Sämtliche Personen, Orte und Begebenheiten sind frei erfunden. Ähnlichkeiten zu existierenden Personen sind rein zufällig.
Der Inhalt dieses Buches sagt nichts über die sexuelle Orientierung des Covermodels aus.
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Und denkt daran, im REALEN Leben gilt SAVER SEX, also achtet immer darauf. AIDS ist keine Krankheit, die man auf die leichte Schulter nehmen darf. Auch die anderen Geschlechtskrankheiten nicht.
Also schützt euch!!!!
Danke
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Vorabinfo:
Eine eigenständige Geschichte die parallel zu der Facetten-Reihe läuft. Es ist zu Empfehlen, (nicht dringend Notwendig), das leichte Vorkenntnisse über die bereits veröffentlichen Bücher der Facetten-Reihe besteht. Da viele Protagonisten, ohne weitere Beschreibungen vorkommen.
Die Autorin weist darauf hin, das möglicherweise die Gefahr des Spoilern vorhanden ist.
Cover: Dank an Adam für die Bereitstellung seiner Bilder. Vorläufiges Cover
Durch die Bewegung die im Bett aufkam wurde ich wach, öffnete meine Augen und blickte Kilrian hinterher der ins Bad ging. Obwohl ich seinen knackigen Hintern in letzter Zeit reichlich beansprucht hatte, hätte ich schon wieder gekonnt. Der Anblick ließ mich erzittern, war einfach nur WOW.
Es war erstaunlich wie schnell er sich, nachdem er aus den Händen dieses Monster befreit worden war, erholt hatte. Die seelischen Narben die Clancy ihm beigebracht hatte, waren anscheinend völlig verheilt, zumindest ließ er sich nichts anmerken, aber die Narben auf seiner Haut waren noch deutlich zu sehen und würden wohl nie ganz verschwinden. Ich hasste Clancy für das was er ihm angetan hatte und wenn Kyel ihn nicht weggeschafft hätte, ich wäre zum Mörder geworden.
Ich hörte wie die Dusche aufgedreht wurde. Um diese Zeit konnte das nur das Eine bedeuten … 'Nein' Er hatte es mir nicht gesagt, aber mir war sofort klar, dass er sich für einen Freier fertig machte. Sofort spürte ich meinen Herzschlag hinauf bis zum Hals pochen. Ich schloss die Augen aber die aufkommende Übelkeit konnte ich trotzdem nicht unterdrücken.
Ich hatte es ihm versprochen. Ich musste es ihm versprechen. Kilrian hätte mir sonst den Laufpass gegeben. Mit vielem konnte er sich arrangieren, aber dass er seinen Job als Callboy meinetwegen an den Nagel hing, absolut nicht.
Warum tat mir mein Herz dann so weh? Allein die Vorstellung, dass er sich mit einem anderen Mann vergnügte …, reichte schon aus. Ich konnte es mir bildlich vorstellen. Ich sah ihn, wie er einladend seine Beine spreizte, seinen vorbereiteten Arsch aufreizend darbot. Spielerisch über seinen Schwanz streichelte …
Scheiße! Ich stand auf und folgte ihm ins Bad. Kilrian war schon fertig geduscht und rasierte sich gerade. Er blickte auf. Unsere Blicke trafen sich im Spiegel. Ich sah nur die Dunkelheit in seinen Augen. Seine Dunkelheit. Seine verbotene Lust …
Er trocknete sein Gesicht ab.
„Was ist los, kannst du nicht schlafen?“ Ich sagte nichts, trat nur hinter ihn. Hob meine Hand zu seinem Nacken und streichelte drüber.
„Tom … das ist jetzt gar nicht gut.“, seine Stimme klang rau.
Ich ließ meine Finger weiter über seinen Hals wandern. Hörte wie er wohlig einatmete. Trat noch näher an ihn ran. Meine Zunge ersetzte meine Hand. Er legte seinen Kopf schräg, gab mir Raum. Wieder trafen sich unsere Blicke im Spiegel. Ich sah wie er mich lasziv anlächelte. Jede freie Stelle seines Halses benetzte ich mit meinem Speichel. Das Handtuch, das er noch in seiner Hand hielt, nahm ich ihm ab und ließ es auf den Boden fallen. Er durfte die nassen Stellen an seinem Körper nicht abtrocknen.
„Tom es ist jetzt wirklich nicht gut. Hör bitte damit auf.“ Ich ignorierte ihn und drückte mich an ihn. Die ganze Zeit ließ ich ihn nicht aus den Augen.
„Gott Tom! Mach mich nicht so scharf …“ Ich packte seinen Arm und drehte ihn zu mir um. Suchte seinen Mund und forderte Einlass. Jetzt lag es an mir, ihn anzugrinsen.
„Scharf machen? Das ist unmöglich. Du bist schon scharf seit du aus dem Bett gestiegen bist. Nur, und das ist die entscheidende Tatsache, … du wirst mit einem steifen Schwanz weiter herumlaufen müssen, während ich …“, ich blickte an mir herab, „- mit voller Befriedigung, und dem Wissen, dich vorher gehabt zu haben, dich zu deinem Freier fahren werde. Ich will jetzt von dir einen Blowjob.“
Scheiße, seine Augen waren noch dunkler geworden. Es lag eine Herausforderung in ihnen. Er schmunzelte mich an. Ohne das ich es mitbekommen hatte, spürte ich seinen Hauch von nichts auf meiner Haut. Sanft waren seine Berührungen, so zart, doch sie verursachten ein extremes Kribbeln das sich meine Wirbelsäule rauf und runter schlängelte.
„Na dann muss ich dir wohl etwas Abhilfe schaffen.“ Er kniete sich vor mich hin. Zog mir meine Shorts runter und sofort umfing mich sein Mund.
„Ja tu das.“
Ich war gerade dabei, mich in den nächtlichen Straßenverkehr auf dem Highway einzufädeln als Kilrian mich ansprach.
„Es ist ja alles gut und schön, aber warum stehst du mitten in der Nacht auf um mich, … mich …!“, endlich brachte Kilrian über die Lippen, was ihn schon die ganze Zeit über beschäftigte
„Ich habe es dir versprochen. Und nichts auf der Welt kann mich davon abhalten.“
„Du bist so ein Idiot. Du weißt doch, das Kyel dich wieder mehr als nur total einspannt.“
Wenn es nur so einfach wäre. Etwas Müdigkeit am nächsten Tag machte mir schon lange nichts mehr aus. Es war einfach die Tatsache, dass Kilrian mehr oder weniger, vor meinen Augen entführt worden war. Und das, das wollte ich in meinem Leben nie wieder erleben. Jetzt konnte ich es nachvollziehen warum Kyel Sascha am liebsten in seinem Schlafzimmer eingesperrt hätte. Denn genau dieses Gefühl überwog auch in meinem Inneren. Der Blowjob war nichts anderes als der Versuch meine Angst zu lindern. Eine Art innerlicher Markierung. Viel lieber noch hätte ich ihm einen Knutschfleck verpasst oder noch besser ein Brandzeichen aufgedrückt, sichtbar für alle Welt. Die Markierung, dass Kilrian mir gehörte. Egal ob er als Zeth auftrat oder als Hotelbesitzer. Aber Kilrian lehnte Knutschflecke ab, leider.
Außerdem hatte ich nicht vor überhaupt noch einmal von seiner Seite zu weichen. Ich wollte bei ihm bleiben. Vor allem konnte ich mich nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass er zurück nach Deutschland ging und ich hier in Amerika in Sehnsucht nach ihm versauern würde. Schon gar nicht, dass ihm dort, tausende Meilen entfernt von mir, das gleiche widerfahren konnte wie hier. Ich davon überhaupt nichts mitbekommen würde, ihn nicht beschützen könnte und dann vor den vollendeten Tatsachen stand, dass er im Koma lag oder noch schlimmer, in der Kühltruhe der Pathologie.
Sein Job als Callboy ist nicht gerade ungefährlich. Viele sehen in solch einen Menschen nur eine Ware, die benutzt werden kann wie man will und den sie, wenn sie fertig waren, einfach links liegen lassen konnten. Einfach diesen Menschen seinem harten Schicksal ausliefern. Die Welt war ungerecht. Man sah dies tagtäglich im Fernsehen. Junge Frau an der Bushaltestelle, vergewaltigt. Vermisste Kinder. Junkies die überall herumlungerten. Alkoholabhängige und Obdachlose. Tote bei einer Schießerei. Die Polizei ermittelte hier und dort. Ohne Ergebnis, der Mangel an Personal war ihre hauptsächliche Entschuldigung für ihr Versagen. Aber die Liste der Ausreden war ellenlang. Wehe aber ein privilegierter Staatsbürger kam in die Stadt, da wurden die Ressourcen aktiviert, Überstunden angeordnet und an jeder Straßenecke stand die Kavallerie bereit, man konnte sich nicht mehr aus dem Haus hinauswagen ohne gefilzt zu werden. Manchmal war das Leben echt zum Kotzen.
„Du weißt schon, dass es mir relativ egal ist, …“ Als Antwort bekam ich nur ein höhnisches „tzz“ Ich parkte das Auto. Kilrian drehte sich zu mir um und in seinem Blick sah ich so etwas wie eine Entschuldigung.
„Geh! Ich warte hier … Weißt du, wann du wieder da bist!“ Sekunden vergingen bis er mit dem Kopf schüttelte.
„Kann ich dir nicht sagen. Manchmal ist es nur eine halbe Stunde. Ein anderes Mal geht es die ganze Nacht. Aber in der Regel war ich immer so nach zwei Stunden daheim. Wie lange es heute dauert, …!“, er atmete tief ein und zuckte mit den Schultern. „Na dann, ich gehe mal.“ Er stieg aus, winkte mir zum Abschied und schlug die Tür zu.“
Nach einigen Minuten stieg ich aus. Ich musste mir die Beine vertreten. Gähnte und blickte gen Himmel. Von den Sternen war nichts zu sehen, es war eiskalt. Langsam aber sicher verabscheute ich den Winter.
Die ganze Zeit über vermied ich es darüber nachzudenken. Dennoch das Bild seines lustvollen Blicks verfolgte mich. Es war zum Verzweifeln. Ich sah ihn, wie er sich im Bett räkelte. Seine Beine hochgestellt, den Schwanz und die Eier, und ganz besonders sein Loch für seinen Freier sichtbar darbot. Aufreizend, geil und bereit. Auch sah ich verschwommen die Silhouette von einem Mann, der sich über ihn beugte, ihn am Hals leckte, an seinen Brustwarzen saugte. Über die sanfte und weiche Haut seines Körpers streichelte. Kilrian mit heftigen Stößen für sich beanspruchte …
Ohne es zu wissen hatte ich mir einen Schneehaufen gesucht und trat dagegen. Leider blieb der erhoffte Schmerz aus. Es war zum Verzweifeln. Sicherlich wusste ich auch, dass Kilrian mich nicht betrügen würde, aber tat er das nicht gerade? Gab er sich nicht gerade einem anderen Mann hin? Ja das tat er. Und doch hatte ich nicht dieses Gefühl, das man Eifersucht nennen konnte. Es war ein anderes Gefühl. Es ging tiefer, war viel intensiver, kaum zu beschreiben. Er teilte dieses Gefühl mit mir, bezog mich ein. Harmonie herrschte im Vordergrund. Unsere Harmonie.
Kilrian betrog mich nicht. Er hatte mich nie betrogen. Nie hatte er einen Hehl daraus gemacht. Immer spielte er mit offenen Karten. Er war ein Spieler. Es war ein Spiel. Unser Spiel.
Noch vor wenigen Wochen hätte ich mir so eine eigenartige Beziehung nicht vorstellen können und jetzt war ich mittendrin. Mein Freund ist ein Callboy. Eine männliche Hure. Eine Schlampe, der wer weiß wie viele Schwänze schon gelutscht und in sich gehabt hatte. Inklusive meinen.
Wenn es eine Frau wäre, die würde man bis zu ihrem Lebensende nicht mehr anschauen. Ihr Ruf eine Hure zu sein, würde ihr meilenweit vorauseilen. Aber er war ein Mann, der seinen Körper für Geld verkaufte. Männer wurden dafür noch gelobt, hochgejubelt, als Macho und als ganzer Kerl angesehen. Zumindest, wenn sie Frauen bedienten. Wenn es aber bekannt wurde, dass er durch und durch schwul ist, dass er Männer bediente, dann rutschte er in das Klischee eines billigen Strichers. Noch weniger wert als die billigste Straßenhure. Die typischen Vorurteile gegenüber schwulen.
Tief atmete ich ein und blies den aufgewärmten Atem aus meinen Lungen. Verfolgte den Dunst bis er sich aufgelöst hatte. Danach stieg ich wieder ins Auto, mir war wirklich mehr als arschkalt. Startete den Motor, drehte die Heizung auf Anschlag und blickte auf die Uhr. Eine Stunde war er bereits mit dem Typen zusammen. Mir war, als hörte ich ihn stöhnen. Verschiedene nicht einzuordnende Reize strömten meine Wirbelsäule rauf und runter. Hakten sich in meinem Nacken fest um darauf den gleichen Weg zurückzunehmen und am Steißbein zu enden. Leider war das noch nicht alles. Der Reiz suchte sich seinen Weg nach vorne. Kribbelte an meinen Eiern. Ließ mich erschauern nur um mich weiter zu quälen.
Ich schloss die Augen. Versuchte mich zu beruhigen, versuchte abzuschalten. Aber mein Anus fing an zu jucken. Es war nicht zu fassen. Wie schon vorhin im Bett, schaffte es allein meine Vorstellungskraft mich geil werden zu lassen. Nein es war keine Geilheit. Es war eine Steigerung. Ich stand bereits kurz vor dem Orgasmus. Von was nur?
Ich brauchte es. Mein Arsch wollte befriedigt werden. Mein Schwanz lechzte nach seiner Liebkosung. Ich wollte hier und jetzt von ihm geleckt werden. Seine Finger in meinem Loch spüren. Ich konnte nicht mehr.
Ohne darüber nachzudenken was ich tat, öffnete ich meinen Reißverschluss, holte meinen Schwanz raus und pumpte mich selbst. Oft musste ich es nicht tun, bevor ich kam. Es kam mir vor wie ein Déjà-vu.
Ich bekam nicht mit wie ich einschlief. Erst als die Tür aufgerissen wurde und Kilrian sich neben mich setzte, wachte ich wieder auf und wusste wieder wo ich war.
Die dunklen Schatten wichen von mir.
Schweigend fuhren wir zurück zu Kyels Villa. Es war bedrückend still im Wagen. Tom würdigte mich die ganze Zeit mit keinem Blick. Ich konnte mir nur allzu gut vorstellen, warum das so war. Tom liebt mich viel zu sehr, als dass er mir seine Eifersucht ins Gesicht schreien würde. Er sagte zwar, er habe sich damit arrangiert und doch sah ich ihm seine Zwistigkeit an. Aber was sollte ich tun? Es hing einfach zu viel davon ab, als dass ich mich seinen Wünschen so einfach unterordnen könnte. Mein Hotel war mir wichtiger als kindliche Eifersucht. Dennoch umfing mich ein warmes Gefühl. Das Gefühl geliebt zu werden.
Tom war sehr zuvorkommend. Als wir mein Zimmer betraten, ging er gleich ins Bad und drehte das Wasser in der Badewanne an. Ich hätte mich lieber nur geduscht. Er half mir aus den Klamotten und war darauf bedacht, mich so wenig wie möglich zu berühren. War auch ganz gut so, denn ich konnte im Moment keine Zärtlichkeiten gebrauchen. Mein Kunde hatte mich mehr als nur gefordert. Mehr als mir lieb war. Hart ist sein Pseudonym und das Ausleben des Kamasutra seine Passion. Am nächsten Morgen würde ich bestimmt wieder sämtliche Muskeln spüren.
Als ich in die Wanne stieg, war das Wasser herrlich warm, trotzdem wollte ich mich nur schnell abwaschen und wieder raus. Konnte ich aber nicht. Aus den Augenwinkel sah ich, wie Tom sich auszog. Seine Brustmuskeln tanzten im faden Licht der Deckenleuchten. Meine Zunge kribbelte, sie wollte über seine Nippel lecken. Den dunklen Hof umkreisen …
Ich schloss die Augen. Es wäre absurd mich jetzt meinem Verlangen hinzugeben. Jetzt, nachdem ich einen anderen in mir drinnen gehabt hatte. Ich konnte es nicht. Nein ich wollte es nicht. Falsch, ich wollte. Ich musste. Ich musste dieses Gefühl los werden. Dieses Wissen, dass das Brennen, das meinen Hintern durchzog, nicht von Tom stammte.
Er legte sich hinter mich in die Wanne und umschlang mich mit seinen Beinen. Ich selbst schmiegte mich an seinen Oberkörper und so blieben wir stumm liegen. Keiner von uns sprach ein Wort oder tat etwas. Obwohl in mir zuvor die Lust aufgelodert war, war sie jetzt durch die aufkommende Geborgenheit, die er mir vermittelte, versiegt.
Warum machte ich mir darüber überhaupt Gedanken? Tom wusste von Anfang an, dass ich eine Hure bin.
Vieles hatte ich versucht um ihn nicht an mich heranzulassen. Gescheitert war ich. Ich konnte es nicht. Seine Art zog mich immer mehr in ihren Bann. Ich genoss einfach diese Ruhe. Ich genoss ihn und seinen sich an mich anschmiegender Körper.
Am nächsten Morgen, … okay es war bereits schon Mittag, telefonierte ich mit Sam in Deutschland. Er mailte mir die monatlichen Buchungen, sowie den Kostenvoranschlag der Renovierungsfirma.
„Wie du siehst, fehlen uns immer noch über 200.000 €. Wie willst du das bis März schaffen?“
Ehrlich! Ich hatte absolut keinen Plan. „- so wie es aussieht, dauert es noch bis Ende nächstes Jahres um das Geld zu beschaffen …!“ Sam hielt kurz inne. Ich vernahm, wie er mit jemandem sprach.
„Die einzige Möglichkeit besteht darin, dass du einen Kredit aufnimmst, aber das willst du ja nicht. Oder du entlässt die Hälfte deines Personals, selbst dann hast du das Geld bis März nicht zusammen.“
Egal, wie wir darüber spekulierten, was im Rahmen des Möglichen lag, wir kamen auf keinen Nenner.
Es war zum Verzweifeln, aber ich musste renovieren. Daran ging einfach kein Weg vorbei.
Auf den ersten Blick sah das Hotel ja umwerfend aus, aber der zweite, genauere Blick verriet jedem, dass es kaum noch zehn Jahre durchstehen würde. Teile der Außenfassade wiesen Risse auf. Der Keller war mit Salpeter überzogen und in einigen Nasszellen in den Zimmern traten immer wieder Spuren von Feuchtigkeitsschimmel auf. Der harte Winter vor einigen Jahren, hatte dem Hotel den Rest gegeben. Dieser Winter wird dann wohl eine Ruine daraus machen.
Außerdem hatte mein Vater, schon vor Jahren festgestellt, dass das unterirdische Wasser, das den Weiher speist, sich einen Weg unterhalb des Hotels gesucht hatte. Das Baumaterial für den Brunnen, den er erbauen wollte, um dem Wasser unter dem Hotel Einhalt zu gebieten, gammelte nutzlos im Keller vor sich hin.
Dies und noch vieles mehr hämmerte in meinem Kopf herum. Eine Notwendigkeit die ich, seitdem ich das Hotel übernommen hatte, von mir weggeschoben hatte, die aber jetzt immer dringlicher wurde.
Ich hatte nur zwei Optionen, - das Hotel zu verkaufen oder diesen bescheuerten Kredit aufzunehmen. Aber dann war ich wirklich gezwungen, den Übernachtungspreis merklich anzuheben und das Personal zu verringern.
Wie schon lange, halfen auch diesmal sämtliche Überlegungen mir nicht weiter. Ich schloss mein Laptop. Streckte mich aus, die Striemen auf meinem Rücken beschwerten sich. Wie lange würde es noch dauern, bis auch wirklich die letzte verheilt war.
An eine Schönheitsoperation brauchte ich gar nicht zu denken, denn dazu fehlte mir das nötige Kleingeld. Die letzten Operationen um die Spuren von First zu beseitigen hatten eine Stange Geld gekostet. Angeknackste Nase, die schief zusammengewachsen war und wieder zurechtgerückt werden musste. Narben an der Stirn und den Wangen. First hatte mich mit einem Sandsack verwechselt. Schnittwunden von einem Fleischmesser, dessen Schärfe er an meinen Armen und Beine ausprobiert hatte. Brandnarben vom kochendem Wasser, weil er der Meinung war, mich nach den vielen Tagen in der Zelle, in der ich festgekettet und hart gezüchtigt worden war, für die Freier, die auf der Straße warteten, reinigen zu müssen. Ganz zu schweigen von der Zigarrennarbe an meine Eier, die ich bis heute noch habe. So viele Verletzungen hatte ich davon getragen. Sichtbare und unsichtbare. Durch die Springerstiefel, mit denen seine Männer mich getreten hatten, waren mehrmals meine Rippen angeknackst bzw. gebrochen worden, so dass ich mich manchmal kaum mehr bewegen konnte. Viel Geld war geflossen, bis fast alle Spuren wirklich beseitigt waren. Jetzt hatte ich wieder neue Narben. Aber an die verschwendete ich keine Gedanken.
Das einzige, was mich wirklich beschäftigte, war die Frage, wie ich mein Hotel halten konnte. Die Erinnerungen an meine Kindheit, vor allem aber an die Arbeit, die mein Vater rein gesteckt hatte, ließen es nicht zu das Hotel aufzugeben.
Den Titel „Golden Eye“, den ich für mein Hotel haben wollte, konnte ich vergessen. Er hätte mir in den nächsten Jahren viele Gäste eingebracht, aber so … blieb das Hotel bei seinen fünf Sternen, bis ich irgendwann, falls überhaupt, wieder so einen Lehrgang antreten würde können.
Es war wahnsinniges Glück gewesen, dass ich dabei sein durfte. Nur wenige von tausenden Bewerbern wurden ausgewählt.
„Alles okay?“ Tom war hinter mich getreten und massierte mir die Schultern. Er war wirklich auf mich bedacht und was sollte ich dazu sagen, es gefiel mir. Ich könnte mich wirklich daran gewöhnen.
„Geht schon, aber das Hotel macht mir Sorgen. Ich werde wohl am Montag zurück nach Deutschland fliegen.“
„Wolltest du nicht bis Ende der Woche bleiben?“ Die Enttäuschung war seiner Stimme deutlich anzumerken.
Ich zuckte mit den Schultern. Bei Tom bleiben? Ja, das wollte ich von ganzem Herzen. Ihn verlassen, … daran wollte ich nicht denken. Wollte nicht noch einmal dieses Leere spüren, wie in den letzten eineinhalb Jahren. Nie wieder. Allein der Gedanken daran brachte mich um den Verstand, jedes Mal wenn er aufkam, spürte ich erneut diesen Verlust. Jeden Tag, der vorüber ging ohne ihn hatte ich verfluchte. Den Morgengrauen zur Hölle gewünscht. Es war egal, wen oder was ich verwünschte, die Tage die vergingen, kannten kein Erbarmen. So wie auch dieser bald enden würde, dieser Tag der mein Zurückkehren noch mehr vorantrieb.
Mir blieb einfach nichts anderes übrig, als zur Bank zu gehen und einen Kredit zu beantragen, an dem ich wer weiß wie lange abzahlen müsste. Es war zum Kotzen.
„Hör auf zu arbeiten! Genieße noch die paar freien Tage, die du hast. Außerdem bist du noch nicht kräftig genug um zu reisen.“
Er war zu lieb. Ich liebte seine Art. Langsam hob ich meinen Kopf und blickte ihm tief in die Augen. Seine anfängliche Massage, war in ein Streicheln übergegangen. Er strich mit seinen Finger über meine Arme. Zurück bis zu den Schultern, den Hals, hinter meinen Ohren. Gott, da war ich so empfindlich, weiter zu meinen Nacken und meinen Rücken runter.
Ohne Worte forderte er mich auf meinen Pulli auszuziehen. Danach kletterte er über die Lehne der Couch und setzte sich hinter mich.
„Manchmal frage ich mich, wie du das alles machst.!“, murmelte er und hauchte mir Küsse hinter mein Ohr. Mein ganzer Körper fing an zu kribbeln.
„Was meinst du?“
„Das Hotel, dein Job, dieser Lehrgang, dein Leben überhaupt … es ist für mich unbegreiflich.“
Inzwischen zwirbelte er meine Brustwarze. Zog und drückte sie.
„Ich weiß es selbst nicht, …!“, weiter kam ich nicht, denn er hievte mich auf seine Beine. Sofort spürte ich sein Verlangen und automatisch fing ich an, mein Becken kreisen zu lassen.
„Hör auf! Mach nichts. Genieße nur!“ Jetzt kicherte ich.
„Wie soll ich das bewerkstelligen können. Ich kann nicht ruhig sitzen bleiben.“, sofort spürte ich, wie er seine Hände auf meine Hüfte legte um mir Einhalt zu gebieten.
„Mach es einfach. Tu mal nichts. Gebe mal die Kontrolle ab. Lass dich einfach mal führen. Es ist wie ein Tanz.“
Shit was verlangte Tom von mir. Beim Sex war ich nie untätig. Immer hatte ich alles unter Kontrolle. Ich musste die Kontrolle behalten, sonst würden meine Kunden mit mir Cha-Cha-Cha tanzen. Auch war ich immer darauf bedacht meine Kunden vollständig zu befriedigen. Nie hatte ich dabei an mich gedacht.
Sicherlich komme ich immer, aber meistens nach dem Kunden, nur wenn es der Kunde verlangte vor ihm. Aber immer war alles berechnend, geplant und vorhersehbar. Eine Dienstleitung bei der die Lust der Kunden im Mittelpunkt standen.
Aber bei Tom, … kann ich da die Kontrolle abgeben? Ihn machen lassen, so wie er es will. Nichts dazu beitragen. Ihn nicht von mir aus verführen? Ihn nicht berühren, geschweige denn zu küssen? Kann ich das?
Noch bevor ich meine Gedanken zu Ende gedacht hatte, hatte ich die Kontrolle bereits abgegeben. Ich hatte mich in seine Hände begeben und genoss seine Berührungen.
Ununterbrochen streichelte er mich. Fand erogene Zonen, von denen ich selbst noch nichts wusste, oder die ich bis jetzt ignoriert hatte. Es war herrlich sein Tun zu spüren. Was hatte Tom nur? Das ich mich bei ihm wirklich fallen lassen konnte. Er mich auffing und mir Halt gab.
Inzwischen hatte er es geschafft mir die Jogginghose auszuziehen, die zur Zeit mein tägliches Outfit bestimmte. Warum sollte ich mich herausputzen? In Kyels Villa trugen alle, wenn sie „Privat“ waren oder endlich ihren geruhsamen Feierabend antraten, bequeme Sachen. Nur Tom nicht. Er hatte immer Hemd, Krawatte und die passende Hose sowie Schuhe an. Er war immer geschniegelt und gebügelt, herausgeputzt und allzeit bereit zu arbeiten.
Ich spürte seine Lippen, wie sie leichte Küsse auf meinen Rücken platzierten. Seine Zunge, die, wie es mir schien, meine frischen Narben nach zeichneten. Kurz bog ich meinen Rücken durch. Ein wahnsinniges, inniges Gefühl machte sich in mir breit, und meine vorangegangene Überlegungen, ob ich das Geld für eine Schönheitsoperation hatte, waren verschwunden. Ich würde die Narben nicht wegmachen lassen. Schon allein wegen diesem Gefühl und damit Tom damit spielen kann, darum würde ich sie behalten.
Sicher spürte man direkte auf den Narben nichts mehr, aber der Übergang, von der heilen Haut zur vernarbten, da wo die Nerven sich quasi sammelten, war es kaum noch auszuhalten.
„Gott du machst mich fertig!“
Tom gab nichts darauf, verstärkte sein Tun aber auch nicht. Es war, als ob er mich nicht gehört hätte. Nach einer Ewigkeit, mein Körper war wegen den Reizen die Tom bei mir verursacht hatte auf Hochspannung, fuhr er mit seiner Hand zu meinen Schwanz. Ich fiel nach hinten. Mein Kopf lag auf Toms Schulter. Er küsste mich am Hals und zwirbelte gleichzeitig meine Brustwarzen. Seine andere Hand lag immer noch auf meinem Schwanz. Ich spürte nur einen leichten Druck und die Wärme die von seiner Hand ausging.
Ich fühlte mich frei, geborgen. Ich tat nichts, ließ mich fallen. Ich genoss nur. Meine Arme hingen nur an mir dran. Mein ganzes Gewicht lag auf Toms Beinen und seinem Oberkörper. Meine Augen waren geschlossen. Ich ließ ihn machen. Tom entschied wann ich aufstöhnte, wie ich mich drehen sollte, welche Position ich einnehme musste und wann ich für ihn kam. Ich hatte vollständig die Kontrolle abgegeben, war devot. Es war so schön mich ihm anzuvertrauen und fallen zu lassen.
Wir kuschelten auf der Couch als die Tür aufgestoßen wurde und Sascha rein gestürmt kam. Außer Atem rannte er mit dem gleichen Enthusiasmus wie immer auf uns zu. Blieb vor der Couch stehen und fragte, wann wir endlich zum Essen kommen wollten. Alle warteten schon.
„Geschenke, … Geschenke!“, zwinkerte er mir zu. Unwillkürlich musste ich schmunzeln. Blickte zu Tom der mich anschaute. Synchron atmeten wir tief ein. Uns blieb nichts anderes übrig, als dem bereits verschwundenen Sascha hinterher zu gehen.
Als wir die Küche betraten, brachte ich nur ein „Wow“ heraus. Sogleich suchte mein Blick Loren, die eine Schüssel Salat in den Händen hielt und diese auf den reich gedeckten Tisch stellte. Sie bemerkt meinen Blick und lächelte mir zu.
„Da bist du ja! Komm setz dich. - Aber erwarte nicht zu viel. Das ist nur einfache Hausmannskost.“, sie lachte als ich es mit dem Kopf verneinte.
„Absolut nicht. Das sieht fantastisch aus. Mein Koch kann sich davon noch eine Scheibe abschneiden …!“
„Ach jetzt übertreibst du aber gewaltig …“ Unsere Unterhaltung ging in der Lautstärke die sich entwickelte, als Mike und Raoul in die Küche kamen, unter. Viel hatte ich bis jetzt nicht von ihnen mitbekommen, aber das was gesagt wurde, stimmte. Mir war es egal. In diesem Moment hatte ich nur einen Blick für den Gänsebraten, der genau vor mir stand. Auch wenn Amerikanische Küche gut ist, aber es geht doch nichts über die gute alte deutsche Küche.
Nicht ein einziges mal wurde die Unterhaltung am Essenstisch ruhiger. Im Gegenteil, mir kam es so vor als ob ich bei einer spanischen Familie auf Besuch wäre. Mich störte es nicht denn ich genoss den fantastischen Braten. Tom der neben mir saß, suchte hin und wieder Körperkontakt und ich konnte nicht anders, nahm meine Gabel zur Hand, tat etwas Fleisch rauf, tippte seine Hand, die auf meinem Bein lag, an und forderte Tom auf seinen Mund zu öffnen. Erst sah er mich überrascht an doch dann grinste er. Er öffnete bereitwillig seinen Mund und ich fing an ihn zu füttern. Beobachtete ihn, wie er das Essen kaute um es anschließend zu schlucken. Die auf und ab Bewegung seines Adamsapfel ließ mich innerlich aufjaulen. Er war ausgeprägt männlich und zum reinbeißen schön. Immer wieder führte ich die Gabel an seinem Mund, nur um zu sehen, wie er schluckte, wie sich der Adamsapfel bewegte. Bekam nicht mit, wie es um uns herum leiser wurde. Ich war von Tom gefangen und er von mir. Wir kicherten als er bemerkte, dass etwas Soße aus seinem Mund getropft war. Er es mit einer Serviette abtupfen wollte und plötzlich in seiner Bewegung innehielt. Sofort, und so schnell hatte ich es noch bei keinem Menschen gesehen, wurde er rot. Tom ein „Sorry“ stotterte und erst da bemerkte ich, dass uns neun Augenpaare anstarrten.
„In diesem Haus, ist eindeutig, sehr viel Liebe …!“, meinte Raoul und blickte Mike an. Das war der Anstoß und eine neue lautstarke Unterhaltung begann.
Nicht einmal bei der Bescherung wurde es leiser. Nur Viviane ließ sich davon nicht stören und verschlief den festlichen Anlass. Aber, wie Raoul es treffend gesagt hatte, in diesem Haus war wirklich sehr viel Liebe. Jede Sekunde sog ich die hier herrschende Harmonie ein. Genoss sie und fühlte mich einfach nur glücklich. Und doch musste ich mir auch eingestehen, dass ich mich auf einer Seite auch unbehaglich fühlte. Was war Weihnachten für mich? Weihnachten hatte ich in den letzten Jahren nie gefeiert. Immer war ich außer Haus. Entweder verbrachte ich die Feiertage im Krankenhaus bei meinem Vater oder bei ihm daheim, oder ich lag bei einem Kunden, der mich für diesen Tag gebucht hatte. Selbst das Hotel hatte in dieser Zeit mehr Beachtung geschenkt bekommen als ich.
Aus einem innerlichen Impuls heraus nahm ich Toms Hand, wünschte den anderen eine gute Nacht und zog ihn in unser Schlafzimmer. Die anderen würden es schon verstehen.
Noch bevor die Tür ins Schloss fiel, fiel ich über Tom her. Vorhin hatte ich die Kontrolle abgegeben, aber jetzt, jetzt wollte ich es ihm mit gleicher Münze zurückgeben. Schubste ihn in Richtung des Bettes. Währenddessen riss ich das Hemd auf, dass die Knöpfe nur so davonflogen. Ich wollte ihn. Jetzt. Hart. Unnachgiebig. Ich war so geil auf ihn.
Beim Sex bin ich für alles offen, soft … ist schön, reicht aber nicht immer. Nur jetzt wusste ich nicht, was ich wollte. Wollte ich gefickt werden oder wollte ich Tom ficken. Mein Hintern juckte, als ob er sich auf seinen Schwanz freute, aber gleichzeitig zuckte mein Schwanz weil er sich in Tom versenken wollte.
Tom flog rücklings aufs Bett. Hastig zog ich mich aus und kletterte über ihn. Leckte über seinen Nabel, seinen Bauch hoch zu seinen Brustwarzen. Setzte mich auf ihn, rutschte runter und machte mir an seiner Hose zu schaffen.
„Gewöhne dir an, wenn du bei mir bist, das du Hosen anziehst ohne Reißverschlüsse und Knöpfe. Du kannst nie wissen, wann ich über dich herfalle.“ Tom gluckste.
„Aber das ist ja der Sinn dabei. Je länger es dauert, bis du zu deinem Liebling kommst umso höher ist die Erwartung.“
Boah das war aber jetzt nicht sein Ernst. Energisch schüttelte ich mit dem Kopf.
„Vergiss es, oder willst du dir jeden Tag eine neue Hose kaufen müssen …!“ Endlich hatte ich die Hose mitsamt seinen Pants bis zu den Knien runter gezogen. Tom wollte widersprechen, kam aber nicht mehr dazu. Denn ich setzte mich auf ihn. Ohne weiteres hatte ich seinen Schwanz genommen und ihn in mich eingeführt. Der Dehnungsschmerz übermannte mich. Verfiel in Trance. Schrie den Schmerz mit meiner Lust raus. Schloss meine Augen und vögelte Tom. Es war nichts romantisches dabei. In meinem Fall war es nur ein nehmen. Aber ich hatte nicht mit Tom gerechnet, der die Initiative übernahm. Er packte meine Hüfte, hob mich hoch und schmiss mich neben sich aufs Bett. Hielt meine Arme über meinen Kopf fixiert und er feixte mich mit seinen Augen an.
„So du willst es also hart.“, er lächelte mich süffisant an. Ich lächelte herausfordernd zurück. Du hast keine Ahnung wie.
„Tom das schaffst du nicht, also lass es mich machen.“ Plötzlich spürte ich einen schmerzhaften Druck an meinen Handgelenken. Tom griff mit einer Härte zu, die ich sonst nur von einem kannte.
„Unterschätze mich nicht.“ Tief blickte er mir in die Augen. „Wie willst du es.“ Jetzt grinste ich ihn an.
„Wie ich es schon sagte: Das schaffst du nicht“ Er beugte sich zu meinem Ohr. „Und ich sagte: Unterschätze mich nicht!“, er biss rein. Der plötzliche Schmerz ließ mich keuchen. „Ich brauche keine Peitsche und keinen Plug um dich fertig zu machen. Ich habe dich durchschaut. Kilrian.“, flüsterte er und ohne Vorwarnung schob er sich zwischen meine Beine. Ich konnte mir ausmalen, was er vorhatte und ich würde lügen, wenn ich mich nicht darauf gefreut hätte. Aber ich sah auch seinen Zwiespalt, die Frage an sich selbst, ob er es wirklich tun sollte.
„Dann zeig es mir!“, forderte ich ihn auf es endlich zu tun. Hob meine Hüfte an.
„Du bist wahrhaftig eine Schlampe. Du brauchst wirklich tausend Kerle die es dir besorgen.“
Ich schüttelte den Kopf.
„Nein nur einen. Mir reicht nur einer und der hat im Moment nichts anderes zu tun als zu labern, anstatt mich endlich so richtig durchzuvögeln. Tom fick mich. Schnell, hart … - bevor ich es mir anders überlege und über dich herfalle.“, ich spürte wie er seine Hand nach unten zu meinem Loch führte. Wieder schüttelte ich den Kopf.
„Spiel nicht mit mir rum. Tu es einfach!“, ich wollte jetzt wirklich nur gefickt werden. Nicht die ganze Harmonie, die Romantik von heute Mittag, diese Zärtlichkeiten.
Es machte mich wahnsinnig. Scheiß auf Weihnachten, scheiß auf die Besinnlichkeit. Ich hatte es in den letzten Jahren nicht gehabt, also brauchte ich es dieses Jahr auch nicht.
Der Schmerz war unbegreiflich. Ich biss mir auf die Lippen, hielt die Luft an, krallte meine Hände zusammen und drückte meinen Kopf ins Kissen. Kurzzeitig kam mir mein erstes Mal in Erinnerung und die darauffolgende Entscheidung, die ich getroffen hatte. Die bis jetzt mein Leben bestimmte.
Tom stieß heftig zu bis er ganz in mir drinnen war. Selbst da ließ der Schmerz nicht nach. Ich war nicht gedehnt und vielleicht war sogar irgendetwas gerissen. Mir war es gleich. Genauso wollte ich es haben. Diesen Schmerz spüren, den, seitdem ich First begegnet war, ich im wahrsten Sinne des Wortes, immerfort bei jedem Mann gesucht hatte.
Auch wenn ich es eigentlich nie mehr gewollt hatte, aber das letzte Mal bei „First“ hatte alles wieder wach gerufen. Ich brauchte es und er wusste es. Ich brauche es jetzt. Diesen Schmerz. Diese Demütigung, diese Erinnerung an mich und an das tief in meinem Herzen verborgene Versprechen.
Ich verstand nicht, wie mir geschah. Kilrian forderte mich in einer Weise, die ich bisher nicht von ihm kannte. Ich sah die Tränen, die ihm übers Gesicht liefen, konnte sie nicht ignorieren. Stumm ertrug er den Schmerz, den ich ihm zufügte. Und Schmerzen hatte er.
Auch wenn ich es nicht wollte, aber er hatte mich dazu gebracht. Mich gebeten, ihn hart zu nehmen. Mich dazu herausgefordert und gedrängt. Mich durch die Blume als Schlappschwanz und schwach bezeichnet.
Allmählich kam Bewegung bei ihm auf und er umschlang meine Hüfte mit seinen Beinen. Krallte sich in meinem Nacken fest. Mit halbgeöffneten Mund und geschlossene Augen keuchte er. Selbst ein verhaltener Ton kam über seine Lippen als er sich darüber leckte. Auch sein Schwanz wies wieder seine volle Härte auf, die sich verabschiedet hatte, als ich mich mit brutaler Gewalt, anders konnte man es nicht nennen, in ihn versenkte.
Ich stieß langsamer.
„Nicht. Härter. Bitte!“
In Gedanken schrie ich zwar „NEIN“ aber in Wirklichkeit flüsterte ich nur leise seinen Namen. Kilrian schlug die Augen auf. Sah mich an. Seine dunklen Augen brannten ein tiefes Loch in meine Seele. Nicht nur die Tränen zeugten von seinem Leid. Nein! Seine Augen schrien es mir buchstäblich entgegen. Er litt. Innerlich focht er einen Kampf aus, dem er sich stellen musste. Ich konnte ihm nur helfen, indem ich seinen Wunsch, ihn an die Schmerzgrenze und über sie hinaus zu ficken, erfüllte.
Ich spürte das er lockerer wurde. Bereitwillig öffnete er sich mir und fing auch an zu stöhnen. Seine Lippen, rot vom beißen. Ich beugte mich vor, küsste ihn. Drang mit meiner Zunge in seinen warmen Mund. Sein Griff in meinem Nacken wurde fester. Seine Nägel krallten sich in meine Haut. Was war das für eine grausame Lust die ihn gefangen nahm? Dunkel! Einnehmend! Ich verstand sie nicht und doch konnte ich nicht anders. Ich stieß noch fester zu. Kilrian schrie. Ich sah, dass er kaum noch Luft bekam. Dennoch forderte er mich auf, noch härter zu werden. Schneller. Er kratzte mir über den Rücken. Brennend war die Spur die seine Nägel hinterließen. Seinen Blick nicht von mir nehmend lächelte er sacht. Sein Ausdruck wurde langsam weicher. Mit einem erstickenden Laut und einem letzten Druck seiner Nägel, spürte ich seinen warmen Saft. Die Kontraktion um meinen Schwanz ließ mich innehalten. Wollte warten bis er den Orgasmus verkraftet hatte, doch er schüttelte mit dem Kopf. Seine Hände, die den Weg zu meinem Hintern gefunden hatten, forderten mich auf, weiter zu machen.
Meine Kraft war zu Ende, ich konnte nicht mehr. Kilrian schubste mich von sich runter und setzte sich auf mich drauf. Ich spürte wie er sich auf mich schob und er anfing mich zu reiten. Lasziv grinste er mich an. Streichelte mir über meinen Oberkörper, beugte sich zu mir runter, wollte mich küssen, doch in dem Moment ging sein Handy los.
Kurz blickte er sich um, nahm es vom Nachttisch, ging ran und trotzdem bewegte er sich gleichmäßig weiter auf mir. Zum ersten Mal sah ich seine Professionalität.
„Ja!“ meldete er sich. „Geht es ihm gut? - Sofort?“, er hörte schlagartig auf sich zu bewegen. „Ich schaue, wann der nächste Flieger geht.“, er bewegte sich wieder und wurde noch schneller. Ich sah, wie er ein Stöhnen unterdrücken musste, als ich seinen Punkt erwischte. Mir gefiel es. Ich forderte ihn heraus. Wollte sehen wie er seine coolness verlor. Legte meine Hände auf seine Hüfte und stieß in ihn. Er biss sich auf die Lippe und nur ein „hmm“ kam heraus. Seine dunklen Augen funkelten mich an. „Ok. Ja. Geht. Klar. - Danke Mario!“, er legte auf und beugte sich zu mir runter, hauchte mir Luft ins Ohr und leckte mit seiner Zunge darüber. Da war es aus. Fest stieß ich zu und ergoss mich in ihm. Kilrian blieb auf mir sitzen und suchte meinen Mund. Sanft, fast schon zärtlich küssten wir uns und erst nach einer Ewigkeit entließ er mich.
Eng umschlungen lagen wir zusammen. Ich hatte das Gefühl ihm Halt geben zu müssen. Erst viele Minuten später erzählte er mir, das er wegen seinem Vater zurück nach Deutschland müsste.
Die restliche Nacht konnte ich kein Auge zu tun. Immer wieder versuchte ich es zu begreifen. Was war nur mit ihm los? War das die Retourkutsche, dafür dass ich ihn vorhin auf meine Art verführt hatte? Ich wollte ihm doch etwas Gutes tun. Hatte er es etwa missverstanden? Oder brauchte er diesen harten Sex? Wenn ja, würde es für mich sehr anstrengend werden. Ich war keiner seiner Kunden dessen Wünsche er zu 100 % erfüllen musste, dieser harte Sex war nicht einmal ein Wunsch von mir, wollte ich eigentlich nicht. Oder war es seine Art von Sex, sein tiefstes Bedürfnis, das er nie befriedigt bekam. Gefickt zu werden, dass es fast einer Vergewaltigung gleich kam.
Hatte er die letzten Male nur mit mir gespielt um herauszufinden, wie weit er bei mir gehen konnte. Waren unsere Zärtlichkeiten nur eine Lüge? Aber warum wollte er Schmerzen? So kurz nach seiner Entführung.
Mir wurde schlecht. Meine Gedanken wurden immer dunkler. Besonders dieser eine, … Clancy, der ihn über Stunden hinweg misshandelt hatte. Gefiel es Kilrian so sehr, dass er eine solche Behandlung auch von mir wollte? Ich verstand die Welt nicht mehr.
„Kannst du nicht schlafen?“, Kilrian legte seinen Arm um mich und rutschte näher an mich ran. Ich spürte seine Wärme und seinen sanften Atem an meinen Hals.
„Nicht wirklich. Du aber auch nicht!“
Kilrian reagierte nicht darauf. Er stand auf und ging ins Bad. Ich hörte wie die Toilettenspülung ging und Kilrian das Licht im Zimmer anschaltete. Er sich umblickte, die Shorts fand und sie anzog.
Gähnend ging er an den Schrank, durchsuchte ihn und als er gefunden hatte, was er wollte, zog er sich an.
„Warum willst du jetzt schon aufstehen?“
Er drehte sich zu mir um, lächelte verlegen und dann als ich es hörte, fiel die Decke über mir zusammen.
„Ich habe noch einen Charterflug bekommen, der geht in drei Stunden.“
Jetzt schaute ich auf meine Handyuhr. Es war gerade erst vier Uhr früh. Außerdem, wann hatte er den Charterflug gebucht? Heute Nacht auf jedenfalls nicht.
Wenn der Flug in drei Stunden geht, wäre es gerade erst sieben Uhr und ich hätte noch geschlafen, … Scheiße, wann wollte er es mir denn sagen? Oder hatte er vorgehabt einfach so zu verschwinden? Ich setzte mich auf und starrte ihn sekundenlang an.
Kilrian schien sich nicht daran zu stören. Sein Ausdruck war in gewisser Hinsicht wie abgeschlossen und völlig teilnahmslos. In diesem Moment gab er mir das Gefühl nicht mehr als ein Urlaubsflirt zu sein. So in etwa wie „Es war schön mit dir, aber nun ist es vorbei. Vielleicht sehen wir uns ja mal wieder!“
„Ach!“, sagte ich nur. Legte mich hin, zog die Decke über mich und schloss die Augen. Kämpfte gegen die Tränen. Wenn er sich schon so kalt benahm, dann sollte er es von mir genauso bekommen.
Ich fasste es nicht!
„Tom!“
„Mhh!“
Sekunden vergingen und keiner Sprach ein Wort. Ich schob die Decke weg, stemmte mich auf meine Arme, schaute ihn an und jetzt wurde ich aus seinem Ausdruck überhaupt nicht mehr schlau.
„Was ist?“
Er blickte an mir vorbei. Wieder biss er sich auf den Lippen, war abwesend, tief in seinen Gedanken bis ein Ruck durch ihn ging und er lächelte.
„Ach passt schon! Es ist nichts“, drehte mir den Rücken zu und holte seinen Koffer hervor. Ich selbst ließ mich wieder nach hinten fallen und starrte an die Decke. Der Kerl machte mich wahnsinnig. Nicht, das er mich in wenigen Stunden verlassen würde oder dass er erst kurz davor, aus Angst, mit der Sprache raus gerückt war. Nein! Von einer Sekunde auf die Nächste war er wie ausgewechselt, so als ob … Zeth seine Arbeit getan hatte und aus dem Leben des anderen verschwand, bis er das nächste Mal gebucht wurde.
Ich stemmte mich wieder hoch, wütend, und ließ ihn die ganze Zeit nicht aus den Augen. Manchmal war es mir sogar, als ob er hin und wieder zu mir rüber schielte. Ihm lag etwas auf dem Herzen, das sah ich ihm an, aber was war es nur?
Noch eine Zeitlang ging das nervenaufreibende Spiel so weiter, bis mir der Geduldsfaden endgültig riss und ich ihn ansprach.
„Kilrian, ich komme mit.“
„Was? Warum denn? Du kannst doch nicht einfach, …“
„Ich kann! Kyel hat mich suspendiert, … und bis jetzt hat er mich nicht aus dem erzwungenen Urlaub zurück geholt.“
Kilrian kam zu mir rüber, setzte sich aufs Bett und mir war, als ob sein Lächeln nicht mehr aufgesetzt war. So wie es die ganze Zeit erschienen war. Nun war es sanft, fröhlich und hoffnungsvoll.
„Hast du dir das gut überlegt?“, fragte er mich und ich schmunzelte. In dieser einen einzige Frage, lag all seine Hoffnung, sein Wunsch und vor allem hörte ich seinen Besitzanspruch raus, den er auf mich geltend machte. Nur ein Nicken bekam ich zustande.
„Kilrian, … ich, …“ Ich stand vom Bett auf und zog eine Hose, die achtlos auf dem Boden lag, an. Erst später bemerkte ich das es Kilrian´s war, aber mir war es egal.
„Hör zu! Du stornierst den Charterflug. Ich kümmere mich schon darum, das wir gut in Deutschland ankommen“
„Aber wie, …!“
„Das lass meine Sorge sein. Immerhin bin, nein war ich fast zehn Jahre Kyel´s Privatsekretär. Ich habe Flüge gebucht, die, die, … du willst es gar nicht wissen.“
Er kicherte. Hier war er wieder, mein Kilrian. Mir wurde warm ums Herz. Ich glaubte sogar, das ich ihm die Frage, die ihm auf dem Herzen lag, abgenommen hatte.
„Aber wird Kyel dich einfach so gehen lassen? Habt ihr nicht auch so etwas wie Kündigungsfristen?“
Fragen über Fragen. Die Fragen die er stellte waren so belanglos. Allein sein erleichterte Ausdruck der sich in seinem Gesicht ausgebreitet hatte, war Grund genug, meine Entscheidung endgültig zu festigen. Ich grinste ihn nur an.
Am frühen Morgen, als die Villa langsam zum Leben erwachte, trat ich mit meiner Kündigung in der Hand, die ich bereits angefertigt hatte, aus Kilrian´s Zimmer.
Kyel, der schon wieder an seinem Handy hing, lief in der Küche auf und ab. Sascha hatte Vivi auf dem Arm und gähnte herzhaft. Sarah, Raoul und Mike schienen gestern Abend noch nach Hause gefahren zu sein.
„Aiden, schau wie du es zusammenbringst, aber ich brauche nach den Feiertagen unbedingt die Bestätigung.“
Innerlich schmunzelte ich. Diesen Druck, den Kyel stetig bei mir ausgeübt hatte, war nun vorbei. Wochenende, Feiertage oder Urlaub kannte Kyel nicht. Nur in sehr seltenen Ausnahmefällen. Aber auf der anderen Seite, wenn ich zurückdachte, wie oft er Meetings in den Wind geschossen hatte nur um ein paar schöne Minuten mit Sascha verbringen zu können. Und wer hatte dann wieder den Arsch voll Arbeit? Ich. Wer musste Überstunden schieben? Ich.
Er legte auf und goss sich frischen Kaffee ein. Kurz blickte er zu mir rüber.
„Deine Hose ist dir zu kurz!“
Mir war, als ob er schmunzelte. Ich verdrehte nur genervt die Augen. „Ja, ich weiß, aber ich wollte meine Hose, die ich bereits zwei Tage an hatte nicht noch einmal anziehen.“
„Guten Morgen!“, rief ich in die kleine Runde. Sascha hob nur gähnend seine Hand und ich selbst ging zur Kaffeemaschine. Mit der vollen Tasse setzte ich mich hin. Meinen Schnellhefter den ich dabei hatte, legte ich neben mich. Im Moment brauchte er noch keine Beachtung. Meine Müdigkeit nahm langsam überhand, seitlich von mir stänkerte Sascha, von wegen dass es wohl eine „anstrengende“ Nacht gewesen war. Ich schnitt eine Grimasse und zeigte sie ihm. Er kicherte. Aus Sascha war wirklich ein schöner Mann geworden. Er war schon immer schön nur jetzt strahlte er richtig, von innen heraus. Ich fragte mich schon lange, warum er ständig die ihm angebotenen Fotoshootings abschlug. Einmal sagte er zu mir, als er einen Fotografen am Telefon abgewürgt hatte: „Ich brauche diese öffentliche zur Schaustellung nicht!“ Aber so könnte er doch etwas Taschengeld verdienen, denn er wollte ja nicht von Kyel abhängig sein. Was er allerdings schon war. Die paar Kröten, die Sascha für sich brauchte, waren für Kyel nur Peanuts. Kyel könnte, wenn er wollte, die ganze Stadt aufkaufen, sie abreisen und neu aufbauen.
Als ich bei ihm anfing zu arbeiten, dachte ich, wie die meisten anderen auch, „der hält sich nicht lange“, aber Kyel blieb standhaft und hatte aus seiner irren Idee ein Imperium aufgebaut. Gut, Imperium ist vielleicht etwas übertrieben ausgedrückt, aber …
Die Minuten vergingen, den Kaffee hatte ich bereits ausgetrunken, als ich mir endlich einen Ruck gab. Ich sprach Kyel an, der am Laptop saß. Er blickte hoch, nur um mir zu zeigen, dass er „ganz Ohr“ war und widmete sich wieder seiner Arbeit.
„Kyel ich kündige.“
Nur ein „Hmm“ entkam ihn.
„Hier ist die Kündigung!“ Ich schob ihm den Schnellhefter rüber. Er nahm ihn in die Hand, blätterte kurz darin rum und legte ihn dann zur Seite. Mehr auch nicht.
Sekunden vergingen.
„Wann fliegst du?“
Überrascht zuckte ich zusammen. Woher wusste er, dass ich nach Deutschland wollte.
„Kilrian will heute nach Deutschland, weil …!“
„Nein!“
Ich starrte ihn an. War sprachlos.
„Ich habe deine Kündigung zur Kenntnis genommen, … und ich lehne sie ab.“ Sein Blick ließ keine Zweifel daran aufkommen, dass er nicht mit sich verhandeln lassen würde.
Okay, … Schock … oder wieder Okay mit gemischt von aha! Ich wusste nicht wie mir geschah. Nie hatte ich mit der Möglichkeit gerechnet, dass er mich nicht würde gehen lassen. Er schob mir den Schnellhefter zurück. Und er grinste mich an. Nicht so wie jemand der sich durchgesetzt hat und deshalb grinste. Nein, da war noch etwas anderes, er schien so als ob er sogar erfreut war und er ein Lachen unterdrücken musste. Er hatte wieder mal eine Schandtat vor das wurde mir schlagartig klar und mir wurde es plötzlich ganz mulmig.
„Tom, du wirst in meinem Auftrag nach Deutschland fliegen, denn ich habe vor eine neue Geschäftsniederlassung zu eröffnet, … und du bist der einzige, der nun ja, … der die erforderliche Kompetenz besitzt. Du sprichst fliesend Deutsch, kennst dich mit meiner Geschäftsdevise aus. Ich befördere dich hiermit zu meinem Vizechef.“
So, … noch einmal Schock, … verdutzt, bei mir ratterte es. Eigentlich hatte ich schon verstanden was er sagen wollte und auch gewusst, dass er expandieren wollte, aber irgendwie schwamm der Rest einfach durch. 'Vize, … was?'
Kyel ließ sich nicht von meinen jetzt überaus verdatterten Geschichtsausdruck stören. Er sprach einfach weiter.
„ … und bekommst, da du dann der Geschäftsführer bist, die halbe Provision die du aushandelst. Ansonsten läuft dein Gehalt weiter, natürlich deiner neuen Position entsprechend angepasst. Außerdem was das entscheidende ist, … ich vertraue dir. Und ich brauche jemand dem ich vertrauen kann.“
Okay zwei Komplimente in einem Satz, noch dazu durch die Blume gesagt, das waren eindeutig zwei zuviel. Ganz besonders, wenn sie aus Kyel´s Mund stammten.
„Aber es gibt noch eine Sache die du vorher für mich erledigen musst. Aiden, hat noch Schwierigkeiten mit dem PC.“ Dachte ich es mir doch. Warum kann er nicht warten bis ich das alles verdaut hatte? Nein der Dämpfer kam mit Riesenschritten auf mich zu.
„Die ganzen Passwörter und das Kalkulationsprogramm. Es wäre schön, wenn du ihm es noch einmal zeigen könntest.“
Das konnte nicht sein. Ich hatte ihn ausgebildet. Er war mein Lehrling. Er musste es doch mittlerweile beherrschen.
„Ist das ein Witz?“, rutschte es mir heraus nachdem ich es nun wirklich verstanden hatte. Nur worauf ich dies bezog, den Vize oder Aiden, wusste ich bereits nicht mehr.
„Nein, ich habe das System, in der Zeit, als du Krankenschwester für Kil gespielt hast, auf den neuesten Stand gebracht. Aiden kennt sich nur mit der alten Software aus. Aber du hast einige Schulungen auf der Neuen hinter dir. Deswegen.“
Oh man, der konnte einem auf die Nerven gehen. Verdrossen, nein eher aufgekratzt, rieb ich mir die Stirn. Ganz besonders jetzt, wo noch so viel zu erledigen war, neue Flüge buchen, packen … Warum musste ich jetzt noch einmal in die Firma fahren? Herr Gott!
Kyel konnte so ein echtes Ekel sein.
Der Schmerz überwältigte mich. So lange hatte ich ihn nicht mehr gespürt und auch nicht gebraucht. Dieser Schmerz war letztendlich meine Bestätigung. Die Tränen die über mein Gesicht liefen waren die Zeugen. Diese Demütigung, dieses benutzt werden. Mehr wollte ich nicht. Nicht mehr und nicht weniger brauchte ich um zu spüren, dass ich noch am Leben war.
Tom gab es mir. Ich gab mich ihm hin, in vollem Bewusstsein. Er wusste es. Ich sah es ihm an. Es schmerzte ihn mehr als mich. Ich wollte gefickt werden, so wie jetzt. Mit diesem Schmerz.
Täglich hatte ich es erlebt, durch First. Er war mein erster Mann. Überhaupt das erste Mal in meinem Leben dass ich mit jemandem Sex hatte und ich spürte diesen Schmerz den er mir bereitete jeden Tag. Nur war er mittlerweile verblasst. Viele Jahre lang, nachdem ich mich von First getrennt hatte, hatte ich mich vehement dagegen gewehrt. Ich wollte es nicht mehr. Den Schmerz nicht mehr spüren und doch verlangte ich es in diesem Moment von Tom. Warum nur?
Die Erkenntnis traf mich wie ein Blitz. Letztens hatte ich mich First hingegeben. Nun ja, er hatte mich zu sich befohlen. So hart wie es klingen mag. Ich hatte mich meinem Master wieder hingegeben, ihm wieder freiwillig unterworfen. Meinem Herrn und Gebieter. Er war es immer noch, nach all den Jahren. Egal, welche Schmerzen er mir zugefügt hatte, wie er mich verunstaltet hatte, wie er mich gequält oder vergewaltigt hatte, … ich lag ihm immer noch zu Füßen, war ihm hörig. Ließ mich treten und demütigen. Ich war wie ein Hund, der von seinem Besitzer geschlagen wurde aber immer wieder zu ihm hin kroch, unterwürfig mit dem Schwanz wedelte und ihn ableckte. First.
Ich schrie meine Lust heraus. Stöhnte unter den Bewegungen von Tom. Er traf meinen empfindlichen Punkt. Ich konnte nicht anders. Ich kam. Tom nicht. Dieser Sex war zu unpersönlich für ihn. Ich wusste es, aber wusste es Tom auch? Wusste er, dass ich ihn jetzt nahm, wie ich auch einen Kunden nahm? Dass es nicht aus Leibe geschah? Dass ich dalag, als ob ich bei First war? Mich nur der Gewalt hingebend. Nein!
Und doch gab es mir eine Befriedigung, die ich aber nicht einordnen konnte. Es war anders als sonst, auch anders als mit First. Befreiender. Auch wenn ich es nicht verstand, Tom gab mir all das, was ich brauchte.
Tom war noch unbefriedigt. Das wollte ich nicht. Er sollte auch auf seine Kosten kommen. Ich wusste nicht, was ich eigentlich wollte. Was ich aber wusste war, dass ich auf keinen Fall wollte, dass er in meine Seele blickte.
Ich war unschlüssig. Ich hatte meine Befriedigung aber es reichte mir nicht. Es war so anders. Es war dunkel.
Ich konnte nicht ich sein. Das Friede - Freude – Eierkuchen-Weihnachtsfest hatte mich aus der Bahn geworfen. Das war nicht ich. Das war nicht mein Leben. Ich bugsierte Tom auf den Rücken. Und bevor er wusste wie ihm geschah, hatte ich ihn in mich versenkt. Scheiß Vorteile einer 'Hure'. Ich ritt ihn, - bis mein Handy klingelte. Ich verfluchte es und doch ging ich ran.
Leider bekam ich durch meinte Lethargie nicht mit, dass es mein 'privates Handy' war. Ich nahm ab. Mein Körper spannte sich an, wie immer und bekam erst Sekunden später mit, dass es Mario war.
Die Nachricht schockierte mich. Mein Vater hatte erneut einen Schlaganfall erlitten und die Ärzte taten es einem Wunder gleich, dass er diesen überhaupt überlebt hatte. Tom stieß in mich. Er war überwältigend. Er trieb es mit mir, ohne Rücksicht auf mich zu nehmen. Es gefiel mir. Selbst nach dieser Nachricht. Ich war verdorben, verrucht. Ich ritt meinen Freund, während mir Mario, offenbarte, dass mein Vater wahrscheinlich die Nacht nicht überleben würde. Ich war wirklich eine Hure, Schlampe. Empfand kein Schamgefühl. Nein falsch. Mir wurde übel, aber ich konnte auch nicht aufhören. Zu viel war in den letzten Tagen passiert.
Meine Gefühlswelt war völlig durcheinander. Tschatschatscha würde es mein Vater nennen. „Lass dich nicht von anderen ficken“ hätte First gesagt, obwohl er genau das von mir verlangt hatte. Langsam beugte ich mich zu Tom runter. Küsste mich von seinem Hals zu seinem Ohr. Pustete Luft in seine Ohrmuschel, sah wie sich Gänsehaut bildete und er mit einem letzten heftigen Stoß, keuchend, in mir kam. Noch bevor ich mich neben ihn legte offenbarte ich ihm, dass ich zurück nach Deutschland flog. Ich sah es in seinem Gesicht, dass er damit haderte.
Die Minuten vergingen wie zäher Kaugummi. Immer wieder blickte ich auf den Wecker auf dem Nachttischchen. Neben mir hörte ich Tom flüstern, drehte mich zu ihm und drückte mich an ihn. Er war so warm, ich könnte mich daran gewöhnen.
Daran abends mit ihm zu Bett zu gehen und Morgens neben ihm aufzuwachen. Zusammen frühstücken und gemeinsam den Tag verbringen. So wie in den letzten Tagen. Ich fühlte das ich träge wurde, bequem und die Annehmlichkeiten in Kyel´s Villa in vollen Zügen genoss. Es wäre schön, wenn es bei mir daheim auch so wäre. Ich wünschte mir so sehr, dass Tom mit mir mitkommen würde.
Aber es war so sicher wie das Amen in der Kirche, dass er seinen sehr guten Job bei Kyel nicht aufgeben würde. Er hatte sich seine Position in der Firma über viele Jahre hart erarbeitet und es war sogar das eingetreten, was wirklich nur in den seltensten Fällen passierte. Tom hatte sich mit Kyel angefreundet. Es war eine Freundschaft die sehr tief ging.
Ich hätte auch gerne jemanden mit dem mich so eine tiefliegende Freundschaft verbindet. Wie automatisch drängte sich Sam vor mein geistiges Auge. Unwillkürlich musste ich schmunzeln. Ja Sam war mir ein guter Freund geworden, aber er gehört auch zur Familie. Er ist sozusagen mein Cousin ins Spe. Ich liebte ihn in der gleichen Weise wie ich Mario liebte. Er fiel aus diesem Schema raus. Er war zu sehr Teil der Familie, als dass er nur ein Freund für mich sein könnte.
'Bruder'. Er ist wie ein Bruder für mich.
Noch einen letzten Blick auf den Wecker und ich gab es endgültig auf einzuschlafen. Stand auf, weil die Natur rief und sog leise die Luft ein.
Mein Arsch brannte höllisch. Jeden Schritt spürte ich am Muskelring, der sich aufheulend beschwerte. Erst jetzt wurde mir mein Handeln wirklich bewusst. 'Scheiße' was hatte ich nur von ihm verlangt. Zu was hatte ich Tom getrieben? Das konnte doch wohl wirklich nicht sein?
Sex! Kilrian ist dir der Sex so wichtig? Brauchst du das so dringend? Willst du dich wirklich für immer erniedrigen lassen? Die abartigsten Wünsche erfüllen? Ein Blick in den Spiegel genügte um zu wissen, das es so war.
Ich lebte diesen Weg seit ich 16 war. Immer, tagtäglich hatte ich einen anderen Schwanz im Arsch oder im Mund. Als ich noch auf den Strich ging, waren es in der Nacht bis zu sechs Freier. Und beim letzten hatte ich meistens Prügel bezogen, weil ich zu keinem Orgasmus mehr fähig war oder weil es zu lange dauerte bis ich kam. Oder, weil ich einfach keine Kraft mehr hatte. Um dies zu verhindern beschränkte ich mich auf drei. Zu meinem Leidwesen. First ließ mich das dann immer spüren.
Seine obligatorische Frage war immer 'Wie viele?' Ich musste ihm die Zahl nennen und wenn sie ihm nicht in den Kram gepasst hatte, dann hatte er mich solange bearbeitet bis ich die Orgasmen zusammen hatte, die er sich für diesen Tag vorgestellt hatte. Irgendwie war ihm das Geld nicht wirklich wichtig. Ihm war die Anzahl meiner Orgasmen wichtiger. Einmal hatte ich ihn angelogen. Er sah mir die Lüge an. Danach lag ich tagelang im Bett.
Ich riss mich von meinem Spiegelbild los und ging ins Schlafzimmer zurück. Tom beobachtete mich. Ich spürte seinen intensiven Blick auf meinem Rücken und würde lügen, wenn es mir nicht in der Seele weh getan hätte. Es tat sogar sehr weh, zu wissen, ohne Tom nach Deutschland zurückzukehren zu müssen. Scheiße ich liebte ihn und ich Idiot fügte ihm immer solches Leid zu. Genauso wie jetzt, als ich ihm offenbarte das in drei Stunden mein Flug ging. Ich sah seine Enttäuschung. Fühlte die Distanz die er zu mir aufbaute. Die Leere die ich über ein Jahr in mir herumgetragen hatte, schlug wieder auf mich ein. Tom stellte sich, wie ich auch, darauf ein und wir beide wussten, dass es ein Abschied sein würde.
Ein Abschied für immer. Aber ich wollte nicht. Meine Seele und mein Verstand schrien im Gleichtakt auf. 'Nein'. Es war die Frage die sich mir aufdrängte und unbedingt über meine Lippen wollte, eine einzige Frage. Eine Bitte, nein es war ein Flehen. Dieses Flehen schmerzte. Mein Herz zog sich zusammen. Es pochte an meinen Lippen. Es wollte raus, doch als ich Tom ansprach und er mich erwartungsvoll ansah, konnte ich es nicht.
Ich konnte es ihm nicht zumuten, dass er sein Leben hier in Amerika aufgab. Für mich aufgab. Einem Callboy. Ich würde die meisten Nächte nicht in seinen Armen liegen, sondern bei einem Kunden. Ich würde damit nicht klarkommen zu wissen, dass Tom in unserem Bett lag, schlief oder auf mich wartete, während ich einem reichen Schnösel den Schwanz lutschte. Ich wollte ihm dieses Leid ersparen. Er hatte was besseres verdient als mich.
Und trotzdem, ich wollte ihn fragen, ob er mit mir nach Deutschland kommt um dort mit mir zu leben. Eine gemeinsame Zukunft aufzubauen. In diesem Moment war ich fast sogar soweit meinen 'Nebenjob' aufzugeben. Nur um in seiner Nähe sein zu können. Doch ich bekam nur, „Ach passt schon. Es ist nichts!“, heraus. Denn ich wusste im gleichen Atemzug, dass ich 'Zeth' nicht aufgeben würde.
Die Kälte des Verlustes machte sich in mir breit. Es war schier unerträglich. Wie sollte ich nur weiterleben? Ohne ihn. Wie? Kann mir das bitte jemand verraten? Ich kann ohne Tom nicht mehr leben. Er ist meine Stütze. Mein Halt. Er gibt mir das, was meine Seele all die Jahre gesucht hatte. Nur mit ihm fühlte ich mich vollständig. Als ein Ganzes.
„Kilrian, ich fliege mit.“
Millisekunden vergingen. In dieser kurzen Zeitspanne, pochte mein Herz viermal so schnell. Meine Spuke sammelte sich wie bei einem überlaufenen Gullydeckel. Das gesagte sackte in meine Eingeweide hinab, verursachte ein Kribbeln um von dort rauf in mein Gehirn zu springen.
Mein erster Impuls war, auf Tom zuzurennen, ihn zu umarmen und ihn am ganzen Körper abzuküssen. Aber die Vernunft überkam mich. Er konnte seine Wurzeln doch nicht einfach so aufgeben …
„Was? Warum denn? Du kannst doch nicht einfach, …“
Er würgte mich ab. Es war wie ein Traum, nur verstand ich seinen Inhalt nicht. Er war konfus und zugleich so klar. In meinem Gehirn ratterte es. Ich versuchte die Worte zu verstehen, die Tom zu mir sagte. Meine Gefühle schwappten über. Dieser eine Satz bedeutete mir mehr, mehr als 'Ich liebe dich'. Wie eine Bombe explodierten die Gefühle in mir und erst nach einer Ewigkeit arbeitete mein Verstand wieder normal. Die Wörter die aus mir herauskamen, waren nicht die, die ich wollte. Nicht die aus meinem Herzen. Es war mein Verstand der das sagte: „Hast du dir das gut überlegt?“
Tom grinste mich an. Wie ein Honigkuchenpferd. Ich atmete innerlich auf als er nickte. Seine Worte hatten mich so in ihren Bann gezogen, dass ich es gar nicht mitbekommen hatte, dass ich mich zu ihm auf das Bett gesetzt hatte. Er war mir so nah. Ich wollte ihn berühren. Ich wollte ihn einfach nur bei mir haben. Ihm mit meinem ganzen Körper 'Danke' sagen.
Tom nahm das Ruder in die Hand und ich nickte wie ein Kleinkind. Ich war absolut nicht mehr fähig irgendetwas selbst zu erledigen. Bei mir hatte sich geistiger Stillstand eingestellt.
Tom kündigte, aber Kyel ließ ihn nicht direkt gehen. Er musste vorher Aiden, der seinen Job übernehmen sollte, noch weiter einarbeiten. Die beiden arbeiteten die ganze Zeit durch und vereinbarten, dass Aiden jederzeit sich an Tom wenden könne, wenn er Problem hätte. Dank Internet war das ja kein Problem.
Aber das war nicht das einzige Problem, schlimmer war, dass er keinen Flug bekam. Der früheste den er buchen konnte, war zwei Tage nach Silvester. Ich sah wie er fluchte, wie er jede einzelne Fluggesellschaft anrief. Sie ließen sich nicht einmal erweichen, als Tom mit Sanktionen drohte. Womit er drohte? Das weiß nur der Teufel. Ich konnte es mir dennoch denken. Mr. Kyel Kastner hatte die Stadt in seiner Hand. Es war seine Stadt. Er war der Wohltäter, der hier und überall sein Geld fliesen ließ.
Zermürbt und nachdenklich sank Tom auf einen Stuhl zusammen. Blickte raus zum Fenster und nur er wusste, was er sah.
Wenn er schon nicht mehr wusste wie es weitergehen sollte, wie sollte ich dann erst Einfälle haben.
Selbst die Idee, Kyel´s Privatjet auf die Landebahn zu bekommen und mit ihm nach Deutschland zu fliegen, funktionierte nicht. 'Privatjet' – Scheiße – wie kam ich nur darauf? Ich wollte überhaupt nicht daran denken, wie oft ich meinen Arsch hinhalten müsste um die Kosten eines Fluges mit einem Privatjet, reinzuholen. Der Privatjet hatte eine zu kurze Reichweite als das man solche interkontinentale Flüge mit ihm hätte machen können.
Aber es gab noch eine andere Möglichkeit. Wenn der zweitbekannteste Mann, nach dem Präsidenten, es nicht schaffte, kurzfristig einen Flug zu organisieren, dann musste halt der bekannteste Mann der Welt herhalten.
Ich zückte mein Handy und suchte 'Chairman'. Es war zwar gegen meine Regeln, aber in der momentanen Situation gab es keine Alternative. Ich musste zurück nach Deutschland, zu meinem Vater. Und mir war egal, was ich dafür zahlen musste. Ich wollte und musste meinen Vater noch einmal sehen. Jede Minute die verging konnte seine letzte sein und dies könnte ich mir nie verzeihen.
„Zeth?“ hörte ich Janes Stimme. „Warum rufst du an?“
Ich schluckte, musste mich erst sammeln. Der Präsident würde einen Lachanfall bekommen, wenn ich mit meiner Bitte daherkomme.
„Gib ihn mir!“
„Moment!“ Einige Sekunden vergingen und ich bettelte, dass es schneller gehen würde. Viel schneller. Ich würde sonst auflegen. Je länger es dauerte, umso klarer wurde mir nämlich wie schwachsinnig mein Vorhaben war.
„Zeth?!“, hörte ich ihn. Er riss mich aus meinen Gedanken. Musste wieder kräftig schlucken. Jetzt gab es kein zurück mehr. Wie würde es aussehen, wenn Zeth seinen Schwanz einzieht und wie ein verschreckter Hund davonlief.
„Hi Chairman, bitte entschuldige, das ich dich störe!“
„Schon gut. Ich muss dir danken, du hast mich aus einer sehr langweiligen Konferenz rausgeholt.“
Ich schloss die Augen und legte mir die Worte zurecht. Am liebsten hätte ich es in Deutsch gesagt, wäre mir leichter gefallen. Endlich gab ich mir einen Ruck und brachte mein Anliegen vor.
Stille. Es war unerträglich.
„Dein Vater liegt im Sterben?!“
„Ja!“
„Und du bekommst keinen Flug?“
„Ja!“
„Jane!“, mehr hörte ich nicht. Wahrscheinlich hatte er mich in die Warteschleife gedrückt oder den Hörer abgedeckt.
„Zeth? Bist du noch dran?“
„Ja!“
„In einer Stunde landet Jane. Schicke dich, sei unauffällig, sobald die Reporter mitbekommen, dass meine Maschine landet, wird da die Hölle los sein. Es ist nämlich ungewöhnlich, wenn der Präsident einen Zwischenstopp in einer Stadt hinlegt um dann gleich wieder weiterzufliegen.“
„Shit!“ kam es aus mir heraus.
„Anders ging es nicht. Ich musste irgendetwas erfinden, …“
„Ähm, es fliegt noch jemand mit, …!“
„Mir egal, mach dich jetzt auf dem Weg. Ach und wenn du dein Gesicht nicht in den nächsten Wochen auf den Titelblätter sehen willst, halte deinen Kopf gesenkt.“, ich vernahm seine Warnung und er legte auf. Ich fuhr mir mit der Hand über die Stirn. Ich hoffte nur, dass das kein Schuss in den Ofen war.
Tom der das Gespräch mitverfolgt hatte, blickte mich mit gemischten Gefühlen an. Ich sah wie er zu kämpfen hatte. Sagte aber nichts. Das einzige, was er von sich gab, war:
„Ich muss noch einmal in die Firma!“
Manchmal möchte ich wirklich ein Mäuschen sein um seine Gedanken zu lesen. Aber eigentlich, wohl doch eher nicht.
Tom und ich saßen in der Lounge. Überall standen bereits die Paparazzi bereit um sofort ein Foto schießen zu können, wenn das Flugzeug vom Präsidenten landete. Ich fragte mich, mit welcher Aussage der Präsident daherkommen würde, als ein FBI Agent auf uns zutrat und uns aufforderte mit ihm mitzukommen. Er führte uns in ein Büro und gab uns Overalls, wie die, die die Flughafentechniker tragen. Als wir diese übergezogen hatten und das Büro verließen, sah ich Jane die Lounge betreten und ich tippte Tom an.
„Es geht los!“ Plötzliches Blitzgewitter schlug auf Jane ein, aber sie blieb gelassen. Sie scheuchte einige ihrer Männer rum. Ich zog mir mein Cappy tief ins Gesicht und ging los.
„So eine Scheiße!“ fluchte Tom vor sich hin und tat es mir gleich. „Das ist ja schlimmer als in einem Agentenfilm.“, zischte er und doch hörte ich so etwas wie Belustigung in seiner Stimme.
„Was meinst du was los ist, wenn rauskommt, dass ich ein Callboy bin. Der Präsident schmeißt sich für mich ins Feuer. Deswegen dieser Aufzug. Deswegen muss ich mein Gesicht verstecken.“
„Bitte haltet Abstand. Wir haben ein Problem mit der Klimaanlage an Bord, daher die Zwischenlandung, sobald das Problem behoben ist, werden wir weiterfliegen.“
„Ich frage mich gerade, was dich das kostet …!“ Mehr bekam ich nicht mit. Wir wurden von den Bodyguards umringt und zum Flugzeug gebracht. Kaum in der Maschine zogen wir die Overalls aus und zwei FBI Agenten zogen sie an. Nach endlosen 15 Minuten verließen sie an unserer statt das Flugzeug.
Endlich wurde die Tür hinter uns geschlossen. Erleichtert nahm ich das Cappy ab. Fuhr mir durch die Haare. Erlöst atmete ich ein.
„Das ist absolut nichts für meine Nerven!“, von der Seite hörte ich ein leises Lachen.
„Damit lebe ich jeden Tag!“
Ich drehte mich um. Setzte mein professionelles Lächeln auf und trat auf ihn zu. Kurz umarmten wir uns.
„Ich danke dir!“, flüsterte ich ihm ins Ohr. Aus den Augenwinkel sah ich Toms Augen funkeln.
Ich hasse fliegen. Das war schon immer so und wird sich auch nie ändern. Am meisten hasste ich den Abflug und den Landeanflug. Ich kann mich einfach nicht entspannen. Vor allem musste ich mich tierisch zusammennehmen um die Beiden, die sich herzlich umarmten, nicht zu trennen. 'Eifersucht' was? Ich konnte es mir nicht leisten solche Gefühle an den Tag zu legen. Außerdem hatte ich es Kilrian versprochen. Und wenn der Präsident jetzt der Meinung war ein kleines 'Stelldichein' mit seinem Callboy haben zu wollen, war ich der letzte der in der Position war, dazwischen zu gehen. Ich musste es akzeptieren, ob es mir schwer fiel oder nicht. Gleichzeitig war ich aber auch stolz. Meine Brust schwoll an, weil ich der einzige war, der Kilrian vollständig besitzen durfte. Der in seine Seele blicken durfte und seine dunkelsten Geheimnisse mit ihm teilte. Die ich aber leider noch nicht alle kannte, geschweige denn verstand.
Kaum, dass die Tür geschlossen wurde, setzte sich das Flugzeug auch schon in Bewegung. Jane, oder wie Kilrian sie sonst genannt hatte, schien alles unter Kontrolle zu haben, aber in diesem Moment war es mir egal. Ich krallte mir in den Oberschenkel und versuchte so flach wie möglich zu atmen. Mein Magen rumorte. Gleichzeitig flehte ich Gott für einen sicheren Flug an. Leider kam mir ein Sprichwort in den Sinn. 'Runter kommen sie alle!' Makaber, aber das passte. Eigentlich brannte mir dieser Spruch ständig im Kopf, wenn ich in einem Flugzeug saß.
Erst als das Rütteln nachließ, schlug ich die Augen wieder auf und blickte sogleich in Kilrian´s Dunkelheit.
„Jetzt sag mir nicht, du hast Flugangst!“, spöttelte er. Ich nickte matt und schüttelte nur den Kopf.
„Nein, nur wenn, …!“, weiter kam ich nicht. Zeigte nur mit der Hand drauf und kotzte in die Tüte die Kil mir hinhielt. Er kicherte. Gott war mir das peinlich. Zumal der Präsident vor uns saß. Während Kilrian versuchte ein Kichern sich zu verkneifen, sah ich einen eigentümlichen Ausdruck auf dem Gesicht des Präsidenten. Er hatte den Ausdruck eines Vaters. Selbst sein Schmunzeln, das in seinem Gesicht haftete, hatte eine Sanftheit an sich, das ein Verstehen offenbarte. Ich wunderte mich und wurde daraus nicht schlau. Er war doch nur ein Kunde und trotzdem …
Vor allem bewunderte ich Kilrian, wie er sich ungezwungen mit dem Präsidenten unterhielt. Sie redeten über alles mögliche und was für ein erstaunliches Allgemeinwissen er besaß. Nur eins zwickte mich die ganze Zeit. Die Namen 'Zeth und Chairman'. Ich konnte es nicht fassen, zumal der Präsident Kilrian bestimmt auch unter seinen eigentlichen Namen kannte, benutzten sie konsequent diese Namen weiter.
Da noch etwa 8 Stunden Flug vor uns lagen, versuchte ich etwas zu schlafen. Nur so richtig konnte ich nicht. Wie gesagt ich hasse es zu fliegen.
„Zeth ist das dein Freund?“
„Bitte stell mir keine privaten Fragen.“
„Sei mir nicht böse, aber wir sind hier privat. Ich habe dich nicht gebucht, also kleine Informationen über dich kannst du mir schon mal anvertrauen. - Also.“ Ich belauschte die beiden und fühlte mich etwas unwohl dabei. Der Präsident forderte Kilrian raus.
„Ist das der Preis den du verlangst?“
„Ach Zeth, das ist doch kein Preis für dich. Ein wenig über dich zu erzählen. So wie du den Jungen anblickst, läuft da mehr. Er ist zwar gut gekleidet, aber leisten, kann er sich dich nicht. Und – ich glaube kaum, dass du einen Kunden mit nach Deutschland mitnimmst, nur um bei deinem Vater zu sein. Außerdem ist das ein win-win für uns. Du weißt ja auch wer ich bin. Kennst bestimmt viele private Einzelheiten von mir, also ist das dann nur gerecht, wenn du etwas über dich erzählst. Oder sehe ich das falsch, Kilrian Ford?“
„Nun, damit dass du meinen Namen kennst, hast du mich nicht gerade vom Hocker gehauen. Mr. Präsident. - Ja er ist mein 'Freund'. Er kennt mich, so wie ich wirklich bin.“
Mein Herz machte einen Freudenhüpfer. Kil hatte mich als SEINEN Freund bezeichnet, sich zu mir bekannt, etwas Reales daraus gemacht. Was konnte es schöneres geben?
Der Präsident gab sich anscheinend damit zufrieden. Der restliche Flug war ruhig und ich schlief tatsächlich noch ein.
Erst als das Flugzeug gelandet war, weckte mich Kilrian. Mir kam es so vor als ob ich gerade eben erst eingeschlafen wäre. Wie gerädert blickte ich mich um. Der Präsident war nicht mehr da, auch Jane, oder wie sie hieß, war wie vom Erdboden verschwunden. Mir war es egal und ich stieg hinter Kilrian aus dem Flugzeug.
Endlich hatte ich wieder festen Boden unter den Füßen und war ihm zu Dank verpflichtet, dass er mich erst geweckt hatte, nachdem wir schon gelandet waren.
Ein hochgewachsener blonder Mann wartete am Ausgang auf uns.
“Du siehst scheiße aus!”, sagte er und Kilrian nickte nur leicht mit dem Kopf. Er drehte sich zu mir.“Sam das ist Tom. Tom, Sam. Sam fahr mich zu Papa.”
“Mario und deine Mutter sind gerade bei ihm. Du kannst dich erst frisch machen. Falls du es noch nicht mitbekommen hast, wir haben erst kurz vor Aufstehen. Und 'ne Runde schlafen kannst du auch noch. Aber du schläfst ja eh nie. Also erst frisch machen und dann …”
“Sam, …” die beiden kannten sich offensichtlich sehr gut. Aber warum hatte dieser Sam eine Hoteluniform mit einem Namensschild an. Ein “Höllesing?!” wie ich las. Ich kannte diesen Namen. Ein Höllesing war Kunde von Kyel, reich und unsympathisch. Und so häufig war dieser Name bestimmt nicht, dass da nicht eine familiäre Beziehung wahrscheinlich war.
“Ey Alter, sei mir nicht böse. Aber wenn die Ärzte dich so sehen, darfst du eh nicht zu Malte.”
“Halts Maul und fahr mich endlich ins Krankenhaus.” Sam schüttelte verdrossen und mit zusammengekniffenen Augen den Kopf und startete den Motor.
“Jawohl Chef. Aber ich spiele jetzt nicht auch noch Krankenschwester. Das kannst du dir beim besten Willen ablöten.”
„Zu deiner Information, ich bin nicht mehr krank. Ich hatte in der letzten Nacht nur wenig Schlaf und bin einfach nur müde, …
„Das kannste sonst wem erzählen aber nicht mir!“
Er war mir jetzt schon sympathisch. Kilrian blickte aus dem Fenster und wie automatisch faste ich an seine Stirn. Nur um ihm noch etwas zu triezen murmelte ich “Eigentlich würde ich jetzt sagen. Abmarsch ins Bett, … aber was habe ich schon zu sagen?”.
“Genau. Ganz meine Rede.”, stänkerte Sam mit.
“Ja, ja verbündet euch nur gegen mich.”, grummelte Kilrian und schloss kurz seine Augen.
“Ging alles glatt?”, fragte Kilrian plötzlich und Sam blickte ihn kurz an.
“Meinst du, dass ich dir das jetzt auf die Nase binden werde? Wirklich nicht. Wir fahren jetzt zu Malte und dann gehst du ins Bett. Und wehe du willst den großen Boss raushängen lassen. Außerdem hatte ich dir das gestern alles gemailt. - Scheiße Mann du machst mich fertig.”
Ich liebte diesen Sam jetzt schon. Seine Wuttiraden und Schimpfattacken waren einfach zu köstlich. Genau das was Kilrian brauchte. Und auch wenn ich es nicht glauben wollte, Kilrian gab ihm klein bei. Die Fahrt zum Krankenhaus dauerte nicht lange.
So schnell hatte ich Kilrian noch nie aussteigen sehen, wie jetzt gerade. Sein Mantel wehte im Wind wie bei einem einsamen Kämpfer in einem Actionfilm. Sein Ausdruck war entschlossen und auf alles gefasst. Er kannte bereits das Unausweichliche. Sein Vater würde diese Nacht nicht mehr erleben.
Der Besuch bei seinem Vater … ich lernte Malte Ford kennen und ich wünschte mir ich hätte mehr Zeit mit ihm verbringen können. Kilrian begrüßte seine Mutter und den, … jetzt war ich mehr als verblüfft, den Pagen, der mich damals auf das Zimmer begleitet hatte und kein Trinkgeld angenommen hatte.
Dieser dann noch den Arm um den blonden Sam legte und Kilrian auf die Schulter klopfte. Mario? War das hier ein Familiending? Irgendwie kam ich mir fehl am Platz vor. Kilrian redetet mit dem Arzt und er schien sehr gefasst zu sein. Ich selbst hielt mich zunächst im Hintergrund und hatte nur Augen für Kilrian. Er sah jetzt noch blasser aus. Noch eine Spur mehr und er würde als wandelnder Toter durchgehen. Die Tage mit Clancy waren einfach zuviel. Ich verstand diesen Menschen nicht. Er puschte sich selbst immer wieder auf. Um immer weiter zu machen.
Er trat zu seinem Vater heran setzte ich auf einen Hocker und nahm dessen Hand in die seine. Seine Augen spiegelten wahre Liebe wider. Er beugte sich über das Gesicht und er gab ihm einen sanften Kuss auf die Stirn.
Eine kurze Regung durchfuhr Kilrian´s Vater und ich würde lügen, wenn er seinen Sohn nicht erkannte und anlächelte. Ich trat hinter Kilrian, legte meine Hand auf seine Schulter und drückte mich an ihn um ihm das Gefühl zu geben nicht alleine zu sein. Kilrian schien seinen Vater anzulächeln und er nickte leicht. Er hielt immer noch die Hand seines Vaters und führte sie zu seiner Wange. Küsste sie und bettete sie wieder sanft auf das Bett. Flüsterte ihm etwas zu. Sanft streichelte er ihm über das Gesicht, strich ihm eine Strähne aus der Stirn, beugte sich abermals über ihn und küsste ihn zärtlich auf den Mund.
Malte´s Blick fiel auf mich und sein Lächeln wurde breiter. Ich war mir sicher, er sah dass Kil und ich uns liebten und es machte ihn glücklich. Er blickte Kil an und drückte seine Hand, gab ihm damit zu verstehen, dass er sich für seinen Sohn freute.
Ein grausamer und durchdringend hoher Ton erklang, der diese Stille und Verbundenheit brutal durchbrach.
Langsam ging Kilrian aus dem Zimmer. Eine Träne zierte sein wunderschönes Gesicht und als die Pfleger die Reanimation einleiten wollten schüttelte er verneinend den Kopf. Für Malte wäre es nur eine Verlängerung seiner Qualen.
Zwei Tage bekam ich Kilrian fast nicht zu Gesicht. Er verkroch sich in seiner Arbeit. Entweder rannte er im Hotel herum oder organisierte die Beerdigung. Nur Nachts hatte ich etwas von ihm und selbst da hielt ich ihn nur im Arm. Gab ihm Trost und wurde immer wieder von herumschlagenden Armen geweckt. Ich würde zu gerne wissen, gegen welche dunkle Geister er ankämpfte.
Der Leichenschmaus neigte sich dem Ende zu, Kilrian stand mit einem Glas Wein am Fenster. Blickte zum Himmel hoch. Scheiße sah er gut aus. Die Abstinenz der letzten Nächte machten sich positiv bemerkbar. Ich begehrte ihn immer mehr.
Ich trat auf ihn zu und nahm ihn in die Arme. Küsste ihn auf seine Schläfe und wanderte langsam hinunter zu seinem Hals. Er hob sein Kinn, damit ich besser drankam.
“Komm. Um die restlichen Gäste können sich Sam und Mario kümmern. Du hast genug getan, …” Kilrian lächelte mich müde an, nickte und nahm meine Hand. Zog mich mit sich.
Vor einem Tisch, der noch nicht abgedeckt war, blieb er stehen. Schaute diesen ziemlich lange und irgendwie verträumt an. Dann blickte er in eine Ecke und ein Schmunzeln huschte über sein Gesicht und nur er wusste aus welchem Grund. Doch ich brauchte nicht lange zu raten, was ihn an dem Anblick des Tisches amüsierte.
„Es ist schon komisch! Hier an diesem Tisch feierten Sascha und Kyel ihre Hochzeit und jetzt saßen wir daran und verabschiedeten meinen Papa. - Ist dir aufgefallen, das du auf dem gleichen Stuhl gesessen hast wie damals? Und ich auch?“ Ich nahm ihn in meine Arme. Kicherte leise und fing an mich an ihm zu reiben. Dass er sich genauso gut an unser Kennenlernen erinnerte wie ich, verursachte eine Wärme in meinem Herz, wie ich sie selten erlebt hatte.
„Und weißt du auch noch, was danach passiert ist?“ Schelmisch grinsend nickte er mir zu.
Noch bevor ich mich versah, hatte er wieder meine Hand gepackt und zog mich in Richtung seiner Wohnung. Doch diesmal sperrte ich auf. Als die Tür offen war, konnte ihn nichts mehr bremsen. Mit einer überwältigenden Leidenschaft bugsierte er mich rein. Suchte meinen Mund, drängte seine Zunge in mich. Er war unersättlich, ausgehungert nach Liebe. Er machte mich wahnsinnig. Ich musste ihn haben. Jetzt. Doch er hielt mich zurück. Schaute mich an. Drückte mich von sich weg und fing zu einer Musik an zu tanzen, die nur er hörte. Geschmeidig, einem Panther gleich, waren seine Bewegungen. Leichtfüßig, raubtierhaft. Sein Lächeln war herausfordernd und lasziv. Seine Finger ließ er über seinen Körper wandern. Überall und nirgends zugleich. Selbst bei sich vollbrachte er diesen Hauch von Nichts. Ich spürte es auf mir. Es durchfuhr mich. Dieses Kribbeln strömte in einer Region zusammen. Ich wollte auf ihn zugehen aber er tanzte von mir weg, drehte mir seinen Rücken zu. Ich sah, wie er die lästige Krawatte langsam löste. Am liebsten hätte ich ihn davon abgehalten. Er sah so verrucht geil aus in seinem schwarzen Anzug. Wollte schon etwas erwidern, als er sich zu mir umdrehte. Grinsend blickte er mich an, die Krawatte in der Hand, die er sachte zu Boden gleiten ließ. Es war, als ob er meine Gedanken gelesen hätte. Sein Jackett war noch zugeknöpft, genauso wie sein Hemd. Der Gürtel saß perfekt auf seiner Hüfte und die Hose war maßgeschneidert. Alles saß perfekt an ihm.
Ich wusste was er wollte. Er wollte genau das gleiche wie ich. Er blieb angezogen und ich würde mich vor ihm völlig entblößen. Kilrian will mich ficken. Noch komplett angezogen. Das einzige was frei von Stoff sein würde, war sein Schwanz, den er in mich versenken würde. Allein der Gedanke daran versetzte meine Libido in helle Aufregung.
Ich senkte meinen Blick und gab ihm dadurch zu verstehen, wie ich es wollte. Diesmal war ich derjenige, der gefickt wird, aber ich wusste mit Sicherheit, dass Kilrian dafür sorgen würde dass ich auf meine Kosten kommen würde.
Zuerst kam ich. Keine Ahnung wie oft er es mir noch besorgen würde. Er war Profi, war vom Fach. Niemand konnte ihm darin noch etwas beibringen. Kilrian würde sich selbst zurücknehmen, nur um mich im wahrsten Sinne des Wortes fertig zu machen. Erst dann würde er sich an mir befriedigen. Ich wusste er würde, während er seinen Orgasmus verarbeitete, aus großer Verzweiflung weinen. Das tat er dann auch. Da wurde mir wieder bewusst, wie wichtig ihm sein Vater und wie groß sein Verlust war.
Vor einem halben Tag hatte er seinen Vater beerdigt und ich wusste wie dankbar er mir war, dass ich an seiner Seite war. Dass ich ihm erlaubte sich fallen zu lassen.
Ich glaubte unser Leben würde einfach so weitergehen, doch ich hatte nicht mit ihm gerechnet. Nicht mit dem Mann, der mir schon vor so vielen Jahren die Waffe an die Brust gesetzt hatte.
Neujahr war gerade vorbei als er auf einmal vor mir stand.
Ich wusste nicht, wie ich das alles schaffen sollte. Kaum das ich in Deutschland zurück war, brach wieder alles über mich herein.
Wenigstens verlief der Flug recht harmonisch und ruhig. Ich hätte mit Sicherheit noch einen Anfall bekommen, wenn Chairman, mich für seine Dienste hätte bezahlen lassen. Dazu wäre ich wirklich nicht in der Lage gewesen. Ok, dass ich ihn irgendwann bezahlen musste, war klar. Aber nicht in diesem Moment und dieser Situation und schon gar nicht, während Tom im anderen Abteil ein Nickerchen machte.
Der Präsident gab sich damit zufrieden, dass ich ihm im Gegenzug erzählte, dass Tom mein Freund war.
Scheiße konnte der Flug nicht schneller gehen? Ich war so aufgekratzt, wenn nicht gar am Rande eines Nervenzusammenbruches. Der Präsident spürte meine inneren Konflikte und verzieh mir meine leichte Aggression. Aber scheiß drauf, ich war auch nur ein Mensch und ich könnte und müsste schon längst bei meinem Vater sein. Jede Minute die verging, brachte den Tod meines Vaters näher. Ich spürte es. Ich wusste es. Ich war mir sicher, ich würde meinen Vater in den letzten Sekunden seines Leben noch begleiten können. Nein, ich bettelte darum. Noch einmal in seine Augen blicken zu können. Ihm sagen zu können, wie sehr ich ihm dankbar war und wie sehr ich ihn liebte. Es musste einfach so sein. Und wenn Gott ein Herz hätte, dann würde er es mir gewähren, trotz meiner dunklen Seele. Und meine Seele war dunkel. Kein bisschen Reinheit war in ihr vorhanden. Sodom und Gomorrha konnten sich dahinter verstecken und im Scham versinken. Selbst dann war da noch genug Platz.
Sam wartete am Ausgang auf uns. Wie es aussah, kam er direkt von der Arbeit. Ich hatte keine Ahnung, wie die Schichten eingeteilt waren. Sam hatte das Ruder völlig übernommen. Dafür war ich ihm dankbar. Er war ein Schatz und ich konnte ihn mir einfach nicht mehr wegdenken. Was mir allerdings an die Substanz ging, waren seine Frotzeleien. Seine Stänkereien, doch ich ignorierte sie. Mein Vater war wichtiger. Ihn musste ihn sehen. Jetzt.
War der Flug schon lang, die Fahrt zum Krankenhaus dauerte noch länger, obwohl Sam sämtliche Abkürzungen nahm und der nächtliche Verkehr nicht mehr als ein Witz war. Es ging mir einfach nicht schnell genug.
Es war wie ein Hebel der umgelegt worden war. Kaum war ich in Deutschland so musste alles doppelt so schnell laufen. Am besten schon gleich gestern, anstatt erst morgen.
Kirre.
Ich musste innerlich lachen. Dieses Wort benutzte Sam so oft. Es war sein Lieblingswort und doch, spiegelte es meine Gefühlswelt so treffend wider.
Sam parkte das Auto und kaum, dass er den Motor abgestellt hatte, sprang ich schon raus. Mein Weg führte direkt ins Krankenhaus.
Der Pfleger am Empfang kannte mich bereits und sagte mir, dass mein Vater im gleichen Raum lag, wie sonst. Welche Ironie! Doch ich schüttelte meinen Kummer ab. Ich musste ihn sehen, daran führte kein Weg vorbei. Ich wusste, das es das letzte Mal sein würde. Woher? Fragt die Götter.
Vor der Tür blieb ich stehen. Sah ihn. Wie er dalag. Blass, abgemagert. Kaum fähig selbst zu atmen. Der Ton der Maschinen machte mich verrückt. Piep, Piep. In diesem Moment flehte ich Gott an.
„Hab erbarmen! Dieser Mann hat genug gelitten! Seit zehn Jahren kämpft er. Erlöse ihn endlich! - verdammt erlöse ihn. Egal welche Schuld er noch hat, ich werde sie tilgen. Für ihn.“, flehte ich inständig. Hatte aber kaum Hoffnung, dass ich erhört werden würde.
Ich betrat das Zimmer. Mein Herz pochte bis zum Hals. Bitte lass ihn noch etwas weiter leben. Er ist doch noch so jung. Absurd. Zuerst flehte ich Gott an, das er ihn erlösen sollte und im nächsten Moment das er weiterlebte. Aber letzteres war reiner Egoismus, meine Angst ihn zu verlieren.
Beugte mich über ihn und küsste seine Stirn. Papa schlug die Augen auf. Erkennen war in ihnen. Das hatte ich seit Jahren nicht mehr wahrgenommen.
„Kilrian!“ Ich sah, wie schwer er sich mit dem Reden tat.
„Nicht reden …
„Kilrian, danke Gott …
„Papa … Papa … Bitte …“ Er schloss die Augen. Er sah zufrieden aus. Ich spürte seinen letzten Atem.
„Papa ich liebe dich. Ich danke dir für alles, …
Noch einmal schlug er seine Augen auf. Hielt meine Hand fest in der seinen.
Tom trat hinter mich und gab mir den Halt den ich jetzt so dringend benötigte.
Der Blick meines Vaters fiel auf Tom und ich meinte in seinen Augen Erkennen sehen zu können, dass er verstand was Tom und mich verband. Er lächelte und er freute sich für mich. Es machte es ihm leichter zu wissen, dass ich jemanden an meiner Seite hatte. Noch ein letztes Mal, brachte er Kraft in seinen Händen auf. Drückte mich, und dann lag sie nur noch schlaff in der meinen. Sanft wie ein Stückchen Porzellan bettete ich sie neben ihn.
Keine Minuten später kamen die Pfleger hereingestürzt und wollten anfangen ihn zu reanimieren. Ich schüttelte nur den Kopf und meinte: „Lasst ihn. Es ist genug!“
Meine Mutter die sich die ganze Zeit die Augen ausgewischt hatte, wollte auf mich zutreten. Ich wusste, dass sie es mir noch jahrelang vorhalten würde, doch ich hatte nur Augen für Tom.
Die Sterne hatten Erbarmen mit mir. Sie erlaubten mir noch ein letztes Gespräch mit meinem Vater. Es konnte aber auch meine Einbildung sein. Ich wusste es nicht. Nur der gleichbleibende schrille Ton der mich die ganze Zeit begleitet hatte, drang unaufhörlich in mein Ohr. Er gab mir Frieden.
Ich trat aus dem Zimmer, suchte Tom. Er war hinter mir und sah wie er mir leicht zunickte. Er verstand.
Die Beerdigung ging rasch über die Bühne. Alle waren anwesend. Nur Sascha und Kyel hatten, wie Tom und ich keinen Flug bekommen. Aber sie sagten, dass sie so bald wie möglich herkommen würden.
Ich blickte aus dem Fenster. Es waren harte Tage gewesen. Für jeden musste ich stark sein. Für meine Mutter. Für meine Geschwister. Die Beileidsbezeugungen hörte ich kaum noch und die Karten legte ich ungelesen auf den Stapel zu den Blumen. Es interessierte mich alles nicht. Kurz schwenkte ich den Wein im Glas und nippte daran. Es war ein guter Wein und doch schmeckte ich ihn nicht. Genauso wie ich vom Essen nichts geschmeckt hatte.
Mein Herz schlug nur noch um mich am Leben zu halten. Dennoch war ich leer. Ich fühlte nichts. Nicht das kleinste bisschen. Kalt, tot, so wie mein Vater. Ich wollte weinen, schreien, irgendetwas kaputt schlagen. Nur um zu wissen, dass ich noch so etwas wie Gefühle besaß. Dieser Verlust brachte mich um den Verstand.
Sicher hatte ich in den ganzen letzten Jahre, oft damit gerechnet, dass es bald soweit sein würde. Jeden Tag auf einen Anruf von Mutter oder vom Krankenhaus gewartet. Jeden Tag hatte ich diese enorme Anspannung gespürt. Jeden Tag hatte ich dieses Wissen mit mir herumgeschleppt, das Papa eigentlich schon längst tot war und nur die Maschine ihn am Leben erhielt. Und jetzt spürte ich davon nichts mehr. Es war vorbei. Papa war tot. Gegangen für immer. Die Last auf meiner Schulter war verpufft. Eigentlich musste ich jetzt erleichtert sein, war ich aber nicht.
Tom trat auf mich zu und nahm mich im Arm. Er war so zärtlich. Plötzlich wurde es mir bewusst, wie sehr ich ihn brauchte. Mein Blick wanderte zu dem Tisch, dann zu dem, der in der Ecke stand. Ich sah ihn telefonieren. Gott hatte er mich damals schon angemacht. War geil auf ihn. Ich wollte ihn schon damals, so wie ich ihn jetzt wollte. Schnappte mir seine Hand und zog ihn zu meiner Wohnung. Er wusste was ich vor hatte. Tom sperrte auf ohne meine Hand loszulassen. Stieß die Tür mit seinen Fuß zu. Ich selbst rieb meinen Hintern an ihm. Spürte bereits seine Härte. Langsam und nach der Musik tanzend, die nur ich hörte, entzog ich mich ihm. Löste meine Krawatte. Das Ding nervte. Konnte ich noch nie leiden.
Tom beobachtete mich die ganze Zeit und ich viel in Trance. Tanzte weiter nach der Musik in meinem Kopf. Meine Seele, mein Innerstes. Ich horchte in mich, war nicht da. Sah nur Tom. Er lächelte. Tanzte auf ihn zu. Streichelte ihm über die Brust. Über die Arme. Hatte nur Augen für ihn und hörte nur die Musik. Meine Musik, die sich in mir aufbaute, die ich an Tom ausließ und am Ende, war ich dankbar, als er mich nur in seinen Armen hielt.
Tom stand mir bei, gab mir das was ich brauchte. Überließ mir die ganze Zeit die Oberhand. Es war seine Art, mir seine Liebe zu zeigen. Mir immer und immer wieder zu vergeben, wenn ich abfällig wurde, brutal oder das Unmöglichste von ihm verlangte.
Die letzten Tage waren sehr schwer und nur mit ihm konnte ich sie überstehen. Was hätte ich gemacht, wenn er nicht da gewesen wäre? Ich wusste es nicht.
Langsam stellte sich im Hotel der Alltag wieder ein. Sam hatte sich seinen verdienten Urlaub genommen, obwohl er es nicht wollte. Er war der Meinung, er habe noch sehr viel Arbeit, aber Mario stellte diesbezüglich auf stur. Also blieb ihm nichts anderes übrig. Nur erwischte ich Sam immer mal wieder, wie er durch das Hotel huschte um irgendetwas wichtiges zu 'erledigen'. Nun ich möchte kein Mäuschen sein, wenn Mario ihn darauf ansprach. Mario konnte manchmal wirklich eine verdammte Zicke sein.
Auch, wenn mir Tom jeden Wunsch von den Lippen ablas, so blieb einer unerfüllt. Er hatte mir mein Handy, das ich nur für meinen Job benötigte abgenommen. Und da blieb er stur.
Auf der einen Seite gab ich ihm recht. Innerlich. Auf der anderen wiederum nicht. Sicherlich sollte ich meine Trauer erst verkraften, hinter mich bringen. Aber wie hatte ich meine Gefühlswelt immer in Ordnung gebracht? Ich stürzte mich in die Arbeit. Fokussierte mein ganzes Leben aufs Hotel. Da gehörten eben meine 'Kunden' mit dazu. Das Geld, was ich da verdiente, ging zum größten Teil mit ins Hotel. O.K. Auch hatte ich meiner Mutter bei der Pflege von Papa damit kräftig unter die Arme gegriffen. Eigentlich hatte ich immer alles bezahlt. Selbst die Beerdigung ging ausschließlich auf meine Kosten. Papa war es mir wert.
Ich stand am Weiher und ließ meinen Blick über das verschneite, gefrorene Wasser streifen. Ließ meinen Gedanken freien Lauf …
Ich auf allen Vieren. Vor mir stand Raphael, hinter mir bediente sich Clancy …
Weiter zurück, genau wie jetzt auch, waren meine Gedanken im nirgendwo als ich in die Limousine gezerrt wurde. Meine Arme wurden festgehalten und 'First' bediente sich. Fetzen der Erinnerungen schwabbten über mich herein und ich bekam eine tiefliegende Erkenntnis. Ich war kaputt. Meine Seele war in Abermillionen Teile zersprungen. Dass ich mir diesen Weg ausgesucht hatte, es mir selbst angetan hatte spielte dabei wahrscheinlich die entscheidende Rolle. Es war der Tropfen, der das Zerspringen meiner Seele erst auslöste.
'First' hatte mich zudem gemacht, der ich jetzt war. Ein kaputter Mensch. Ein Mensch, dem es nichts mehr ausmachte, wenn er misshandelt wurde, wenn er Schmerzen erlitt, wenn er gedemütigt wurde, wenn er freiwillig seinen Willen aufgab.
Was war ich nur für ein Mensch? Von außen betrachtet glücklich und zufrieden, stark und mutig. Aber wie war ich innerlich? Genauso? War ich glücklich darüber, was mit mir passierte. Nein glücklich darüber war ich nicht. Zufrieden, davon konnte keine Rede sein. Ich nahm es hin. Ich hatte es schon vor sehr langer Zeit akzeptiert, das Zeth ein Teil von mir ist. Das ich Zeth bin und immer sein werde. Zeth ist das Spiegelbild meiner Seele.
Kilrian existierte schon lange nicht mehr.
Ich betrachtete das weiße Etwas weiter. Automatisch griff ich in meine Jackentasche. Holte die Zigaretten heraus und zündete mir eine an. Blies den ersten Rauch aus und verfolgte den Dunst, bis er sich völlig aufgelöst hatte. Kurz lächelte ich. Eigentlich war ich doch sehr zufrieden, mit meinem Leben, denn hätte ich Tom sonst kennengelernt. Wohl kaum.
Tom wäre kein Teil meines Lebens geworden. Genauso wenig wie all die anderen, denen ich begegnet war.
Sam, würde er jetzt für mich arbeiten? Diese Frage konnte ich mir ohne Schwierigkeiten beantworten. Nein. Sam wäre wahrscheinlich jetzt irgend so ein Heterosnob oder würde allenfalls im geheimen seine Gelüste in irgendwelchen Nachtbars ausleben, nur um den äußerlichen Schein zu wahren. Ich wagte mich zu erinnern, dass er mal erwähnt hatte, das seine Eltern ihn zwangsverheiraten wollten.
Ich schweifte weiter ab. Sascha würde ich kennen, mit ihm ging ich in die gleiche Klasse, bis er damals nach Amerika ausgewandert war und ich auf das Internat ging. Sascha, auch er hatte seine dunkle Vergangenheit.
Kyel würde ich wahrscheinlich nicht kennen und wenn, dann würde ich ihn mit ganz anderen Augen sehen, aber nicht als ehemaliger Freier 'Sire' und höchstwahrscheinlich hätte ich seine Vorlieben beim Sex nie herausgefunden. Wenn ich es getan hätte, hätte ich mich in Grund und Boden geschämt. Ich würde 'Blümchensex' im dunklen Kämmerchen vorziehen und wechselnde Partner als inakzeptabel ansehen. Ganz besonders die Praktiken die Kyel mit Sascha manchmal auslebte. BDSM, Dom, Sub? Nie! Und wenn, dann nur in der geheimsten Fantasie für die ich mich vor mir selber schämen würde. Aber so hatte ich es selbst zu genüge erlebt. Erst letztens kam meine masochistische Ader wieder zum Vorschein und es graute mir, wenn ich nur daran dachte. Ich hasste Schmerzen. Ein bisschen turnt an, aber das was ich von Tom verlangt hatte, … war eindeutig zuviel. Ich musste es wieder gutmachen. Tom war einfach nicht der Typ dafür und der Idiot hatte sich hinreisen lassen. Sich überreden lassen.
Was war mit meiner Mutter? Wie würde ich sie jetzt sehen? Mit den gleichen Augen? Die Frage erübrigt sich ebenfalls. Ja, ich konnte diese Frau nicht leiden. Sie war so selbstgefällig und verlogen. Opferte sich jahrelang für Papa auf und fickte gleichzeitig ihren Gärtner weiter. Nun opferte ist wohl etwas übertrieben. Sie hatte Papa in ihr Haus aufgenommen um ihn dort pflegen zu können. Aber wer bezahlte das alles? Strom, Wasser, die ganzen Lebenserhaltungskosten. Die Krankenfahrten ins Krankenhaus und die Medikamente? Ich. Tja hätte ich es gekonnt, wenn ich nicht zu Zeth geworden wäre? Wohl kaum. Das Geld hätte ich nicht gehabt und Papa hätte keine zehn Jahre überlebt. Und somit kam ich zum Hotel. 'Hotel Schwanenteich'. Ich musste schmunzeln. Das Hotel hätte ich gar nicht mehr. Es wäre den Bach runtergegangen und nur noch eine Ruine seiner selbst wäre übrig geblieben oder ein anderer reicher Investor hätte sich dem Hotel angenommen.
Ich schnippte die Zigarette weg, versteckte meine Hände tief in den Taschen. Meine Finger waren bereits klamm und ich fror, doch ich ignorierte es. Meine Gedanken drifteten weiter ab. Wie war ich überhaupt so geworden? So wäre ich sicherlich nicht, wenn ich ihm nicht begegnet wäre. Ich wäre irgendjemand, aber nicht der, der ich jetzt bin. Dieses wandelnde Elend.
Aber ich wollte jetzt nicht daran denken … Trotzdem überfiel es mich.
Die Erinnerung brach über mich herein. Der Tag, an dem ich ihm das erste Mal begegnete.
Nachdem ich mich ihm hingab und er seinen Saft tief in mich gespritzt hatte, wurde ich aus dem Auto gezerrt und landete halbnackt auf dem Asphalt.
Saubere Designerschuhe traten in mein Blickfeld und einer von den Männern, die mich festgehalten hatten, zog mich am Schopf hoch.
“Der Boss erwartet dich morgen.”, er schob mir eine Visitenkarte zwischen die Zähne und grinste hämisch. “Erscheine, … ist nur ein guter Rat von mir.
Die Limousine verschwand aus meiner Sicht und ich richtete mich auf. Zog mich wieder an und ohne nachzudenken führten mich meine Füße zurück zum Weiher.
Auch damals blickte ich über das ruhige Wasser und meine Gedanken schweiften in weite Ferne ab.
Mir war nicht klar, dass dieser Mann mich vergewaltigt hatte. Er sagte, dass er mir einen Weg zeigen würde, wie ich dies alles schaffen konnte. Er machte mir Hoffnung. Ich ließ mich auf ihn ein.
Bewusst mied ich das Hotel anzusehen, welches hell erleuchtet war. Ging meinen Weg nach Hause. Welches Zuhause? Ich hatte keins. Das Hotel war bereits in der Insolvenz. Verstanden was das wirklich bedeutet, hatte ich nicht. Verstanden vielleicht schon, aber so richtig begriffen? Wie wollte ein sechzehnjähriger es richtig begreifen? Gar nicht! Aber ich klammerte mich an meinem Gefühl fest.
Meine Gedanken zogen mich weiter zurück. Ich war vielleicht acht oder neun und ein Galaabend war geplant gewesen. Papa zwängte mich in ein Sakko, welches er extra für mich hatte anfertigen lassen. Selbst mein Bruder und meine Schwester waren von ihm rausgeputzt worden und ich fühlte mich wie ein Prinz. Ja. Ich fühlte mich groß, dazugehörig. Immer wieder ließ er uns die Benimmregeln aufsagen und als er sich von uns abwandte, erstrahlt er in einem gleißenden und doch sanften Licht. Es war, als ob er sich von einer Sekunde zu der Nächsten, verwandelte. Auf einmal war er nicht mehr mein Papa. Er war ein Graf, ein Herzog und selbst sein Lächeln war nicht mehr von dieser Welt.
An diesem Abend hatte ich für meine Geschwister keine Zeit mehr. Ich hatte nur noch Augen für meinen Vater. Ahmte jede einzelne seiner Bewegung nach und konnte seinen Stolz richtig in meiner Brust spüren. Prägte mir sämtliche Begrüßungsformeln ein und am Ende stand ich vor meinem Spiegel und verzog meine Lippen, zu eben diesem Lächeln, welches mein Vater den ganzen Abend für seine Gäste übrig hatte. Ein Lächeln dass die Menschen für ihn einnahm, ein Lächeln dass ich heute noch trage und dem ich mit Sicherheit einen großen Teil meines Erfolges zu verdanken hatte.
Ich wandte mich von dem Hotel ab und bejahte meinen Entschluss.
Ich würde diesen Weg gehen, den mir der Mann gezeigt hatte und ja ich würde mich prostituieren, denn es war der letzte Ausweg, um diese eine Erinnerung, die mir so stark im Gedächtnis geblieben war zu erhalten.
Eines Tages wollte ich auch der Herr dieses Hotel sein und im Mittelpunkt aller stehen.
Hätte ich gewusst, was alles auf mich zukam, hätte ich vermutlich den Schwanz eingezogen und hätte wie ein verschreckter Hund das Weite gesucht.
Ich drehte mich vom dem verschneiten Weiher weg. Mein Blick blieb am Hotel haften. Wieder schmunzelte ich innerlich. Ich hatte viel erreicht und auch, wenn ich diesen Mann verabscheute und mehr Angst vor ihm hatte, als vor dem Tod. So hatte ich ihm viel zu verdanken. Ich wäre heute nicht da, wo ich jetzt bin.
Nichts im Leben war nur schwarz oder weiß wie es auf den ersten Blick erscheinen mag. Wäre ich damals nicht den Schritt gegangen, wäre ich nie im Leben in der Lage gewesen meinen Vater zu unterstützen und sein Andenken in Ehren zu halten. Ich hätte auch nicht viel gelernt über guten Sex, würde die Raffinessen eines guten Liebhabers nicht kennen. Wahrscheinlich wäre ich mehr oder weniger zufrieden mit dem normalen 08–15 Sex, aber ich hätte nie gelernt Tom immer wieder in diese höchsten Höhen zu katapultieren, ihm diese ultimative Lust zu schenken, die dem Mann zustand den ich mehr als alles andere auf der Welt liebte. Auch wenn ich auf den einen oder anderen Freier gut hätte verzichten können, so hatten die Meisten mein Leben irgendwie bereichert, mir viel gegeben. Und damit meine ich nicht den Hurenlohn.
Das alles war, nein, ist mein Leben. Ich bereute es nicht.
Silvester und Pyrotechnik vom feinsten. Kilrian hatte an nichts gespart. Die Gäste hatten sich auf dem Parkplatz versammelt und blickten in den Nachthimmel und verfolgten das glänzende Farbenspiel der explodierenden Raketen. Jede von ihnen war einzigartig, vollkommen, wie eine Offenbarung. Farben die du jedes Jahr siehst und doch erkennst du bei jeder etwas Neues. Die letzte war die Krönung. Ein Schwan. Wer diese Rakete entwickelt hatte, war ein Meister.
Kilrian stand etwas abseits, von Entspannung keine Spur aber wenigstens hatte er ein zufriedenes Lächeln auf den Lippen. Nahm die Danksagungen freudig entgegen. Wünschte den Gästen ein frohes neues Jahr und noch einen angenehmen Aufenthalt. Für mich sah es aus wie einstudiert. Es kam nicht von Herzen. Das war nicht er.
Neben ihm stand Sam und sein Cousin. Das der nicht nur Page war, sondern auch sein Cousin, begriff ich erst sehr viel später. Und das er eigentlich auch kein Page war, sondern Kunststudent, noch sehr viel später. Er hatte das Ölgemälde gemalt, das in Kilrian´s Wohnzimmer hing und das mich so sehr begeisterte.
Viele Stunden diskutierten Mario und ich über dieses Bild. Immer wieder wehrte er ab und sagte: „Ach das ist doch nichts Besonderes. Es entstand aus einer Laune heraus. Ich wollte es mal versuchen.“ Von Sam erfuhr ich, dass er sonst wirklich nur zeichnete. Es war egal, welchen Stift oder Kreide er in der Hand hielt, immer kam etwas Besonders auf das Blatt. Mit nur einem Bleistift zeichnete er eine Landschaft lebensecht und hautnah. Er hatte keinen festen Stil an dem man ihn erkennen würde. Seine Bilder sahen teilweise wie schwarzweiß Fotos aus, keine erkennbaren Linien, kein Strich war zu erkennen, beim nächsten wollte er, dass es wie eine Zeichnung aussah, dann sah man das auch oder wenn er Buntstifte in der Hand hatte, dann stand man wirklich inmitten einer Straße oder in einem Wald.
Das Bild hatte ich photographiert und Kyel gemailt. Prompt kam zurück, dass ich mit dem Künstler einen Termin ausmachen sollte und dass er sich das Ölgemälde unbedingt selbst ansehen wollte. Und ob es noch andere in diesem Format gab. Immer ganz der Geschäftsmann.
Nachdem auch der letzte Gast sich zu seiner wohlverdienten Nachtruhe begeben hatte, trat ich an Kilrian heran. Er stand an der Rezeption. Rieb sich die Augen vor Müdigkeit. Es war heute auch wirklich ein anstrengender Tag, selbst für mich, obwohl ich die meiste Zeit in Kilrians Wohnung war. O.k. Ich will ja nicht so daherkommen, als ob ich gar nichts gemacht hätte. Aber ich hatte zu wenig Ahnung vom Hotelgeschäft um ihm eine wahre Hilfe sein zu können, aber ich würde lernen um ihn stärker entlassen zu können.
Letzte Woche hatte ich mir das Gebäude angesehen, in dem Kyel seine Zweigstelle errichten wollte. Vorsichtig hatte ich bei ihm angefragt, ob er einen leichten Hau hatte. Ob er sich darüber im Klaren war, wie baufällig die Hütte war, und dass die Stadt sie eigentlich für den Abriss freigeben wollte, da sich niemand die immensen Kosten für eine Sanierung leisten konnte oder wollte. Er sagte nur, dass das Gebäude abgerissen werden sollte und er halt ein neues bauen würde.
Gott der Typ hatte einen mega Hau. Ein Hammerwerk der besonderen Sorte. Gut er hatte mich damit wieder einmal verarscht. Er wollte tatsächlich das Gebäude von Grund auf renovieren. Nun gut, was blieb mir anderes übrig. Kyel hatte das Grundstück bereits gekauft. Ganz nebenbei meinte er, dass er bereits im Sommer eröffnen wollte. Das Lachen blieb mir tief im Halse stecken.
Allein die Renovierung würde bis weit in den Herbst dauern, so dachte ich zumindest. Aber ich hatte mich geirrt. Kyel wusste bereits, wie es um das Gebäude stand und wenn ich etwas weiter überlegt hätte, wäre es selbst mir aufgefallen, dass Kyel kein Gebäude kaufen würde, was wirklich einsturzgefährdet war. Bereits zwischen Weihnachten und Neujahr war in den Räumen die neuen Stromleitungen gelegt worden, neue Fenster eingebaut und man konnte sehen, dass Kyel die Rechnungen pünktlich zahlte. In meinem Leben hatte ich noch nie einen Arbeiter so schnell und präzise arbeiten sehen, wie sie es für ihn taten. In der Regel zogen sie es in die Länge bis es nicht mehr ging nur um noch mehr Geld zu machen.
Auch ich hatte inzwischen die Hände voll zu tun. Da ich bis jetzt der einzige Mitarbeiter der Zweigstelle war, lag es an mir, geeignetes Personal zu suchen und vor allem zu finden. Aber dazu erst später. Meine Gedanken schweiften ab.
Ich trat neben Kilrian der sich mit einer jungen Frau unterhielt und ihr noch einige Anweisungen gab. Sich danach verabschiedete und mich mit seinen tiefen dunklen Augen musterte. Ich sah, wie er seine Stirn etwas in Falten zog, sich leicht über die Lippen leckte und länger als gewohnt sein Blick auf meiner Körpermitte ruhen ließ. In mir kippte ein Schalter um. Von jetzt auf gleich durchzog mich sein lüsterner Anblick. Seine jetzt schon fast schwarzen Augen hatten mich in ihren Bann gezogen. Er ging an mir vorbei und mir war, als ob er einen Duft von sich gab, der nur für mich bestimmt war, der mich lockte, zu ihm hinzog, egal wie weit ich weg war. Wie ein Schmetterling, von Pheromonen magisch angezogen und ohne Chance sich dagegen zu wehren.
Sein Wecker klingelte. Ich brauchte nicht aufzuschauen um zu wissen wie spät es war. Kilrian schlug auf das nervende Ding. Sofort verstummte es.
„Heute ist Neujahr. Irgendwie habe ich noch kein Auge zugetan, …“ Er kicherte, also war er auch noch wach. Wie sollte man auch schlafen können, wenn der Orgasmus erst wenige Minuten her war.
„Wie kommts?“ Oh Kilrian wieder so scheinheilig. Sanfte Lippen auf meinem Nacken.
„Stehst du auf?“
„Nein! - heute ist Feiertag und um die wenigen Gäste können sich die anderen kümmern. Außerdem kommt heute keine Lieferung. Und vor allem, sind fast 40 Stunden Wachzustand selbst für mich anstrengend.“
„Ach davon habe ich aber bis eben nichts bemerkt!“ Er boxte mir in den Rücken.
„Halt die Klappe, ich will schlafen.“
„Dann hättest den Wecker nicht stellen sollen, denn ich war schon eingeschlafen.“
„Blödochse!“ meinte er nur noch und schon vernahm ich ein leises Schnarchen. Kilrian schlief. Lange dauerte es nicht und ich folgte ihm.
Nur hatte ich das Gefühl das ich nicht all zulange geschlafen hatte, denn Sam kam polternd in das Schlafzimmer. Gleichzeitig erschraken Kilrian und ich. Aber Kilrian bewegte sich nicht. Ich hörte ihn nur tief einatmen.
„Kil ich brauche die Autoschlüssel!“
„Warum? Willst du mein Auto wieder zu Schrott fahren?“
„Nein! Anna hat wieder so ein Familiendingens und mein Auto springt nicht an. Wahrscheinlich war ein Marder drin.“
„Stimmt ja, das Neujahrsessen! Sag, ich komme heute nicht, …!“
„Vergiss es!“, mischte sich jetzt Mario ein, der hinter Sam getreten war.
„Du weißt, wie Mama drauf reagiert. Jetzt warst du Weihnachten schon nicht da und dann willst du das Neujahrsessen sausen lassen. Vergiss das mal genauso so schnell, wie es dir eingefallen ist.“
„Ja, ja, schon gut. Die Schlüssel liegen im Flur, …“
„Ach und beweg deinen Arsch aus dem Bett, das Essen ist in einer Stunde.“
„Gott nicht einmal richtig ausschlafen kann man.“„Tja, wenn du nicht die halben Nächte rumpimpern würdest, dann könntest du auch mal ausschlafen.“ Kilrian setzte sich auf. Sein Blick war zornig.
„Mario! Damit ich vielleicht etwas kürzer treten kann, sollte ich vielleicht mal anfangen, die Kosten für das Zimmer in Rechnung zu stellen, das du seit mehr als einem Jahr bewohnst. Immerhin ist das eine VIP Suite.“ Sam verdrehte die Augen und verließ das Schlafzimmer.
„Ach komm mir nicht damit!“
„Und du kommst mir nicht mit dem anderen.“ Die drei auf einem Haufen und es knallte immer. Ich sah es Mario an, dass er mit dem Nebenjob von Kilrian absolut nicht einverstanden war. Auch sah ich seinen abfälligen und gleichzeitig fragenden Blick, wenn er mich sah. Ich konnte verstehen, warum er so fühlte.
Vor gar nicht langer Zeit, konnte ich es mir selbst nicht vorstellen, aber jetzt wo ich mittendrin war …
„Mario ist so eine Bussi!“, schnaubte Kilrian. Ächzend stieg er aus dem Bett, streckte sich dermaßen durch, dass ich die Gelenke krachen hörte.
„Ich denke, er liebt dich!“ Jetzt lachte Kilrian los.
„Ja, tut er. Er sieht in mir seinen großen Bruder. Und ist immer der Meinung mich beschützen oder für mich einstehen zu müssen.“
„Ist das nicht normalerweise andersherum?“
„Nun für Mario nicht. Er war, als er noch ein Kind war immer auf andere angewiesen. Er hasste es. Wollte nicht, dass man ihn auf die Toilette hob, seinen Hintern säuberte, ihn abwusch oder ihm beim Anziehen half. Niemand durfte es. Er hatte nur mich an sich herangelassen. Auch war ich da, als er aus der Narkose erwachte und ich hatte ihm geholfen, Laufen zu lernen. Ich hatte ihn immer wieder angetrieben und jetzt ist er der Meinung mich beschützen zu wollen. Weil er denkt mir etwas zurückzahlen zu müssen.“
„Aber das braucht er nicht!“, sagte ich und Kilrian schüttelte den Kopf.
„Nein braucht er nicht!“ Kilrian liebte Mario. Das sah man ihn an. Die Welt könnte untergehen, selbst wenn Mario mit einem Messer auf ihn zugehen würde, Kilrian würde immer für ihn da sein.
Auf der Fahrt zu Marios Elternhaus, schweiften meine Gedanken ab. In den letzten Tagen hatte ich ein auf und ab bei Kilrian erlebt. Seine Gefühlswelt war nicht nur durcheinander, sie war so etwas von kaputt. Es war unübersehbar, ganz besonders als ich an den Sex zurückdachte. Seitdem das passiert war, so hatte ich das unbeständige Gefühl, hielt Kilrian sich zurück. Er sich zurückzog, sich in sich selbst einschloss. Selbst letzte Nacht, es war nicht so wie es sonst immer mit ihm war. So langsam bekam ich Angst, dass er es als ein Muss, eine Verpflichtung ansah.
Verdenken konnte ich es ihm nicht. Seine Entführung war kaum zwei Wochen her. Clancy hatte ihn über Stunden misshandelt. Auf die brutalste Weiße vergewaltigt und ausgepeitscht. Ich glaube kaum, dass es an ihm einfach so spurlos vorüberging. Auch wenn er es immer wieder abtat. Sich stark gab und immer wieder betonte, dass er schon schlimmeres erlebt hatte.
Nun an mir ging es auch nicht spurlos vorüber. Seitdem ich das Video gesehen hatte, musste ich stetig daran denken. Hatte mir dabei sogar selbst einen runtergeholt oder holte mir einen runter, wenn er bei einem Kunden lag. Ich verstand mich selber nicht, aber es erregte mich. Sah ihn, sah den Schatten, der ihn nahm. Konnte nicht anders. Ich wollte unbedingt mal mit dabei sein. Kilrian zuschauen, wie er es einem Kunden besorgte. Wie sein Gesicht war, seine gesamte Körperhaltung. Ich kam einfach nicht drum rum. Jede Nacht träumte ich davon es einmal Live mitzuerleben. Ihn in den Armen eines anderen zu sehen. Scheiße! Was machte Kilrian nur mit mir. Das durfte er nie erfahren. Niemals!
Die Fahrt zu Marios Familie dauerte nicht lange. Das Haus in denen sie wohnten war 'normal', O.K. Eigentlich hätte ich es ja wissen müssen, das nicht alle, so wie Kyel Kastner in Geld schwammen. Marios Mutter war sehr freundlich und zuvorkommend. Als sie Kilrian sah, hatte sie ihn sofort in ihre Umarmung gezogen. Was mir allerdings auffiel, war, wie kühl er sich gegenüber seiner eigenen Mutter verhielt. Aber ich würde ihn nicht darauf ansprechen. Schon gar nicht, als sie mich mit hochgezogenen Augenbrauen musterte und so etwas, wie, 'noch so einer' von sich gab. Sie verschwand ins Wohnzimmer. Was sie damit meinte, erfuhr ich gleich drauf, als ich in die Küche kam, wo Kilrian und Sam, die dies wohl mitbekommen hatten, standen.
„Sie kann Menschen die etwas mehr Geld im Geldbeutel haben nicht leiden.“
„Nein! Sie kann dich nicht leiden, Sam, weil du ein Höllesing bist und Tom kann sie nicht leiden, weil sie bei der Beerdigung erfahren hat, das ich schwul bin und Tom mein Freund ist. Mich kann sie nicht leiden, weil ich mich von ihr abgewendet habe, und ganz besonders, weil ich ihr den Geldhahn zugedreht habe.“ Sofort hatte er einen Klaps auf den Hinterkopf bekommen.
„Rede nicht so über deine Mutter, …“, ermahnte ihn Anna. Auf jeden Fall war die Sache gleich wieder vergessen, als Marios Mutter uns in das Wohnzimmer verfrachtete.
Nun, wenn ich Vergleiche anstellen sollte so musste ich zugeben, Marios Familie und Kyels Familie waren sich so ähnlich. Sie feierten beide ausgelassen und liebten das Leben. Das Essen war vorzüglich, der Wein auch wenn es eine billigere Variante war, als ich sie gewohnt war, war ein Genuss. Er schmeckte mir sogar besser, als der teure von Kyel oder der, der in Kilrians Keller gelagert wurde. Aber der Whiskey, der haute rein und vor allem, Kilrian vertrug ihn wohl recht schlecht.
Erst nachdem seine Mutter sich vor Stunden verabschiedet hatte lebte er so richtig auf. Es war ein Genuss für meine Augen. Der an sonst immer so beherrschte Kilrian Ford ließ all seine Zurückhaltung fallen. Und trotzdem hatte er so etwas Britisches an sich. Ich tippte, nachdem ich den steifen Tanzstil gesehen hatte, auf die schottische Highlands. Es fehlte wirklich nur noch der Kilt und der Dudelsack. In mir regte sich etwas. Es war eine wunderbare Vorstellung, nein es wäre eine Erscheinung, Kilrian in so einem Kilt zu sehen. Ob er da unten drunter was trug? Scheiße der Kerl machte mich an. Nein, Kilrian würde da nichts drunter tragen. Er hatte auch sonst so fast nie Unterwäsche an.
Man war ich froh, als wir endlich nach Hause fuhren. Mario fuhr und unterhielt sich mit Sam. Sehr gut folgen konnte ich den beiden nicht. Dieser Dialekt den sie hatten war zu grausam für meine Ohren. Ich schaltete ihre Unterhaltung aus. Kuschelte mich an Kilrian, der irgendwo zwischen gut und böse war. Immer wieder platzierte ich sanfte Küsse auf seine Stirn und er bedankte sich indem er leise vor sich hin brummte.
Sam parkte mein neues Auto, das von Kyel gesponsert wurde, auf Kilrians Parkplatz. Manchmal fühlte ich mich wie ein Schmarotzer. Zuerst ließ Kyel mich in seinem Büro übernachten, dann baute er die obere Etage seiner Firma für mich aus, und jetzt hatte er mich auch noch befördert und stellte mir sogar einen fahrbaren Untersatz zur Verfügung. Und dann wohnte ich jetzt bei Kilrian, der sich zudem noch ums Essen und trinken kümmerte. Ich hatte absolut keine Ausgaben. Mein Geld ruhte auf meinem Konto. Vorerst.
Sam und Mario halfen mir Kilrian aus dem Auto zu befördern. Er war eingeschlafen und ich glaubte sogar, dass nicht einmal eine Bombe ihn hätte wecken könnte. O.K. Kilrian wurde dann doch noch wach und versuchte, so gut es ging, sich selbst auf den Beinen zu halten, was mit der Tatsache nicht vereinbar war, dass er etwas zu viel getrunken hatte, und sich deshalb als äußerst schwierig darstellte.
Sam, der Kilrian umgriffen hatte, kichert und erzählte etwas von einem Déjà-vu, an dass er sich gerade erinnerte, nur dass es damals ein dicker Mann gewesen war.
„Lach net! Ich weiß immer noch nicht, wie du das gemacht hast.“ Sam schien Mario nicht gehört zu haben und fing plötzlich laut an zu lachen.
„Mario, du warst so sauer, … du hattest gemeint ich sollte mich beeilen, sonst würde der Gast in die Lounge kotzen, … und, … und wenn es im Zimmer passierte, es die Putzfrau … - Dein Gesicht, … ich krieg mich nimmer ein.“ Die beiden frotzelten sich noch den ganzen Weg bis in Kilrians Schlafzimmer an.
Nachdem ich Kilrians in Bett verfrachtet hatte ging ich an die Bar im Gastraum. Mein Freund hatte mir einen Strich durch die Rechnung gemacht. Eigentlich war ich darüber nicht einmal böse. Man muss ja nicht immer und jeden Tag und jede Nacht Sex haben.
Bestellte mir einen Cognac. Bekam nicht mit wie ich Löcher in die Luft stierte. Selbst der Barkeeper, den ich heute zum ersten Mal hier im Hotel sah, vermied es mit mir ein Gespräch anzufangen. Auch nahm ich es nicht gleich wahr als sich einer neben mich setzte und das gleiche bestellte wie ich.
Nur eine mir allbekannte Stimme, die ich liebend gerne vergessen hätte, holte mich aus meinen Gedanken die nur aus Leere bestanden. Manchmal tat es einfach gut an nichts zu denken. So wie jetzt.
Langsam wandte ich den Kopf ihm zu. Betrachtete ihn, schloss meine Augen. Schüttelte mit dem Kopf. Warum in Gottesnamen konnte sich die Hölle nicht auftun und diesen Mann einfach mal so mir nichts dir nichts zu verschlucken. Ich wäre bestimmt nicht böse darüber, wenn es passieren würde und rief den Barkeeper zu mir.
„Geht auf mich.“ sagte er.
„Wer sagt denn, dass ich zahlen will. Außerdem brauche ich deine Almosen nicht.“ Der Barkeeper wollte mir etwas einschenken, aber ich nahm ihm die ganze Flasche ab. Stand vom Hocker auf und suchte mir einen anderen Platz. Weg, ich wollte nur von diesem Mann weg.
„Tom die Flasche kostet 230 €. Ich glaube kaum, dass du sie dir leisten kannst.“, meinte er mit einem abfälligen Grinsen.
„Und wenn? Kann dir egal sein!“ Wie immer ignorierte er mich. Ich hatte einen Platz gefunden und setzte mich. Doch er war mir gefolgt und setzte sich wieder neben mich.
„Verdammt! Was willst du von mir?“
„Nur etwas trinken, in deiner Gesellschaft. An meinem Geburtstag hast du mich nur gemieden, und bist sogar ohne dich zu verabschieden gegangen. Das kenne ich gar nicht von dir!“
„Dad hör damit auf, …“
„Thomas ich habe Krebs!“ Schock! Was? Der macht sich nur über mich lustig. So ein mieser Kerl kann kein Krebs bekommen. Krebs bekommen immer nur die guten Menschen.
„Hodenkrebs!“ Ich konnte mir gerade so eben noch einen Kommentar verkneifen. Gottes Mühlen mahlen langsam aber gerecht. Vor allem dass der Krebs seine Männlichkeit angegriffen hatte, war ein Zeichen dafür dass es doch noch so etwas wie Gerechtigkeit gab. Sollten sie, sie ihm doch abschneiden. Vielleicht würde damit auch sein Sadismus weggeschnippelt. Aber allzu viel Hoffnung hatte ich da nicht. Er würde immer ein Sadist bleiben und, wenn er selbst keinen mehr hoch bekam würde er einen seiner Gorillas abkommandieren um für ihn die sadistische Ader auszuleben.
„Ich bin nach Deutschland gekommen um mich hier operieren zu lassen.“
„Na dann. Wünsche ich ein gutes Gelingen.“
„So kalt bist du nicht. Das bist nicht du“
„Dad, wie soll ich mich dir gegenüber sonst verhalten? Sag mir das!“ Ich stand wieder auf schnappte mir die Flasche und ging in die Richtung in der Kilrian´s Wohnung lag. Mein Vater folgte mir weiter, vor der Tür blieb ich stehen.
„Ich würde mich gerne hinlegen.“ sagte ich, steckte den Schlüssel in das Schloss und war dabei aufzuschließen.
„Privat? Schläfst du hier? Gehört das Hotel dir?“ Ich schüttelte den Kopf.
„Nein, das Hotel gehört mir nicht, es gehört einem Freund. Gute Nacht.“
„Woher kennst du Kilrian Ford?“ Also jetzt wurde er mir zu neugierig. Ich schaute ihn kalt an.
„Gute Nacht.“, mir war so als ich noch einmal in sein Gesicht blickte, als ob er in sich hineingrinste. Ich schloss die Tür hinter mir.
Tief atmete ich ein, strich mir mit der Hand durch die Haare.
„Shit, konnte der nicht in einem anderen Hotel einchecken. Natürlich nicht. Hotel Schwanenteich hatte eben einen Namen und ich musste ihm hier begegnen.“ Schaute die Flasche Cognac in meiner Hand an. Darauf hatte ich jetzt keine Lust mehr. Zog mich aus und legte mich zu Kilrian.
Sofort spürte ich seinen Arm auf meinem Oberkörper und ich schmiegte mich an ihn. Nur an Schlafen war nicht mehr zu denken. Vor allem, weil dieser Mann unsere Abmachung nicht einhielt.
Es war einfach nicht auszuhalten. Warum kam er extra zu mir? Ein Anruf hätte auch genügt.
Wie immer klingelte mein Wecker zur gleichen Zeit. Ohne hinzusehen schlug ich drauf. Eigentlich wäre das Aufstehen absolut kein Problem, nur die sieben Zwerge hinter den sieben Bergen führten eine Operette mit einschlagenden Tenorgesängen auf.
Scheiße nicht nur das Gehämmer machte mir zu schaffen, sondern mein Magen war ebenfalls der Meinung in diesem Schauspiel unbedingt eine tragende Rolle spielen zu müssen, dazu noch der fahle Geschmack in meinem Mund. Automatisch griff ich neben das Bett und suchte die Mineralwasserflasche. Nach ewigen Sekunden fand ich sie. Setzte an. Wenn ich gestern gewusst hätte, wie heute das Wasser schmecken würde, hätte ich zu dem Whiskey nie ja gesagt. Man war das Wasser plötzlich lecker. Der anhaltende ekelhafte Alkoholgeschmack blieb trotzdem. Sofort setzte ich noch einmal an.
Mein Verstand war gewillt, aus dem Bett zu steigen, nur meine Glieder verweigerten auf unerhörter und bestialische Weise den Befehl. So fiel ich wieder nach hinten und noch im selben Moment war ich wieder eingeschlafen.
Irgendwann kitzelte etwas in meinen Augen und ich schlug sie auf. Helles Sonnenlicht drang durch das Fenster. Seit wann war es früh um vier schon so hell? Wie eine Furie saß ich aufrecht im Bett. Schaute auf den Wecker. Es ging auf Mittag zu. Scheiße.
Ich schwang mich aus dem Bett und sofort machte sich mein angeschlagener Gleichgewichtssinn bemerkbar. Nur dank eines Reflexes konnte ich mich rechtzeitig am Nachttisch festhalten.
Bloß nicht zu schnell bewegen, das könnte sonst in die Hose gehen, kam mir der rettende Gedanke. Langsam richtete ich mich auf. Die Natur rief und ich folgte ihr ins Bad. Feuchte Luft, Duschgelduft gepaart mit Tom´s eigenem Geruch haftet noch in dem Raum. Unwillkürlich musste ich schmunzeln.
Ich hatte mich schon so sehr daran gewöhnt, dass er hier war. Bei mir wohnte. Sein Leben mit mir teilte. Es war ein angenehmes, ein warmes Gefühl. Bereits nach dieser kurzen Zeit, ich konnte ihn mir nicht mehr wegdenken.
Ich stand unter der Dusche als er hereinkam und die Glastür auf die Seite schob.
„Hatte ich doch richtig gehört, dass du von den Toten erwacht bist.“ sprach er in Deutsch. Wieder musste ich schmunzeln. Seit er hier in Deutschland war, versuchte er sich nur noch in unserer Sprache zu unterhalten.
„Ich habe gekocht, also wenn du dann mal soweit bist, …“
„Gekocht? Ich habe doch gar nichts da.“
„Ist mir auch schon aufgefallen, dass in deinem Kühlschrank nur gähnende Leere herrscht. Deshalb war ich heute schon einkaufen und dein Auto habe ich auch schon geholt.“
„Warum machst du dir die Mühe. In der Küche gibt es doch genügend zu Essen.“
„Ich habe aber keine Lust immer á la Card zu essen.“ Irgendwie kam mir das sehr bekannt vor. Sam und Mario waren genauso. Obwohl sie Kost und Loge frei hatten, gingen sie regelmäßig einkaufen. Ich nickte nur und deutete an, dass ich bald fertig war.
Ich hätte nicht gedacht, dass Tom so gut kochen konnte. Nun ja, immerhin war er fast immer Single gewesen, da lernt man das wohl und er musste sich auch noch um Kyel Kastner kümmern, der in seinen Augen nichts anderes als ein überdimensionales Baby war. Natürlich war das von Tom als Scherz gemeint.
„Sascha wird nicht mit nach Deutschland kommen. Er sagt, dass er eine Patientin hat, die unbedingt seine Anwesenheit benötigt. Kyel hat einen Flug bekommen. Er wird morgen ankommen und ich habe natürlich wieder die liebevolle Arschkarte gezogen und darf ihn vom Flughafen abholen. Na wenigstens hat sich das Wetter etwas gebessert.“, er stand auf und räumte das Geschirr weg. „Er hofft, dass du noch ein Zimmer für ihn hast.“
„Immer noch ganz der vorbildliche Sekretär!“, kicherte ich. „Ich muss erst in die Buchung schauen, ob ein Zimmer das seinem Standard entspricht zur Verfügung steht. Wenn nicht werden Sam und Mario ausgecheckt, …“ Tom grinste.
„Na die werden sich bestimmt darüber freuen.“ Noch eine Zeitlang trieben wir unsere Scherze darüber und es konnte einfach nicht normaler sein.
Kurz drauf hatte ich mit Sascha über Skype ein Gespräch. Er erzählte mir das gleiche, wie Tom. Nun gut. Nach dem Gespräch raffte ich mich endlich auf und ging an die Rezeption. Mario war nicht da und von Sam fehlte auch jede Spur. Vielleicht nutzten sie ihren Urlaub um mal mit Ruhe einen Ausflug zu machen. Warum auch nicht.
Ich suchte das VIP One Zimmer auf dem PC als ich plötzlich den Namen 'Jonas Selter' las, auf den es gebucht war, … mir wurde schwarz vor den Augen. Mein Herz pochte bis zum Hals und Schweiß bildete sich auf meiner Stirn. Ich musste kräftig schlucken. Schloss meine Augen um diese ununterdrückbare Übelkeit in den Griff zu bekommen. War das jetzt ein Scherz? Wenn ja, dann war das einer von der übelsten Sorte, auf die jeder verzichten konnte.
Stark musste ich an mich halten und las seine Buchung. Erleichterung machte sich in mir breit, als ich sah, dass er bereits in den frühen Morgenstunden das Hotel wieder verlassen hatte. Meine aufgestauten Hormone jubelten. Gott sei Dank da lag ich noch im Bett, wenn ich mich aufgerafft hätte und wäre aufgestanden, … ich wollte mich da nicht rein steigern. Je weniger ich mit diesem Mann zu tun hatte, umso besser war es. Eigentlich wollte ich mit ihm überhaupt nichts mehr zu tun haben. Er sollte von der nächsten Brücke springen und den Asphalt als Wasser ansehen. Aber so sicher wie er in Deutschland war, denn es gab niemanden mit dem gleichen Namen, war es, dass er mich zu sich rufen würde. Scheiße ich steigerte mich doch zu arg darein. Noch hatte er nicht angerufen und es müsste Weihnachten und Ostern auf einen Tag fallen, bevor ich auch nur ein einziges Mal noch diese beschissene Nummer selbst wählen würde. Lieber legte ich mich auf die Schienen und wartete bis das ein Zug kam.
Dieses Zimmer gab ich zur Reinigung frei und sperrte es für künftige Buchungen. Auch wenn es mir schwer fiel zu wissen, wer vorher drinnen war und es dann einem guten Freund zu überlassen, aber es war das beste Zimmer das ich hatte. Kyel hatte einen Sonderstatus. Wäre er nicht mit Sascha verheiratet, so müsste er den Preis dafür zahlen. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass ich mehr Leute hier umsonst wohnen ließ, als ich Gäste hatte die für die Zimmer zahlten.
Es dauerte noch eine ganze Weile bis ich den Schock, den ich durch den Namen bekommen hatte, verdaut hatte. Um ehrlich zu sein, es verfolgte mich noch den ganzen Tag. Er mag zwar ausgecheckt haben, aber sicher, dass er nicht noch einmal vorbeikam, um irgendetwas zu holen oder um mich kontaktieren zu wollen, war ich mir nicht. Ich war mir sogar sicher, das er bereits versucht hatte mich anzurufen, aber dadurch , dass Tom mein Handy konfisziert hatte, war das unmöglich. In dieser Hinsicht war ich ihm sogar mal dankbar. Aber langsam musste ich mich von seiner Bemutterung abkapseln. Das Leben ging weiter und ewig den trauernden Sohn spielen konnte ich mir auf Dauer nicht leisten.
Jones war so unberechenbar. Dieser Tag war meine persönliche Hölle. Innerlich aufgekratzt und um zu vermeiden, dass ich es an meinem Personal ausließ, verzog ich mich in mein Büro. Wenigstens konnte ich mich dann auf die etwas unliebsamen Arbeiten konzentrieren. Rechnungen durchgehen, die Sam mir allerliebst immer unter die Nase rieb. Obwohl ich ihn für zwei Kalkulationen pro Monat eingestellt hatte bekam ich sie mittlerweile wöchentlich. Manchmal sogar täglich. Er sollte Mathematiker werden und auf irgendeiner Universität für hochbegabte unterrichten und keinen auf Arzt studieren.
Ich hasste solche Tage. Und ich hatte recht. Wieder lag eine E-Mail von Sam in meinem Postfach. Er arbeitete sogar wenn er Urlaub hatte.Ich wollte sie ignorieren, aber ich war dennoch neugierig. Sehr viel anders als wie die letzte Kalkulation, konnte sie wohl nicht sein.
Nun ich hatte mich geirrt. Die letzte Hochrechnung sagte noch etwas von 200 000 €. Jetzt hatte es sich aufsummiert. Ungefähr auf das doppelte. Das konnte doch wohl nicht wahr sein. Das konnte echt nicht wahr sein.
„Hi Kil, ich weiß nicht wie du das Handhaben willst, aber wenn du wirklich die Renovierung in Angriff nehmen willst, musst du auf die Bank gehen.
Wie du siehst, hat sich die Rechnung erhöht. Es sind noch einige zwingend notwendigen Arbeiten hinzugekommen und zudem seit dem 1.1 gilt die neue Mindestlohnabgabe. Der Stromanbieter hatte seine Konditionen erhöht und inzwischen musste ich neun Zimmer rausnehmen. Die Gäste hatten sich beschwert, weil es zu kalt war. Und es war wirklich arschkalt in den Zimmern. Ach, da du gestern zu klinisch warst. Der Fahrstuhl auf der rechten Seite hatte sich auch ins Nirvana verabschiedet.“
Ich nahm das Telefon in die Hand und rief Sam an. Fragte ob er sich schon mit den Firmen in Verbindung gesetzt hatte. Er bejahte. Sie wollten noch heute im Laufe des Tages kommen. Kurz blickte ich auf die Uhr. Nun heute kommen sie wohl nicht mehr. Es ging schon zügig auf Feierabend zu oder waren sie bereits dagewesen? Also stemmte ich mich von meinem Sessel hoch und machte mich auf den Weg in den Keller. Die Sanitäranlagenarbeiter waren nicht da und repariert war auch noch nichts. Die Heizung war im Moment wichtiger als der Fahrstuhl.
Wie ich dann sah, war die Pumpe wieder einmal im Arsch. Kein Wunder das die Zimmer kalt waren und die Heizungen nicht ansprangen. Es gab dann auch kein warmes Wasser. Gott und das in einem Fünfsterne Hotel. Was für ein Ruf der mir vorauseilt. 'Hotel Schwanenteich' und Heizung kaputt. Echt super. Ich nahm mir vor, keine Auslandsreisen mehr zu machen. Nie wieder. War ich mal nicht da, ging alles drunter und drüber. Aber jedes mal.
Ich ging zurück zur Rezeption und nahm alle Zimmer, die an dieser Heizung angeschlossen waren raus. Mein nächster Weg führte in meine Wohnung wo ich meinen Blaumann rauskramte. Soviel ich wusste, musste ich noch eine Pumpe haben und Pumpen austauschen, darin war ich inzwischen Profi.
Manchmal könnte ich wirklich heulen. Besonders an solchen Tagen. Während ich mich auf die Heizung stürzte, mir über die Stirn rieb denn sie pochte höllisch, fluchte ich schlimmer als eine Giftspritze.
„Das ist ja eine ganz neue Seite von dir.“ Mir fiel vor Schreck das Werkzeug aus der Hand. Drehte mich um und blickte in ein schmunzelndes Gesicht.
„Tom! Scheiße! Erschrecke mich nicht so.“ Er musterte mich. Seine Mundwinkel zuckten. „Was machst du hier?“
„Ich habe Sam gefragt wo du bist. Er hat mich durch das ganze Hotel gejagt bevor er meinte, dass du eventuell im Keller sein könntest.“ Ah ja.
„Nun, das hier wird mich noch eine Zeitlang in Anspruch nehmen.“
„Warum holst du dir niemanden? Dann würde es schneller gehen. Außerdem bist du der Chef, du brauchst dich nicht, …“
„Tom. Wenn ich alles richten lasse, dann bleibt mir am Ende nichts mehr übrig und Pumpen austauschen ist wohl wirklich keine große Sache.“
„Das hört sich an, als ob du das nicht das erste Mal machst.“ Ich schüttelte den Kopf. Er schmunzelte immer noch. Wenn ich nicht so tierische Kopfschmerzen hätte, wäre ich sofort darauf angesprungen.
„Nein! Ich habe drei Heizboiler, … vier. Und sie haben die Eigenheit, wenn eine repariert ist, dass dann die nächste den Geist aufgibt.“ Allerdings sind die schon so veraltet, dass ich mehr Geld in die Ersatzteile reingesteckt habe, als was eine komplett neue Heizanlage kosten würde. Ich drehte mich wieder der Heizung zu. Nahm aber aus den Augenwinkel wahr wie er auf mich zutrat. Er mich umgriff und im nächsten Moment seine Hand auf meinem Schritt lag. Auch wenn ich es mehr oder weniger ihm angesehen hatte, so war es doch überraschend. Ich zog scharf die Luft ein. Er drückte mich an sich. Sanft und in gleichmäßigen Rhythmus spürte ich seinen immer härter werdenden Schwanz der sich an mir rieb. Jetzt war ich es, der schmunzelte. Trotz Kopfschmerzen war die Abwechslung mir sehr willkommen. Bewegte mich in seinen Rhythmus. Als ob ein Schalter in meinem Kopf umgelegt wurde, verschwanden die Kopfschmerzen. Inzwischen spürte ich seine andere Hand auf meiner Brust. Wie seine Finger versuchten, meine Brustwarzen zu berühren. Ich selbst zog den Reißverschluss des Blaumannes auf, schlüpfte aus den Ärmeln, damit Tom besser rankam. Er fuhr mit seiner Hand unter mein Shirt und zwickte meine Nippel. Kurz stieß ich ein Keuchen aus. Drehte mich um, suchte seinen Mund. Tom war wie ausgehungert. Verschlang mich fast. Er biss mir in die Lippe, in die Zunge. Leckte über meinen Hals. Ich selbst suchte mir den Weg in seine Hose. Hantierte an seinen Gürtel, öffnete die Hose und griff rein. Ich schloss meine Augen, er hatte Shorts an. Ich hasste es, wenn noch ein Fetzen Stoff über meiner Gier lag.
Er ließ von mir ab.
„Wie war es, von wegen und neue Hosen kaufen?“, stänkerte er. Ich fühlte die Scham in mir hochsteigen als ich mich daran zurückerinnerte, als ich das von ihm verlangt und dann auf brutalste Art mit ihm geschlafen hatte.
„Tschuldige, ich, … ich, … wollte es nicht!“ Er gluckste. Gab mir keine Gelegenheit, weiter in meiner Scham zu versinken. Ließ mich vergessen. Ich fühlte nur. Wollte ihn spüren. Wieder hatte ich die Kontrolle abgegeben. Bekam nur mit, wie er mich hochhob, ich meine Beine um seine Hüfte schlang. Er mich an die Wand drückte. In mich eindrang und mich mit sanften Stößen für sich beanspruchte. Mich mit einer Zärtlichkeit hochjagte, die ich noch nicht gekannt hatte. Mir den Himmel auf Erden bescherte. War der letzte Fick hart, schmerzhaft. So war dieser das totale Gegenteil.
Warum hatte Gott so ein Einsehen? Hatte ich ihn wirklich verdient?
Nur noch ein 'Tom' brachte ich zustande. Wie ein Äffchen klammerte ich mich an ihn. Atmete mit ihm im Gleichtakt und wartete bis mein Höhepunkt abflachte. Tom hielt mich fest an sich gedrückt. Sanft küsste er mich. Lächelte mich an. Aber seine Augen sagten etwas anderes. In ihnen lag eine Wahrheit. Die ich bis jetzt immer von mir geschoben hatte.
„Langsam fängst du an zu verstehen, was es bedeutet geliebt zu werden.“
Bis jetzt hatte ich Sex als Sex angesehen. Eine körperliche Notwendigkeit die ab und zu gestillt werden musste. Wie war mir egal. Ob Gefühle dabei waren oder nicht. Aber Tom hatte mir die Augen geöffnet. Er wollte mit mir Sex haben, nicht weil ich es nötig hatte oder er, sondern weil er mich liebte. Mit ihm war es soviel mehr als nur Sex. Tom liebte mich. Mehr als sein eigenes Leben.
Mit Tom´s Hilfe hatte ich die Pumpe bald ausgetauscht und wir waren auf dem Rückweg als mein Handy losging. Überrascht blickte ich ihn an. Ich dachte, dass er es irgendwo ausgeschaltet versteckt hatte. Nachdem Papa beerdigt war, klingelte es ständig. Tom sah, dass ich es ignorierte und hatte sich seiner angenommen. Kurze Zeit später, sagte er dann zu mir, dass ich erst die Trauer überwinden sollte, bevor ich mich wieder in die Arbeit stürzte. Ich hatte mich trotzdem wieder in die Arbeit gestürzt. Das Hotel verlangte meine volle Aufmerksamkeit. Ich war dankbar, dass er es getan hatte, denn ich hätte mich nicht noch auf meine Kunden konzentrieren können. Schon gar nicht, nachdem ich im Bett ziemlich aggressiv war.
„Du hast mein Handy die ganze Zeit bei dir?“ Er nickte. Ich sah, wie er sich auf die Lippen biss. Es mir ohne etwas zu sagen zurückgab.
„Das Ding nervt gewaltig. Allein in den letzten vier Tagen hatten mindestens zwanzig Kerle angerufen. Mit komischen Namen, … ach du Scheiße! Und du bedienst sie alle?“ Ok ich glaubte zwanzig war wohl etwas übertrieben von Tom, aber so vier oder fünf waren es bestimmt.
„Einer ruft ständig an und schreibt dir Nachrichten, … “ jetzt wurde mir mulmig. Gut Tom wusste über mich Bescheid, hatte sich damit, nein musste sich damit arrangieren, dass ich Typen bediente, aber dass er meine SMS las, Nein!
„Hast du sie gelesen?“ Er schüttelte mit den Kopf. Gott sei dank!
„Nein, mir langt das Wissen, dass du mit ihnen … Ich will ihre Wünsche nicht auch noch lesen. Außerdem kenne ich deine Pin nicht.“ Ich selbst hatte noch keinen Nerv dafür und steckte das Handy mir in die Hosentasche.
Wie auf Abruf, so als ob es wirklich nur darauf gewartet hätte, ging es erneut los. Tom drehte sich von mir weg und ich holte es wieder raus. Ein kurzer Blick genügte und ich wusste wer anrief.
Meine Angst stieg an. Meine Hand zitterte. Nur mit großer Mühe konnte ich das Handy halten. Sekunden vergingen, die mich immer weiter in die Dunkelheit zogen. Ich hatte es geahnt, gewusst. Es war kein Zufall, dass er hier eine Nacht übernachtet hatte. Es war eine Warnung. Ich zählte seine Anrufe, es waren nicht wenig. Genauso viele SMS.
Auf dem Weg zurück redete Tom über die neue Firma die gegründet werden sollte. Über die ihn überfordernde Bürokratie in Deutschland und über das unmögliche Verhalten einiger Banken die unbedingt als Teilhaber fungieren wollten. Nur einige Fetzen wie, 'von wegen es sind gute Konditionen. Die wollen nur Geld machen und wenn es mal hart auf hart kommt, lasse sie einem fallen wie eine heiße Kartoffel.' Eigentlich bekam ich gar nichts davon mit, was er sagte. Ich rang mit mir selbst. Vor allem Rang ich damit, Tom zu erklären, dass ich heute Abend nicht daheim sein würde. In der Regel wäre es kein Problem, aber der, der mich zu sich gerufen hatte, war eine Nummer, die ich am liebsten totgeschwiegen hätte. Vor allem fühlte ich mich mental nicht stark genug ihm gegenüber zu treten. Und Stärke brauchte ich um nicht seiner Dominanz erwehren zu können. So schwach wie ich mich gerade fühlte hatte ich Angst dass er mich zerbrechen könnte wie einen trocknen Strohhalm.
„Tom ich habe heute ein geschäftliches Essen.“ An der Tür zur meiner Wohnung blieb er stehen. „Es war kurzfristig. Nun ich muss mit einen Sponsor reden.“, log ich. Tom zeigte auf mein Handy, das ich immer noch in der Hand hielt.
„Und er ist ein Kunde!“
„Ja!“
„Ah!“ ich fuhr mir mit der Hand durch die Haare.
„Für was brauchst du einen Sponsor?“ Shit wie erklärte ich denn das jetzt.
„Ähm … er ist auch auf einer Bank im Vorstand und ich brauche wohl oder übel einen Kredit.“
„Kredit?“ Ich nickte. Ich fühlte mich so schlecht dabei ihn zu belügen. Gleichzeitig wurde mir kalt. Ich spürte wie meine Fingerspitzen immer kälter wurden. Das Blut in meinem Körper hatte sich verabschiedet. Aber ich musste Tom anlügen. Ich musste zu ihm.
„Also ein hohes Tier!“ Wieder nickte ich. Tom schaute mich nur an, sagte aber nichts mehr dazu. Ich hoffte wirklich das er meine Lüge nicht durchschaut hatte. Nie im Leben konnte ich ihm sagen, dass ich zu jemanden fuhr, der meinem Leben die entscheidendste Wende überhaupt gab. Einem Mann der noch mehr Einfluss auf mich hatte als der den ich liebte.
Ich machte mich fertig. Tom stand bereits mit den Autoschlüssel an der Tür und verabschiedete sich. Im gleichen Atemzug entschuldigte er sich, das er mich nicht fahren konnte, weil er zu seinem Vater fuhr. In den letzten Wochen hatte ich nichts über seine Familie gehört. Ich wusste nicht einmal, ob er noch eine Mutter hatte oder Geschwister. Tom sprach eigentlich sehr wenig über sich. Auch hüllte er sich in Schweigen darüber wie er seine Kindheit verbracht hatte. Im großen und ganzen war er für mich immer noch ein undurchsichtiger Nebel. Ich wusste nichts von ihm.
Aber wahrscheinlich brachte das mein Nebenjob mit sich. Du sagst nichts, ich sage nichts. Regel 2 keine private Ambitionen oder Informationen. Nur Sex. Aber das wenige dass ich von Tom wusste, hatte mir gereicht. Dachte ich zumindest. Aber jetzt ertappte ich mich dabei, dass ich jetzt, nachdem er seinen Vater erwähnt hatte, ziemlich neugierig wurde.
Nachdem Tom gegangen war, rief ich mir ein Taxi. Sam zu ordern das er mich fuhr, kam nicht infrage. Immerhin hatte er noch Urlaub, den er eh nicht nahm.
Ich stieg ins Taxi und gab dem Fahrer die Adresse die First mir genannt hatte.
Gott, was war das für ein stressiger Tag. War ich so froh, endlich nach Hause fahren zu können. Nach Hause, was? Ja das Hotel Schwanenteich war mein Zuhause. Kilrian hatte mich gerne aufgenommen, hatte mir gar keine andere Wahl gelassen und jeder Tag der verging war besser als der Vorherige.
Gestern noch hatte er sich geweigert aufzustehen. Heute kam er wegen dem vielen Alkohol den er getrunken hatte nicht aus dem Bett. Immer wieder spitze ich ins Schlafzimmer. Richtete die Decke, die ihm ständig runterrutschte oder betrachtete einfach nur seinen nackten Körper. Wenn er auf dem Bauch lag, sog ich jede Einzelheit seiner Rückeansicht in mich. Strich mit den Fingern die Narben nach oder streichelte über seinen Hintern. Wenn er auf seinem Rücken lag, betrachtete ich seine Brustwarzen, seinen leicht angedeuteten Sixpack, seinen schlaffen Schwanz. Vor allem betrachtete ich aber sein schlafendes Gesicht. So sanft, ruhig und friedlich. Solange, bis Gänsehaut auf seiner Haut erschien. Erst dann deckte ich ihn wieder zu und musste fluchtartig das Zimmer verlassen, sonst hätte ich für nichts mehr garantieren können.
Ich wusste nicht, wie oft ich dieses Spiel spielte, aber ich war fast dauernd im Schlafzimmer und deckte ihn zu. Natürlich war ich auch zwischenzeitlich Einkaufen, führte Telefonate und kochte. Räumte auf, denn wie es aussah, reinigte die Putzkolonne nur das was zum Hotel gehörte aber nicht Kilrian´s Privatbereich.
Nun als ich dachte ich könnte dieses Spiel ständig weiter spielen und ich mich wieder einmal auf dem Weg ins Schlafzimmer befand, hörte ich die Dusche laufen. Ich betrat das Bad. Sah ihn unter der Dusche stehen. Schob die Glastür auf und erblickte ein leicht schmunzelndes Gesicht.
In dem Moment hätte ich alles dafür gegeben zu wissen an was er dachte. Warum er so fröhlich war. Es war ansteckend.
„Hatte ich doch richtig gehört, dass du von den Toten erwacht bist.“ Er grinste breiter. Nickte leicht. Wahrscheinlich grinste er über sich selbst, weil er immer mehr von seiner coolness verlor. Der immer arbeitende Chef. Perfektionist über alle Maßen. Manchmal glaubte ich sogar, dass Kilrian und Kyel sich die Klinke in die Hand gaben, wenn es darum ging Geld zu verdienen. Die Beiden standen sich in Sachen Arbeit in nichts nach.
Es war einfach köstlich wie ihm seine Gesichtszüge entglitten, als ich ihm offenbarte das ich gekocht hatte, aber er nickte abermals.
Auch, wenn das gemeinsame Essen herrlich war und wir danach mit Ruhe abräumten hatte auch mich die Arbeit doch fest im Griff. Mein Handy klingelt ununterbrochen, noch dazu Kilrian´s. Es machte mich wahnsinnig. Ganz besonders seins. Immer, wenn ich drauf schaute, sah ich in den letzten Tagen nur einen Namen. Der musste wirklich sexuellen Notstand haben.
'First', was für ein Name, welche Bedeutung mochte er haben? Der war nicht besser wie Zeth. Nun gut, auch wenn Kilrian den Anschein aufbrachte, keine Kunden bedienen zu wollen, so bekam ich dennoch ein schlechtes Gewissen. Er war eben Zeth und oft hatte er verlauten lassen, dass er das Geld bräuchte, das er als Callboy verdiente.
Der Tag verging schleppend. Ständig war etwas anderes in der Firma zu erledigen, wenn es denn mal eine Firma werden sollte. Viele Möchtegerninvestoren kamen und gingen. Wollten ihre Werbung mit anbringen. Hatten dort Einfälle und hier Ideen. Ständig hielt ich mit Kyel Rücksprache, aber hauptsächlich beschränkte ich mein Augenmerk auf die künftigen Einstellungen. Noch war es Januar aber es würde nicht lange dauern, dann wäre es Juli. Juli! Ein halbes Jahr um ein Gebäude zu renovieren, Leute einzustellen und das Geschäft zum Laufen zu bringen. Kyel lebte in seiner eigenen Fantasiewelt.
Man war ich geschafft als ich mein Auto abstellte, es abschloss und durch den Hintereingang in unsere Wohnung ging. ´Unsere Wohnung` das hörte sich so gut an. Kilrian war nicht da. Hatte ich auch nicht anders erwartet. Ging erstmals an den Kühlschrank und holte mir ein Bier raus. Das war besser als Wein. Es belebte den Geist und den Körper. Ok es ließ einem wieder runterkommen. Pflanzte mich auf die Couch, schloss meine Augen und ließ den Herrgott einen guten Mann sein.
Danach stieg ich unter die Dusche. Den ganzen Tag im Auto, das Geschwätz der Leute und das stetige Gebimmel des Handys raubten mir den letzten Nerv. Dennoch war mir langweilig. Kilrian fehlte mir. Ich hatte mich so an seine Anwesenheit gewöhnt, das selbst fünf Minuten ohne ihn mir wie eine Ewigkeit vorkamen.
Überall fragte ich nach wo der Chef sein konnte. Niemand wusste es so richtig. Ich wurde in sein Büro geschickt. Leer. In die Küche. Er war nicht da. In den Zimmern, in denen die Heizung ausgefallen waren, auch nicht. Hinter der Bar, … bis mir Sam über den Weg lief und ich ihn fragte.„Wenn er nirgends zu finden ist, dann ist er entweder in seiner Wohnung, im Sauna Bereich oder wahrscheinlich im Keller. Ruf ihn einfach an, dann kannst du ihn fragen!“ Ok anrufen, an das hatte ich auch schon gedacht, wollte ich aber nicht. Ich wollte ihn überraschen. Keine Ahnung warum, aber mir war danach. Nun in seiner Wohnung war er auf jeden Fall nicht, sonst wäre er mir über den Weg gelaufen also ging ich in den Keller.
Schon von Weitem hörte ich ihn. Wieder bemerkte ich eine ganz neue Seite an ihm. Fluchen. War er sonst so ruhig und beherrscht. Jetzt beschimpfte er die Heizung auf das Übelste. Wörter die er in täglichen Leben nie in den Mund genommen hätte, … O.K. Doch einige Sachen die er von sich gab, nahm er nur allzu gerne in den Mund. Aber Diskriminierung oder homophobische Anwandlungen waren mir neu. Zum Glück war es nur die Heizung, die ihm nichts entgegnete. Höchsten ihre Weigerung sich reparieren zu lassen. Aber wahrscheinlich sollte er mit ihr anders reden, so wie Parker, Kyel´s Onkel, es gerne mit seiner „Süßen“ tat.
Ich trat näher heran und schon allein den Anblick den er mir bot. Herrgott, konnte er nicht immer in diesem Arbeiteranzug herumlaufen. Am besten noch ohne Hemd. Seine rasierte Brust für jeden sichtbar. Die Hosenträger, die leicht über seiner Brust lagen und wie sie die kleinen Nibbeln reizten. Ein Träger rutschte ihm über die Schulter und lag locker auf dem Arm. ER würde bestimmt jedem zum Schwärmen bringen. Nicht nur Männer auch Frauen, würden sich ihren nassen Träumen hingeben.
„Meine Fresse Sissilein zier dich nicht. - jetzt hab dich nicht so und geh raus du Schwanzlutscher, … „ holte mich Kilrian wieder aus meinen eigenen feuchten Träumereien.
„Das ist ja eine ganz neue Seite von dir.“ Er erschrak. Sein Schraubenzieher flog ihm aus der Hand und landet polternd auf dem Boden. Kurz blickte er mich mit starren schwarzen Augen an, bückte sich und hob sein Werkzeug wieder auf.
„Tom! Scheiße! Erschrecke mich nicht so. - Was machst du hier?“, Kilrian fragte mich noch einige andere Sachen, die ich irgendwie beantwortete, aber eigentlich nicht mehr fähig war auf deren Inhalt zu achten. Sein Anblick, in diesem Blaumann, hatte mich aus der Fassung gebracht. Ich wollte es sehen. Live.
Er hatte sich wieder über die Heizung gestürzt und so etwas wie ein Anflug von Eifersucht machte sich in mir breit. Ich konnte es nicht zulassen, dass diese Maschine mehr Aufmerksamkeit bekam, als ich.
Ich umgriff ihn, drückte ihn an mich, fuhr sanft über seinen Schaft. Sofort spürte ich, wie es ihn erregte. Auch ein kehliger Ton vernahm ich und ich fühlte mich bestätigt. Kilrian wollte es. Aber war er wieder er selbst oder hielt er sich immer noch zurück. Sex mit ihm war immer wieder neu. Neu für mich. Ich öffnete den Klipp seines Latzträgers. Fuhr mit meinen Finger über seine Brust. Erfühlte die kleine Erhebung und zwickte rein. Kilrian konnte sich nicht mehr lange zurückhalten. Er selbst nahm meine Bewegung auf. Rieb sich an mich. Nebenbei knöpfte er sich das Hemd auf. Schälte sich aus dem anderen Träger. Zog das Hemd aus. Wie immer, wenn ich sie sah musste ich über sie streichen. Seine Narben. Sie waren blasser geworden. Fuhr mit meiner Zunge über die Striemen. Wieder kam ein tiefer Ton aus seiner Kehle. Dadurch dass ich weiter von ihm weggetreten war und etwas Luft zwischen uns herrschte, rutschte sein Blaumann über seine Hüfte. Ich hatte das Gefühl, dass er etwas schmaler geworden war. War ja auch kein Wunder. Es hätte mich wirklich gewundert, wenn die Tage bei Clancy, das Fieber und die Trauer um seinen Vater spurlos an ihm vorübergegangen wären. Er machte auf stark, dennoch war er innerlich zerrissen. Zerbrochen, wenn nicht gar tot. Ich wusste es nicht. Ich wusste nur eins, dass ich für ihn da sein wollte. Egal, was noch auf uns zukommen mag. Ich liebte diesen Mann. Kilrian Ford, Zeth, … wie auch immer er sich nannte. Ich liebte ihn nicht nur mit meinem Körper. Ich liebte ihn mit jeder Faser meines Körpers und jetzt schrie ich es hinaus.
Sein Eingang war bereit, ohne dass ich viel zu machen brauchte. Erfühlte seine Stelle. Kilrian erstickte fast an dem Gefühl. Hatte leichte Schwierigkeiten sich auf den Beinen zu halten. Hielt sich an der Heizung fest. Ich sah, wie seine Hände mit Öl verschmiert waren. Vorhin waren sie noch sauber. Wer weiß, wo er schnell halt gesucht hatte.
Ich selbst hatte mich von meiner Hose befreit. Drehte Kilrian um. Gott hatte er einen geilen Schwanz. Trat wieder näher zu ihm. Suchte sein Stück und umgriff ihn und mich mit einer Hand. Seine Härte und meine pulsieren im Gleichklang. Er griff in meinen Nacken, zog mich an sich, unsere Zungen berührten sich. Spielten ihr eigenes Spiel. Währenddessen befreite er sich vollständig von seinen Schuhen und Klamotten.
Kilrian war bald soweit, viel brauchte es nicht. Er hielt sich nicht zurück. Er ließ sich fallen. Ließ mich machen. Das war nicht Zeth. Vor mir war jemand, der den Genuss des Sexes mit seinem Herzen erlebte. Auch war er nicht darauf bedacht, es mir zu besorgen. Er wusste instinktiv, dass ich kommen würde. So wie Sex sein sollte. So wie es die Natur wollte.
Ich hob ein Bein von ihm hoch. Gab ihm meinen Arm als Stütze. Behutsam drang ich in ihn. Kilrian schloss seine Augen. Leckte über seine Lippen. Keuchte den Dehnungsschmerz in meinen Hals. Krallte sich an mir fest und schlang, als ich fast in ihm drinnen war, sein anderes Bein um mich. Sein Gewicht übernahm das letzte Stück. Sanft und nicht fordernd nahm ich ihn. Ich fickte ihn nicht. Ich liebte ihn. Unterdrückte er beim letzten Mal, als ich ihn hart nehmen musste den Schmerz. So war er diesmal leise, keuchte nur in meinen Hals oder in den Mund.
Eigentlich wollte ich mit Kilrian noch einen netten Abend verbringen. Fernsehen oder einfach etwas auf der Couch kuscheln, bis es Zeit war ins Bett zu gehen. Aber mein Vater machte mir einen Strich durch die Rechnung. Er wollte unbedingt mit mir auf seinem Landsitz essen. Inständig hoffte ich, dass der Krebs voll zuschlagen würde und ich nicht zu ihm müsste. Allerdings, offenbarte Kilrian mir, dass es mit dem Abend eh nichts geworden wäre, weil er zu einem Kunden musste.
Kunde wie sich das anhörte. 'Freier', was anderes waren die Kerle nicht, die für Sex Geld ausgaben. Nun ich sollte sie nicht verurteilen, immerhin hatte ich selbst Zeth einmal gebucht gehabt aber das Schicksal wollte, dass ich Kilrian kennenlerne und nicht Zeth. Was wäre passiert wenn ich Zeth anstatt ihn, … ich wollte nicht daran denken. Dies hatte ich mir schon zu oft vorgestellt. Wahrscheinlich würde ich ihn mit anderen Augen sehen. Als Callboy und Schlampe. Der auch nur zum ficken gut war. Das Grübeln half nichts, ich fuhr in die Einfahrt zu meinem Elternhaus. Ok. Elternhaus war vielleicht nicht der korrekte Ausdruck. Ferienhaus traf es schon eher.
Mein Dad hatte überall auf der Welt irgendwo Ferienhäuser stehen. Aber in diesem hier verbrachte ich einen Teil meiner Kindheit. Mom liebte dieses Haus. Es war ihr Schmuckstück. Und sie liebte die deutschen Traditionen, wie sie hier gefeiert wurden, Ostern, Weihnachten mit dem ganzen dazugehörigen Schnickschnak.
Aber warum hatte ich ihn gestern im Schwanenteich angetroffen? Nun ich vermute, er war nur wegen der Bar dort. Mein Vater liebt guten Cognac.
Ich parkte das Auto, stieg aus und ein Bodyguard erwartete mich bereits an der Haustür. Er fing mich ab, wollte eine Leibesvisite durchführen, als ich ihm den Arm umdrehte. Durch seine Schmerzenslaute wurde das ganze Haus wach und ich sah, wie mein Vater an die Tür kam.
„Was ist hier los?“, er hielt inne als er mich sah. „Thomas, komm doch rein!“, er beachtete seinen Bodyguard nicht mehr und ich trat in das Haus.
Es hatte sich nicht verändert. Es war noch genauso eingerichtet, wie ich es in Erinnerung hatte. Mein Vater gab dem Mann irgendwelche Instruktionen die ich nicht verstand. Russisch. Auch wenn ich durch ihn zur Hälfte russisch war, so hatte ich die Sprache nie erlernt. Vielleicht ein paar Wörter, aber meine Mutter meinte, es reicht, wenn ich deutsch und englisch beherrschte. Nun, da meine Mutter deutsch war und wir in Amerika wohnten, mein Vater eher wenig daheim war, war das wohl verständlich.
„Was verschafft mir die Ehre, deines Besuches!“
„Tu nicht so scheinheilig. Was willst du von mir?“ Er blickte mich an, aber ich wurde aus ihm nicht schlau.
„Tom ich möchte unsere Zwistigkeiten beiseite legen.“ Aha.
„Welche Zwistigkeiten. Nach meinem Wissen wurden sie dadurch beiseite gelegt, als wir ausgemacht hatten, dass du mich in Ruhe lässt. Mich nicht in deine miesen Geschäfte verwickelst und mich auch sonst aus allem heraushältst.“ Er lächelte, auch daraus wurde ich nicht schlau. Es gab mal eine Zeit, da konnte ich alles von ihm erraten. Aber das war schon lange her.
„Genau deswegen habe ich dich zu mir gebeten. Ich gebe dir nur noch einen einzigen Rat mit. Lass dich mit dem Hotelbesitzer nicht ein. Er ist nicht das, was er vorgibt zu sein.“ Mir wurde kalt. Was wusste er von Kilrian, was ich nicht wusste.
„Nun, ich denke, du weißt nichts über ihn. Es ist seine Art, nichts über sich zu sagen. Weder wer er ist noch was er macht.“, sprach er weiter ohne mich aus den Augen zu lassen. ER suchte wieder. Das war seine eigene Art. Die Gefühle und Gedanken anhand der Mimik des anderen zu erraten.
Und wer oder was sollte er nach seiner Meinung nach sein?, wollte ich schon fragen aber ich hielt mich zurück. Allein meine Neugierde die ich an den Tag legte, könnte mich schon verraten. Mein Vater überreichte mir ein Glas mit seinem für mich viel zu starken Cognac. Er schwenkte seinen bevor er daran roch und dann davon nippte.
„Ja Kilrian Ford, ist absolut nicht das, was er vorgibt zu sein.“, sinnierte er weiter und hoffte wohl mich dadurch aus der Reserve zu locken. Ich selbst schaut ihn nur an und gab ihm nichts, womit er mich in der Hand haben konnte.
„Er geht über Leichen, wenn er was haben will, wenn für ihn etwas zum Vorteil erscheint.
„Wars das?“, fragte ich und stellte mein nicht angerührte Glas auf den Wohnzimmertisch. Mein Vater zog seine Augenbrauen zusammen.
„Thomas mir ist es egal, wie du dein Leben bestreitest. Schön wäre es schon, wenn du meine Geschäfte übernehmen würdest, aber ich weiß, dass es nie passieren wird. Aber ich habe bereits einen geeigneten Nachfolger gefunden. Das einzige was ich nur noch von dir will, … - lass die Finger von Kilrian Ford oder du wirst dich bald im Grab wälzen.“
„Willst du mir etwas drohen?“ Er schüttelte den Kopf und schmunzelte sogleich. Shit er hatte mich durchschaut.
„Ich nicht, aber die, die geil auf mein Geschäft sind. Ficke ihn, solange du die Gelegenheit dazu hast. Oder lasse dich von ihm ficken, wie auch immer, aber indem Moment in dem ich meinen Nachfolger bestimme, ist es besser wenn du ihn aufgibst.“ Was wusste er von Kilrian? Diese Frage schwirrte mir ständig im Kopf rum.
„Nächste Woche ist die Operation. Ich hoffe wir sehen uns etwas öfters, da du ja in der gleichen Stadt tätig bist wie ich.“, er wechselte das Thema wie andere ihre Unterwäsche. Jetzt nahm ich das Glas in die Hand und gönnte mir einen Schluck.
Der Cognac war wirklich gut. Er besaß eine leicht holzige Note und das Brennen auf das ich wartete, stellte sich nicht ein. Nur mein Magen wurde warm. Mein Vater der sich für kurze Zeit auf seinem Kanapee niedergelassen hatte klopfte auf seine Oberschenkel und meinte: „Ich müsste noch wohin, also entweder lässt du dich selbst raus oder, … mach was du willst. Du weißt ja wo dein Zimmer ist.“, somit stand er auf und ließ mich allein.
Ich selbst blickte mich in dem Zimmer noch eine Weile um. Vater hatte wirklich nichts verändert. Auch unterließ er es hier seine Zigarren zu rauchen. Mom hatte es immer gehasst, wenn alles nach Qualm stank. Gott! Sie konnte Vater immer zur Sau machen. Selbst jetzt noch.
Nachdem sie vom Vater diese Sache erfahren hatte, zog sie hierher. Wegen meiner Lehrstelle bei Kastner Import & Export blieb ich in Amerika. Sicherlich war das kein leichter Schritt gewesen, aber sie sah einfach keine andere Möglichkeit. Der Krebs der in ihr wütete, war schon viel zu weit fortgeschritten. Es gab einfach keine Hoffnung mehr. Und das Wissen, dieses Wissen über Vater hatte die ganze Sache noch beschleunigt. Ein paar Monate später starb sie. Ich gab Vater die Schuld, denn Mom war eigentlich auf dem Weg der Besserung gewesen. Gut das hatte sie zumindest immer behauptet, aber ich denke, es war gelogen. Sie wollte mich nicht beunruhigen. Ich sollte mich auf meine Zukunft konzentrieren und jetzt war Vater hier, hatte die gleiche Krankheit, aber diesmal war es mir egal. Ich war innerlich kalt. Dennoch schmunzelte ich herablassend. Das war eindeutig Ironie des Schicksals. Was erhoffte sich Vater dabei? Drückte er auf die Tränendrüsen, damit ich klein bei gebe? Oder erhoffte er sich, dass ich meinen angeborenen Stand als Sohn wieder aufnehmen würde und ihm beim Sterben zusah und Händchen hielt. Aber nicht mit mir. Oder was wohl das naheliegendste war, er wollte mich jetzt endgültig dazu bringen seine Geschäfte zu übernehmen.
Aber das war eindeutig nichts für mich. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass ich ein Mädchen, was kaum älter wie 14 oder 15 war misshandeln würde, geschweige denn den Befehl dazu zu geben. Es soweit zu 'erziehen' das sie freiwillig auf den Strich ging. Drogen konsumierte, in der Disko anschaffen ging oder, wenn ich das Kleingeld benötigte, es zu verkaufen. Jede Gehirnzelle, die sich an die sogenannte Erziehungsmaßnamen meines Vaters für seine Mädchen und Jungs, erinnerte, zog sich unweigerlich zusammen. Es waren harte Wochen, bis ich es geschafft hatte, mich ihm zu entziehen. Ihn davon überzeugt hatte, dass ich mit ihm nichts mehr zu tun haben wollte. Wir einen 'Deal' ausgehandelt hatten, der besagte, das er mich in Ruhe mein Leben leben lässt und ich mich nur einmal im Jahr zu seinem Geburtstag bei ihm einfand. Eins auf heile Welt machen würde. Und jetzt? Jetzt sah ich ihn innerhalb von knapp vier Wochen das vierte Mal. Es war für mein Geschmack eindeutig zu viel.
Noch eine Zeitlang blickte ich in den Kamin. Betrachtete das Feuer und die einzelnen Funken. Trank den Cognac aus und fuhr schließlich nach Hause.
Die Wohnung war dunkel, das Bett leer. Kilrian war von seinem Termin noch nicht zurück. Ich zog mich aus, legte mich ins Bett und fing an, die Decke anzustarren, die ich in der Dunkelheit der Nacht überhaupt nicht sah. Irgendwann klingelte mein Handy. Ich verfluchte das Ding, denn ich war gerade dabei wegzudämmern. Es konnte ja nur Kyel sein. Ihm war es egal, dass in Deutschland die Zeit sechs Stunden weiter vor ist.
„Tom hol mich bitte ab.“ Ich saß aufrecht im Bett. So zittrig hatte sich seine Stimme noch nie angehört.
„Wo bist du?“
„Am Rathausplatz. Das ist gegenüber dem Park.“ Jetzt klang seine Stimme schon wieder gefasster und ich schloss für einen kurzen Moment meine Augen und verfluchte mich. Ich hatte wegen meinem Vater mein Versprechen vernachlässigt. Jetzt zahlte ich den Preis. Kilrian war fix und fertig und ich war nicht bei ihm.
„Warte dort auf mich. Ich bin gleich da!“
„Ja! Schicke dich. Es ist arschkalt.“
Kilrian stand auf dem Gehsteig, rauchte eine Zigarette und sein Blick war zum Himmel gerichtet. Ich bezweifelte, dass er überhaupt etwas sah. Es hatte den Anschein, dass er gar nicht da war, sondern irgendwo im nirgendwo. Erst als ich neben ihm parkte, kam er wieder zu sich. Schmiss die halbaufgerauchte Zigarette weg und stieg ein. Kurz murmelte er ein 'Hallo', schnallte sich an und hielt seine Hände an die Lüftung.
„Wird langsam Zeit, dass es wieder Sommer wird. Ich habe die Schnauze gestrichen voll, von dem Winter.“
„Es ist erst Januar.“, meinte ich. Kilrian nickte nur und versank in Schweigen. Leider hatte ich etwas Schwierigkeiten mich auf die Straße zu konzentrieren. „Kilrian Ford ist nicht das, was er vorgibt zu sein.“ Energisch versuchte ich diesen Gedanken von mir zu schieben. Und beruhigte mich damit mir einzureden, dass Kilrian auch von mir noch nichts wusste oder zumindest nicht viel. Wie denn auch? Beantworte mir diese Frage. Schickte ich meine Gedanken zu Gott. Wir waren erst seit ein paar Wochen zusammen. Es ist ja nicht so, dass wir ein Ehepaar sind, das seine diamantene Hochzeit bereits hinter sich hatte.
Daheim angekommen ging er direkt ins Bad. Ich hörte wie die Dusche ging. Eigentlich wollte ich ihm nach, aber schon auf der Heimfahrt, war er nicht ansprechbar. Kilrian war in sich gekehrt und mit seinen Gedanken ganz woanders. Es wäre besser, wenn ich ihm Zeit für sich zu geben. Kurz drauf hörte ich die Duschtüre. Er konnte doch nicht schon fertig sein. Geschweige denn, dass das Wasser schon warm sein würde. Bei seiner alten Heizungsanlage ging das nicht so schnell. Der Klodeckel wurde aufgeklappt und ich hörte ihn würgen.
Ich ging ins Bad und sah ihn bereits wieder unter die Dusche treten. Für eine kurze Zeit schloss ich meine Augen. Malte mir aus, was ihn zum Würgen gebracht haben könnte, doch meine Fantasie reichte nicht aus. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass es einen Freier gab, auf den Kilrian so extrem reagierte, dass er kotzen musste. Immerhin hatte er diverse Regeln aufgestellt, die ihn mehr oder weniger schützen sollten. Oder litt er doch noch an den Nachwirkungen die er von Clancy mitgebracht hatte. Kein Mensch kann so eine Erfahrung einfach mir nichts dir nichts wegstecken. Nicht einmal ein Luxus Callboy namens Zeth.
Eigentlich wollte ich ihn fragen ob alles O.K. sei, aber ich besann mich und ging zurück ins Schlafzimmer. Zog mich aus und legte mich ins Bett. Keine zehn Minuten später kam Kilrian. Er überprüfte den Wecker, wie immer, und machte sich im Bett lang. Drehte sich zu mir, seine dunklen Augen bohrten sich in mein Innerstes. Hätte zu gerne gewusst an was er gerade dachte, doch dann ließ mich sein Schmunzeln es vergessen.
„Hey, hast du nicht gesagt, dass du mich pflegen wirst?“ Ich grinste selbst und breitete meinen Arm aus. Kilrian kam rüber und kuschelte sich an mich. Bedächtig fuhren meine Finger über seinen Rücken und keine fünf Minuten später war er eingeschlafen.
Nur ich kam nicht zur Ruhe. Immer wieder hörte ich den einen Satz, den mein Vater vom Stapel gelassen hatte.
Je näher ich der Adresse kam, umso mulmiger wurde es mir. Ich hasste dieses Haus so sehr. Das Haus mit all seinem 'Frieden'. Die Zufahrt zu dem Kasten, erstrahlte in einem Glanz, als ob dort eine ganz normale kleine Familie wohnen würde. Nichts deutete auf das Monster hin, dass dort zuhause war. Selbst der alte Kastanienbaum mit seinen dicken Ästen, an dem noch eine alte Kinderschaukel hing, verursachte einen Würgezeit den ich kaum zu unterdrücken in der Lage war.
Einmal hatte ich mich auf die Schaukel gesetzt. First sah dies und jagte mich runter. Natürlich blieb meine Eigenmächtigkeit nicht lange ungesühnt.
Ich hatte versucht, First dazu zu überreden, das Treffen in einem naheliegenden Hotel stattfinden zu lassen. Dann hätte er sich nicht all zu arg an mir auslassen können. Je mehr fremde Ohren, umso besser wäre es für mich gewesen. Er hatte mich aber abgeblockt. Ich konnte mir vorstellen, weshalb das so war. Im Keller, in diesem Haus, hatte er seine 'Kammer' in der er nur zu gerne seine 'Kinder' erzog. Vielleicht hätte er mit sich reden lassen, wenn ich seine Anrufe und SMS nicht erst nach einigen Tagen beantwortet hätte und er nicht einer von denen gewesen wäre, die das Wort Geduld aus ihrem Wortschatz gestrichen hatten. So war dieses Treffen wohl wieder nichts anderes als eine seiner Erziehungsmaßnahmen.
Sicherlich hatte ich mich vor einigen Jahren von ihm befreit, aber die Narbe auf meinen Eiern, war nicht nur ein Abschiedsgeschenk gewesen, sondern eine Markierung. Wie man einen Bullen markiert oder ein Pferd. Es fehlten nur noch die Initialen dann wäre es perfekt gewesen. Ich war, ich bin und ich werde immer sein Eigentum bleiben.
Knapp sechs Jahre hatte ich den Horror erlebt. Mein Leben war die Hölle. Ich ging nicht nur auf den Strich. Ich erledigte für First auch Botengänge. Zudem half ich beim 'Erziehen' mit oder schaffte Frischfleisch ran oder tat noch andere Sachen die ich mir noch heute nicht verzeihen kann. Dies alles nur mit dem einen Hintergedanken, das Hotel halten zu können. Ich hatte es geschafft, wie fragt mich nicht. Ich hatte absolut keine Ahnung, wie ich alles unter einem Hut gebracht hatte. Wie ich es überhaupt ertragen konnte.
Aber ich war bei der Polizei kein ungeschriebenes Blatt mehr. Mehrmals wurde gegen mich ermittelt, aber es kam nie zu einer Anklageerhebung. Irgendwie hatte ich es geschafft, dass sie mir nicht viel nachweisen konnten. Und da ich bereits volljährig war, konnte ich es bis jetzt vor meiner Mutter geheim halten. Aber die Akten bei der Polizei bedeuteten zugleich auch meine Freiheit. Durch diese Akten konnte ich First davon überzeugen mich nicht weiter zu 'beschäftigen'. In den Akten stand nämlich nicht nur das ich auf den Strich ging, sondern auch noch so kleinere Delikte wie Diebstahl von geringwertigen Gütern. Dafür musste ich damals eine Geldstrafe zahlen. Aber gegen mich wurde auch wegen Drogenbesitz und dem Handel damit ermittelt und, nun ja, wegen dem Verdacht dass ich 'andere', Menschen in den Tod schickte, aber dass konnten sie mir nie nachweisen. First konnte es auf den Tod nicht ausstehen, wenn eines seiner 'Mädchen' erwischt wurde. Die Ermittlungsakten stellten für ihn ein zu großes Risiko dar. Es war für mich ein gewagtes Pokerspiel. Entweder wäre ich danach frei, was ich damals stark bezweifelte oder ich schwamm am Boden eines Sees, was ich eher angenommen hatte und darauf hatte ich mich bereits eingestellt. Warum er mich dann am Leben gelassen hatte, weiß ich bis heute nicht.
„Du bist wirklich das Letzte. Aber du hast es wirklich geschickt angestellt. Ich gebe dir die Freiheit, die du dir so sehr wünschst, aber sei dir gewiss, eines Tages komme ich auf dich zurück“, hatte er damals gesagt und stieß noch ein paar mal kräftig zu. Bewegen konnte ich mich nicht, da ich auf einem gynäkologischen Stuhl angebunden dalag. Ich wusste nicht, wer damals alles in mir bereits drinnen gewesen war und sich in mir ergossen hatte aber an den kommenden Schmerz, daran kann ich mich noch gut erinnern.
Ich hörte wie er sich seine Zigarre anzündete. Roch den Rauch. Frischer Zigarrenrauch roch wirklich gut.
„Damit wir uns verstehen, du bist zwar 'frei', aber gehörst immer noch mir.“ Daraufhin drückte er die Zigarre aus. Der Schmerz und der Gestank der verbrannten Haut übermannte mich buchstäblich. Seitdem kann ich den Geruch einer Zigarre nicht mehr ertragen.
Kurz zuckte ich zusammen, als die Erinnerungen über mich einbrachen. Ich hatte sogar das Gefühl, den Schmerz wieder zu spüren. Ich atmete tief ein. Aus dem Augenwinkel sah ich ein Auto, wie es auch Tom fuhr, an mir vorbeifahren. Leider konnte ich nicht in das Wageninnere blicken. Es war viel zu dunkel.
Das Taxi hielt, ich zahlte und stieg aus. Kurz blickte ich mich noch einmal um, bevor ich die Tür zuschlug und das Taxi wegfuhr. Jetzt gab es kein zurück mehr. Eigentlich schon vorhin nicht, als ich First zurückgesimmst hatte. Ich hätte ihn besser ignoriert. Doch was dann? Was wäre dann passiert? Seine Schläger hätten mich auf offener Straße entführt oder zusammengeprügelt. Wäre nicht das erste Mal gewesen. Wäre ich wieder zu ihm geschleppt worden? Nein, nicht notwendig! First kannte mich. Er wusste, dass ich freiwillig zu ihm kam. Immer. Es wäre für ihn nur ein Kollateralschaden, wenn er seine Männer auf mich hetzen würde.
Meine Freiheit oder wohl besser gesagt Schonfrist war wohl endgültig vorbei. Frei war ich nie gewesen.
Ich ging die Stufen zur Tür hinauf und drückte auf die Klingel. Einer seiner Bodyguards machte die Tür auf. Er musterte mich.
„Wer bist du?“
„Zeth!“
„Arme nach oben und Beine auseinander!“ In dem Moment als ich es machen wollte, hörte ich seine tiefe Stimme.
„Er ist clean!“ Der Bodyguard nickte nur und trat einen Schritt zur Seite. Ich betrat das Haus, es roch noch genauso wie damals. Auch jetzt blickte ich mich kurz um. Es schien sich überhaupt nichts verändert zu haben. Aber eigentlich hatte ich auch keinen wirklichen Blick für das Inventar. Ich hatte zuviel damit zu tun, dass ich nicht auf das Parkett kotzte.
„Nett, dass du dich bequemst zu erscheinen. Ich dachte schon, ich müsste eine Vermisstenanzeige aufgeben.“ Wie witzig dachte ich nur und gab nichts darauf. Denn wenn ich jetzt etwas erwidert hätte, würde es für mich noch schlimmer enden, als es eh schon enden würde. Stattdessen zog ich meinen Parka aus und hing ihn an die Garderobe, wie es First in der Regel immer erwartete. Danach die Schuhe und stellte sie ordentlich zu den anderen Schuhen hin. Kniete mich vor ihn hin und erst jetzt begrüßte ich ihn.
„Hallo Jones, es ist mir eine Freude hier sein zu dürfen.“ Die ganze Zeit schaute ich ihn dabei nicht an. Hielt meinen Kopf gerade und doch leicht gesenkt. Jetzt hieß es warten und auf alles gefasst sein. Er trat näher an mich heran. Sofort verkrampfte ich mich. Unterdrückte das Zittern, und vor allem die aufkommende Übelkeit. Warum reagierte ich so heftig? Das letzte Mal, als er mich zu sich beordert hatte, war es doch auch nicht so schlimm gewesen. Ich verstand es nicht. Ich konnte nur ahnen, warum dem so war.
'Clancy'. Die Tage bei ihm steckten noch zu tief in mir drin.
First trat so nah vor mich, dass der Stoff seiner Anzughose sich dicht vor meinem Gesicht befand. Mir war klar was er erwartete. Ich sollte seinen Schwanz durch den Stoff seiner Hose küssen und wehe ich würde ihn nicht direkt beim ersten Mal richtig treffen. Eine schallende Ohrfeige wäre die mildeste Strafe die mir drohte. Ich kannte das bereits, war nicht das erste Mal. Früher hatte er es öfters von mir verlangt. Durch den weiten Stoff der Hose war sein Schwanz nicht auszumachen. Einmal hatte er doch tatsächlich seinen Schwanz nach unten zwischen seine Beine geklemmt und ich hatte einige Versuche gebraucht, bis ich dahinter gekommen war. Viel zu viele Versuche seiner Meinung nach und mit der gleichen Anzahl von Ohrfeigen bestrafte er mich dafür, und damit dass ich den Rest des Tages mit einem Doppeldildo im Arsch durch die Wohnung laufen musste. Ich durfte den Dildo selbst nicht anfassen und jedes Mal wenn er mir herausrutsche musste ich runter auf alle Viere gehen, ihn mit dem Mund aufheben und ihn ihm bringen. Apportieren nannte er das. Zunächst hatte ich noch versucht, mich vorsichtig zu bewegen, aber das ließ er nicht zu, sondern verlangte von mir, nicht wie ein alter Opa zu schleichen sondern zackig seine Befehle auszuführen. Dadurch wurde es viel schwieriger den Dildo nicht zu verlieren.Wenn ich dann, wie ein Hund, ihm den Dildo gebracht hatte und zwischen seinen Beinen kniete, bekam ich mit dem Gummiteil einen Schlag auf den Hintern oder auf den Rücken. Immer, wenn ich ihn verlor war es ein Schlag mehr.
Als er sah, dass ich inzwischen so weit gedehnt war, dass ich den Dildo mit meinem Muskelring kaum mehr in mir halten konnte, machte er ein Spiel daraus. Ließ mich ständig aufstehen. Es machte ihm einen Heiden Spaß mich andauernd aufspringen zu lassen um ihm etwas zu holen. Sei es ein frischer Drink. Ein Streichholz, ein anderes Kissen oder was ihm sonst noch einfiel. Sobald ich es ihm gebracht hatte musste ich mich wieder vor ihm hinknien, wenn ich dann wieder aufstehen musste war die Gefahr dass der Dildo rausfiel besonders groß. OK, es war keine allzu schlimme Strafe, obwohl ein Schlag mit einem großen Dildo doch ganz schön weh tun kann.
Ich schaute mir seinen Schritt ganz genau an, nichts war zu erkennen. Ich wusste, dass er stinkwütend auf mich war, weil er mich so lange nicht erreichen konnte. Deswegen würde er es mir heute ganz besonders schwer machen. Irgendwie kannte ich ihn doch schon zu gut. Wahrscheinlich erinnerte er sich nicht mehr daran, aber ich war mir sicher, dass er seinen Schwanz wieder zwischen die Beine geklemmt hatte. Auch wenn er es mich spüren lassen würde, ich konnte nicht anders. Ich schob mein Gesicht tief zwischen seine Beine und drückte meine Lippen tief in seinen Schritt. Bingo. Ich hatte ihn durchschaut und traft auf Anhieb seinen Schwanz. Er keuchte auf. Eine Reaktion die ich so von ihm nicht kannte. Sofort griff er mir in die Haare und riss meinen Kopf zurück. Seinen Augen sah ich an wie sauer er war und auch was anderes. 'Schmerz'. Für eine kurze Zeit war ich fassungslos. Doch hielt der Zustand nicht all zu lange an.
"Du kommst dir wohl sehr schlau vor. Aber glaub mir, am Ende bin ich es der Lachen wird."
Er stieß mich so kräftig zurück, dass ich hinfiel und versetzte mir einen Tritt gegen die Seite der es in sich hatte. Als ich mich wieder aufrichtete, strich er mir sanft über den Kopf, über mein Ohr und runter zu meiner Wange. Weiter zu meinem Kinn und hob mein Kopf an.
„Kilrian ich habe etwas für dich.“ Ich blickte ihm in seine blauen Augen. Sie waren jetzt nicht mehr kalt, nicht abweisend noch glommen sie vor Wut, sondern sie strahlten eine Art Wärme aus. „Ein Geschenk, … aber bevor es soweit ist, empfange die Strafe für deine Ignoranz, die ich dir auf den Weg mitgeben werde.“ Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, was er mir schenken wollte. Zumal ich auch nichts annehmen würde, also wäre diese Sache wohl sinnlos. Das müsste er doch wissen. Aber das er mich hart bestrafen würde, daran hatte ich keinen Zweifel. Niemand lässt einen Jones Selter tagelang warten. Ganz besonders nicht ich. Was war ich schon in seinen Augen? Ein Niemand, ein Nichts. First würde sogar einer Made mehr Aufmerksamkeit schenken, bevor er sie in seinen Finger zerquetschte.
„Mache dich bereit für deine Strafe!“ Seine Stimme wurde härter. Sie besaß aber trotzdem diesen Hauch von Wärme. Ich nickte nur, stand auf und wartete bis er den ersten Schritt machte. Er ging, wie nicht anders zu erwarten, in Richtung des Kellers. Dort hatte er seine Kammer. Stieg die Treppen hinab und betätigte den Lichtschalter. Sofort umfing mich das kalte Licht der Neonröhren. Die Wände waren noch immer so bröckelig, rau und feucht wie damals. Anders, als in meinem Hotel. Auch wenn ich die Renovierung gerne vor mir hin geschoben hatte, so hatte ich doch darauf geschaut, hier und da zu renovieren oder zu reparieren. Ich folgte ihm. Blickte mich um und wunderte mich, warum er an der ersten Tür vorbeiging. Soweit ich wusste, war das die Kammer. Bei der zweiten blieb er dann stehen und öffnete sie. Geschockt blickte ich hinein. Konnte meinen Augen kaum trauen. Er hatte eine zweite Kammer geschaffen. Meine Übelkeit stieg an als ich aufgefordert wurde einzutreten. Allmählich konnte ich das Zittern nicht mehr verbergen. Am liebsten wäre ich weggerannt. Noch einmal so eine Tortur über mich ergehen zu lassen, war zuviel. Ich konnte einfach nicht mehr.
Immer wieder schüttelte ich den Kopf. Immer wieder flehte ich zu Gott. Immer wieder kam mir das Wort 'Nein' in den Sinn.
First war auf mich zugetreten und streichelte mir über den Rücken. Zärtlich. Ich erschrak, doch ich konnte gerade so den Impuls einen Schritt von ihm zurückzuweichen unterdrücken. Ich schüttelte wieder den Kopf. Blickte ihm in die Augen.
„Bitte nicht!“, flüsterte ich dann doch. First blieb stumm. Genauso wie mein weiteres Flehen stumm blieb und nicht erhört wurde. Seine Augen sprachen aus was sein Mund nicht sagen musste, ich wusste was ich zu tun hatte. Um dem Ganzen ein schnelles Ende zu bereiten blieb mir nichts anderes übrig als mich zu fügen.
Langsam zog ich mich aus. Als ich mein Hemd abgestreift hatte, packte mich First plötzlich am Arm.
„Woher hast du die Striemen? So weit ich mich erinnere, waren sie das letzte Mal nicht da!“ Ich biss mir auf die Lippen. Normalerweise müsste ich meinen Blick jetzt senken und ihm alles erzählen. Aber stattdessen blickte ich ihm fest in die Augen und schüttelte den Kopf. Noch bevor ich es richtig registrieren konnte, hatte er mich am Schopf gepackt und zog so fest daran, dass ich auf die Knie sank.
„Du weißt schon, nur ich habe das Recht, dich zu verunstalten. - mein störriges, kleines Mädchen.“ Mit der anderen Hand fuhr er die Züge meines Gesichtes nach. Durch den Druck den er ausübte, war ich gezwungen mein Kopf in die Richtung zu drehen, in die er ihn haben wollte. Ich fühlte mich wie auf dem Sklavenmarkt. Für jeden sichtbar und zur Schau gestellt. Er zog meinen Kopf zurück. Blickte mir ins Gesicht. Inzwischen ging meine Atmung nur noch stoßweise und Schweißperlen hatten sich auf meiner Haut gebildet. Das war Angst. Pure Angst, die mich beherrschte. Aber warum war das so, ich war doch mittlerweile schlimmeres gewohnt?
„Was ist los? Das sieht dir gar nicht ähnlich so ängstlich zu reagieren. Hat das mit den Striemen auf deinen Rücken zu tun?“ Immer noch gab ich nichts drauf. Die Angst hatte mich trotzdem fest in ihrem Griff. Auch wenn ich es nicht wollte, so kamen mir die Peitschenhiebe von Clancy wieder in den Sinn. Es war unerträglich. Meine Augen brannten, die Erinnerung die mich festhielt, den Schmerz den ich überall spürte, das Fieber das mich gefangen genommen hatte und den brutalen Sex, den ich dann von Tom gefordert hatte. Alles schlug über mir ein. Ich schaffte es nicht mehr, all das zu verdrängen. Es war unmöglich geworden. Wo war nur Zeth? Wo war meine dunkle Seele, die alles aufsaugen konnte. Mich immer geschützt hatte. Mich vor dem Wahnsinn abgehalten hatte. Mich vor mir selbst geschützt hatte.
„Bitte Jones, es tut mir leid. Es tut mir leid, das ich solange gebraucht habe um mich bei dir zu melden. Es kommt nicht wieder vor. Ich, … ich war krank und … und mein Vater ist gestorben. Bitte verzeih mir. Ich konnte nicht … ich …“
„Schweig! Du weißt ganz genau, dass mir das scheiß egal ist. So habe ich dich nicht erzogen. Nicht so. Du bist mein bestes Mädchen. Hast alles mit Ruhe und Geduld ertragen. Hast der Abhängigkeit den Stinkefinger gezeigt. Hast deine Augen nicht von den Bestrafungen der anderen Mädchen abgewandt. Du wolltest weiter kommen. Du bist weiter gekommen, weiter als all die anderen. Du lebst nur um das Hotel zu halten. Weil dein Herz daran hängt. Dein Wille ist stark. So jemand wie du, ist mir in den letzten Jahren nicht ein weiteres mal untergekommen. Und jetzt! Schau dich an. Das Bild, was ich von dir habe, bröckelt in so wenigen Minuten. Das ist nicht akzeptabel.“ First machte etwas, was er noch nie gemacht hatte. Er kniete sich neben mich hin. Streichelte wieder über mein Gesicht. „Auch wenn es gegen meine Natur ist, werde ich deine Strafe abmildern, aber auch nur, wenn du mir erzählst, woher du die Striemen hast. Soweit ich weiß verabscheut Zeth BDSM. Das ist gegen seine Regeln.“
Das Angebot war verlockend, aber wie auch mein momentaner Angstzustand für First inakzeptabel war, so war dieses Angebot für mich indiskutabel. Kein Wort kam über meine Lippen. First Geduld war schnell am Ende. Er stand auf und bevor ich mich versah, verpasste er mir eine Ohrfeige.
Shit ich ertrug es nicht. Das Brennen in meinen Augen wurde stärker. Leider nicht nur das, ich wurde schlagartig devot. Ich verfiel in die Haltung, die ich bei First immer eingenommen hatte. Spürte kaum, wie er mich auf die Beine zog und mich am Bock festband. Von einer Sekunde auf die andere, war ich nicht mehr ich selbst. Nur durch diese Ohrfeige, durch das Wissen, dass er mein Master war. Ich war ihm hörig. Wie er es schon gesagt hatte, ich tat alles für ihn. Nur damals in einem kurzen lichten Moment, hatte ich mich ihm entgegenstellen können. Doch diesmal würde es mir nicht wieder gelingen. Als mir dies bewusst wurde, schaltete mein Bewusstsein ab. So wie bei Clancy. Die Befehle würde ich hören, alles um mich wahrnehmen, den Schmerz spüren, ja das schon, aber mein Bewusstsein würde es sofort verdrängen.
Er zog mir die Hose runter. Streichelte über meinen Hintern. Er sprach zu mir, gab mir Befehle. Kaum hatte er es ausgesprochen so hob ich mein Bein. Er zog die Hose über meinen Fuß. Das gleiche mit dem anderen Bein. Dann folgten die Socken. Ab jetzt gab es wirklich kein Entkommen mehr.
Schon makaber, mir kam Raphael in den Sinn. Wie hörig er war. Wie ich es verabscheut hatte. Jetzt war ich aber genauso. Ich wusste genau, was First von mir wollte, was er mit mir machte, es war tief in mir eingebrannt.
Der Stärkere herrscht über die Schwächeren. Das war schon immer so und es wird auch immer so bleiben. Nichts würde sich daran ändern. Niemals. So war die Natur. Der Urinstinkt. Nur so konnten sich die wahren Helden etablieren.
Ich spürte wie mir die Tränen über das Gesicht liefen. Der Speichel aus meinem Mund tropfte. Ich spürte, dass jemand in mir drinnen war und ein anderer meinen Schwanz bearbeitete.Hörte wie First mich aufforderte, endlich steif zu werden. Meine Fingernägel gruben sich in meine Handfläche. Doch diesen Schmerz spürte ich kaum. Auch als mein Kopf hochgerissen wurde und etwas reingeschoben wurde. Wie sollte es auch anders sein. Es war ein weiterer Schwanz. Auch wenn ich es bei vollem Bewusstsein mitbekam, so verschwand es sogleich in die hinterste Ecke meiner Seele. Die dunkle Seele, die man an Schwärze nicht mehr überbieten konnte.
Ich hatte anscheinen einen Orgasmus. Eine Funktion die sich automatisch einstellte, wenn Zeth der Meinung war, der Freier war zu seiner Zufriedenheit befriedigt worden. Es war nichts im Vergleich, zu den Orgasmen die ich mit Tom ausleben durfte. Sie waren Leidenschaft, Verlangen, vor allem waren sie geprägt durch Liebe. Ich genoss unsere Zweisamkeit und ich hörte mich danach lechzen.
„Na, wenn es dich so aufgeilt, dass du mir die ganze Bude zusammen stöhnst, kann ich das nicht als Bestrafung ansehen. Kilrian.“
Wieder wurde mein Kopf nach oben gerissen. Eine verschwommene Silhouette trat in mein Blickfeld. Sein Daumen wischte das fremde Sperma ab. „Oder ist es für dich doch eine Bestrafung? So verheult wie du ausschaust. Was sagst du dazu Kilrian. Ist das eine Bestrafung von allen Seiten gefickt zu werden. Jeder darf seine Lust an dir ausleben, …“
„Ja, es ist eine Bestrafung. Ich wünsche mir, dass es aufhört. Bitte First.“
„So, du wünschst es dir. Aber was ist, wenn ich der Meinung bin, dass es noch nicht genug ist.“
„Ich werde es dann weiter mit Geduld ertragen, bis du der Meinung bist, mich genug bestraft zu haben.“ Er verzog seine Augenbrauen zu einem Strich. Seine Augen sprachen was anderes. Er kannte mich. Er spielte mit mir und es war gefährlich.
„Allerdings ist es für mich nur schwer zu Glauben, dass Ficken für dich eine Bestrafung ist.“ Da er meinen Kopf immer noch nach oben hielt, war ich immer noch gezwungen in seine kalten Augen zu blicken.
„Doch ist es. Du weißt ganz genau, dass ich es hasse, wenn du mich berührst.“ Er grinste. Dann nickte er.
„Das stimmt. Aber in der ganzen Zeit habe ich dich nicht berührt. Es waren meine Männer. Und gefallen hat es dir auch. Schau dir einfach nur die Sauerei unter dir an.“ Verbale Ohrfeigen. Ich zog dabei immer den kürzeren.
„Ja du hast recht. Es hat mir gefallen.“ Er ließ meinen Kopf los und lachte laut auf.
„Oh Kilrian, Kilrian. Ich weiß ganz genau, das es dir nicht gefallen hat. Du hast mir nur den Beweis geliefert, dass du durch und durch mein Mädchen bist. Dass du egal, was ich von dir verlange, es immer und aufrichtig erledigst. Genauso wie das Hotel zu halten. Ich habe von dir verlangt, deinen Körper zu verkaufen, damit du das Hotel weiter betreiben kannst. Du sagst immer was ich von dir hören will. Immer und das wird auch immer so bleiben. - deshalb weiß ich auch, dass du mein Geschäft weiterführst.“ Inzwischen hatten mich seine Männer losgebunden und ich lag auf dem kalten Boden. Erst jetzt sah ich, das First die Wahrheit gesprochen hatte. Er war noch vollständig angezogen, obwohl er eine Beule aufwies.
„Zieh dich an!“, befahl er mir und schmiss mir gleichzeitig einen Morgenmantel zu. Leicht angewidert tat ich was mir befohlen wurde. Etwas in mir kratzte. Etwas war anders. Allein schon, dass First mich seinen Männern überlassen hatte. Er aber selbst nichts tat, nur zusah. Warum?
Es passte einfach nicht. Leider kam ich nicht dazu mir weiter Gedanken darüber zu machen. Ich wurde hochgezerrt. Leicht schwankte ich und auch wenn ich es nicht so schnell registrierte, wurde ich von seinen Bodyguards gestützt. Sie halfen mir beim Anziehen. Auch das war anders, war neu.
Ich wusste nicht, wie mir geschah. First zündete sich eine Zigarre an, der Rauch verbreitete sich im Zimmer und meine Übelkeit, die ich die ganze Zeit über bekämpft hatte, stieg erneut an.
„Kilrian du weißt was ich von meinen Männern verlange. Loyalität, Hingabe und absoluten Gehorsam. Jeder der für mich arbeitet hat sich einer Prüfung zu unterziehen, … aber was sage ich, das weißt du längst. - Geld. Geld ist zwar ein gutes Mittel um zu bekommen was man will, doch manchmal müssen härtere Geschütze ausgefahren werden, denn sonst leidet die Loyalität darunter.“
Inzwischen hatten mich seine Männer zu einem Stuhl gebracht und ich setzte mich drauf. Er machte einen Wink und das nächste was ich registrierte war, das ich mit First alleine war. Es war also noch nicht vorbei. Schloss meine Augen und versuchte die Angst die mich zu beherrschen drohte zu unterdrücken.
„Genau wie gerade. Du warst das Mittel um die Gehorsamkeit eines Neuen zu prüfen und er hat seine Sache gut gemacht. Ich war mir seiner nicht sicher aber eine kleine Lüge, was dich betrifft hat ihn erweichen lassen. Aber selbst das kennst du ja.“, er trat von mir weg. „Du weißt, dass ich nur Männer einstelle die bisexuell sind. Die Schwänze lutschen, Titten kneten, ihre Schwänze in jedes Loch stecken. Mit Waffen umgehen können und kampferprobt sind. Abschaum. Meist Verbrecher die schon des Öfteren mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind. Aber auch manchmal kommt es vor, dass sich eine reine Seele einschleicht. Die aber dennoch der Meinung ist, hier richtig zu sein. Wegen Abenteuer, Kick oder was sonst noch das Herz begehrt.“, er drehte sich zu mir um, zog an seiner Zigarre. Den Rauch verfolgte ich und der Geruch verursachte wieder den Anstieg der Angst.
Scheiße war mir schlecht, die Rede die First von sich gab, kannte ich nur zu gut. Alles was er vorbrachte, lag nicht nur in meiner Vergangenheit, sondern begleitete mich im normalen Alltag. Selbst ich erwischte mich des Öfteren, wie ich Menschen abschätzend musterte. First trat auf mich zu. Automatisch spreizte ich die Beine. Der Morgenmantel rutschte von meinen Schenkeln. First schmunzelte. Zog wieder an der Zigarre und schlug die heiße Asche über meinem Bauch ab. Der kurze Schmerz der heißen Glut brachte mich wieder zurück.
„Warum redest du so um den heißen Brei!“, ich blickte zu ihm hoch.
„Oh da bist du ja wieder. Ich dachte schon, ich müsste dich noch länger belabern. - Hör zu. Ich habe vor mich in den Ruhestand zu verabschieden. Ich habe Geld, ich habe Macht und ein gut gehendes Geschäft. Nur was ich nicht habe ist ein Nachfolger, - ich habe dich aufgenommen und dir gezeigt, wie du am schnellsten Geld verdienen kannst. Wie du vorankommst. Jetzt will ich, dass du deine Schuld bei mir einlöst.“
„Welche Schuld?“, fragte ich mich und gab mir selbst eine geistige Ohrfeige, weil ich eine Reaktion der Neugierde gezeigt hatte. First sprang sofort darauf an. Er grinste.
„Du, mein Mädchen, wirst mein Nachfolger werden. Ach was sage ich da, du bist bereits mein Nachfolger. Alle die hier anwesend waren, haben geglaubt auf deinem Befehl hin zu handeln.“
Ich verstand überhaupt nichts mehr. Mein Herz schnürte sich zusammen. Die Luft blieb mir weg. Ich hatte das Gefühl, die Zeit würde stillstehen. Nichts ging mehr. Nichts gehorchte mir. Mein Verstand hatte ausgesetzt. Das Blut schoss aus meinem Gehirn. Weiße Punkte tauchten vor meinen Augen auf. Ich schloss sie … beugte mich vor und übergab mich.
Danach, ich konnte nicht anders verfiel ich in einen hysterischen Lachanfall.
„Tiberius Jones Selter! Ich glaube du hast dir deinen Verstand über die Jahre rausgevögelt, gekifft und gesoffen.“, ich lachte und weinte gleichzeitig. „Wie sollten die Männer noch Respekt vor mir haben und mich als Boss anerkennen, nachdem sie glauben dass ich selbst befohlen habe, dass sie mich vergewaltigen?“
Das Wechselbad der Gefühle, war einfach zu viel. Hass, Ekel, Angst, Unverständnis und den Drang ihm an die Gurgel zu gehen. Jetzt war es mir gleich, ob ich mich gegenüber ihn falsch verhielt.
First hatte wieder einmal sein diabolische Lächeln im Gesicht. Seine Gedankengänge waren manchmal so perfide, dass selbst ich sie bisweilen nicht nachvollziehen konnte. Was versprach er sich davon wenn seine Männer mich für das absolute Masoschwein hielten, dass darauf stand vergewaltigt und misshandelt zu werden. Wie sollten sie mich dann jemals noch als Boss anerkennen können.
Aber eigentlich war mir das auch egal, ich wollte nicht sein Nachfolger werden, ich wollte nur von ihm weg. Weit weg.
Hier gehts weiter Part 2
Lange betrachte ich Kilrian sah ihm dabei zu wie er schlief. Er lag auf meinem Arm und ich bewegte nur die Finger, vorsichtig. Mein Arm war eingeschlafen und die Finger kribbelten aber ich wollte meinen Arm auch nicht wegziehen. Brauchte ich dann auch nicht, denn Kilrian drehte sich auf die andere Seite. Im fahlen Mondlicht sah ich die Narben auf seinem Rücken silbrig schimmern. Die Erinnerungen daran wie sie noch vor Kurzem ausgesehen hatten stiegen in mir hoch. Rot und völlig entzündet.
Ich selbst drehte mich auf den Rücken und starrte an die Decke. Es würde wohl wieder eine schlaflose Nacht werden. Aber ich musste schlafen. Bevor die Firma endgültig eröffnet würde, hatte ich noch sehr viel Arbeit und die Zeit reichte bei weitem nicht aus um alles auf die Reihe zu bekommen. Ich hatte nicht nur Vorstellungsgespräche zu führen, sondern musste zudem auch noch den An- und Verkauf ans Laufen bringen. Was brachte es Kyel, wenn die Firma eröffnet würde, aber ich noch keine Kunden an der Hand hätte. Vizechef ist es denn zu fassen! Mit im Vorstand zu sein, das war schon eine Sache, aber Vizechef, … ich atmete tief ein. Ich konnte es mir immer noch nicht wirklich vorstellen. Ich könnte sogar, wenn ich wollte, seinem Vorstand Befehle erteilen. Sollte ich vielleicht auch so eine Art Vorstand bilden? Nun ich werde wohl warten müssen, wie das Geschäft anläuft. Vorher brauchte ich mir eigentlich keine Gedanken darüber zu machen.
So nebenbei hörte ich Kilrians Wecker. Ich brauchte gar nicht auf die Uhr zu schauen. Der Wecker klingelte immer zur selben Zeit. Mitten in der Nacht. Jeden Tag, auch am Wochenende. Es dauerte nicht lange, bis Kilrian aufstand. Innerlich schüttelte ich den Kopf. Irgendwann würde er zusammenbrechen. Aber hatte ich was zu sagen? Nö.
Ich muss dann wohl doch noch eingeschlafen sein. Mein Handywecker klingelte und weckte mich. Ich fühlte mich wie vor dem Kopf gestoßen. Eigentlich müsste ich doch an wenig Schlaf genauso gewöhnt sein wie Kilrian. Immerhin war ich lange genug 24 Stunden täglich für Kyel Kastner in Bereitschaft gewesen. Wenn er mich mitten in der Nacht anrief musste ich fit und hochkonzentriert sein. Aber ich war nicht mehr in Amerika, also warum kam ich nicht endlich zu Ruhe. Fand ich keinen Schlaf.
Ich stemmte mich hoch. Blickte mich im Schlafzimmer um und musste schmunzeln. Kilrian hatte sich noch nicht daran gewöhnt, dass er mit jemandem zusammenlebte. Seine Anziehsachen lagen überall am Boden und auf dem Stuhl verstreut. Mit Sicherheit, wenn ich in die Küche kam, wäre seine Kaffeetasse auch noch nicht abgewaschen und im Schrank verstaut. Der Filter würde noch immer in der Kaffeemaschine stecken. Im Bad der Rasierer, achtlos auf dem Waschbeckenrand, anstatt auf der Ladestation. Die Bartstoppel würden noch das Waschbecken zieren. Das Handtuch lag bestimmt noch auf dem Fußboden und die Dusche wurde auch noch nicht trockengerieben. Das einzige was Kilrian immer wegräumte war seine Zahnbürste und die Tube die er auch gewissenhaft verschloss. Da lobte ich mir Raphael. Er hatte alles gewissenhaft und mit so einer Inbrunst aufgeräumt, dass es mir sogar manchmal lästig war. Aber es war ordentlich und sauber.
„Das ist das mindeste was ich tun kann. Immerhin habe ich mehr Freizeit als du“, hatte Raphael immer gesagt, als es mir mal wieder auf die Nerven gefallen war. Ok. Jetzt war ich es, der mehr Freizeit hatte. Ich konnte mir die Zeiten zu denen ich arbeitete aussuchen. Jetzt noch. Ich stand endgültig auf.
Erledigte schnell die häuslichen Pflichten die ich mir selbst aufgebrummt hatte und machte mich anschließend auf den Weg um Kilrian zu suchen. Lange brauchte ich nicht. Er war in seinem Büro. Ohne anzuklopfen trat ich ein. Kilrian saß am PC und rauchte. Er wirkte übernächtigt, aber da war noch etwas anderes das mich erschreckte. Sein Blick. Weshalb er übernächtigt war, wusste ich. Immerhin hatte er wieder stundenlang einen Kunden bedient. Und erneut kam in mir die Frage auf, wie lange er das noch würde durchhalten können. Kilrian drückte seine Zigarette aus, sah mich an und obwohl ich schon fast jede seiner Gemütsregungen kannte, war ich in diesem kurzen Moment vollkommen verwirrt. Ich kannte diesen Blick von ihm nicht, er war so anders. Nein wie sollte ich es ausdrücken. Sein Ausdruck war nicht anders, er war leer. Ja, wirkte als ob man einem Toten ansah und dieser nicht wusste, das er bereits tot war. Kalte Schauer liefen durch meinen ganzen Körper.Erst als ich auf ihn zutrat änderte sich sein Blick, seine Augen erstrahlten und ein Schmunzeln zierte sein Gesicht.
Diese Leere war aus seinem Gesicht verschwunden. Als wäre sie nie dagewesen, hätte nie existiert.
„Ich muss mich fertig machen. Kyel wartet nicht gerne.“ Erneut kicherte er. Allein schon das Geräusch seines Kicherns und weil ich noch oft diesen Klang würde hören können, ließ die verstörenden Gedanken in den Hintergrund treten.
„Der ewige Sekretär.“
„Pah, Sekretär. Ich bin der Vizechef von Kastner Import & Export“, entgegnete ich ihm und legte mich in Pose. Jetzt war er nicht mehr zu halten und lachte aus vollem Herzen.
„O.K. Du Vizechef. Dein Chef wartet auf dich. Er braucht ein Taxi. Herr Vizechef, gehen Sie ihre Arbeit nach und spielen den Chauffeur.“
„Wenn schon dann Mr. Vizechef, bitteschön!“, ich zwinkerte ihm zu. Suchte seinen Mund. Willig war seine süße Zunge.
Als ich den Raum verließ, hörte ich wie Kilrians Handy klingelte. Allein schon der Klingelton verursachte leichtes Unbehagen. Tom du musst dich wirklich daran gewöhnen, dass du nicht die erste Geige spielst.
„Ja! … - Ah Alvin … schön wieder etwas von dir zu hören. …“ Ich schloss die Tür hinter mir. Atmete tief ein. - Wer war Alvin?
Wie gerne würde ich jetzt dem Gespräch lauschen, aber ich musste los. Kyel wartete wirklich nicht gerne und schon gar nicht, wenn ich einige Stunden weniger brauchte um zum Flughafen zu gelangen als er.
Nun gut, die Fahrt dauert nur eine knappe halbe Stunde. Ich musste schmunzeln als ich mich daran erinnerte, wie ich damals die Adresse zum Schwanenteich in das Navigationssystem eingegeben hatte, nicht ahnend, dass ich dort den Mann meines Lebens finden würde. Jetzt kannte ich den Weg aber was mich wunderte war, dass ich damals das Hotel nicht gekannt hatte. Immerhin hatte ich fast meine gesamte Kindheit in dieser Stadt verbracht. Ok, also die ganze Kindheit war es nicht gewesen. Meistens nur in den Ferien und auch da immer nur ein paar Tage. Da konnte es freilich sein, dass man nicht alles aus einer Stadt kannte. Eigentlich kannte ich gar nichts von der Stadt. Wahrscheinlich weil es Vaters Wille war, mich nirgends hingehen zu lassen. Den Grund dafür kannte ich mittlerweile. Würde ich mit der Mafia unter einer Decke stecken, würde ich meine Kinder genauso wenig auf einem Spielplatz mitten in der Stadt spielen lassen.
Ich parkte das Auto und lief in den Ankunftsbereich des Flughafens. Kontrollierte auf der Anzeigetafel ob der Flug von Kyel pünktlich landen würde. Ein paar Minuten hatte ich noch und so ging an einen Kiosk. Bestellte mir Kaffee und Currywurst. Ich hatte heute wirklich noch nichts gegessen oder zumindest noch nicht genügend. Aber als dann die Currywurst vor mir war, brachte ich kein Bissen runter, was nicht an dieser merkwürdigen Kombination lag. Ständig schwirrte mir die Gewissheit durch den Kopf, dass es für Kilrian zuviel wurde. Insbesondere seine Kunden sowie mich zu befriedigen. Vor allem mich. Ich hatte das Vorrecht auf ihn, auch auf seinen Körper. Aber vor allem gehörte mir seine Liebe. Seine Liebe war mir sehr viel wert. Aber liebte er mich überhaupt? Mir wurde übel. Schmiss die Currywurst und den Kaffee weg. Der Hunger war mir vergangen und der Kaffee schmeckte nach Pappe.
Kyel kam zusammen mit Aiden auf mich zu. Kurz umarmten wir uns und ich gab Aiden die Hand. Eigentlich müsste ich Aiden bemitleiden, weil er jetzt anstelle von mir, nun der Laufbursche für Kyel war, aber ich konnte nicht. Ein Grinsen stahl sich in mein Gesicht und Aiden wusste ganz genau warum.
Er verdrehte nur die Augen.
„Glückwunsch zur Beförderung!“ Ich nickte.
„Ebenfalls!“ Wieder verdrehte er die Augen und schüttelte leicht den Kopf. Er hatte wirklich einen sehr großen Sprung in der Firma getan. Vom Lehrling zur Aushilfe zurück zum Lehrling, also mein Lehrling, und dann zum Laufburschen. Ok 'Privatsekretär von Kyel Kastner'. Kurz blickte ich mich suchend um.
„Wo ist Sascha?“ Kyel lächelte leicht. Ich ertappte mich dabei, dass ich Deutsch gesprochen hatte„Mit Vivi auf der Toilette. Sie hatte sich während des Landeanfluges vollgespuckt.“, antwortete Kyel ebenfalls auf Deutsch und ich musste ihn wohl angesehen haben, wie ein totaler Volltrottel.
Ich konnte es mir einfach nicht erklären, die ganze Zeit seit Tom und Kilrian nach Deutschland zurückgeflogen waren, quälte mich ein ungutes Gefühl. Ich konnte nicht den Finger drauf legen, aber irgendetwas lief falsch. Trotz meiner stetigen Nachfragen, wie es mit dem Aufbau der neuen Firma stand, bekam ich immer wieder nur die gleichen nichtssagenden Antworten. Auch selbst bei den simpelsten Fragen, wie es ihm geht oder ob er sich schon etwas eingelebt hatte, …
„Ja!“, oder „Alles gut!“
Mehr nicht. Aber wie sollte es denn auch anders sein. Das war Tom. Ich wusste bis heute nicht, warum er sich permanent geweigert hatte, nach der Arbeit nach Hause zu gehen. Er schwieg darüber. Tom war schweigsamer als ein Grab. Von einer Wand, wenn man dagegen rennt, bekam man eher eine Antwort. Nun gut! Eigentlich sollte es mir egal sein.
Dennoch, etwas passte nicht. Für mein Empfinden lief es in Deutschland viel zu glatt und das machte mich fertig, misstrauisch. Wenn ich an meinen Start zurückdachte, kam mir das Grausen. Ok ich hatte nicht so viele Ressourcen zur Verfügung wie Tom jetzt. Um ehrlich zu sein, ich hatte gar keine, nur die Bankkredite besaß ich, ansonsten überhaupt nichts.
Ich klappte meinen Laptop zu und blickte aus dem Panoramafenster auf die Stadt. Es klopfte an der Tür und ich wartete bis die Person ohne Aufforderung in mein Büro kommen würde. Darauf konnte ich lange warten. Diese Person die das täte war meilenweit weg. Ich atmete ein und rief 'Herein'. Aiden lugte durch die Tür und meinte, er habe noch Unterlagen die zu unterschreiben waren. Ich nickte nur mit dem Kopf und deutete die Richtung, damit er mir den Klump auf dem Tisch ablegen sollte. Danach verschwand er wieder.
Leicht schüttelte ich den Kopf, als mir diese Höflichkeit ein Stich durch mein Herz gejagt hatte. Wie sollte es denn auch anders sein? Aiden war eben nicht Tom. Nicht einmal, wenn er irgendwann einmal mal mein Schwager werden sollte. Schwager! Was? Aber so abwegig war es nicht. Immerhin waren Sarah und Aiden fast genauso lange zusammen, wie Sascha und ich. Ok, Sarah kam an ihrem 19 Geburtstag mit Aiden zusammen und seitdem waren sie ein Herz und eine Seele. Hier konnte man auch sagen, es war Liebe auf den ersten Blick.
Eigentlich, wenn man es genau betrachtete, läuteten bei ihnen bereits die Hochzeitsglocken. Nur wissen taten sie es noch nicht.
Ab wann waren Sascha und ich eigentlich richtig zusammen gewesen? Es hatte lange gedauert. Aber wenn man es genau betrachtete, waren wir bereits seit unserer ersten Begegnung im High Skills zusammen, nur wussten wir es zum damaligen Zeitpunkt noch nicht. Gott, wenn ich an diese Zeit zurück dachte, wurde es mir mulmig. Genauso wie gerade eben. Ich hatte heute noch einen schweren Gang vor mir bevor ich nach Deutschland reiste.
Ich ging an mein Telefon und rief Aiden an der Anmeldung an. Sofort ging er ran und ich fragte nach, ob und wann der Flug nach Deutschland ging.„In zwei Tagen. Kyel. Das habe ich dir aber bereits gesagt.“ Kurz schmunzelte ich und kniff die Augen zusammen.„Aiden! Ich weiß das, aber du musst immer ruhig bleiben, egal wie oft die gleiche Frage kommt.“ Ich hörte nur ein Shit am anderen Ende und legte auf.
Ja Aiden, es ist noch nie ein Meister vom Himmel gefallen. Schade, dass Tom dir nichts mehr beibringen kann. Du hättest noch so viel von ihm lernen können. Aber ich wäre nicht dein Chef und ein guter Freund von Tom und bald dein Schwager, wenn ich dich nicht unter meine Fittiche nehmen würde. Und wieder klingelte ich bei ihm durch.
„Ja!“
„Aiden das heißt Kastner Import & Export Sie sprechen mit Mr. Thomson. Du musst immer höflich und diskret sein.“
„Ich habe es aber gesehen, dass du anrufst und …“
„Das hat nichts zu sagen. Irgendwann werde ich bei dir durchklingen, auf Lautsprecher geschaltet haben und ein Kunde sitzt mir gegenüber. Wie würde es nach deiner Meinung sich anhören, wenn der eigene Sekretär mit 'Ja, was denn' daherkommt. Oder warte mal ich hab gerade Pause.“ Er kicherte. Ich hingegen schloss wieder meine Augen. Ich war ihm nicht böse. Wirklich nicht. Eigentlich wäre es mir sogar lieber, er würde mehr aus sich herauskommen. Aber ich denke, ein paar Jahre unter meinen Fittichen und er wäre annähernd so gut wie Tom.
Tom!
Scheiße ich vermisste ihn, mein ewiges Inventar.
„Aiden sag Sascha Bescheid, dass ich heute etwas später nach Hause komme.“
Ich stieg in mein neues Auto und blickte auf das Armaturenbrett. Schnaubte ein und dieses ungute Gefühl stieg mir bis in meine Kehle. Wo war nur meine innere Ruhe geblieben, die aufkam, als ich in den Jaguar gestiegen bin. Weg. Der Jaguar, Sascha liebte das Auto. Doch bei mir hinterließ es immer einen fahlen Nachgeschmack. Nicht, weil Sascha es liebte, sondern, weil ich mir das Auto nur wegen Paul zugelegt hatte. Wenn ich dann eingestiegen war, war es, als ob ich zu einem anderen Menschen wurde. Einem dem nie was passieren konnte. Einem der jeden und alles im Griff hatte. Zu einem Dom. Ich wurde zu einem Dom. Ich war ein Dom, doch jetzt lag diese Neigung irgendwo in meiner hintersten Ecke verborgen, bei meinem dunklen Verlangen.
Sicherlich wünschte Sascha sich hin und wieder etwas härter angefasst zu werden, doch ich musste wirklich zugeben, mir reichte es nicht. Es war zu wenig. Für mich zu wenig. Ok ich verlangte nicht, dass er ständig mein Sub sein sollte. Sascha nahm auch hin und wieder den Part des Top ein. Aber danach wünsche ich mir jedes mal, der Jaguar würde in der Garage auf mich warten. Es war zum aus der Haut fahren.
Vom Firmengeländer fuhr ich runter und steuerte mein zweites Anwesen an. Es lag einige Meilen außerhalb der Stadt. In den letzten Jahren stand es leer. Ich hatte es für Sascha oder Viviane behalten. Doch nun wusste ich, wenn ich hier fertig war, dass ich es verkaufen würde. Ich war mir unschlüssig, schon allein wegen Sascha. Ich hätte nie gedacht, dass unsere Liebe so lange halten würde sondern dass sie irgendwann in die Brüche gehen würde. Deswegen behielt ich das Anwesen, damit Sascha ein Dach über den Kopf hätte. Doch die Götter schienen mir gnädig zu sein.
Loris der mein Kommen bereits mitbekommen hatte, immerhin hatten die ehemaligen Red Eyes sämtliche Satelliten unter Kontrolle, wartete bereits an der Tür. Er hob nur kurz seine Hand zum Gruß und schien überhaupt nicht von seiner derzeitigen Beschäftigung begeistert zu sein. Es war auch wirklich viel verlangt. Auf IHN aufzupassen. Ihn ständig ruhig zu halten.Ich stieg aus dem Auto und frage ob alles gut war. Loris nickte nur.„Meine Tochter ist gar nicht einverstanden, dass ich schon wieder das Vaterwochenende in den Sand setze.“ Da ich wusste, wie er es meinte, zuckte ich nur mit den Schultern. Seine Tochter war bereits erwachsen und hatte selbst Kinder. Nachdem Loris Kinder aus dem gröbsten heraus waren, hatte sich seine Frau von ihm getrennt. Loris hatte es gefasst aufgenommen, denn er wusste bereits, dass seine Frau ihn schon immer betrogen hatte. Eigentlich waren sie nicht einmal verheiratet, er blieb nur wegen der Kinder bei dieser Frau. Vielleicht aber auch nicht. Egal. Diese Beziehung die sie geführt hatten, konnte man als ziemlich 'offen' bezeichnen. Sie wusste, dass er es auch mit Männern trieb und er wusste, dass sie ständig und immer einen anderen hatte. Na ja … verzwickt und verworren. Keine Ahnung wie ich das erklären soll. War mir auch ganz egal.
Ich ging ins Haus. Umschauen tat ich mich nicht. Dieses Haus hatte keine Bedeutung und so ging ich direkt in das Zimmer in dem 'Er' lag. Wie jedes mal, wenn ich hierherkam, spielte die gleiche Melodie. Kurz überprüfte ich die Anlage, das Lied stand auf Repeat. Dieses Lied wurde immer und immer wieder wiederholt. 24 Stunden am Tag. Sieben Tage die Woche. Tag und Nacht. Immer und immer wieder. Ich wusste das er dieses Lied hasste.
Langsam trat ich näher an das Bett. Er lag fixiert und geknebelt darauf. Sein Blick an die Decke gerichtet. Von ihm kam keine Regung.„Schau mich an!“, immer noch keine Regung. Leicht schmunzelte ich. Sein Wille war beachtlich, doch ich wusste, all zu lange würde er dieser sanften Folter nicht mehr standhalten können. Ich betrachtete ihn, in diesem Moment fiel ein Tropfen Wasser von der Decke auf seine Stirn. Kurz zuckte er zusammen.
„Gut, du hast wieder eine Stunde überstanden. Aber du weißt, dass sich der Zeitraum immer etwas verringert. Und wenn die Tropfen jede Sekunde auf deine Stirn tropfen, dann hoffe ich, hast du genug Buße getan um deinem Gott entgegenzutreten. Aber bis dahin, hast du ja noch etwas Zeit …
… Nigel …
… Clancy …
Seinen Namen flüsterte ich nur, doch ich wusste, dass es in ihm eine enorme Reaktion hervorrief. Solange ich ihn mit seinem Namen ansprach, solange brauchte er sich keine Gedanken darüber machen, was mit ihm passieren würde.
Loris und den anderen waren es verboten worden, ihn mit seinem Namen anzusprechen. Soweit ich es mitbekommen hatte, nannten sie ihn einfach 'hey du'.
Ich trat aus dem Zimmer und schloss die Tür hinter mir. Zu Loris gewandt meinte ich nur, dass ich für ein paar Tage nach Deutschland reisen würde.Er gähnte herzhaft. „Geh du nur. Wir machen das schon. Ach ja, er ist dabei sich einen Dekubitus zu holen. Also einen Arzt müsste man schon langsam einweihen.“Ich nickte nur und ging in die Küche. Sie sah total versaut aus. Aber mir war es egal. Loris, Hilal und Gerbert mussten damit zurechtkommen. Aus einer Schublade nahm ich einen Zettel und Stift. Schrieb einen Namen mitsamt einer Nummer darauf.
„Wenn dieser Arzt einmal ran darf, dann ist er sehr verschwiegen. Er liebt es seine Patienten auf sehr drastische Art zu heilen. Wenn du ihn herbeorderst, achte bitte darauf, dass es innerhalb dieser Stunde ist und decke sein Gesicht ab. Er darf nie das Gesicht eines seiner speziellen Patienten sehen“, kurz nickte ich in Richtung des Zimmers in dem Clancy lag. „Geld überweise ich dir auf das Konto, damit du die Medikamente bezahlen kannst.“
„Und den Arzt?“ Ich schüttelte mit dem Kopf.
„Seine Bezahlung, nein Belohnung ist die 'sorgenfreie Behandlung' seiner Patienten.“ Ich zwinkerte Loris zu, der nur mit den Kopf schüttelte.
„Zu uns sagen sie Monster, was ist dann der Arzt?“
„Ein Sklave, der während seiner Behandlung zum extremen Sadist wird. Sein Master sitzt während der Behandlung im Auto und verfolgt alles. In dieser Zeit, hast du das zu befolgen was der Sklave dir sagt. Du stellst keine Fragen, redest ihn nicht an. Wenn du sagst du willst dabei sein, dann stell dich darauf ein, dass du genauso in seine Behandlung mit reinrutschst. Wenn du sagst, du bleibst in der Nähe, sollte er was benötigen, wirst du ihm nur zur Hand gehen und wirst vom Arzt ignoriert“ Loris blickte mich verdattert an.
„Ich mein jetzt das Telefongespräch. Du redest mit seinem Master und machst alles aus. Mit dem Sklaven darfst du auf keinen Fall reden, sonst wird die Behandlung abgebrochen und ich kenne keinen anderen Arzt der in der Szene ist und noch praktiziert. Obwohl es mir eigentlich egal ist, ob Clancy Schmerzen hat oder nicht.“
„Das weiß ich, aber Druckstellen vom Liegen einfach zu ignorieren ist nicht gut.“ Ich zuckte nur mit den Schultern.
So schnell ich konnte fuhr ich nach Hause. Sascha wartete bereits an der Tür. Seine Arme um den Oberkörper geschlungen, ich grinste leicht. Warum trat er aus dem Haus, wenn es minus 10 Grad draußen hatte. Ich schlug die Autotür zu und schon kam er auf mich zugerannt. Manchmal war er stürmischer, als ein Welpe.
„Hey! Was ist denn mit dir?“ Er grinste. „Was ist denn? Sag schon!“ Er war total hibbelig und ich mutmaßte dass wieder etwas mit Vivi war. Er war dann immer so aufgeregt mir die wichtige Neuigkeit zu berichten.
„Die Patientin hat sich freiwillig einweisen lassen, also habe ich für den Rest der Woche frei!“ Nichts war mit Vivi. Es ging um ihn selbst. Mein Herz machte Luftsprünge und ich freute mich ein paar Tage mit Sascha verbringen zu dürfen.
„Ist nicht dein ernst! Du nimmst dir wirklich frei?“ Er knuffte mir in die Seite und wir gingen eng umschlungen ins Haus.
„Kilrian hat sich riesig darüber gefreut, dass Vivi und ich doch noch mitkommen.“
Nach der Hiobsbotschaft von First, tat ich alles, umso schnell wie möglich von ihm wegzukommen.Ich und sein Nachfolger war wie ein Witz gleich. Noch immer juckte die Hysterie an meine Kehle, die unbedingt mit einem Geräusch, was man eigentlich als Lachen bezeichnete, raus wollte.
Ich stand an der Rezeption und starrte durch die Eingangstür. Ich sah nur weiß. Alles war weiß und so langsam verfluchte ich den Winter. Sam und Mario schoren den Parkbereich für die ankommenden Hotelgäste frei.
Ja stimmte! Kyel und Sascha mit Vivi waren auf den Weg hierher. War ich überrascht als Sascha mir mitteilte, dass er doch mitkam. Leicht musste ich schmunzeln. Erst sahen wir uns viele Jahre nicht. Vor zwei Jahren kam erst wieder der Kontakt über Skype zustande. Und nun sah ich Sascha innerhalb von einem Monat das zweite Mal.
Unser erstes Zusammentreffen war mit salzigem Nachgeschmack und das Kommende mit schrecklichen Nebenwirkungen. Ich wusste, dass er nicht nur wegen mir nach Deutschland kam, sondern um mir sein tiefes Beileid auszusprechen und meinem Vater die letzte Ehre zu erweisen. Auch er hatte meinen Vater geliebt, …
Mario und Sam vollführten eine Schneeballschlacht. ›Ferien was?‹ Wie gerne würde ich auch wieder Ferien haben, aber die Zeiten waren vorbei. Meine Schulzeit, sofern ich welche gehabt hatte, lag eh im tiefsten Nebel. Gepaart mit vielen, vielen erniedrigen Erinnerungen. Die beiden waren endlich fertig und kamen völlig durchnässt zu mir.
»Die Putzfrau war bereits, da!« ich zeigte auf ihre Schneespuren. Mario kicherte nur. Schnappte sich Sam und verschwand sonst wo hin. Ich selbst verfiel wieder in meine Starre. Seit Tagen verfolgte mich ›First‹. Vor allem die Aussage, dass ich sein Nachfolger werden sollte. Es war zum Verzweifeln und ich wusste, dass diese Eröffnung nicht das Einzige war. Es kam bestimmt noch irgendetwas. ›First‹ ließ sich nicht so einfach abspeisen, so wie ich es getan hatte. Er hatte, noch was in seiner Hinterhand, nur kam ich nicht drauf, was es sein konnte. Aber solange er mir meine Ruhe ließ, sollte ich lieber auf das was noch kommen mag vorbereiten sein. First war ein Mann, den ich bis heute nicht durchschauen konnte. Wechselhaft, launisch und auf das äußerste brutal. Vor allem und dies wurde mir bei dem letzten Besuch klar, war ich ihm immer noch verfallen. Dieser Mann musste weg. Weg aus meinem Leben, weg aus meinem Verstand. Doch wie sollte ich es anstellen? Ihn umbringen? Wer würde das denn machen? First war zwar nur ein kleiner Fisch in der Unterwelt, dennoch hatte er einen hohen Bekanntheitsgrad.
Sollte ich mich darum kümmern? Ich würde es nicht schaffen, den Abzug zu drücken, nicht einmal, wenn ich 20 Jahre auf ein Foto mit seinem Gesicht schießen würde. Für mich reichte allein schon seine Stimme, dieses Timbre, und der Schalter würde sofort klick machen, um mich devot werden zu lassen.
Ich sah, wie Tom wieder zurückkam. Ein anderer junger Mann Kyel die Tür aufhielt und Tom Sascha aus dem Auto steigen ließ. Sascha beugte sich sogleich wieder in das Auto und ein Knäuel rausholte. Ich spürte, wie ich schmunzelte. Vivi ein Feger und sie hatte Sascha sowie Kyel ganz schön um den Finger gewickelt. Der junge Mann und Tom machten sich am Kofferraum zu schaffen. Ich sah, wie sie die Koffer rausholten. Meine Güte, hatten die Vier vor, über das ganze Jahr hier zu bleiben?
Tom brachte die Herrschaften ins Hotel und steuerte sogleich den hinteren Bereich der Rezeption an. Schloss das Kästchen, indem ich die Zimmerschlüssel aufbewahrte auf und holte diese auch sogleich raus. Ich fragte mich nicht, woher er wusste, für welches Zimmer welcher Schlüssel benötigt wurde. Sofort sprang Sam durch meine Gedanken. Viel Zeit verbrachten Tom, Sam und Mario zusammen, wenn ich arbeiten war.
Ich hingegen trat vor die Rezeption und nahm Sascha, sofern es mit Vivi auf seinem Arm möglich war in die Arme. Begrüßte Kyel und reichte dem jungen Mann, den ich als Sarahs Freund Aiden erkannte, die Hand.
Natürlich ließ ich es mir nicht nehmen, dass ich meine Freunde selbst zu ihren Zimmern geleite.
Tom war noch immer mit den Neuankömmlingen unterwegs. Keine Ahnung, wie lange er fortblieb, aber ich machte mich für das Bett fertig. Scheiße war ich geschafft, mehr noch als, wenn ich die Nacht mit einem Kunden verbrachte. Kunde, ja ... soviel ich wusste, hatte Alvin mich gebucht. So nahm ich das Handy und rief die letzte Nachricht ab. Ging an meinen PC und kontrollierte die Eingänge des Kontos. Nichts. Noch war nichts gebucht worden, also konnte ich nun wirklich etwas Realexen. Was allerdings mit der Tatsache und dem Wissen, was First vom Stapel gelassen hatte, schier unmöglich war. Ich und Nachfolger! Ein Grinsen stahl sich in mein Gesicht, was ich nicht unterdrücken konnte. Shit ich verfiel langsam aber sich in die Hysterie.
Und doch so abwegig war das nicht. Obwohl ich eine tiefe Abneigung gegen diesen Mann hegte, kam mir dennoch das Angebot recht. ›Zeth ich brauche dich und diesmal nicht um zu ficken, sondern um First ein gerechter Nachfolger zu werden‹. Gerechter Nachfolger, dass ich nicht lache ...
Mein Wecker tat wie immer seine Arbeit und Tom, der als erster dieses unmögliche Piepsen vernahm, beugte sich über mich und schaltete ihn aus.
»Bist du schon wach? Oder schläfst du noch?« sanft strich seine Lippe über meine Stirn.
»Beides.«
»Gestern warst du gar nicht mehr ansprechbar und hast geschnarcht, als ob du in der Sahara die letzten Bäume abgesägt hättest.«
Dieser Spruch war sowas von unmöglich und unlogisch, dennoch musste ich kichern.
»Tja, jetzt kann sich die Sahara endlich als Saharawüste bezeichnen«, murmelte ich noch etwas schlaftrunken und doch ziemlich wach, dass ich Tom zu mir runterzog. Ich suchte seine Lippe, die ich sanft küsste. Mit meiner Zunge über sie strich und damit leicht fordernd in seinen Mundinnenraum eindrang. Sein Geschmack bombardierte meine Sinne. Berauscht von ihm wurde ich immer leidenschaftlicher. Tom übernahm die Initiative, drehte mich auf den Bauch und fuhr mit seinem Finger über meinen Rücken. Ich biss mir auf die Lippe. Dieses Gefühl war der Wahnsinn. So sanft, so leicht und doch so intensiv.
Tom hob meine Hüfte an und ich selbst stemmte mich ab. Drückte mich ihm entgegen und hieß ihn mit einem Stöhnen willkommen. Er füllte mich aus. Ich ging in seinen Rhythmus ein und vollkommen auf. Wir waren eins. Wir gehörten zusammen und nichts und niemand konnte uns trennen. So war mein Gefühl und doch, schob sich etwas in unsere Zweisamkeit. Etwas Grausames und abgrundtiefes Dunkles. Etwas, was ich in mein hinterstes Dasein vergraben hatte. Etwas, was ich nie wieder sein wollte und doch war und immer sein werde.
›Der wahre Zeth. Die rechte Hand von First‹
Aber konnte ich so sein? Wieder so sein? Dieses elendige, nur auf sich schauende Monstrum? Der weggeschaut und mitgemacht hatte, wenn jemand bestraft wurde, wenn jemand erzogen wurde. Dies und viel mehr Gedanken schoben sich in den Vordergrund, während das heiße Wasser meinem Körper hinabrieselte. Sehr langsam wurde ich meinen Gedanken bewusst und schüttelte mich innerlich. Zeth! Was? Doch es musste sein. Es musste wirklich sein, damit ich endlich Ruhe vor First hatte. Er hatte mich als Nachfolger erwählt, dann sollte er mich auch als Nachfolger bekommen. Ich trat aus der Dusche und trocknete mich ab. Am Waschbecken stand Tom. Er rasierte sich und unsere Blicke trafen sich.
»Warum bist du aufgestanden?« er grinste mich nur an, schaltete den Rasierer ab und nahm seine Zahnbürste. Ich gab es auf und zog mich an.
»Heute soll es schneien«, sagte er, als er sein Mund ausgespült hatte. Nun war ich es, der grinste oder zumindest etwas lächelte.
»Ist im Januar nichts Neues«, erwiderte ich und trat neben ihn. Aus einem inneren Impuls heraus legte ich meinen Arm um ihn, legte meinen Kopf auf seine Schulter und drückte ihn kurz an mich. So hatte ich es oft mit den Frischlingen gehandhabt und ich erkannte, dass ich endlich bereit war. Schnell verabschiedete ich mich, fragte, ob er Abend zuhause war, und ging anschließend.
Mein erster Weg führte in den VIP-Bereich und klopfte an die Tür, an der ebenfalls wie bei meiner Tür ein ›Privat‹ Schild hing. Sicherlich hätte ich anrufen können, aber so hatte ich das Gefühl, das es besser war. Ein Gefühl des Abschiedes, obwohl es keins war.
Makaber, aber mir kam Sam in den Sinn. Der eine Wette mit Mario am laufen hatte. ›Der Schein muss bewahrt werden‹. So war es bei mir. Ich musste den Schein wahren, und wenn es das Letzte war, was ich tat um endlich, wirklich endlich frei zu sein.
Noch einmal klopfte ich und endlich machte mir ein strubbeliger blonder junger Mann auf. Auf den ersten Blick war er eine Augenweide, denn wenn ich könnte und zudem Lust hätte, bestimmt nie von der Bettkante geschubst hätte. O. k., einmal hatte ich eine kleine Kostprobe bekommen. Die hatte gereicht, denn auch wenn ich ein Callboy bin, fische ich nicht in fremden Gewässern.
»Sam wecke Mario. Ich muss mit euch reden.«
»Gott! Schau mal auf die Uhr! Hast du überhaupt eine Ahnung, wie spät es ist?«
»Ja, es ist kurz vor 6 Uhr!« ich wartete nicht, bis er mich reinließ. Ich bahnte mir den Weg in das Zimmer. Ein kurzer Blick genügte, um zu wissen, dass hier in den letzten Tagen nicht aufgeräumt wurde. Aber dies interessierte mich nicht. Das ist der Privatbereich von Sam und meinem Cousin Mario.
Geduldig wartete ich, obwohl ich keine Geduld mehr besaß, denn ich hatte das Gefühl, mir rannte die Zeit davon, bis Sam Mario endlich geweckt hatte. Erst als Mario mir folgen konnte, denn Sams Nerven waren schon auf Spannung, legte ich mein Anliegen vor. Das einzige was Mario von sich gab, war: »Du hast jetzt vollkommen den Verstand verloren.«
Als Kilrian mich so in den Arm genommen hatte, beschlich mich ein ungutes Gefühl. Es hatte eine Art an sich, als ob es ein Abschied war. Doch leider konnte ich mich mit dem nicht auseinandersetzen, denn ein schwerer Gang lag vor mir. Sascha wollte unbedingt Malte die letzte Ehre erweisen. Sie hatten vor ein paar Tagen keinen Flug mehr bekommen, um bei der Beerdigung dabei zu sein.
»Wo ist Kil?«, fragte Sascha. War ja abzusehen, dass dies kam.
»Er hat etwas zu erledigen. Außerdem, und sei ihm nicht böse, ist es besser, wenn er im Moment, davon, etwas Abstand bekommt. Er hatte seinen Vater sehr geliebt.« Ich hoffte, dass der hallodrie Sascha dies verstand. Er musste es einfach verstehen. Zu meiner Verwunderung nickte er.
Kaum waren wir am Grab von Malte, kam mir die Erinnerung von Kilrian in den Sinn, wie er sich stark gab. Wie er versucht hatte, gelassen zu wirken, wie er kläglich gescheitert war und ich ihn mit Umwegen zurück ins Hotel gefahren war, damit er seinen Tränen freien Lauf lassen konnte. In diesem Moment war er wirklich sehr verletzt und ich fragte mich ständig, wie er die Trauergesellschaft ›erheitern, beschäftigen und unterhalten‹ konnte, obwohl er selbst in tiefer Trauer lag. Er hatte es geschafft. Er hatte sich wieder hinten angestellt und auf alles verzichtete, obwohl er eigentlich derjenige war, der im Mittelpunkt stehen sollte. Aber nein, es war seine Mutter. Sie gab sich zum besten und Kilrian wurde buchstäblich übersehen. Niemand war da, der ihn gestützt hatte, niemand, außer ich.
Eine Berührung auf meiner Schulter ließ mich in die Realität zurückschicken und ich blickte in das Gesicht meines Chefs.
»Alles in Ordnung?« nur ein Nicken brachte ich zustande.
»Sorry, musste nur an die Beerdigung denken ...« war alles, was ich rausbrachte. Alles andere ließ ich ungesagt. Ich sagte nichts darüber, dass Kilrian sich von mir fast ›vergewaltigen‹ lassen hatte. Und Nichts davon, dass er aggressiv zu sich selbst war. Gar nichts.
Kyel schien sich damit zufriedenzugeben, doch ich kannte ihn inzwischen sehr gut, dass ich wusste, dass er irgendwann nachhaken würde, oder wohl doch nicht. Immerhin hatte er auch irgendwann aufgegeben zu fragen, warum ich ständig in seinem Büro übernachtet hatte. Doch so wie ich den Teufel kannte, wusste Kyel bereits bescheid, nur sagte er dazu nichts. Ich hoffte, dem war nicht so. Denn wenn es so sein sollte, hatte ich einen Chef, der sehr kulant war. Ich betete zu Gott, dass er von meinem Vater nichts wusste, denn dann wüsste ich nicht mehr, wie ich ihm ins Gesicht schauen konnte, ohne mich verkriechen zu wollen. Nein. Nicht verkriechen, beschützen. Das passte besser, denn mein Vater vernichtete jeden und alles, der über ihn bescheid wusste.
Die Fahrt zurück zum Schwanenteich verlief ruhig. Nur hin und wieder hörte man das Martinshorn oder ein Polizeiwagen fuhr an uns vorbei. Dieser Winter war wirklich der schlimmsten seit den letzten zwanzig Jahren. Seit Wochen lag die Temperatur unter dem Gefrierpunkt und die Schneemasse war gar nicht mehr zu bändigen.
»Ich will was vom Bäcker. Nougathörnchen oder einen Amerikaner.« vernahm ich Sascha. »Tom hier biegst du links ein ... und ... jetzt halt.« Sascha und Kyel stiegen aus. Ich tat es ihm gleich und betrat ebenfalls den Laden. Hier roch es noch wie Weihnachten. Sascha hatte bereits seine Bestellung aufgegeben und fragte auf englisch was Kyel wollte. Er zeigte auf die Wiener im Schlafrock. Sascha bestellte es und drehte sich zu mir um.
»Was willst du?«
»Das gleiche wie Kyel.« er nickte und gab es der Verkäuferin weiter. Mit unseren Köstlichkeiten behaftet stiegen wie wieder ein und nahmen jetzt endgültig die restliche Fahrt zum Schwanenteich auf.
Den zweiten Tag waren Kyel und Sascha bereits da und wie sollte es auch anders sein, spannten die mich überall mit ein. Natürlich blieb die neue Firma irgendwo hinten liegen. Langsam fragte ich mich, was Aiden machte. Er wäre nun für die Herrschaften zuständig und ich nicht mehr. Aber was solls. So viele Jahre unter Kyel gearbeitet, ich denke, alte Eigenschaften konnte man eben nicht so schnell aufgeben.
Ich war auf dem Weg zur Rezeption und sah schon vom weiten die Person, die ich suchte. Er stach heraus. Seine gut frisierten Haare, sein schwarzer Anzug, er trug noch immer schwarz, selbst wenn er bei sich zuhause war, hatte er dunkle Sachen an, und dieses ewige Lächeln in seinem Gesicht, obwohl ich wusste, dass ihm gar nicht zum Lachen zumute war. Als er mich erblickte, nickte er kurz und ich verzog mich zu einem Ecktisch im Gastraum. Ich sah, dass das Frühstücksbuffet abgeräumt wurde und Mario mich immer wieder von der Seite anschielte. Nun war ich etwas über einen Monat mit Kilrian zusammen und er konnte sich damit immer noch nicht abfinden. Langsam fragte ich mich, was Mario gegen mich hatte. Ob er überhaupt was gegen mich hatte oder er einfach nur ein Gefühl in sich trug, der besagte, wenn ich den sehe, dann geht in meiner Hosentasche das imaginäre Taschenmesser auf. Oder aber Mario hatte den Beschützermodus für Kilrian immer noch nicht abgestellt. Aber ich ließ mich nicht beirren. Im Moment hatte ich mit Mario und Sam so gut wie nichts zu tun. Vielleicht änderte es sich im Laufe der Zeit einmal.
Kilrian kam auf mich zu und setzte sich mir gegenüber. Er rief Mario, dass er uns etwas zum Trinken bringen sollte. Wenige Sekunden später standen die Getränke vor uns. Kilrian nippte an seinem und offenbarte mir sogleich, dass er heute Abend bei einem Kunden sei. Na toll, dachte ich nur.
»Soll ich dich fahren?«, fragte ich stattdessen. Er nickte und seine Augen leuchteten auf. Ich sah die Vorfreude in ihnen. Die Vorfreude, wenn er heimkam und ich ihn mit all seinen Sinnen verwöhnte. Kirlian brauchte es, um abzuschalten, um neu anzufangen, um wieder er selbst zu werden. »Gut, wann musst du los?« er schaute auf seine Armbanduhr.
»Hat noch zeit, es ist ja erst kurz vor Mittag. Sag mal, was unternimmst du heute noch mit Sascha ...?«
»Nichts. Ich habe mir frei genommen. Außerdem ist Aiden da. Außerdem muss ich mich noch um die Eröffnung der neuen Firma kümmern. Kyel hat mir schon wieder neue ›Muster‹ unterbreitet, die er unbedingt erfüllt haben will.« Kilrian kicherte und nippte wieder an seinem Getränk.
»Na dann sehen wir uns kurz daheim.« winkte er mir zum Abschied. Ich selbst trank noch aus, brachte das Glas zurück in die Küche und machte mich auf dem Weg in die neue Firma.
Neue Firma, irgendwann in, wer weiß, in wie vielen hundert Jahren das sein würde. Nachdem ich mich wieder einmal überzeugt hatte, dass mit der Renovierung der neuen Firma alles glattging und ich den gefühlten tausenden Bewerber angesehen hatte, wollte ich zurückfahren. Ein Bad nehmen und warten bis Kilrian mit dem Hotel fertig war, doch ich sah Kilrians Auto in die Straße einbiegen, in der mein Vater das Ferienhaus hatte. Schock! Mein Herz fing zu raßen an. Ich spürte, wie mir die Gesichtszüge gefroren und aus einem Ruck heraus, setzte ich den Blinker und fuhr ihm nach. Inständig hoffte ich, dass er weiterfuhr. Nein! Das Auto hielt auf der gegenüberliegenden Straßenseite und etwas Blondes stieg aus. Das war nicht Kilrian, das war ... Sam. Hä? Was machte Sam in dieser Gegend? Unweit hielt ich hinter Kilrians Auto und beobachtete Sam. Er sperrte es zu und ging um das Auto herum. Jetzt fühlte ich mich etwas erleichtert. Gott sei Dank ging er zu einem anderen Haus. Nur mein Herz wollte sich nicht beruhigen. Es schlug immer noch viel zu kräftig.
›Tom du machst dir eindeutig viel zu viele Gedanken‹, ohne weiter Notiz von Sam zu nehmen, fuhr ich aus der Straße heraus und trat jetzt endgültig den Nachhauseweg an.
Wie schon vorhin geplant gönnte ich mir ein Bad. Wahrscheinlich war ich eingeschlafen, denn ein sanfter Finger fuhr meine Konturen im Gesicht nach. Ich schlug die Augen auf, erblickte Kilrian, der bereits nackt war, der mich aufforderte etwas vor zu rutschen, damit er hinter mir in die Wanne steigen konnte.
»Dein Wasser ist kalt. Wie lange bist du schon in der Wanne?«
»Keine Ahnung muss wohl eingeschlafen sein« gab ich nur drauf, weil mir war es nicht bewusst geworden, dass das Wasser bereits beim Abkühlen war. Als ich Anstalten machen wollte, das heiße Wasser aufzudrehen, hielt Kilrian mich davon ab. Nicht nur das, seine Hände nahmen wieder diesen Hauch von Nichts auf und die Wirkung, die ich dadurch empfand, war beachtlich. In seinen Händen wurde ich entweder zu einer schnurrenden Katze oder zu einem wilden Tiger. In diesem Fall zu einer Katze. Seine Hände waren magisch.
Kilrian nannte mir das Hotel, in das er gebracht werden wollte. Hotel Anita, eine sehr starke Konkurrenz, wie ich es in der Zwischenzeit bereits mitbekommen hatte. Ich hielt auf dem geteerten Parkplatz und Kilrian stieg aus. Auch wenn ich es nicht wollte, so musste ich ihm hinterherschauen. Wie schon damals vor dem Krankenhaus, als Kilrian seinen Vater das letzte Mal sah, wehte sein schwarzer Mantel im Wind. Ein einsamer Kämpfer. Ja das war er. Nur diesmal ging er nicht ins Krankenhaus, sondern zu einem Kunden. Wie oft hatte ich ihn bereits zu einem Kunden gefahren? Ich hatte das Zählen aufgehört und doch war es immer wieder das gleiche Gefühl, was in mir hochstieg, wenn ich ihm hinterherblickte und wusste, dass ich einige Stunden hier im Auto auf ihm wartete. Einsamkeit? Eifersucht? Ich konnte es nicht einordnen. Auch wenn ich es nicht wollte, so schnallte ich mich ab, stieg aus und lief ihm nach.
Zu Kilrian hielt ich gebührenden Abstand und hörte, wie er an der Rezeption den Namen Alvin Chip sagte und das er reserviert hätte. Das Mädchen war wahrscheinlich eine Auszubildende und überreichte ihm einen Schlüssel. Ich wartete kurz, bis er die Treppe raufging. Ich sah, wie er seine Armbanduhr abnahm, am Handy hantierte, wahrscheinlich schaltete er es aus und die Treppe weiter raufging. Er war aus meiner Sichtreichweite und ich ging an die Rezeption. Das Mädchen war nicht mehr da, aber dafür ein junger Mann, der mich ziemlich grinsend anlächelte.
»Guten Abend, mein Name ist Herr Setzer, was kann ich für Sie tun?« freundlich war er, daran kann man nicht meckern. Ich stellte mich als Alvin Chip vor und das ich ein Zimmer reserviert hätte. Dieser nickte und schaute in den Monitor,
»Ähm, da muss eine Verwechslung vorliegen. Ein Herr Alvin Chip hat bereits eingecheckt.« scheiße durchfuhr es mich. Nun musste mir was einfallen, aber was und sogleich auf der Stelle. Doch dann viel mir ein Vorfall ein, den ich mit Kyel hatte.
»Das kann schon sein. Mein Partner hat unter meinem Namen gebucht ...«
»Könnte ich dann Ihr Ausweis sehen?« Was nun?
»Das geht leider nicht, den hat mein Partner bei sich. Er hatte den Ausweis für die Buchung gebraucht!« Ich setzte mein schönstes Lächeln auf. Es viel mir nicht all zu schwer. Immerhin war ich jahrelang der Privatsekretär von Kyel Kastner. Der junge Mann nickte nur.
»Dann wird es Ihnen bestimmt nichts ausmachen, wenn ich auf seinem Zimmer anrufe!« ich schüttelte den Kopf. Noch bevor er wählen konnte, klingelte das Telefon.
»Rezeption, Xavier Setzer am Apparat, ... ja ... so eben angekommen ... natürlich ... ich schicke ihn hoch ...!« Nun war er es, der sein schönstes Lächeln aufsetzte, mir sehr freundlich mitteilte, welches Zimmer, dass ich bereits erwartet wurde und mir dabei die Schlüssel überreichte.
Sofort lief ich los und ich hoffte, Kilrian noch einzuholen. O. k., wohl nicht einzuholen, aber auf einem gebührenden Abstand zu ihm zu bleiben. Kilrian stand bereits vor der Tür. Mein Herz wummerte. Was war, wenn er mich erblickte? Er war ziemlich langsam, wenn man bedachte, dass ich erst eine Auseinandersetzung mit diesem Xavier hatte und ich mich beherrschen musste, um nicht zu rennen. Kilrian schloss auf, trat in das Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Ich selbst stand wie vertrottelt auf dem Gang, vor der Tür und erst jetzt wurde es mir bewusst, was für eine bescheuerte Idee das war. Ich ballte meine Hände zu Fäusten, wirklich unschlüssig dies durchzuziehen. In der Hand hielt ich den Zimmerschlüssel. Wie als ob er mir gehörte, spielten und fuhren meine Finger über das unebene Metall. Sollte ich wirklich reingehen? Sollte ich dies wirklich tun? Was wäre, wenn er mich sah? Wenn er mich erwischte oder noch schlimmer ... ich, meinen Freund, meinen Geliebten sah, wie er sich einem Mann hingab. Sicherlich hatte ich es mir schon oft vorgestellt und sogar gesehen. Gesehen, was! Das, was ich gesehen hatte, darauf konnte ich gut und gerne verzichten. Clancy dieses Arschloch, der Kilrian bis auf das Blut geschändet hatte. Vergewaltigt und gefoltert das er tagelang in Fieber lag. Dies wollte ich nie und nimmer noch einmal sehen, aber was machte ein Kunde mit Kilrian? Blümchensex? 69 Stellung, wer wohl wen ritt oder doch was ganz anders. Ich wollte mich nicht reindenken und doch kam die Neugierde mit geballter Ladung hoch. Ich war neugierig und ich spürte, wie mich der Gedanke erregte.
Noch immer fuhren meine Finger über den Schlüssel. Schaute das kleine Kunstwerk an, was eigentlich kein Kunstwerk war. Nur etwas Alltägliches, in typischer Schlüsselform. Kein Geschnörkel, als ob es der Schlüssel für die Büchse der Pandora wäre oder so ähnlich. Gott! Was hatte ich nur für Gedanken. Kurz blickte ich mich um. Irgendwie hatte ich das Gefühl, das irgendjemand sich über mich lustig machte. Irrationale Gedanken. Ich machte einen Schritt auf die Tür zu. Spürte, wie ich zitterte, wie meine Hand zitterte und meine Libido sich auf eine Art erfreute. Sie wusste, was ihr bevorstand. Erotik, Sex auf einem Niveau, was sie noch nie erlebt hatte. Ich noch nie erlebt hatte. Ich war dabei in Kilrians absolutes Geheimnis einzutreten. Ihn zu sehen, wie er als Zeth war. Zeth der Typ, den ich einmal gebucht hatte, doch nie von seinen Diensten gebrauch nahm. Ich trat in das verbotene Terrain von Kilrians Leben ein. Von dem ich wusste, aber nie ein Teil davon war.
Langsam wenn sehr bedacht, führte ich den Schlüssel in das Schloss. Bei jedem knacken zuckte ich zusammen. Selbst das Umdrehen des Schlüssels wurde eine Tortur. Ich erschrak bei jedem Geräusch. Immer darauf gefasst, das Kilrian oder der Kunde die Tür aufmachte, um nachzuschauen, wer davor stand. Scheiße, mein Herz machte bereits Überstunden. War nicht gut. Ich spürte den Schmerz überall in meinem Körper. Gott was machte ich da? Doch es war zu spät, die Tür öffnete sich. An Abhauen war gar nicht mehr zu denken. Wie von Geisterhand ging die Tür auf. Es bedarf nicht einmal meinen Willen, sie zu öffnen. Sie ging einfach auf. Alte Scharniere und alte Mechanik, die brauchten keinen extra Druck, um geöffnet zu werden oder aufzugehen. Kaum wurde der Schlüssel in die richtige Richtung gedreht, ging die Tür auf.
Nur noch ein Schritt und ich stand im Zimmer, was hell erleuchtet war. Das kam mir suspekt vor. Seit wann vögelte man in einem hell erleuchteten Raum? Gedämmtes Licht, ruhige und romantische Musik, nackte Körper, die im Einklang zusammen anschmiegten ... Das war es, was Erotik ausmachte. Aber nicht das hier ...
Ich tat einen Schritt in das Zimmer. Sah Kilrian, dessen Hemd halb geöffnet war und den fremden Mann, der mit dem Rücken zu mir stand, der seine Hand nicht von Kilrian lassen konnte. Er immer weiter das Hemd öffnete. Ein ›so schön‹ von sich gab, dass ich in mich hinein schmunzeln musste. Es machte mich stolz. Denn dieser Körper gehörte mir. Nur mir. Ich duldete es nur, dass jemand anderes ihn berühren durfte. Hatte es akzeptiert, dass mein Freund ein Callboy war und er diesen Job nicht aufgab. Aus Gründen, die ich bereits erfahren hatte. Nur um das Hotel zu halten. Es musste wirklich schwer für Kilrian sein, das alles unter Dach und Fach zu bekommen. Da wäre eine Eifersuchtsszene von meiner Seite, nun wirklich nicht angebracht gewesen, obwohl ich anfänglich ganz schön eifersüchtig war, oder eher im Zwiespalt gelebt hatte.
»Oh Zeth du bist so schön« Kilrian nahm die Initiative in die Hand und riss sich das Hemd vom Leib. Gleichzeitig beförderte er, den untersetzten, etwas dicklicheren Mann ins Bett. Setzte sich auf ihn, zog ihm das Hemd über das Gesicht und leckte ihm die Brustwarze. Scheiße machte mich der Anblick an. Ich bekam nicht genug. Der Mann ließ sich blindlings in die Hände von Kilrian fallen. Überließ ihm die Kontrolle. Er musste ein Vertrauen zu Kilrian haben, den ich nicht verstand. Als ich so darüber nachdachte und ihr Spiel aus dem Totenwinkel von Kilrians Wahrnehmung beobachtete, kam mir die Erkenntnis, dass ich mich wohl nie so hingegeben hätte. Sicherlich hatte Kilrian oder Zeth damals verlangt zu wissen, welche Wünsche ich hatte, aber ob es wirklich zu hundert Prozent dann so stattgefunden hätte, das konnte ich mir beim besten Willen nicht mehr vorstellen. Dafür hatte ich was viel bessere kennengelernt.
Inzwischen war der Kunde nackt. Kilrian legte eine Professionalität hin, die mir Angst machte und doch so arg erregte. Nicht nur mich erregte es, der Kunde stand auch bereits da, wofür er Kilrian bezahlt hatte. Ich konnte nicht anders und griff mir selbst an den Unterleib. Mein Schwanz schrie nach Kilrian, doch wusste ich auch, dass ich ihn gerade nicht haben durfte. Es war in diesem Moment die Hölle. Nein der Himmel. Nein beides. Kirlrians schöner Körper, die helle Haut, die verblassten Narben, die doch so stark herausstachen. Die nicht auf seinen Rücken gehörten und doch da waren.
Ich konnte nicht anders und rieb mich selbst. Ich stand in diesem Zimmer, beobachtete Kilrian, wie er seinen Kunden bediente. Stark musste ich an mich halten, um nicht laut aufzustöhnen. Allein der Anblick, wie er sich auf den Mann setzte und ihn rhythmisch zum Höhepunkt trieb, war der Himmel und die Hölle in einem. Ich wollte es mit Kilrian erleben, immer und immer wieder. Dabei sein und wenn nur als stiller Beobachter. Das reichte mir schon.
Langsam wurde es mir bewusst, was hier passierte. Gott sei Dank hatte ich schneller in die Realität zurückgefunden als die beiden, die noch ziemlich beschäftigt waren. Und genauso schnell schaute ich, dass ich das Zimmer verließ. Meine Fresse, was hatte ich da nur getan? Was hatte ich mir dabei gedacht? Ich hoffte, dass Kilrian mich nicht bemerkt hatte, sonst wüsste ich nicht, wie ich ihm unter die Augen treten sollte.
Ging die Treppe zur Rezeption runter, knallte den Schlüssel den jungen Herrn zu und verabschiedete mich. Jeans! Warum in Gottesnamen musste ich immer etwas zu enge Jeans anziehen? Es war einfach nicht zu fassen. Scheiße drückte es. Frische Luft. Ich brauchte dringend frische Luft und hoffte, dass Kilrian sich noch etwas Zeit ließ.
Kalter Wind umfing mich und nach ein paar Minuten, fing ich das frieren an. Es war gut so und mein Körper beruhigte sich langsam. Dennoch wurde es mir zu kalt und ich stieg in das Auto. Startet es, schloss meine Augen. War ein Fehler. Sofort umfing mich dieser Anblick und der Druck, der abflachte, baute sich mit rasender Geschwindigkeit wieder auf. Gott was hatte ich nur getan? Ich hoffte wirklich, dass keiner von den beiden etwas von mir mitbekommen hatte.
Die Tür wurde aufgemacht und Kilrian setzte sich rein. Er kramte in seiner Manteltasche und holte eine Packung Zigaretten raus. Er zündete sich eine an, blies den Rauch aus und lächelte vor sich hin. Das hatte er noch nie nach einem Kundentermin getan.
Er wandte seinen Blick zu mir. Das Dunkle in seinen Augen überrumpelte mich. Es war Herausforderung, Leidenschaft und Lust pur. Kilrian war unbefriedigt. Er erlag noch immer seiner Geilheit.
»Hat es dir gefallen, was du gesehen hast?« Scheiße was? Geschockt blickte ich ihn an. Sein lächeln wurde breiter und zog an der Zigarette. Blies wieder den Rauch aus ohne mich aus den Augen zu lassen.
Erst jetzt wurde es mir bewusst, dass er mich bemerkt hatte.
»Ich ... ich ... der Kunde ...«, stotterte ich irgendetwas vor mich hin. Kilrian beugte sich zu mir rüber. Bevor ich mich versah, spürte ich seine flache Hand auf meinem Schritt und sein Mund auf meinem. Er forderte Einlass. Die Welt um mich herum explodierte. Nun konnte ich mich gar nicht mehr zurückhalten.
»Fahr nach Hause. Ich will dich.«
Ein Geräusch, was nicht in diese Atmosphäre gehörte, erlangte meine Aufmerksamkeit. Die Tür ging auf und ein Mann trat ein. Schock! Es war Tom und doch, erfreute mich sein Erscheinen. Sofort drehte ich ›Alvin‹ mit dem Rücken zu Tom. Wäre schlecht, wenn er ihn erblicken würde. Alvin war eh ein kleines verschrecktes Hühnchen.
Durch die Wimpern sah ich, wie er ein sicherern Platz suchte, damit er nicht erwischt wurde. Ich musste an mich halten, um nicht zu arg zu grinsen oder noch schlimmer ihn mit einzubeziehen. Oh ja das wäre geil, Tom mit dabei zu haben. Nur leider machte Alvin da nicht mit. Wäre es ein anderer Kunde gewesen, der etwas freier und offener war, wäre es kein Problem gewesen. Ich fing an, mich zu vergessen. Mir vorzustellen wie es sein könnte. Tom, ein Kunde und mich zusammen.
Ich musste mich konzentrieren und schob Alvin auf das Bett. Bemerkte wie er sein Kopf in die Richtung in der Tom stand drehen wollte und zog ihm das Hemd über das Gesicht. Lenkte ihn mit ein paar Streicheleinheiten und Zungenschlägen auf seinen Brustwarzen ab. Gott machte mich das heiß, zu wissen, dass Tom zusah. Sicherlich war es für mich nicht das erste Mal, das ich bei einem Dreier dabei war oder dass mir beim Sex zugeschaut wurde, aber allein nur das Tom da war ...
Ich musste es Alvin besorgen und dann verschwinden. Diesmal war es mir egal, ob ich einen Orgasmus hatte oder nicht. Ich wusste auch so, dass ich total unbefriedigt aus diesem Termin herauskam. Ich wagte einen kurzen Blick in die Richtung und das einzige, was ich sah, war, wie die Tür leise geschlossen wurde. Ich musste schmunzeln und wie gerne hätte ich Tom die ganze Zeit über beobachtet. Konnte ich nicht, sonst hätte ich mich verraten, dass ich ihn bemerkt hatte. Aber auf seinen Ausdruck, wenn ich es ihm sagte, war ich ziemlich gespannt.
»Danke Zeth« ich nickte Alvin zu und zog mich an.
»Du hast meine Nummer, also wenn du wieder einsam bist, ruf mich an« war alles, was ich noch sagte und verschwand aus dem Zimmer. Ein Kichern kam meiner Kehle hoch und ich musste an mich halten. Das hätte ich wirklich nie gedacht, dass Tom mir hinterher ging. Die halbe Session im Zimmer mit verbrachte und ich war mir sicher, dass er ziemlich angetan war. Für Tom reichte es schon aus, wenn ich mein Shirt auszog und er etwas nackte Haut erblickte, war es bei ihm schon aus.
Ich öffnete die Autotür und mein erster Blick gab mir die Bestätigung. Tom war schärfer als ein Rettich. Es hatte ihn absolut nicht kalt gelassen. Ich holte mir eine Zigarette aus der Schachtel und zündete sie an. Dann wandte ich mich Tom zu.
»Hat es dir gefallen, was du gesehen hast?« ich konnte mich nicht mehr zurückhalten und schon gar nicht, als seine Geschichtszüge ihm entglitten. Er wahrscheinlich einen überdimensionalen imaginären Kloß runterschluckte und dann vor sich hin stammelte. Er war einfach zu süß. Scharf zog er die Luft ein, als ich ihn berührte und willig öffnete er seinen Mund. Eigentlich mochte ich es nicht, nach einem Kunden meinen Freund zu berühren, aber es kam einfach über mich. Wie gerne würde ich ihn hier und jetzt verwöhnen.
»Fahr nach Hause. Ich will dich.« war alles, was ich noch rausbrachte. Er nickte und fuhr los. Noch nie kam mir der Nachhauseweg so lange vor. Ich konnte es nicht mehr erwarten, doch musste ich mich gedulden. Zuerst unter die Dusche. Alvins Geruch abwaschen. Erst dann durfte ich Tom in allen Zügen genießen.
Es war die Folter, es war der Horror. Machte mich Tom schon immer an, diesmal sprengte mein Verlangen nach ihm alles, was ich kannte. Ging nicht. Meine Selbstbeherrschung war hinüber. Kaum waren wir ausgestiegen, hing ich wieder an seinen Lippen. Ich fühlte mich wie ein Teenager. Es gierte mich nach ihm. Ich wollte ihn ohne Rücksicht auf Verluste.
»Muss duschen« Tom ignorierte es, er drückte mich gegen meine private Eingangstür.
»Vergiss es« irgendwie hatte ich es geschafft aufzusperren und wir stolperten in den Flur. Tom betätigte den Lichtschalter und hatte nebenbei mir den Mantel runtergezogen. Sofort machte er sich an mein Hemd zu schaffen. Eins, zwei vielleicht auch drei Knöpfe schaffte er zu öffnen, bis ihm die Geduld verließ und er das Hemd mit einem Ruck aufriss. Mich am Hals küsste, in meine Schulter biss.
»Was machst du nur mit mir? Ich war nah dran mir im Hotelzimmer einen runterzuholen. - Warum geilt es mich auf, wenn ich dich so sehe.«
»Was meinst du, wie es mir erging, als du plötzlich im Zimmer standest und ich alle Hände voll zu tun hatte, dass Alvin dich nicht bemerkt. - Es hat mich angemacht. Scheiße Tom ich wollte dich dabei haben. Es war eine Tortur den Kerl zu bedienen und zu wissen, du stehst da, schaust zu.« unsere Münder trafen sich wieder. Seine Hände erforschten meinen Körper, so als ob es das erste Mal war. Tom küsste mich vom Hals, hinab zu meinen Brustwarzen und dieses Tun kam mir bekannt vor. Sein Lecken und Küssen war wie, wie ich es mit Alvin gemacht hatte. Fast identisch und doch viel anders. Wie schon so oft ließ ich mich fallen.
War es bewusst oder doch eher unbewusst, doch plötzlich, befanden wir uns im Schlafzimmer. Auf den Weg dorthin flogen sämtliche Klamotten und ich lag auf dem Bett unter Tom.
Tom suchte meinen Mund. Bedeckte ihn und mein Gesicht mit vielen sanften Küssen. Richtete sich auf, ich spürte wie er sich und mich in Position brachte, er nun auf mich saß und mich in sich reindrückte. Er sich zu bewegen anfing und ich seinen Schwanz in die Hand nahm. Er bemerkte, das nun was anderes war, auch wenn er mich genauso verführen wollte, wie ich Alvin. Falls er es überhaupt vorgehabt hatte mich so zu nehmen, dann war er bereits bei seinen sanften Küssen in meinem Gesicht gescheitert. Ich küsste nicht. Nun die Kerle, die mich bezahlten, küsste ich nicht. Etwas stolz sollte schon bewahrt werden. Auch wenn ich schon lange keinen mehr besaß. Diese Gedanken verpufften so schnell, wie sie gekommen waren. Sex mit Tom, was bessere konnte ich mir nicht vorstellen. Es war nicht nur reiner Sex, es war Leidenschaft und unser zusammen sein hatte etwas viel Bedeutenderes als die Lust zu befriedigen. Ich liebte Tom und dieses Gefühl war sehr wichtig für mich. Das Wichtigste überhaupt. Deshalb war es auch so wichtig, dass ich mich First endgültig stelle.
Wie erschlagen lag ich neben Tom, der sich eigentlich zur Aufgabe gemacht hatte mich nach einem Termin zu ›pflegen‹, nun aber nicht in die Gänge kam. Er schlief bereits. Ich selbst musste mich aufraffen, um unter die Dusche zu gehen. Wie gerne würde ich meine Augen schließen, doch war es wie ein Ritual, das ich nach dem bezahlten Sex mich wusch. Nur diesmal schien es aus dem Ruder gelaufen zu sein. Toms Sperma auf meinem Bauch war wie eine Duftmarkierung, die einen Kampf mit dem Körpergeruch von Alvin, der immer noch an mir haftete, ausfochte.
Ich saß in der Küche und verfolgte mit halben Interessen das Geschehen. Meine Aufmerksamkeit galt den Zetteln, die Sam mir vorhin vor die Nase gehalten hatte. Ich hielt einen neuen Kostenvoranschlag in der Hand, beziehungsweise es war ein Angebot für einen Spielplatz am Weiher. Eine gute Idee war das schon, musste ich zugeben, denn viele meiner Gäste waren auch Kinder und ich glaubte kaum, dass sie sehr viel Interesse an der Golfanlage auf der Dachterrasse hegten. Die meist nur von der VIP besetzt war. Ihr Interesse galt eher der kleinen Badeeinheit im Keller neben der Sauna, denn ein Schwimmbad konntest es nicht nennen, oder Steine über den Weiher zischen zu lassen. Tief atmete ich ein, inzwischen waren schon fast die Hälfte meiner Zimmer aus der Buchung herausgenommen worden, und als ich Sam nach dem warum gefragt hatte, zuckte er nur die Schulter. Nun war es wirklich an der Zeit, dass die Renovierung losging. Ich fragte mich nur ›wie?‹ Mit was sollte ich das alles zahlen. Mein privates Budget reichte nicht aus und vom dem geschäftlichen brauchte ich erst gar nicht zu reden.
Wäre alles in Ordnung, wäre ich ein reicher Mann. O. k., reich war immer noch relativ, aber ich könnte mir ein gutgehendes Leben leisten. Nun gut, lange genug hatte ich es vor mich hingeschoben, nun war es an der Zeit. Ich musste wirklich in den heißen Apfel beißen und einen Kredit beantragen. Kaum hatte ich den Gedanken zu Ende gedacht, kam auch schon mein Finanzgenie. Ich winkte Sam her und sagte, dass er einen Termin bei meiner Bank machen sollte. Er blickte mich etwas länger als sonst an, hatte auch seine Augenbrauen etwas verzogen und doch nickte er. Keine zehn Minuten später stand er wieder vor mir und sagte, dass ich bereits morgen früh einen Termin hätte. So schnell? In der Regel wartete man schon mal eine Woche. Aber was sollte ich dazu sagen. Sam eben.
Der restliche Tag verlief ohne besondere Ereignisse und es war ein Wunder, dass ich als erstes Daheim war. Ich saß auf der Couch und rauchte eine Zigarette, zappte durch sämtliche Programme und immer wieder schweifte mein Blick nach draußen. Sicherlich sah ich nichts mehr, immerhin war es bereits Nacht und hinterm Hotel waren auch keine Laternen und doch wusste ich, wo sich alles befand. Welcher Baum wo stand und welche Sträucher von meinem Vater angepflanzt worden waren. Wo ein Pflasterstein lose war und welche Pflanzen bereits auf den Frühling warteten. Frühling was? Es dauerte noch mindestens drei Monate, bis das der Frühling Einzug hielt.
Drei Monate! In der Zwischenzeit würde ich pleitegehen, denn vorher brauchte ich an die Renovierung gar nicht zu denken, sonst habe ich im nächsten Winter die Kacke doppelt am Dampfen. Oder ich fange innerhalb im Hotel an. Na ja ich müsste wohl mit dem Bauleiter Herrn Bekkert Rücksprache halten. Noch dazu das alljährliche Event den Maskenball absagen, der im Mai stattfand. Lucas würde das bestimmt nicht gefallen. Immerhin hatte ich bereits Anfang letztes Jahr mein o. k. gegeben und der Vertrag war auch schon unter Dach und Fach.
Ich war so in meinen Gedanken, dass ich nur ein ›ich muss, den Maler kennenlernen‹ vernahm. Erschrocken blickte ich auf. Tom trat auf mich zu und fragte, ob sie mich geweckt hätten. Eigentlich war ich der Meinung, ich wäre noch wach gewesen, aber als ich mich umblickte, lag ich auf der Couch. Ich musste wohl doch eingeschlafen sein.
»Kann schon sein.« gab ich nur drauf und musste herzhaft gähnen. »Wie spät ist es denn?«
»Ah fertig mit deinem Schönheitsschlaf?«, flötete Sascha und manchmal wünschte ich mir, so sorglos zu sein wie er. Aber wenn ich es mir so recht überlegte, wohl doch nicht.
»Wie heißt der Künstler!« irgendwie hatte ich das Gefühl überrollte zu werden. Alles trudelte plötzlich über mich ein. Nun blickte ich von Sascha zu Kyel.
»Mario« gab ich wie von selbst die Antwort und meine Gehirnzellen fingen zu arbeiten an. Kyel hatte deutsch gesprochen!
»Mario und wie weiter? Ich möchte ihn gerne kennenlernen.« wieder deutsch und doch kam der amerikanische Akzent durch.
»Mario Nolbig. Mein Cousin. Er wohnt in Zimmer 302.« irgendwie hatte ich in der Zwischenzeit herausbekommen, dass es bereits auf Mitternacht ging. »er wird jetzt schlafen und morgen nach der Uni könntest du ihn vielleicht antreffen.« Kyel nickte nur, und bevor ich mich versah, war Sascha neben mir auf der Couch und hatte mich im Schwitzkasten.
*Lucas Reimer zu finden in der Geschichte ›Die Magie des Maskenballs‹
Ich hatte mich wohl verhört und Mario sprach das aus, was ich gerade dachte. »Du hast jetzt wohl vollkommen den Verstand verloren!« damit hatte Mario recht. Kilrian war nun wirklich nicht mehr zu helfen, aber hatte ich was zu sagen? Nein! Nie hatte ich was zu sagen. Ich durfte ihn nur chauffieren, ok, seit Tom da war, war es vorbei mit dem Chauffieren. Doch nun! Ich fasste es nicht.
Kilrian wollte der Boss von einer Drogenorganisation werden. Als Mario dies hörte, flog er aus allen Wolken, ich selbst hatte bereits einen Einblick in seine Vergangenheit gehabt. Damals als ich die Wette mit Mario laufen hatte, bekam ich einen kleinen Eindruck und der Name First fiel auch. Nun hatte ich das volle Ausmaß zu hören bekommen und es war ein Schock. Mehr noch. Nie im Leben konnte ich mir so etwas vorstellen, geschweige denn selbst erleben, was Kilrian über Jahre ertragen musste. Und nun? Nun wollte er selbst zu so einem Monster werden. Ich fasste es immer noch nicht.
Am nächsten Tag überreichte ich ihm den neuen Kostenvoranschlag und fragte ihn noch einmal, ob das sein ernst war. Er nickte nur und nahm den Zettel. Tief atmete ich ein und verließ ihn. Dennoch hatte ich das Gefühl, das das nicht alles war. Aber was Solls, als ich einen Termin vereinbaren wollte und den Herrn fragte, wenn er zeit hätte, fragte er nach meinem Namen. Ich sagte ihm meinen Namen und hatte das Gefühl, das er kurzzeitig stockte, obwohl ich eigentlich angemerkt hatte, dass Herr Kilrian Ford um einen Termin bot. Na mir egal.
»Herr Höllesing, ich hätte morgen um 10:15 Uhr einen Termin frei, wenn es Ihnen recht wäre, oder wir können auch erst am Nachmittag einen Termin ausmachen, falls Ihnen der am Vormittag zu bald sein würde!« Schleimspur hoch drei. Aber wie schon gesagt, entweder hoben die mich in den Himmel oder befördern mich in die Hölle. Trotzdem, und auch wenn ich mir nicht gerade selbst auf die Schulter klopfen wollte, so brachte mir mein Nachname doch ziemliche Vorteile.
»Herr Sommer, der um 10:15 Uhr ist mir sehr recht. Ich gebe es meinem Chef weiter. Vielen Dank« wieder hörte ich, dass er stockte, und legte auf, nicht dass ihm einfiel, dass doch keinen Termin mehr frei wäre. War mir schon ein paar Mal passiert. Höllesing wurde der Vortritt gewährt, aber einem Ford oder Nolbrig, oder wie sie alle hießen, wurden auf die Warteschleife gestellt. Dennoch fragte ich mich, warum Kilrian noch immer so ›unbekannt‹ war. Ich meinte in der Geschäftswelt. Inzwischen besaß er einen Namen. Schon wegen dem Hotel, Hotel Schwanenteich. Sicherlich konntest du das Hotel nicht mit dem Hotel Adlon Kempinski in Berlin vergleichen oder mit dem Burj Al Arab in Dubai. Dennoch besaß das Schwanenteich doch schon einen ziemlich hohen Bekanntheitsgrad und konnte sich unter den Top 25 dazugesellen. Es fehlte zu den fünf Sternen wirklich noch die Auszeichnung ›Golden Eye‹. Wenn Kilrian die besaß, dann könnte er seinen Job als Callboy an den Nagel hängen und eine dämliche Renovierung würde er im Schlaf bewältigen, aber so. Der Kredit würde ihn nun um einige Jahre zurückschleudern. Sicherlich blieb jetzt der Unterhalt für seine Eltern weg. Eltern war zuviel gesagt, für seinen Vater, für ihn er sehr viel beigesteuert hatte, weil die Krankenkasse den Hahn zugedreht hatte. Oder nur für einen kleinen Teil aufkam, den Rest Kilrian aus seiner eigenen Tasche zahlte. Dennoch blieb, wenn er den Kredit annahm, für ihn gar nichts mehr und 100 € im Monat zurücklegen war das Maximum an Aufwand, was er betreiben konnte. Aber es musste sein, denn er verdiente im Moment rein gar nichts an dem Hotel, zumal so viele Zimmer aus der Buchung bereits rausgenommen wurden und rumpflastern war absolut nicht mehr angebracht.
Na ja, nun stand ich hinterm Hotel und bewunderte das weiße Etwas, was überall verstreut lag. Ich konnte den Schnee nicht mehr sehen und doch freute ich mich auf das Wochenende. In den letzten Monaten hatte ich ein paar Cents zusammengekratzt, um mit Mario über das Wochenende fortzufahren. In ein Skiwochenende. Ich freute mich richtig darauf, zumal es für uns das erste Wochenende war, welches wir außerhalb Kilrians Hotel verbrachten.
Nur noch ein paar kleine Besorgungen musste ich machen und dann konnte das Wochenende kommen. Definitiv würde ich die Sau rauslassen. Mario mit all meinen Sinnen und Können, von den Haarspitzen bis in den kleinen Zeh verwöhnen. Er hatte es sich verdient. Er hatte es sich wirklich mal verdient, ein Wochenende nur für sich selbst zu haben. Nicht immer Spalier stehen, wenn sein Cousin anruft, und brüllt, Not am Mann, du musst ran. Ok, ich war wohl nicht anders wie Mario, wenn Kilrian schreit, stehe ich auch auf dem Parkett und schuftete.
Als eine Art Sekretär hatte er mich eingestellt. Ja ich sagte ja als eine Art, aber Sekretär war ich nicht. Ich war wohl Botenjunge, Laufbursche, was das Gleiche war, aber eigentlich war ich wohl, die rechte Hand von Kilrian. Wie gesagt, er hatte mich eingestellt, damit ich zweimal im Monat seine Finanzen überprüfte und nun, nun stand ich in der Küche, hinterm Tresen, bediente Gäste, richtete Zimmer her, führte Buchungen aus und war der Sekretär von Kilrian Ford. Dies alles neben meinem Studium zum Arzt. O. k. ich wollte mich ja nicht beschweren, Kilrian ließ uns auch viel Freizeit, uns kostenlos wohnen und das Essen und Trinken war ebenfalls frei. Also recht viele Ausgaben besaßen Mario und ich nicht. Ab und an stellte er sein Auto noch zur Verfügung, natürlich immer mit dem Hinweis, ich solle es ›Heile‹ nach Hause bringen. Meine Güte konnte er es nicht mal auf sich beruhen lassen? Immerhin lag die absolute bescheuertste Wette in meinem Leben, die auch die Wichtigste war, die mir die Augen geöffnet hatte bereits über eineinhalb Jahre zurück. Nicht mehr lange und der Beginn der Wette lag zwei Jahre zurück. War ich ein Idiot, aber sowas von hirnverbrannt, dass ich den klitzekleinen Hinweis, nicht bereits zu Anfang bemerkt hatte. Aber anders gesehen war es auch gut so. So hatte ich viele Fliegen mit einer Klatsche geschlagen. Ich konnte mich von meinen Eltern lösen. Ich wich einer arrangierten Ehe aus dem Weg, lernte Kilrian Ford besser kennen, den ich anfänglich lieber ein Messer in seine Eingeweide versteckt hätte, lernte mich besser kennen vor allem auch verstehen und bekam den ersten Eindruck, wie es war, verliebt zu sein, in einem Menschen, den man nur als Freund sah und doch schon ewig liebte. Nicht nur wie es war, verliebt zu sein lernte ich. Ich lernte auch, wie es war, geliebt zu werden. Geliebt zu werden, war das schönste Gefühl auf Erden. Ich möchte es nie wieder missen und jeden Tag bekam ich die volle Packung. Mario.
»Hey da steckst du. Ich suche dich schon überall« Nun, wenn man vom Teufel sprach, kam er angerannt. Ich drehte mich zu Mario um und wie immer versank ich in seinen blauen Augen, die neugierig die ganze Welt ins sich hineinzogen. Mich inklusive.
»Fertig?« er nickte.
»Japp, endlich Feierabend« ich nahm Mario in die Arme und drückte ihn an mich. Ohne zu suchen fand ich seinen Mund und drückte ihm einen sanften Kuss drauf. Leicht öffnete er seine Lippen und ließ mich rein. Ich liebte seinen Geschmak und leckte mir genüsslich über die Lippen.
»Hmm wo waren wie stehen geblieben?« fragte ich und sofort schoss ihm die leichte röte ins Gesicht. ER wurde immer rot und das liebte ich so sehr an ihm.
»Auf jeden Fall nicht hier« gab er zur Antwort. Ich schüttelte den Kopf und nickte zur Tür.
»Drei Etagen höher in einem gemütlichen warmen Bett. Nackt, steif, lang und dick.« er entzog sich mir und grinste übers ganze Gesicht.
»Wer als Letztes oben ist, der macht morgen den Abwasch in der Küche und legt eine Tanzeinlage hin«, rief er und rannte los.
»Du kleiner Teufel«, murmelte ich und rannte ihm hinterher. Kurz bevor ich ihn einholen konnte, schloss sich der Fahrstuhl mitsamt Mario. »Biest«, rief ich ihm hinterher. Nun blieb mir nichts anderes übrig als zu hoffen, dass einige Gäste den Fahrstuhl stoppten, damit ich über die Treppe schneller war, als Mario.
Etwas außer Atem kam ich im dritten Stock an. Mein Blick zu der Zahl am Fahrstuhl sagte mir, dass Mario bereits da war. Nun brauchte ich mich nicht mehr zu beeilen, ich hatte bereits verloren. Langsam schlenderte ich zur Tür, sah, dass der Schlüssel steckte, und sperrte auf.
Mein Blick schweifte durch das Zimmer und ich sah, dass Marios Arbeitsklamotten quer im ganzen Raum verstreut lagen. Sofort sprengten Nonozellen eine Region weiter tiefer als ich meinen Blick hob und ihn auf dem Bett sah. Einladend, verwerflich und verdammt geil, wie er sich selbst verwöhnte. Wie automatisch schloss sich die Tür und ich fing an mich nach einer Musik, die nur ich hörte auszuziehen.
»Nicht so schnell. Ich will es genießen.« grinste er, aber mich grinste etwas anderes an. Mario war sehr gut bestückt und dieses Stück lechzte danach, verwöhnt zu werden.
»Keine Sorge mein kleiner Luzifer. Du wirst es genießen. Mehr noch, du wirst um Gnade betteln.« ich sah, wie es in seinen Augen aufblitze, er leicht süffisant lächelte und dennoch den Kopf schüttelte. »Oh doch« bestätigte ich mein Vorhaben und seine Ahnung, was auf ihm zukam.
Ziemlich erschlagen lagen wir auf dem Bett. Keiner von uns war gewillt aufzustehen oder auch nur den kleinen Finger zu rühren.
»Morgen ist wieder Uni« gähnte er und stand wie von einer Tarantel gestochen auf. »Scheiße ich habe den Bericht vergessen!« war ja wieder typisch für Mario. Besonders weil er über die Weihnachtsferien zeit hatte. Nun denn, dann hieß es wohl wieder, die Nacht mit Hausaufgaben durchzufeiern. Vor allem über das Internet alles zusammensuchen, was er für seinen Bericht benötigte.
»Du lernst es auch nicht mehr, was Mario« böse kuckte er mich an.
»Du hättest mich ja daran erinnern können. Ich habe kein fotografisches Gedächtnis, wie du.« meinte er beleidigt. Ich richtete mich auf und wuschelte ihm durch die Haare. Beugte mich vor und hauchte ihm einen Kuss auf seine Nasenspitze.
»Habe ich, habe ich, sogar mehrmals.« mit überzeugter Handbewegung scheuchte ich in aus dem Bett zum Schreibtisch. Die Minuten vergingen, daraus wurden Stunden und meine Gedanken schweiften ab.
»Du hast jetzt wohl vollkommen den Verstand verloren!« drang der Satz durch meine nichtvorhandene Träumerei und ich schaute zu Mario, der sehr angestrengt über seinen Bericht saß. Ja das hatte Kilrian wirklich, doch war das nicht alles gewesen. Kilrian hatte, wenn er wirklich die Nachfolge von diesem First antritt, mir und Mario die Leitung des Hotels übertragen. Scheiße verdammt! Wie sollte das funktionieren?
Endlich Feierabend und ich schickte Aiden aufs Hotelzimmer. Ich war ziemlich überrascht, wie schnell die Renovierung des alten Firmengebäudes, das abgerissen werden sollte, voranging. Ich hatte ungefähr etwas über ein Jahr eingeplant gehabt und nun, konnte ich die Zweigfirma wohl doch eher eröffnen. Tom eben. Ich glaubte, mit ihm hatte ich eine gute Wahl getroffen. Scheiße, wenn ich daran dachte, als er bei mir angefangen hatte. Brachte fast kein Wort raus und war immer seriös und kulant. Aufmerksam und sog jede so Kleinigkeit in sich auf. Achtete auf alles und ganz besonders auf mich. Manchmal hatte ich mich wirklich gefragt, ob er Gefühle für mich hegte. Nun so abwegig war das nicht. Ein Lehrling verliebte sich oft in den Chef. Was bei mir oft passierte. Ich möchte nicht wissen, bei wie vielen Mädchen ich ihr zartes Herz gebrochen hatte.
»Ich weiß nicht ob Kilrian daheim ist. Versprechen kann ich es nicht.« Tom schloss eine separate Tür auf und ließ uns eintreten. »versprecht euch nicht zu viel. Die Wohnung ist ziemlich deutsch und war wohl vor dreißig Jahren mal modern gewesen.«
Das erste was mir entgegenschlug, war kalter Zigarettenrauch. Aber wenigstens nicht so penetrant wie in Parkers Büro, wenn man die kleine unaufgeräumte Kammer als Büro bezeichnen konnte. Auch war ein Gemisch von Duschgel, Rasierschaum und Aftershave zu riechen. Hier roch man wirklich, dass keine Frau im Haus wohnte und Männer eindeutig die Oberhand besaßen.
Nun der Flur sagte noch nichts aus, war eben ein Flur, wie in einer normalen Wohnung. Tom ging voraus, schmiss die Schlüssel auf einen Schrank, dass länger kein Lappen mehr zu Gesicht bekommen hatte. Diverses Kleinzeug, wie Feuerzeug und eine Tasse mit Stiften und viele Briefe, die achtlos raufgeschmissen worden waren, zieren die staubbehaftete Oberfläche. Ich ging hinter Tom weiter her und betrat einen leicht erleuchteten Raum. Dies war wohl das Wohnzimmer. Der Fernseher lief und genau wie der Schrank im Flur, sah der Tisch aus. Ein Laptop, auch hier waren Briefe, zwei benützte Tassen, ein Aschenbecher, in dem nur ein Stummel von einer Zigarette war, Ladekabels für Handys, Geldbeutel, diverse Zeitungen und Prospekten mit Werbung. Also mit einem Wort, der Tisch war gerammelt vollbeladen. Und die Einrichtung, ... Auf dem ersten Blick sah ich, dass das ganze Inventar aus einem Versandkatalog herstammte. Innerlich schüttelte ich den Kopf. Vor allem konnte ich es nicht verstehen, warum die Hotelzimmer auf den halbwegs neuesten Stand waren. Die Betten und das ganze Inventar waren sorgfältig ausgesucht worden und hier, hier hatte man das Gefühl das Kilrian für sich selbst, diesen Luxus nicht gönnte. Wenn man schon vom Teufel sprach, er lag ausgestreckt auf der Couch und schlief den Schlaf des Gerechten.
Ich wurde angestubst und Sascha zeigte auf ein Wandbild. Das musste das Ölbild sein, wovon Tom gesprochen hatte. Wahnsinn! Mehr konnte man darüber nichts sagen. Das Bild zeugte von Sinnlichkeit, Erotik und Einsamkeit. Ein wirkliches Unikat und ich möchte nicht wissen, was Kilrian dafür gezahlt hatte. Ich beugte mich zu Sascha.
»Ich will auch so ein Bild von dir, nur mit mehr extravagant«, hauchte ich ihm am Hals einen Kuss rauf. Ich sah, wie er zusammenzuckte und er mich leicht verklärt ansah.
Kilrian war noch ziemlich schläfrig, und da ich neugierig auf den Künstler wurde, ging ich in die vollen. Fragte, wie der Künstler hieß und es war köstlich mit anzusehen, wie er wach wurde. Nun nach seinem Gesicht zu beurteilen, hatte er vielleicht eine halbe Stunde geschlafen, wenn überhaupt.
Da die Firma reibungslos und ohne Probleme saniert wurde, gönnte ich mir mit Sascha einen freien Tag. Oder zumindest bis, dass das Meeting stattfand. Der Bürgermeister, dessen Sohn irgendwie auch mit Sascha in die Schule ging oder in den Kindergarten wollte Sascha und mich ›persönlich‹ antreffen. Nun ja, immerhin waren wir vor einigen Jahren VIP - Gäste des Trinity-Events gewesen und es wurde zur Angewohnheit, dass immer ein Treffen stattfand. Diesmal war das Treffen hier im Hotel, aber zuvor musste ich Mario Nolbrig kennenlernen. So machte ich mich auf den Weg. Weit musste ich nicht gehen, denn das Zimmer, dass er bewohnte lag auf der gleichen Etage. ›Private‹ stach mir ins Auge und ich klopfte an.
Ein dunkler Haarschopf, blaue Augen, die mit einer unmöglichen Brille verziert waren und dürrem, schlaksigen Körper, dessen Klamotten absolut nicht in meine Weltvorstellung passten, wie Sascha mit 19 Jahren, machte mir auf. Kilrian hatte mich vorgewarnt, dass er kein Englisch verstand, oder zumindest nur das Schulenglisch der fünften und sechsten Klasse. War wohl etwas von Kilrian übertrieben.
»Ja« er musterte mich.
»Hi mein Name ist Kyel Kastner und Sie sind Mario Nolbig. Thats right.
»Wer ist denn da?«, rief von drinnen heraus.
»Kilrians Freunds Ehemann«, rief er zurück und machte einen Schritt, damit ich ins Zimmer konnte.
»AAAhhh ja, das habe ich vergessen dir zu sagen. Du sollst ein Bild anfertigen. Good day Mr. Kastner.« Der andere junge Mann stellte sich mit Sam Höllesing vor. Nun fragte ich mich, woher ich den Namen kannte und er sprach fließend englisch.
Nach ein paar Minuten kamen wir ins Gespräch und es überraschte mich, wie professionell er war. Er zuckte mit keiner Wimper, als ich ihm erklärte, wie ich Sascha gemalt haben wollte. Er sich alles aufschrieb und hin und wieder verschwand sein Blick im nirgendwo.
»Sam, wo bekomme ich so ein Andreaskreuz her und was ist das?« Sam rieb sich die Augen und schüttelte leicht den Kopf. Okay, das zeugte von keiner Professionalität, wohl eher jugendliche Naivität. Amüsant.
»Frag einfach Kilrian« ich musste über diese noch kindliche Unschuld lächeln. Ich hoffte, ich schockte ihn nicht damit, wenn er herausfand, was das für ein Gerät war.
»Ich kann nicht immer Kilrian fragen. Er hat andere Probleme.«
»Man Mario, ein Andreaskreuz ist ein Gerät, an dem man seinen Sklaven aufhängt und bei Gelegenheit auspeitscht und andere Sachen mit ihm anstellt. Manchmal glaube ich wirklich, du bist mit Kilrian nicht verwandt, oder tust du nur so.« oh sieh an, die wissen über Kilrian bescheid. Nun so abwegig war das nicht.
Es klopfte an der Tür, aber derjenige wartete nicht, bis aufgemacht wurde, sondern kam gleich rein.
»Sam, ich habe den Kreditantrag.« steuerte Kilrian auf Sam zu und überreichte ihm einige Unterlagen. Kurz beugte er sich über das Gekritzel von Mario und schaute mich an. »Andreaskreuz! So ... hoffentlich gibt das kein Knacks in deiner Weltanschauung.« er tippte auf Marios Schulter.
»Was meinst du damit?«, schnauzte Mario ihn an.
»Nun es ist was anders, als jemand beim Blasen zu erwischen oder ständig Blümchensex zu praktizieren.«
»Kil!!!« Kilrian grinste und Mario wurde purpurrot. Selbst Sam musste sich das Lachen verkneifen und ich fragte mich, ob Mario der Richtige war, um so ein Bild zu malen. Aber anders wieder, wenn ich an das Ölgemälde von Kilrian dachte, nun warum nicht gleich einen angehenden Künstler in das kalte Wasser schubsen. Der junge Mann hatte eindeutig das Zeugs dazu um Aktmaler zu werden. Er brachte die Sinnlichkeit perfekt an die Oberfläche. Um vieles besser als das Gekrakel von Paul Sinner und er wurde wirklich hochgeschätzt. Ich wäge den Gedanken ab, diesen jungen Mann zu fördern immerhin hatte ich ihn hin und wieder durch das Hotel als Page huschen sehen. Wahrscheinlich finanzierte er so sein Studium.
Na was Solls, ich gehe nun erst einmal zurück zu Sascha und Vivi. Sie wollten heute auf einen Spielplatz gehen. Nun wohl eher Sascha. Ich fragte mich nur, wie er den Kinderwagen durch die ganze Schneemasse schieben wollte. Ich tat es mit einem Schulterzucken ab, denn ich wusste, wer den Wagen wieder schieben würde. Ich! Weil Sascha in seinem Herzen noch genauso Kind war wie unsere Tochter. Aber da machte ich ihm ein Strich durch die Rechnung. Ich hatte mit Sascha was ganz anderes vor.
Aber da das Meeting mit dem Bürgermeister nicht all zu lange dauerte und Vivi bei Aiden im Zimmer schläft, könnte ich den neuen Bondageknoten an Sascha ausprobieren. Shit, hoffentlich war bald Abend, ich konnte unsere Zweisamkeit kaum noch erwarten. Plötzlich hatte ich einen Einfall, den ich sofort in die Tat umsetzte.
Ok, ich hatte noch etwas von über eine halbe Stunde und dann musste ich in die Höhle des Löwen. Gott! hätte der Termin bei der Bank nicht um ein paar Tage später festgelegt werden können? Nein Sam war immer auf Zack. Auf der einen Seite liebte ich es, wenn alles reibungslos verlief, aber diesmal auf der anderen Seite, konnte ich mich damit nicht mehr arrangieren. Der Grund ›First‹.
Noch einen Blick in den Spiegel, damit auch alles perfekt saß. Warum tat ich das? Ich ging doch nur zu einem Kredithai, dem es wahrscheinlich am Arsch vorbei ging, wie ich aussah. Wer ich war oder wer ich bin. Gut Ford hatte in dieser Stadt einen Namen, aber auch nur wegen meines Vaters. Von überall hörte ich immer, ›heute gehen wir in die Ford-Gaststätte, weil heute Gänsebrusttag ist oder Schnitzelmittwoch, oder wie mein Vater immer seine Angebote die er angepriesen hatte, nannte. Den Schnitzelmittwoch behielt ich bei und den Gänsebrusttag gab es nur in der Weihnachtszeit und das gute altbayerische gab es im Spätsommer, ansonsten wurde nach höherem Standard gekocht oder was die Saison hergab. Selten fandest du in ausgewählten Gaststätten wechselnde Speisekarten, bei mir war das gang und gäbe.
Zum Glück fand ich gleich ein Parkplatz vor der Bank. Es schneite wieder aus allen Wolken. Frau Holle machte sich dieses Jahr ihr Namen allen Ehren. Ich zog meinen Mantel enger an mich heran, schnappte mir die Unterlagen, obwohl ich die wahrscheinlich gar nicht bräuchte, aber zur Sicherheit doch mitgenommen hatte. Eigentlich ging es dem Banker gar nichts an, für was ich das Geld bräuchte. Allein die Andeutung, ›Hotel Schwanenteich zu renovieren‹ sollte bei ihm die Dollarzeichen in den Augen aufleuchten lassen. Immerhin lebten die Banken an den Zinsen und Zinseszinsen und vor allem liebten sie diverse Abtretungen oder schwatzen dir einen Bausparer auf. Mal schauen, was dieser gerne haben möchte, dass ich den Kredit bekam. Vielleicht wegen der Summe, die absolut kein Zuckerschlecken war, forderte er das Hotel als Sicherheit.
Ich ging an den Schalter und wartete, bis ich dran war. Die Dame führte mich zu einer hinteren Tür, klopfte und meldete mich an.
»Herr Ford Sie dürfen eintreten« ich bedankte mich und trat in das Zimmer. ›Ach ne oder? Grins ALVIN‹, durchschoss es mich. Meinem Gegenüber erging es wohl genauso, seine Kinnlatte konnte fast den Boden aufwischen.
»Zeth!« sofort tippte ich meinen Zeigefinger an meinem Mund, machte ›pssst‹, schaute auf das silbrige Namenschild, was auf seinem Tisch stand.
»Herr Sommerer nehm ich an« er nickte. Dann suchte er nervös auf seinem Tisch einen Zettel, legte ihn vor sich hin. Ich wartete geduldig, denn ich wusste, dass er ein kleines verschrecktes Hühnchen war und zur wilden Sau werden konnte.
»Kilrian Ford ... nehme ich an ...?!« Das klang eher, wie eine Feststellung als wie eine Frage und ich nickte. »W ... Wie kann ich dir, ähm Ihnen helfen? Ahm ja ... setzen Sie sich doch bitte. Ich tat es und trug ihm mein Anliegen vor. Hin und wieder nickte er, machte sich Notizen und ich bemerkte verstohlene Blicke an ihm. Natürlich ließ ich ihn die ganze Zeit nicht aus den Augen und seine Gesichtsröte stieg erheblich an.
»Herr Ford, das ist eine sehr große Summe, und wenn ich nur die Einnahmen des Hotels anrechne, dann wird dir, Ihnen der Kredit nicht bewilligt. Haben Sie Rücklagen die ungefähr auf 25 % Ihres Kreditantrages belaufen? Fonts, Bausparer etc., die Sie gegebenenfalls mit hernehme können. Ich nickte und holte die Rechnung, die Sam für mich angefertigt hatte, hervor. Überreichte es ihm und inzwischen hatten sich schon Schweißperlen auf seiner Stirn gebildet. Alvin ähm Herr Sommerer schaute sich die Rechnung an.
»Gut damit wird es gehen. Brauchst du sonst ... Brauchen Sie sonst noch etwas?« ich schüttelte mit dem Kopf.
»Danke Herr Sommerer, das wäre alles. Bis wann weiß ich bescheid, dass der Antrag bewilligt wird oder nicht?«
»Nun, er ist bereits bewilligt« ok jetzt war ich überrascht.
»So schnell? Muss der Antrag nicht erst eingeschickt werden?«
»Nein! Ich bin dafür zuständig. Eigentlich betreue ich die Reichen und Schönen. Du ähm Sie hätten nicht einmal einen Termin von mir bekommen, wenn, wenn ...« jetzt klingelts. Er überreichte mir die Bewilligung, die ich zu den anderen Unterlagen hinzutat.
»Herr Höllesing verstehe.« er nickte.
»Ja, ich dachte, er würde kommen wollen.« Höllesing, der Name eilte Sam voraus. War es ein Segen oder ein Fluch. Man wusste es nicht.
»Na dann freue ich mich trotzdem, dass Sie mich empfangen haben. Herr Sommerer.« meinte ich und reichte ihm die Hand zum Abschied. Ich sah, wie er tief einatmete und ich konnte mir ein Reim daraus machen, an was er dachte.
Ich war schon an der Tür.
»Darf ich dich trotzdem noch anrufen?« Ah ne wie süß. Ich blickte ihm in die Augen und lächelte etwas.
»Natürlich, solange du dich an die Regeln hältst. War schön Sie kennenzulernen Herr Sommerer.« Geschafft! Die Renovierung konnte beginnen. Ein Stein weniger, der zu bewältigen war. Nun kam die größte Hürde. Als ich im Auto saß, holte ich das Handy aus der Manteltasche. Suchte den Namen, den ich lieber gestern als morgen vergessen, oder nie im Leben kennengelernt hätte.
»Der angerufene Teilnehmer ist vorübergehend nicht erreichbar!«
Ich hatte es nicht bemerkt, dass ich meine Augen geschlossen hatte, nur als ich tief ausatmete, wurde es mir bewusst. Eigentlich sollte eine Lawine abwärts rollen und in die Hölle versinken, doch tat es nicht. Im Gegenteil ein Kloß breitete sich in meinem Hals aus und aufkommende Tränen brannten in den Augen. »Verfuckte Scheiße!« zischte ich und startete das Auto. Auf dem Weg zurück ins Hotel beruhigte ich mich etwas. Das hätte ich mir denken können, dass First nicht ans Telefon ging. Wer war er denn, dass er einem dahergelaufenen Ex-Stricher antworten würde. Er doch nicht. Höchst wahrscheinlich hatte er meine Nummer gesehen und sich dabei ins Fäustchen gelacht. Als ich schon den Blinker zur Einfahrt setzen wollte, entschied ich mich anders. Ich fuhr weiter geradeaus, suchte mir eine Wendemöglichkeit, denn meine Einfahrt war die letzte, bevor es zur Richtung Autobahn ging. ›Fuck‹ was tat ich da? Doch meine Entscheidung war bereits gefallen. Schon lange und es noch weiter rausschieben, war nicht mein Ding.
Ich hielt vor dem Haus. Wie automatisch schweifte mein Blick zu der Schaukel. Innerlich fror ich. Kam ich nachts schon nicht gerne her, tagsüber war es ein graus. Stieg aus und schloss das Auto ab. Obwohl hier in dieser schönen Gegend, das Auto nicht geklaut werden würde. Aber das war eine automatische Handlung.
Langsam ging ich zur Tür, und als ob es das erste mal wäre, dass ich hier war, schaute ich auf die Klingel. ›Selter‹ die Zeit blieb stehen. Die Ewigkeit schien eine neue Bedeutung zu bekommen. Selter! Das war der gleiche Nachname wie bei Tom. Mein Herz raste. Das konnte nicht sein. Das durfte nicht sein. Tom konnte nie im Leben etwas mit diesem Monster zu tun haben. Das durfte absolut nicht sein.
Mein Finger zuckte zurück. Ich brauchte Gewissheit. Vorher konnte ich diesen Weg nicht gehen, den ich vorgehabt hatte zu gehen. Aber was sollte ich machen? Einfach auf Tom zugehen und fragen, ›ey bist du mit einem Jason Selter verwandt?‹ ging nicht. Würde ich nicht machen. Nie im Leben und doch ... dies juckte mich und ich wog es ab, was ich tun sollte. Klingeln und die Nachfolge antreten oder zurück ins Hotel zu fahren, um abzuwarten. Ich wusste es nicht. In diesem Moment stand ich auf dem Schlauch, unschlüssig meinen nächsten Schritt zu planen.
Tief atmete ich ein, schüttelte den unwirklichen Gedanken ab. Selter war in Amerika genauso verbreitet, wie Müller oder Schmidt in Deutschland. Sollte nichts bedeuten. Ich klingelte.
Ein Kerl von einem Mann machte die Tür auf. Grimmig schaute er mich an, und als er mich erkannte, ließ er mich rein.
»Wo ist der Boss?« schob ich mich fragend an ihm vorbei, direkt ins Wohnzimmer. Wie gescholten oder verdattert stand der Mann hinter mir.
»Sie sind der Boss« ach ja, jetzt nicht wirklich wahr. Dachte ich und studierte ihn.
»So?!« machte ich eine herablassende Bemerkung und ich sah, wie er schluckte. »Dann formuliere ich es anders. Wo ist Selter?«
»Er liegt in der Georg von Borster Privatklinik. Sein Krebs wird behandelt.« Krebs? Gott hatte wirklich erbarmen mit seinen Schäfchen, nur für mich war es nicht genug.
»So, sein Krebs?« hätte es nicht Ebola sein können? Oder die Pest? Ne Lepra! Einfach alles abfaulen und ich würde dabei zuschauen. Der Gedanke daran ließ mich innerlich erfreuen. Lepra wäre eine angemessene Krankheit für diesen Mann, aber leider war es nur Krebs. Ich hoffte, der Krebs war bereits so weit vorangeschritten, dass ›First‹ sich daran nie erholen würde. Ich nickte den Mann zu und verschwand wieder aus dem Haus.
So wie es aussah, war ich bereits der Nachfolger. Ganz unspektakulär. Keine Amtseinführung, indem die meisten Unterweltbosse anwesend waren und ihre Havanna rauchten. Ihre Waffen vor sich auf dem Tisch liegen hatten und die Leibwächter einen Schritt hinter den Mächtigen standen. Meine Fresse, was hatte ich für Gedanken. Wir waren nicht in den Zwanzigern, wo Capone ein großer Name war.
Ich brauchte nicht lang zu überlegen. Ich verlies einfach das Haus. Stieg in mein Auto und fuhr zu mir zurück. Was hätte ich anders tun sollen? Weinen? weil der Boss, wegen Krebs operiert oder behandelt worden ist? Wohl kaum! Ich machte mir keine weiteren Gedanken.
Die Gedanken, die ich hatte, kamen mir, nachdem ich es erfahren hatte, dass der Boss wegen Krebs in Behandlung war, einfach unglaublich verblödet vor. Verdammt wer war ich? Ich war Kilrian. Niemand anderes. Ich war nicht Zeth, der seine Kunden bediente, ich war einfach nur Kilrian, sonst niemand. Was hatte ich mir dabei gedacht? Die Antwort war so klar. Klar wie Kloßbrühe. Kein Zeth oder der Nachfolger von First. Ich bin, ich war, und ich werde immer Kilrian sein.
Etwas erleichtert stieg ich wieder ins Auto, doch der Nachgeschmack blieb. Das Kommende wurde aufgeschoben nicht aufgehoben. Die Nachfolge oder wie man das nannte, würde ich dennoch als pro forma antreten.
Mein Handy klingelte und als ich den Namen las, war ich anfänglich leicht geschockt und überlegte, ob ich überhaupt ranging. Dennoch musste ich schmunzeln. ›Jerry‹. Eineinhalb Jahre hatte ich darauf gewartet, dass er wieder anrief. Die Nächte waren die Hölle. War auf die Couch ausgewandert, weil ich es nicht mehr ausgehalten hatte. Die Erinnerung an diese eine Nacht ahtte mich schier um den Verstand gebracht. Und nun, nun landen wir fast täglich im Bett. Ich liebte diesen Mann, mit allem, was ich aufbringen konnte.
»Ja«, auch wenn ich wusste, wer mich anrief, an dieses Handy ging ich immer mit Ja ran.
»Spreche ich mit Zeth« warum fragte er das jetzt? Gott seine Stimme. In diesem Moment ging sie runter wie Öl. War es, weil meine Nerven zum zerreisen angespannt waren oder war es, weil wenn das besagte Handy losging, ich sofort auf ›Beine spreizen‹ umsprang.
»Ja tust du. Wie kann ich dir helfen« er kicherte. Ich glaubte kaum, dass er wusste, dass ich ihn noch unter seinem Pseudonym gespeichert hatte. Oder war es von ihm pure Berechnung.
»hmm du erfüllst doch diverse Wünsche?«
»Schon«
»Was würde es kosten, wenn ich bei deinem nächsten Termin dabei bin« Shit, was will er?
»Ein Voyeur, das hätte ich nie von dir gedacht, Jerry!« Ich benutzte absichtlich diesen Namen. Immerhin hatte Tom mich auf diesem Handy angerufen und da bin ich nun mal Zeth, ob es ihm passte oder nicht.
»Jerry?« nun war ich es, der kicherte. »Ah!!« Sein Groschen war gefallen. »Nenn mir deinen Preis und dann reden wir weiter.«
»Das geht nicht. Erst muss ich wissen, was du willst und dann kann ich dir meinen Preis nennen.«
»Was ich will, habe ich schon gesagt«
»Wo bist du«
»Seit wann verlangt Zeth private Informationen?« hoppla. ER nahm es genau, dann soll er es auch so haben.
»Du hast recht, dann frage ich es anders. Bist du allein?«
»Ja bin ich«
»Gut! Hier meine Bezahlung, Jerry. Zuhören und das machen was ich dir sage.« von der anderen Leitung vernahm ich ein Gott Kilrian.
»Tzz Jerry, wir wollen doch die Form waren. Wenn in deiner nähe etwas zum hinsetzen ist, dann setze dich bitte darauf und schließe deine Augen.« gab ich ihm die Anweisung und ich selbst, stellte auf Headset um. Startete das Auto und fuhr los. »Sitzt du schon?«
»Ja«
»Wie ich mir vorstellen kann, hast du ein Hemd an, eine locker sitzende Jeans und wahrscheinlich sind deine Schuhe ausgezogen, die du fein säuberlich neben die Garderobe gestellt hast.«
»Ja habe ich und meine Jeans ist bereits offen«
»Dafür habe ich dir noch keine Anweisung gegeben«
»Ging nicht anders, als ich das Ölbild angeschaut hatte kam es einfach über mich.«
»So!«
»Yes! Ich stand dann vor der Wahl. Entweder, hole ich mir einen runter oder ich rufe an. Nun also warum einen runterholen, wenn der eigene Freund ein Profi ist.«
»Ich bin nicht dein Freund Jerry.« ich setzte den Blinker und reihte mich in die nächste Straße ein. Bei der anderen Leitung war es still. Wahrscheinlich ratterte es in seinem Kopf. »Knöpfe dein Hemd auf, langsam« gab ich ihm die Anweisung, ob er es machte, obliegt bei ihm. Ich hoffte es, dass er es machte. »hör mir zu. Hör mir genau zu und mache nur das, was ich dir sage« ich wusste das Tom auf dirty Talk stand und das sollte er bekommen.
»Bin bei dem dritten Knopf. Es ist schwierig in einer Hand das Handy zu halten und mit der andern die Knöpfe aufzumachen, was deine Aufgabe währe.«
»Stell keine Ansprüche. Mach einfach das was ich dir sage, Jerry.« ich hörte ihn einatmen und somit konnte ich erraten, dass er mit sich haderte. »Wenn du wirklich das nächste mal mit mir zu einem Kunden gehen willst, um zuzuschauen, dann mach, was ich dir sage, sonst kannst du es vergessen. Und glaube mir, das nächste Mal werde ich den Freier nicht ablenken, dass er dich nicht sieht. Solltest du mir wieder nachlaufen. Haben wir uns verstanden!«
»Ja Tschuldige ... ich ... ich ... weiß nicht, wie ich damit umgehen kann. Kilrian, du bist so geil, nein perfekt. Ich bekomme das Bild nicht mehr aus meinem Kopf, wie du den Fettkloß geritten hast ...«
»Der Fettkloß hat einen Namen. Für mich ist er Alvin. Für die Außenwelt ein Mann, der die Finanzen der Reichen und Schönen im Auge behält. Für dich ist er ein unbekannter. Das soll auch so bleiben. Tom, ...« diesmal benutzte ich zu seiner Beruhigung seinen richtigen Namen. »Wenn du ein Kunde wärst, würde ich das hier nie und nimmer veranstalten. Also entspann dich. - Wie viele Knöpfe hast du bereits geöffnet?«
»Drei oder vier!«
»Mach weiter, bis auch der letzte Knopf aus seiner Ummantelung heraußen ist.« Tom hatte ein Problem. Er wollte unbedingt meinen Nebenjob akzeptieren, nur schaffte er es nicht. Er wusste nicht, wie er damit umgehen konnte, wie er es verstehen konnte, dass Monogamie bei uns nie sein würde. Nie infrage kam. Wahrscheinlich erst dann, wenn ich die Rente bezog. Dann wurden Männer zu notgeilen Böcken und ich hoffte, ich hatte in der Zwischenzeit meine Hörner abgestoßen.
Scheiße fuhren viele Busse und ich blickte auf die Uhr. War ja kein Wunder, die Schule hatte aus oder zumindest Kinder der ersten oder zweiten Klasse und die Straßenverhältnisse konntest immer noch in der Pfeife rauchen.
»Die Knöpfe sind offen«, meldete er sich wieder.
»Nimm dein Finger und kreise sanft über deine linke Brustwarze. Stell dir dabei vor, dass es meine Zunge wär. Nun baust du etwas Druck auf und nimmst den Nippel zwischen Daumen und Zeigefinger. Drehe ihn etwas und dann drückst du zu, bis du den Schmerz spürst.« lange brauchte ich nicht zu warten, da kam ein zischendes Geräusch aus seinem Mund. Gott Tom dachte ich und verfluchte die Ampel, die auf rot umschaltete.
»Das gleiche machst du mit deiner anderen Brustwarze und stelle dein Handy auf Lautsprecher, du wirst bald deine zwei Hände gebrauchen müssen.«
»Scheiße« hörte ich nur und ein dumpfer Aufprall. Ich hoffte, dass die Verbindung dadurch nicht unterbrochen wurde. »Bist du noch dran?«
»Ja bin ich. - Stelle das Handy gleich auf Lautsprecher und lege es vor dir auf den Tisch. Nun verwöhne deine andere Brustwarze, wie ich es dir gesagt habe. - Jetzt mach es mit allen beiden.«
»Die sind schon ganz schön hart«
»Mach weiter, bis es zu schmerzen anfängt, erst dann streichelst du deinen Solarplexus. Streichle dich weiter runter, bis zu dein Nabel. Mit der anderen Hand berührst du dich hinter dem Ohr. Spürst du es schon? Dieses Kribbeln im Magen, das sich bis zu deinen Lenden ausbreitet?«
»Nicht nur das. Die Jeans wird lästig.«
»Warum?« fragte ich unschuldig. »die ist doch bereits offen« so etwas wie ein gequältes Lachen vernahm ich und ich selbst musste schmunzeln. Auch wenn die Jeans aufgeknöpft war, so konnte es dennoch unangenehm drücken. Aber ich wollte nicht so sein. »Ziehe dich gar aus. Vermeide aber dich dort zu umgreifen. Dieses Terrain ist für dich noch Tabu. Wenn du nackig bist, nimm dein Streicheln wieder auf. So viele Zonen wollen noch verwöhnt werden. Streichle dich, streichle dein Hals, deine Brust, dein Oberkörper. Führe deine Fingerspitze an deinem Schwanz vorbei und fahre über deine Oberschenkel. ERfühlst du deine Haare, die sich aufgestellt haben?«
»Gott ich hasse es langsam. Dein Hauch von Nichts. Du bist nicht da und trotzdem ...«
»Gänsehaut ist ein sehr guter Leiter. Nun nehme deine andere Hand dazu und streichle damit dein anderes Bein. Führe deine Finger zu deinen Kniekehlen und wieder zurück.«
»Dafür muss ich die Beine aufstellen!«
»Mach das. Mach es dir bequem.« noch einmal abbiegen und ich war in der Einfahrt. »Mit einer Hand bleibst du bei deinem Oberschenkel und mit der anderen tastest du dich zu deinen Eiern.« Tom konnte sich nicht mehr zurückhalten. Ich hörte ihn sehr deutlich keuchen. »so ist es gut. Knete sie.« ich schaltete wieder auf das Handy und stieg aus. Suchte meine Wohnungsschlüssel, sperrte das Auto zu und ging zur Tür.
»An was denkst du?«
»An nichts. Ich schaue das Ölbild an und stelle mir vor, dass du es bist, der mein Körper verwöhnt.«
»Schau zu deinem Schwanz. Liegt er auf deinem Bauch?«
»Hey so dick und hart war er noch nie.« nun das glaubte ich ihm gerne. Tom war eine sehr sensible Person, nicht geistig, sondern körperlich. Es brauchte nur wenig Reizströme und er lag wie willenlos da und ließ alles mit sich geschehen.
»Nicht umgreifen. Wie willst du mich?« ich stand vor der Tür und wartete. Es wär saukalt und ich zog meinen Mantel zu.
»Wie ich dich will? Du kannst fragen stellen. Jetzt bei mir, damit du alles machst, was du mir sagst.«
»Das war nicht meine Frage. Wie willst du mich?«
»Kilri ...«
»Form wahren Jerry. Du willst das nächste mal zuschauen. Kannst du dir überhaupt vorstellen, was das für mich an Überredungskunst kostet, den nächsten Kunden, welcher ich nicht weiß, wer anruft davon zu überzeugen, dass ein Spanner mit dabei ist«
»du bist knallhart, sogar zu mir«
»Wir haben einen Deal. Wie willst du mich?« ich hörte ihn ausatmen und ich konnte mir vorstellen, dass ihm gerade sein vorhaben peinlich war. Nun eigentlich war es für Tom leicht wieder aus dieser Sache rauszukommen. Er bräuchte nur aufzulegen oder zu sagen, ›lassen wirs‹. Ich hingegen, wenn ich einmal zugesagt hatte, dann zog ich es auch durch. »Willst du mich ficken oder soll ich mich tief in dir versenken. Erst langsam und deinen Schwanz außer acht lassen oder hart. Deinen Schwanz zu wichsen, damit dir Hören und sehen vergeht. Dir einen blasen, dich soweit aufzunehmen, dass es mich würgt. Meine Finger in deinen Arsch schieben, damit ein XXL Dildo mit Leichtigkeit reinflutscht. Sag mir, wie willst du mich.«
»Was ich will? Ich will, dass du mich vögelst. Ungefähr so, wie ich dich nach der Beerdigung deines Vaters gefickt hatte.«
»Geht doch! Stehe von der Couch auf und gehe ins Schlafzimmer. Dort steht unter dem Fenster eine Komode. Ziehe den ersten Schub auf und hole dir einen Plastikschwanz raus, der dir zusagt. Daneben ist Gleitgel, solltest du dich für ein größeres Exemplar entscheiden.« langsam fing ich das Frieren an und musterte den Schlüssel in meiner Hand. Eigentlich wäre es nun schön, in die warme Wohnung zu gehen und all das mit Tom gemeinsam zu erleben. Es für ihn zu tun, was er wollte. Ihn zu nehmen, ihn zu verwöhnen und wenn er es wollte, es den ganzen lieben Tag wiederholen. Nur hatte er ein Terrain betreten, das es mir verbot, jetzt reinzugehen.
»Gott was hast du denn für Toys?«
»Wenn du dich für eins entschieden hast, dann lege dich auf das Bett und bearbeite deinen Körper, genauso wie ich es dir vorhin vorgegeben hatte, noch einmal. Wage es nicht dich selbst zu wichsen.«
»Scheiße bist du hart. So ... kenne ich dich nich ...«
»Meine Kunden schon. So läuft das Geschäft Jerry. Ich wäre nicht da, wo ich jetzt bin, wenn ich ständig mit mir Cha-Cha-Cha tanzen lassen hätte.« ich atmete tief ein, selbst gewillt, die Sache zu beenden. »Tom, wenn dir gerade in diesem Moment durch den Sinn gegangen ist, mich mit einem Kunden zu beobachten, zu denken, man wäre das geil, sitzt du auf dem falschen Dampfer. Du beobachtest nicht mich, sondern Zeth und Zeth ist rigoros und verlangt was dafür. Es ist deine Entscheidung, noch kannst du es beenden.«
»Aber ich kann nicht anders. Ich muss immer daran denken. Du und dieser Kunde. Eure Körper, wie eine Einheit ...« er stockte kurz und ich hörte, wie die Schublade ging. »lassen wir es. Es ist zu blöd ... keine Ahnung, was ich mir dabei gedacht habe ... Tschuldige.« er legte auf. Ich selbst schaute wieder auf den Schlüssel, der durch die Körperwärme warm war und doch meine Finger kalt waren. Innerlich schüttelte ich mich. Nicht allein nur wegen, den absurden Gedanken, dass Tom das nächste Mal als Zuschauer fungieren würde, sondern, weil mich der Gedanken selbst in einer gewissen Weiße angemacht, wenn nicht gar erregt hatte. Letztendlich steckte ich den Schlüssel in das Schloss und sperrte auf. Trat in meine Wohnung und wohlige Wärme, umarmte mich. Doch die ignorierte ich und ging sofort in mein Schlafzimmer.
Tom saß auf dem Bett. Das Handy in der einen Hand und einen Vibrationsdildo in der anderen. Sein Blick war auf den beiden Gegenständen gerichtet, doch seine Gedanken waren im Nirgendwo. Langsam ging ich auf Tom zu. Er bemerkte mich und stand auf. Alle beide Sachen flogen ihm aus der Hand und ich konnte nicht anders und stürzte auf ihn zu.
Nahm ihn in meine Arme.
»Du bist ein Depp«, flüsterte ich in sein Ohr und platzierte leichte Küsse auf seinem Hals. Er hatte mich selbst in seine Arme genommen.
»Es tut mir leid. War ein dummer Gedanke von mir. Der mich von einer Sekunde zur nächsten ...«
»Sag nichts mehr. Tom es ist kein Problem, wenn du zuschauen möchtest oder mitmachst. Das Problem war nur, dass du Zeth gesagt hast.« ich blickte ihm in die Augen und ich konnte darin lesen, wie er darüber nachdachte. Und wieder schien ihm der Groschen gefallen zu sein.
Ich schälte mich aus seiner Umarmung und zog den Mantel aus, den ich achtlos auf das Bett schmiss.
»Du meinst ...« ich nickte.
»Ja Tom, Zeth verlangt für eine Dienstleistung immer etwas. Das nächste Mal, frag mich einfach.«
»Also mit anderen Worten, wenn ich dich damit einfach überrumpelt hätte, du nicht mit Telefonsex angefangen hättest, halt wenn ich auf das andere angerufen ...« ich nickte. Nebenbei hatte ich mich obenrum aus meinen Klamotten geschält. Die Schuhe sind bereits auch schon von meinen Füßen runter und ich machte mich an den Hosenknopf zu schaffen.
»Japp. Ich hätte dann gesagt, warte, bis ich daheim bin, dann besprechen wir es.«
Seine Nachdenklichkeit verschwand, als er sah, dass ich mich vor ihm auszog. Wie schon gesagt, es reichte wirklich nur ein kleines Fetzchen Haut und mit Tom war es aus. Ich kniete mich hin und nahm den Dildo in die Hand.
Gott das Meeting nervte mich. Ich fragte mich wirklich, wie Kyel das alles ertragen konnte. Dieses scheinheilige Getue, was er manchmal an den Tag legte, war kaum auszuhalten. Kyel hatte Aiden zu Babysitting verdonnert und Tom mitgeschleift. Wie immer lag Kyel sein Anliegen mit höchster Professionalität hin, die mich langweilte. So mochte ich ihn nicht. Ich liebte seine dreckige Art, sein Verlangen, einfach ihn, nicht dieses hochgestachelte Etwas.
Irgendwann war das Meeting doch noch vorbei, obwohl ich schon lange die Hoffnung aufgegeben hatte. Und ich fragte mich, warum Kyel mich zu seinem Meeting mitgeschleift hatte. Nun das würde wohl für immer ungesagt bleiben. Aber egal.
Kyel und Tom unterhielten sich noch etwas, bis Tom sich von mir verabschiedete. Kyel sich zu mir umdrehte und mich schelmisch, wenn nicht gar süffisant anblickte. Herr Gott noch immer brachte mich sein Blick auf eine andere Wolke als die mit der Nummer 7.
»Ich muss noch mal wo hin.« gab mir ein Kuss auf die Nasenspitze und ließ mich stehen. Na toll dachte ich und wie kam ich ins Hotel zurück? Tom war bereits weg und Aiden blieb, wegen Vivi im Hotel zurück. Nun stand ich alleine da. Einfach herrlich und so ganz untypisch für Kyel. Er ließ mich nie alleine zurück. Dies Paranoia behielt er, seit ich, aus der Klaue dieses Mannes befreit worden war bei. Ich atmete ein und erschrak, als mir jemand auf die Schulter tippte. Fuhr herum und blickte Anthony an. Ach ja, hatte ich mir doch gedacht, dass Kyel mich nicht einfach so alleine dastehen ließ. Eigentlich hätte ich überrascht sein sollen, denn wir waren nur zu viert nach Deutschland gereist. Doch dem war nicht so, die SPA-Agenten waren nie recht weit von uns, nun von mir entfernt. Sie waren meine Schatten, wenn ich in der prallen Sonne stand. Sie bekleideten mich überall, egal wo ich war.
Anthony fuhr mich zurück ins Hotel. Dort nahm ich mich Vivi an. Sie war mein Ein und Alles. Sicherlich mussten wir unsere Zweisamkeit zurückstecken, aber für Vivis Wohl war es mir wert. War es uns wert.
»Ey Aid, was hältst du davon, wenn ich unten von der Bar einen guten Wein hole?« Aiden der seine Pflichten als zukünftiger Onkel für Vivi, ich hoffte das bei Sarah und Aiden bald mal die Hochzeitsglocken läuteten, mir übertragen hatte, blickte von seinem Buch hoch. Grinste mich an und meinte beiläufig: »Und was ist mit Vivi?« ich grinste zurück. »Anthony ist hier und ich denke, dass Emily nicht weit ist«, als ich so aus dem Fenster blickte, war mir der Gedanken an dem Wein doch sehr angenehm und ich befand, dass Kyel, Vivi und ich nun nicht mehr zum Spielplatz gingen. Das Wetter war nur grausig.
»Das glaubst aber auch bloß du« na auch das hätte ich mir denken können, das Anthony nicht mit seiner Familie angereist war, sondern auf Befehl, sorry Wunsch von Kyel da war. Ich atmete ein.
»Ich hole mir trotzdem eine Flasche.«
»Ruf den Zimmerservice« Na toll und als ich mich in Bewegung setzen wollte, um mir eine Flasche Rotwein zu holen, ging die Zimmertür auf.
»Wo willst du hin?«, fragte mich eine samtweiche Stimme, gepaart mit meeresblauen gleichen Augen.
»Mir eine Flasche Wein holen.«
»So! Später erst« war ja wieder typisch von ihm.
»Nicht später jetzt. Außerdem will ich mal zu Kilrian«
»Kilrian hat im Moment zu tun. Wir können ihn später ja aufs Zimmer einladen. Sofern er nicht außerhalb unterwegs ist. Außerdem ist auf dem Weg, wohin ich jetzt mit dir möchte, ein Spirituosenladen, dort kannst du dir einen Wein raussuchen.« Tzz auch das war typisch von ihm. Alles musste sofort nach seiner Nase tanzen. Nicht mit mir.
»Ich habe keine Lust, wieder in dieses scheiß Wetter rauszugehen« und setzte mich demonstrativ auf einen Sessel. Nahm Vivi auf meinen Arm, die versucht hatte, sich von meinem Bein hochzuziehen. Aiden war in der Zwischenzeit verschwunden. Wahrscheinlich froh, endlich mal Feierabend zu haben, obwohl ich das bezweifle. Unter Kyel zu arbeiten, bedeutete so viel wie seine Seele dem Teufel zu verkaufen. Aber alle liebten und Respektieren ihn. O. k. ich liebte ihn, das sollte genügen. Die anderen können ihre Liebe sonst wo hinstecken.
»Sascha, wenn ich ehrlich sein soll. Ich habe auch keine Lust mehr raus zu gehen, sondern mit dir und Vive den restlichen Tag verbringen. Aber ...« ach ja jetzt kam es, dieses ›ABER‹. »- Aber, ich habe keinen anderen Termin bekommen und wir müssten eben jetzt losfahren, um noch pünktlich um 20 Uhr dort zu sein.« Was acht Uhr abends? Sollte das ein Witz sein? Ich mein, wo sollte das denn Bitteschön sein? Immerhin hatten wir es erst früher Nachmittag. »Außerdem willst du dir ja noch einen Wein kaufen. Und ich weiß eben, wie lange du brauchst, um dir einen Wein rauszusuchen. Also komm in die Puschen.« ich spürte seinen Atem in meinem Nacken und was sollte ich sagen, als er mir auch noch Küsse auf meine Stellen platzierte, wusste ich, was später auf jeden Fall noch passieren würde. Nicht erst später, jetzt, sofort, auf der Stelle.
»Wer passt auf Vivi auf oder kommt sie mit?« seine Lippen hatten die Zunge ersetzt.
»Omama passt auf sie auf.« ich fuhr hoch. O. k., mit allem hatte ich gerechnet, aber das Omama auf Vivi aufpassen sollte, damit nicht. Ich meinte, sie war nicht mehr so richtig gesund. Alzheimer hatte sie im Griff und es wäre absolut verantwortungslos, wenn ich da zustimmen würde.
»Aiden oder Anthony aber nicht Omama. Auch wenn sie meine liebste Oma ist.« er atmete tief ein. Rieb sich die Augen.
»Warum willst du immer für alles eine Erklärung? Ich kann sagen, was ich will, du schlägst es einfach immer wieder nieder. Sascha mach halt einfach mal das um was ich dich bitte. Und wenn es nur für einmal ist«
»Aber was ist ...«
»Nichts ist. Vertrau mir einfach« er, reichte mir seine Hand und resigniert nahm ich sie entgegen. Kyel zog mich hoch, unsere Münder trafen sich. »Komm«, meinte er nur und half mir in meine Jacke. Was in anbedracht dessen, dass Vivi noch auf meinem Arm war, sich als recht schwer erwies.
Was mich wunderte, Kyel fuhr selbst und hielt bei meiner Oma an. Was mich noch mehr wunderte, war, dass Sarah vor der Tür stand und mir Vivi abnahm. Was ich allerdings nicht verstand, war, dass Sarah sofort die Tür vor meiner Nase zumachte und mir nebenbei einen schönen Tag wünschte. ›Fragezeichen ich komme‹. O. k. dachte ich nur und stieg zurück ins Auto, indem Kyel mit laufendem Motor auf mich gewartet hatte.
Die Stunden, die anfänglich, wegen neugieriger Nervosität nur so davonschwebten, zogen sich nun ellenlang hin. Ich fragte mich wirklich, wohin Kyel wollte. Egal wie oft ich die Frage stellte, er blieb stur. Wäre ja nicht Kyel, wenn er nur wegen mir immer alles gleich sagen würde. Selbst er hatte Geheimnisse, die er nicht hinausposaunte. Aber mir reichte es langsam, ich wollte es wirklich endlich wissen. Sogar nach dem x-ten Mal bohren hatte er nicht Kleinbei gegeben. Nun gab ich es auf und stellte auf Durchzug. Kyel konnte mir ein Gespräch aufdrängen oder mit mir flirten, ich reagierte nicht mehr darauf. Aus den Augenwinkel sah ich, wie er leicht mit dem Kopf schüttelte und beim nächsten Versuch sein typisches süffisantes Lächeln drauf hatte. ›Kotz ey‹
Keine Ahnung, wie viele Großstätten wir bereits passiert hatten, Kyel fuhr immer weiter. Streng nach dem Navi. OK, manchmal nicht so arg nach der Anweisung des Navis aber meistens behielt er die Hinweise ein. Dunkel war es außerdem auch noch geworden. Gott der Winter war ein ›Kotz mich an und verschwinde bis zu Weihnachten vom Erdboden‹, echt wahr.
Während ich nun so vor mich hingrummelte, setzte Kyel den Blinker zu der nächsten Ortschaft. Der Radiosender brachte gerade das Regionen Wetter und ich blickte auf die Uhr. Es war kurz nach 19 Uhr. Nichts gegen die Uhr aber ich musste mir eingestehen, dass ich das AM und PM absolut nicht abhaben konnte. Zumal ich immer diese Benennungen der Uhrtageszeit verwechselte. Nun wohl nicht mehr aber damals als Kind und das blieb einfach als ein Übel, was nicht gebraucht wurde. Ich atmete ein und schloss meine Augen. Wer wusste, wie lange die Fahrt noch andauern würde.
Nach kurzer Zeit hielt Kyel an und tippte mich an. »Wir sind da!«, sagte er und ich öffnete meine Augen. »Gerade noch rechtzeitig. Na los steig aus. Oder hast du dir das mit dem Wein anders überlegt.« Ja, ja, murrte ich und stieg aus.
Wow also das hätte ich nun wirklich nicht erwartet. Kyel hatte mich zu dem feinsten Laden Deutschlands gebracht, da wo eine einzige Flasche Dornfelder schön über 100 € gehandelt wurde. Da sah ich mit mein stetigen Tetrapack Wein ganz schön arm aus, aber warum sollte ich mir etwas Normalität nicht gönnen. Öhm ja, eigentlich schon. Kyel gab sich mit Billigmarkten nicht zufrieden. OK, gut Luxus war für mich schon lange kein Begriff mehr, umso mehr erfreuten mich einfach die normalen Sachen. Ob es Turnschuhe waren oder ein T-Shirt aus einem Supermarkt, war mir egal. Hauptsache ich hatte was zum Anziehen und wem es nicht passte, der brauchte mich nicht anzuschauen. Also ging ich ziemlich verdrossen hinter Kyel her und betrat den Laden. Der Verkäuferin sah ich an, dass sie bereits Feierabend machen wollte. Immerhin ging es schon auf halb acht Uhr abends. 30 Minuten noch und der Laden würde schließen. Lange brauchte Kyel nicht und er hatte sich seinen Vorrat ausgesucht. Bei mir dauerte es länger, doch am Ende griff ich zu einem einfachen lieblichen Merlot, für sage und schreibe 9.99 €. Den würdest in jeder Tankstelle für 4.99 € bekommen und in einem Supermarkt für 3.49 €. Wucher, aber wie schon gesagt der Name des Ladens, machte den Preis. Von wegen und Preisbindung.
Nachdem wir unsere Weine gekauft hatten, verstauten wie sie im Auto. Als ich schon Anstalten machen wollte, wieder einzusteigen, hielt mich Kyel ab. Er meinte, dass wir das restliche Stückchen zu Fuß zurücklegen könnten. Nun da ich inzwischen meinen Mann kannte, folgte ich ihm.
Vor einem anderen Laden blieb er stehen öffnete die Tür und ließ mir den Vortritt. Ich betrat den Laden und blickte mich um. Nun auf dem ersten Blick war er nichts Besonderes, wie ein normales Geschäft, indem man Passfotos oder Porträts machen konnten. Plötzlich spürte ich sein Atem in meinem Nacken.
»Senke dein Blick. Nimm deine Hände aus deiner Jackentasche.«
»Wa ...?«
»Tu es bitte. Bitte Sascha« noch, bevor ich ihm widersprechen konnte, kam ein hochgewachsener Mann mit freundlichem Lächeln in den Raum und betrachtete uns von oben nach unten.
»Die Herren wünschen?« sehr freundlich, dachte ich.
»Ich wünsche.« Shit er meinte es ernst und ich hoffte, der Mann hatte meine Zögerung nicht bemerkt und wenn, war es mir eh egal. Denn ich konnte es nicht ausstehen, wenn Kyel unsere kleinen Schlafzimmerspielchen in die Öffentlichkeit hinaustrug. So wie eben. »Ich will diesen Körper ablichten lassen«, um noch eins oben draufzusetzen, strich er mir über den Hals. Noch dazu war sein Deutsch um einiges besser geworden, oder er hatte kurzzeitig Nachhilfe in den Sätzen, die er vorbringen wollte. Tom? Wohl kaum. Er war nicht der Typ Mann für Sadomaso. Kilrian? Wäre eine Option, doch wann hätte Kyel mit Kilrian sprechen können. Der Mann war ständig auf Achse. Selbst an den einem Abend, war es wirklich Zufall, dass er daheim war. Tom hatte es angemerkt, dass er nicht wüsste, ob Kilrian daheim war, aber nach seinem Wissen, sollte er es und tatsächlich war er daheim. Sam? Dafür kannte ich den Mann zu wenig, um Gewissheit zu haben. Nun dann wohl doch Kilrian oder jemand ganz anderes, den ich nicht kannte.
»So?« der Mann kam auf mich zu. Umrundete mich und ich musste an mich halten. Scheiße wie auf dem Schafott. Dafür würde ich Kyel büßen lassen. »Hmm« kam es aus dem Mann. »Ja - sehr gut - Darf ich ihn berühren?« Kyel stockte.
»Sascha translate« oh, der große Kyel Kastner verstand nicht alles.
»Er fragt, ob er mich anfassen darf.«
»Wie anfassen?« ich musste mir ein Kichern unterdrücken. Kyels Eifersucht war immer wieder köstlich. Ohne die ›Erlaubnis‹ abzuholen, ob ich sprechen durfte oder nicht, war mir ja eh egal, ob ich es durfte oder nicht, immerhin waren wir gleichberechtigt und dieses Schauspiel, Master und Sklave fand meistens nur statt, wenn mich die Vergangenheit einholte und ich nicht mehr wusste, wohin ich die Erinnerung daran hinstecken konnte. Da war das Beste, die Pain rauszuschreien und am Ende in Kyels Armen einzuschlafen.
Aber diesmal wollte ich nicht so sein und fügte mich dem Spektakel, denn ich bin ganz schön neugierig geworden, obwohl ich wusste, das Kyel ein Foto von mir schießen lassen wollte, aber welche Art, nun ich ließ mich überraschen und das Beste war eben, mich zu fügen. Also tat ich, was mir ›befohlen‹ wurde.
»Mein Master lässt fragen, wie anfassen.« der Mann nahm seinen Blick von mir und nahm sich Kyel an.
»Um ihn in Position zu bringen, damit es wunderschöne, sinnesgleiche Ablichtungen werde, muss ich Ihren hochgeschätzten Sklaven berühren, sonst wird das nichts und das Ganze endet in einem Desaster.« nun ich übersetzte es, aber ich nahm die Kurzfassung, oder wohl meine Fassung.
»Um mich besser fotografieren zu können. Machst einen Termin aus und verstehst kein bisschen, was der meint. Du bist einfach unverbesserlich. Das kann ja noch heiter werden, wenn du mir einen Knebel verpassen lässt.« Kyel gab sein Ok und der Mann fasste mich am Kinn. Hob meinen Kopf an und musterte mich abermals.
»Nun dann habe ich keine Probleme, wenn er dir sagt, wie du dich hinstellen sollst. Da du ja gut hörst« witzig! Dachte ich nur. Da ich nur geradeaus schaute, weil der Mann mich am Kinn hielt, sah ich Kyels süffisantes Lächeln nicht. Eigentlich brauchte ich es auch gar nicht zu sehen. Ich wusste, wie er aussah, wie er mich anblickte, wie seine Lippen zuckten, wie seine Augen dunkel wurden, wenn seine Lust ihn überflutete.
Der Mann führte uns in einen separaten Raum. Nur kurz erhaschte ich ein Blick und mir stockte der Atem. Sofort spürte ich eine Hand auf meiner Schulter. War ich froh, denn ich konnte es nicht abhaben, wenn ich ins kalte Wasser gestoßen wurde. Für so etwas brauchte ich etwas Zeit, oder es kam mit einem Schlag über mich.
Der Mann verließ den Raum und ich drehte mich zu Kyel.
»Sag mal, was soll das werden?«, fragte ich und gleichzeitig vollführte ich eine Bewegung, die meine Frage mit dem Raum beinhaltete.
»Das siehst du doch! Ich will dich fotografieren lassen. Ich will, dass du es auch siehst, wie du aussiehst, wenn ... Sascha du bist dann einfach perfekt.«
»Wenn was?« ich blickte ihm in die Augen und ich sah, das er sich schon ziemlich zurückhalten musste. Hier war er. Der Master. Und in diesem Moment, als ich seinen Blick sah, es mir nicht nur vorstellte, machte es in meinem Innern klick.
»Wie du willst. Das Wort lautet immer noch Dinner.« der letzte Satz war, bis die Session vorbei war, der letzte Ausdruck meinen Willen. Nun legte ich mich voll und ganz in Kyels Hände. Ich hatte mich fallen lassen und nichts und niemand stand zwischen mir und Kyel. Ich lauschte nur auf Kyels Stimme, spürte die Schmerzen der Peitsche, fühlte wie meine Erregung aufkam, vernahm hin und wieder Blitzlichter und wie der Fotograf, perfekt, super, noch einmal, und mich in eine andere Position brachte. Bei ›just‹ mir meine Erlösung kam, ich von den Fesseln oder was mich da eingeschnürt hatte befreit wurde.
Kyel half mir, während ich aus meinem Dämmerzustand erwachte in die Klamotten. Ein ziepen auf meinem Rücken und Bauch brachte mich vollständig zurück.
»Scheiße« zischte ich. »Dafür wirst du büßen.« Kyel kicherte.
»Dafür hast du wirklich sehr sexy ausgesehen.« er gab mir einen leichten Kuss. Der Fotograf kam wieder rein und hielt einen gebührenden Abstand.
»War mir schon von vornherein klar, dass du kein kompletter Sklave bist« hörte ich den Mann und doch hatte ich das Gefühl, das er sehr viel Achtung vor mir hatte.
»Was?« er blickte mich an und in seinem Blick war keine Abschätzung zu sehen.
»Nun ich nehme mir jetzt einfach die Freiheit, ohne auf die Erlaubnis deines Herrn zu warten. - Ich bewundere dich. Es gibt wenige, die sich voll und ganz in die Rolle einfügen können und dann wieder wie ein normaler Mensch zu fungieren. Ich wünschte ich hätte es gekonnt. So eine Beziehung, so viel vertrauen, wie ihr sie führt, ist beachtenswert, aber mein Herr, war nur auf sich bezogen und ihm war es egal, ob ich darunter gelitten hatte oder ob es mir Befriedigung gab.«
»Kyel ist nicht mein Herr. Er ist mein Ehemann und er macht es nur, wenn ich es ihm erlaube, oder wie heute, wenn er es unbedingt will.« Was ich aber erst später bemerkte war, wie er Getränke bereitgestellt hatte ich und ein Glas Cola danken annahm.
Irgendwann weckte mich Kyel und meinte, dass wir wieder beim Hotel waren. Da fiel mir ein, dass ich die Fotos, die der Fotograf machte, nicht angeschaut hatte und als ich Kyel darauf ansprach, meinte er nur: »Ge - hei - mnis«
Meine Erregung verabschiedete sich, als ich den Dildo in der Hand hielt. Shit, was wollte Kilrian nur von mir? Sollte ich mir das Ding in den Arsch schieben oder was? Und außerdem, warum hatte ich ihn angerufen. War ich wirklich so notgeil? Nein, es war die Tatsache, dass mich ständig ihre aneinanderschmiegende Körper verfolgten. Gott hatte Kilrian geil ausgesehen. Vor allem war ich geschockt, als er es mir brühwarm unter die Nase gebunden hatte. Welch eine Schmach hatte ich gedacht und doch, der Sex, egal wie oft wir vögelten, es war immer wieder neu. Immer wieder anders, immer wieder die höchste Exstase. Orgasmus war einfach ein falsches Wort. Dass was ich mit ihm erlebte, war hundert mal, nein tausend mal besser. Kilrian war vollkommen. In allem.
Nein! So durfte es nicht sein. Kein Telefonsex. Es war ganz und gar unmöglich. Zumal Kilrian in keinster Weise so war. Immerhin hatte er es mir ja unter die Nase gehalten, dass er in diesem Moment Zeth sei. Richtig ich hatte ja die Zeth Nummer gewählt. Fand es im ersten Moment spannend und aufregend, doch im Nachhinein, kam mir der Gedanke einfach nur noch absurd vor. Wirklich, was hatte ich mir nur dabei gedacht. Nichts! Mein Schwanz hatte die Kontrolle übernommen. Und doch haderte ich mit mir selbst, wie schon das ganze Gespräch über. Kilrian hatte es bemerkt und mich diesbezüglich ziemlich fertiggemacht.
»Lassen wir es« brachte ich nur noch raus. »War eine dumme Idee« und legte auf. Ich setzte mich auf das Bett und betrachtete die Gegenstände in meinen Händen. ›Total irre‹, dachte ich. Wie in Herrgottsnamen kam ich nur darauf?
Eine Bewegung kam auf und ich richtete meine Aufmerksamkeit dorthin. Vor mir stand Kilrian. Okay, in dieser Sekunde war es so weit. Nun würde er mich hopsnehmen, damit ich mich bei Gott in Grund und Boden schämte. Ich stand auf und Kilrian stürmte auch mich zu. »Du bist so ein Depp« murmelte er in meinen Hals. Was sollte ich noch dazu sagen? Nichts. Mir fiel nichts mehr ein. Nur das ich wirklich ein Depp war. Kilrian würde mich all zu gerne mitnehmen, nur nicht unter den Bedingungen, die ich gestellt hatte. Aber wirklich, unsere Beziehung lief nicht mehr rund. Sie war eckig, quadratisch und lief alles andere als geradeaus. Wer würde es schon akzeptieren, das der eigene Freund, Lebensgefährte, Geliebter, es gab viele Bezeichnungen, mit anderen ins Bett stieg, sich begrapschen zu lassen, sich einen Blasen zu lassen oder im Arsch sich ficken zu lassen. Nur wenige und wenn, dann waren es höchstwahrscheinlich Zuhälter, die den Jungs und Mädchen den Himmel versprachen oder gefügig machten. Aber niemals so, wie bei uns und schon gar nicht, dass jemand bei so was zuschauen möchte. Gott langsam war ich wirklich der Sohn meines Vaters und dies fing an, mir Angst zu machen. Wenn mir nicht immer ihre anschmiegsame Köper in die Erinnerung stieg. Trotz das Alvin oder wie Kilrian ihn genannt hatte, keinen Körperbau eines Adonis hatte, war er dennoch schön anzusehen. Es hatte mich fasziniert. Ihre Körper, ihre Bewegungen und das Ganze drum herum zu beobachten. Voyeur hatte Kilrian gesagt. War ich das wirklich?
Den restlichen Tag hatte ich frei. Nur Kilrian huschte den ganzen lieben Tag durch das Hotel. Kyel und Sascha waren bei einem Ausflug und Aiden war mit seiner Freundin Sarah und Vivi, ich war verwundert, dass Sarah in Deutschland war, auf Besuch, bei Saschas Oma. Mit der älteren Dame hatte ich, während der Hochzeitsreise, der verehrten Herrschaften Kastner das Vergnügen. Sie war schrullig und lebte in ihrer eigenen verzückten Vergangenheit. Dank Sascha oder wohl eher Kyel konnte sie ihre letzten Tage auf Erden ohne Sorgen genießen.
Nachdem ich meine freie Zeit mit etwas Sinnvollerem, wie aufräumen und putzen verbracht hatte, klopfte es an der Tür, die direkt ins Hotel führte. Nun verwundert war ich nicht. Es hämmerte ständig. Das hatte man nun, wenn man der Hotelmanager war. Ich ging und öffnete diese. Eine blonde Frau stand davor.
»Mrs. Ford?!« nun war ich überrascht. Kilrians Mutter hatte ich nur einmal gesehen und das war bei der Beerdigung.
»Ist Kilrian da?«
»Hier nicht. Er wird im Hotel unterwegs sein« sie lächelte leicht und nickte zögerlich. »Aber ich könnte ihn anrufen, dass er herkommen soll.« nun schüttelte sie den Kopf.
»Ähm nein. Nur keine Umstände. Ich ... ich werde ihn selbst anrufen. Aber ich hatte gehofft, ihn zu treffen.« Okay, ich wusste ja nicht, was da abging, aber die Frau brachte es fertig, den Fragezeichen, eine neue Bedeutung zu verpassen. Wollte sie nun Kilrian sehen oder nicht? Ich werde wohl, diese Frage nie beantwortet bekommen. Was Solls. Sie war im Begriff zu gehen, als ich das Timbre hörte.
»Mutter! Was machst du denn hier?« etwas leicht irritiert schaute ich zu der Stimme. Die so gar nicht zu Kilrian passte. Sie war abfällig. So kannte ich ihn nicht. Nicht einmal zu mir war er so, als ... als ... ich ihm damals den Laufpass gab.
»Kann ich mit dir unter vier Augen reden?« ich hatte das Gefühl, das Kilrian dies kein bisschen möchte, aber er nickte trotzdem. Er bat sie in die Wohnung und ging mit ihr in die Küche. Zu mir meinte er, dass es nicht lange dauerte, und schloss die Tür. Ich zuckte nur mit der Schulter und ging ins Wohnzimmer. Blickte auf die Uhr, schnappte die Fernbedienung und setzte mich auf die Couch.
Nach ein paar Minuten bekam ich die laut gewordene Stimme seiner Mutter mit ›das kannst du doch nicht machen. Ich bin deine Mutter‹ von Kilrian hörte ich nichts. Er war leise. Die Ruhe selbst. Kurz darauf ging die Tür und Kilrian kam ins Wohnzimmer. Er fuhr sich durch die Haare und murmelte ein `tschuldigung. Ich tat es ab. Streit mit Eltern gab es in den besten Haushalten. Ich konnte davon ein Lied singen, wenn nicht gar einen ganzen Roman schreiben. Er setzte sich zu mir und atmete tief.
»Meine Mutter will mit am Hotel teilhaben«
»Ist doch nicht schlimm«, sagte ich, nur um meine Diplomatie zu erhalten. Er blickte mich verständnislos an.
»Na ja, vor ein paar Jahren, wollte sie das Hotel verkaufen, weil sie mit dem Geld nicht wirtschaften konnte und weil es ihr zu viel Arbeit war. Fast 30 Bedienstete entlassen, die dann ohne Job dagestanden wären. Tom ich sehe es nicht ein. Sie hatte sich nur blicken lassen, wenn sie Geld gebraucht hat.« wieder zuckte ich nur die Schulter. Ich konnte wirklich nichts dazu sagen. Immerhin hatte ich seine Mutter nur am Tag der Beerdigung gesehen und da auch nur kurz, weil sie dann mit ihrem Macker abgezischt war.
»Jetzt droht sie mit dem Anwalt. Herr Gott Tom. Papa ist keine zwei Wochen unter der Erde und sie hat nichts Besseres zu tun, als mir auf die Füße zu treten.«
»Du weißt aber schon, dass sie erbberechtigt ist. Das Hotel hat ihr Mann gehört und du hast es nur in seinem Interesse weitergeführt. In der Regel ist sie jetzt die Besitzerin. Wenn sie teilhaben will, dann musst du den Kürzern ziehen. Wenn sie es komplett übernimmt, dann muss sie dir und deinen Geschwister, euer rechtlich zustehender Teil ausbezahlen.« Kilrian lächelte herblassen.
»Das wird sie nicht machen. Vor allem kann sie das gar nicht. Sie müsste ein Kredit aufnehmen und diese Höhe wird ihr keine Bank gewähren. Außerdem wird sie das Hotel zugrunde wirtschaften und dann war es mit ›Hotel Schwanenteich‹.
Kilrian fühlte sich auf den Schlips getreten. Ich konnte ihm nachfühlen, nur war es bei mir andersherum. Mein Vater drängte mich ständig, dass ich seine schmutzigen Geschäfte übernehmen sollte. Was ich nicht wollte. Ich war nicht so ein Typ Mann, dass ich andere leiden lassen konnte, um mich daran aufzugeilen oder die Menschen zu erpressen. Das war absolut nicht mein Ding. Ich nahm Kilrian in den Arm.
»Wird schon irgendwie werden« Er nickte und schmiegte sich an mich.
»Ja, das glaube ich auch.« unsere Münder trafen sich und Kilrian stand abrupt auf. Er sagte, dass er unter die Dusche ging. Ich nahm die Fernbedienung und schaltete den Fernseher ein. Da es leider noch nicht Abend war, war das deutsche Programm über und über mit Koch, - Gerichtssendungen oder Slapsticks Komödien vollgepumpt. Warum sollte es anders sein, als wie in Amerika. Die Filmindustrie hatte keinen Plan mehr, was für Menschen anspruchsvoll war. Die Leute waren von der vielen Auswahl satt, überfüllt und vollständig fett gefressen. Das einzige auf was man sich freuen konnte, waren die Blockbuster, aber auch nur, wenn es die Erstausstrahlung war. Selbst dann nicht mehr, weil die meisten Filme über das Internet bereits vor der Ausstrahlung des Fernsehprogramms zu sehen waren. Ich blieb bei einer Serie hängen, die in Amerika sehr angesehen war. Allerdings störte mich die deutsche Synchronisation. Sicherlich hatte die deutsche Sprache mehr Auswahl an Wörtern, aber trotzdem brachten sie das Gefühl, des Aussprechens einfach nicht herüber. Was Solls, um die Zeit totzuschlagen, reichte es allemal.
Ich blickte in die Richtung des Bades und atmete tief ein. Ich fragte mich wirklich, wie Kilrian das alles schaffte. Dennoch stand ihm eine sehr schwierige Zeit bevor. Er kam ins Wohnzimmer nur mit einem Badetuch um die Hüfte bekleidet und ich betrachtete seinen Körper. Kilrian war einfach fantastisch. Freilich hatte er keinen Körperbau eines Models, aber er konnte sich sehen lassen und die Models konnten sich von ihm, was das Aussehen bedarf eine riesige Scheibe abschneiden. Er war für mich Schlichtwegs wunderschön und perfekt zugleich.
»Na heute noch was vor?« riss er mich aus meinen Gedanken.
»Hmm Sex hatten wir heute noch nicht, weil du gleich ins Hotel verschwunden bist, aber ich gebe mich auch, mit etwas kuscheln zufrieden.«
»Kuscheln ist für alte Leute und da schon einige Stunden vergangen sind, seit ich mich ausgetobt habe, habe ich leichte Untervögelung.«
»Drei Mal täglich oder wie ist der Spruch?« er kam auf mich zu. Schmiss das Handtuch weg und setzte sich auf meine Beine.
»Drei Mal täglich ist eindeutig zu wenig« Kilrian küsste mich wie ausgehungert. Sanft, brutal und vor allem besitzergreifend. »Jetzt bist du dran. Ich werde dich rannehmen, wie du es wolltest«
»Aber ohne den Vibrator« sein Blick gefiel mir überhaupt nicht. Das Lächeln, was er hatte, war herausfordernd und ich konnte mir denken, dass ich absolut keine Chance gegen Kilrian hatte.
»So!?« Shit! »Du wirst es nicht einmal mitkriegen, wenn ich dir den Dildo reinschiebe. Du wirst in diesem Moment nach mehr stöhnen ...«
»Kil ...« weiter kam ich nicht. Er biss mir in die Brustwarze. Küsste und leckte sie ab.
»Tom, wenn du mitgehen willst, dann musst du darauf vorbereitet sein, dass du vielleicht mit einbezogen wirst. Viele Kunden wünschen sich ausgefallene Dinge. Da ist ein Dildo im Arsch noch harmlos.« nun ok, so wie es Kilrian daherbrachte, musste ich mir das noch einmal genauer überlegen.
»Aber ich will doch nur zuschauen ...«
»Und dir dabei selbst einen runterholen. So geht das nicht. Wenn dann will ich es mit dir auskosten und nicht warten, bis du wieder kannst. Es wäre für mich kein Vergnügen.«
»Ich weiß nicht! Ich bin glaube ich nicht dafür geschaffen. Dafür denke ich viel zu sehr monoton. Ich mein, zuschauen, Anregung holen ist doch ganz was anderes als mittendrin zu sein. Horch ... es mag jetzt vielleicht alt klingen, aber ich will nur einen Schwanz in meinem Hintern haben. Nur einen Schwanz in meinen Mund nehmen und das ist eben deiner. Und ich will meinen Schwanz eben in nur einen Mund und den dazugehörigen Po stecken. In deinen!« er grinste und leckte sich genüsslich über die Lippe.
»Ok, über monoton lässt sich streiten und du bist gewiss nicht ›sehr‹ monoton oder alt eingestellt. Immerhin ficke ich andere Männer und du weißt, darüber bescheid. Wirklich sehr monoton und alt eingestellt. Allerdings, wenn es noch dein Wunsch ist, dabei zu sein, lässt es sich regeln, denn, ich muss ehrlich sein, ich wüsste nicht, wie ich reagieren würde, wenn du einen anderen Schwanz lutschen würdest.«
»Ach da schau an! Der große Luxus-Callboy kann es nicht ertragen, wenn ich Fremdvögel. Welch tiefgründigen Eindruck ich da erblicke.« Kilrian zuckte die Schulter und blickte mich schelmig an.
*Anmerkung der Autorin - Hier das lang versprochene Schmankerl - Viel Spaß*
Abrupt stand er auf. Blickte mich mit seinen dunklen Augen an. Das schelmige Lachen haftete immer noch an ihm und er ging ins Schlafzimmer. Zurück kam er mit einer etwas kleineren Version des Vibrators. Innerlich schrie ich auf und gleichzeitig schüttelte ich den Kopf.
»Ne! Also jetzt wirklich nicht!« Keine überraschte Regung kam von ihm. Im Gegenteil es schien, als ob er genau darauf gehofft hatte, dass ich so reagierte. Er feixte den Dildo an und dann mich. Warf ihn hoch, ließ das Exemplar um seine eigene Achse drehen und fing es auf. Danach setzte er sich neben mich. Breitbeinig und ich hatte einen guten Einblick auf das Teil, was ich an ihm so begehre. Was mich in Höhen katapultierte und auch wieder auffing.
»Also! Tom! Das ist der Deluxe Silikon Vibrator Twist. Ich nenne ihn gerne Herr Deluxe. Sehr gut geeignet für welche, die ... die ... für dich. Er ist nicht besonders dick und somit auch sehr leicht einführbar. Ich mag ihn gerne, da er bis zu zehn Stufen regelbar ist. Ach ja, Deluxe darf ich dir Tom vorstellen. Er hat noch etwas schiss, aber ich denke du weißt wie du ihm das nehmen kannst.« Was? War das wahr, was ich da miterlebte? Kilrian unterhielt sich mit dem Dildo. »Tom zur Information, das ist ein Vibrator und kein Dildo.« Er zuckte mit seinen Augenbrauen und ich hatte das Gefühl in den Boden versinken zu müssen. Er stellte den Vibrator auf den Tisch und wandte sich mir zu.
Ich wusste nicht wie er es machte, aber er brachte mich von einer Sekunde auf die nächste auf andere Gedanken. Irgendwie schien der vor mir stehende und anpreisende Vibrator in Vergessenheit zu geraten. Kilrian machte mich wahnsinnig. Seine Zunge seine Hände und immer wieder dieser Hauch von Nichts, was er stetig an mir anwandte. Inzwischen war ich zwischen Gut und Böse. Lag ausgestreckt auf der Couch und Kilrian verwöhnte mich mit all seinen Sinnen. In dem Moment, als er mich auf die Knie stemmte und seine Zunge mein Hinterteil berührte, war es ganz aus mit mir. Ich bestand nur noch aus Fühlen. Bekam fast nichts mehr mit, nur wie er hin und wieder einen oder zwei Finger in mich führte, oder waren es mehr. Ich erkannte den Unterschied nicht mehr. Dann plötzlich spürte ich eine leichte aufkommende Vibration, die elektrische Impulse bis zu meinen Haarspitzen sandte. Ich krallte mich in die Lehne und versuchte gleichmäßig zu atmen. Ging nicht. Ich war gebannt, von Kilrian eingenommen. Er hatte das Ruder vollständig übernommen. Noch nie in meinem Leben bekam ich so ein intensives Gefühl, das mir buchstäblich das Hören und Sehen verging. Anders konnte ich es nicht beschreiben. Kilrian steigerte die Vibration und somit mein Verlangen.
»Das ist also Mr. Deluxe?«, murmelte ich vor mich hin, als wir eng umschlungen auf der Couch lagen. Kilrian kicherte.
»Mr. Deluxe? Sorry Tom. Wenn schon dann Herr Deluxe. Er versteht nur deutsch, da er aus der deutschen Produktion stammt.« Ich verdrehte kurz die Augen und musste dann doch lachen. ›Herr Deluxe, es war mir eine Freude‹, dachte ich. Dennoch war ich etwas fassungslos, dass er es geschafft hatte, mich mit einem Toy zu befriedigen, und auch wenn ich es nicht für möglich halten konnte, so konnte ich mich daran gewöhnen.
»Nun ja, Fremdvögeln tust du ja nicht. Ich wäre dabei. Ich würde dich ficken und der andere würde zuschauen.« Tom strich mir über den Rücken, fuhr blind meine Narben nach, und immer, wenn er an den Wulsten kam, durchzog mich ein intensives Gefühl.
»Wenn ich aber nicht vor einem Fremden das tun will? Lediglich hatte ich nur gefragt, ob ich dabei sein kann, ›nur zuschauen‹ mehr nicht.«
Ich ließ Tom nicht mehr weiterreden. Auf der einen Seite machte es mich glücklich, dass er nur von mir berührt werden wollte, auf der anderen konnte ich es mir gar nicht vorstellen, wenn er einen anderen berührte. Es gab mir ein Stich im Herzen und das erste Mal in meinem Leben erfuhr ich, was es bedeutete, eifersüchtig zu sein. Scheiße noch mal ich war eifersüchtig. Tom gehörte mir. Ich wollte es nicht. Mist! Ich wollte auf keinen Fall, dass er mit dabei war. Aber er hatte es auf dem Punkt gebracht. Ich konnte es doch von ihm nicht verlangen, wenn ich selbst in fremden Betten rumhüpfte. Wenn ich ne Stunde vor ihm einen andern Schwanz im Arsch stecken hatte und dann ihn. Verdammt!
Ich liebte Tom so sehr, dass mich der Gedanke selbst nach dem Sex mit ihm in den Schlaf verfolgte. Dass ich nicht einmal den Wecker brauchte, um aufzustehen, dass ich das warme Wasser der Dusche kaum wahrnahm und das ich die Bestellung nur überflog und sie Leo meinem Koch weiterreichte. Was war nur los? Kaum vorher hatte ich Tom am Telefon fertiggemacht, wollte ihm den Dildo in den Arsch schieben und hatte es doch sein gelassen. War danach den ganzen Tag im Hotel. Vielleicht war ich da schon ›unbewusst‹ eifersüchtig. Konnte man unbewusst eifersüchtig sein? Ich erinnerte mich zurück, als Tom uns im Hotelzimmer angestarrt hatte. Sein Blick, seine steife Haltung, sein immer schneller werdendes Atmen, seine Verwirrtheit und dann sein Ausdruck im Gesicht, als ich ihm offenbarte, dass ich ihn gesehen hatte. Es hatte mir gefallen, warum also, erfuhr ich nun dieses Gefühl. Mit einem Schlag. Ich verstand mich nicht mehr. Das war nicht ich. Mir sollte so etwas überhaupt nicht berühren können und doch ...
Allein die Vorstellung, dass ein Kunde, ... Scheiße! Captain huschte durch, der ... Gott mir wurde schlecht, oder Hard, okay Hard war nicht so schlimm oder Chairman. Nun mit Chairman konnte ich eventuell reden und doch, auch er hatte mit Zuschauern nichts am Hut. Egal wie ich es drehte und wendete, ich kam auf keinen Nenner. Vor allem waren all meine Kunden nur auf mich und sich selbst fixiert. Wen also konnte ich fragen oder den Vorschlag unterbreiten, dass noch jemand dabei sein würde. Es war aus der Haut zu fahren.
»Kilrian!« riss mich Sam aus meinen Gedanken und kam auch sogleich auf mich zu. »ich habe mit der Baufirma gesprochen. Sie können im nächsten Monat anfangen. Also in zwei Wochen, wenn es dir recht ist.« Warum sollte es mir recht sein? Ihnen war es recht. Immerhin bekamen sie ihr Geld.«
»Was ist mit der Umbuchung?«
»Was soll mit der sein?«
»Ist die wohl schon erledigt?« Sam war ein sehr intelligenter Mann und doch hatte ich manchmal das Gefühl, das er, was ›alltägliches Leben‹ betraf, eine absolute Niete war.
»Die Umbuchung von der Bank. Ich mein hat die Bank den Betrag schon auf das Konto gebucht?«
»Ach das meinst du. Nein« hatte ich mir gedacht. Im Allgemeinen wartete da man schon mindestens eine Woche, bis ein Kredit ausbezahlt wurde, wenn nicht länger. Aber wenn ich an Alvin zurückdachte, sorry Herr Sommerer, der gesagt hatte, dass der Kredit bewilligt war, sollte es doch flotter gehen. Immerhin dauerte eben die Bewilligung am längsten. Das Auszahlen ging dann schnell. Außerdem brauchte eine normale Buchung eh so zwei Tage.
Mein Handy klingelte und ich atmete tief ein. Eigentlich sollte ich doch ein ausgewogenes und reich angelegtes Leben führen können. Ohne Schulden und sorgenfrei. Mein ganzes Leben war auf Sparflamme aufgebaut worden. Die Einnahmen und Ausnahmen des Hotels waren überschaubar, doch was mich stetig zurückgeworfen hatte, waren die unvorhergesehenen Reparaturen, nicht geplanten Ausnahmen von meinem Vater. Und natürlich vor fast zwei Jahren die Anschaffung eines neuen Autos. Dies und einiges mehr hatte mich immer dahingeworfen, wo ich nicht hin wollte. Zurück zum Handy. Ich blickte auf das Display und schüttelte innerlich den Kopf. ›Alvin‹. Was wollte er denn schon wieder. Tut mir sorry mein Lieber, aber ich habe im Moment keine Zeit für dich oder zumindest keine Lust. So ließ ich es klingeln. Dennoch ließ er sich nicht abschütteln und es klingelte von Neuem. Nach dem vierten oder fünften Mal sprach er auf die Mailbox. »Ähm ja hier ist Herr Sommerer. Herr Ford ich bräuchte noch eine Unterschrift. Wenn es Ihnen genehm ist, können Sie im Laufe des Tages vorbeikommen.« War das denn zu fassen? Ich musste kichern. Er rief mich auf dem Handy an, was nur für meine Kunden bestimmt war. Obwohl er die Nummer des Hotels und die andere Handynummer hatte.
Was Solls. Ich schwang mich ins Auto und fuhr zur Bank. Die nette Dame von letztens schien auf mich gewartet zu haben, denn sie führte mich sogleich in Herrn Sommerers Büro.
»Oh Herr Ford das ging schnell!« ich lächelte nur. »Wa ... warum sind Sie nicht ... rangegangen.« ich sagte nichts drauf.
»Wo soll ich unterschreiben?« Herr Sommerer schien in meiner Nähe immer nervös zu werden. Was ich amüsant fand und doch auch recht nervig. Vor mir war einer, dem es schwer gelang mich nicht als Menschen zu sehen, sondern als Lustobjekt. Nun damit konnte ich umgehen. Immerhin war ich ein Lustobjekt. Ein Spielzeug für die, die ihren geheimen Sex nicht in heimischen Betten austrugen. Sondern dafür bezahlten und sie sich sicher waren, dass ihre Abartigkeit nicht an die Öffentlichkeit geriet.
Er schob mir die Unterlagen zu und dort wo ein Kreuz war, tippte er mit dem Kugelschreiber rauf.
»Hier! Das hatte ich übersehen.« Nun ob er es wirklich übersah, ließ ich einfach mal ungefragt im Raum stehen. Für jemanden der ein eigenes Büro besaß, die Reichen und Schönen bediente und Kredite bewilligte, durfte so ein Flüchtigkeitsfehler nicht unterlaufen.
Aber ich war ja professionell und ließ mir meine Gedanken nicht anmerken. Auch ein schüchterner Alvin hatte es zu wissen, dass Zeth, Zeth war und Kilrian Ford, Kilrian Ford. Ich unterschrieb das Dokument und fragte, ob es alles war. Herr Sommerer nickte und entließ mich. Auch wenn mir seine Röte im Gesicht auffiel, so musste ich doch meine Gedanken, die ich zuvor über ihn gehegt hatte, dementieren. Er hatte wohl doch nur die Unterschrift vergessen. Okay, wenn ich an den letzten Besuch dachte, musste ich schmunzeln. Er war wohl doch etwas verwirrt gewesen, als er mich in seinen Büro auftreten sah.
Nun wie schon gesagt, ich hatte ›privat‹ doch öfters mit meinen Kunden zu tun als mir lieb war. Allerdings lautete die Frage richtig, was war bei mir privat. Das Hotel? Oder mein Job. In diesem Fall zuckte ich mit der Schulter, denn das konnte ich mir selbst nicht beantworten. Eigentlich war privat, wenn ich in meinen eigenen vier Wänden war und an nichts denken musste. Doch das war nie der Fall. Und würde wie es der Anschein hatte auch nie sein. Tom kam mit etwas daher, was ich anfänglich als gut und erregend empfand doch nun schlichen sich Gefühle in mir hoch, die ich nicht verstand. Scheiße Tom wollte unbedingt mit dabei sein. Mir zuschauen, wie ich es einem Kunden besorgte, ohne dabei auf mich zu achten. Er würde herausfinden, dass mir das eigentlich keinen Spaß machte. Ich es nur wegen des Geldes tat, oder doch nicht? Verdammt ich wusste es nicht. Ich war nie ein Mensch, der Monogamie bevorzugte. Abwechslungsreich, das war es, was mich anmachte, was ich brauchte. Mir war es egal, ob der Mann einen Ehering am Finger trug oder nicht. Solange der Kerl bezahlte, war mir das alles so was von scheißegal. Er bekam seinen Fick, ich hatte meinen Orgasmus, noch dazu Geld. Verfluchte Scheiße Tom, ich konnte es mir einfach nicht vorstellen nur mit dir, in der Zukunft, ey mir würde einer abgehen, wenn ich mich nicht mehr austoben konnte oder die ausgefallenen Wünsche der Kunden zu erfüllen.
Dennoch umschlich mich ein ungutes Gefühl. Ich konnte so nicht von mir denken und im Gegenzug es Tom verbieten. Das ging einfach nicht. Was war, wenn er schon länger ein Voyeur war. Sich Filme ansah, wie Kerle miteinander trieben. Pornos ansah oder auf einem Baum kletterte, um Pärchen durch ein Fenster zu beobachten. Allein schon erregt zu werden, wenn er ein Fetzen des verbotenen Blicks bekam. Nackte Haut, Küsse, sanfte Berührungen und vieles mehr. Es war aus der Haut zu fahren. Kirre. Mein Gott war ich denn vor niemanden gefreit? Nun huschte mir auch noch Sam durch den Sinn.
Kaum war ich im Hotel an der Rezeption, schon klingelte das Telefon. Gut! Wenigstens konnte ich mich etwas ablenken und nahm das Gespräch entgegen. Ein Amerikaner rief an, der sich ein Zimmer für fünf Tage buchte. Okay! Viele Zimmer hatte ich nicht mehr zur Auswahl und ich rief Sam an, der mir eine Hochrechnung für diesen Monat noch einmal erstellen sollte.
»Boah Mann! Die habe ich dir doch schon gegeben.«
»Schon! Ich brauche aber eine Neue. Sam, solange die Renovierung nicht abgeschlossen ist, wäre es schön, wenn du mir täglich oder zumindest alle zwei Tage eine Rechnung erstellst. Sam.«
»Ja schon gut! Ach Kil, hast du die Löhne bei dem Kreditantrag mit ...«
»Die sind mit drinnen. Keine Sorge.
»Gut! In einer Stunde hast du sie. Und jetzt stör mich nicht. Ich muss lernen.« er legte auf und ich schmunzelte. ›Lernen?‹ Sam und lernen? Warum nicht. So konnte man die Zweisamkeit auch bezeichnen. War schon komisch. Egal, zu welcher Zeit ich anrief. Sam und Mario waren immer im Bett und vergnügten sich. Ich beneidete sie.
Nun wegen zu weinig Sex brauchte ich mich nicht zu beklagen. Auch das erdrückende Gefühl des nicht geliebt werden war verschwunden. Im Großen und Ganzen war ich glücklich, wenn nur der Schatten in meiner Seele nicht wär. Der dunkle Fleck, die grausame Vergangenheit, mein Ich das ich gelebt hatte, als ich noch bei First war. Irgendwo tief in mir drinnen lag es verborgen und musste rausgeholt werden.
Firsts Nachfolger war das zu glauben. Ich wusste, wie er vorging, wie er erzog, aber wie er seine Organisation leitete und seine Männer sowie seine ›Kinder‹ kontrollierte, davon hatte ich keine Ahnung.
Gedankenverloren stand ich am Fenster im Wohnzimmer und rauchte eine Zigarette. Schmecken tat sie nicht, aber sie beruhigte mich auf eine ungewöhnliche weiße. Ganz besonders, weil ich nicht mehr wusste, wie ich meine Leute bezahlen sollte. Ich hatte viel zu viel Minus geschrieben. Sicherlich in den Wintermonaten, war das Hotel nie gerammelt voll, aber so wenig wie im diesem Jahr, hatte ich noch nie eingenommen. Ich hoffte nur, das sich das nicht auf den Kredit auswirkte. Nur die paar Tage über Weihnachten und Neujahr, lief das Geschäft aber nun, nun blieben die Gäste aus, schon wegen der kommenden Renovierung. Drei, vier Monate hatte ich eingeplant, aber so wie das Leben eben spielte, kam bestimmt etwas Unverhofftes dazwischen, was mich um einiges zurückwarf. Tja, und recht viel mehr konnte ich für ein Zimmer auch nicht mehr verlangen. Ich war für den Landkreis bereits schon zu teuer.
Ich öffnete das Fenster und schmiss den Stummel raus. Nahm den Aschenbecher mit zurück zum Tisch. Kaum hatte ich mich auf die Couch gesetzt, als das Handy losging. Ich stöhnte auf.
»Muss das jetzt sein?«, fluchte ich. »Keine fünf Minuten ruhe!«, ich nahm trotzdem ab.
»Ja«
»Hier ist Snake« na toll.
»Habe ich dir nicht gesagt, dass du mich nicht mehr anrufen sollst!«
»Nein, du hast mir gedroht, sollte ich dich wieder erpressen wollen, dann darf ich dich nicht mehr anrufen. Aber soweit ich weiß, sind wir doch in Guten auseinandergegangen.« tief atmete ich ein. Leider stimmte es und ich kniff mir in die Augen.
»Gut! Was willst du Snake?«
»Was werde ich wohl wollen, Zeth?« Schon klar das du nur ficken willst. Dachte ich doch stattdessen, fing ich an, mich als Zeth zu verhalten. Snake äußerte mir seine Wünsche, die sich nicht geändert hatten und ich nannte ihm den Preis.
»Kann es sein, dass du teurer geworden bist?«
»Nun auch ich muss schauen, wo ich bleibe.« ich hörte am anderen Ende der Leitung Snake kichern.
»Wie wahr! Ach da fällt mir ein. Weißt du noch, worüber wir ganz am Anfang gesprochen hatten?« Nein! Sollte ich mir alles merken können? Ich verfluchte mich selbst und ich verfluchte das Handy. Ganz besonders war ich sauer auf mich, weil ich an das Handy gegangen war, bevor ich raufgeschaut hatte. Wieder rieb ich mir die Augen, das wurde wohl langsam zur Gewohnheit.
»Tut mir leid. Ich kann mich nicht erinnern, ist schon sehr lange her!«
»Über meine etwas Unnaturellen Art.« Gut und inwiefern sollte das sein? »Hast du dir diesbezüglich schon mal Gedanken gemacht, darüber wie du sie mir befriedigen kannst?« ›Herrgott gibt mir eine Pause‹. Wie lange war Snake bereits ein Kunde von mir? Ein Jahr, zwei Jahre wenn nicht noch etwas länger. Alles was im letzten Jahr passierte, lag im Grauen des Nebels und alles, was davor kam, lag in der Vergessenheit. Hier lob ich mir Sams Fähigkeit. Er konnte sich an Sachen erinnern, die ich wahrgenommen hatte, die ich damals als wichtig ansah, doch nun ... Er unterbrach meine Gedanken. Fast währe ich über den Wohnzimmertisch geflogen, als er meine Erinnerung auffrischte.
»Loris? Was machst du denn hier? Solltest du nicht bei ...« verdammt, wenn ich mich nicht auf den Arsch einstellen konnte, schaffte ich es nicht seinen Namen auszusprechen. »Ist mit ihm alles in Ordnung?«
»Lass mich rein. Hier sind zu viele Ohren« was Ohren? Das war ein Hotel und inwiefern sollte es Ohren haben. Ganz besonders, wenn niemand etwas darüber bescheid wusste. Okay, das FBI oder die CIA waren überall, das hatte Anthony mir bereits erklärt. Immerhin arbeiteten die SPA-Agenten eng mit denen zusammen. Noch bevor er richtig im Zimmer war, knallte er mir einen Schnellhefter an die Brust. Er schaute sich um. »Ist Sascha da?«
»Nein er ist bei seiner Oma« er nickte erleichtert und pflanzte sich auf die Couch. Atmete tief ein, schnappte sich die Fernbedienung und fing an, sämtliche vorhandene Programme durchzuzappen. Ich selbst schaute in den Schnellhefter. Irgendwann wurde es ihm zu doof und er blickte mich an.
»Hier sind keine Wanzen, oder?« geschockt zuckte ich zusammen. Warum sollten hier Wanzen sein? Er lächelte.
»Natürlich nicht. Das Hotel gehört ja Marlene Ford. Nach dem jetzigen Stand.« Hää?
»Ich dachte es, ...«
»Dem Pornostar? Nee. Er ist sozusagen nur der Manager. Das Hotel gehört seiner Mutter. Erbschaft. Malte Ford hat zwar in seinem Testament das Hotel seinem Sohn überschrieben, aber du kennst ja die deutsche Rechtslage. Aber das ist mir egal. Aber sollte das Hotel dann notarisch Kilrian Ford gehören, ... halte abstand zu ihm. Denn dann wird das wohl kein Hotel mehr sein. Inoffiziell versteht sich. - Und Wanzen sind dann hier an der Tagesordnung.« Okay nun verstand ich nur noch Bahnhof, aber das war meine geringere Sorge. Was mir Sorgen bereitete, waren die Ergebnisse des Bluttests, die mir vorlagen.
»Wer ist ›Fenris Ragnarsson‹?« Loris schaute mich gleichgültig an.
»Hmm Saschas Vater.«
»Aber laut den Daten ist Fenris Ragnarsson bereits seit 26 Jahren tot. Aber Sascha ist erst 25 ...«
»Jap, aber er lebt noch. Hat nur einen anderen Namen verbraten bekommen.«
»Anderen Namen? Loris jetzt erkläre mich auf.«
»Ganz einfach. Dieser Fenris Ragnarsson ist ein Mann, der für die Welt gar nicht existiert. Also ist er von der Bildfläche verschwunden. Und wenn einer von der Bildfläche verschwinden muss, dann stirbt er ... in der Regel. Schau rein, es steht sogar drin, wie er gestorben ist.« ich tat es, wie Loris mir geheißen hatte.
»Autounfall«
»Japp aber leider starb an diesem Tag nicht Fenris Ragnarsson, sondern ein unschuldiger, angehender, alleinstehender Dozent. Die Oberen haben dann ihre Beziehungen spielen lassen und die beiden Identitäten vertauscht. So ein Mann wie Fenris Ragnarsson ... wie ich, wie wir, wie die Soldaten der SPA lässt man im Dienste der Öffentlichkeit doch nicht sterben, sondern lässt sie am Leben. Egal wie verkommen und brutal man ist. Aus solchen Leuten macht man willige und gehorsame Hunde. Das alles für das Wohl des Volkes. Die RE hatte schon lange ein Auge auf ihn gehabt. Nicht erst als er mit seinen damaligen Kumpels Loren vergewaltigt hatte, sondern schon viel früher. Als kleiner Junge wurde er schon auffällig. Selbst da hatte er schon die Eigenschaft besessen, mit seinem sanften Reden jeden und alles um den Finger zu wickeln. Er hatte es sogar geschafft, seinen Eltern glauben zu lassen, dass der Hase dem er den Hals umgedreht hatte, das sie dem Hasen dafür die Schuld geben. Das der Hase ihn gerade dazu aufgefordert haben sollte, es zu tun. Geärgert und herausgefordert.« Loris machte eine obligatorische Pause bevor, er weitersprach. »nun ja, solche Kinder werden frühzeitig eingezogen. So mit 15, 16 Jahren. Er bekam die beste Ausbildung, die man sich überhaupt wünschen konnte. Lange dauerte es nicht und er wurde einer der Besten, ›die Besten‹ die würdig für die Bezeichnung RE waren.«
»Und wer, wer ist er jetzt?«, fragte ich und ich wollte in dem Moment, als ich die Frage gestellt hatte, die Antwort nicht wissen. Der Mann auf dem Foto sah verdammt wie Sascha aus. Vielleicht etwas markanter und maskuliner. Auch die Augen waren wilder und strotzen aus Überheblichkeit. Es war ungefähr der gleiche Ausdruck, wenn Sascha den Part des Tops übernahm. Wie eine schlummernde Raubkatze. Jederzeit bereit zuzuschlagen zu töten. Dennoch war Saschas Ausdruck um vieles sanfter.
Ich schaute zu Loris und ich bemerkte, dass er mich die ganze Zeit nicht aus den Augen gelassen hatte.
»Ich denke, du setzt dich erst mal‹ widerwillig schüttelte ich den Kopf. Ich konnte es mir denken, doch allein nur die annahme, dass es so sein könnte, verursachte einen Würgekrampf, den ich nur schwer unterdrücken konnte. Immer wieder schüttelte ich den Kopf. Ich wollte es nicht wissen und doch, musste ich es. Meine Gedanken kreisten nur um den einen Mann und ich hoffte, ich irrte mich. Das wäre dann ein grausames Spiel des Schicksals. Und wenn Sascha davon erfuhr, er würde aus diesem Kreis des Elendes nicht mehr herauskommen. Nie mehr.
Ich ertappte mich dabei, wie ich mich doch hinsetzte immer mit der Erkenntnis, dass Loris mich beobachtete.
»Gehe auf die vorletzte Seite. Da hast du ein Bild wie Fenris Ragnarsson heute aussieht. Ist ein sehr aktuelles Bild.« ich sah, wie meine Hände zitterten. War mir vorher gar nicht aufgefallen. »Aber wenn du zweifel hast, solltest du die ganze Sache, die du ins Leben gerufen hast sofort aufgeben. Kyel du bist mir ein lieber Freund geworden, doch es gibt auch etwas anderes, vieles, was du nicht weißt, was die Bevölkerung nicht weißt ... was du nicht wissen solltest.« er rutschte näher an mich heran und hielt mich ab auf die vorletzte Seite zu blättern. »Ich oder wir, wir die uns Red Eyes nennen haben die absolute verkorkste Scheiße auf der ganzen Welt erlebt. Wir haben keinen Willen. Wir gehorchen Befehlen und scheiße, wenn ich das sage, das Loren Perlste vergewaltigt werden sollte. Das es ein Befehl war. Ein Befehl um zu wissen, wie der Hund reagiert. Ob er seinen Befehl gehorcht oder nicht.«
»Was willst du mir sagen« Loris schüttelte den Kopf und atmete tief ein.
»Überlege es dir gut und Entscheide mit bedacht. Noch kannst du den Schnellhefter schließen und die Sache ist gegessen.«
»Das sind die Blutproben von ...« ich konnte den Namen immer noch nicht aussprechen. Loris zuckte nur mit der Schulter.
»Ist deine Entscheidung, aber bevor du verurteilst, denke darüber nach, dass es höchstwahrscheinlich ein Befehl war. Und wenn es ein Befehl war, wurde er nicht zu 100 % ausgeführt, denn Loren lebt immer noch. Sie sollte im Grunde genommen während des Überfalls sterben. Oder dann danach. Schon damals hatte er nach seinem eigenen Willen gehandelt und es geschafft, dass die anderen es ihm glaubten.« Ich blätterte auf die vorletzte Seite und mein Verdacht bestätigte sich. Schneller als geahnt bahnte sich die Magensäure nach oben. Ich schmiss den Schnellhefter vor mich hin. Mir war es egal, wo er landete. Es war nur wichtig, dass ich das Klo erwischte. Mein Blick verschwamm. Ich hatte weiße und schwarze Kreise vor dem Auge. Wenn ich sie hätte fangen wollen, hätte ich daneben gegriffen. Diese Irritation entstand, wenn der Kreislauf rapide nachließ. Er ließ nach und ich klappte zusammen.
»Hey wach auf! Meine Fresse du arbeitest sogar, wenn du Urlaub hast. Ist ja kein Wunder, wenn du zusammenkrachst.« Sascha war hier und das war alles, was zählte. Wie ein betrunkener griff ich nach ihm und zog ihn zu mir herab.
»Kyel, was ist mit dir?« ich spürte, wie er zitterte.
»Sorry! Du hast recht. Ich arbeite zu viel« war alles, was ich rausbrachte. Ich konnte es ihm nicht sagen, obwohl ich es mir fest vorgenommen hatte. Versprochen hatte ich es Sascha. Zu seinem Wohl und das Wohl seiner Mutter. Dennoch, er würde abstürzen, wenn er es erfuhr. Wenn er erfuhr, wer sein leiblicher Vater in Wirklichkeit war.
Ich blickte mich um. Wir saßen auf den Fliesen im Bad. Loris lehnte an der Tür. Er hatte den Schnellhefter unter seinen Achseln verstaut. Sein Blick sprach Bände und doch erkannte ich, so etwas wie Bedauern wenn nicht sogar Mittleid. Sascha half mir hoch und redete auf mich ein. Wie immer wenn er innerlich aufgekratzt war. Es war nicht immer so, dass er wie ein Wasserfall vor sich hinplapperte. Ich erinnerte mich, wie leise und in sich gekehrt er war. Nein er war schon immer laut. Auf seine eigene Art und Weiße. ER hatte mich gerettet. Mich dorthin gebracht, wo ich war, wo ich sein sollte. Bei ihm und nirgendswo anders. Ich liebte ihn schon vom ersten Moment an, als er wie eine Furie vom Barhocker hochfuhr und wie ein wild gewordener Stier fluchte.
Irgendwie schafften wir den Weg zurück ins Wohnzimmer. Ich war noch immer von dem Hotel fasziniert. Eine Suite war wie eine ganze Wohnung. Ich glaubte sogar, diese Suite war die größte. Die Präsidentensuite.
»Wo ist Vivi?« ich musste etwas fragen. Ich musste mich davon ablenken, was ich erfahren hatte. Diese Ähnlichkeit. Sicherlich glich Sascha seinem Vater nicht wie ein Zwilling. Lorens Anteil war auch sehr bei Sascha ausgeprägt und doch ... Wenn ich mir den Mann ansah, wie er nun aussah, war absolut nichts mehr von seinem damaligen Aussehen vorhanden. Noch bevor ich zusammengekracht war, konnte ich lesen, dass Fenris Ragnarsson eine komplette Gesichtsoperation bekommen hatte. Wahrscheinlich nicht nur das. Er wurde wohl oder übel von Grund auf umgeändert, dass rein gar nichts mehr von seiner wahren Identität übrig blieb. Nur die DNA war Zeuge seines eigentlichen Ichs.
Als Sascha da war, konnte ich mich allmählich beruhigen. Diese Hiobsbotschaft war einfach nicht zu fassen. Kompletter Wahnsinn. Wenn es nicht die Realität war, würde ich darauf schließen, dass ich in einer schlecht gedrehten Soap gelandet war. Noch immer schüttelte ich innerlich den Kopf, selbst dann noch, als Loris mit dem Schnellhefter schon lange verschwunden war. Nicht nur das, als der Schock nachgelassen hatte, ließ ich das Gespräch Revue passieren. Und mir viel ein das etwas mit Kilrian war. Loris war selten sarkastisch eingestellt. Aber die Bezeichnung ›Pornostar‹ war doch zu starker Tobak gewesen. So wie ich die beiden erlebt hatte, konnten sie sich recht gut leiden.
Ich wollte dennoch nicht die restlichen Tage damit verbringen, mir darüber Gedanken zu machen. So schnappte ich mir Sascha und schleppte ihn zu Mario. Er hatte verlauten lassen, dass eigentlich nur ein Foto ausreichte, aber sich wirklich darein zu versetzen, brauchte er Sascha in natura. Wegen Mimik, Gestik und wie er sich sonst so gegenüber mir verhielt.
Ich saß auf der Couch und hielt immer noch das Handy in der Hand. Fassungslos starrte ich den Rauch, den ich ausblies, hinterher. Das Leben hatte schon viele Gesichter. Entweder, wenn es kam, dann kam es dick mit Scheiße oder du hattest das Glück gebucht. In diesem Fall konnte ich es nicht einordnen. Es war Glück und doch hatte ich das Gefühl, das meine neu erschienene Eifersucht dazwischenfunkte. Ich wusste es nicht. Ich war wirklich sprachlos. Snake! Wie konnte ich so eine kleine Kleinigkeit vergessen. Auf ihn zu kommen, wäre mir im Leben nie eingefallen. Zumal er mich wegen, dem Bauantrag erpressen wollte. Ich drückte meine zweite Zigarette aus und legte endlich das Handy aus der Hand.
Wieder klingelte das Handy, diesmal war es das andere. Meine Mutter rief mich an. Innerlich atmete ich genervt ein. Diese Frau hatte wohl das Glück gebucht, um mich in einer beschissenen Lage auf die Eier zu treten. Sie teilte mir nur mit, dass nächste Woche der Termin beim Notar wegen Erbschaftshinterlassung war und dass sie mit ihrem Rechtsanwalt kam. Ich rieb mir die Augen. Rechtsanwalt, was? Ich fragte mich, wofür sie einen Anwalt brauchte. Sie wollte es doch wirklich nicht durchziehen und das Hotel für sich beanspruchen. Dann war es aus mit meiner Zukunft. Meiner Vergangenheit sowie meiner Gegenwart. ›Kilrian Ford würde nicht mehr gebraucht werden und Zeth würde gewinnen. Zeth würde sich ein Apartment in einer Hauptstatt mieten, einen Sportwagen mit was weiß, wie vielen PS fahren und das Geld, das er verdiente, aus dem Fenster schmeißen. Freunde würde er nicht mehr kennen, Familien und junges Leben zerstören, das Geschäft würde aus ihm endgültig ein Monster mutieren lassen.‹ Scheiße! Ich durfte das Hotel nicht verlieren, das wäre mein Untergang. Das war so sicher wie das Amen in der Kirche.
Wieder rieb ich mir die Augen und atmete wütend ein. Ich war nicht wütend auf meine Mutter, ich war wütend auf mich und auf meine Umwelt, ganz besonders auf die Rechtslage. Die Beamten wussten einen feuchten Furz, wer in den letzten Jahren das Hotel am Laufen gehalten hatte. Sie wussten nichts darüber, dass ich mit meinem hart verdienten Geld meine Mutter und Papa unterstützt hatte. Sie wussten rein gar nichts das ich auf Heller und Pfennig alle Medikamente, Krankenhausaufenthalte und Operationen aus meiner eigenen Tasche bezahlt hatte und die Beerdigungskosten. Das Reihenfamilienhaus, in dem ich, bevor ich ins Hotel zu Papa zog, aufgewachsen war, aus der Zwangsversteigerung geholt hatte, damit Papa in einer familiären Umgebung seine Krankheit bekämpfen konnte. Ich dafür gesorgt hatte, das geschultes Pflegepersonal sich drei Mal am Tag um Papa geschaut hatte. Sie wussten Nichts und die Liste war lang. Wenn es nachdem ginge, musste Mutter die Füße stillhalten und alles Schlucken, doch die Rechtslage der Erbschaftsfolge war festgelegt. Also zog ich den kürzeren, denn Mutter war bis zum Ende seine Ehefrau. Papa war zu krank um die Scheidung einzureichen und Mutter hatte sich darum eh nie gekümmert. Aber in der Weltgeschichte rumvögeln und mit der ausbezahlten Lebensversicherung auf Reisen zu gehen, das konnte sie und mich in der Woche fünfmal anbetteln, wenn das Geld ausging. Das Leben war ungerecht. Ich musste auch schauen, wie ich das Geld herbrachte und unterm Schnitt blieb mir nichts übrig. Niemand interessierte es. Meiner Mutter schon zweimal nicht. Hauptsache sie hatte ihren Rand voll.
In diesem Augenblick spielte ich mit den Gedanken, mir einen Rechtsanwalt zu nehmen. Doch brachte mir das was? Ich wusste es nicht. Dennoch wenn ich das Hotel behalten wollte, so musste ich mit den gleichen Geschützen auffahren wie meine Mutter. Ich ließ meinen Laptop hochfahren und suchte mir ›das öffentliche‹. Gab Rechtsanwalt ein und siehe da, nun hatte ich die Qual der Wahl. Allerdings waren mehr Scheidungsanwälte aufgelistet, als, welche die mit Erbschaften zu tun hatten. Okay, dachte ich da nur und scrollte weiter. Das ganze Suchen brachte mir nichts und ich intensivierte die Suche. Nun gab ich Rechtsanwalt/Erbschaftsrecht ein. Jaha! Schon war die Liste übersichtlicher. Es waren neun Treffer und von den neun Treffern kam sechsmal der gleiche Name vor. Wieder dachte ich Okay. Wenn es schon so viele Treffer von ihm gab, dann musste er auch gut sein und speicherte mir die Nummer ins Handy ein.
Tom kam heim, überfiel mich mit einem Kuss. Es kam so überraschend, das ich mich an meine eigene Spucke verschluckt hatte. Er klopfte mir auf den Rücken und fragte beiläufig, ob es wieder ging.
»Was ist los?«, fragte ich noch krächzend nach. Man war das ekelhaft, wenn der Hals noch Minuten danach mit dem Brennen nicht aufhörte. »Du bist so gut drauf.« Er zuckte mit der Schulter.
»Wirklich ist mir gar nicht aufgefallen«, und verschwand ins Bad. Ich selbst schaute ihn kopfschüttelnd hinterher. Schloss meine Augen und das Telefonat mit Snake fiel mir ein. Nebenbei strich ich über mein Knie, das Bekanntschaft mit der Ecke des Couchttisches gemacht hatte. Tom kam wieder raus und pflanzte sich neben mich.
»Ich habe Hunger. Was gibts bei dir zu essen?«
»Hier? Gibts nichts, nur das was du besorgt hast.«
»Das meinte ich nicht. Was ist die Spezialität des Hauses.« Langsam dämmerte es mir.
»Du willst essen gehen?«, Tom nickte.
»Okay! Eigentlich ausschließlich nur kulinarische Küche.«
»Nun weiß ich genauso viel wie vorher.«
Ich musste kichern.
»Es gibt ausschließlich Saisongerichte. Januar, Februar und März ist Wild, Fisch und vor allem Muscheln angesagt. Frische Salate und ausgewählte Desserts. In den Feiertagen zum Beispiel Gründonnerstag ist die Karte fleischlos. Am Karfreitag gibt es nur Fisch. Zu Weihnachten je nachdem, Bratwurst, Suppe oder Gans.«
»Und was ist, wenn ich jetzt Lust auf Schnitzel habe?«
»Schnitzeltag gibt es am Mittwoch.«
»Aha und die Kinder schauen dann in die Röhre, weil es keine Schnitzel am Freitag oder Samstag gibt. Die einzigen Tage, an denen die Kinder etwas länger wach bleiben können ...« nun überraschte mich Tom, doch ich verstand ihn.
»Schnitzel, Pommes oder Hamburger gibt es immer. Sie stehen extra auf der Kinderkarte.« ich zwinkerte ihm zu.
»Und wie ist es, wenn ich aber Italienisch will oder chinesisch?«
»Du bist jetzt wie ein kleines Kind.« Tom blickte mich herausfordernd an.
»Nun gut. Ab und zu gibt es auch italienisch, chinesisch, mexikanisch oder griechisch.«
»Und was gibt es jetzt?«
»Mexikanisch!«
»Och nö! Blähungen angesagt ...« ich schwang mich von der Couch und reichte ihm meine Hand. Nun war er es, der mich fragend anblickte.
»Komm wir gehen essen.«
Im Gastraum angekommen setzten wir uns an einen freien Tisch. Tom blickte sich um, als ob er das erste Mal hier wäre.
»Ist schon Wahnsinn, wie viele Gäste du hast!«
»Es ist Abendbrotzeit. Da kommen sie immer aus ihren Höhlen. Außerdem ist das hier nur ein geringer Teil der Gäste, die hier eingecheckt haben. Ein großer Teil lässt es sich aufs Zimmer bringen.« Mario kam an den Tisch.
»Hey, das ist ja ein seltenes Bild. Kil. Isst ihr hier oder wollt ihr nur was trinken?«
»Wir möchten gerne essen.«
»Okay! Was wollt ihr essen?«
»Tom hätte gerne die Karte.«
Mario nickte und brachte auch sogleich diese.
»Was möchtet ihr trinken?«
Ich selbst bestellte mir ein Bier und Tom einen Rotwein. Tom studierte die Karte und fragte mich nach einigen Gerichten aus.
»Das ist ja wahnsinnig überteuert für eine Gemüsesuppe! Findest du es nicht auch?«
»Nun, die Gäste bekommen ausgewählte Zutaten zum Essen. Noch dazu habe ich fünf Sterne und der Koch ist ebenfalls ein Fünfsterne Koch. Lehrlinge, die bei Fünfsterne Köche lernen, werden nicht gerade mit Tarif bezahlt. Die ganzen Angestellten werden übertariflich bezahlt. Außer Sam und Mario.«
»Warum die beiden nicht? Immerhin helfen sie dir rund um die Uhr aus.«
»Sie besitzen Sonderrechte. Sie müssen sich nicht um ihr leibliches Wohl sorgen oder dafür einkaufen gehen. Sie müssen keinen Strom zahlen oder das Zimmer was sie bewohnen. Dafür komme ich auf. Die ganzen Lebenserhaltungskosten fallen für sie weg. Deshalb bekommen sie den tariflichen Stundenlohn. Die beiden kosten mich im Monat mehr, als vier Angestellte zusammen.« Tom nickte nur und widmete sich der Karte wieder.
Nach ein paar Minuten kam Mario wieder zurück, brachte unsere Getränke und nahm die Essensbestellung auf. Als das Essen kam, musste ich schmunzeln. Tom hatte seine Androhung wegen des Schnitzels wahr gemacht. Er beugte sich wie ein Kleinkind über seine Errungenschaft und fing das Essen an. Eine Pommes nahm er in die Hand und führte es in den Mund. Nur fragte ich mich, wie der Wein zum Schnitzel passte. Eigentlich wäre eine Limo oder Coke doch besser dazu geeignet. Leider war das aber nicht mein Problem. Ich hatte mit etwas anderem zu kämpfen und wie schon den ganzen Tag über, suchte ich die passende Gelegenheit es Tom mitzuteilen. Nur stellte sich die Frage, wie er es auffasste.
Wir waren mit dem Essen fertig. Tom fuhr sich genüsslich über seinen Bauch.
»Ich muss schon sagen. Dieses Schnitzel und diese Pommes, ... - Die wecken Kindheitserinnerungen«, er schaute mir in die Augen. »Weißt du, als ich noch klein war, verbrachte ich die Ferien öfters in Deutschland.«
»Davon hast du mir noch nichts erzählt.«
Er nickte.
»Ja! Es sind sehr schöne Erinnerungen mit schlechtem Nachgeschmack. Mein Vater hatte für Mom eine Ferienwohnung gekauft. Mom liebte Deutschland, obwohl sie eine ›eingefleischte‹ Amerikanerin war. Aber es ist so, die Wurzeln kann man nicht vergessen. Mom ist in Deutschland geboren, und als sie noch recht klein war, ich glaube, sie sagte mal, sie war noch gar nicht im Kindergartenalter, da wanderte ihre Familie nach Amerika aus. Und mein Vater ist Russe, okay halb Amerikaner und halb Russe.« Tom hielt kurz inne. »Naja was ich sagen will, diese Schnitzel schmeckten genauso, wie die Schnitzel die Mom immer geholt hat. Ich freute mich immer, wenn sie sagte, heute gibt es Maltes Schnitzel.« wieder hielt er inne und blickte mich intensiv an. »Das ist nicht wahr, oder? Maltes Schnitzel.«
Er kicherte.
»Sieht so aus, als das ich dich schon früher verführt habe. Beziehungsweise mein Papa«, ich zwinkerte ihm zu. »Maltes Schnitzel ist ein guter Verkaufsnamen für ein Schnitzel, das seit über 30 Jahren nach dem gleichen Rezept zubereitet wird.«
»Warum kochst du nicht?«
Die Frage kam überraschend, doch ich zuckte nur mit der Schulter.
»Ab und zu koche ich schon. Aber mein Koch, der von Papa gelernt hat, kann es besser. - Eigentlich darf ich nicht kochen und wenn dann nur als Gehilfe.«
»Warum das denn?«
»Ich habe nicht Koch gelernt. Tom vor dir sitzt jemand, der keinen Schulabschluss besitzt geschweige denn eine abgeschlossene Berufsausbildung. Ich bin von einer Sekunde auf die Nächste zum Chef geworden. Und da war ich gerade mal 15.«
Mein Handy unterbrach unsere Unterhaltung. Ich sah, wie Tom die Augen verdrehte. Inzwischen kannte er auch den Unterschied zwischen den Handys, den ›privaten‹ oder den ›Callboy‹ Klingelton.
»Ja!«, wie üblich ging ich immer ran, ohne meinen Namen zu nennen.
»Hast du dir das überlegt?«
»Schon.«
»Und? Ich bin auch bereit, den Extrabetrag zu überweißen, nur muss ich wissen, ob ...«
»Schon klar. Ich bin gerade dabei zu verhandeln. Dein Wunsch ist nicht gerade leicht umsetzbar. Außerdem werden die Regeln schärfer.«
»Aus welchem Grund?«
»Snake, wenn ich jemanden finde, der gewillt ist, deinen Wunsch mit zu erfüllen, dann geht es nicht nur um meine Sicherheit. Ich bin dann auch für die Sicherheit des Mannes zuständig, der sich mir vollkommen hingibt.«
»Wie meinst du das. Zeth ich will einfach nur sehen, wie es einem ergeht, der zuschaut, der davon geil wird, den ich anheize und der nicht zum Abschuss kommt.«
»Das mag schon sein. Finde einen Mann, der gewillt ist, nur passiv zu sein, sich nicht selbst berühren zu dürfen, nicht berührt zu werden, sich so anheizen zu lassen, dass er schier wahnsinnig vor Geilheit wird. So einen findest du nicht an jeder Straßenecke. So einen findest du nur in ausgewählten Szenen. So einen nennt man Submission, Sub oder um es verständlicher zu machen, Sklave. Und wenn ich mit jemand zu dir komme, der gewillt ist, dir durch seine devote Haltung Freude zu bereiten, dann habe ich die volle Aufsichtspflicht für diesen Menschen, der sich vollkommen in meine Hände begibt. Er vertraut mir. Komplett. Da ist nichts mit, nur mal sehen, wie es einem ergeht, der nur zuschaut.«
»Okay ich verlasse mich auf dich. Sag mir bescheid, wenn du was weißt. Ich hoffe, es dauert nicht mehr zu lange, denn ich brauch es.«
»Ich tu mein bestes.« Ich legte auf und Tom schüttelte tief einatmend den Kopf. »Was ist?«
Wieder schüttelte er den Kopf. Verzog leicht gequält seinen Mund und rieb sich die Augen.
»Sei mir nicht böse, aber spekulierst du darauf, dass ich es bin, der ... der den Sub spielt?«
Das wievielte Mal war es nun, das er mich an dem Tag überraschte? Langsam konnte ich es nicht mehr zählen. Es war nicht üblich, dass jemand meine ›unsichtbaren‹ Zeichen erkannte und vor allem zu deuten wusste. Aber ich sprach nicht von einem unbedeuteten Außenstehenden, sondern von Tom. Tom konnte mich schon von der ersten Sekunde an durchschauen. Vielleicht nicht gerade von der ersten Sekunde an, sonst hätten wir die eineinhalbjährige Einsamkeit nicht erlebt und hätten in der Zeit wer weiß wie viele Orte etwas besser kennengelernt.
Etwas geistesabwesend nickte ich den Kopf.
»Weißt du, was ein Sub ist?«
Nun lachte er verhalten los.
»Ich arbeite unter Kyel Kastner, noch besser bekannt als Lord Drab. Ich habe es kennengelernt und seine ›Partner‹ so fertig, wie sie waren, heimgefahren oder versorgt.«
Kurz überlegte ich, auch wenn mir der Name bekannt vorkam, so konnte ich mich nicht entsinnen, wie und woher. Außerdem kannte ich nur das Pseudonym ›Sire‹ von ihm.
»Ich weiß nicht, ob ich ihn kenne. Also Lord Drab.«
Tom verschluckte sich an seinem Wein und musterte mich aufmerksam.
»Du kennst nicht den sagenumwobenen, den Meister der Master, der Dominance höchstpersönlich, Lord Drab?! Ich bin fassungslos.«
Ich schüttelte den Kopf und nahm den letzten Schluck meines Biers.
»Aber Sex hattest du, auf jeden fall schon mit ihm gehabt.«
»Mit Kyel?! Schon, aber für mich war er jemand anderes, damals, und er hatte sich mir nicht als Lord Drab vorgestellt.«
»Na ja, Kyel hatte diesen Namen schon vor langer Zeit abgelegt. Wie lange bist du schon ein Callboy?«
»Ca. 5 Jahre.«
»Dann hast du freilich Lord Drab nicht kennengelernt. Kyel hat damit einige Jahre, bevor er Sascha getroffen hat aufgehört. Zu meinem Leidwesen nicht früh genug.«
Den letzten Satz murmelte er vor sich hin.
Ich saß Kilrian gegenüber und sein tiefes Timbre harmonierten auf fantastische weise mit seinen dunkler gewordenen Augen. Er redete mit einem Kunden, das war klar, doch was ich zu hören bekam, verschlang buchstäblich meine Sprache. Immer wieder hörte ich das Wort Sub und komplettes Vertrauen mit einem Gemisch von ›ich bin gerade am Verhandeln‹. Fassungslos. Konnte es sein, dass Kilrian mich damit gemeint hatte? Dass er meinen noch unreifen Wunsch, dem ich selbst nicht ganz zugetan war, erfüllen wollte?
Die Bestätigung bekam ich, als ich ihm, nachdem er aufgelegt hatte, in die Augen schaute und ihn darauf hin direkt fragte.
Nun war ich wirklich hin und her gerissen. Sollte ich mich darauf einlassen? Oder es einfach unterm Tisch kehren. Ich wusste es nicht. Diese Zwiespältigkeit brachte mich fast um den Verstand. Sicherlich war es eine Erfahrung wert, aber war ich es mir wert? Oder Kilrian? War ich es mir oder ihm wirklich wert, diese Erfahrung gemeinsam zu erleben? Was wäre, wenn es in die Hose ging? Wenn ich plötzlich einen Anfall von Eifersucht bekam. Konnte passieren, trotz, dass Kilrian ein Callboy war. Ich damit lebte, dass er noch mit anderen Männern schlief. Ich dieses Wissen besaß, dass er es rein nur wegen dem Geld machte. Mich liebte. Und doch sah ich noch was anderes an Kilrian. Etwas womit er haderte. Er versuchte wirklich den Wunsch des Kunden zu erfüllen, er wollte es sogar, so war er nun mal. Aber er kam damit nicht mit sich selbst ins Reine. Somit versuchte ich, das Thema zu wechseln. Noch eine Zeit lang blieben wir sitzen und sprachen über Gott und die Welt. Kilrian wurde wieder er selbst und seine Haltung lockerer. Auch schlich sich vermehrt dieses Lächeln an ihm, in, dass ich mich schon am ersten Tag unserer Begegnung verliebt hatte. Viel Wasser lief in der Donau durch und nie im Leben hätte ich gedacht, jemals da zu sein, wo ich war. Bei ihm. Bei meiner Liebe des Lebens. Noch immer fragte ich mich, wie ich die ganze Zeit ohne ihn sein konnte. Mein Leben war leer. Ohne Sinn, ohne Zukunft, ohne irgendeine Perspektive, der ich nachgehen konnte. Nur er erfüllte alles, was ich brauchte, was ich begehrte, was ich wollte. Er gab es mir in dieser Nacht. In einigen Nächten und Tagen vorher. Ich spürte, dass er mich genauso brauchte, wie ich ihn.
Nachdem wir geduscht waren und unser Zeugnis unserer Liebe gegenseitig abgewaschen hatten, lagen wie gemeinsam im Bett. Kilrian zappte durch den alten Fernseher und blieb bei einem Actionfilm hängen. Herzhaft gähnte er. Ich liebte es, wenn seine Natürlichkeit die Oberhand übernahm.
»Tom! Willst du es wirklich?«
»Was?«
»Mal mit dabei sein. Zuschauen. Ich ... ich ... da ist ein Kunde, der ...«
»Mit dem du heute beim Abendessen gesprochen hast?« Kilrian nickte. »Er hat solche Ambitionen.« Wieder nickte er und ich richtete mich auf. »Ich möchte schon einmal sehen, wie du mit einem Kunden umgehst. Man hört sich das herablassend an. Ein Kunde.«
»Es sind nichts weiter als Kunden. Wenn ich anfange, sie persönlich zu betrachten, kann ich den Job gleich an den Nagel hängen. Die Kerle wollen was von mir. Ein fleischiges Spielzeug mit Öffnungen in denen sie stoßen können.«
»Betrachtest du deine Kunden immer so? Ich mein, das kam jetzt ziemlich abwertend rüber.« Kilrian blickte mich an und atmete sogleich tief ein.
»Nein eigentlich nicht. Es gab eine Zeit, wo ich die Kerle verteufelt hatte, mich selbst in Mitleid redete und mich als Opfer sah. Manchmal kommt dieses Gefühl hoch, doch wenn ich es dann näher betrachte, sage ich mir. Du willst es doch so. DU bietest dich an.« Nun blickte er mir tief in die Augen. »Tom ich bin eine Hure und das mit Herz und Seele. Ich brauche es.«
»Das weiß ich bereits.«
»Bist du dir da sicher? Denn es wird nie passieren, dass ich nur monogam leben werde.«
»Und hier hast du auch den Grund, warum ich dabei sein will. Nicht dabei, sondern zuschauen. Ich will den Unterschied sehen, zwischen uns und du mit deinen Kunden. Kilrian ich habe mich damit abgefunden, dass du dich anbietest, dass du ein Callboy bist, aber schließe mich dadurch nicht aus. Ich will nicht, dass du wegen mir in eine Zwickmühle kommst und du dadurch deinen Job aufgeben musst, denn dann gibst du dich selbst auf. Zeth ist ein Teil von dir. Nein du bist Zeth. Genauso wie du Kilrian bist. Allerdings bevorzuge ich Kilrian. Mit ihm kann man besser verhandeln. - Au! Für was war das?«
»Dafür, dass du einfach zu gut für die Welt bist!«
»Ruf deinen Kunden an und sage, dass du jemanden hast, aber ...«
»Aber?«
»Wer mich berührt, bist nur du. Der Typ darf mich anschauen, aber wehe, ich spüre etwas, was nicht dir gehört an mir und ich verschwinde.«
»Keine Sorge, dich darf niemand anfassen. Dafür werde ich sorgen.« Shit seine Augen wurden dunkler und ich wettete, dass er mit der Vorstellung, dass mich ein anderer berühren könnte, nicht klarkam. Kilrian war eifersüchtig. Diese Erkenntnis ließ mein Herz in ungeahnten höhen schlagen oder schmelzen.
Allerdings und das musste ich zugeben, ging mir mein Arsch auf Grundeis. Noch nie waren in meinem Leben vier Tage so schnell vergangen. Zeitlich zogen sich die Stunden sogar wie Kaugummi hin. Doch nun stand ich vor dem Spiegel und sah Kilrian zu, wie er mir am Rücken unnötiges Bärgewächs entfernte. Seine Sprache. Und ich atmete immer wieder verdrossen ein. ›Unnötiges Bärgewächs‹! War das zu fassen? Da verbrachte man Jahre um die Haare zu züchten und dann kam er und rasierte sie mir ab. Nicht nur am Rücken hatte er sein Werk getan. Nein! Ich blickte zu mir herab und ich konnte schon wieder fluchen. Allein der Blick reichte aus, dass mir die Eier juckten.
In meinem Leben wurde ich nur einmal rasiert, das war in der Highschool und dieses Erlebnis, diese Tage danach, dieses Gefühl, als ob dir die Sackratten die Hand reichten, wollte ich nie wieder erleben. Aber wie es so aussah, bekam ich es ein zweites Mal zu spüren.
Als Kilrian mit seinem Werk fertig war, musterte er mich ausgiebig.
»Jetzt bist du so glatt wie ein Babypo!«
»Ach ja, das ist schön!«, meinte ich sarkastisch und Kilrian grinste vor sich hin.
»Keine Sorge in zwei drei Wochen hast du dein Bärgewächs wieder.«
Er überreichte mir Klamotten, die auf jeden fall, nicht meine waren und meinte, dass ich sie anziehen sollte. Ich hob sie hoch und erfühlte das Material. Auch wenn ich es nicht wollte, so entwich mir ein Pfiff. Das Material war das Beste, was auf dem derzeitigen Markt angepriesen wurde. Ein Almani oder dolce & Cabana, die Kyel auf seiner Haut bevorzugte waren nichts im Vergleich.
»Es ist Snakes Wunsch. Los zieh an. Wir müssen gleich los.«
»Hast du den Anzug gekauft?«
Kilrian nickte und zog sich seinen an. Meiner war schwarz und seiner weiß. Sofort kam mir Kyel und Sascha in den Sinn, wie sie sich über die Farben der Anzüge für ihre Hochzeit gestritten hatten. Aber diese Gedanken schob ich beiseite.
»Weißt du, wie teuer die sind?«
»Natürlich ich habe sie ja auch in Auftrag gegeben.«
»Hey wir tragen, wenn ich nicht falsch liege über 10 000 € am Körper.«
»Übertreib nicht. Die Anzüge sind kein Export gewesen, sondern um die Ecke bei der Maßschneiderin angefertigt worden. Ich habe den Stoff besorgt und die gute Frau hat Anzüge daraus gemacht.«
Er zwinkerte mir zu und so recht glauben konnte ich es ihm auch nicht. Aber um den Frieden Willen gab ich klein bei. Vor allem konnte ich es nicht glauben, dass es so weit war. Ich sollte den Sub spielen. Sicherlich hatten wir ausgiebig darüber gesprochen, aber Theorie war nicht gleich Praxis und wieder landete mein Arsch auf dem Glatteis. Scheiße hatte ich Angst und gleichzeitig war ich aufgeregt. Ich wusste nicht, wohin mit meinen Händen als wir auf das Taxi warteten und am liebsten hätte ich, kehrt um gemacht.
Als das Taxi endlich kam, stiegen wir ein und Kilrian gab den Ort an, wo wir hinwollten. Zum Flughafen. Das Snake, oder wie er sich nannte, nicht in der Stadt war, in der Kilrian wohnte, machte für meinen Freund kein Unterschied. Er checkte ein und kurz darauf saßen wir im Flugzeug.
»Wir fliegen ungefähr zwanzig Minuten. Wir hätten auch mit dem Auto fahren können, doch da wären wir ca. fünf Stunden unterwegs gewesen. Und fünf Stunden fahrt ist nicht gut, wenn ich noch konzentriert sein muss.«
»Ist ja mal was Neues«, rutschte es mir raus. Meine Hände waren schweißgebadet. Auch hatte ich das Gefühl, mir bliebe die Luft weg.
»Was ist neu?«
»Beim Sex konzentriert zu sein.«
»Ja bin ich und du wirst es sehen.«
Der restliche Flug verlief schweigend und ich sah Kilrian nicht an, dass er meinen Ausrutscher übel nahm. Aber ich erkannte, dass er wusste, wie es um mich stand.
Wir landeten und stiegen aus. Scheiße hier war es noch kälter und ich zog den Mantel fester an mich heran. Kilrian sah es und schüttelte mit dem Kopf.
»Ab jetzt fängst du an, genau das zu machen, was ich sage. Zappel nicht herum und halt deine Arme normal nach unten. Du musst darauf vorbereitet sein, dass ich mir, wenn ich es will, deine Hände schnappen kann. Da ist es schlecht, wenn du zu steif bist. Versuch dich zu lockern.«
»Ich bin locker, es ist nur scheißkalt.«
Einfühlsam lächelte er mir zu.
»Ich glaube kaum, das Snake etwas über diese Szene weiß und wenn, dann ist er ein kompletter Anfänger.«
»So wie ich!«
»Nun ja, wie man es nimmt. Was ich sagen will ... Snake wird wohl einige Patzer, die ein waschechter Meister sieht, die in der Regel auch sogleich bestraft werden, nicht sehen. Sollte er doch ein Auge dafür haben, ... Tom ich habe diesbezüglich regeln aufgestellt. Du brauchst dir keine sorgen machen.«
»Da bin ich ja beruhigt.«
»Kannst du. Das einzige, was Snake erlaubt ist. Ist dich auszuziehen. Du musst nur jeweils die Gliedmaßen anheben, die er ausziehen möchte. Deine Aufgabe besteht nur darin, zu schauen ... aber das haben wir ja schon durchgekaut.«
»Das ist allerliebst und wenn du mich scharf machst, wie Nachbars Lumpi darf ich nicht kommen. Du weißt ganz genau, dass ich es nicht zurückhalten kann.« Nun grinste er mich an. Und ich rieb mir die Augen. »Das ist jetzt nicht wahr oder?« Warum nur hatte ich diesen Wunsch geäußert? Nun kam ich da nicht mehr raus. Wie Sam schon einmal erzählt hatte. Wenn Kilrian sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann zog er es auch durch. Egal wie.
Ich konnte es nicht glauben, als Sam mir von einer Wette erzählt hatte und dass Kilrian mutwillig, nur damit Sam die Wette gewinnen konnte, sein Auto zu Schrott gefahren hatte. Ebenso wie er gewillt war mein Wunsch zu erfüllen, selbst dass dieser Wunsch ihn auffraß. Ich sah es ihm an, dass er damit nicht zurechtkam. Deshalb hatte er auch die Regeln aufgestellt, dass Snake oder egal wie der Mann hieß mich nicht berühren durfte. Kilrian war schlichtweg eifersüchtig und er wollte mich mit niemand teilen, doch konnte er es nicht einfach, schon des Job wegen durchziehen. Sein Gewissen schlug dazwischen.
Wir gingen aus dem Terminal raus und plötzlich spannte sich Kilrian an.
Er wandte sich zu mir.
»Tom die Show beginnt. Sorry, ich dachte, es geht erst im Hotel los.« Er zog etwas aus seiner Manteltasche und ich sah eine Art Maske.
»Jetzt schon?«
Er nickte und lächelte mir aufmunternd zu. Schnell blickte ich mich um. Viele Menschen kamen und gingen aber keiner nahm Notiz von uns. Kilrian setzte mir die Maske auf und auf einmal hatte ich das Gefühl, dass sämtliche Augen die vorher keine Notiz genommen hatten, uns die ganze Aufmerksamkeit schenkte. Scheiße ich wollte hier weg.
»Tom höre nur auf mich. Schaue nur mich an. Wenn ich nicke, dann lass es zu. Sage nichts und mache nichts.«
Ich musste aber auch zugeben, dass mich seine Stimme beruhigte. Auch die Maske, die er mir aufgesetzt hatte, tat ihr Übriges. Kilrian wollte, dass ich die Maske aufsetzte, schon allein, wegen meiner Sicherheit. Er wollte nicht, das Snake, sollte ich ihm einmal öffentlich übern Weg laufen, mich erkannte.
Kilrian ging auf einem Mann zu und wie besprochen lief ich einige Schritte hinter ihm her. Hin und wieder sah ich welche, die hinter vorgehaltener Hand tuschelten. Doch viele nahmen es als normal hin. Es schien, als ob es in dieser Stadt gang und gäbe wäre, das Sodom und Gomora auftraten. Übertriebene Metapher aber anders konnte ich es mir selbst nicht vorstellen. Wie sollte man sonst so eine Szene beschreiben. Master, Meister, Slave, Sklave, Sub, Dom ... Herr Gott mach bitte, dass meine Gedanken aufhörten zu arbeiten. Bitte.
»Hallo Snake«, hörte ich Kilrian zu dem Mann sagen. Wow, das war eine Augenweide. Zwar nicht so groß wie ich aber doch ... er konnte sich sehen lassen und ich kannte ihn.
»Hallo Zeth! Schön das du kommen konntest.« Der Mann ignorierte mich. Selbst Kilrian tat nichts um mich vorzustellen. Doch ich wusste, dass er total auf mich fixiert war. Das war in etwa, die gleiche Haltung die Kyel am Tag gelegt hatte, wenn einer seiner Sklaven bei ihm war.
»Nun das wird sich herausstellen Snake!«, schäkerte er.
Snake führte uns zu einem Wagen, indem kein Chauffeur war, also fuhr er selbst. Kilrian gab mir ein kurzes Zeichen, dass ich die Fahrertür öffnen sollte. Gott sei Dank war ich jahrelang der persönliche Chauffeur von Mr. Kastner. Snake stieg ein und ich stieß die Tür zu. Kilrian wartete, bis ich ihm die Beifahrertür aufgemacht hatte und er sich reinsetzte. Nachdem ich eingestiegen war, fuhr Snake los.
Manchmal, wenn ich nicht gerade die Kopflehne musterte, sah ich, wie Snake öfters im Rückspiegel mich ansah. Dennoch sagte er nichts. Irgendwann hielt er an und ich stöhnte innerlich auf. ›Musste das jetzt sein!‹ aber vielleicht hatte es auch sein Gutes, dass ich schon mal oder öfters hier war. Nun lobte ich mir die Maske. Wie würde es denn aussehen, wenn Kyel Kastners Sekretär plötzlich als Sub auftrat und nicht wie gewohnt seinen angetrunkenen Chef aus der Kneipe holte. Soviel ich wusste, ging Kyel hier immer nur her um etwas Stau abzulassen und zu trinken, aber Spielchen hatte er nie gemacht. Wir waren in der Nähe der Handelsstadt, in der Kyel viele Geschäfte zu erledigen hatte. Nun was soll´s. Ich versuchte mich auf meine Rolle zu konzentrieren. Im Moment tat sich noch nichts, aber wenn ich mir Kilrian ansah, er strotzte so vor Erotik und ›ich wollte jetzt sofort flachgelegt werden‹. War das zu fassen!
Da ich den ›Befehl‹ erhalten hatte, ständig auf Kilrian zu achten, tat ich dies auch. Ich bemerkte, wie er sich verändert hatte. Seine ganze Haltung, sein Gehabe, war vollkommen beherrscht, konzentriert und kontrolliert. Seine Mimik angespannt, streng wenn auch gelassen. Ich wusste nicht, wer vor mir stand. War das wirklich Kilrian und mir kamen die Telefongespräche, die ich mit Zeth geführt hatte, in den Sinn. Das erste Mal, als ich das Vergnügen hatte, viel mir sein tiefes, raues Timbre mit dem Akzent auf. Seine Tonlage die kein Wenn und Aber zuließen, da wusste ich bereits, dass er nicht mit sich spielen ließ. Damals hatte ich meine Wünsche geäußert und es schien, als ob es ihm langweilen würde. So in der Art Standard oder Blümchensex, aber er hatte sie angenommen und mir seinen Preis genannt. Das Problem, das ich allerdings hatte, war, wie konnte ich die Hochzeitsgesellschaft verlassen, ohne großes Aufsehen zu erregen, denn auch wenn ich Schwanenteich als Hotel angegeben hatte, kam ein ›nein‹ zurück und ich sollte ein anderes Hotel buchen. Nun wusste ich auch warum. Kilrian vermied es, in seinem Hotel durch seine Betten zu hüpfen. Aber bei der näheren Betrachtung wohl doch nicht. Nun ich besaß Sonderrechte und wahrscheinlich war ich auch der einzige Bettgenosse, den er im Schwanenteich bediente. Shit wie sich das anhörte. Nein ich war weder ein Kunde noch ein Bettgenosse. Ich war sein Freund und Geliebter, das war ein himmelweiter Unterschied zwischen seinen Kunden und mir.
Wir gingen in die Kneipe. Von vorne kannte ich sie, doch die beiden bahnten sich ihren Weg nach hinten. Da war ich noch nie. ... und da wollte ich nicht bleiben. So etwas hatte ich in meinem Leben noch nie gesehen. Frauen knieten auf Maschinen, einen Plug oder was es war in sich drinnen und durch die stoßenden Bewegungen wurde das Gefährt angetrieben. Wie ein Tretboot nur das sie das Teil mit ihren Münder steuerten. Sogar ein Mann bediente so eine Maschine und ich sah, dass der Plug nicht nur rein und raus gestoßen wurde, es kam bei jedem Stoß, Wasser aus seinem Hintern. Es schien ihm zu gefallen, denn er leckte über die Steuerung.
»Ist das nicht schön hier?«, jauchzte Snake und riss mich aus meiner Beobachtung. Kilrian nickte und doch sah ich eine Warnung in seinen Augen aufflackern. ER hatte sich verschätzt. Kilrian lag was Snake betraf daneben. Nun lag es an mir, dass ich alles richtig machte. Nur wie sollte es gehen oder gar funktionieren. Nach Informationen dachte ich, dass wir in einem Hotel absteigen würden und dort nichts weiter machten als Ficken. Ich nicht ich schaute nur zu. Scheiße!
Snake führte uns in eine leicht abgelegene Sitzgruppe. Sie war zwar abgelegen, aber man hatte sehr gute Aussicht auf das Geschehen. Für eine kurze Zeit betrachtete ich das Geschehen und sah auch unweit in einer anderen Sitzgruppe ungefähr das gleiche Spiel wie bei uns. Nur sah ich nicht die realen Gesichter, die dort waren. Ich sah meinen Vater, ein junges zitterndes Mädchen und einen Jungen, der ungefähr in meinem Alter war. Mich sah ich neben meinen Vater, der mir lehrte in so einer Situation zurechtzukommen. Als Sub oder als Dom. Das Mädchen war das Fickstück, der Junge der Sub und mein Vater war der Master. Nur verhielt es sich hier so. Snake war der Master, Kilrian das Fickstück und ich war der Sub. Mit einem kleinen Unterschied. Kilrian fungierte als mein Master und als Fickstück. Es dauerte ein Buchteil von einer Sekunde und ich war in meiner Rolle gefestigt. Ohne auf eine Aufforderung seitens Kilrian zu warten, nahm ich ihm den Mantel ab. Faltete ihn sorgfältig zusammen und legte ihn auf einen Stuhl, den ich etwas abseits stellte. Das gleiche tat ich mit dem Mantel von Snake und meinen. Ich selbst zog meine Anzugjacke aus und hängte sie über den Stuhl. Danach zog ich die Schuhe aus. Ich hatte das Bild vor mir, ... wie der Junge dies alles tat. Meine Socken folgten. Als ich fertig war, kniete ich mich neben Kilrian hin. Legte die Hände auf die Oberschenkel und haarte in dieser Stellung aus.
Eine Bedienung kam und nahm die Bestellung von Snake auf. Aus dem Augenwinkel sah ich, dass Kilrian sich nichts bestellte sondern wartete, bis Snake es für ihn tat.
»Merlot für mich und meine Bekleidung und eine Schüssel Wasser für den Hund.« Na toll nun war ich ein Hund, was für ein Quantensprung. Aber ich ließ mir nichts anmerken.
Die Bedienung kam zurück und stellte mir wirklich eine Schüssel mit Wasser hin. Da ich aus dem Augenwinkel sah, wie ich beobachtet wurde, beugte ich mich zum Wasser vor. Streckte meine Zunge raus und fing an das Wasser zu schlecken. Es war kein Leitungswasser, es war Mineralwasser. Die Bedienung hatte wohl ein Herz für Tiere. Als ich fertig war, richtete ich mich auf, vermied aber, das restliche Wasser, das sich an meinem Kinn gesammelt hatte abzuwischen. Es tropfte auf mein Hemd.
»Wo hast du den her?«, schnaufte Snake.
»Von Lord Drab.« gab Kilrian die Antwort, die auf einer gewissen Weise wohl der Wahrheit entsprach.
»Lord Drab!«, Snakes Stimme überschlug sich. »Lord Drab? Zeth ich kann es nicht fassen. Lord Drab! Ich bin sprachlos. Ihn gibt es also noch. Ich dachte, er wäre eine Legende.«
»Ist er auch und das soll auch so bleiben.« Kilrian log. Lord Drab gab es schon lange nicht mehr. Ich erkannte daraus, dass er selbst überrascht war und auch sah ich, dass es seine Lust gesteigert hatte. Kilrian würde nun wahrscheinlich mein lächeln sehen, wenn nur diese doofe Maske nicht wäre. Aber was soll`s. Ich machte wohl meine Sache richtig.
Kilrian heizte Snake ein und es dauerte nicht lange, da saß er auf seinen Schoß. Unartikulierte Laute drangen zu mir und ich schaute Kilrian an. Er stützte sich auf den Tisch ab. Sein Hemd und die Anzugjacke hatte er noch an, nur die Hose war zu seinen Füßen runtergerutscht. Seine Augen waren geschlossen. Snake fickte ihn und doch sah ich, das Kilrian die Oberhand besaß. Es geschah nichts, was er nicht wollte. Das meinte er, als er sagte, dass er konzentriert sein musste. Das war kein Sex um die Lust zu befriedigen, das war Sex aus reiner Pofitgier. Auch wenn er die Augen geschlossen hatte, so hatte er dennoch die Oberhand und dies ließ er seine Kunden nicht sehen. Er war Profi und ich war Teil seiner Professionalität. UND ich war der einzige Mensch, der Kilrian sehen durfte, wenn er wirklich beim Sex entspannte und seinen Spaß hatte. Auch wenn ich es nicht wollte, so heizte mich die ganze Atmosphäre an. Kilrian öffnete seine Augen wieder. Ich sah ein kurzes Lächeln, als er sah, dass ich vor ihm stand.
»Snake! Jerry wartet auf seine Belohnung. Du wolltest ihn so anheizen, dass er es nicht mehr aushält. Kümmer dich um ihn, aber denke daran, dass du ihn nicht berühren darfst.« Jerry, ich musste schmunzeln. Wusste aber sogleich, dass er es nicht sah. Wegen der Maske. Kilrian war wirklich über meine Sicherheit besorgt.
»Gott ja du hast recht. Jerry ist dein Name?«, ich nickte. »Entkleide dich, aber langsam!«
Ich wartete, bis Kilrian nickte. Ich sah auch, dass er den Schwanz von Snake noch in sich drinnen hat. Sich einen Schluck vom Merlot gönnte, den er ohne Erlaubnis nahm. Snake es nicht mitbekam. Nun wusste ich, dass Kilrian das Ruder auf seine Seite gezogen hatte. Ich sah wie er sich langsam bewegte. Der Gefickte wurde zum Ficker. Kilrian war nie ein Sub, er war schon von Haus aus ein Dom. Ein Master und wenn ich es nicht besser wüsste, könnte er Kyel schlagen. Ficken und sich ficken lassen, das war sein Leben und bei jedem Spiel besaß er die Oberhand. Sogar bei mir.
Ich stellte mich vor den Tisch. Meine Augen konnte ich nicht einmal, wenn ich wollte, von ihrem Spiel nehmen. Ich war gebannt und verfluchte auch sogleich den Tisch, der mir die Sicht auf meine Begierde nahm. Langsam lockerte ich die Krawatte, war ich erleichtert. Danach folgten die Knöpfe des Hemdes. Schämen brauchte ich mich nicht mehr. Hier in diesem Raum wurde gevögelt, was das Zeug hielt. Als ich das Hemd zu den anderen Kleidungsstücken gelegt hatte, zog ich die Hose und Unterhose aus. Endlich war ich frei und ich konnte mir nun vorstellen, warum Kilrian nie eine Unterhose trug.
Er winkte mich zu sich. Bewegte sich immer noch, sah, wie er keuchte, wie hart sein Schwanz war und er sich an mir zu schaffen machte. Ich wollte ihn berühren, doch war es mir verboten. Ich war nur Zuschauer oder doch nicht. Ich zuckte auf, als er mich in seinen Mund nahm. Er hatte mich durchschaut. Mich und Snake. Er hatte die Oberhand und doch ließ er mich nicht kommen. Er schickte mich zurück zu meinem Wassernapf und ritt Snake. Ich war zum Zerreisen gespannt und Kilrian ließ mich nicht aus den Augen. Er schaffte es, dass ich mich wieder beruhigte, obwohl ich sah, wie er gefickt wurde. Wie er sein Orgasmus rausschrie und anschließend das Kondom von Snakes Schwanz zog und ihn in seinen Mund nahm. Seine Kehrseite bewusst mir entgegenstreckte. Es war nicht Snake der mich einheizte. Es war Kilrian. Jede Bewegung, jede Gestik, die er tat, galt mir. Langsam musste ich wimmern. Es wurde schier unerträglich. Spürte, wie mir die Tränen aus den Augen liefen. Ich es nicht mehr aushielt, ich mich selbst umgreifen wollte. Meine Hände glitten von den Oberschenkeln hoch zum Schwanz. Meine Beherrschung war vorbei. Ich wollte nur noch Erlösung. Trotz das Kilrian mich beruhigt hatte, war es für mich einfach zu viel. Ich konnte nicht mehr und vor allem wollte ich Kilrian.
Plötzlich zuckte ich auf. Kaltes Wasser traf meinen Schwanz und ich sah, wie Kilrian mit der Schüssel in der Hand vor mir stand. Ich wollte schon das Fluchen anfangen, doch ich besann mich, als ich Snake sah, der mich belustigt anblickte. Er beugte sich zu mir runter.
»Dein Herr und Gebieter kann wirklich stolz auf dich sein. Dass du dich für ihn aufhebst. Trotz das Zeth dich ständig gereizt hat, konntest du ihm widerstehen.«
Wir waren wieder daheim und meine letzten Gedanken kreisten um Zeth. Wer war er wirklich? Doch weit kam ich nicht. Kilrian stürzte sich auf mich und gab mir das, was ich brauchte, was sich den ganzen Abend aufgestaut hatte. Er nahm mich, er fickte mich und flüsterte immer wieder, wie geil ich war ins Ohr.
Kurz bevor wir ins Land der Träume hinabglitten, sagte ich:
»Danke, dass du mir den Wunsch erfüllt hast. Ich glaube, ich brauche es kein zweites Mal.«
»Nicht? Schade!«
Schade? Natürlich! Als ob Kilrian es so unbedingt vermissen würde. Der eifersüchtige Gockel.
Als ich den Brief geöffnete hatte, konnte ich es nicht glauben, was ich da las. ›Aufgrund Ihrer derzeitigen Rechtslagen können wir den von Ihnen angeforderten Kredit nicht bewilligen.‹ Unterschrieben von einem Namen, den ich nicht kannte. Herr Sommerer war wohl doch nicht das Alphatier, der die uneingeschränkte Macht über die Bewilligung der Kredite der Reichen verfügte. Ich fragte mich schon die ganze Zeit, warum es so lange dauerte, bis das der Kredit auf mein Konto war. Eigentlich, wenn etwas zu lange dauerte, dann war es meistens bewilligt. Eine Absage kam schnell, es sei denn, man bewarb sich. Da kam selten eine Absage zurück oder es kam nie eine zurück. Aber leider konnte ich einen Kredit, der über eine ¾ Million betrug, nicht mit einer Bewerbung vergleichen.
Scheiße was nun? Nun konnte ich zusperren. Ich zündete mir eine Zigarette an und blies den Rauch aus. Schaute dem grauen Dunst hinterher, bis es sich in Luft auflöste.
Mein Handy klingelte und ich sah, dass die Rezeption durchgestellt hatte. ›Was war jetzt schon wieder los?‹
»Hotel Schwanenteich Sie sprechen mit Kilrian Ford«
»Hey kleiner Bruder ... na wie geht`s dir?«
»Peter das ist ja eine Überraschung.«
Er gluckste.
»Überraschung wäre es keine, wenn du mal öfters anrufen würdest. Das letzte Mal, als du meine Nummer kanntest, war, als Papa gestorben ist.«
»Sorry ich habe viel zu tun.«
»Warum ich anrufe. Mutter hat sich bei mir erkundigt, wie es ist, ... also sie ist erbberechtigt, was das Hotel betrifft.«
Stimmt Peter hatte sein Jurastudium absolviert und ist Rechtsanwalt für irgendetwas.
»Ist mir schon klar.«
»Wahrscheinlich nicht, denn sie hat sich ein Anwalt genommen und will ihr Erbe durchbringen. Sie sagte etwas, von wegen und du stellst dich quer, halt wie immer.«
»Also sage mir jetzt nicht, dass du ihr Anwalt bist!«
»Nein! Denn ich habe selbst ein Recht auf Papas Erbe. Wie unsere Schwester und du. Hör zu, sie wird das durchbringen, und wenn du nicht nur für einen geringen Teil abgespeist werden willst, dann willige in die Erbschaft ein. In ein paar Tagen wird ein Brief vom Notar kommen.« Peter hielt kurz inne.
»Sag mal, hat das Hotel Schulden oder ist eine Hypothek drauf?«
»Warum fragst du mich das?«
»Nun, wenn es Schulden hat, dann kann es sein, dass Mutter es ablehnt. Ellen und ich es ablehnen, dann hast du die ganzen Schulden selbst am Hals, wenn du es annimmst.« ich blickte zum Brief der Kreditverwaltung, atmete kurz ein und hielt das Telefon an das andere Ohr, da ich mir wieder eine Zigarette anzündete.
»Im Moment nicht.«
»Was heißt hier ›im Moment nicht‹?«
»Ich habe einen Kreditantrag laufen, und wenn der durch ist, hat das Hotel über eine ¾ Million Schulden.«
Ich hörte einen Pfiff.
»Du meine Güte. Da sind aber die Zinsen schon mit drinnen.«
»Nein!«
»Boah! Willst du dich in den Ruin treiben. Kilrian mache den Antrag rückgängig. Der ist dein Untergang. - Sag mal für was, brauchst du so viel Geld?«
Ich musste mich sammeln. Es kam zu viel auf mich eingestürmt. Was war die beste Alternative? Auf das Hotel pochen oder erst einmal abwarten. Abwarten war nie mein Fall. Wenn ich was wollte, so hatte ich immer darum oder dafür gekämpft ohne Rücksicht auf Verluste. Aber das war einmal, nun war ich nicht mehr alleine. Was würde aus Tom werden, wenn ich mich selbst in den Ruin trieb? Würde er bei mir bleiben? Immerhin hatte ich nichts zu bieten, außer eben das Hotel. Sonst gar nichts. Okay vielleicht einige Sexpraktiken, die Tom noch nicht kannte. Ich hatte wirklich nichts, vor allem aber, was hielt Tom bei mir?
»Okay! Peter ich lege den Antrag auf Halde, bis das die Erbschaftsscheiße durch ist.«
»Das ist gut, aber wofür brauchst du so viel Geld. Willst du dir einen Luxuspool zulegen oder was?«
»Nein! Schwanenteich muss renoviert werden. Es fällt langsam aber sicher in sich zusammen.«
»Es sieht gar nicht so runtergekommen aus und vor allem ist es total in aller Munde.«
»Das weiß ich selbst, dass Schwanenteich einen Namen hat, aber ich muss es renovieren lassen. Die Elektrik ist veraltet, die Nasszellen sind undicht. Der Bach, der unter dem Hotel läuft, hat seine Spuren hinterlassen. Peter ich gebe dem Haus keine fünf Jahre mehr. Noch weniger, wenn der nächste Winter auch so hart wird, wie der den wir haben, dann ist es ganz aus.«
Was brachte es mir, zu lügen? Raus mit der Wahrheit, war das Beste, was ich machen konnte. Vielleicht hatte ich so das Glück und Mutter verweigerte die Erbschaft. Aber diese Frau war so blind, sie sah den Wald vor lauter Bäume nicht. Sie sah nur das Hotel und den Übernachtungspreis für ein Zimmer. Aber das ganze Drumherum sah sie nicht.
Noch eine Zeit lang unterhielten wir uns. Es tat gut mal mit jemand anderen zu reden als mit den Personen, die entweder meine Kunden waren oder von mir eingestellt wurden.
Peter war ungefähr zehn Jahre älter als ich. Zuerst versuchte er sich als Marketingleiter, doch er fand heraus, dass dies nichts für ihn war. Da seine Noten sehr gut waren, hatte er ein Studium zum Juristen gemacht. Na ja ich hoffte, dass es diesmal das Richtige für ihn war. Ach und zuvor war er in der Lehre vom Papa. Knapp 35 Jahre und konnte inzwischen schon drei Berufe vorweisen, im Gegensatz zu mir. Ich war zwar Gastronom, aber gelernt hatte ich es nicht. Und das andere? Auch wenn Prostitution als Beruf anerkannt wurde, so konnte man dies nicht gerade in einem Lebenslauf mit einbringen. Es sei denn, du wolltest in einem Puff arbeiten, dann waren diese Angaben doch zum Vorteil.
Manchmal wünschte ich mir, Papa wäre später krank geworden oder nie, damit ich, auch wie meine Geschwister eine Lehre bei ihm anfangen, hätte können. Aber wie es wohl so war, das Schicksal wollte mich einfach nicht glücklich sehen. Ich hatte wirklich die Scheiße gebucht. Am liebsten wäre es mir gewesen, wenn Papa gar nicht krank geworden wäre. Leider war es aber so, dass die guten Menschen wegstarben und die schlechten die Welt beherrschten.
Ich hievte mich von der Couch hoch und machte mich auf dem Weg zu Sam. Klopfte an die Tür und wie sollte es auch anders sein, stand er halb nackt mit zerzaustem Haar und seligem Gesichtsausdruck vor mir.
»Wenn du extra hochkommst, dann ist es nichts Gescheites!«, sagte er und ließ mich eintreten. Nun, immer beschwerte er sich, warum die Leute seine Gedanken lesen oder zumindest erraten konnten. Wahrscheinlich war ich selbst genauso durchsichtig.
»Sam es ist vielleicht etwas viel verlangt, aber du musst die Rechnungen von den letzten fünf Jahre neu berechnen und meinen Nebenverdienst rausnehmen.«
»WAS? Spinnst du oder was? Ey du machst mich in letzter Zeit so was von kirre, dass es schon nicht mehr schön ist. Sag mir bitte, wie das gehen soll? - Außerdem, wenn ich es auf die schnelle überschlage, dann bist du bankrott und dürftest das Hotel schon gar nicht mehr bewirtschaften können.«
Das hatte ich mir schon fast gedacht. Kurz fixierte ich etwas an der Wand, was ich nicht sah.
»Mach es einfach und es wäre schön, wenn ich die Rechnung in einer halben Stunde auf dem Tisch habe.«
»Natürlich! In einer halben Stunde ... die letzten fünf Jahre! Geht`s noch?«
Ich brauchte ihn nur anzuschauen und wusste, dass er bereits bei der Hochrechnung war. Wenn nicht sogar, schon beim zweiten Jahr.
»Sam ich weiß ganz genau, dass du fast fertig bist mit der Rechnung, dass, was lange dauert, ist, es auf das Blatt zu übertragen.«
Ich drehte mich um, winkte Mario, der in seiner Malerei vertieft war, und verließ das Zimmer.
»Ich habe zwar ein fotografisches Gedächtnis, aber es hält keine fünf Jahre an ...!«
Auch ihm winkte ich und schloss die Tür.
Tom brauchte wirklich lang, um nach Hause zu kommen. Ich fragte mich, wie es mit der neuen Firma voranging. Manchmal erzählte er mir etwas und das andere Mal war er stumm wie ein Grab. Was soll`s, auf keinen Fall wollte ich wie eine alte Ehefrau klingen, die ihrem Volltrottel von Mann, der sogenannten ›bekanntschaftlichen‹ Überstunden unter der Nase rieb.
Kurz blickte ich in den Computer und las die Hochrechnung. Wie ich es mir dachte, hätte ich, wenn ich den Job nicht hätte, das Hotel schon ziemlich am Anfang verloren. Ich selbst stellte eine Rechnung auf. Von beginn des kommenden Monats, bis es reif für die Insolvenz war. Vermied absichtlich meinen Nebenjob mit reinzurechnen und stellte alle Gehälter meiner Angestellten auf Tarif um.
Vier Monate.
Vier Monate und das Hotel würde, nur noch rote Zahlen schreiben.
Gleiche Rechnung und nahm immer einen Angestellten raus. Bei immer weniger werdenden Angestellten erhöhte sich die Laufzeit um knapp zwei Wochen. Okay, wenn Mutter das Hotel nicht gänzlich alleine Bewirtschaften und Miese schreiben wollte, müsste sie spätestens ende des Jahres zusperren.
Ich war nicht schadenfreudig, aber diese Aussicht gefiel mich dennoch.
Mein Vorhaben stand fest, allerdings hatte ich noch etwas anderes zu erledigen. Nur fragte ich mich, wie Tom reinpasste.
Das Hotel hatte ich bereits verloren, das stand fest und ich spürte, wie ich mich innerlich veränderte. Schleichend, sanft, vielleicht wie eine warme Sommerbriese mehr auch nicht und doch war es da. Der Gedanke war immer da, was würde passieren, wenn ich nicht mehr der Hotelchef war. Ich wusste es und nun war es da. Es war nur eine Frage der Zeit.
Nur mit abweichenden Änderungen. Anfänglich hatte ich gedacht, dass Sam in der Zwischenzeit, in der ich abwesend wäre, den Posten des Chefs übernehmen würde, doch leider kam die Erbschaftsfrage dazwischen, so musste ich umdenken. Folglich war es nicht Sam, sondern Mutter. Scheiße, die Frau wirtschaftet das Hotel noch tiefer wie die Hölle runter. Bei Sam hätte ich nicht so ein schlechtes Gefühl gehabt, doch nun war es ganz anders gekommen. Hotel Schwanenteich mein Zufluchtsort war nicht mehr und würde auch nie mehr sein. Denn sollte Mutter der Meinung sein, dass das Hotel kein Profit mehr abwarf, würde sie es verkaufen. Somit war alles, was ich als Leben empfand nicht mehr vorhanden.
Ohne das ich es recht mitbekommen hatte, saß ich im Auto und war auf dem Weg zu dem Haus des Mannes, der Mann, der mein Leben die entschiedenste Wende gegeben hatte. First.
Ich stieg aus, bediente die Zentralverriegelung, damit das Auto zugesperrt wurde. Ging über die Straße. Diesmal musste ich mich nicht sammeln, um auf die Klingel zu drücken, ich beugte mich runter und holte unter der Fußmatte den Schlüssel hervor. Noch immer legte er den Ersatzschlüssel unter der Matte. Warum? Darauf wusste ich keine Antwort. Aber ich fragte mich, ob seine Gorillas darüber bescheid wussten? Wirsch wischte ich den mir unbedeutenden Gedanken weg. Was hatte es mich zu interessieren, was First tat und aus welchem Grund.
Da ich ja ›der neue Boss‹ war, unterdrückte ich den ersten Impuls, wenn ich dieses Haus betrat, die Schuhe auszuziehen. Fast fünf Jahre war dieses Haus, meine persönliche Hölle gewesen. Nicht das Haus, der Keller. Mir war es nie erlaubt gewesen, mehr als das Wohnzimmer oder den Keller zu betreten. Geschweige denn den Garten. Ich wusste weder, was sich hinter der rechten Tür befand, noch was im zweiten Stock war. Doch diesmal war es mir, wie, meine Schuhe ausziehen, scheißegal. Ich steuerte sofort und ohne zu überlegen die rechte Tür an, aus der ich Stimmen hörte. Stieß sie auf und befand mich in der Küche. Sie war sehr häuslich eingerichtet. Hätte ich nie bei First gedacht. Meine Musterung wurde durch ein klirrendes Geräusch unterbrochen, und als ich meine Aufmerksamkeit zu dem Krach richtete, sah ich einige gestandene Mannskerle. Einer fing das Stottern an, was ich als Boss verstand und winkte ab. Die anderen kamen aus ihrem Glotzen nicht mehr heraus. Oh Verzeihung ›Staunen‹.
»First ist im Krankenhaus. Warum?«
»Krebs!«
»Das weiß ich bereits. Welcher Krebs und wie soll es weiter gehen. Weiß, da jemand Bescheid?«
Auch wenn ich absolut keine Ahnung hatte, so musste ich wenigstens mit Aggressivität punkten. Okay absolut keine Ahnung war etwas falsch ausgedrückt. Ich hatte, wenn es ging, immer meine Augen davor verschlossen.
Ein Typ, mit dem ich bereits das Vergnügen hatte, richtete sich auf.
»Ich weiß nicht, was Sie wissen möchten?«
Nun fing ich das Lächeln an.
»Ich glaube kaum, dass Jones Nieten eingestellt hat. Was werde ich wohl wissen wollen.«
Defensive Angriffshaltung, so hoffte ich, dass es funktionierte, ohne mich zu arg zu verraten.
Ich trat weiter in die Küche und blickte auf die Kaffeemaschine. In der Kanne war noch etwas Kaffee. Ein anderer, der mein Blick gesehen hatte, sprang auf und stürmte zur Maschine. Es hatte wohl doch funktioniert.
»Wie möchten Sie Ihr Kaffee?«
»Mit Milch und etwas Extra.«
Danach wandte ich mich wieder zu dem Mann, der mir gegenüberstand. Also den ich schon mal in mir drinnen hatte. Vor Kurzem, bevor mir First mitteilte, dass ich sein Nachfolger war und ich spezielle Neigungen haben sollte.
»Also?«
Er räusperte sich.
»Gut!«, meinte er und fing das erzählen an. Er erzählte alles, von dem Moment an, als ich First besuchen kam.
Inzwischen saß ich am Tisch und hatte mir alles erklären lassen. Der Kaffee mit dem Extra begann seine Wirkung zu entfalten, doch ich ignorierte es. Viele Sachen, die ich zu hören bekam, erschreckten mich bis auf die Knochen und viele Sachen kannte ich bereits. Der Typ hatte sich als Bob vorgestellt, doch konnte ich mir vorstellen, dass er einen anderen Namen besaß. Aber fürs Erste reichte mir Bob aus. Wenn es so weit war, würde ich ihn nach seinem echten Namen fragen.
»Okay!«, sagte ich nur und stemmte mich hoch. »bringt mich zu dem ›Fickstück‹.«
Das war nun wirklich nicht wahr, oder? War doch gerade erst ins Bett und schon klingelte das nervige Ding wieder. Klatschte auf den Wecker und drehte mich auf die andere Seite. Ich stieß gegen etwas, es war warm. Automatisch umgriff ich das warme, weiche etwas. Nun so weich war es auch wieder nicht, die Brusthärchen wuchsen bereits wieder nach. Ich glaubte, ich müsste ihn davon überzeugen, dass reine, glatte Haut einfach ästhetischer war. Aber das wäre dann nicht mehr Tom, also fuhr ich über die Stoppeln und ich sollte mich wirklich schämen, es fühlte sich besser an, als ein drei Tage Bart. Nicht nur das, die Nachttischlampe war an und ich hörte das Geraschel von Zetteln.
»Warum bist du noch wach?«
»Ich sollte eine Gegenfrage stellen. Warum bist du schon wieder wach!«
»Wecker war das, nicht ich.«
»Hmm, du solltest mal daran denken, wenn du schon eine Nacht durchzechst, dass du eventuell am nächsten Tag ausschlafen kannst. Ich will ja nicht unmenschlich sein, aber du stinkst nach Alkohol und der Pegel ist bestimmt noch nicht sehr weit gesunken. Nach einer halben Stunde.«
»Ja, ja!«
Meine Finger verselbstständigen sich. Langsam suchten sie sich den Weg zum Nippel. Umkreisten ihn, zupften daran.
»Kilrian ich muss arbeiten. Die Dokumente müssen heute fertig werden.«
»Ich mach gar nichts.«
»Nein?«
»Nein! Das sind meine Finger nicht ich.«
Wie bestätigt zupfte ich noch einmal an seinen wunderbaren Nippel und fuhr langsam mit dem Zeigefinger zum Bauchnabel runter.
»So deine Finger. Dann sag deinen Finger, die sollen die Finger von mir lassen, weil sonst meine Konzentration in den Keller absinkt.«
Was für eine fabelhafte Vorstellung. Ich blinzelte Tom an, der bereits den Zettel auf die Seite gelegt hatte.
»Im Keller ist also deine Konzentration.«
»Man Kilrian, so oft wie du kann echt keiner.«
»Ich habe Bedürfnisse.«
»Die du im Gegensatz zu normal sterbliche regelmäßig befriedigen kannst, ohne darauf zu achten, dass vielleicht etwas fertig werden muss.«
»Ach komm schon. Es ist schon so lange er. Du arbeitest ständig, bist nie da und wenn du da bist, dann bist du müde.«
»Du hörst dich an wie eine alte Ehefrau.«
»Ist doch so. Es ist schon ne Ewigkeit her, das ich dich gev...«
»Kilrian, dreh dich um und schlafe.«
»Ich will dich jetzt aber ...«
»Und jetzt aber wird geschlafen. Morgen ist auch noch ein Tag, ich laufe dir schon nicht weg.«
Das Einzige, was ich noch mitbekam, war, wie Tom über mich griff und wahrscheinlich den Wecker komplett abstellte.
Hell, zu hell! Und ein Vorschlaghammer traf mich, als ich mich aufsetzen wollte. Mein erster Blick galt den Wecker. Ach du Scheiße! Ich hatte komplett verschlafen. Na was soll`s nun war es eh zu spät. Mein Blick wanderte neben den Wecker, da stand ein Glas mit Wasser und daneben lag wohl eine schmerzlindernde Tablette. Ich musste schmunzeln. Tom dachte wirklich an alles. Ich nahm das Angebot an und verzog meinen Mund. Fahler alter Alkoholgeschmack mit Tablette, was für ein Frühstück. Halleluja mein Tag war gerettet. Ich sank zurück auf das Kissen.
Langsam stand ich auf. Wenn die Natur rief, sollte man sie nicht ignorieren, könnte unschön werden. Schwanken und ohne Synchronisation vom Gehirn zu meinen Füßen ging ich ins Bad. Bewusst vermied ich, in den Spiegel zu sehen. Das ausgekotzte Etwas würde mich eh den ganzen Tag begleiten.
Der nächste Weg war in die Küche. Tom hatte Kaffee gemacht und wohlweislich in eine Thermoskanne getan. Tom war einfach zu gut.
»Na Dornröschen endlich aufgewacht!«
»Es ist schon wieder zeit ins Bett zu gehen, wenn ich der Uhr glauben schenken darf.«
Tom trat an mich ran und küsste mir auf die Wange.
»Na was hält dich ab? Sam ist kurz entschlossen für dich eingesprungen.«
Ich nickte nur. Auf Sam konnte ich mich verlassen und doch war es unverzeihlich. Er sollte in der Uni sein und nicht im Hotel. Scheiße mein Kopf rebellierte. »Brauchst du noch irgendetwas, bevor du wieder den Schlaf des Gerechten schläfst?«
Diesmal schüttelte ich nur den Kopf. Mit der Tasse Kaffee bewaffnet schlürfte ich zurück ins Schlafzimmer. Schlafen, nur noch schlafen. Vielleicht konnte ich den schlechten Dunst, der sich um mich gelegt hatte, einfach nur wegschlafen, und wenn ich wieder erwachte, war ich 14 und lebte das sorgenfreie Leben.
Die Tasse stellte ich ab und ließ mich rücklings aufs Bett fallen. Lange dauerte es nicht und die angenehme Dunkelheit des Vergessens umhüllte mich. Irgendwann als die Natur mich wieder rief, erwachte ich.
»Gott! Ist mir schlecht.«
Fasste mir an die Stirn und betrachtete mich im Spiegel. »du siehst genauso aus, wie ich mich fühle.«
Egal wie ich versuchte mich zu erinnern, an dass Einzige, an was ich mich wirklich erinnere, war, wie ich nun endgültig die Position des Bosses angenommen hatte.
»Scheiße das durfte nicht wahr sein. Was hatte mich denn geritten ...«
»Ich dich nicht!«
Ich erschrak und drehte mich zu der neuen oder eigentlich alten oder mir sehr bekannten Stimme um.
»Tom! Erschreck bitte nie wieder, jemand, der gerade sein Katergesicht zu Gesicht bekommen hatte.«
»Das sollte doch Schock genug sein.«
»Ja eben drum. Doofmann.«
Er kam auf mich zu und umarmte mich.
»Na wie geht`s dir.«
Hauchte mir einen Kuss auf den Nacken.
»So wie ich aussehe! Weißt du, wie lange es dauert, bis ich wieder zwanzig Jahre jünger aussehe?«
»Keine halbe Stunde. -hmm oder noch weniger. Kommt drauf an, wie scharf zu noch von letzter Nacht bist.«
Och nö ... ich hatte nicht versucht Tom ... wenn ich es nicht besser wüsste, so würde ich nun sagen, dass ich glühte, wie einen 100 Watt Osram Birne. Was natürlich nicht sein konnte. Es gab nichts mehr auf der Welt, was mich in Scham versinken lassen konnte.
»Ist nicht dein ernst!«
Doch, wenn ich es dir sage. Na, was ist.«
Ich spürte, wie er sich an mir rieb. Und wenn ich es mir recht überlegte, wäre so ein verspäteter Morgen Matratzensport nicht schlecht. Der könnte eventuell mein verschlafener Geist aufwecken. Außerdem und auch wenn ich es nicht wusste, wie er es machte, schaffte Tom es immer wieder, mich auf andere Gedanken zu bringen. Weg war die letzte Nacht, weg war Bob, weg war, dass ich First Nachfolger war. Ich lebte in dem Hier und Jetzt und nicht in dem Morgen, der irgendwann kommen würde.
Seine Zunge strich über meinen Hals. Seine Finger bahnten sich ihren Weg von der Brust zum Nabel und wieder zurück. Ich wusste nicht warum, aber seine Berührungen trieben mich in den Wahnsinn. In diesem Moment war ich ihm ausgeliefert.
»So ist es gut, gib deine Kontrolle ab. Lass mich dich führen. Lass es geschehen. Ich bin egal. Heute gehört es nur dir. Dir allein. Sei mein Babe und nicht Kilrian Ford oder Zeth. Sei einfach mein Schatz, der sich verwöhnen lässt. Mach nichts denke an nichts. Nur fühlen.«
Inzwischen saß ich auf dem Klo und Tom kniete zwischen meinen Beinen. Seine Lippen stülpten sich über mich. Es kam überraschend, dass ich einen kehligen Ton von mir gab. Tom legte eine Hand auf meinen Bauch und deutete somit eine Entschuldigung an, weil er mich überrascht hatte. Wo er seine andere Hand hatte, konnte ich nicht sagen. Seine Augen hatten mich in seinen Bann gezogen. Und wenn ich meinen Blick von ihnen nahm und zum Ort des Geschehens blickte, wurde es mir ganz anders.
Viele Männer hatten meinen Schwanz im Mund gehabt, doch war es nie so erotisch, so sinnlich, so wahnsinnig erregend, ihnen dabei zuzuschauen wie bei Tom. Immer hatte ich meine Augen geschlossen gehalten, um nur fühlen zu können. Fühlen, die Reibung, das Auf und Ab des Mundes, die Zunge, wie sie sich bemühte, Reize zu vermitteln. Doch bei Tom reichte nur die kleinste Andeutung des Mundes und ich könnte auf der Stelle kommen. Es war einfach fantastisch ihn zuzuschauen. Im in die Augen zu blicken und zu erkennen, dass das nicht nur eine schnelle Nummer war, sondern Liebe. Er wollte mich lieben, mir das geben, was ich ihn gab, oder noch mehr. Für ihn war das kein Fick, es war Liebe machen. Kein Sex sondern Zuneigung. Ich war für ihn der einzige Mensch auf der ganzen Welt, dem er das gab, was er gerade mit mir machte. Mich einfach lieben, ohne etwas dafür zu wollen.
Plötzlich richtete er sich auf, leckte sich über die Lippen und setzte sich auf mich. Ergriff meinen Schwanz und drückte sich runter. Immer tiefer und immer weiter ließ er mich in sich rein und fing langsam in seiner eigenen Melodie sich zu bewegen an. Ich selbst legte meine Hände an seine Hüfte, nur um seine Wärme zu spüren. Die Kontrolle die ich sonst immer besaß war weg. Ich genoss nur noch und ließ ihn machen.
Der Urlaub mit Sascha war viel zu schnell vorbei. Verdrossen beobachtete ich ihn, wie er seine Koffer packte.
»Oh man, mir tun immer noch die ganzen Knochen weh«, Jammerlappen dachte ich. »Das waren höllische drei Tage. Warum musste ich so lange für Mario Porträt stehen? Au, au, au.«
»Ach Sascha, wenn ich es nicht besser wüste, würde ich dich bemitleiden.«
»Unverbesserlich.«
Er grinste mich mit seinen schelmig dreinblickenden Augen an. Die so viel bedeuteten wie ›komm nur heim‹.
Als er nun endlich mit dem ewigen Rumgenörgel sowie das Packen seines und den Koffern von Vivi fertig war, brachte ich die beiden zum Flughafen. Verabschiedete sie und fuhr auf direktem Weg in die neue Firma. Schon Wahnsinn, wie schnell trotz des eisigen Winters die Renovierung voranging.
Tom, der wohl nicht nur in Amerika mein ewiges Inventar war, entpuppte sich hier ebenfalls zu diesem. Egal wann ich in die Firma fuhr, er war ständig da. Er hatte so, wie es der Anschein war, alles fest im Griff. Er war eine gute Partie. Niemand anderen konnte ich mir als meinen Stellvertreter vorstellen, oder hätte demjenigen die Verantwortung dafür übertragen können.
Auf der einen Seite war ich froh, dass Sascha zurückgeflogen war, auf der anderen jedoch, wollte ich ihn in meiner Nähe wissen. Das was ich erfahren hatte, brachte mich selbst nach den Tagen immer noch in Verzweiflung. Wie sollte ich es ihm sagen. Sollte ich es ihm überhaupt sagen? Ja verdammt, er hatte ein Recht darauf, zu erfahren, wer sein leiblicher Vater war. Nur den umständen entsprechend, wusste ich einfach nicht, wie Sascha dieses Wissen aufnehmen würde.
Zerbrach ich schon fast daran. Sascha würde in ein Loch fallen und nie wieder herauskommen. Es war einfach ein Ding, das sollte überhaupt nicht existieren. Nicht vorkommen oder passieren.
War ich froh, dass Sascha meinen Zusammenbruch als Schwächeanfall angesehen hatte, so konnte ich das Wissen besser vor ihm geheim halten. Doch leider wusste ich auch, dass ich irgendwann mit der Sprache rausrücken musste.
Das Fenris Ragnarsson kein Geringerer war als Nigel Clancy. Scheiße verdammt, der Vater hatte seinen eigenen Sohn entführt und vergewaltigt. Nicht nur das, Sascha entstand aus einer Vergewaltigung. Wie würde Loren es aufnehmen, wenn sie erfährt, dass Clancy sie beide auf sein Gewissen hatte.
Gott ich liebte die beiden. Ich glaubte sogar, dass ich es gar nicht übers Herz brachte, es ihnen zu erzählen. Dieses Geheimnis würde ich mit ins Grab nehmen.
Eigentlich hatte ich noch zwei Wochen eingeplant gehabt in Deutschland zu bleiben, doch es ging alles reibungslos, dass ich mir vornahm, ende der Woche zurückzufliegen. Tom brauchte meine Hilfe nicht. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, ich stand ihm im Weg.
Es war einfach herrlich die Verantwortung abzugeben. So fuhr ich zurück ins Hotel.
Auf dem Parkplatz sah ich, wie Kilrian aus seinem Wagen stieg. Die Tür härter als angebracht zuschlug und mit einem mir viel zu ernsten Gesichtsausdruck zum wolkenbedeckten Himmel blickte. Ärger mit Tom? Huschte es mir durch den Kopf, doch Tom war gar nicht da. Nach meinem Wissen war er seit früh in der Firma und beaufsichtigte die Bauarbeiten. Dennoch sah Kilrian aus, als ob er einen kräftigen Schluck benötigte. Ich ging auf ihn zu.
Wir begrüßten uns.
»Sascha gut zum Flughafen gebracht?«
Ich nickte.
»Japp! Hast du Feierabend oder musst du noch wohin?«, fragte ich gerade aus.
»Habe Feierabend.«
»Gut dann lass uns den Abend ausklingen.«
Kilrian grinste leicht.
»Auf deine Kosten oder auf meine?«
»Hmm, auf deine. Da ist so ein Schnaps, der mich die ganze Zeit schon anlacht.«
»Na dann!«, meinte er und steuerte sogleich den Haupteingang des Hotels an.
Wie immer faszinierte mich das Ambiente. Diesen altbäuerlichen Stil. Dennoch befand ich es nicht mehr zeitgerecht. Oder vielleicht war es eben dieser Stil, der die Gäste aus der ganzen Welt anzog. Was wusste ich schon.
Ein junges Mädchen schaute auf und wollte ihre Begrüßung aufsagen, als sie Kilrian erblickte.
»Oh Chef, warten Sie bitte. Guten Abend Herr Kastner«
Kilrian blieb stehen und ich nickte dem Mädchen zu. Das Mädchen überreichte ihm einen Brief.
»Sam sagte, ich soll Ihnen den Brief geben.«
»Danke Marie.«
Kilrian war sehr höfflich und doch ziemlich bestimmend. Die Abweisung die Kilrian ihr gezeigt hatte, war für jeden Blinden sichtbar, nur wohl für die kleine Marie nicht. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich Kilrian für diese eigens für ihn wunderbare Schwärmerei beneiden. Doch kannte ich auch die andere Seite der Medaille. Frauen, die sich in ihrer Ehre gekrängt fühlten, konnten zu wirklichen Hyänen mutieren. Gruselig.
So etwas hatte absolut keinen Erfahrungswert. Musste man wirklich nicht haben.
Ich saß am Tresen und Kilrian ging hinter diesem. Sein Angestellter bediente einen anderen und nahm von mir keine Notiz. Wahrscheinlich hatte er erkannt, dass ich nicht wie als ein normaler Gast bedient wurde.
»Der Dritte da oben!«
Zeigte ich auf die Flasche. Kilrian nahm sie runter und pustete kurz.
»Du weißt schon, dass das tödlich ist.«
»Ist mir danach!«
Er nickte, beugte sich kurz nach unten und holte zwei kleine Gläser hervor. Trat hinterm Tresen hervor und setzte sich neben mich.
»Warum nicht! Here´s to you.«
Nun war ich überrascht. Eigentlich sagten die meisten cheers, doch Kilrian nahm die höflichere Variante.
»Cheers.«
Wir stießen kurz an und in einem Zug leerte er sein Glas. Also Trinkfest war er, denn der Schnaps hatte einige Umdrehungen, wenn nicht mehr. Er schenkte nach.
»Ich hasse den Winter!«, meinte Kilrian, der mit dem Rücken am Tresen gelehnt dastand und aus dem Fenster schaute. Den zweite kippte er hinunter.
»Nun der wird noch etwas anhalten.«
»Leider. Aber es währe schon schön, wenn er aufhören würde. Vielleicht endet dann die Scheiß Misere, in der ich stecke.«
Ich blickte zu ihm rüber, der sich erneut einschenkte und das Glas auch sogleich austrank.
»Ich dachte du und Tom seit ...«
»Es geht nicht um Tom! Tom ist wunderbar. Es bin ich. Ich und mein Scheiß verkacktes Leben.«
Okay ich wusste einiges über Kilrian. Oder zumindest kannte ich ihn, doch so wie er sich nun gab, war eine ganz neue Seite. Keine Arroganz. Keine Überheblichkeit, kein strahlendes Sonnenschein und immerwährendes Lächeln begleiteten seine Züge. Seine Mimik war starr. Wie eingefroren, wie nicht er selbst. Für einen kurzen Moment sah ich Zeht vor mir. Beziehungsweise den jungen Mann im Spiegel, der nach meiner Anweisung sich auszog.
Ich stand mit dem Rücken zu ihm, konnte ihn aber anhand des Spiegels beobachten. Natürlich fielen mir einige Fehlerchen auf, die er unbewusst oder provokativ bewusst tat. Doch auch wenn er wusste, dass ich ihn beobachtete huschte, eben dieser gefrorene Gesichtszug durch sein Gemüt.
Unsere Blicke trafen sich, als er fertig war und dann war nur noch Herausforderung pur an ihm zu lesen. Ich schüttelte mich, denn das lag viele Jahre zurück.
»Hör zu. Ich habe immer ein Ohr für dich, das weißt du. Immerhin bin ich der Ehemann deines besten Freundes, ihr wie Brüder seid, und auch wenn ich es nicht gerne zugebe, Kilrian Ford ich kann dich recht gut leiden.«
Nun huschte doch so etwas wie ein Lächeln über sein Gesicht.
»Da bin ich ja beruhigt und ich dachte schon, ich müsste meinen Schwager in spe immer so zuckrig ertragen. Nein Scherz beiseite. Bei dir steht es aber auch nicht gerade zum Besten. Du läufst seit Tagen rum wie Falschgeld.«
»Machen wir ein Abkommen. Du erzählst mir deinen Shit und ich erzähle dir, meinen. Immerhin ist der Abend noch jung, und wenn die Bar schließt, können wir unsere Unterhaltung auch auf dem Zimmer oder in deiner Wohnung ausdehnen.«
»UHHH was für ein Angebot.«
Da ich wusste, wie Kilrian es meinte, fuhr ich meinen kurzen Schockzustand zurück. Er würde mich nie wieder an sich heranlassen geschweige denn er würde mich anfassen. Dafür liebte er Sascha viel zu arg, um es darauf ankommen zu lassen. Und was mich betraf, war das ein Absolutes NO GO. Seit ich Sascha hatte, waren andere Männer einfach nicht mehr attraktiv genug. Sascha gab mir alles, was ich brauchte, was ich wollte.
»Paul noch eine Flasche von dem!«, sagte Kilrian zum Barkeeper und hielt die Flasche hoch. Er nickte nur und reichte das Gewünschte.
Kilrian wandte sich zum Gehen. Ich lief ihm nach und erkannte alsbald, dass er seine Wohnung ansteuerte. Würde ich wohl auch machen, denn hier in einem Hotel in einem Hotelzimmer aufzuwachen oder erwischt zu werden, mit einem Leidensgenossen, war nun ja nicht gerade vom Vorteil, wenn man bedachte, dass mein Ex-Sektretär nun Vizechef alias Tom, ein Freund der Familie sowohl nun ja, ja man konnte, schon sagen, Lebensgefährten von meinem ehemaligen Callboy und Schwiegerbruder (Schwager) in spee war, einfach und ohne anzuklopfen den Raum betrat.
Kilrian holte aus seiner Küche zwei ehemalige Senfgläser, die er Postwenden zu Cognacgläser umfunktionierte. Er schüttete das edle Gebräu einfach in diese schambesetzten Gläser. Hilfe was ging mit ihm ab?
»Ficken bis zum Umfallen, was?«, okay nun wurde es gefährlich und vor allem pervers. Vor mir stand definitiv nicht mehr der adrette Kilrian Ford, sondern Zeth oder wer auch immer.
»Was?«
»Ach nichts!«
Er schüttelte mit dem Kopf. »Nichts von Bedeutung.«
Kilrian verfiel ins Schweigen. Kippte sich ein Schnaps nach den anderen rein und als die Flasche leer war, machte er die andere auf. Da ich neugierig auf seine, ich sage mal, nicht kommerzielle Art geworden bin. Ließ ich ihn in ruhe und genoss meinen Drink, den ich vorführweise mit Orangensaft oder Cola trank.
Und doch seine verbale Aussprache ließ zu wünschen übrig, genau wie sein ganzes Gehabe. Ich wartete ab, bis er von alleine zu reden anfing.
»Heute war ich beim Notar ...!«
Er prostete mir mit dem Glas zu. »Und alles, was mir bleibt, ist ein Drittel von der Hälfte. 33,333 % noch mehr dreier hintendran, von der Hälfte, was das Hotel im jetzigen Zustand wert ist.«
ER blickte sich um und holte mit den Armen aus.
»Das was du hier siehst. Vielleicht noch ein bisschen mehr. Sonst nichts. Mutter und meine Geschwister haben alle das Erbe angenommen. Ich hätte gedacht, dass Peter und Ellen eventuell darauf verzichten würden. Na was soll`s. Hoch lebe das Ficken.«
»Kannst du nicht weiter als Manager funktionieren. Ich mein, wenn deine Mutter ...«
»Meine Mutter ...«
Das war verächtlich.
»Meine Mutter ist ein Blutekel. Lieber gehe ich wieder auf den Strich, bevor ich meine Mutter als ›meine‹ Chefin anerkenne. Da sind mir ungewaschene Schwänze und Ärsche lieber als diese Frau. Diese verfuckte Schlampe. Die blöde Kuh weiß es, wie mein Herz an dem Hotel hängt. Wie viel Kraft, Zeit, Engagement und Leidenschaft ich reingesteckt habe. Wie ich es von der drohenden Insolvenz rausgeholt habe und jetzt denkt sie, sie denkt einfach, sie kann sich in gemachte Tücher setzen und den Herrgott ihre verlogenen Kitzler lecken lassen. - Nicht nur das! Vor ein paar Wochen erfahre ich dass First ... der, dieser Typ mich als seinen Nachfolger ... für seine miesen Geschäfte ...«
Kilrian redete, sich in fahrt und ich ließ ihn. Nur hatte ich ein kleines anderes Problem. Wer in Gottes Namen war First. Doch ich müsste lügen, wenn ich den Namen nicht schon einmal gehört hatte.
»Wer ist First?«
»Jason Selter mein ehemaliger Zuhälter.« kam es aus Kilrian wie aus der Kannnonenkugel geschossen. Ich war mir nicht einmal sicher, ob er überhaupt gewillt war, mir den echten Namen eines seiner Kunden oder in diesem Fall seines ehemaligen Zuhälter zu sagen. Doch in mir zog sich was zusammen. In Bruchteil von nur einer halben Sekunde, wenn nicht sogar weniger wurde es mir kotzübel. Schwindlig und ich wurde wütend.
»Jason Selter. Doch nicht etwas der Jason Selter.«
Kilrian blickte mich fragend an. Seine Augen wurden schlagartig normal, nichts deutete mehr darauf hin, dass er etwas zu tief ins Glas geschaut hatte.
»Was meinst du? Sag mir bloß nicht, dass du mit dem Arschloch Geschäfte machst.«
Leicht abwesend schüttelte ich mit dem Kopf.
»Nein das nicht. Toms Dad heißt Jason Selter. So stand es im Lebenslauf. Aber sicher bin ich mir nicht, nein doch ...«
Ich hielt inne, als ich den Ausdruck in Kilrians Augen sah. Pures Entsetzen, Verachtung ... nein, es war die Steigerung dessen, was ich nie in meinem Leben jemals spüren geschweige denn erfahren wollte.
Auf einmal wurde es mir bewusst, diesen Tag hätte ich niemals erleben sollen.
»Nun ist es so weit.« Kam Kilrian ins Wohnzimmer und setzte sich neben mich. Stellte seine Tasse mir irgendeinem heißen Getränk auf den Tisch. Auf den ersten Blick sah es wie Tee aus und roch auch so.
»Was ist so weit?«
»Der Notarbesuch. Ist Morgen.« Ja nun wo er es sagt, erinnerte ich mich auch wieder.
»Wird schon schief gehen!«
Der nächste Tag kam. Ich blickte auf die Seite und sah, dass Kilrian bereits aufgestanden war. Schon komisch, den Wecker hatte ich nicht gehört. Aber dafür Tausende Anrufe von Kyel und genauso viele von Aiden. Okay wohl doch nicht so viele. Und schon ging das Handy los, kaum das ich es angeschaltet hatte. Doch es war niemand von den beiden, es war der Bauleiter von der Firma, der eine sinnlose Frage hatte.
Keine fünf Minuten wach und schon mitten in der Arbeit. Bewusst vermied ich, bei Kyel oder Aiden anzurufen. Das schafften die auch ohne mich. Was für ein Gedanke. Außerdem war ich nicht mehr Kyels Laufhündchen, diesen Namen hatte sich Aiden verdient. Sein Schwager in Spee.
Also langsam war es schon Zeit, das Sarah und Aiden die Hochzeitsglocken bimmeln, ließen. Und auch wäre es schön, wenn ich Loren und Lenard wieder sah. Auf die, die ich verzichten konnten, waren Maik und Raoul, die beiden waren eindeutig, die wandelte Weltkatastrophe, der kommende Weltkrieg, die Atombombe wenn nicht sogar die Alieninvasion. Je weiter man von den beiden weg war, umso besser war es für die Umstehenden. Okay, auch wenn Maik wie Sascha eine nicht gerade Bilderbuchvergangenheit aufweisen konnte, so war er eifersüchtig auf jeden und alles, der auch nur den Versuch startete, Raoul die Hand zu geben.
Ich fuhr zur neuen Firma und sogleich kam auch der Bauleiter auf mich zu.
»Herr Selter, ...«
Wir kamen ins Gespräch und ich wurde wieder aufs Neue überrascht. Die Renovierung konnte nicht wie geplant Mitte des Jahres fertig werden, sie war, bereits Anfang März fertig. Das waren noch ungefähr sechs Wochen. Juhu! Und ... mir fehlten immer noch Angestellten. Was für eine Aussicht. Nach dem Gespräch in der Firma steuerte ich die Zeitung an. Ich hatte mir sagen lassen, dass die Tageszeitung recht gut in der Region ankam und die Inserate nicht sehr teuer waren. Nun gut dann hieß es, für die nächsten Wochen Bewerbungen durchgehen. Wie ich das liebte.
Gesagt, getan. Nun stand nichts mehr an und ich war auf den Weg nach Hause. Noch immer selbst nach den Wochen erfreute ich mich immer wieder, wenn meine Gedanken zu nach Hause gingen. Doch, als ich im Auto saß, klingelte mein Handy.
»Dad?«
Shit was wollte der denn? Ich nahm ab.
»Was willst du? Du hältst dich überhaupt nicht an den Deal.«
»Tomi.«
Er klang schwach und da fiel es mir ein. Stimmt ja, er hatte Krebs und er kam extra nach Deutschland, um sich behandeln zu lassen. Okay ich wollte nun auch wieder nicht so sein.
»Was ist, sag mir, was du willst?«
»Ich möchte dich sehen. Kannst du vorbei kommen?«
»Vater ich stecke mitten in der Arbeit. Ich weiß nicht ob ich es diese Woche schaffe noch vorbei zu kommen.«
»Wenigsten höre ich da etwas willen raus.«
»Was?«
»Du hast nicht sofort mit Nein geantwortet. Das ist schon mal was.«
»Vielleicht weil ich kein Unmensch bin, so wie du und ich mir selbst bei Menschen denen kein Mitleid zusteht, Gedanken mache.«
»Das ist mir klar. Du gehst nach Mama.«
»Lass Mom aus dem Spiel.«
»Ja du hast recht. Hör zu, ich möchte mit dir über dein Erbe reden.«
»WAS? Denkst du das du abkratzt. Nachdem du so viele Anschläge überstanden hast? Mach den Witz bei jemand anderen aber nicht bei mir. Außerdem habe ich gesagt, dass ich von dir nichts will. Nicht einmal irgendein Erbe, denn das, was du vererben willst, werde ich nie annehmen. Dein Geschäft kannst du selbst behalten.«
»Es geht nicht um das Geschäft. Es geht um dein Erbe von Mutter.«
Nun wurde ich hellhörig.
»Mom hat mir ein Erbe hinterlassen?«
»Ja, aber du warst damals noch zu klein und ich habe es für dich verwaltet. Eigentlich solltest du es bekommen, wenn du 21 bist, doch du hast nie zugehört. Na ja und ...«
»Um welches Erbe geht es. Mom hatte nicht viel.«
»Das Ferienhaus!«
»Das kannst du selbst behalten. Ich will dieses Haus nicht.«
»Tom, aber du warst gerne ...«
»Das war, bevor ich wusste, was für ein Mensch du bist. In dem Haus ist nichts, was mich daran erinnert, es zu halten. Also war es dann? Das kannst du auch ohne mich regeln.«
»Es gibt noch was. Eigentlich das wichtigste«
Das durfte nicht wahr sein.
»Und was? Vater ich muss weiter machen.«
»Mom hat eine Organisation ins Leben gerufen. Hilfe für Krebskranke.«
Nun war ich geschockt. Sprachlos und eigentlich steckte mir in der Kehle das Lachen fest.
»Darf ich lachen? Es ist jetzt nicht dein ernst, dass du ›Hilfe für Krebskranke‹ in der ganzen Zeit, seit Moms tot unterstützt hast.«
»Doch.«
»Du bist so ein Heuchler. Moms Gedenken, so in den Schmutz zu ziehen.«
»Jetzt mach mal langsam halblang. Ich war deiner Mutters Ehemann und auch ich weiß es, wie es ist zu lieben und einen Menschen zu verlieren.«
»Gott! Komm mir nicht so. Ich komme, aber das ist dann absolut das letzte Mal, dass ich dich sehe. Du hast den Deal nicht eingehalten, also sehe ich es nicht ein, noch einen einzigen Geburtstag mit dir zu feiern und meine ganze Familie wegen dir zu belügen. Du mittelständiger Kneipenbesitzer, was du eigentlich sein solltest.«
»Tom ...!«
Ich legte auf. Bis zu der Klinik, in der mein Vater lag, hatte ich eine Fahrt von über drei Stunden vor mir. Noch dazu, durch diese Wetterverhältnisse brauchte ich bestimmt noch eine Stunde länger.
Also Augen zu und durch, damit ich dieser unwirklicher Besuch hinter mich brachte. Vor allem war es wirklich zeit, dass Vater aufhörte mir hinterher zu telefonieren oder seine Schergen zu mir zu schicken. In letzter Zeit liefen sie mir viel zu oft übern Weg.
An der Anmeldung fragte ich nach Vaters Zimmer. Die Frau war sehr freundlich und gab sie mir und sogleich eine Wegbeschreibung mit dazu. Entweder bekam ich langsam Paranoia oder ich sah in jedem Gang, an jeder Ecke einen von Vaters Männern. Nun die Klinik war ja auch nicht so unbekannt. Viele Prominente wurden hier behandelt und die Sicherheit der Menschen gehörte dazu.
Ich klopfte an und wartete nicht auf ein ›Herein‹. Betrat das Zimmer, was wohl eher an einer VIP-Suit erinnerte als an ein Krankenzimmer.
Vater saß an dem Tisch und genoss wohl gerade sein Abendessen. Trat näher zu ihm und er blickte hoch. Schock. Das erste Mal in meinem Leben sah ich ihn als einen kranken alten Mann vor mir. Der hatte wohl wirklich schon mit sich selbst abgeschlossen.
»Tom!« so etwas wie ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Innerlich musste ich mich schütteln. Und sollte verdammt in der Hölle schmoren, wenn ich so etwas wie Mitleid oder liebe für diesen Mann verspürte. Sofort rief ich mir viele Erinnerung ins Gedächtnis. Es funktionierte. Meine Emotionen wurden runtergefahren und ich trat ihm endgültig gegenüber.
»Tom, schön das du es unterbringen konntest. Ich freue mich wirklich dich zu sehen.« ich winkte ab und setzte mich ihm gegenüber.betrachtete den alten schwächlichen Mann und musste wohl mit dem Kopf schütteln. Ich konnte es nicht fassen, wie schnell sich ein Mensch äußerlich verändern konnte, wenn er krank war. So wie er äußerlich aussah, so musste sein Herz, sein ganzes Leben lang ausgesehen haben. Mein Vater musste wohl meinen Blick missverstanden haben. »Oh! Ich habe die erste Instanz der Chemo hinter mir. Na ja. Ich habe schon eine Perücke bestellt.«
»Okay Dad. Bringen wir es hinter uns ...«
»Warum so eilig mein Sohn. In den letzten zehn Jahren habe ich dich nicht oft zu Gesicht bekommen.«
»Ist das denn ein Wunder! Du hast von einer Sekunde auf die nächste, mein Bild von dir zerstört. Nicht nur das, du wolltest mich mit aller Gewalt in deine Geschäfte ziehen. Verdammt noch mal, was willst du von mir?«
»Meine letzten Tage mit dir verbringen.«
»Ach ja und das soll ich dir glauben? Du schleichst eh nur um mich herum, weil du unbedingt dein Geschäft im sicheren Hafen wissen möchtest, aber das kannst du vergessen.«
»Das Geschäft ist bereits in guten Händen, und wenn du nicht aufpasst, wird es dich, ohne dass du es mitbekommst, reinziehen.«
»Was meinst du jetzt schon wieder. Und überhaupt bin ich nur gekommen, um über Mamas Erbe zu sprechen. Dein Geschäft interessiert mich nicht.«
»Das sollte dich aber, es sei denn, ...«
Er hielt inne und atmete tief ein. Auch wenn ich so etwas wie Hass für meinen Vater empfand, sah ich das ihm die Unterhaltung anstrengte.
»Es sei was?«
»Ach nichts.« Er blickte mich an. »Es sei denn, du hast meine Warnung beherzigt, was du natürlich nicht getan hast.«
War ja wieder einmal typisch für ihn. Da lockte er mich mit irgendeinem Hinweis von Mutter zu sich und am Ende lief alles wieder über das Geschäft.
»Vater ich gehe und rufe mich nie wieder an.«
Ich war gerade dabei aufzustehen, als er mir eine Akte zuschob.
»Hier das ist von deiner Mutter.«
Ich nahm die Akte an und stand endgültig auf.
»Tom halte dich von Kilrian Ford fern.«
Ich schnaubte ein und blickte ihm in die Augen. Sicherlich hatte er das schon einmal zu mir gesagt, mit den Worten ›er ist nicht das, was er vorgibt zu sein.‹
»Ich meine es nur gut.«
»Mit wem ich mich einlasse oder nicht, hast du nicht zu entscheiden.«
»Ja und das habe ich auch nicht vor. Wie gesagt ich meine es nur gut, wenn du dein ruhiges Leben weiterführen willst, musst du dich von ihm in Zukunft fernhalten.«
Langsam wurde es mir wirklich zu bunt. Vor allem hatte mein Vater Angst, dass ich, wie Kilrian auch anfange Kunden zu bedienen. Das wäre lachhaft. War einfach nicht vorstellbar.
»Tom setz dich bitte wieder. Bitte.«
Etwas in seinen Augen war anders. Was ich schon lange nicht mehr in seinen Augen lesen konnte. Obwohl so oft hatten wir uns eh nicht gesehen, um aus ihnen überhaupt was lesen zu können. Und intensiv mit seiner Gefühlswelt hatte ich mich auch nicht beschäftigt.
»Also, was soll mit Kilrian sein? Ist er dir zu sanft? Zu normal? Oder warum soll ich mich von ihm fernhalten.«
ER schüttelte mit dem Kopf und er blickte kurzzeitig aus dem Fenster. Viel konnte er nicht sehen, da es draußen dunkel war.
»Kilrian Ford ist ein Callboy mit dem Namen Zeth.«
»Da sagst du mir nichts Neues!«
»War mir irgendwie klar. -Weißt du, wie er zu dem Pseudonym gekommen ist?« Ich schüttelte den Kopf und er lächelte leicht.
»Auch das war mir klar. Auf irgendeiner Weise habe ich ihm den Namen gegeben ... Nun. An dem Tag, an dem ich Kilrian kennengelernt habe, hatte es geregnet. Ich hatte einen sehr großen Deal ans Land gezogen und das wollte ich natürlich gebührend feiern. Also ließ ich Michael, zu der besagten Straße fahren und da stand er. Der Junge hatte mich sofort angesprochen, also ich mein, er hat sich mir nicht angeboten, es war seine Haltung, die mich ansprach. Ich ließ bei ihm anhalten und er stieg zu mir ins Auto. Am Anfang war er noch schüchtern, doch es dauerte nicht sehr lange und er kam aus sich heraus. Kilrian wusste, was er tat. Die kleine Hure wusste es und es gefiel mir. Ab dem Zeitpunkt habe ich mich ihm angenommen ...«
Was hatte er gesagt? Er ... ich mein ... er ... nein ...
»Du hast ... ihn erzogen?« er nickte. Wobei erziehen bei Vater soviel bedeutet ›ein Fickstück gefügig machen‹, mit allem Drum und Dran. Vergewaltigen, Drogen abhängig machen und vor allem verprügeln, bis dass das Mädchen oder der Junge nicht mehr laufen konnte. »Scheiße!«
Den Anfang konnte ich noch gut mitverfolgen, als Vater anfing über Kilrian zureden. Ich konnte es nicht glauben, was ich da hörte. Je mehr ich erfuhr, umso tiefer versank ich im Nebel. Vor allem blieb mir ein Satz im Gehirn hängen. Diesen Satz wiederholte Vater ständig und sackte selber in seinen Erinnerungen ab, »Kilrian ist mein Baby.«
Nicht einmal die Heimfahrt bekam ich so recht mit.
Es war mitten in der Nacht, als ich den Schlüssen, den ich von Kilrian bekommen hatte in das Schloss steckte und aufsperrte. Ich trat in die Wohnung und sofort schlug mir der unverkennbare Geruch von ihm in die Nase und noch etwas schweres viel zu intensives dazu. Kurz schüttelte ich mich.
Es war seine Wohnung und seit fast zwei Monaten lebte ich mit ihm zusammen. Eigentlich erfreute ich mich immer wieder daran, doch nun konnte ich es nicht. Das Wissen, das Kilrian und mein Vater auf irgendeiner weise zusammengehörten, brachte mich schier um den Verstand. Es war zum Verzweifeln.
Aus dem Wohnzimmer drang gedämpftes Licht und auch hörte ich Musik. Kilrians Lieblingslied wurde abgespielt. Rauchschwaden sah ich durch das Licht schweben, was nicht gerade nach normalen Zigarettenrauch roch. Je näher ich der Tür kam, so kam ich mir vor wie auf einen orientalischen Basar. Marihuana. Ich betrat das Zimmer und Kilrian saß mit geschlossenen Augen da. Den Joint zwischen den Lippen zog er daran und blies den rauch aus. Er schien mich gehört zu haben, denn er blickte auf. Verdammt waren seine Augen schwarz und ich stand wie angewurzelt da. Kein sanftes Lächeln, keine Begrüßung nichts. Wieder zog er an dem Joint und wandte sein Blick von mir.
»Kilrian ist mit dir alles in Ordnung?«
»Warum sollte es nicht sein?«
Scheiße seine Stimme, war kalt. Nichts deutete darauf hin, dass Kilrian geschweige denn Zeth mit mir sprach.
»Warum nimmst du Drogen.«
Als ob es überraschend war, hielt er sich den Joint vor die Augen. Dansch zuckte er mit der Schulter.
»Tja warum wohl. Weil das Leben eine totale Scheiße ist. Ach Tom, da dachte ich, ich habe etwas Glück und was passiert. Ich bekomme einen Arschtritt. Nein es waren heute sogar zwei. Bin begeistert. Zwei Arschtritte, wobei der Erste nicht einmal so fest war, aber der Zweite, der steckt mir immer noch im Arsch.«
Er schaute mir sehr tief in die Augen. »Und ich habe es nicht bemerkt. Nichts umrissen, obwohl du ständig bei mir warst. Deine Augen, dein lächeln, sogar dein Name alles an dir ... ist wie ... und doch war ich blind.«
»Kannst du mir sagen, was los ist?«
Er machte den letzten Zug und drückte den Joint im Aschenbecher aus. Danach schwang er sich von der Couch.
»Japp kann ich. Nur wo fange ich an? Hmmm, ich bin kein Hotelbesiezter mehr, das Hotel hat meine Mutter geerbt. Ich werde wohl demnächst in irgendeine Großstadt ziehen und mein Job als Callboy vertiefen. Ich muss ja schauen, wo ich bleibe. Noch dazu werde ich junge, unschuldige, hübsche Jungs und Mädchen auf den Strich schicken. Im Menschen und Drogenhandel tätig sein. Und irgendwann werde ich von der Polizei gesucht werden. Vielleicht schaffe ich es ja auch, wie mein Herr und Gebieter sämtlichen Anschlägen zu entkommen, dass ich meinem Nachfolger die Hölle auf Erden schenken kann. Der ein Sohn hat der sich rein zufällig in den besagten Nachfolger verliebt und auf unschuldig macht. Fuck! Tom. Und wie soll es nun weiter gehen? Ich habe hier nichts mehr und genau das ist es doch, was ihr wolltet. Du hast gewusst, dass ich einen Kredit beantragt habe, und das mit der Erbschaft und dann hast du alles deinem Vater gesteckt. Das war ein abgekartetes Spiel von euch. Schon komisch, dass Mutter so plötzlich Interesse an dem Hotel hat. Echt komisch das der Kredit nicht bewilligt wurde, obwohl Alvin eigentlich der ist, der es genehmigt und natürlich ein Kunde von mir ist. Gott Tom wie konntest du mir das antun? Warum? Warum?« er wurde immer lauter und seine Augen spien den Hass nur so raus.
»Kilrian ist mein Baby.« kam mir der Satz hoch. Was für Vater so viel bedeutete wie, ›er gehört mir‹.
Doch ich wäre nicht meines Vaters Sohn, wenn ich dem klein beigab. Schon lange hörte ich nicht mehr auf den Mann und das sollte in Zukunft sich auch nicht ändern. So hoffte ich, das Kilrian es auch verstand. Langsam trat ich auf ihn zu. Je näher ich kam, umso weiter ging er von mir weg. Doch er war zugedröhnt und so stolperte er über seine Couch. Ich bekam ihn zu fassen und zog ihn in meine Arme.
»Nein Kil es war gar nichts geplant.«
Ein plötzlicher Schmerz durchzog mein Unterleib, dass ich mich krümmen musste und auf die Knie sank.
»Verschwinde von hier oder ich zeige dir, was ich alles von deinem Vater gelernt habe. Was nicht nur mit, Beine breitmachen, zu tun hat.«
Ende?
Texte: C.Gr & Adam Kay (c) 2014
Bildmaterialien: (c) Adam Kay bearbeitet durch Anna Lena
Lektorat: Lieben Dank an den guten Adam Kay
Tag der Veröffentlichung: 30.01.2014
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