepackt und zurückgezogen.
»Nun mal langsam, mit den Hühnern!«, zischte ich und stieß Selter etwas zu grob zu Boden. Kurz jammerte er auf, doch da anscheinend Kilrian in seiner Nähe war, verkniff er sich diesen demütigen Laut.
»Fuck! Was bist du für einer? Stehst wohl auf so was!«
»Fordere mich nicht heraus. Im Gegensatz zu dem Küken da, ...«
Ich nickte zu Kilrian, der sich eine Zigarette angezündet hatte, um sein Zittern zu verbergen. »Habe ich schon ganz andere klein bekommen und du bist da keine Ausnahme.« Langsam kniete ich mich zu ihm runter. »Oder stehst du auf so was? Hmm, ja ... oh ja ich glaube, wir werden viel Spaß haben. Du und ich.« Und um noch eins oben drauf zu legen, leckte ich mir genüsslich über die Lippe.
»Du Schwuchtel!«
»Nicht mehr und nicht weniger wie du!«, flüsterte ich und griff ihm zwischen die Beine. Diesmal jaulte er wirklich laut auf. »Ups! Ich vergaß, du hattest ja Sackkrebs. Ich hoffe, ich habe dir nicht zu arg wehgetan?«
Ich zuckte mit den Schultern und meinte noch mit einem hämischen Grinsen, mit dem ich jeden, meiner Gegner eigentlich schon in die Knie gezwungen hatte, ›C’est la vie(*FN* C’est la vie: französisch - So ist das Leben*FN*)‹.
Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Robert sich um Kilrian kümmerte, der ziemlich nahe an einem Nervenzusammenbruch stand. Ich musste Selter weiter ablenken. Er durfte auf gar keinen Umständen Kilrian Angst sehen. Somit zog ich ihn auf die Beine und gab ihm keine Zeit um sein Gleichgewicht zu finden. Sofort hielt ich mit einem bestimmten Griff seine Arme nach hinten und stieß ihn zur Couch. Dort zog ich ihn über die Lehne und schnippte mit den Fingern. Wie einstudiert oder nur darauf wartend schmiss Robert mir Handschellen zu, die ich fing und mit geübter Handhabung um Selter Handgelenke legte.
Ich selbst stellte mich hinter hin, schob seine Beine auseinander und beugte mich zu seinem Ohr hin.
»So mein Hübscher. Ich stelle mich erst einmal vor, denn mein Name ist das Letzte, was du jemals wieder von dir geben wirst. Halal(*FN* Halal: nachzulesen hier, http://www.wasglaubstdudenn.de/spuren/143683/was-bedeutet-haram*FN*). Das ist Türkisch und hat eine sehr religiöse Bedeutung. Es bedeutet rein oder was erlaubt ist. Ich hingegen nehme diese Variante. Gleiches muss mit Gleiches gegolten werden, dass die Waage der Rechenschaft im Einklang ist. Damit man das Recht hat, das Reich Allahs zu betreten. Aber ... das weißt nur du und ich hoffe, du schreist meinen Namen raus, wenn du vor deinem Gott stehst, denn ich glaube kaum, dass sich dein Gott erbarmt dich aufzunehmen, wenn du meinen Namen schreist.«
Robert der sich um Selters Bodyguards gekümmert hatte, ging ohne Unterschweif ins Wohnzimmer. Blickte sich kurz darin um und schüttelte den Kopf.
»Hier ist es viel zu gemütlich. Außerdem brauchen wir einen Ort, um uns auszuruhen. Ich schlage das Gästezimmer vor. Es ist groß genug. Das kann man abtrennen und die Wände sowie die Fenster schalldicht machen. Die Decke ist auch stabil ...«
Als er zu mir schaute nickte ich nur und schon forderte er Material an. Ich selbst fing an Robert in einem anderen Licht zu betrachten. War er sonst immer gegen solche Maßnahmen abgeneigt, zeigte er nun sein ganzes Potenzial. Er wäre sicher ein sehr guter ›Red Eye‹ gewesen.
Eine Zeit lang beobachtete ich das Geschehen. Hilal, Rob und Gerbert, der wie aus heiterem Himmel erschienen war, räumten das Gästezimmer aus. Nur das Bett und eine Kommode beließen sie in dem Raum. Sie montierten einige Aufhängungen an der Decke, doch wofür sie diese brauchten, verstand ich im Moment nicht. Allerdings schien Selter es zu verstehen, der gefesselt auf dem Bett lag und den Blick nicht mehr davon nehmen konnte. Langsam sickerte die Erkenntnis auch bei mir durch. Aus dem Gästezimmer machten sie eine Folterkammer und ich konnte mir das Grinsen nicht mehr verkneifen.
»Ihr habt doch seine Basis angegriffen?«, fragte ich plötzlich und Hilal schaute von der Leiter runter. Verengte kurz seine Augenbrauen und nickte. »Im Keller, die erste Tür rechts ... dort findet ihr Accessoires, die ich recht amüsant und für mein Anliegen vorteilhaft finde. Schafft es her! Alles.«
»Nun ich frage lieber nicht, was sich dort befindet, aber ich kann es mir denken!«, murmelte Hilal, der von der Leiter stieg und mein Anliegen ins Headset weitergab.
»Ach Kilrian einen schönen Gruß von Toni. Du hast einen Vollschlag!«
»Danke! Gruß zurück!«
Ein paar Stunden später kam ein LKW, der die ganzen Sachen transportiert hatte an und ich vernahm nur das Fluchen der SPA-Agenten.
»Ist das denn zu fassen! Erst Kyel und jetzt Kilrian. Bin ich nur von Sadisten umgeben?«
»Warum von Sadisten umgeben? Du bist doch selbst einer!«
»Ach halt die Klappe Gerbert ... und du auch Loris. WAS? Ich sagte, du sollst die Klappe halten, Loris. - Nicht nur du bist ein Babysitter. Außerdem was machst du schon Großartiges? Clancy? Clancy ist doch in deinen Händen wie ein Baby und so vollgedröhnt wir er die ganze zeit ist ... ist das für dich nur ein Kinderspiel. Ach ne dir ists langweilig, wie wunderbar und wir schleppen uns an den Untersuchungsstuhl zu tote. Ist ja ganz toll, du würdest uns gerne helfen. Du und körperliche Arbeit. Ich pfeif drauf. Bleib du in Amerika bei Clancy!«, wütetete Hilal in sein Headset und ich fragte mich, ob er das Ding auch beim Schlafen auf hatte.
»Wo soll das Ding hin?«, riss Hilal mich aus meinen Gedanken, doch Robert gab ihm bereits Anweisung. Er sprach etwas, von wegen und einer Couch, sowie einem Tisch und noch über andere Sachen. »Woher zum Teufel, kennst du dich damit aus?«
»Ich arbeite seit einigen Jahren für Selter und kenne inzwischen die Annehmlichkeiten, für die ein Dom zu haben ist.«
»Doms Herrgott. Ich wurde Foltermeister genannt und jetzt wird so einer Dom genannt.«
»Mit einem Unterschied. Du bist ein Foltermeister und geilst dich nicht an den Schmerz deiner Gefangenen auf. Du folterst, um Informationen zu bekommen. Der da, foltert um seine Opfer gefügig zu machen, und geilt sich daran auf ...«
»Selter ist kein Dom. Für so einen gibt es keine Bezeichnung. Selbst Teufel ist noch zu human.«
Ich trat an Selter ran, der mich am liebsten gleich mit seinem Blick getötet hätte. »Kyel ist ein Dom und ich selbst, bin auch einer, aber ich mag es auch, meine Lust als Sub auszuleben. Doch und das hat Selter versaut, gibt es bei mir sehr hohe Grenzen, weswegen ich nie ein guter Sub sein kann. Ist es nicht so? Jason!«
Selter wollte etwas sagen, doch der Knebel, dem Hilal ihm verpasst hatte, verhinderte es.
Da es wohl noch eine Zeit lang dauerte, bis die drei alles schalldicht, montiert und renoviert hatten, ging ich ins Schlafzimmer.
Meine Gedanken schweiften zu Selter und wie er auf dem Bett gefesselt alles beobachtete. Es musste für ihn bereits jetzt schon die Hölle sein. Doch dies war nichts im Vergleich zu dem, was ich oder die anderen durchmachen mussten. Jahrelange Pein, Demütigung, Schläge und Vergewaltigung. Da war das Sehen des Voranschreitens der Veränderung im Zimmer nur ein minimaler Prozentsatz an Erniedrigung. Aber wie gesagt, für Selter wahrscheinlich schon genug um in seinem eigenen Martyrium gefangen zu sein.
Ich ließ mich aufs Bett fallen, griff auf mein Nachttisch zu den Zigaretten. Zündete mir eine an und schloss die Augen.
»Tom! Komm endlich zu mir zurück!«
Meine Augen fingen das Brennen an und als ich sie öffnete, liefen Tränen seitlich zu meinen Ohren. Dieses Nichtwissen, diese Leere in meinem Herzen und diese Hoffnung, das er noch lebte, nagte an mir. Ich wünschte mir, ich könnte Selter diesen seelischen Schmerz auf irgendeiner Weise zurückzahlen. Ich wollte es ihm zurückzahlen, doch wusste ich nicht wie. Wie konnte man einem Monster so wehtun, nein quälen, dass er sich wünschte, nie geboren worden zu sein. Zu sterben oder um Gnade winseln? Wie? Wie konnte ich es ihm zufügen? Ich? Der ihn nicht einmal mit Gummihandschuhen anfassen wollte. Der nicht einmal im gleichen Zimmer geschweige denn im gleichen Haus mit ihm sein wollte. Ich konnte es nicht und doch war das mein Wille.
Ich drehte mich auf die Seite und kippte die Asche ab. Kurz schaute ich die Zigarette an und mir dämmerte es, dass ich nur beim anzünden den Rauch eingeatmet hatte, ansonsten glimmte sie nur. Ich lächelte und als ich die Zigarette zum Mund führen wollte, überkam mich der Ekel. Sofort drückte ich sie aus und stieg vom Bett. Kippte die Fenster, denn ganz aufreißen durfte ich sie nicht, sonst der stumme Alarm losging und wie auf Abruf sah ich Tom dastehen. Nackt und total verdattert. Ich fing zu lachen und zu weinen gleichzeitig an und bevor ich mich versah, kniete ich auf dem Boden und schluchzte.
Einige Minuten vergingen, bis ich mich wieder beruhigt hatte, und blickte mich im Schlafzimmer um. Zog meinen Ärmel über die Hand und wischte mir die restlichen Tränen aus dem Gesicht. So konnte es nicht mehr weiter gehen. Ich musste stark bleiben und kämpfen, denn tief in meinem innern wusste ich, dass Tom auch um sein Leben kämpfte. Warum sollte ich dann aufgeben, nur weil ein perverses Schwein gefesselt in meinem Gästezimmer lag. ›No Go‹ plötzlich fing ich das Kichern an.
»Sam, da hast du absolut recht und der Typ wird es nicht mehr schaffen mich kirre zu machen.« Und ich stand auf. Riss mir buchstäblich die Klamotten vom Körper und ging ins Bad.
Nachdem ich geduscht war, ließ ich den Laptop hochfahren und öffnete eine passwortgeschützte Datei. Las die Namen von den Kindern, die ich von den Babystrich geholt hatte und filterte mir die sechszehn bis achtzehnjährigen raus. Versuchte mir anhand ihrer Körperhaltung und den Gesprächen die ich mit ihnen geführt hatte ihre Persönlichkeit ins Gedächtnis zu rufen.
Fünf nahm ich näher in Augenschein, denn ihre Aggression und Wut war unverkennbar und ganz besonders die Antwort auf die letzte Frage, die ich ihnen gestellt hatte.
»Was würdest du machen, wenn angenommen, du nach vielen Jahren, deinem Zuhälter oder einem seiner Männer auf offener Straße begegnest?«
»Töten ... Eier abschneiden ... seinen Schwanz abreißen und ihm in seinem Arsch stecken ... Rattengift zum Fressen geben ... ihm ganz langsam und mit vollem Bewusstsein seine Organe rausschneiden ...«
Ich ging aus meinem Schlafzimmer raus, hörte immer noch das Gehämmer aus dem Gästezimmer und schüttelte den Kopf. Sie machten wohl Überstunden und schnappte mir die Autoschlüssel. Kurz bevor ich an der Tür war, hielt mich Hilal ab.
»Wo willst du hin?«
»Zur roten Linie!«
»Sicher und ohne Bodyguard.« Hilal zog sich seine Jacke an und es war mir klar, dass er mitging. ER hielt seine Hand auf und ich übergab ihm die Schlüssel. Nun übertrieb er, aber ich zuckte nur mit der Schulter.
Im Auto fragte er mich, was ich da wollte und als ich ihm mein Anliegen erklärte, fiel ihm die Kinnlatte runter.
»Sag mal, bist du von allen guten Geistern verlassen! Das ist hirnrissig und das weißt du! Vor allem, aber und überhaupt, warum seine Ex-Stricher und Mädchen, die er für tot hält?«
Ich hätte es ihm gerne erklärt, doch ich konnte es nicht einmal mir selbst erklären. Es war ein Gefühl, das in mir hauste. Ich wusste, das Selter immer auf seine ›Mädchen‹ herabgeschaut hatte und sie nur als Fickstücke ansah. Er fühlte sich groß und unnahbar und für die Kinder glich er einem Gott. Doch was würde passieren, wenn sich eine Schöpfung gegen den Schöpfer wendet?
Der Schöpfer würde in Schmach versinken und wenn er merkt, dass er nun doch keine so große Gottheit ist, würde er innerlich zerbrechen.
Aber wie gesagt, war das nur mein Gefühl, ob es sich am Ende so verhielt, war abzusehen und deshalb schwieg ich.
Auf der roten Linie wurde ich schnell fündig. Laut Bericht, den mir der Psychologe zukommen ließ, wusste ich das einige ›Kinder‹ wieder auf den Strich gingen. Nur diesmal aus freien Stücken.
Hilal hielt neben einen jungen Mann, der lasziv auf das Auto zuschritt. Ich ließ das Fenster runter und der junge Mann zog scharf die Luft ein. Schnell blickte er sich um und tat dann wieder auf cool.
»Was willst du? Du hast gesagt, dass du mich in ruhe lässt!«
»Ja das habe ich. Ich habe auch nur eine Frage an dich.«
»Stell sie und dann verschwinde!«
»Erinnerst du dich an die letzte Frage, die ich dir damals gestellt habe?« Ich ließ meine Frage etwas auf ihn wirken und lächelte ihn an. »Du weißt, wo du mich findest und dort ist er auch.«
Das Fenster schloss ich wieder und bevor Hilal losfahren konnte, wurde die Hintertür geöffnet, und der junge Mann stieg ein.
»Hey Boss, hast du ne Kippe?«
Ich beugte mich vor und holte eine angefangene Zigarettenschachtel aus dem Handschuhfach. Diese schmiss ich ihm zu.
»Ich bin nicht dein Boss und die kannst du behalten.«
»Schon klar Boss. Ey danke Alter.« Er zündete sich eine an.
»Wohin jetzt?«, fragte Hilal.
»Um die Ecke, da müsste Sanja sein.«
»Hey Boss meinst du Letifee?« Ich nickte. »Sie hat gerade nen Freier am Start. Son alten Typen, der holt ...«
»Eren das interessiert mich nicht. Hilal fahr in die Stadt, denn wenn Sanja mich hier stehen sieht, wird sie abhauen.«
»Hey Boss, weißt du schon, das Letifee schwanger ist?«
Mir blieb die Spucke weg und schloss kurzzeitig meine Augen.
»Oh schön, Hilal fahr zum Apartment zurück.«
»Und weißt du, wer der Papa ist?«
»Nein weiß ich nicht.«
»Ich!«
Na toll dachte ich und rieb mir die Augen, doch ich vermied ihm, eine Standpauke zu halten.
»Herzlichen Glückwunsch ...«
»Hab sie schon zusammengeschissen, weil sie arbeiten geht. Ich kann für uns schon sorgen ... ich werde ja auch Papa und Papas müssen für ihre Familie sorgen. Ist doch so, Boss.«
»Was sagt euer Psychologe?«
»Dr. Dellinger ist ganz begeistert und hat uns viele Nummern gegeben ... Weißt du Boss, der Doc ist ne gute Frau. Sie hat es geschafft, dass ich clean bleibe und jetzt da das Baby kommt, will ich es umso mehr schaffen.«
Seine Einstellung und Willenskraft in Ehren und nun haderte ich, Eren für meine Zwecke zu ›missbrauchen‹.
»Eren, dass was ich dich vorhin gefragt habe, über die letzte Frage unseres letzten Gesprächs. Überlege es dir noch einmal sehr gründlich, denn genau das werde ich von dir verlangen.«
»Das ich ihm seinen verfuckten Schwanz abreiße und ihm damit sein Arschloch fülle. Nein besser ... ich lege ihm sein Prachtstück vor ihm hin und behandle sein Loch mit einem Dampfstrahler. Aber zuvor wird er auf die Knie gehen und meine mit Hundescheiße vollgetretenen Schuhe ablecken ...« Eren redete sich in Fahrt und ich tauschte mit Hilal Blicke aus.
Das konnte ja was werden. Doch zuerst musste Eren seine Angst die er mit große Sprücheklopfen zu verschleiern versuchte gegenübertreten und das war die eigentliche Herausforderung. Und wenn er dies bestand ohne gleich auf Selter zu stürmen oder sich zu übergeben, konnte ich anfangen mit ihm zu arbeiten und ihn dahin führen, wohin ich ihn wollte um meine endgültige Freiheit zu bekommen. Nun ja, Eren und die anderen Kids bekamen ihre Rache, sofern dieses Gefühl in ihnen noch vorherrschte.
Erens Handy ging los mit einer unmöglichen Melodie.
»Hallo meine Fee. - Du bist daheim. - was macht unser Baby? - Ist ruhig. - Hast du was genommen?«
Seine Tonlage hatte sich schlagartig geändert, doch sie wurde auch schnell wieder sanft. »Das ist schön. Denke an unser Baby ...«
Ich hörte nur noch mit einem Ohr hin, doch als er mich antippte und sagte, wir sollten doch bitte mal zu ihm nach Hause fahren um Letifee also Sanja abzuholen, erschrak ich im ersten Moment und war gleichzeitig auch überrascht.
Hilal fuhr zu der Adresse, die ihm Eren gegeben hatte und Sanja wartete bereits vor der Tür. Ich war überrascht, als ich sie sah, denn ich hatte eine in High Heels, Minirock und mit einem Ausschnitt versehenes aufgetakeltes junges Mädchen, die gerade von einem Freier kam erwartet. Doch Sanja trug eine Jeans und einen modischen Pulli. Auch ihr Make-up konnte sich sehen lassen.
Ohne Unterschweif stieg sie ins Auto und begrüßte Eren mit einem leidenschaftlichen Kuss, sowie mit ›ich habe dich vermisst‹ und mich mit einem kurzen Hallo.
»Wer ist das?«, fragte sie und nickte in Hilals Richtung.
»Niemand den du zu kennen brauchst.«
»Ich bin Hilal. Es freut mich euch kennenzulernen.«
Stellte er sich vor und zwinkerte in den Rückspiegel. Mich bedachte er mit einem schelmischen Blick. Ich schüttelte nur den Kopf und wandte mich von ihm ab. Blickte auf die Straße die, wenn sie nicht befahren war, genauso trostlos erschien, wie die Leere in meinem Herzen. Dennoch musste ich Hilal recht geben. Warum sollte ich gegenüber den Kindern, die für ihre Lage nichts dafür konnten so abweisend sein. Das wäre Gift und ich würde einen Schritt nach hinten gehen anstatt nach vorne.
Hilal hielt auf dem Parkplatz, der für mein Apartment vorgesehen war und wir stiegen aus. Sanja und Eren hielten sich, wie zwei frisch verliebte in den Armen und man musste schon genau hinschauen um zu erkennen, dass sie eine grausame Zeit hinter sich hatten. Ich ging an die Haustür, sperrte sie auf und ließ sie eintreten. Verstohlen blickte Hilal sich immer wieder um. Für einen der nicht wusste, wer er war, kam er ganz normal rüber, als ob er nur die Gegend betrachten würde, doch ich wusste, dass er alles abcheckte und für die Schönheit im eigentlichen nichts übrig hatte.
Benahm Sanja sich die ganze Zeit wie ein Teenager wurde sie schlagartig ernst, als wie den Fahrstuhl betraten.
»Also was willst du von uns? Eren hatte nur etwas gesagt, von wegen und der letzten Frage, die du uns gestellt hast.«
»Wenn wir im Apartment sind, werde ich euch alles erklären.«
»Ich habe Pfefferspray dabei und bin in einem Verteidigungskurs.« Ich lächelte sie nur an und nickte. Touch das Mädchen, doch hätte ich mit ihr was Schlimmes vorgehabt, wäre sie bereits in der Falle, und zwar in dem Moment, in dem sie in mein Auto gestiegen war.
»Du bist gut vorbereitet, Sanja, aber die Frage lautet, ob du es auch durchstehst. In deinem Zustand. In welchem Monat bist du?«
Sofort drehte sie sich zu Eren und boxte ihm auf die Schulter. Noch bevor sie richtig loswettern konnte, hielt der Fahrstuhl und wir stiegen aus.
Robert der bereits an der Tür wartete, wollte meine Gäste durchsuchen, doch ich hielt ihn davon ab und ich führte sie ins Wohnzimmer. Beide kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus und es wunderte mich nicht, das sie so reagierten. Erstens sahen sie das Apartment nun im nüchternen Zustand und zweitens gehörte die Architektur dem gehobenen Stil an, das Otto Normalverbraucher nicht jeden Tag zu sehen bekamen. Ich bot ihnen an, sich zu setzten und Hilal fragte, was sie trinken möchten. Beide wollten Cola und als sie den ersten Schluck zu sich nahmen, fing ich an zu erklären, was ich von ihnen wollte.
Sanja starrte mich fassungslos an und Eren bekam ein teuflisches Leuchten in den Augen. Im gleichen Atemzug zückte er sein Handy und tippte darauf rum. Keine Minute später bekam er Antwort und fragte mich, ob er hier rauchen dürfte.
Das ließ Sanja aus ihre Starre erwachen und sie boxte ihren Freund wieder, mit der Aussage, dass er vor ihr nicht rauchen soll.
Sie wurde mir sympathisch und ich nickte zur Dachterrasse. Eren erhob sich und ging raus. Sanja folgte ihm. Daraufhin verzog ich mich ins Schlafzimmer und ließ die beiden alleine, damit sie sich entscheiden konnten, ob sie mir helfen wollten oder nicht.
Der Laptop lief immer noch und ich schaute mir noch einige ›Kinder‹ an, als es an der Tür klopfte. Ich rief herein und Robert öffnete die Tür und ließ die beiden eintreten. Etwas betreten standen sie vor mir. Eren hatte seine Hände in die Hosentasche gesteckt und Sanja verschränkte ihre Arme auf die Brust.
»Boss, also, ähm ... wir sind dabei, aber ...«
Aber! Okay mit einem oder mehrere aber hatte ich gerechnet. »Aber wir wollen es auf unsere Art machen und wir wollen eine Sprachbestätigung, dass du uns dann nie wieder ansprichst, uns nicht kennst, uns nicht dazwischenfunkst und jeden von so nen Schadenersatz gibst, denn ... denn«
»Wir haben gehört, das du die Schwarze Witwe bist. Selters beste Einnahmequelle. Wer sagt uns, dass du uns nicht in die Falle lockst? Weil ...«
»Weil ihr bereit seit gegen Selter auszusagen, sollte es vor Gericht gehen und ihr aus dem Schneider sein wolltet, sollte es schiefgehen« Ich hoffte es sogar sehr, dass es schiefging. Sie nickten und erschraken, als Hilal zu sprechen anfing.
»Das es vor Gericht geht, wollen wir vermeiden. Anthony hat sein Okay gegeben. Alles was ab jetzt passiert, ist nie geschehen. Also was ist?«
Ich richtete mich auf und ich fühlte nur noch Kälte.
»Eren, Sanja ich bin mit jeder Forderung, die ihr stellt einverstanden.«
»Auch bei den anderen?«
»Anderen?« Eren hielt sein Handy hoch und ich sah, dass er in irgendeinen Gruppenchat drin war, der sich die Rachsüchtigen nannte.
»Sie wollen mit dabei sein ...«
Am Anfang war ich dagegen, doch im eigentlichen konnte mir nichts Besseres passieren. Dennoch fühlte ich mich nicht wohl dabei und bat alleine gelassen zu werden.
Ich ließ mich aufs Bett fallen und rieb mir die Augen. Langsam bekam ich das Gefühl, dass das Vorhaben aus den Rudern lief.
»Das ist es doch, was du wolltest? Du willst frei sein, das geht nur, wenn Selter tot ist und die Kids wollen ihre Rache, die du ihnen gibst. Du bist wahrscheinlich darüber hinaus, um Rache ausüben zu wollen. Dein Fokus auf den du dich konzentrierst, beinhaltet nur dich selbst. - Das unterscheidet dich von den anderen.«
»Wie meinst du das Robert?«
»So wie ich es sage. Es interessiert dich nicht, ob Selter nun Schmerzen erfährt oder dir ins Gesicht schreit. Ob er von einem Auto überfahren wird oder ins Koma fällt. Dass was dich interessiert, ist, dass die Person, von der du jahrelang abhängig warst, endlich aus deinem Hinterkopf verschwindet. Doch was dich nun stört, ist, dass du der leitende Faden bist. Die Person, die andere dazu anstiftet, weil du einfach nicht mehr die Kraft aufbringst, es selbst zu tun.«
»Weil ich ein Feigling bin.«
»Falsch! Du bist die stärkste Person, die ich jemals begegnet bin. Kein Mensch hält so eine Hölle durch, ohne verrückt zu werden. Kilrian, deine Entscheidung ist richtig. Sicherlich heiße ich es nicht gut, die Kids dazu herzunehmen, aber wie du siehst, sind die Feuer und Flamme. Sie haben ihre Wut und Zorn und den brodelnden Hass noch nicht überstanden. Du schon. Selter könnte dich nun anbetteln und um Gnade winseln, vor dir ertrinken oder wie gelähmt auf einen nahenden Zug warten, es lässt dich kalt. Du wirst zusehen und nicht einmal einen Gedanken daran verschwenden ob dein Handeln nun richtig ist oder falsch. Du hast dich bereits aus seinen Klauen befreit, nur muss es dir noch bewusst werden und damit es dir wirklich bewusst ist, muss er für dich sterben, und zwar nur für dich. Gebrochen und erniedrigt. Denn nur für diesen Moment, für diese paar Sekunden, hast du die ganze Zeit gegen ihn gekämpft. Du willst ihn ansehen, ihm tief in die Augen blicken und ihm damit sagen, so fühlt es sich an.«
»Aber ihr habt ihn. Warum schafft ihr ihn nicht in die Zelle?« Robert lächelte leicht.
»Deutsche Bürokratie. Sicherlich könnten wir ihn einsperren lassen, aber was bringt es uns? Nichts! Die ganzen Beweise, die ganzen Zeugen haben keine Bedeutung, wenn er nach ein paar Jahren wieder auf freiem Fuß ist und er mit seinem Schmiergeld seine restlichen Tage genießt. Denn am Ende ist er der Sieger und du der Verlierer. - So und nun heißt es für mich, in meinen verdienten Urlaub zu gehen.«
Überrascht schaute ich ihn an und wieder lächelte er leicht. »Kilrian ich weiß jetzt schon zu viel und ich bin nur ein einfacher SPA-Agent. Dass was hier abgeht, ist eine Sache unter den Ehemaligen und übersteigt mein Budget.«
In der Nacht tat ich kein Auge zu. Auch hatte ich den Kundentermin sausen lassen und starrte die ganze Zeit aus dem Fenster.
Albträume plagten mich und ich konnte sie nicht einordnen. Allein, ich war allein. Niemand war da, mit dem ich reden konnte und ich verlor mich in meiner Lethargie. Tagein und tagaus das gleiche. Die Sonne ging auf, zog ihre Bahnen und ging wieder unter. Hin und wieder wurde die Tür geöffnet und ein Tablett reingeschoben, mehr auch nicht.
Ich lag auf dem Bett und meine Hoffnung auf baldige Rettung versiegte.
Der Chip, der unter meiner Haut eingepflanzt worden war, versagte wohl sein Dienst. Nicht nur das machte mir zu schaffen. Die Albträume, die ich hatte ... Fremde Hände streichelten über meinen Körper. Liebkosten mich zwischen den Beinen und massierten mein Hintern.
Diese machten mir am meisten zu schaffen.
Ich wollte nicht mehr.
Ich wollte klar bei Verstand bleiben. Mehr wollte ich nicht.
War das zu viel verlangt?
Doch mein Rufen blieb ungehört. Es schien sogar, dass ich den ganzen Tag allein in dieser Wohnung oder Haus war. Wie abgestoßen.
So fühlte ich mich.
Wieder wurde ein Tablett reingeschoben und ich erhob mich vom Bett. Holte mir das Essen und nahm das Besteck in die Hand. Plastik wie immer und wie immer Essen aus der Dose. Angewidert würgte ich mir das Essen runter und als ich fertig war, kam der fremde Mann rein, der der Bruder von Rausch war.
»Einen wunderschönen guten Tag, Herr Selter. Wie geht es Ihnen?«
»Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass ich darauf antworte?«
»Nicht wirklich!« Er drehte sich von mir weg und ging ans Fenster. »Herr Selter nun sind Sie seit knapp zwei Wochen mein Gast und bis jetzt haben Sie sich vorteilhaft geschlagen. - Wissen Sie überhaupt warum ich Ihnen meine Gestfreundschaft gewähre?«
»Nun, es wäre wirklich schön, es zu erfahren, Mr. ...!«
»Rausch. Nathan Rausch!«
»Mr. Rausch!« Er lächelte mich an.
»Sie überraschen mich Herr Selter. Sie sind so ganz anders, als die anderen. Sie besitzen immer noch einen Funken Willenskraft. Trotz den Behandlungen, die Sie beiwohnen durften.« Wäre ja alles gut und schön, wenn ich mir nur daran erinnern konnte. Das einzige, was mir bewusst war, war, dass mein Körper die Anzeichen des Sexes aufwies, ansonsten nichts. »Nun Herr Selter ich wage zu bezweifeln, dass Sie ein Mädchen mit dem Namen Amber kennen. Aber das ist irrelevant. Das was Sie wissen müssen ist allein die Tatsache, das Sie nun für Ihren Vater verantwortlich sind. Er ist, wie soll ich mich ausdrücken, wie vom Erdboden verschwunden, obwohl erst vor Kurzem diverse Aktivitäten zu verzeichnen waren. Eigentlich hatte ich vor gehabt, Sie, Ihrem Vater einzeln zurückzuschicken.«
Scheiße! Warum sagte er mir das und ich starrte ihn fassungslos an. Es schien, dass er in sich hinein grinste. »Doch es hat den Anschein, dass jemand Sie mag. Jemand der mir ... ach was rede ich da. Genießen Sie Ihren restlichen Aufenthalt Herr Selter. Wir werden uns nicht mehr sehen.«
Er schnippte mit den Fingern und einige Männer kamen rein. Sie zogen mich an den Haaren hoch und schubberten mich ins Bad. Bugsierten mich unter die Dusche um mich nach dem Abwaschen wieder rauszuziehen. Dann zwangen sie mich in engen und knappen Klamotten und als ich auf mich hinab sah, konnte ich keinen klaren Gedanken mehr fassen. Das einzige was mir durchging, war, das durfte doch nicht wahr sein und schon wurde ich aus dem Haus oder Wohnung gezerrt. Diesmal verzichtete sie darauf, mich zuzudröhnen, und als wir eine gute halbe Stunde mit dem Auto unterwegs waren, konnte ich erkennen, wohin sie mich schleppten.
Wie automatisch ging meine Hand zum Türöffner und ich überlegte nicht einmal, als ich den Henkel betätigte. Doch die verdammte Tür ging nicht auf und es schien, dass einer der Männer es gesehen hatte, und schlug mich mit dem Pistolenknauf. Sofort sah ich weiße und schwarze Punkte, doch mein Bewusstsein verlor ich nicht.
Ich wusste nicht, wie es um mich geschah. Plötzlich blieb mir der Atem im Hals stecken und ich dachte nur: Ich muss hier weg! Ich muss hier raus und ich fing an, um mich zu schlagen. Keine Ahnung was es war. Aber alles in mir wurde mobilisiert. War es Adrenalin oder der pure Überlebenswillen. Ich wusste es nicht. Ich spürte nichts mehr. Ich nahm nichts mehr wahr. Ich war nicht einmal mehr bei Sinnen und nur am Rande bekam ich mit, das sogar der Mann, der auf dem Beifahrersitz saß, sich zu mir umdrehte um mich zu bremsen. Doch sie hatten nicht mit mir gerechnet. Ich war in Rasche und es konnte sogar gut möglich sein, dass ich mit meinen Füßen und purer Überlebenskraft den Sitz nach vorne drückte. Kurz bekam ich ein Hochgefühl, als sich der Airbag aktivierte und ich nur noch das rote Blut über ihn spritzen sah. Dann durchfuhr mich ein höllischer Schmerz. Ich wurde nach hinten gedrückt und gleichzeitig auf die Seite geschleudert. Ich vernahm nur noch, dass das Auto in dem ich saß, in einem Unfall verwickelt war und wundervolle, braune wie tief schwarz blickende Augen mich in die Dunkelheit zogen.
Ich wusste nicht, was Hilal und Gerbert die ganze Nacht getrieben hatte, doch als ich aufstand, war der Kaffee bereits aufgebrüht und frische Semmeln standen auf dem Küchentisch. Noch dazu Gedecke für mindestens acht Personen. Laut meiner Hochrechnung sollten, wenn schon nur für fünf Personen gedeckt werden. Noch etwas müde und ohne Antrieb schüttelte ich den Kopf.
»Hey Fee, ich will das fei net!«
»Wenn ich sage, dass ich dabei sein will, dann bin ich das auch.«
»Schon, aber unser Baby.«
»Das Baby bekommt davon nichts mit. Ich mache doch keinen Dauerlauf. Echt Eren du übertreibst manchmal wirklich.«
»Ahhh, ich habe halt schon viel Scheiße erlebt.«
»Nicht nur du. Guten Morgen Boss.« Noch einmal schüttelte ich den Kopf und atmete verdrossen ein. Murmelte ein ›ich bin nicht dein Boss‹ in mein nicht vorhandenen Bart und schenkte mir Kaffee ein.
Setzte mich an den Tisch und schlug die Tageszeitung auf. Sofort stach mir eine dicke Überschrift in die Augen. ›A9 fordert wieder Todesopfer‹ doch ich gab dem Artikel keine Beachtung. Dass auf der Autobahn Unfälle passierten, war in der Regel an der Tagesordnung.
»Ich will ihn endlich sehen, und AHHHHHH, doch der Typ, heißt der Hilal hat die Tür zugesperrt.« Vernahm ich nur am Rande mit, denn ein Timbre aus meiner Vergangenheit, das englisch mit deutschem Akzent sprach, erlangte meine Aufmerksamkeit.
»John No. Come here ... Vivi No. Kyel nimm Vivi!« Sascha, ich glaubs ja nicht und stand vom Tisch auf. Ging von der Küche raus und sah ihn. Bepackt mit Koffer, Reisetasche und leichten übermüdeten Ausdruck. Unsere Blicke trafen sich und ich fragte mich, was er hier in Deutschland wollte. Besonders, weil er sich nicht angemeldet hatte, wie er es sonst immer tat.
»Kil! Gott Kil, es tut mir so leid!« Er nahm die Reisetasche von der Schulter und zog mich in die Arme. »Es tut mir so leid! Als ich es gehört habe, bin ich sofort nach Deutschland gereist. Kil es tut mir wirklich so leid! Vor allem kann ich es nicht glauben, dass er bei so was mitgemacht hat.«
»Was denn?«
»Tom! Dass er bei so was überhaupt mitgemacht hatte, ich verstehe es nicht. Er war doch immer so beherrscht!« Moment, konnte mal jemand mich aufklären und ich schaute zu Kyel, der meinen Blick auswich.
»Sascha lass Kil los. So wie er aussieht, weiß er es noch nicht.« Kurz nickte ich und Sascha ließ mich los. Eingehend musterte er mich und gab mir einen Kuss auf die Wange.
»Was ist hier los?«, fragte ich und sah Gerbert, der hinter meinen Besuch auftrat. Er räusperte sich und strich sich durch die Haare.
»Tom liegt im Koma.«
»WAS!?«, schrie ich raus und mir wurde es schwindlig. Ich wusste nicht, was ich, als Erstes denken sollte. Gott sei dank war er aus den Fängen draußen und lag nun in Sicherheit im Krankenhaus. Oder, das war doch ein verkackter Scherz, oder das war eine hochkantige Lüge, die die SPA-Agenten Sascha aufgetischt hatten. Doch wenn Sascha hier in Deutschland war, war es mit hundert prozentiger Sicherheit anzunehmen, dass er hier war um Tom zu sehen.
Ich schaute zu Gerbert und dann zu Hilal, der mit verschränkten Armen dastand und nur leicht mit dem Kopf nickte. Meine Beine hielten mich nicht mehr und sank auf die Knie. Bedankte mich bei sämtlichen Gottheiten, dass Tom nun wirklich in Sicherheit war. Ich konnte mir nie im geringsten Vorstellen, wie es war, Erleichterung zu empfinden. Tom war in Sicherheit und mir liefen die Tränen den Wangen runter. Ich konnte nicht mehr denken, geschweige denn Sprechen. Meine Gefühle hatten mich gefangen genommen und ich ließ sie raus.
Wir saßen in der Küche und ich hatten x-ten Kaffee intus. Von den Gesprächen bekam ich nur wenig mit. Immer wieder, wenn die Sprache darauf kam, warum Tom bei den illegalen Straßenrennen mitgemacht hatte, schwieg ich. Ich konnte es nicht fassen, mit welcher Lüge, die SPA, nein die Ehemaligen auftraten und mir riss langsam aber sicher der Geduldsfaden.
Kyel, der die Wahrheit kannte, schaute nur aus dem Fenster und Sascha, der die Wahrheit eben nicht kannte, schüttelt immer wieder den Kopf.
Mit den Worten: »Okay, ich gehe mit den Kleinen zu Omama.« Stand er auf und zog sich an. Ich selbst blickte auf die Uhr. Es war kaum eine Stunde vergangen, als Sascha plötzlich vor mir erschien. Er winkte und ging.
Ich stand auf und schenkte mir wieder einen Kaffee ein und drehte mich schließlich tief einatmend um.
»Kann mir jemand mal erzählen, was zum Teufel passiert ist! Was ist mit Tom? Wo ist er? Ist er wirklich im Krankenhaus und wie in Herrgotts Namen ist er dort gelandet? Und wenn er wirklich dort ist, wann kann ich zu ihm?«
»Kilrian!« Nahm Hilal das Wort in die Hand. »Wir wussten schon von Anfang an, wo Tom gefangen gehalten worden ist.«
»Ja?! Und warum ...!«, wollte ich lospoltern.
»Shut up and listen!«, mischte sich Kyel ein und er schaute mich mit einem Blick an, der mir die Sprache verschlug.
»Ich denke, du setzt dich erst einmal!« Um seinen Worten noch zu verstärken, setzte Hilal sich als erstes und ich tat es ihm gleich. »Wie ich schon sagte, haben wir bereits von Anfang an gewusst, wo Tom gefangen gehalten worden ist. ER hat wie du, von uns ein Chip bekommen.« Zur Bestätigung nickte ich. »Kyel hat einen und Sascha ebenfalls und noch einige mehr, die wir gerne im Auge behalten. Deine Frage lautet bestimmt, warum wir nicht gleich zu Toms Rettung geeilt sind.« Wieder nickte ich. »Aus dem ganz einfachen Grund, wenn wir voreilig gehandelt hätten, wäre Tom jetzt nicht im Koma, sondern mausetot. In den letzten Tagen blieb uns nichts anderes übrig, als abzuwarten und auf den geeigneten Moment zu warten, der letzte Nacht war. Die Nelumbus hatten einen Fehler begangen und als es ihnen bewusst wurde, wollten sie Tom loswerden.«
»Was war das für ein Fehler?«
»Sie haben nicht bedacht das ›die Schwarze Witwe‹ den Anschlag überleben könnte. Tja und da du eben überlebt hast, haben Gerbert, Rausch und ich kleine Gerüchte gestreut.«
»Rausch? Wo ist er überhaupt?«
»Bei Tom. Er hatte die ganze Zeit ein Auge auf ihn gehabt.«
»Aber wie konntet ihr einen Mann bei den Nelumbus einschleusen?«
»Rausch ist ein Nelumbus. Einer der Gründer mit. Neben seinem Bruder Nathan.« Wieder nickte ich nur und doch verstand ich kein Wort. Außerdem war mir im Moment nur wichtig, wo Tom war und wie es ihm ging. Hilal sprach auch einfach weiter. »Und letzte Nacht war es dann soweit. Die Gerüchte haben Wurzeln geschlagen und Nathan Rausch wollte Tom loswerden. Auf dem Weg zum Pier ist Tom ausgerastet und hat ein Unfall verursacht.«
»Was ich mir für eine Frage stelle.« Mischte sich nun Kyel ein. »Mir ist die ganze Zeit unklar, wie Tom so ausrasten konnte. Er hat Flugangst und steigt trotzdem in ein Flugzeug, aber das er Angst vor dem Meer hat, ist mir unbekannt. Er ist ein leidenschaftlicher Schwimmer.«
»Herr Selter hat keine Angst vor dem Meer. Er hatte Angst vor einem einzigen Wort.« Rausch? Wie kam der rein? Ich hatte die Klingel nicht gehört. »Aber es hat nun keine Wirkung mehr.«
»Was?«, fragte Kyel.
»Ich habe ihn unter Hypnose gesetzt, wenn er das bestimmte Wort liest, oder hört, er unbedingt, um sein Leben kämpfen muss. Dass er überleben muss, egal wie. Und da es eben eine systematische Methode von meinem Bruder ist, Dinge die nicht mehr gebraucht werden im Meer zu versenken, konnte ich vorhersehen, wohin er Herr Selter bringen lässt um ihn loszuwerden.«
»Also Tom lebt und er liegt im Krankenhaus im Koma!« Hilal und Rausch nickten und ich schloss erleichtert die Augen. »Ich will ihn sehen!«
Kurz darauf wurde ich ins Krankenhaus gefahren. In das Gleiche in dem mein Vater verstarb. Die Dame an der Anmeldung erkannte mich wieder und lächelte mich freundlich an. Ich fragte, wo Tom lag und sie erklärte mir den Weg.
Intensivstation:
Mein Herz schlug bis zum Hals und ich spürte, wie mir die Hand zitterte, als ich sie auf die Klinke legte. Feucht war sie und ich atmete tief ein. Ich blickte mich um, um mich zu vergewissern, das Hilal nicht da war. Denn ich hatte ihn gebeten mich alleine zu Tom lassen. Noch einmal atmete ich tief ein und öffnete die Tür. Trat in den Flur und vor mir erschien wieder eine Tür. Auf der Tür klebte ein Plakat mit der Aufforderung zu Klingeln, damit Besucher in einen separaten Raum gebracht werden können.
Das Neonlicht über mir erstrahlte unheimlich und ich musste unwillkürlich an einem Horrorfilm denken, den ich verbotener weise als kleiner Junge angeschaut hatte. Gott hatte mein Vater mich zusammengestaucht. Ich musste schmunzeln.
Der Gedanke an meinem Vater gab mir irgendwie Kraft und ich drückte auf die Klingel.
Lange dauerte es nicht und eine Pflegerin öffnete die Tür. Sie fragte, wer ich war und als ich es ihr sagte, fragte sie mich, ob ich ein Familienangehöriger sei. Nein war ich nicht oder doch?
»Ich bin sein Lebensgefährte.« Sie schaute mich an und dann öffnete sie lächelnd die Tür. Sie forderte mich auf, ihr zu folgen, damit ich mir Schutzkleidung überziehen konnte.
Erst nachdem ich wirklich steril eingepackt war, durfte ich zu Tom. Und da lag er. Lebendig, wie mir der unmögliche Piepston mitteilte.
Langsam fast schon in Zeitlupe trat ich an das Bett und konnte kaum meine Hand heben, obwohl ich ihn so sehr berühren wollte. Stattdessen betrachte ich ihn. Ein Arm war in Gips. Er hatte eine Halskrause, war bis über die Brust zugedeckt und wurde künstlich beatmet.
»Gott Tom!«
Ich beugte mich zu ihm runter und berührte mit meiner Stirn die seine. Einige Sekunden verharrte ich so und gab ihm einen Kuss auf die Stelle, die meine Stirn berührt hatte. Dann blickte ich mich um und sah einen Stuhl, den ich heranzog und mich darauf setzte. Erst dann fand mein Arm die Kraft sich zu erheben und ich umgriff seine Hand. Sie war kühl und keine Reaktion kam von ihm.
Ich wusste nicht, wie lange ich dasaß und ihn betrachtete. Erst als die Pflegerin reinkam und sagte, dass Herr Selter zur Untersuchung musste, erhob ich mich.
»Ist es möglich mit dem zuständigen Arzt zu sprechen?« Freundlich nickte sie und meinte, dass er seine Visite am späten Nachmittag durchführte und da die Möglichkeit wäre mit ihm zu sprechen. Ich bedankte mich und ging.
Auf dem Nachhauseweg fragte ich Hilal, wie es dazu kommen konnte, dass die Nelumbus so ein Interesse an Tom hegten. Ich sah, wie er mich von der Seite ansah und atmete tief ein.
»Jason Selter war der Auslöser. Nathan hatte eine Tochter. Damals war sie 13 oder 14. Aus Gründen, die ich nicht kenne, viel sie in Selters Hand. Was dann passierte, das kannst du dir vorstellen. Selter schickte sie auf den Strich, setzte sie unter Drogen usw. Auf jeden Fall wurde sie schwanger ...«
»Scheiße!«, sagte ich nur drauf, denn ich wusste, was Selter mit Mädchen machte oder gemacht hatte, die unerlaubterweise schwanger wurden. Eine Folter glich einer Streicheleinheit. Hilal nickte.
»Tja, sie überstand es nicht und starb. Nathan wollte sich an Selter rächen und hat deswegen Tom entführt. Er wollte Gleiches mit Gleiches vergelten.«
»Verstehe!«
Den ganzen restlichen Weg blickte ich aus dem Fenster und denken konnte ich nicht mehr. Immer wieder schob sich Toms Gesicht vor meine Augen und ich hatte Mühe die Tränen zurückzuhalten.
War es Erleichterung oder Wut ich wusste es nicht. Tom lebte, war wieder bei mir und das war wichtig.
Nun musste ich mich, auf das, was mir noch bevorstand stellen. Selter. Damit ich endlich in Freiheit leben konnte, denn solange er da war, war die Gefahr groß, dass ich ihm wieder verfalle und dies gilt unbedingt zu vermeiden. Ich wollte ich sein und vor allem bleiben.
Daheim angekommen fand ich mein Apartment verqualmt mit diversen Duftnoten vor und fuchtelte mit der Hand vor mein Gesicht herum.
»Verdammt! Welcher Idiot raucht hier drinnen Joints. Ich habe zwei Balkone und eine Dachterrasse da muss es doch möglich sein, draußen zu qualmen!« Und sofort zur Bestätigung hörte ich wie jemand loszischte. »Ich habs euch gesagt. Geht auf dem Balkon!«
Ich kam in der Küche an und traute meinen Augen nicht. Dort saßen an die zehn ›Kinder‹ und gönnten sich eine Familienpizza. Nebenbei drehten sie sich Joints.
»Und du hockst mitten drin, mit deinem Baby!« Wandte ich mich zu Sanja, die sofort aufsprang und das Weite suchte. Robert lehnte an der Spüle und schien bereits sichtlich genervt zu sein.
»Ich dachte, du bist im Urlaub?!« Er zuckte mit der Schulter und atmete tief ein.
»Wie soll das gehen? Soll ich Gerbert mit den Kids alleine lassen? Der ist doch für die ein Opa!« Hilal kicherte los.
»Robert darüber brauchst du dir keine Gedanken machen. Wenn Geb‹ loslegt, dann bleibt kein Stein auf dem anderen.« Als Bestätigung klopfte er ihm auf die Schulter. Ich selbst rieb mir die Augen und murmelte ein Okay. Ging zum Abfalleimer, hob ihn hoch und trat an den Tisch heran. Mit einem Armwischer fegte ich alles, was sich auf dem Tisch befand in den Eimer. Die Pizzaschachtel landetet unglücklicherweise mit gesamten Inhalt auf dem Boden, sowie der mit Kippen versehene Aschenbecher.
Die Kids waren sofort ruhig und ich bedachte sie mit einem strengen Blick.
»Das hier ist kein Kinderspiel!« Zog meine Jacke aus, die durch meine Action schmutzig geworden war und schmiss sie ebenfalls in den Mülleimer. »Okay! Ich weiß, ich habe euch hergebeten, aber das heißt nicht, dass ihr euch hier so aufführt als ob ihr Graf Rotz von der Poppelburg seit. Wenn ich wiederkomme, ist das hier sauber und nur diejenigen die ihre Rache ernst nehmen und es aus vollem Bewusstsein wollen, dürfen hierbleiben. Die anderen, die der Meinung sind, dass sie hier nur mal einen drauf machen und sich kostenlos vollstopfen können, können gerne gehen. Dort ist die Tür und Robert geleitet euch sehr gerne raus.« Danach sagte ich noch, wenn sie mit dem aufräumen fertig waren, sie Selter vielleicht am nächste Tag sehen dürfen. Einige starrten mich fassungslos an.
»Ist er wirklich hier? Ich dachte das ...« Ich nickte nur und verzog mich ins Schlafzimmer.
Am späteren Nachmittag machte ich mich fertig um wieder ins Krankenhaus zu fahren. Hilal der mein ständiger Begleiter wurde, fragte mich, wie es nun mit Selter und den Kids weiter gehen sollte.
»Eine Nacht sollen die Kids noch einmal darüber Schlafen und morgen werde ich sie zu Selter lassen.«
»Du veranstaltest langsam psychologische Kriegsführung. Die sind heiß!«
»Das mag schon sein, aber sie müssen es auch komplett wollen. Mitläufer kann ich nicht gebrauchen. Was bringt mir das, wenn einer auf cool macht und dann, wenn es soweit ist, sein Schwanz einzieht. Sie alle hassen ihn und alle malen sich aus, wie sie ihn am besten fertigmachen können. Vielleicht träumen sie nachts sogar davon.«
»Träumst du nachts davon?« Komisch auf diese Frage hatte ich gewartet und schüttelte den Kopf.
»Nein! Zumindest nicht mehr. Diese Phase habe ich überwunden, doch bei den Kids ist es frisch und deshalb sind sie um einiges gefährlicher. Sie handeln instinktiv, impulsiv und unüberlegt.«
»Warum kann ich dir das nicht glauben? Kilrian, du willst dich an ihn rächen und dein Plan ist es, ihn so fertigzumachen, dass er ›bricht‹.«
»Rächen? Nein. Meine Rachegelüste sind versiegt. Ich will nur frei sein und das kann ich nur, wenn Selter von den Maden gefressen wird. Solange er lebt, laufe ich gefahr, ihm wieder zu verfallen.« Ich hielt inne. »Ich bin ihm immer noch verfallen.«
»Nun das ist Ansichtssache. Aber dennoch sage ich, dass es deine persönliche Rache ist. Du willst ihn zerbrechen. Ihm das nehmen, was für ihm am wertvollsten ist und das sehr langsam.«
»Wenn es wirklich sehr langsam gehen sollte, dann hätte ich die Kids nicht zu mir geholt, denn wenn die anfangen, glaube ich kaum, dass er eine Woche überlebt. Selter sollte froh sein, dass es die Kids sind, die ihn um die Ecke bringen und nicht ich.«
»Das glaube ich dir sogar.«
»Hilal sag mal, wo habt ihr seine Männer hingebracht?«
»Drei von ihnen harren oben auf dem Dach aus und zwei, nun ja, ich war wohl etwas zu voreilig.« Ich wusste nicht, was mich ritt.
»Hol die drei runter, mach sie fitt und sie sollen für den restlichen Tag und die Nacht sich um Selter kümmern.«
»Mit kümmern, meinst du ...« Ich nickte und Hilal atmete tief ein. Kurz darauf parkte er vor dem Krankenhaus.
Es war spannend und beängstigend zugleich. Mit einer Eiseskälte hatte er mir sein Vorhaben geschildert und wieder fragte ich mich, wer vor mir stand.
Innerlich konnte ich nur mit dem Kopf schütteln und doch, war das eine natürliche Reaktion von ihm. Ich konnte ihn sehr gut verstehen. Damals ich war noch ein Teenager, bestand mein Leben auch nur aus Rache. Ich wollte mich an die Person rächen, die mir das Liebste, damals war es das Liebste, genommen hatte. Der Ehemann meiner Schwester.
Die Eheschließung war vollzogen und er hatte sie behandelt wie ein Stück Dreck. Nein, dem Dreck hatte er noch mehr Aufmerksamkeit geschenkt als seiner Frau. Doch konnte ich nie meine Rache ausleben, der Bürgerkrieg hatte sie mir genommen und den Ehemann gleich dazu.
Der Umbau des Gästezimmers ging gut voran und immer wenn ich zu Selter blickte, der gefesselt auf dem Bett lag, malte ich mir vor, wie Kilrian sich an ihn rächen wollte. Würde er selbst Hand anlegen oder es komplett den Kids überlassen, denn die waren heiß und ihre Gespräche ab und an besorgniserregend. Nun ja, wenn ich ihnen glauben schenken sollte, so wäre von Selter am Ende nichts mehr übrig.
Robert wurde es immer mulmiger und Anthony hatte ihn in den Urlaub geschickt, doch er blieb, mit dem Wissen, dass, wenn was über seine Lippen kam, er ab den Zeitpunkt seines Urlaubs nicht mehr gesehen worden war. ER schluckte und Gerbert klopfte ihm auf die Schulter.
»Tja, wir sind eben nicht nur SPA-Agenten, aber so einen wie dich, können wir gut gebrauchen. Du hast eine gewisse Ähnlichkeit mit jemanden, den wir kennen.«
»Du sprichst aber nicht von Loris!« Kichernd und grinsend hatte er mir zugenickt.
»Nicht unbedingt Loris, aber mit Anthony, der war anfänglich auch immer so unbedarft.«
»Na solange Robert in dir keine Vaterfigur sieht, wie Anthony, dann kann ich damit leben.« Er polterte laut los.
»So viel ich weiß, hat jeder in mir die ›Vaterfigur‹ gesehen ...!«
»Ist ja kein Wunder, so alt wie du bist. Sag mal, hast du nicht schon deinen Ruhestand.« Er schüttelte den Kopf.
»Nein, muss noch etwas schuften, aber bei Parker ist es angenehm. Er hat zwar ne Macke mit seiner Süßen, aber der Alte ist ganz Okay. Vor allem zeigt er Kyel, wo es lang geht. Die beiden müsstet ihr mal sehen. Da bleibt kein Auge trocken, wenn die loslegen. Außerdem bin ich heilfroh hier zu sein. Ihr könnt euch nicht vorstellen, was Raoul für eine Memme ist.«
»Raoul, du meinst unser Raoul?« Gerbert nickte.
»Seit er mit Maike zusammen ist, ist er wie ausgewechselt. Seine tuntenhafte Manier legt er überhaupt nicht mehr ab.«
»Der war schon immer so!«
»Aber nicht so extrem! Und es nervt selbst Emily und das heißt was, wenn sie über ihren Bruder schimpft.«
Meine Gedanken schweiften zurück zu dem Moment als Sascha und Kyel das Apartment betraten.
Für einen kurzen Augenblick so schien es, wäre Kilrian komplett von der Dunkelheit verschlungen worden, doch dann als er erfahren hatte, dass Tom noch lebte, erstrahlten seine Augen in einem ganz anderen Licht. Die dunkle Iris erhellte sich und auch seine Züge wurden sanfter. Hoffnung.
Das war es und ich konnte es nicht fassen, wie viel Hoffnung in so einem kaputten Menschen doch noch steckte. Hoffnung. Tom war seine Hoffnung, sein Leben und der Stamm in seinem Herzen. Niemand war so weit in Kilrian vorgedrungen, wie Tom es vermochte.
Doch als er mich fragte, warum die Nelumbus Interesse an Tom hegten und ich ihm darauf antwortete, so wurde er wieder ruhig, sehr ruhig und auch, wenn ich keine Aura lesen konnte, so konnte ich sagen, das sie dunkler war, wie die schwärzeste Nacht.
Langsam wurde ich echt neugierig, was in Kilrians Kopf vorging. Vor zwanzig Jahren mit der richtigen Führung ... jeder Auftraggeber hätte sich nach ihm die Finger abgeschleckt.
Ich ging diesmal direkt zur Intensivstation und es hatte den Anschein, dass ich erwartet wurde. Ein Pfleger gab mir die Schutzklamotten, die ich mir überzog und sagte, dass der zuständige Arzt bereits auf mich wartete.
Kurz verzog ich meine Augenbraue, denn Arzt und auf Familienangehörige warten sind Dinge, die nicht der Norm entsprachen.
»Tja, wenn man Privatpatient ist?«
»Wie das?« Hilal der mich diesmal begleiten durfte, zuckte nur mit der Schulter.
»Kyel Kastner.« Warum auch nicht? Dachte ich und betrat das Krankenzimmer. Tom lag noch genauso da, wie ich ihn verlassen hatte und ich setzte mich auf den Stuhl, der anscheinen nicht bewegt worden war.
Es dauerte auch keine fünf Minuten und der Arzt kam rein. Ich drehte mich um und sah, wie er Hilal kurz musterte, ihm zunickte und mir wurde es klar. Der Arzt arbeitete für die SPA.
»Guten Tag Herr Ford, mein Name ist Dr. Fiesler.«
»Guten Tag!«
»Nun, Herr Selter hatte sehr großes Glück. Es gibt fast kein Knochen, der nicht gebrochen ist. Einige innere Organe sind durch einen immensen Aufprall zusammengequetscht worden und seine Lunge erlitt einen Kollaps. Der Kopfbereich und die Wirbelsäule blieben wie durch ein Wunder unbeschadet. - Wir müssen ihn noch eine Zeit lang im künstlichen Koma belassen, bis sich seine inneren Organe stabilisiert haben.«
»Wie lange wird das dauern?«
»Das kann ich Ihnen nicht genau sagen. Aber vier Wochen mindestens.« Vier Wochen! Das hielt ich nie und nimmer aus, doch ich nickte nur.
»Kann ich Ihnen sonst irgendwie helfen, Herr Ford?«, fragte mich der Arzt und wieder erwischte ich ihn, wie er zu Hilal rüberschielte. Und es hielt mich nichts mehr. Ich wusste auch nicht, wie ich darauf kam und es rutschte auch einfach aus mir raus.
»Haben Sie rein zufällig, konservierte Gliedmaßen?« Hilal fing zu husten an und Dr. Fiesler fiel die Kinnlatte runter. »Von Menschen?« Gab ich noch eins drauf.
»Kilrian!« Stieß Hilal aus.
»Was? Ich kenne dich langsam gut genug, um zu wissen oder zu erkennen, wer mit involviert ist.« Wieder entglitten dem Doktor die Gesichtszüge und er fing irgendetwas zu stottern an.
»Was brauchst du?«, fragte Hilal mich scharf und bedachte mich mit einem Blick, dem jeden anderen sofort in eine dunkle Ecke gescheucht hätte, nur mich nicht.
»Finger, Hand, Fuß, Ohr, Nase, Schwanz, Kopf mit blonden Haaren. Meinetwagen auch eine Lunge, Herz oder Niere. Egal! Hauptsache das Zeug ist in einem Glas.« Nun lächelte Hilal und kam auf mich zu. Nahm mich in die Arme und flüsterte: »Sag nie wieder, dass es nicht um Rache geht. Im Moment lebst du nur für die Rache. Deine Augen verraten dich.« Das Einzige was mir über die Lippen kam, war: »Ich muss ihn loswerden. Ich muss es loswerden. Diese Leere.«
»Geh nach Hause. Ich habe hier noch etwas zu erledigen.« Hilal entließ mich aus seiner Umarmung und wartete, bis ich das Zimmer verlassen hatte.
Ich setzte mich ins Auto und startete den Motor. Kurz hielt ich inne, bevor ich die Gangschaltung betätigte, und lächelte kurz. Er hatte doch gesagt, dass er noch etwas zu erledigen hatte, warum also wartete ich auf ihn. War das schon so zur Gewohnheit geworden? Sah so aus und fuhr los. Doch mein Weg führte nicht zum Apartment. Ich wusste nicht, wie es kam, doch als ich den Blinker zur Auffahrt setzte, spürte ich den Verlust überdeutlich.
Auch sah ich, dass der Weg nicht gekehrt war und das alte Laub vom Herbst noch dalag. Die Schlaglöcher die alle Jahre nach dem Winter all zu gerne wiederkamen, zierten den Weg und als ich weiterfuhr, sah ich, dass die Brücke zum Weiher den Winter nicht überstanden hatte.
Ich fuhr weiter und das Gebäude, das einst meine Heimat war, sah wie verlassen aus. Sicherlich konnte dies auch nur meine Einbildung sein, doch es parkten keine Autos vor dem Hotel und ihr fuhr näher ran.
Vor der Tür hielt ich, weil mir ein Schild ins Auge stach. »Closed«
Ich stieg aus, ließ aber den Motor laufen. Ging die Treppen rauf und berührte das Schild. Mein Herz zog sich zusammen. Hotel Schwanenteich war nie geschlossen. Nie! Seit ich denken konnte und ich blickte auf die Öffnungszeiten. Wieder durchzog ein Schmerz mein Herz, als ich die mit Permanentstift raufgeschriebenen Zeiten las. Nicht einmal für ein ordentliches Öffnungszeitenschild hatte sie Geld übrig. Dem nicht genug. Neben dem »Closed« Schild war ein Zettel angeheftet worden, dass Hotel Schwanenteich wegen Saisonurlaub geschlossen hatte. Meine Mutter hatte es geschafft, das Hotel in weniger als drei Monaten in den Ruin zu treiben.
Doch dann viel mir ein, dass die SPA meine Familie außer Landes geflogen hatte und ich ließ das Schild los.
»Gott ich danke dir!« Ich zückte mein Handy und wählte Marios Nummer, doch ich kam nicht durch. Noch einmal versuchte ich es mit Sams Nummer, mit dem gleichen Ergebnis. Verdrossen steckte ich es zurück.
Ich stieg wieder ins Auto und fuhr zum Apartment. Dort wartete bereits Gerbert auf mich und ich sah, dass keine Kids anwesend waren. Ich verkniff mir die Frage und zog meine Jacke aus die ich einfach über die Couch schmiss. Gerbert folgte mir, sagte aber nichts. Auch stand Robert da und schaute mich nur an, dann verschränkte er die Arme vor der Brust.
»Es hat geheißen, dass du sofort zurückfahren sollst.«
»Bin ich doch!«
»Kilrian, du warst beim Hotel und ohne Schutz!«
»Und!«
»Und, ja und! Nur weil Tom frei ist, heißt es nicht, dass die Gefahr vorüber ist. Die Nelumbus haben überall ihre Leute.«
»Mach nicht so einen Aufstand Robert. Ich glaube kaum, dass ich komplett alleine war. Denn wie die Nelumbus ihre Leute überall haben, so habt ihr eure auch überall. Ich kann mir nicht einmal am Sack kratzen, ohne das ihr es sofort wisst.«
»Der Umbau ist fertig!«, mischte sich Gerbert ein. »Und ich muss langsam los. Kyel und Sascha brauchen ein Taxi.«
Er hatte es geschafft, dass sich die dicke Luft wieder beruhigte.
Auszeit! Ich brauchte für ein paar Minuten eine Auszeit. Seit Monaten war ich nicht mehr für mich selbst. Okay! Die Umstände sprachen dafür, das ich mich in ewiger Gesellschaft bewegte, doch ich wollte auch etwas Privatleben. In meinen eigenen vier Wänden. War das zu viel verlangt? Anscheinend!
»Die werden bald hier sein.«
»Wer?«
»Sascha, Kyel und ihre Kinder!«
»Sascha!«, murmelte ich vor mich hin. Er war neben Tom ein Lichtpunkt in meinem dunklen Leben und ich nickte.
»Wo sind die Kids überhaupt?«
»Gerbert hat sie nach Hause geschickt!«
»Warum?«
»Weil er der Meinung ist, das alles da« er vollführte eine kreisende Bewegung mit seinen Armen, was wohl mein momentanes Leben zu bedeuten hatte, »dir über den Kopf steigt und du eine Nacht mal du sein musst. Deshalb hat er die Kids nach Hause geschickt.«
»Gerbert?«, fragte ich ungläubig. Er war wie die anderen außer Robert ein ›Ehemaliger‹, der eigentlich nur nach Befehlen lebte. »Oder meinst du Kyel, der Sascha aus allem raushalten will?« Kurz nickte Robert und ich atmete tief ein. War ja klar. Sascha das ewige Küken. Kyel die ewige Mutter. Irgendwie lustig die beiden und doch mit einem traurigen Anfang. Dennoch empfand ich, dass Sascha der Stärkere war. Der Pol, der alles zusammen hielt. Wer war das von uns? Ganz klar, Tom. Seine ruhige Art, sein sanftes Lächeln, sein betörender Geruch, dies alles und noch mehr, ließ mein innerstes beruhigen und vergrub meine Vergangenheit in eine dunkle Ecke.
Der Abend kam und Sascha mit schreiende Kinder. Viviane seine Adoptivtochter müsste nun schon zwei Jahre sein und John sein Patenkind, ich meinte Kyels Patenkind fünf Jahre, wenn nicht schon sechs. Ich begrüßte sie und Sascha meinte, dass er die Kinder erst zu Bett bringen wollte und dann danach mit mir eine gute Flasche Wein köpfen. Kyel ging dazwischen und sagte, dass er die beiden hinlegte und er dann später, wenn sie schliefen zu uns stoßen würde. Sascha strahle seinen Ehemann an und war hellauf begeistert von dieser Idee. Was wohl Kyel in diesem Moment sofort wieder bereute, als Sascha ihm die schreiende Kleine in seine Arme legte und ich musste kichern. Doch wie durch ein Wunder hörte sie auf und schaute ihren Papa mit großen Augen an und Kyel nahm komplett andere Züge an. Ohne ein weiteres Wort ging er mit den Kindern in das Gästezimmer, das für die kleine Familie hergerichtet worden war und Sascha hackte sich bei mir ein. Wir schlenderten ins Wohnzimmer und Sascha ließ sich auf meine bequeme Couch fallen. Ein wohltuender Seufzer ließ er los und rieb sich die Augen.
»War das ein anstrengender Tag und der Jetlag. Gott ich bin zu alt für so was!« Ich kicherte.
»Du bist doch erst 25!«, sagte ich und setzte mich neben ihn. Er schaute mich an und wir beide lachten auf, doch dann wurde er ernst.
»Ich wollte zu Tom, doch da wir keine Familienangehörigen sind, haben die uns nicht reingelassen. Nicht einmal Kyel, obwohl er es immer schafft überall reinzukommen.«
»Das kann ich mir vorstellen!« Und schon bekam ich einen Schlag auf die Schulter. »Was denn!«
»Tu nicht so unschuldig!«, grinste er mich an.
»Ich habe jetzt in keiner Weise daran gedacht!«
»Glaub ich dir nicht!«
»Echt, du kannst mir glauben.«
»No!«
»Sascha, du denkst doch auch nicht immer an irgendetwas psychologisches, wenn du unter Freunden bist. Ich bin zwar ein Callboy, lege aber nicht immer alles auf Sex aus« nun kicherte er auf.
»Erwischt!«
»Oh man Sascha! Ich gehe und hole Gläser. Wo hast du den Wein?«
»Der ist noch im Rucksack!« Und schon gähnte er herzhaft auf.
Nachdem ich den Wein eingeschenkt hatte, unterhielten wir uns noch etwas. Kyel kam nicht mehr und auch Sascha verabschiedete sich, als er das zweite Glas ausgetrunken hatte.
Nun saß ich auf der Couch und schwenkte das Glas. Ein leichtes Lächeln huschte über mein Gesicht und ich müsste Lügen, wenn in mir nicht die Sehnsucht nach Normalität aufkam. Die letzte Stunde war angenehm und ich hatte überhaupt nicht an meinen speziellen Gast gedacht. Der in den letzten Tagen nein Wochen ständig mein Denken für sich beansprucht hatte.
Ich stand auf und stellte das Glas auf den Tisch. Aus dem Augenwinkel sah ich ein Schatten und als ich mich zu dem umdrehte, stand Hilal da. Zu fragen wie lange er schon da war, brauchte ich nicht. Ich war unter ständiger Beobachtung und ich atmete tief ein.
»Ich habe das, was du wolltest!« Ich nickte nur. »Und zwar alles.
Ich gab kein Wort von mir, denn ich war vollkommen ruhig. War es die letzte Stunde, die ich genossen hatte, weil sie mich an die Normalität erinnerte oder war es, weil ich langsam bereit war. Bereit war das zu tun, wovon ich in so vielen Nächten geträumt hatte. Und doch, behagte mir der Gedanke nicht, ihn anzufassen. Ekel stieg in mir hoch, wenn ich nur an seine Berührungen dachte, an seinen Schwanz, an sein Keuchen und Stöhnen und an die Bewegungen, um sich selbst zum Orgasmus zu treiben.
Viele Male war ich ihm ausgeliefert oder seinen Männern die es nicht minder genossen hatten mich zu quälen, schmerzen zuzufügen, gefügig machen, und so vieles mehr. Körperliche Schmerzen, brannten sich in die Seele und doch vergaß man sie sehr schnell. Wie es sich allerdings mit den seelischen Schmerzen verhielt, das belief sich auf eine andere Ebene. Das behielt man im Hinterkopf, für alle Zeit und Selter hatte mir einen kleinen, wenn gar nichtigen Hinweis gegeben. Als ich ihm gesagt hatte, dass die Nelumbus Tom hatten, war ihm die Zigarre aus dem Mund gefallen. Eine kleine und kurze Reaktion, die sich mir ins Gedächtnis gebrannt hatte. Ich werde ihm keine körperlichen Schmerzen zufügen. Nein! Ich werde mit seiner Seele spielen, mit seinen Gefühlen, denn auch so ein Monster wie er, empfand Liebe. Und was war die stärkste Liebe, die es auf der Welt gab. Die elterliche Liebe und ja Selter liebte Tom, wenn auch auf eine abartige Art.
Ich ging unter die Dusche, wusch mich gründlich ab, rasierte mich, bis ich auch überall glatt war und stieg wieder raus. Trocknete mich ab und rasierte mein Gesicht. Föhnte meine Haare und stylte sie. Danach zog ich den besten Anzug an, den ich hatte und trat ins Wohnzimmer.
Den SPA-Agenten haute es die Fragezeichen raus und Hilal sprang auf. Er wollte sich eine Jacke schnappen, doch ich sagte nur.
»Wo sind die Gliedmaßen?«
Es war das erste Mal, das ich Hilal schlucken sah und es dauerte nicht lange, da kam er mit einem Kasten zurück. Öffnete ihn und ich trat näher ran. Hätte ich es mir nicht ständig bildlich vorgestellt, so würde ich wohl oder übel kotzen. Doch so ging ich in die Knie und nahm das erste Glas heraus. In dem befand sich ein Finger. So wie der aussah, war das der kleine Finger und ich stellte das Glas neben mir auf den Boden.
»Wie ist das Licht beschaffen?«, fragte ich ohne aufzusehen. Gerbert räusperte sich und sagte, dass man es in allen Farben ändern konnte, es abdämmen und die Strahler sogar einzeln funktionierten. Ich gab keine Antwort darauf und zog das nächste Glas heraus. Darin befand sich ein Herz und ich stellte das Glas auf meine andere Seite. So verfuhr ich mit allen Gliedmaßen und ich hatte nun wirklich die Wahl der Qual. So wie es aussah, hatte ich neben mir, in vielen Gläsern verteil, einen kompletten Menschen stehen. Mit welchem Teil würde ich anfangen. Was den ersten Schockzustand hervorrufen würde und nun blickte ich auf. Hilal der meine stumme Frage verstand zeigte auf einen Finger und einem Ohr.
»Wenn du das vorhast, was ich denke, was du vorhast, so würde ich diese Therapie über ein paar Tage ziehen.« Ich schüttelte den Kopf.
»Wenn es zu lange dauert, so hat er die Möglichkeit seine Trauer zu überwinden.«
»Das sollte er vielleicht auch. Kilrian bedenke, wenn ein Mensch im klaren ist, dass er jemand verloren hat, so greifen seine Gedanken und Gefühle nach etwas anderem. Gib ihm die Möglichkeit wieder zu hoffen. Spiele ihm den traurigen Geliebten seines Sohnes vor. Lass ihn im Gegenzug mit dir Spielen und dann ... Bamm kommt das dicke Ende.«
Ich wusste nicht, ob ich so verfahren wollte, doch ich nahm das Glas mit dem Finger und ließ die Tür, die zu Selter führte aufsperren. Kurz blieb ich in der Tür stehen und sah, dass das Zimmer komplett abgedunkelt war. Nur ein paar Wandstrahler erhellte es. Ich ließ mein Blick schweifen.
Zwei Andreaskreuze zierten eine Wand, an der zuvor ein Ölbild von irgendeiner italienischen Landschaft hing. Seile und Ketten waren in die Decke verkeilt worden. Auf der anderen Seite standen Böcke. Auf einem war ein Mann festgezurrt worden, der sich eine bequeme Position suchte. Ich hörte ein Stöhnen, das meine Aufmerksamkeit erlangte und ich blickte in die Richtung. Etwas unweit vom Bett, das leer war, hing ein weiterer Mann kopfüber an der Decke. Ca. einen halben Meter über den Boden. Ein dritter Mann kam aus einer Tür, die zum Gästebad führte und er ließ erschrocken eine Schüssel, in der höchstwahrscheinlich Wasser war fallen und harrte so aus. Alle drei waren nackt. Ihnen wurde ein Cock-Ring, ein Halsband und diverse Ledergürtel verpasst. Dass man sie schnell und ohne viel aufhebens irgendwo festbinden konnte. Mein Blick wanderte von dem Mann weiter nach oben und ich erkannte, dass er die Zunge ausstreckte. Doch warum tat er das und er zeigte keinen Willen seine Zunge wieder in sein Mund zu stecken. Nun nach einer Weile sah ich auch warum? Seine Zunge war mit einem Schaschlikspieß durchbohrt worden, der verhindert, das er sie wieder zurückstecken konnte, geschweige denn sprechen. Ich musste mich zusammenreisen, um nicht angewidert wegzublicken. Makaber oder? Ich stand mit einem Glas, dessen Inhalt ein Körperteil war da und mich widerte eine durchbohrte Zunge an.
Nun nachdem ich mich von dem Anblick abgewandt hatte, ging ich weiter in das Zimmer. Wie durch Geisterhand gingen vereinzelte Deckenlichter, bei jedem Schritt den ich machte an und hinter mir wieder aus. Es schien, dass nur die Person mit Licht erhellt wurde, die gerade lief. Alles andere blieb im Halbdunkeln.
Auch wenn ich ihn die ganze Zeit ignoriert hatte, so wusste ich genau, wo er sich befand.
Mitten im Zimmer wurde der Untersuchungsstuhl aufgebahrt, wie ein Altar und Selter lag angebunden, wie eine gebärende Frau da. Nackt und breitbeinig, bereit, seine endgültige Strafe zu erhalten, oder wohl doch nicht. Denn als er mich erblickt hatte, funkelten seine Augen wie immer herablassend auf. Und wäre er nicht geknebelt, hätte er mich verbal fertiggemacht. Doch so vergnügte er sich nur, mich mit seinem Blick klein zu bekommen.
»Hallo Jason. Wie geht es dir? Ich hoffe, dir geht es sehr gut und dir ist es bequem genug.« Langsam trat ich vor ihm hin und blieb einen Meter vor ihm stehen. »Sieht sehr bequem aus. Die integrierten Kissen, damit der Rücken nicht auskühlt und die variablen verstellbaren Fußteile, damit der Kreislauf wieder hübsch zurück in den Kopf fließt. Wir wollen ja nicht, dass du uns wegkippst.« Nebenbei tippte ich auf den Deckel des Glases, damit Selter seine Aufmerksamkeit dem Glas widmet. Ich selbst legte mein Kopf etwas auf die Seite.
»Kein Danke?«, säuselte ich lieblich und lächelte leicht. »Macht nichts. Du brauchst nichts zu sagen, ich weiß auch so, das es sehr bequem ist.« Ich tippte weiter und langsam schien er auch darauf neugierig zu werden. Er versuchte sein Kopf zu heben und als er das Glas sah, verengten sich seine Augenbrauen. Einen Moment lang starrte er auf das Glas und dann wanderte sein Blick zu mir hoch.
»Oh! Ich vergaß. Ich habe dir ein Geschenk mitgebracht ...« Ich sah, wie sich seine Atmung erhöhte und ich lächelte ihn eine Spur kälter an. »Keine Sorge Jason, das ist nicht von mir. Diese kleine Aufmerksamkeit ist von jemand, der sagen wir mal, nicht sonderlich gut auf dich zu sprechen ist. Ob es jemand gibt, der gut auf dich zu sprechen ist? Na, ich bezweifle es, aber das ist jetzt egal. Dieses kleine Geschenk stand gestern hübsch verpackt auf deinen Wohnzimmertisch. Sogar per Einschreiben an dich adressiert. Wie aufmerksam von dieser Person. Leider war kein Brief mit dabei. Weißt du zufällig, von wem es sein könnte? Nicht?« Ich zuckte mit der Schulter. »Ich stelle es da auf den Tisch und du kannst dir ja Gedanken machen, von wem es sein könnte.« Gesagt getan und noch einmal tippte ich auf den Deckel. »Ich hoffe für dich, das der Finger nicht Tom gehört.« Und ging aus dem Zimmer. Ich schloss die Tür hinter mir und sank zu Boden. Mein Herz pochte in der Brust, als wollte es zerspringen. Das war nicht ich. Wer war das? Auf jeden Fall jeden Fall nicht ich. Stark rang ich nach Atem und nun wurde mir bewusst, dass ich fror, dass ich zitterte.
Hilal kniete sich vor mich und drückte mich an sich. Immer wieder strich er mir über den Rücken und versuchte mich zu beruhigen. Sagte Worte wie: Das hast du gut gemacht. Jetzt ist es vorbei. Du kannst stolz auf dich sein. Du warst wirklich sehr gut.
Doch ich hörte sie nicht. Ich sah nur Selters Augen vor mir. Er hatte angst. Nicht gerade um sich, sondern um Tom, als ihm bewusste wurde, was ich in den Händen hielt. Doch wollte es auch nicht wahrhaben, dass der Finger womöglich von seinem Sohn stammen könnte. Er wog ab. Ob ich Lüge oder die Wahrheit sagte. Aber seine erste Auffassung war die, mit der ich gerechnet hatte.
Eigentlich müsste ich glücklich darüber sein, weil der erste Streich so gut gelang, doch das war ich nicht. Ich hatte nur den einen Gedanken, dass ich mit nichts besser war, wie Selter.
Ich hielt ihn gefangen und hatte den Spieß nur umgedreht.
Mehr konnte ich nicht tun, als Tom in die Stufe des Privatpatienten zu heben. Man hatte sich der Arzt angestellt, doch als ich ihm sagte, dass ich die komplette Operation und die kommenden Nachbehandlungen übernahm, wurde er ruhiger. Noch ruhiger wurde er, als ich sagte, dass Mr. Selter die beste Versorgung erhalten sollte und er alles in seiner Macht Möglichstes tun sollte, das Tom überlebte.
Noch immer konnte ich es nicht glauben, dass Tom diesen Unfall überlebt hatte, während die anderen noch am Unfallort verstarben. Nun ich würde sogar annehmen, dass da nachgeholfen wurde, doch das behielt ich für mich. Anthony und seine Männer ganz besonders die ›Ehemaligen‹ arbeiteten nicht gerade auf die moralische Ebene.
Der Anruf, der Charterflug, der Jetlag und der Besuch bei Omama forderten seinen Tribut. Viviane konnte sich gar nicht mehr beruhigen, sie war total übermüdet und John der seit ein paar Tagen bei mir wohnte, weil Anthony und Emily im Moment sehr stark von ihrem Job eingenommen wurden, erging es nicht besser. Ich würde sagen, wir alle hingen in der Kurve und das Bett schrie.
Im Apartment angekommen, ich musste mir eingestehen, das war ein sehr hocher Standard und doch war dies nicht Kilrians Stil. Zu ihm passte, das Hotel, diese schäbige Wohnung und ich konnte es ihm ansehen, dass er sich nicht heimisch fühlte, obwohl er nicht gerade wenig für seine Dienste verlangte. Doch ich glaubte sogar, dass ihm Geld nicht wichtig war. Ihm war was anderes wichtig und das war nicht das Apartment oder das hochmoderne Inventar, was es beherbergte. In dieser Beziehung glich er Sascha. Auch Sascha hielt nichts viel von Geld. Er sagte immer, mit Geld kannst dir alles kaufen, aber die wirklichen Freude des Lebens, eben nicht. Wie recht er hatte. Ich wäre auch glücklich, wenn ich nur ein mittelständiger Bürger wär und Sascha mich jeden Tag mit seinem strahlenden Lächeln anblickte.
Denn dies konnte man nicht kaufen. Dies war ein Geschenk. Sein Lächeln, was er mir wieder schenkte, als ich sagte, das ich die Kinder ins Bett brachte, war atemberaubend. Auch wenn ich vor gehabt hatte, mit Sascha den restlichen Abend zu genießen, war die Müdigkeit zu groß und ich schlief mit Vivi und John im Arm ein.
Etwas später merkte ich, wie Sascha die Kinder in ihr Bett brachte und sich anschließend an mich kuschelte. Das Schlaflicht ließ er an. Was für Sascha eher untypisch war. Sanft waren seine Lippen und sein betörender Geruch strömte ungebremst in mich hinein. Auch spürte ich seine warme Hand wie sie sich um mich schloss. Meine Reaktion kam alsbald.
»Wo waren wir stehen geblieben?«, fragte er frech und ich schlug meine Augen auf. Sein Grünlichbraun war herausfordernd und dennoch verschmitzt.
»Irgendwo zwischen hier und noch etwas weiter!«, nuschelte ich zwischen vielen kleinen Küsse und Sascha kicherte.
»Ja, viel weiter!«
Wir versanken in einem leidenschaftlichen Kuss.
»Dreh dich mit dem Rücken zu mir!«, hauchte ich und Saschas Augen blitzten auf. Sofort tat er es und ich fing an seinen Nacken, den er mir präsentierte zu küssen. Streichelte über seine Seite vor zur Brust. Umkreiste sanft seine Brustwarze und zwirbelte sie leicht. Nicht zu fest, denn Sascha konnte sich sehr schwer zurückhalten. Ich hörte, wie er mit geschlossenem Mund stöhnte. Wahrscheinlich biss er sich sogar auf die Lippe, denn er wollte absolut keinen Laut von sich geben, weil die Kinder mit im Zimmer waren. Langsam wanderte meine Hand zu seinem Bauch, weiter runter zu seinem Schwanz. Umkreiste seine Eichel, an der bereits die ersten Lusttropfen waren. Fuhr ein paar Mal über seinen Schaft, bevor meine Hand weiter auf Wanderschaft ging. Als Sascha bemerkte, wo ich hinwollte, stellte er automatisch ein Bein auf und ich strich ihm über die Rosette. Wieder dieser unterdrückte Ton und das machte mich an. Vorsichtig drang ich mit dem Finger ein und nun biss Sascha in seine Hand.
»Ich liebe dich!« Zur Bestätigung drehte er seinen Kopf zu mir hinter und unsere Lippen trafen sich. Innig einnehmend und sanft zugleich war der Kuss und ich drückte den zweiten Finger rein. Er keuchte in mein Mund und danach drehte er seinen Kopf zurück. Nun fing ich an, ihn zu dehnen und als er, soweit war, rutschte ich weiter zu ihm.
»Bereit?« Er nickte, biss wieder in seine Hand und drückte sich mir entgegen, als ich in ihn eindrang. Gott wie gerne würde ich ihn nun schreien hören, stöhnen, keuchen, am besten alles zusammen, doch so musste ich mich mit dem unterdrückten Ton zufriedengeben. Selbst ich biss mir auf die Lippen und umgriff ihn wieder. Im Einklang mit den sanften Stößen, pumpte ich seinen Schwanz und bald flogen wir gemeinsam.
Als ich aufwachte, verhieß dieser Tag genauso zu werden wie die letzten. Nur mit einem Unterschied, ich spürte nicht mehr diese Leere in meinem Herzen. Tom lebte und war in Sicherheit. Das war wichtig. Nun hieß es, mich auf den Tag vorzubereiten, denn es würde der Letzte sein. Der Letzte an dem ich Selter zu Gesicht bekam und der letzte in seinem Leben. Abartig oder? Auch wenn ich es nicht zugeben wollte, so fühlte ich mich schlecht. Denn ich war in diesem Moment genau wie er. Ich hatte den Auftrag zum Mord gegeben. Scheiße was war nur aus mir geworden?
Doch ich durfte nicht schwach werden. Denn nur so konnte ich mir sicher sein, endlich frei zu sein. Für immer. Noch einmal ließ ich den letzten Abend Revue passieren.
Nachdem ich mich von meinem Zusammenbruch erholt hatte, saß ich mit den SPA-Agenten in der Küche. Mir gefiel der Plan nicht, den sie sich ausgedacht hatten, doch ich hatte damit angefangen und nun musste ich da durch. Und wenn nicht sie, wer dann kannte sich darin aus. Menschen zu brechen, gefügig zu machen ohne das die Opfer es selbst mitbekamen. Nun bei Selter würde es anders ablaufen. Ich wollte, dass er es wusste, was mit ihm geschah.
Als ich unter der Dusche stand, klopfte es an meiner Tür und es dauerte nicht lang, da stand Hilal vor der Dusche und reichte mir ein Handtuch. Ich stieg raus und nahm das Tuch entgegen. Hilal musterte mich etwas zu sehr und ich ließ mir Zeit das Handtuch, um meinen Körper zu binden.
»Wenn es dir gefällt, was du siehst. Für dich 3500 €, Sonderpreis.« Etwas aus der Fassung starrte er mich an und ich zwinkerte ihm zu.
»Du verlangst von einem Freund Geld dafür?«
»Natürlich!«
»Ich glaubs ja nicht. Aber mit Robert hast es umsonst gemacht.«
»Och Hilal, meinst du wirklich, Robert hat es gefallen? Ich hatte es ihm befohlen. Es war nur für den Triebabau.« Leicht schüttelte er den Kopf.
»Was hast du gesagt, verlangst du?
»3500. Es wird mehr, wenn du besondere Wünsche hast und im Nachtkäschen im ersten Schub sind meine Visitenkarten. Lese dir die Regeln durch und wenn du damit einverstanden bist, bin ich gerne bereit, dir Gutes zu tun.«
»Du meinst es ernst!« Ich nickte.
»Ja!« Wieder schüttelte er den Kopf und atmete tief ein.
»Ich mein du bist schön anzusehen, das stimmt, aber ich bezahle nicht für Sex.« Ich zuckte mit der Schulter und grinste ihn an.
»Und ich gehe nicht mit Freunden ins Bett!«, sagte ich schließlich und ging an ihm vorbei. Trat an meinen Kleiderschrank und zog mir diesmal eine Jeans und ein Shirt raus. Wie immer schlüpfte ich nackt in die Hose und streifte mir das Shirt rüber. Diesmal ließ ich die Socken weg und trat barfüßig aus dem Schlafzimmer.
Sascha und Kyel saßen am Küchentisch, unterhielten sich und die zwei Kleinen spielten auf dem Boden.
Sascha sah als erste hoch und begrüßte mich und ich grüßte in Englisch.
»Kil ich möchte, dass du deutsch redest. Kyel hat noch etwas Probleme!«
»Nun, dann halte ich mich nicht zurück und auf Hochdeutsch muss Kyel dann verzichten.« Sascha kicherte los und Kyel verdrehte die Augen.
»Damit kann ich leben, wenn Sascha anfängt, in seiner Muttersprache zu reden, verstehe ich auch nur noch spanisch. Ihr habt so einen grausamen Dialekt.«
Der Kaffee war bereits fertig aufgebrüht und ich schenkte mir einen ein. Nachdem ich mir ein Brötchen mit Wurst belegt hatte, fing Sascha wieder das Grinsen an. Fragend blickte ich ihn an. Ich hatte bestimmt nichts am Mund oder auf der Nase kleben.
»Du, Aiden hat Sarah endlich einen Heiratsantrag gemacht. Oh Kilrian du hättest dabei sein sollen. Es war so schön.« Dann blickte er zu Kyel. »Der war wenigstens nicht so plump.« Kyel verdrehte seine Augen und schüttelte den Kopf.
»Plump? Kyel sein Antrag? Ich denke, da wäre jede Frau dahingeschmolzen. In der Zeitung den Heiratsantrag zu lesen.«
»Wenn es ein Richtiger gewesen wär!«
»Du hast es verstanden, also, hat er nichts falsch gemacht.«
Nun räusperte sich Kyel und schaute mich mit festem Blick an. Auch wenn ich den Kerl lieb gewonnen hatten, so konnte ich seine Dominanz noch immer nicht ausstehen.
»Ich möchte Tom nach Amerika bringen lassen, um ihn dort medizinisch zu versorgen.«
»Die Ärzte hier in Deutschland sind auch nicht schlecht.«
»Das mag schon sein. Aber ich finde, bei mir ist er besser aufgehoben als in einem Krankenhaus. Er hat da auch die besten Versorgungen und Lenard ist ein sehr guter Arzt. Er hat sogar dich wieder zusammengeflickt.«
»Die Striemen sind wohl was anderes als ein Unfall mit erheblichen inneren Organschaden und Knochenbrüche.«
»Tzz, du standest am Abgrund mein Lieber. Dein ganzer Körper war entzündet. So ein Wundfieber den du hattest, darf man nicht unterschätzen.« Warum hatte ich das Gefühl, dass es bereits beschlossene Sache war. Obwohl sich mein Innerstes dagegen sträubte, Tom noch einmal aus der Hand zu lassen, war das doch keine schlechte Idee.
Tom wäre aus der Schusslinie. Wer wusste schon, was die Nelumbus noch auf dem Plan riefen, um ihre Rache zu bekommen. Widerwillig nickte ich dann und schaute auf mein Brötchen. Irgendwie war mir der Hunger vergangen und stand auf.
»Du musst nur noch die Einverständniserklärung unterschreiben!« Fragend schaute ich ihn an. »Du bist im Moment der einzige lebende Verwandte.«
»Verwandte?«
»Ja so haben sie es genannt.«
»Sie haben dich als nächster Verwandter für Tom eingetragen«, sagte Sascha und ich schüttelte den Kopf.
»Ich habe nur gesagt, das ich sein Lebensgefährte bin.«
»Das reicht schon. Ihr lebt in einer eheähnlichen Gemeinschaft, also folglich bist du der Nahestehende. Du wurdest obwohl ihr nicht verheiratet seit, sozusagen als sein ›Ehemann‹ anerkannt.«
»Deutschland ist, was dies betrifft viel weiter als Amerika«, murmelte Kyel.
Ich unterschrieb die Einverständniserklärung und keinen halben Tag später, begleitete ich sie zum Flughafen. Bevor sie einstiegen, beugte ich mich über Tom und küsste ihn sanft auf die Lippen. Streichelte ihm übers Gesicht und versprach ihm, dass ich nach Amerika komme, sobald ich mit der Sache fertig war.
Kyel trat auf mich zu und zog mich in die Arme.
»Keine Sorge er ist gut aufgehoben.«
»Danke!«
»Nichts zu danken. Erledige erst das Eine und wenn die Last abgefallen ist, komm nach Amerika. Meine Tür steht immer für dich offen.«
»Du weißt es?« Er nickte.
»Natürlich. Wer denkst du, sponsort die SPA und du warst in letzter Zeit nicht gerade billig.«
»Und ...!« Mein Blick wanderte zu Sascha und Kyel schüttelte den Kopf.
»Nein! Sascha weiß davon nichts. Und wenn er es erfährt, was meinst du, was dann geboten ist? Da sind wir noch harmlos.« Sascha kam auf uns zu und auch er nahm mich in die Arme.
Wir verabschiedeten uns und ich ging zurück. Vom Fenster aus beobachtete ich, wie die Maschine abhob und meine Gedanken waren bei Tom.
Hilal der vor dem Auto gewartet hatte, blickte vom Handy auf.
»Wohin?«
»Heim! Ich habe noch einen Gast, um den ich mich kümmern muss.« Er nickte und sogleich startete er den Motor.
Auf dem nach Hauseweg erzählte er mir, dass er mit den Kids gesprochen hatte und einige bereits abgesprungen waren. Ich nickte nur, denn es war mir klar, dass wenn das Strohfeuer nachließ und sie sich darüber vermehrt Gedanken gemacht hatten, die Aussicht dann doch nicht so rosig war.
Er fragte mich, wie ich weiter vorgehen wollte und ich erklärte es ihm. Hin und wieder nickte er oder sprach in sein Headset.
Kaum im Apartment angekommen hatte Robert das Anschreiben, was ich gefordert hatte fertig. Ich las es durch und schloss meine Augen. Der Brief war sehr höfflich aufgesetzt worden, mit einem bitteren und tödlichen Nachgeschmack.
»Na ja, Loris hat mir dabei geholfen!« Hilal kicherte und zwinkerte mir zu.
»Ja! Loris, der kann das gut!«
Allerding war die Frage, mit welchem Organ, das zum Anschreiben passte, ich nun zu Selter gehen sollte. Wie immer war es Hilal, der mir dabei half.
»Bist du sicher?«, fragte ich ihn überrascht.
»Sicher! Überlege mal. Gestern bist du mit einem Finger aufgefahren und Selter kann sich mit hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit vorstellen, dass es Tom seiner war. Er trauert bereits, denn er kennt die Nelumbus.«
»Also mit anderen Worten, ich soll dem ein Ende setzen?!«
»Japp, es wartet jemand auf dich, der dich dringend braucht und ihn solltest du nicht all zu lange alleine lassen. Bring es hinter dich, sonst wird Tom wahrscheinlich sauer, wenn er dich in der Anstalt besuchen muss.«
»Nimmt ihm dem Knebel raus. Ich muss mit ihm sprechen!«
»Wie du willst.«
Ich schloss die Tür auf und betrat das Zimmer. Diesmal hingen zwei Männer am Andreaskreuz und der, der gestern kopfüber an der Decke hing, baumelte immer noch. Er war ruhig, sehr ruhig. Lebte er noch?
Schnell schob ich die Frage auf die Seite. Selters Männer hatten für mich keine Priorität. Sie waren da, um sich um Selter zu kümmern. Ihn zu waschen, fütter und das was alles dazugehört um für so einem Mann, die letzten Stunden so angenehm wie möglich zu machen. Wobei angenehm eine sehr große Spannweite hatte.
»Hallo Jones!«
»Ah mein Mädchen besucht mich. Welch eine Freude!«
»Nun ob es eine Freude ist, sei mal dahingestellt!«
»Wie komme ich zu der Ehre!«
»Nun ich denke, es hat was mit Anstand zu tun, Jones. Jemand dem man Nahe steht, sein Beileid auszudrücken.« Seine Augen blitzten auf, doch dann grinste er.
»Ich sagte bereits, ich durchschaue deine Lügen!« Ich atmete tief ein und rieb mir die Augen.
»Verstehe.«
»Tom ist nicht tot. Er kann nicht tot sein ...«
»Jaaa ich weiß, denn er ist zu gut für die Welt und genau deswegen ist er jetzt tot!«, schrie ich ihn an. »Tom ist tot. Ich halte sein Herz in der Hand und du hast ihn getötet. Nur du trägst die Schuld dabei.«
»Woher willst du wissen, dass es Tom ist? Es könnte ...!«
»Weil ich hier eine Art Abschiedsbrief in der Hand halte mit dem Hinweis zu seinem Aufenthaltsort. Das was an dich adressiert war!«
»Du lügst!«
»Ich lüge nicht. Hilal, Robert bringt Tom oder das was von ihm übrig ist rein.« Ich verschluckte mich an der eigenen Spucke und spürte auch gleichzeitig, das mir die Tränen Hinabflossen. »Du hast deinen eigenen Sohn getötet. Du hast ihn umgebracht. Du hast mir das letzte Mal, was mir lieb ist weggenommen, das verzeihe ich dir nie. Krepier endlich!«
»Das ist eine hochkantige Lüge!«
»Kapierst du es immer noch nicht! Toms Einzelteile ...!«
»Das ist eine Lüge, Lüge, Lüge ...!« Immer wieder wiederholte er diese Worte und ich schaute ihm ins Gesicht. Jason Selter war nun endgültig gebrochen und ich ging rückwärts aus dem Zimmer.
Ich müsste froh darüber sein, dieses Monster so zu sehen, wie ich viele Kinder gesehen hatte, doch das war ich nicht.
Mir wurde schlecht und ich rannte mit der Hand vorm Mund auf die Toilette. Schloss mich anschließend im Schlafzimmer ein und heulte mir die Seele aus dem Leib.
In dieser Nacht bekam ich nichts mit. Erst am nächsten Tag, als ich den Arzt sah, der Tom gerettet hatte, wurde mir bewusst, das Selter seine gerechte Strafe erhalten hatte.
»Immer wenn ihr mich zu einer Leiche beordert, finde ich so eine Sauerei vor. Der Tod trat vor ca zwei Stunden ein ... was soll ich in den Autopsiebericht schreiben?«
»Herzinfarkt!«, sagte Hilal und kaute auf einem Brot.
Als der Arzt sich kopfschüttelnd von Hilal abwandte und mich sah, zuckte er kurz zusammen.
Ich blickte ihm hinterher und Hilal nannte ihn mit vollem Mund einen Hinterwelter Snoop. Danach wandte ich meine Aufmerksamkeit der Tür zu, die zum Gästezimmer führte.
»Hmm, ich würde da nicht reingehen. Aber wir haben die ärztliche Bestätigung, das Selter tot ist.« Obwohl ich es wusste, atmete ich doch stärker ein, wie ich es wollte. »Kopf hoch. Jetzt ist es überstanden.«
»Wer ... hat ihn get...«
»Das ist nicht wichtig. Wichtig ist, dass er sehr lange auf den Tod gewartet hat.« Nach etwas hin und her rückte Hilal mit der Sprache raus. Ich war überrascht, dass es Eren und Josh, sein bester Freund waren. Hilal vergewisserte mir, dass es den beiden den Umständen entsprechend gut ging und sie nicht belangt werden. Da dies nie geschehen war.
Ich selbst brauchte ein paar Tage, bis ich mich erholt hatte, bis ich runterkam und das schlechte Gewissen nicht mehr mein Denken einnahm. Das Hochgefühl, auf das ich die ganze Zeit gewartet hatte, kam nicht. Obwohl ich mir immer wieder eingeredet hatte, dass ich einen Freudentanz aufführen würde.
Ich lag auf der Couch und hatte einen Arm über meine Augen gelegt. Als mein Handy klingelte. »Lass mich!«, murrte ich. Doch kaum hatte es aufgehört, fing es wieder von vorne an. Notgedrungen setzte ich mich auf und schaute auf das Display. Nun atmete ich verdrossen ein, als ich den Namen meiner Mutter las.
»Was will die denn?« Dachte ich und nahm ab. »Ja!«
»Kilrian geht es dir gut? Was in Gottes Namen ist denn überhaupt passiert? Plötzlich standen fremde Männer in Uniformen da, die gesagt haben, dass wir unbedingt mit müssen, wegen nationaler Sicherheit, oder so. Wir Mario, Sam meine Schwester und ich haben ständig versucht, dich zu erreichen. Wir sind nie durchgekommen. Kilrian warum sprichst du nichts?« Gott warum musste sie nur so nerven.
»Weil du mich nicht zu Wort kommen lässt.«
»Was ist denn passiert?«
»Darf ich nicht sagen. Aber nun ist alles wieder in Ordnung.«
»Wirklich? Ist wirklich wieder alles in Ordnung?«
»Ja!«
»Das ist schön. Du, das muss ich dir erzählen. Ich habe jemanden kennengelernt, also das war einer der Polizisten ...« Ich hörte nur noch mit dem halben Ohr hin. War ja klar, dass Mutter wieder irgendjemand ans Land zog und ich wartete, bis sie fertig war. Danach verabschiedete ich mich mit den Worten, dass ich weiterarbeiten musste, und legte auf.
Einige Sekunden starrte ich auf das erloschene Display und schüttelte den Kopf. Was war denn das und doch so typisch für die Frau.
Ich döste weiter vor mich hin, denn ich hatte immer noch keine Nachricht von Toms Besserung. Sicherlich wollte ich von jetzt auf gleich zu ihm, doch Kyel meinte, dass ich nicht überstürzt handeln sollte und erst mein Leben in die Bahn lenken, wo ich es haben wollte. Ja wo wollte ich es denn haben? Ich hatte nichts mehr. Nur meinen Job als Callboy, auf den ich langsam keine Lust mehr hatte und vor allem sah ich darin keinen Sinn mehr.
Als es bekannt wurde, das Selter an sein Herzleiden gestorben war, waren sämtliche Kids, die von ihm auf den Strich gezwungen worden waren, verschwunden. Verdenken konnte ich es ihnen nicht, aber ich hatte Sanja damit betraut, sollte sie jemanden bekanntes sehen, der nach ihrer Meinung Hilfe benötigte, sollte sie ihn oder sie zu mir schicken.
Etwas später hörte ich, wie es an der Tür klingelte. Aufstehen brauchte ich nicht, denn Hilal war immer noch bei mir und das würde sich wohl auch in Zukunft nicht ändern. Er machte die Tür auf und führte einen blonden jungen Mann ins Wohnzimmer. ›Sam‹ was machte der denn hier? Verdattert wie sprachlos blickte er sich um. Doch lange dauerte es nicht und er hatte sich gefasst.
Ich richtete mich auf und schaute ihn eingehend an.
»Ich hoffe, du hast Mario daheim gelassen!«
»Tzzz. Ist ja super! Kein Hallo, kein wie geht es dir. Nö mit der Tür ins Haus und ja, ich habe ihn daheim gelassen. Damit dein kleines ›Geheimnis‹ bewahrt wird.«
»Was machst du hier? Ich habe dir gesagt, du sollst dich von mir fernhalten.«
»Als ob ich was darauf gebe. Ich bin hier, weil ich wissen will, wie lange die Scheiße noch andauert. Mario vermisst dich. Marie-Ann ebenfalls.«
Sam setzte sich zu mir. »Kilrian ich kann langsam die Klappe nicht mehr halten. Klär mich auf, damit ich weiß, was ich sagen kann und was nicht.«
Tief atmete ich ein. Ja es stimmte. Sam war der Einzige, dem ich alles erzählt hatte. Ich erinnerte mich, als ob es gestern war. Scheiße war ich fertig. Ich kam gerade vom Krankenhaus, weil mein Vater wieder eingeliefert worden war. Ich wusste nicht, was mich damals geritten hatte, doch er fasste es recht gut auf und ich musste mir eingestehen, das Gespräch, welches ich mit ihm geführt hatte, war für mich sehr erleichternd.
»Mein Zuhälter hatte es auf mich abgesehen gehabt, weil ich gegen ihn Aussagen wollte. Na ja, ich bekam von ihm Morddrohungen und somit wurdet ihr in Sicherheit geschafft.«
»Ist er jetzt endgültig hinter Gittern?« Ich schüttelte den Kopf und Sam wollte schon lospoltern.
»Er ist tot.«
»Tot?« Erleichtert atmete er aus und versank in seine eigenen Gedanken. Dann schaute er mich an. »Wie? Ich mein so ein Mensch ... stirbt nicht einfach so!« Ich musste kurz schmunzeln. Denn es bewahrheitete sich immer wieder, dass die Guten zu früh sterben und die die nichts auf der Erde verloren hatten, auf eine Art und Weise immer ewig lebten.
»Herzinfarkt!«
»Herzinfarkt? Einfach so?« Und er schnippte mit den Fingern.
»Ja, einfach so!«
Wir unterhielten uns noch etwas über belanglose Dinge und Sam verabschiedete sich mit einem Lächeln.
Einige Wochen vergingen ohne besonderen Ereignisse. Tom wurde noch länger im künstlichen Koma behalten, da die Lunge noch nicht so arbeitete, wie sie sollte. Da ich jeden Tag mit Kyel und Lenard telefonierte, sie mich stetig auf den Laufenden hielten, konnte ich anfangen, mein Leben wieder in den Griff zu bekommen.
So stand ich in der Exponate, die ich schon länger ins Auge gefasst hatte und hatte sie schlussendlich gekauft. Da ich nun sozusagen arbeitslos war und ich im Moment keinen Drang verspürte Kunden zu bedienen, dachte ich mir, warum sollte ich mein Wissen als Geschäftsführer und mein Wunsch den Kids von der Straße zu helfen nicht verbinden.
Langsam schlenderte ich durch die verschiedenen Räume und begutachtete die Innenausstattung. Jedes Zimmer sprach Kunden mit verschiedenen Geschmäcker an. Auch waren Zimmer dabei, für etwas mehr exquisite.
Ich unterhielt mich mit einem Innenarchitekten. Er hatte hier und da noch einige Vorschläge, die er gerne mit einbringen wollte und ich gab ihm mein Okay. Während ich das Vorankommen begutachtete, ging ich in mein neues Büro. Dort saß Sam über einige Zettel und atmete tief ein.
»Ist ja gut und schön. Zahlen sind Zahlen, aber warum muss das alles genau aufgelistet werden. Wer, was, wofür bezahlen muss.« Ich kicherte nur. Seine Gesichtsröte sagte alles.
»Tja ist halt so in einem Bordell!«
»Bordell! Man warum ich?«
»Weil du auf Jobsuche warst und ich jemand brauche, der Rechnungen schreiben kann, rechnen kann, sich in der Abwicklung auskennt und dem ich vertrauen kann. Es macht doch kein Unterschied zu deiner Arbeit im Hotel.« Nun war es Sam der Lachte.
»Solange du mich nicht verdonnerst die Zimmer herzurichten, ...« Schelmisch blickte ich ihn an und er schüttelte vehement den Kopf. »Niemals! Das ist ein absolutes No Go. Frag halt Mario!«
Wir schauten uns an und lachten gemeinsam laut los. Es war das erste Mal seit Langem, das ich aus vollem Herzen wieder lachte.
»Aber ... ich habe deine Kontenbewegungen gecheckt und es fehlen seit einiger Zeit, die Einnahmen ich mein die ...«
»Die von meinem Job als Callboy?« Er nickte. »Ich habe den Job an den Nagel gehängt.«
»Warum das denn? Die brauchst du, ich mein ...«
»Ich habe noch einige Rücklagen, die sollten ausreichen, bis das das Bordell floriert.«
»Na wenn du meinst!«
Ich war froh, dass Sam zugesagt hatte, nun eigentlich hatte er mich gefragt, ob ich jemand kannte, der einen ›ewigen‹ Studenten einstellen würde. Darauf hin hatte ich ihn mir geschnappt.
Es ging um die Runde, dass ich Barkeeper, Kellner und Zimmermädchen suchte, und viele von meinen damaligen Hotelangestellten hatten angefragt. Na ja, einige waren dann wohl doch etwas paff, als sie herausfanden, wo sie arbeiten sollten, und zogen von dannen. Doch andere wiederum, die mich gefragt hatten, ob sie auch ihre Beine breitmachen mussten und ich es verneint hatte, nahmen den Job mit einem Handkuss. Anfragen von Prostituierten bekam ich genug und meine Auswahl wurde da schon kritischer. Doch bald hatte ich mein kleines Etablissement voll besetzt und nach einer wirklich sehr kurzen Zeit, schrieb ich schwarze Zahlen.
Dennoch fehlte mir das Hotel und vor allem fehlte mir Tom. Aber solange Tom nicht aufgeweckt wurde, brauchte ich laut Kyel nicht nach Amerika zu kommen. Es wäre sonst verschwendete Zeit, schon wegen, weil ich mir ein Standbein schuf.
So zogen die Wochen wieder dahin. Das Bordell boomte und einige Ex-Kunden gönnten sich hin und wieder einen schönen Abend. Leider mussten sie auf mich verzichten, denn das Einzige, was ich ihnen anbot, war eine kurze Unterhaltung.
Meine Angestellten fühlten sich wohl. Sie hatten freie Wahl, denn das Wichtigste für sie war, dass es kein Zwang herrschte. Sie versichert waren und am Ende des Monats ihr Geld bekamen. Und sie durften ihr Trinkgeld behalten. Einige konnten schon nach einer kurzen Zeit einen Kundenstamm vorweisen. Andere nahmen, was kam. Auch hatte ich mir in diesem Haus eine Wohnung eingerichtet und dorthin verzog ich mich. Ich wollte schon ins Bett gehen, als endlich der erlösende Anruf bekam.
Tom wurde aus dem künstlichen Koma geholt und mich hielt nichts mehr in Deutschl
Meine Lider waren schwer. Ich wusste nicht, wie oft ich versucht hatte sie zu öffnen, aber die Müdigkeit riss mich wieder runter. Hin und wieder hörte ich Stimme, die klangen wie Sascha und Kyel. Doch sicher war ich mir nicht. Auch vernahm ich Kindergeschrei. Wo war ich?
Lachen war zu hören und Janet, die energisch dem Treiben ein Ende setzte. Des Öfteren spürte ich fachkundige Berührungen, wie als ob jemand mein Puls fühlte. Etwas Kaltes, das immer wieder auf meine Brust gelegt wurde.
Dann durchzog mein Körper etwas sanftes, warmes. Die Berührung ließ mein Körper aufhorchen. Die weichen Lippen die meine berührten, gaben den Anstoß, dass ich die Müdigkeit wegdrängte. Ich versuchte mit aller Kraft, meine Augen zu öffnen und ich blickte in das wunderschönste dunkelste Braun, das ich je in meinem Leben gesehen hatte.
»Tom!« Seine Stimme durchflutete mich und ich wollte mein Arm heben. Ging nicht. Er fühlte sich an, als ob eine Horde Elefanten darauf lagen. »Nicht! Überanstreng dich nicht! Du warst über drei Monate im Koma gelegen.« Stattdessen berührte er mich. Er streichelte über mein Gesicht runter zu meinen Hals und er beugte sich über mich und gab mir einen sanften Kuss. »Endlich bist du wieder da.«
Ich wollte was sagen, sprechen, mich bewegen dies alles ging nicht. Mein Mund war staubtrocken und als ob Kilrian es verstanden hatte, setzte er mich auf. Ein Schmerz durchzog mein Körper und etwas kehliges, das absolut nicht meine Stimme war, rutschte aus mir raus. Sofort entschuldigte er sich und meinte, dass ich zu lange gelegen hatte und mein Körper erst wieder aufgebaut werden musste. Was war nur passiert? Ich erinnerte mich an fast gar nichts.
Die Tage vergingen und ohne Hilfe konnte ich nicht aufstehen, geschweige denn Essen oder meine Notdurft verrichten.
Langsam aber stetig kam meine Stimme zurück und endlich konnte ich die Frage stellen, die mir die ganze Zeit auf den Lippen lag. Nicht einmal Kyel, Sascha geschweige denn Lenard beantwortete sie mir. Nun blieb mir wirklich nur noch Kilrian und ich hoffte, dass er nicht auch noch dicht machte.
Kilrian schaute mich verblüfft an und meinte dann, dass ich in einem Unfall verwickelt war und sofort stellte er eine Gegenfrage.
»An was erinnerst du dich überhaupt noch?« Ich musste stark überlegen, denn einige Ereignisse, konnte ich nicht einordnen.
»Wir waren auf dem Balkon und wollten ins Bett und dann ... dann ist alles so verwirrend!« Bewusst vermied ich zu erzählen, dass ich dachte, oder glaubte zu denken, in Gefangenschaft gewesen zu sein, denn das konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass es so war. Es war so surreal, so unwirklich.
Kilrian nickte und lächelte mich an.
»Du hattest einen Anruf bekommen, von wem, weiß ich nicht. Und dann bist du gefahren. Und dann habe ich einen Anruf bekommen, dass du im Krankenhaus liegst und um dein Leben kämpfst.« Einen Anruf hatte ich bekommen? Das konnte dann nur Kyel gewesen sein, oder mein Vater. Aber wenn es mein Vater gewesen war, dann wäre ich nicht sofort losgefahren. Ganz bestimmt nicht, wenn Kilrian und ich vorhatten, miteinander zu schlafen. Denn ich wusste noch, dass ich geil war. Auch nicht wenn Kyel angerufen hätte. Was hätte er denn schon Großartiges von mir gewollt? Es müsste dann diese Frau gewesen sein, von dieser Eventfirma. Ach! Ich konnte mich nicht erinnern.
»Weißt du, wer mich angerufen hat?« Er schüttelte den Kopf.
»Dein Handy ist bei dem Unfall kaputt gegangen! Aber das ist jetzt egal. Du hast es geschafft.«
Ich nickte nur und schloss meine Augen. Also waren es doch nur komische Träume. Träume die sich so echt angefühlt hatten und ganz besonders erinnerte ich mich daran, dass ein Airbag blutverschmiert war. Der nicht meiner war. Aber auch diese falsche Wahrnehmung konnte vom Unfall herrühren.
Kilrian wich nicht mehr von meiner Seite. Seine Fürsorge in ehren, doch ich wollte auch mal was alleine machen. Oder zumindest versuchen. Sprechen konnte ich wieder richtig, nur die körperliche Motorik ließ noch auf sich warten. Aber selbst da machte ich mir keine Sorgen, denn ich spürte, dass es von Tag zu Tag besser ging. Nur das Aufstehen und Laufen, das schafften meine Beine noch nicht und so kutschierte mich Kilrian im Rollstuhl.
Wir machten gerade einen Spaziergang und genossen die warme Sonne. Ich konnte es noch immer nicht glauben, dass es bereits ende Juni war, als ich fragte: »Sag mal, hast du was von meinem Vater gehört? Ich mein, ich bin seit einer Woche wieder wach und ...« Kilrian stoppte den Rollstuhl und stellte sich neben mich. Sein Blick schweifte zum Horizont und eigentlich zündete er sich eine Zigarette an, doch er atmete nur tief ein.
»Dein Vater ist tot.« Was? Ich ... ich, nun war ich vorm Kopf gestoßen und Kilrian blickte mir tief in die Augen. Seine Augen verloren sich in Dunkelheit.
»Wie? Ich dachte, er hatte den Krebs besiegt!«
»Er ist nicht an Krebs gestorben, sondern an Herzinfarkt. Ein paar Tage nachdem du im Krankenhaus eingeliefert worden bist.«
»Herzinfarkt?«, fragte ich verblüfft und Kilrian nickte.
»Aber ...«
»Tom ich habe mich nicht darum gekümmert, wie oder wann oder wo er gestorben ist. Als ich die Nachricht bekommen habe, dass er tot ist, was meinst, du was ich gemacht habe?« Nun zuckte ich die Schulter, obwohl ich es mir denken konnte. Mein Vater hatte Kilrian über Jahre missbraucht, dass da einer nicht in Trauer versank, war klar. »Ich habe mir eine Flasche Schnaps aufgemacht und auf seinen Tod getrunken und Gott verflucht, warum er ihn, nicht schon früher zu sich geholt hat.« Wie gesagt, ich konnte es ihm nicht verübeln.
»Gibts ein Grab?«
»Keine Ahnung, ist mir egal. Außerdem was willst du dort. Blumen drauf legen und für seine Seele beten!«
»Nein! Ich will auf sein Grab pinkeln.« Auch wenn es hart klang und er mein Vater war, aber für mehr hatte ich für den Mann nicht übrig. Und ja ich war auf eine Art froh darüber, dass er tot war und ich atmete erleichtert ein. Denn dieser Mann würde nun nicht mehr dazwischenfunken.
»Kilrian küss mich!« Sofort blitzten seine Augen auf und er schmunzelte.
»Wo soll ich dich denn küssen?«
»Egal! Hauptsache ich spüre deine Lippen!« Er kniete sich zwischen meine Beine und sofort blickte ich mich um. Noch schneller wie gedacht hatte er mein Reißverschluss geöffnet.
»Da ... das ist hier keine gute Idee!«
»Warum? Ich küsse dich nur!« Und schon umschlossen seine Lippen meinen Schwanz. Ein paar Mal fuhr er auf und ab. Hinterher setzte er einen sehr sanften Kuss auf meine Eichel und zog meinen Reißverschluss wieder zu.
»Sche ... du kannst doch nicht aufhören!«
»Tom!«, flüsterte er. »Weißt du, wo wir überhaupt sind. Ich kann dir doch im Park, am Tag keinen Blasen.«
Schelmisch stand er auf und trat hinter den Rollstuhl. Gott, war ich froh, dass ich saß, denn wenn ich mir vorstellte, wie es war, nun laufen zu müssen. ›Kilrian warte nur, bis ich wieder vollständig hergestellt bin‹.
Er schob mich zurück und an der Tür wartete bereits Sascha. John kam auf uns zu gerannt und Kilrian nahm ihn hoch. Die beiden schäkerten etwas und Kyel der hinter Sascha getreten war, meinte nur: »Kilrian wäre der bessere Pate.« Und handelte sich den Ellenbogen von Sascha ein.
»Vivi hat noch keinen Paten. Es wird wirklich langsam zeit, dass sie getauft wird.«
»Emily übernimmt die Patenschaft von Vivi.«
»Wann? Kyel bis jetzt hatte noch niemand zeit. Entweder bist du unterwegs oder Emily oder ich. Vivi wird bald zwei Jahre. Noch länger wenn wir warten, dann können wir die Taufe zu ihrer Hochzeit machen.«
Wie immer ging es in Kyels Villa turbulent zu und ich liebte es. Manchmal wenn ich in Deutschland war, hatte ich es vermisst und doch wünschte ich mich wieder zurück. Nicht zurück in das Apartment, sondern in das Hotel und da viel mir ein, um was ich Kyel gebeten hatte. Er sagte mir, dass er warten musste, bis das Kilrian Mutter das Angebot annahm, welches Kyel ihr unterbreitet hatte. Doch leider gab es da einige Probleme, weil das Hotel nicht nur ihr gehörte, sondern auch ihren Kindern mit.
»Aber sie muss bald reagieren. Die Gläubiger sitzen ihr bereits im Nacken. Nicht mehr lange und sie wird die erste Androhung zur Zwangsversteigerung bekommen.«
Noch am selben Abend sagte Kilrian, dass er zurück nach Deutschland musste. Sein Etablissement brauchte seine Aufmerksamkeit.
»Du hast es wirklich durchgezogen!«, meinte ich kopfschüttelnd und er grinste mich nickend an. Er fuhr mich ans Bett und drückte die Bremse rein.
»Ja, ich muss doch auch weiter schauen und langsam werde ich zu alt, um den alten Knackern meinen wunderhübschen Hintern zu präsentieren.« Ich wusste nicht, was es für ein Gefühl war, das in mir hochkam, doch ich spürte so etwas wie stolz oder doch eher Besitzanspruch. Kilrian hatte ein Bordell eröffnet und gleichzeitig seinen Job als Luxus-Callboy an den Nagel gehängt. Die armen Männer. Nun kamen sie nicht mehr in dem Genuss seiner Künste. Ich war irgendwie ›nicht‹ schadenfroh.
»Nun, dann bin ich ab jetzt der glücklichste Mann auf der ganzen Welt, dass nur ich alleine deinen wunderhübschen Arsch begutachten darf.«
»Oh Yeah! Du bist der Einzige der ihn sehen, anfassen, lecken, kneten und ficken darf.«
»Gott! Ich hoffe, meine Beine sind bald wieder hergestellt. Verdammt ich will dich ficken.«
»Ich freue mich auch schon darauf, doch zuerst begnügen wir uns mit etwas Zärtlichkeit.« Er kam näher und ich sog seinen herrlichen Geruch ein. Sanft umspielte seine Zunge meine Lippen. Fuhr meinen Hals nach. Shit, der Hauch von nichts, machte mich noch immer wahnsinnig. Seine Hände wanderten zum T-Shirtbund und er zog es mir aus. Achtlos schmiss er es auf den Boden und drückte mir einen verlangenden Kuss auf den Mund. Biss in meine Lippen und spielte mit meiner Zunge. Forsch übernahm er meinen Mundinnenraum, nichts war vor ihm sicher. Gar nichts. Danach nahm er sein Tun wieder auf, das er unterbrochen hatte. Zielsicher schnappte er sich eine Brustwarze. Liebkoste sie und leckte über den Hof. Auch die andere blieb von ihm nicht verschont und schon wanderte er mit leichten Küssen nach unten. Sanft stupste er seine Zunge in meine Bauchnabel und nebenbei schaffte er es meine Hosen, über meinen Hintern zu meinen Knien runter zu ziehen. Ich spürte, das er mehr wollte, doch Kilrian hielt sich zurück. ER wollte mich verwöhnen und da war ficken fehl am Platz, obwohl er es nötig hatte. Um nichts auf der Welt konnte ich es mir vorstellen, was in Kilrian vorging. Kilrian der auch Zeth war und der täglich, seine Befriedigung bekam. Vielleicht sogar mehrmals und nun sich nur auf mich zu reduzieren, musste für ihn schwer sein. Doch er ließ sich nicht anmerken. Im Gegenteil. Es schien das es ihm sehr viel Freude bereitete, mir, und zwar nur mir Befriedigung zu bereiten.
Ich konnte kaum meinen Gedanken zu ende denken, da spürte ich bereits, wie seine Lippen mich umschlossen. Mit kehligem Ton schloss ich meine Augen und meine Hände legte ich auf seinen Kopf. Er ließ es zu, dass ich ihn führte, dass ich die Geschwindigkeit vorgab und schon flog ich.
Lächelnd blickte er hoch und leckte sich genüsslich über die Lippen. Führte sogar einen Finger an seinen Mund, um auch wirklich den letzten Rest sich gütlich tun.
»So und nun ab marsch ins Bett!«, flötete er und grinste mich an. Sofort stand er auf, löste die Bremse und fuhr mich ans Bett. Ich war noch irgendwo zwischen Himalaja und der Sonne als er mich unterm Arm packte.
»Und was ist mit dir?«
»Mit mir?«
»Ja, mit dir!«
Kilrian gab keine Antwort darauf. Ich bekam nur einen Kuss und das wunderschönste Lächeln, das ich je gesehen habe.
Gegen alles Zureden von Kyel und Lenard hatte ich mich entschieden mit Kilrian nach Deutschland zu fliegen. Die Übungen, die Lenard mir aufgebrummt hatte, konnte ich auch ohne sein Beisein machen. Außerdem hatte ich den schlimmsten Feldwebel an meiner Seite, den sich ein Mensch wünschte.
Und was soll ich sagen?
›Ich liebe ihn‹
Wie immer wurde es Tom während des Fliegens übel und er saß mit einem Spuckbeutel neben mir. Er hatte seine Augen geschlossen und murmelte unverständliche Dinge. Wie: Ich hatte den Unfall überlebt um jetzt bei einem Absturz zu sterben. Wenn du das zulässt, dann frage ich mich wirklich ...
Ich schüttelte nur den Kopf und las in der Zeitung weiter. Nebenbei tätschelte ich auf seinen Arm und sagte, dass es nun nur noch eine Stunde Flug sei. Er nickte nur und ich fragte mich, ob er bereits einen Krampf in den Fingern hatte, so fest wie er sich in die Lehne reinkrallte.
Doch Gott sei dank und gegen jegliche von Tom aufgestellte Hiobsbotschaften landete das Flugzeug. Wir stiegen aus und als wir auf dem Parkplatz ankamen, auf dem ich das Auto geparkt hatte, wartete Hilal. Innerlich verdrehte ich die Augen und stöhnte auf.
»Was machst du hier?« Hilal blickte wie üblich von seinem Handy hoch und zuckte mir der Schulter.
»Nichts Besonderes!«
»Aha ! Ist die Observierung nicht erledigt.«
»Ach weißt du ... da war noch so eine Akte, die vor sich hinstaubte und Anthony dachte, dass du sie vielleicht gebrauchen könntest.«
»Welche Akte?« Und schon reichte er sie mir rüber. Ich öffnete sie und sah meine Daten. Kurz schluckte ich.
»Mach mit der was du willst. Verbrenn sie, häng sie dir an die Wand oder was auch immer.« Er hob seine Hand und verschwand aus unserem Blickfeld. Ich stand noch immer sprachlos da. Erst als Tom mich ansprach, erwachte ich wieder.
»Sieht so aus, als ob deine Vergangenheit soeben zu Staub zerfallen ist.«
»Wie meinst du ...«
»So wie ich es sage. Die SPA, die wird, als normale Polizei gehandelt aber in Wirklichkeit sind die so was wie der Geheimdienst oder noch geheimer.«
Noch einmal öffnete ich sie und dadrin befand sich eine Diskette sowie ein USB-Stick, diverse Fotos und ein Haftbefehl, wegen mehrfachen Mordes. Dies alles hielt ich in der Hand und Tom schaute mich an.
»Verbrenn sie!« Doch das hörte ich nicht, erst als er mich antippte, spürte ich, wie mir die Tränen unterliefen. »Komm her!« Tom zog mich zu sich runter und nahm mich fest in seine Arme.
»Ich ... ich dachte, dass ich mich dem stellen muss.«
»Sei froh, dass es nicht so ist.«
»Bin ich. Tom ich bin endgütlich frei!«
»Ich weiß, komm, lass uns nach Hause fahren. Hier in der Sonne wirds echt heiß.«
So langsam beruhigte ich mich wieder und ich hatte das Gefühl, dass ich aus dem Dauergrinsen nicht mehr rauskam. Ich war frei. Meine Vergangenheit war sozusagen dem Erdboden gleich gemacht worden. Nun war ich nur noch Kilrian Ford. Nicht mehr Zeth oder die Schwarze Witwe, wie mich die SPA-Agenten genannt hatten. Nichts und Niemand konnte mir mehr was anhaben.
Ich fuhr in den Hinterhof des Bordells, da wo auch meine Eingangstür zur Wohnung war und parkte das Auto. Ich stieg aus und bemerkte nun, dass Tom mich entsetzt ansah.
»Was ist?«
»Ist das dein Ernst, dass du das Bordell Zeth´s Etablissement genannt hast?« Ich zuckte nur mit der Schulter und meinte beiläufig.
»Schwanenteich ist ja schon vergeben!«
»Ja schon, aber was wäre mit ›Glamour‹ oder ›Luxus Liebe und Lust‹ oder ›Haus der geheimen Wünsche‹ ...«
»Tom. Bin ich froh, dass du bei der Namenssuche nicht dabei warst.«
» ... etwas mehr elegant und nicht so plump ...«
Tief atmete ich ein und half ihm aus dem Auto. Nachdem er im Rollstuhl saß, hatte er wohl seine Anwandlung vergessen und ließ sich in die Wohnung schieben.
Neugierig blickte er sich um und je weiter wir in die Wohnung kamen, umso mehr erhellte sich sein Gesichtsausdruck.
Ich konnte mir denken warum. Denn das Apartment hatte Tom nie zugesagt.
Der Jetlag holte uns ein und wir gingen früh zu Bett. Der nächste Tag begann gemütlich. Tom lag noch im Bett, während ich das Frühstück zubereitete. Danach half ich ihm aufzustehen und bemerkte, dass die Kraft in seinen Beinen langsam zurückkam. Er konnte sich schon länger auf den Beinen halten und auch seine Bewegungen wurden geschmeidiger.
Gemeinsam frühstückten wir und ich kam nicht drum rum ihn mir immer wieder anzusehen. Jeden Bissen den er tat zuzuschauen, das Spiel seines Adamsapfels zu betrachten und jedes Mal, wenn er schluckte, zog sich immer mehr etwas in mir zusammen. Tom bemerkte es und trieb das Spiel an die Spitze. Er rührte sich seinen Kaffee um und leckte länger als normal den Löffel ab. Seine Augen blitzten auf und er schmunzelte mich an. Nun hielt mich nichts mehr.
Ich stand auf, nahm ihn den Löffel ab, schob ihn vom Tisch weg, beugte mich über ihn und forderte forsch in seinem Mund einlass. Wie automatisch wanderten meine Hände über seinen Körper. Ich musste ihn haben. Wollte alles von ihm. Viel zu lange musste ich auf ihn verzichten. Schnell war sein Shirt ausgezogen und ich forderte ihn auf, sich kurz aufzurichten, damit ich die Hose über seinen Hintern bekam und, doch als er nackt auf den Rollstuhl saß, hielt ich inne.
Einen Schritt trat ich zurück und betrachtete ihn. Er hatte viel abgenommen, doch ich würde ihn schon wieder aufbauen. Aber im Moment war das, was sich mir entgegenstreckte wichtiger. Gierig leckte ich mir über die Lippen und trat hinter den Rollstuhl. Drückte die Bremse rein und ich fing an, am Hals seine erogene Zone zu streicheln.
Zischend atmete Tom ein und auch wenn ich es nicht sah, wusste ich, dass er seine Augen geschlossen hatte.
Meine Hände fuhren hoch zu seinen Wangen und ich drückte seinen Kopf nach hinten. Sein Mund war leicht geöffnet und ich küsste ihn. Forderte wieder einlass, den er mir gewährte. Ausgehungert. Nicht nur ich war ausgehungert, Tom ebenfalls und ich küsste mich über die Nase hoch zu seiner Stirn.
Wieder streichelte ich ihn. Über seinen Hals zu seiner Schulter weiter bis zu seinen Brustwarzen. Zwirbelte sie und Tom stöhnte auf.
Meine Hände nahm ich von Tom weg und zog mich aus. Dann trat ich vor ihm und er konnte seinen Blick nicht mehr von mir wenden.
»Irgendwie überkommt es dich immer, wenn ich in diesem Ding sitze.« Grinste er.
»Im Bett kanns jeder.« Und ich verbot ihm, durch einen Kuss zu sprechen. Langsam küsste ich mich runter. Biss in seine Brustwarze, leckte über seinen Oberkörper, weiter zu seinem Bauchnabel bis ich dorthin kam, was mich freudig erwartete.
Kurz nahm ich seinen Schwanz in meinen Mund und sein Geschmack explodierte meine Sinne. Ich konnte nicht anders und kletterte auf seinen Schoß. Setzte mich so auf Tom, dass sich unsere Schwänze berührten. Langsam fing ich an, mich an ihm zu reiben. Hielt mich an Tom fest. Wir küssten uns um den Verstand und Tom rieb unser beider Schwänze. Es war herrlich und doch wollte ich ihn in mir spüren. So richtete ich mich auf und sank langsam auf seinen Schwanz ab. Drückte mich ihm entgegen und als seine Spitze mich durchbohrt hatte, stöhnte ich auf. Immer mehr versank er in mir und ich bewegte mich. Tom umgriff mich und pumpte in meinem Rhythmus.
Unsere Küsse wurden heftiger, ich bewegte mich schneller und Toms Griff wurde härter. Laut schrie Tom mein Name und ich den seinen.
Außer Atem kuschelte ich mich an Tom. Sanft küsste ich ihn und er streichelte über meinen Rücken. Gott wie hatte ich ihn vermisst.
In den nächsten Tagen machte Tom sehr gute Fortschritte und konnte schon wieder ein paar Schritte laufen. Zu arbeiten hatte er ebenfalls wieder begonnen, auch wenn es nur am Laptop war oder sein Handy ständig klingelte. Was mich langsam zur Weißglut brachte.
Genervt stand ich auf und sagte, dass ich ins Büro ging. Tom nickte nur und gab seine Aufmerksamkeit wieder dem Handy. Alltag murrte ich und doch musste ich grinsen.
In meinem Büro saßen Sam und welch ein Wunder Mario, die es wohl auch nötig hatten. Kurz räusperte ich mich und erschrocken fuhren die beiden auseinander. Mario blickte mich mit rotem Gesicht an und Sam grinste nur.
Mario verabschiedete sich und Sam machte mir meinen Stuhl frei, auf dem er all zu gerne saß. Ich ging meine Briefe durch und öffnete einem nach dem anderen. Einige davon waren Werbung für neue Fenster oder Türen. Auch hatte sich ein Vertrieb sich die Freiheit genommen und schickte mir ein kostenlose Schnubberabo für irgendwelche Intime Hygieneartikeln und Spielzeug. Das landete alles sofort in meinem Papierkorb. Wenn ich was brauchte, oder meine Angestellten dann bestellte ich es von der Firma, die ich schon früher genutzt hatte. Von der ich wusste, dass es einwandfreie Artikel waren.
»Kilrian.«
»Hmm!«
»Wie willst du es während den Feiertagen handhaben?«, fragte Sam mich und diese Frage stand schon seit längerer Zeit offen im Raum.
»Hast du dich mit den Leuten schon darüber unterhalten?«
»Kilrian ich bin nur dein Sekretär. Du bist der Chef!«
»Ja, ja schon gut!« Ich strich mir durch die Haare. »Wir haben geschlossen, würde ich sagen!« Nun schaute Sam mich fragend an und ich sah sie deutlich vor mir. »Hey! Das hier ist kein Hotel, das rund um die Uhr offen ist und ich denke, wenn die Jungs und Mädchen sich schon den Arsch aufreisen dann habe sie das Recht an Feiertagen bei ihren Liebsten zu sein.«
Somit war die Sache für mich erledigt, denn ich musste mir selbst eingestehen, dass ich an den Feiertagen nicht gerade arbeiten wollte. Ich widmete mich wieder der Post und öffnete den letzten Brief.
Ich las den Betreff und mir wurde es schwarz vor den Augen. Das durfte doch nicht wahr sein.
Ich hielt die Androhung zur Zwangsversteigerung von Hotel Schwanenteich in der Hand, wenn der geschuldete Betrag nicht dem bestimmten Datum überwiesen wurde. Und als der nun eben geöffnete Brief eine Lawine ausgelöst hatte, klingelte mein Telefon. Ich schaute auf das Display und es war mein Bruder ...
»Ach ja Kilrian, deine Schwester hatte vorhin angerufen. Du sollst sie sofort zurückrufen.!«
Ach ja! Ach ne! Und warum rufen die dann bei mir an? Ich nahm ab und schon polterte mein Bruder los.
»Jetzt mach mal halblang. Ich habe selbst so einen Brief bekommen. - ich verstehe dich, wenn du es nicht bezahlen willst. Was meinst du, wie es mir geht? Ja ist es denn meine Schuld. Ich? Du bist von allen guten Geistern verlassen. Ich bezahle doch die Schulden von Mutter nicht. Außerdem schuldet sie mir noch meinen Teil. -Und warum soll ich das regeln? Ach jetzt drohst du mir mit einem Rechtsanwalt ...« Weiter kam ich nicht, er legte einfach auf. Sam, der ruhig dagesessen war, schaute mich an.
»Was ist?«
»Mutter hat das Hotel in den Ruin getrieben. Es wird zur Zwangsversteigerung freigegeben.«
»Was?«
»Ja genau! Was? Sam halt die Stellung!«
»Wa ... was hast du jetzt vor?«
»Ich fahre zu Mutter und stelle sie zur Rede.«
»Aber das geht dich doch nichts mehr an?«
»Doch Sam. Ein kleiner Teil des Hotels gehört mir noch, weil sie den Pflichtteil nicht an mir ausgezahlt hat und deswegen werden jetzt meine Geschwister und ich belangt.«
Wie gesagt fuhr ich zu dem Haus, in dem meine Mutter wohnte und klingelte. Doch sie machte nicht auf. Nicht einmal beim zweiten Klingeln oder beim Dritten. Nun langsam sichtlich genervt und mit brodelnder Wut stieg ich wieder zurück ins Auto und fuhr zum Hotel.
Das sah noch genauso verlassen aus, wie das letzte Mal, als ich da war und ich spürte, wie mir das Blut aus dem Kopf floss. Ich stieg aus, ging die Treppen rauf und die Schilder hingen noch immer dran.
»Ich fass es nicht. Wie lange ist das Hotel denn schon geschlossen. War es überhaupt jemals auf, seitdem ich es verlassen hatte?« Diese und viel mehr Fragen huschten durch meinen Kopf und wie in Trance stieg ich ins Auto zurück.
Fuhr nach Hause und ließ mich auf die Couch fallen. Tom kam mit dem Rollstuhl ins Wohnzimmer und sofort starrte er mich ernst an.
»Was ist los?«
»Lass mich erst sammeln!« Doch damit wurde nichts. Ich stand auf und kramte das Handy aus der Hosentasche. Suchte die Nummer von meiner Mutter und drückte auf wählen.
Ein paar mal klingelte es, als sie abhob.
»Wo bist du?«
»Oh mein Schatz. Ich bin auf Hawaii mit Cloud!« Wer zum Teufel war Cloud und warum zum Teufel war sie auf Hawaii.
»Was hast du mit dem Hotel getrieben?«
»Was soll damit sein?«
»Ich habe gerade einen Brief bekommen, dass es in die Zwangsversteigerung geht. Verdammt was soll das?«
»Ach das? Mach dir keine Sorgen. Cloud hat gesagt, dass ich mehr gewinn mache, wenn ich es verkaufe. Du weißt doch, dass das Hotel nie viel abgeworfen hat.«
»Mutter du verkaufst es nicht. Es wird zur Zwangsversteigerung freigegeben.« Tief atmete ich ein und bekam nicht mit, das Tom seinerseits telefonierte. »Mutter, sag mir wie viel Schulden hast du.«
»Warum interessiert es dich auf einmal. Du hast doch den ganzen Gewinn der letzten Jahre für dich behalten und mich mit nichts dagelassen.«
»Mit nichts dagelassen. Ich habe dafür jeden Tag geschuftet. Verdammt, dass einzige was ich wolle, war, das du und meine Geschwister die Erbschaft ablehnen. Ich hätte euch euren Erbteil ausbezahlt. Das Hotel war mein Leben, mein Traum und du hast es mir weggenommen.«
»Ja ja genauso sentimental wie dein Vater. - Cloud ich bin gleich da. - ach es ist niemand. Also Schatzi ich muss weiter machen. Bye« fragend und mit einem Gefühl irgendwie gegen die Wand geschleudert, stand ich da und starrte das Handy an.
Ich schwankte zur Couch und ließ mich darauf fallen. Tom kam mit dem Rollstuhl zu mir.
»Was hast du? Ärger mit einem Mädchen und ihrem Kunden!« Wollte er mich aufheitern, obwohl ich wusste, dass er fast jedes Wort verstanden hatte. Ich schüttelte nur den Kopf.
»Wenn es nur das wäre. Meine Mutter ... Hotel Schwanenteich ist nur noch Geschichte. Sie hat es in den Ruin getrieben. Es war nie ihre Absicht, es zu halten. Warum hat sie dann die Erbschaft angenommen? Tom ...« Er hievte sich zu mir auf die Couch und nahm mich in die Arme.
»Ich kann es dir auch nicht beantworten, aber ich denke, ...«
»Ich kann nicht mehr denken, am liebsten würde ich auf die Bank gehen und den geforderten Betrag begleichen, doch ich habe nicht so viel Geld. Die Gläubiger verlangen fast das Doppelte, als was ich für die Renovierung hätte zahlen müssen.«
Egal was ich mir für Gedanken darüber machte, ich kam auf keinen Nenner und nach einigen Tagen hatte ich mich damit abgefunden, dass meine Kindheit ebenfalls dem Erdboden gleich gemacht wurde.
Dachte ich.
Keine drei Wochen später hielt ich die Besitzurkunde in der Hand und Tom, der nun ein paar Schritte mit Krücken laufen konnte, kam auf mich zu. Von hinten umgriff er mich und schaute über meine Schulter.
»Happy Birthday Darling!« Setzte sanfte Küsse auf meinen Hals und ich starrte immer noch auf das Blatt Papier.
»Du musst nur noch Unterschreiben und dann ist Hotel Schwanenteich wieder deins und nur deins. Ach ja die Umbauarbeiten sind auch schon im Gange.«
»Wa ...!« Weiter kam ich nicht, denn Tom drehte mich um und küsste mir auf den Mund.
»Und bevor du es nicht annehmen willst, laut Kyel musst du was dafür tun, weil du ja keine Geschenke annimmst oder wie er es gesagt hat.«
»Was will er dafür. Das abzuzahlen brauche ich ein ganzes Leben.« Tom zuckte mit der Schulter und meinte, dass er in Skype auf mich wartete und ich ihn selbst fragen sollte. Ich wartete, bis Tom sich wieder auf den Krücken gestützt hatte und ging an den Laptop. Wie Tom gesagt hatte, wartete Kyel bereits und Sascha sah ich ebenfalls.
»Huhu Kil, alles liebe zum Geburtstag!« Winkte mir Sascha zu und Kyel gratulierte mir ebenfalls.
»Das du das Hotel zurückbekommst, war schon im Gespräch, noch bevor die Androhung rausging. Ich dachte, ich schaffe es noch, doch die Gläubiger waren doch schneller. Hätte deine Mutter das erste Angebot angenommen, hätte sie mehr Gewinn gemacht, wie jetzt und du wärst früher wieder der Inhaber gewesen. Aber mit der Frau ist einfach, nicht zu verhandeln. Nun gut, das Geld brauchst du mir nicht zurückzahlen, was ich will, ist unbezahlbar und nur du kannst es bezahlen. - Was wir wollen, Sascha und ich, dass du der Pate von Viviane wirst. Die Taufe ist nächste Woche. Wir sehen uns.«
»Küsschen Kil, bis nächste Woche.« Und sie waren weg.
Sprachlos. Ich ... eine gefühlte Ewigkeit starrte ich in den Monitor und wahrscheinlich konnten sich Fliegen in meinem Mund nieder lassen, denn ich bekam ihn gar nicht mehr zu.
Tom stand die ganze Zeit da und grinste mich an und nun wurde es mir bewusst. Ich erinnerte mich, wie Tom sich mit Kyel unterhalten hatten, weil Sascha ja unbedingt ein Hotel in Deutschland bräuchte.
»Von wegen und Kyel will für Sascha ein Hotel in Deutschland eröffnen. Es ging schon damals um Schwanenteich.« Nun nickte er immer noch grinsend und meinte beiläufig. »Jupp!«
Fassungslos und mit dem schönsten Gefühl der Freude im Bauch, stand ich auf und ging zu Tom. Nahm ihn in die Arme und bedankte mich, auf meine Art.
Einen Tag bevor Tom und ich nach Amerika reisten, gingen wir am Weiher spazieren. Okay Tom lief auf Krücken und ich schob den Rollstuhl, falls ihm die Kraft verließ. Verträumt blickte ich zum Himmel und die Sonne strahlte mit ihrer ganzen Kraft.
Laut den Bauarbeitern würde das Hotel vor dem Herbst fertig werden und ich konnte es schon gar nicht mehr erwarten, es zu eröffnen.
Ich fühlte mich wieder wie ein kleines Kind und nahm Tom in meine Arme.
»Das hatte ich mir immer vorgestellt!«
»Was denn?«
»Du, ich, hier am Weiher und zum Himmel blickend!«
»Ich auch!«
»Tom, ich will mit dir hier alt werden!«
»Ich auch!«
»Ich liebe dich.«
»Ich auch!« Ich boxte ihm in die Seite und er lachte laut auf. »Ich liebe dich mein kleiner Gastronom und Puffpapa.« Ich grinste ihn an und aus dem Grinsen kam ich seit Tagen nicht mehr raus.
Doch dann schauten wir uns tief in die Augen und sein blaugrau zog mich magisch an. Ich fühlte mich zurückversetzt, zu dem Tag, an dem ich ihn das Erste mal gesehen hatte.
»Ich liebe dich!« Sagten wir gleichzeitig und unsere Lippen fanden wie von selbst ihr Gegenstück.
ENDE
Vielen lieben Dank für eure 2 ½ jährige Treue. Für eure Freude, für euer leiden, mitfiebern und was auch noch für Gefühle meine Geschichte in euch vorgerufen habt. Danke für die vielen, vielen Herzchen und den wundervollen Kommentaren, die ihr meiner Geschichte entgegengebracht habt.
Danke.
Ich wünsche euch ein schönes Osterfest im Kreise eurer Familien und es würde mich freuen, wenn ich euch noch länger sehe, wenn ich wieder ein Update in die Welt des Lesens rausschicke.
Bye *küsschen, Umarmung, herzchen*
Eure Conny
Tag der Veröffentlichung: 27.10.2015
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