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Prolog

Feuer überall Feuer. Nichts, rein gar nichts wurde von dem Feuer verschont. Menschen, die in Flammen aufgingen, schrien ihre Pein aus Leibeskräften heraus. Mich interessierte es nicht. Ich schoss weiter meine Flammen aus meinem Maul und versenkte die Umgebung in Flammen.
Diese Nacht wurde zu Tag. Alles war hell und wunderschön anzusehen. Ich labte mich an dem Anblick und spürte innerliche Ruhe. Befriedigung, es zu betrachten, wie die Menschen um ihr erbärmliches Leben rannten. Ihre Angst in ihren Augen, wie ich über sie hinwegflog und meinen Zorn, anhand der Flamme über sie brachte.
Zorn, Wut, jahrelange Pein brachte ich über die Maden, die uns verurteilten, ohne etwas über uns zu wissen. Mörder, Monster, Kreaturen der Hölle und wie sie uns nannten.

Die Vorherrschaft, hier auf der Erde zu leben, hatten immer noch wir. Wir, die Könige des Himmels und der Erde. Es war unser Reich. Unsere Heimat, die die Menschen anpflanzten und ihr Viehzeug darauf grasen ließen. Die Menschen, die ihre Hütten und Burgen darauf bauten und es ohne Groll, es, als ihr Eigentum nannte.
Unser Reich, mein Reich und diese Menschen nahmen sich die Frechheit raus, es einfach an sich zu reißen. Wie alles auf der Erde.
Wir, die Drachen und all die anderen Wesen, die im Einklang mit der Erde lebten, wurden bis ans Ende der Welt vertrieben. Bis wir keinen Platz mehr für uns hatten. Selbst dann wurden wir gejagt und unsere Hörner und Krallen als Trophäen gehalten.
Die Menschen brüsteten sich als Drachenjäger, als Helden. Doch waren sie nichts. Sie waren die Mörder, die unsere Familien vernichteten und uns jagten, bis wir vor Erschöpfung oder vergiftet zusammenbrachen und miterleben mussten, wie sie bei vollem Bewusstsein unsere Hörner aus unseren Leibern schnitten. Die Augen und die Klauen rausrissen. Mit einer Axt unsere Schuppen zerbarsten, nur, um an unser Herz zu gelangen. Das alles nur, weil wir uns zur Wehr gesetzt hatten. Weil wir anfingen, uns nicht mehr vertreiben zu lassen. Doch damit war Schluss. Das Leid meines Volkes hatte mich erweckt und ich würde alle Menschen vernichten. Unseren Platz zum Leben zurückholen, um unsere Nachkommen großzuziehen. Dies war meine Aufgabe. Ich ›bin‹ der König.

Kapitel 1

Ich schreckte hoch und fasste mir an den Kopf. Schon wieder dieser Traum und ich stand auf. Mit meiner Hand fuhr ich mir durch die Haare und schlenderte zum Spiegel. Ich blickte rein und erkannte, dass sich nichts verändert hatte. Meine Haare waren immer noch kohlrabenschwarz, mein Gesicht wies keine Falten oder Schuppen auf. Wie sollte es auch. Ich schaute noch immer aus, wie 20, obwohl ich schon einige Jahrhunderte älter war. Meine Augen hatten immer noch den gleichen, matten und silbrigen Glanz, wie eh und je.
Tief schnaufte ich ein und wandte meinen Blick von meinem Ebenbild. Wie lange würde mich der Traum noch verfolgen? Es gab Zeiten, von dem ich davor verschont war, aber in letzter Zeit überkam mich fast jede immer derselbe Traum, von dessen Ende ich gut Bescheid wusste. Ich wandte meine gesamte Macht an und vernichtetet im Umkreis von mehreren 100 km alles, was dort lebte. Alles. Nichts, keine Menschen, keine Tiere und keine Insekten konnte auf meine Gnade hoffen. Ich verbrannte alles, bis die Macht mich verschlang und ich von der Oberfläche verschwand.

Ich ging in die Küche und setzte mir Kaffee auf. Ein kurzer Blick auf die Uhr sagte mir, dass ich noch Zeit zum Duschen hatte.
Ohne noch einmal zurück ins Schlafzimmer zu gehen, um mir frische Klamotten zu holen, ging ich direkt ins Bad. Ich wollte alles, aber ihn wecken, dies wollte ich nun wirklich nicht. Er würde es wieder falsch auffassen, besonders, wenn er noch im Halbschlaf war und am Ende würde ich noch zu spät zur Arbeit kommen. Auf diese Ausschweifung mit meinem Freund musste ich nun verzichten, denn ein drittes Mal im Monat zu spät zu erscheinen, wäre wohl dann doch etwas zu viel für meinen Chef.
Das natürlich meinem Freund egal war, denn er verdiente in einer Woche so viel, wie ich in fünf Jahren nie verdienen würde.
Ich stieg unter die Dusche und spürte, wie der Drang, doch zu ihm zu gehen immer stärker in mir pulsierte.
Verräter dachte ich und verkniff mir, an mir selbst Hand anzulegen. Doch mein bestes Stück ließ sich nicht ermahnen. Immer stärker pulsierte es in meiner Lendengegend und die Spitze sagte nun auch noch ›Hallo – ich warte‹ zu mir. Oh man, das musste ja wohl sein? Hattest du letzte Nacht nicht genug Aufmerksamkeit gehabt? Murmelte ich meinem besten Stück zu, aber er ließ sich dennoch nicht erweichen und forderte sein Tribut. Um ehrlich zu sein, konnte ich den Druck auch nicht mehr länger standhalten und so umschloss ich ihn mit meiner Hand. Mit der anderen stützte ich mich an den Fliesen ab und fing an mich zu reiben. Zwischendurch massierte ich mir meine inzwischen schon erhitzten Eier und brachte dann meinen Schwanz wieder die Aufmerksamkeit entgegen, die er verlangte. Ich biss mir auf die Lippen um nicht zu stöhnen, denn ich spürte allmählich, das Verlangen meines Anus. Es kitzelte im Innern und ich wünschte mir wirklich, Lars wäre bei mir. Er brauchte mir nur in die Augen zu schauen und wusste sofort, was ich benötige. Ich flüsterte seine Namen, um mir wenigstens in meiner Fantasie die Befriedigung meines Hintern zu geben.
»Du hast mich gerufen?«, hörte ich seine Stimme und erschrak, dass ich beinahe ausgerutscht wäre. Doch Lars hielt mich noch im letzten Moment fest und stieg mit in die Dusche. Eindringlich und für mich viel zu lange musterte er mich.
»Das hat man gerne. Mich einfach so zu hintergehen!«, flüsterte er mit einem schrecklichen, hämischen Grinsen und drückte mich an die Wand. Ich spürte seine Lippen, die fordernd meine öffnete und ich erleichterte seiner Zunge das Eindringen in meinem Mund. Irgendwann, mir schien es viel zu kurz, ließ er von mir ab und grinste wieder. »Warum bist du nicht zu mir gekommen? Jetzt habe ich leider nur noch halb so viel Spaß, weil du schon kurz vorm Orgasmus bist. Du quälst mich, schon wieder, du Sadist.«
Wieder spürte ich seine Zunge in meinem Mund. Seine Hände spreizten meine Pobacken und schob einen Finger in mein Hintern. Da ich schon ziemlich gewillt war, hob er mich hoch und drang mit einem kräftigen Stoß in mich ein. Zischend stöhnte ich auf, griff um seinen Hals und meine Beine schlang ich um seine Hüfte. So hatte er es leichter und ich konnte ihn sehr gut in mir spüren. Es brauchte nur drei Stöße und ich ergoss mich halb schreiend.
»Sadist«, hauchte er an meinem Hals und biss auf die Stelle, an der ich seinen warmen Atem gespürt hatte. Wieder stöhnte ich auf. Seine Bewegung in mir wurden heftiger und immer wieder traf er meinen Punkt. Ich spürte, dass mein bestes Stück nicht genug bekam, und richtete sich wieder auf.
»Wer ist hier der Sadist?«, stöhnte ich und vernahm ein zufriedenes Glucksen.
»Ich nicht.«
Im gleichen Moment zitterte sein Körper, während seines Orgasmus auf. Er biss mir wieder in den Hals, dass ich den Schmerz nicht unterdrücken konnte. Ich schrie und damit nicht genug. Lars ließ von mir ab. Küsste die Bisswunde und seine Lippen glitten immer weiter nach unten. Erst umspielte er meine Nippel und biss sanft rein. Dann wanderte seine Zunge weiter nach unten und ließ keine freie Stelle meines Oberkörpers aus bis er an meinem Nabel angelangt war. Ewig lange umkreiste er diese Stelle, weil er genau wusste, dass es eine von meine empfindlichsten war.
Mein Schwanz reagierte darauf und spannte in meinem Unterleib. Das Kribbeln war langsam unerträglich und ich drückte ihn mit meinen Händen weiter nach unten.
»Lars bitte, ich kann langsam nicht mehr!«, stöhnte ich. »Bitte besorge es mir endlich.«
»Noch nicht, du hast mich auch leiden lassen.«
Kräftig stieß er seine Finger in meinem Anus. Ich hatte alle Hände damit zu tun, um nicht einzuknicken. Egal, wie er mich immer bearbeitete. Es war jedes Mal ein Höhepunkt der Gefühle. Mal sanft, mal brutal. Mal fesselte er mich, mal verwöhnte er mich mit einer Feder. Laut stöhnte ich im Rhythmus seiner Finger, bis ich endlich die Wärme seines Mundes um meinen Schwanz spürte. Mir war es gleich, was er mit mir machte. In diesem Moment übernahm ich die Initiative und stieß in seinen Mund. Ich wusste, dass ich ihn zum Würgen brachte, weil ich zu weit eindrang, aber ich wusste auch, dass es ihm gefiel. Deswegen fixierte ich meine Hände an seinem Hinterkopf und rammte ihm meinen Schwanz rein. Heftig und Laut kam ich und ergoss mich in ihm. Ich wollte ihn aus seinem Mund rausziehen, aber Lars hielt mich fest und leckte mich sauber. Nichts verschwendete er, dann grinste er mich an und wir beide lachten los.

 

Kapitel 2

Nachdem ich angezogen war und meinen Kaffee getrunken habe, ging ich zurück ins Schlafzimmer, wo Lars auf dem Bett lag mit dem Laptop auf dem Schoß. Ich beugte mich zu ihm runter und meine Lippen streifte seine Stirn. Sein Duft trieb schon wieder die Hitze in mir an und ich musste meine ganze Kraft aufbringen, um mich von ihm abzuwenden.
»Sehen wir uns heute Abend?«, fragte ich und jetzt schaute er auf. Er lächelte mich an und meine Knie wurden wieder weich.
»Hmm, aber es wird von meiner Seite spät werden. Ich habe ein Meeting in Amerika. Du weißt schon, der Rat der Drachen … Ach mir geht das alles auf die Nerven!«, nörgelte er und lächelte wieder. Er sah nicht, dass ich mit mir rang. Der Rat der Drachen, die es geschafft hatten, dass sich die stolzen und majestätischen Drachen unterjochen ließen. Auch die anderen magische Geschöpfe, wie die Menschen sie gerne bezeichneten, hatten sich in den letzten Jahrhunderten von den Menschen unterkriegen lassen.
Der Mensch war nun wirklich Herr und Gebieter über uns und ich ballte meine Hände unmerklich zu Fäusten. Es war kein Groll gegenüber den Menschen, es war eher die Wut, die in mir aufstieg, die gegen mich ist. Ich war wütend auf mich, darauf, weil ich mein Volk am Ende nicht retten konnte. Weil ich in ganzer Linie versagt hatte und der Rat, der den König unterstützen sollte, sich gegen den eigenen König gewendet hatte. Ich war schuld daran, dass es, soweit kam. Ich war schuld, weil ich meine Wut und Zorn nicht in Zaun halten konnte und alles rausgelassen hatte. In diesem Moment hatte ich alles verloren. Alles was mich als König ausmachte. Meinen Stolz, meine Erhabenheit und mein Dasein als Drache. Alles verloren. Nun war ich nur noch ein einfacher Mensch und musste mit ansehen, wie mein Volk immer mehr dem Untergang geweiht war.
Jeden Tag schaute ich in den Spiegel und würde mir am liebsten selbst eine reinhauen, weil ich nicht da bin, da war, um mein Volk zu unterstützen.
Aber was sollte ich noch bewerkstelligen können? Das Einzige, was mich noch als Drache auszeichnet, waren meine Augen. Aber auch die waren seit meinem Ausbruch nicht mehr glänzend, sondern nur noch matt. Alles an mir war nur noch matt.

Als ich meine Wohnung verlassen hatte um in die Arbeit zu fahren, machte sich eine halbe Stunde später Lars auf dem Weg zum Flughafen. Ich bekam noch eine SMS von ihm, wie er mich heute Abend in meiner Wohnung vorfinden möchte. Schnell klappte ich mein Handy zu und fächelte mir Luft zu. Aber der Effekt auf Abkühlung blieb aus und ich schimpfte ihn in Gedanken wieder einen Sadisten. Ich konnte mir sehr gut vorstellen, wie er in dem Flugzeug saß, aus dem Fenster starrte und in sich hinein grinste. ›Sadist‹ wahrscheinlich malte er sich aus, wie er mich nehmen wollte, wie er mich leiden lassen wollte und mich quälte bis ich ihn wieder anflehte, dass er mich kommen lassen sollte. Oh, er war wirklich ein Sadist. Er geilte sich an meiner Lust und meinem Schmerz auf und es gefiel mir.

Die Zeit im Büro verging unendlich langsam, dazu noch die sommerliche Hitze. Mein Hemd klebte schon an einigen Stellen auf meiner Haut und die nassen Spuren des Schweißes wurden allmählich sichtbar. Ich war froh, dass ich mich heute für ein weißes Hemd entschieden hatte, sonst würde ich so fleckig wie mein Kollege Rolf in seinem durchgeschwitzten rotem Hemd ausschauen. Die Achseln waren dunkelrot, unter seiner Brust waren Spuren seiner Ausdunstung und in der Bauchritze war auch schon alles durchnässt. Der Rücken war so durchtränkt, wie das Shirt eines Marathonläufers. Ich stellte mir Lars in dem Hemd vor. Sein durchtrainierter Oberkörper, genau dort wo der Schweiß ein Sixpack auf dem Hemd zierte. Die Hemdärmel hochgekrempelt und mit dieser Hand fuhr er sich durch die Haare, damit ich Einblick auf seine Achseln hatte. Nur ein leichter Schweißfilm würde diese Stelle durchziehen, was ihn noch männlicher und animalischer machte. Unwillkürlich roch ich seinen Duft und ich erschrak, als es mir bewusst wurde, dass ich Rolf anstarrte.
Ich rief mich zur Ordnung und widmete meine ganze Aufmerksamkeit meiner nicht weniger werdenden Arbeit.
Der Chef stürmte rein und kam direkt auf mich zu.
»Herr Sokem, wir haben den Deal an Land gezogen. Es war ein guter Tipp von Ihnen. Die Werbeschilder für Lars O. Tanners zu erstellen. Im Leben hätte ich nie daran gedacht, dass er ein so großer Fisch ist. Woher haben Sie immer nur Ihre Einfälle.«
Noch nie hatte ich meinen Chef so nervös, nein, erfreut gesehen. Ich lächelte nur oder versuchte zu lächeln, denn ich glaubte sogar, dass ich ihn angrinste. Belustigt angrinste. Er vollführte gerade so eine Art Freudentanz auf und das im Büro seiner Angestellten. Wie peinlich war das denn?
Irgendwann blieb er wieder vor meinem Schreibtisch stehen. Atmete seine rare Luft ein.
»Katrin macht für nächste Woche einen Termin bei Herr Tanners und ich möchte, dass Sie mich begleiten.«
»Was ich?«, rutschte es mir raus. Wie lange hatte ich darauf gewartet, aber muss mein erstes Mal als Projektleiter gleich bei Lars sein? Irgendwie waren alle meine ersten Male immer bei ihm. Vor drei Wochen lud mich Lars zum Helikopterflug ein. Es war das erste Mal in einem Helikopter und ich müsste lügen, wenn in mir damals keine Sehnsucht nach den Wolken aufkam. Gleich am Anfang unserer Beziehung entführte er mich in das nobelste Restaurant auf der Welt. Wo ich das erste Mal ein Anzug für die gehobene Gesellschaft tragen musste und natürlich war es das erste Mal mit einem Mann. Meine Beine gaben nach, als ich mich daran erinnerte. Wie sanft er mich genommen hatte und wie süß er mir ins Ohr geflüstert hatte, dass er sehr stolz sei, der erste Mann zu sein, der meinen niedlichen Hintern entjungfern durfte. Ich räusperte mich. »Ja gerne!«, stammelte ich und setzte mich auf meinen Stuhl. Der Chef rauschte wieder in sein Büro zurück und ich atmete tief ein. Erst langsam kam mir die Erinnerung hoch, dass ich Lars geplante Expansion für seine Ölbilder einfach mal so am Rande erwähnt hatte. Ich hätte nie gedacht, dass mein Chef Tanners Unternehmen an Land zog. Wieder atmete ich ein, denn nun konnte ich meine ruhige Nachtruhe vergessen. Lars würde mich durchvögeln bis ich ohnmächtig in seinen Armen lag.
Moment! Ich holte mein Handy aus meiner Hosentasche und checkte unseren Chatverlauf. Dachte ich es mir doch. Dieser Sohn von einer H…! Er hatte es schon im Flugzeug gewusst, wenn nicht, schon gar in der früh. Wieder las ich den Verlauf.
›Vorspeise – Dich, Hauptgang – Dich, Dessert – Dich‹. Mit anderen Worten oder mit seinen Worten, ›Ich will heute Abend einen nackten Selem auf der Couch sehen und ein fertig gekochtes Gericht für zwei Personen mit Hauptzutat ›Dich‹ haben. Beim Nachtisch will ich von dir gefüttert werden.‹ beziehungsweise sein Mund soll ich mit einem bestimmten Körperteil füttern.
Verdrossen steckte ich mein Handy wieder ein. Wie konnte er mich nur so hintergehen. Kein Sterbenswörtchen kam über seine Lippen. Immer spielte er mit mir diese Geheimniskrämerei. Mich fragte er ständig aus. Er kannte mich in- und auswendig oder so gut wie, und wehe, wenn ich eine Frage über seine Arbeit loslasse, dann spürte ich nur seine Lippen irgendwo auf meinem Körper. Der Kerl hatte es wirklich drauf mich so was von fertigzumachen.

 

Kapitel 3

Nur noch ein paar Minuten und ich hatte Feierabend. Ich überlegte schon den ganzen Nachmittag, was ich kochen sollte. Es musste was Schnelles sein, aber auch nicht zu einfach. Frische Sachen und kein Fertigfutter. Irgendwann gab ich auf und ging auf die Toilette. Meistens hatte ich die besten Einfälle, wenn ich mich auf nichts Konzentrieren musste.
Ich hörte, wie jemand nach mir reinkam und den Wasserhahn aufdrehte. Nach wenigen Sekunden wurde das Wasser wieder abgedreht und einige Papiertücher aus dem Spender rausgezogen.
»Hey Selem!«, hörte ich Rolf und ich verdrehte verdrossen die Augen.
»Was gibts!«
»Man Alter, wollte dich nur mal fragen, ob du jetzt am Wochenende mit auf den Wettkampf kommst.«
»Welchen Wettkampf!«, fragte ich, denn mir fiel nichts ein, was dran kommen könnte. Pferderennen war seit einem Monat vorbei, Fußballweltmeisterschaft auch beendet, genauso wie Tennis und Football.
»Die alljährlichen Drachenkämpfe. Oh, ich tippe auf dem dreifachen Weltmeister. Jackson. Er hat so eine gute Führung. Der zeigt es dem Drachen, wo es lang geht.«
Drachen! Natürlich, seit fünf Jahrzehnten existierten die Drachenkämpfe, wie konnte ich das nur vergessen. Ne nicht vergessen, verdrängt würde besser passen und ich räusperte mich.
»Ne, tut mir sorry Rolf, aber ich bin schon anderweitig verbucht.« Ich ging aus der Toilette raus und wusch meine Hände neben Rolf. Der musterte mich und folgte all meine Bewegungen. Sein Blick ruhte unangenehm auf meiner Brust.
Als ob er es gemerkt hatte, dass ich es bemerkt hatte, blickte er stattdessen auf meinen Kopf.
»Du siehst seit einiger Zeit sehr verändert aus. Hast du deine Haare gefärbt? Nicht das du es brauchen würdest.«
Nun starrte ich mein Ebenbild an und schluckte meinen aufkommenden Kloß runter. Mir wurde es immer in Rolfs Nähe mulmig.
»Eh, ne!« Verneinte ich seine Frage, die für mich wie eine schwache Anmache war. »Na dann Rolf, ein schönes Wochenende!« Verabschiedete ich mich und schaute, dass ich aus der Toilette kam. Länger als zwei Minuten mit dem Mann in einem engen Raum hielt ich nicht aus.


Ich stieg in meinen Wagen und fuhr in den nächsten Supermarkt. Noch immer hatte ich keine Ahnung, was ich kochen sollte. Vielleicht fiel mir etwas ein, wenn ich die Angebote vor mir sah. Die ersten zwei Reihen kannte ich schon auswendig. Dort befand sich das sogenannte Studentenfutter. Bevor ich Lars kennengelernt hatte, war dies immer meine Anlaufstelle. Doch nun ging ich zur Frischhaltetheke und wühlte mich durch die Angebote.
Von Tiefkühlpizzas bis zu den Pommes. Nichts dabei. Nächste Reihe, Fisch. Da kamen wir der Sache schon etwas näher. Fischstäbchen, Schlemmerfilet bis zur Forelle. Bei der Forelle blieb ich stehen. Kurz blickte ich auf meine Uhr. Es dauerte bestimmt, bis nach elf Uhr nachts bis Lars von seinem Meeting loskam und dann noch der Rückflug. Ich schätzte, dass er so um eins, wenn nicht sogar um zwei Uhr erst zurückkam.
Ich schnappte mir die Forelle und kaufte die dazugehörigen Beilagen ein.

Daheim angekommen legte ich die gefrorene Forelle etwas in den Halbschatten, damit sie langsam auftauen konnte. In der Zwischenzeit schnippelte ich den Knoblauch, Zwiebeln und die frischen Kräuter, die ich besorgt hatte. Da ich noch viel Zeit hatte und die Forelle im Ofen nur eine halbe Stunde brauchte, nahm ich mir mein Buch und las darin. Nebenbei hörte ich über dem Handy meine Lieblingsgruppe an.
Mein Nacken verkrampfte sich schon allmählich und ich schaute auf die mit nackten Männern in eindeutiger Pose verzierte Wanduhr. Ein Geschenk von Lars. Damit mein Hunger nach ihm nicht verging, hatte er gesagt. Es ging schon auf Mitternacht und ich raffte meine inzwischen steifen Glieder auf.
Nach dem Duschen holte ich Forelle von der Terrasse und füllte sie mit den zurechtgeschnittenen Beilagen. Anschließend schob ich sie in den Ofen, stellte die Gradzahl und die Zeit ein. Um mehr brauchte ich mich nicht mehr kümmern. Der Ofen erledigte den Rest. Ein Gähnen konnte ich mir nicht mehr unterdrücken und setzte mich wieder auf die Couch. Vom Beistelltisch nahm ich die Fernbedienung und zappte durch die Programme. Bei einem Fantasyfilm blieb ich hänge und bekam nicht mehr mit, dass meine Augen sich schlossen.

Ein sanftes Streicheln auf meinem Gesicht weckte mich und ich sah in seine Augen. Ich grinste und begrüßte ihn mit einem schläfrigen »Hi«
»Der Ofen ist schon was Tolles«, zwinkerte er mir schelmisch zu. »Hättest du noch den Alten, wäre der gute Fisch jetzt Steinkohle.«
»Trottel«, gab ich zurück und schmiss ihm ein Kissen hinterher.
»Komm, das Essen, steht schon auf dem Tisch.«
Ich rutschte über die Couch und schaute ungläubig zum Essenstisch. Lars hatte den Tisch fertig gedeckt und die Forelle noch einmal angewärmt. Nun fiel mir auf, dass er auch noch frisch geduscht war.
»Wie lange bist du schon hier?«
»Lange genug!« Er schaute mich an und ich bemerkte seinen lüsternen Blick. Ich blickte zu mir herab und sah, dass ich nackt war. »Ahhh! Wie hast du? … ich meine … ich … ich war nicht nackt!«
»Ich weiß!«
Lachte er und winkte mich mit seinem Zeigefinger zu sich.
»Du bist einfach … Einfach schlimm«, zischte ich und dennoch kam in mir die wohlbekannte Hitze auf, die sich in meiner Lendengegend ausbreitete und leicht sichtbar wurde.
»Komm her, die Vorspeise muss langsam mal gegessen werden, sonst ist das Hauptgericht bald wieder kalt.«
Ich umgriff seinen Nacken und ließ mich von ihm küssen. Seine Lippen waren so weich und warm. Ich hatte schon viele Lippen geküsst, - Frauenlippen, aber von keiner waren die Lippen so weich, so wohlgeformt, so warm und so fordernd. Ich lechzte richtig nach seinen Lippen. Er drückte mich fester an sich heran und ich registrierte seine Erektion. Ein »Hmm« entkam mir und er küsste mich vom Hals abwärts. Meine aufgerichteten Nippel luden ihn zum zwicken, lecken und beißen ein. Jedes mal entkam mir ein Stöhnen, und mein bester Freund stand inzwischen auch Spalier.
»Was für eine gute Vorspeise. Ich kann davon nicht genug bekommen«, hauchte er und seine Hände kneteten meine Pobacken.
Irgendwie schafften wir es dann doch noch, den Fisch zu essen, wobei ich meistens von Lars gefüttert wurde und dann wieder fast vor einem Orgasmus stand. Das ging hin und her, bis ich meine Beherrschung verlor und ihn über den Tisch zog. Ich war kurz davor in ihn hineinzustoßen, als er mich packte und heftig, dass ich aufschreien musste, in mich eindrang. Der Schmerz raubte mir kurzzeitig die Sinne. Ich versuchte mich, unter ihm so zu richten, dass ich nicht nur Schmerzen empfand und endlich war er auch da, wo ich ihn brauchte. Nun stöhnte ich nicht nur vor Schmerzen, sondern auch vor Lust. Mehr wollte ich und schmiegte mich an ihn ran. Fest hielt ich ihn und ließ mich von ihm beißen. Seine Finger gruben sich in mein Rücken und die Nägel hinterließen ihre Spuren.
»Mein Kleiner, will es heute hart«, zischte er und seine Stöße wurden kräftiger. »Das kannst du gerne haben.«
Brutal zog er mir meine Arme nach oben und hielt sie mit einer Hand fest. Die andere Hand griff an meinem Schopf und zog meinen Kopf zu ihm hoch, dass ich ihm direkt in die Augen sehen musste. Ich wusste, auf was er hinauswollte und ich ließ es zu. Mehr noch ich wollte es. Es gierte mich danach.
»Sag es!«, hörte ich ihn, doch ich konnte nichts sagen. Mein Mund war trocken, vom schreien und stöhnen. »Sag es!«, hörte ich ihn wieder und er zog seinen Schwanz aus mir raus. Empörung kam in mir hoch, denn ich wollte es wirklich, aber ich kannte ihn auch. Wenn er es nicht bekam, was er wollte, dann bekam ich es auch nicht. Ich spürte, wie er kräftiger an meinem Schopf zog.
»Wi … Will … Will mehr«, keuchte ich nun und blickte ihn verlangend an. »Bitte, mach es mit mir. Lars ich bitte dich. Mach es mit mir!«
»Wie willst du es denn haben?«, fragte er mich ohne mich aus den Augen zu lassen. Er zog mich an seinen Mund und küsste mich. »Hart …!«, stöhnte ich in seinen Mund.
»Hart? Zeige es mir!«, forderte er mich auf und ich versuchte mich, in die Richtung zu drehen, wo die Kommode stand, in der die Fesseln aufbewahrt wurden. War nicht so einfach, da er meine Arme über meinen Kopf hielt und er meinen Kopf zu ihm hochgezogen hatte.
»Ah … Ich verstehe!«

Brutal zog er mich zu der Kommode und öffnete die Schublade. Holte verschiedene Fesseln raus, die er mir vors Gesicht hielt.
»Wie hart?« Zuerst hielt er die Normale hoch. Da wurden nur die Hände auf den Rücken gebunden und doch hatte man noch etwas Bewegungsfreiheit. Ich schüttelte den Kopf. Dann hielt er mir die Doppelte hin und ich nickte, doch er lächelte fies. Sehr fies und ich ahnte Fürchterliches. Aber mein Körper freute sich darauf. Die Vorfreude auf diese Behandlung gefiel ganz besonders meinem besten Freund. Er konnte es kaum noch erwarten und zog schon langsam Fäden.
»Ich denke, heute brauchen wir diese.«
Meine Augen wurden groß und ich schüttelte und nickte gleichzeitig den Kopf. Diese Fesseln werden um den Hals gebunden. An beiden Seiten sind Riemen, die man an den Handgelenken befestigen können. Auf der anderen Seite verlief eine Kette dem Rücken runter zu dem Hüftgürtel. Bei diesem verlief auf beiden Seiten Ketten zu den Fußfesseln. Ich versuchte mich, aus seinem Griff zu befreien, doch er zog stärker an meinem Schopf zu sich und ich schrie kurz auf.
Ich spürte, wie er meinen Hals liebkoste, sein Griff sich lockerte und das kalte Leder um meinen Hals befestigt wurde. Ganz ruhig stand ich nun da und ließ mir die Fesseln anlegen. Mir blieb nichts anderes übrig als ruhig dazustehen, obwohl mein Herz mir bis zum Hals pochte und das Atmen fiel mir zunehmend schwerer. Ich konnte es kaum noch erwarten, denn mein bester Freund war schon in heller Aufregung. Dieser Verräter und Lars wusste es. Nein er sah es und schmunzelte in sich hinein.
Als Lars fertig war, begutachtete er sein Werk. Meine Arme waren nach hinten an meinem Hals befestigt. Der Hüftgurt lag gut um meinen Bauch und die Ketten waren noch nicht all zu stramm angezogen. Wäre nun auch sinnlos, dass meine Beine angewinkelt waren, denn ich musste noch zum Bett laufen.
Fürsorglich führte mich Lars zum Bett. Immer wieder streichelte seine warme Hand meinen Rücken. Diese Liebkosungen waren nötig um mich auf Schläge von seiner Seite einzustellen. Lars schlug nie fest zu, aber die Striemen vom Bambusstock zogen doch schon recht fürchterlich. Die roten Spuren brauchten auch nur eins, zwei Tage, bis sie verblasst waren.

Ich wusste nicht, wann ich diese Neigung bekam. Wahrscheinlich erst durch Lars und das war auch nur ein dummer Zufall.

Wie üblich verbrachten wir das Wochenende meistens im Bett, und es war immer eine Qual aus dem gemütlichen Halbschlaf aufzustehen, um das menschliche Bedürfnis nachzugehen.
Nachdem ich mein Geschäft beendet hatte, drehte ich die Dusche auf und wie erwartet ließ Lars nicht lange auf sich warten. Zuerst schmusten wir miteinander, bis es wilder wurde und wir zusammen unter der laufenden Dusche landeten. Diesmal wollte ich es ihm nicht so leicht machen, legte ein Handtuch um meine Hüfte und schälte mich aus seiner Umarmung. Stieg aus der Dusche und flüchtete mit dem mittlerweile durchnässten Handtuch ins Schlafzimmer. Wie erwartet folgte Lars mir. Dann ging alles ganz schnell, wir rangelten und plötzlich hatte Lars das nasse Handtuch und faltete es zusammen. Der erste Hieb ging in die Leere, der zweite traf mich am Bein. Ich zuckte zusammen und spürte sofort, wie mein Schwanz stärker zu pulsieren anfing. Lars bemerkte dies und holte zum nächsten Schlag aus. Dieser landete auf meine Hüfte und ich stöhnte auf. Die Hitze zog sich erbärmlich in meiner Lende zusammen und der erste Lusttropfen glänzte. Lars hieb immer wieder auf mich ein. Er traf mich auf dem Rücken, Beinen, überall, außer im Gesicht und ich musste mir auf die Lippen beißen, um nicht aufzustöhnen. Der nächste traf mich auf dem Bauch. Ich bestand nur aus Keuchen und der letzte bekam seinen Platz direkt auf meinen besten Freund, dies war der Abschluss. Ich bekam einen Orgasmus, den ich noch nie hatte. Nach Sekunden, die mir wie eine Ewigkeit vorkamen, bekam ich nur noch vage mit, wir er meinen Bauch, der von meinem Erguss voll war, ableckte und das Gleiche mit meinem Schwanz tat. Als er fertig war, hob er mein Gesäß an und stieß ohne Rücksicht tief in mich. Überrascht schrie ich auf, krallte mich an seinem Rücken fest und spürte, wie wieder die Hitze in mir aufkam. Mein Schreien ging in Stöhnen über und er nahm mich. Wehrlos wie ich war und es gefiel ihm. Es gefiel ihm, Macht über mich zu haben und kostete sie voll aus. Mein zweiter Orgasmus überrannte mich. Ich wusste nur noch, dass er mich aufhob und ins Bett trug. Mich sanft mit einem warmen feuchten Lappen abwusch und zudeckte. Zärtlich mir einen Kuss auf die Stirn und meine Lippen drückte und dann das Licht ausschaltete.
Ab dieser Nacht fingen auch meine Träume aus der Vergangenheit an.

Nun stand ich hier vor meinem Bett und wartete, was Lars als Nächstes von mir wollte. Meine Atmung ging nur noch stockend. Die Erinnerung an das letzte Mal stieg in mir auf und mein Schwanz reagierte darauf. Ab und zu überkam es uns, diese Spielchen auszuleben und Lars war nicht mein Gebieter oder ich sein Sklave, denn wir haben beide etwas davon. Ich würde sagen, wir sind gleichberechtigt. Auch rammte ich ihm, meinen Schwanz in sein Loch und fickte ihn, bis ich kam. Nur kam ich dazu zu selten und ich musste auch anmerken, mir gefiel eher der passive Teil. Es ist schon eine große Nummer, wenn ich meinen Schwanz in seinem Mund hatte, aber meistens lässt er es nicht zu und fickte mich mit seinem Mund.

Ohne Vorwarnung zischte der erste Schlag hinab auf meinem Rücken und ich sog scharf die Luft ein. Das erhitzende Gefühl stieg in mir auf.
»Mehr?«, fragte er mich und ich nickte. Der Nächste traf mich nur wenige Millimeter unter dem Ersten und wieder sog ich nur die Luft ein. Wieder fragte mich Lars und wieder nickte ich. Nach dem fünften Hieb kam er auf mich zu und streichelte mir über den Rücken. Die andere Hand fand ihren Weg zu meinen Eiern. Meine Knie wurden weich und ich knickte weg, doch Lars hielt mich sofort fest.
»Du bist tapfer, aber das bringt dir nichts. Ich werde dich schlagen, bis du nur noch stöhnst und mich darum anbettelst, dies ein Ende zu setzen. Nicht einmal dann, werde ich dich in Ruhe lassen. Weil dann werde ich dir einen Blasen, kurz bevor du kommst, werde ich aufhören und mich um dein schönes, warme, dunkles Loch kümmern. Danach werde ich wieder warten, bis du etwas abgeschlafft bist und mich um deinen Mund kümmern. Ich weiß noch nicht, was ich mit deinem wunderschönen Mund anstellen werde. Vielleicht werde ich meinen Schwanz da reinstecken ...« Und um dies zu betonen, schob er mir seinen Finger rein. »Wenn du dann gekommen bist, werde ich dich nehmen. Tief, hart und fest. Und weißt du, was das Schönste an der ganzen Sache ist? Du kannst mich nicht berühren. Ich werde deine wundervollen warmen Hände nicht auf mir spüren und meinen Drang danach unterdrücken.«
»Mach schon, wie lange willst du mich noch so stehen lassen?«, überkam es mich.
»Klappe!«
Schon empfing in den nächsten Hieb. Dieser traf mich oberhalb des Brustkorbes. »Nicht reden, nur genießen.« Genießen war leichter gesagt wie getan. Mein Schwanz pulsierte und war dem Platzen nahe. Keine Ahnung, wie lange er mich auf den nächsten Schlag warten ließ, aber jedes Mal kam der Schlag ohne Vorwarnung und ich sank in Richtung Bett. Lars half mir, dass ich nicht auf dem Boden krachte und beförderte mich auf die Mitte des Bettes. Er legte mich auf dem Bauch und machte die Kette von meinem Rücken ab. Dies tat er auch nur, nicht das ich durch die Kette an meinem Rücken mehr Schmerzen erleiden musste, wie vorgesehen. Lars kniete neben mir und tat eine Zeit lang nichts. Er betrachtete mich nur, so wie ich ihn betrachtete. Sah, mir beim Atmen zu, und bemerkte, wie ich etwas versuchte, mich seitlich zu legen. Sofort drückte er mich wieder in die vorhergehende Position. Unerträglich drückte meine Härte in die Matratze. Die unverhoffte Berührung durchströmte meinen Körper und ich stöhnte auf. Aus dem Augenwinkel vernahm ich, wie er wieder den Bambusstock in die Hand nahm und ich machte mich auf den erhofften, süßen Schmerz gefasst.
Er kam unverhofft und ich schrie auf. Drei scharf, ziehende Schläge folgten und meine Tränen schossen in die Augen. Bei jedem Hieb entkam mir der Laut, den Lars hören wollte. Nicht mehr lange und ich hatte endlich meine Befreiung. Es war, als ob er es vorhergesehen hatte, und legte den Stock weg. Ich sah, wie er sich selbst unter Kontrolle halten musste, dass er es auch nicht mehr lange zurückhalten konnte, und liebkoste die bearbeiteten Stellen auf meinen Rücken. Seine Hand streichelte sanft die geschundene Haut und halfen mir zum Entspannen. Der Druck in meiner Lendengegend ließ nach und meine Atmung normalisierte sich.
»So ist es gut. Ganz ruhig. Weinst du etwa?«, hörte ich ihn und krabbelte neben mein Gesicht. Mit leichtem Lächeln schaute er mich an und fing mit seinem Finger meine Tränen auf. Führte seinen Finger zu seinem Mund und leckte ihn ab.
»Sind das etwa Freudentränen? Gefällt es dir so sehr?« Ich antwortete nichts darauf. »Oder bist du schon an der Grenze und nicht mehr fähig, mir zu sagen, was du willst. Du brauchst es nur zu sagen.« Ich bekam nicht mit, dass er die Kette am Rücken wieder befestigt hatte und drehte mich mit einem Ruck auf den Rücken. Er beugte sie über mich und blickte mir tief in die Augen. Ich sah nur sein verführerisches Lächeln. Seine Sehnsucht und ich öffnete meinen Mund. Ich wollte, dass er mich küsst. Seine Zunge in meinem Mund spüren. Doch er schüttelte nur mit dem Kopf. Er rutschte von mir runter und zog an meinen Beinen die Kette fest. Um keine sinnlosen Schmerzen zu erleiden, musste ich meine Beine aufstellen und die Fersen soweit wie es Lars wollte zu meinen Hintern bringen. Noch dazu verlangten die Ketten, dass ich meine Beine leicht unnatürlich spreizen musste. Dann drehte er mich auf die Seite, und machte sich an der hinteren Kette zu schaffen. Er zog daran, bis ich meinen Rücken, soweit durchgebogen hatte, bis er sah, dass nur noch mein Kopf und meinen Füßen mir halt gaben. Lars richtete mich behutsam in die Stelle, die er für mich vorgesehen hatte.
Er leckte sich über die Zunge. »Du bist wunderschön. Wunderschön anzusehen. Er griff nach den Bambusstock und traf mich unterhalb der Brust. Das war unerwartet, der Schmerz durchzog sich in meinem ganzen Körper und ich fluchte zischend. Doch zu sagen, dass er aufhören sollte, tat ich nicht.
»Oh ja, langsam ist es soweit« hauchte er und er fuhr mit dem Stock über meinen Bauch. Streichelte meine Brustwarzen bis runter zu meiner Lendengegend. Leicht fuhr er die Stockspitze über mein, wieder hart gewordenen Schwanz, holte aus und traf ihn genau der Länge in der Mitte nach.
»Gott. Ich kann nicht mehr!«, keuchte ich auf.
»Nur noch ein bisschen.«
»Nein!« Schnitt ich ihm das Wort ab. »Jetzt, ich will kommen, bitte.« Doch er schüttelte nur mit dem Kopf.
»Hast du es etwa vergessen, was ich vorhin gesagt habe?« Und als Antwort darauf traf mich der Bambusstock auf dem Bauch. Der war so heftig, dass mir die Luft wegblieb. Dieser Schlag, war von Abstand der Schlimmste, den ich je von Lars bekommen hatte. Und da meine Haut auf dem Oberkörper angespannt war, spürte ich, wie etwas kitzelnd und warme an meiner Seite runter lief. Meine Haut hatte einen kleinen Riss bekommen.
Angst durchzuckte mich und es dauerte ewige Sekunden, bis sich meine Lungen wieder mit Luft füllen konnten.
Schläge, nein Peitschenhiebe kannte ich und den eigentlichen Hintergrund dazu ebenfalls. Folter. Doch ich rief mich selbst zur Ordnung. Es war Lars und ich war nicht in einem Kerker bei irgendeinem möchtegern Mensch von einem König, der sich Drachen zum Vergnügen oder für eine Freak Show hielt.
Lars würde nie etwas tun, was mir nicht gefiel. Vor allem, weil mein bester Freund nun schon regelrecht nach mehr lechzte. Gott ich wollte kommen. Ich wollte, dass er mich fickte und mich dann danach fest in die Arme nahm und wir gemeinsam einschliefen.
»Das war eine Warnung!«, hauchte er in mein Ohr und zur Bestätigung hielt er mir einen Art Knebel vor die Augen.
»Du weißt, wie gerne ich dich Stöhnen höre. Es wäre eine Schande, wenn ich dich auch noch Knebeln muss. Es reicht schon, dass ich deine wunderschöne Hand nicht spüren darf, so lass mir wenigstens deine Stimme. Siehst du, wie du mich quälst. Ich muss auf dich verzichten.«
Oh Gott seine Stimme, wie sanft sie zu mir spricht. Jede Nuance brannte sich in mein Innerstes und ich schloss meine Augen. Zur Bestätigung versuchte ich, mit meinem zurückgezogenen Kopf zu nicken. Was anhand des Lederbandes, das an meinem Hals war und mir so auch das Schlucken erschwerte, ein Ding der Unmöglichkeit war. So krächzte ich nur ein »Ja« hervor.
»So ist es brav.« Lars streichelte mir über den Bauch weiter hinab, dorthin wo ich ihn schon sehnsüchtig erwartete. Sanft umschlossen seine schmalen Finger meinen besten Freund und rieb sachte auf und ab. Meine Atmung beschleunigte sich um ein Mehrfaches und kurz bevor, ich die Erlösung spüren konnte, hielt er inne, nahm seine Hand weg und stand vom Bett auf.
In meinen Gedanken brodelte es und ich dachte nur noch. »Lars du Mistkerl. Du Trottel. Du großes A-Loch« und was mir sonst noch für Schimpfwörter einfielen. Wer quälte hier wen? Ich war zum Zerbersten angespannt und sehnte mir die süßeste Erlösung herbei. Nach endlosen langen Minuten kam er wieder zurück und ich roch sein teures Duschgel. Er hat sich also geduscht und ich konnte erahnen, was er als Nächstes mit mir vorhat.
Meine Erwartungen stiegen ins Unermessliche und mein bester Freund zuckte erfreut. Inzwischen hatte er seine volle Größe erreicht und Lars musterte das Spiel zwischen meinem Schwanz und den Auf und Ab senken meines Bauches.
Er kniete sich zwischen meine Beine und strich sanft mit seinen Fingern über meine Schenkel. Bewusst ließ er meine erigierte Mitte aus und strich am anderen Schenkel runter zu meinen Füßen.
Mein Mund war trocken, meine Kehle kratzte und mein Innerstes war zum Zerbersten angespannt. Wenn Lars nicht endlich zum Abschluss kam, würde ich ihn in die nächsten Tage nicht mehr anschauen. Das dachte ich mir, aber ich wusste auch, dass ich keine Minute ohne ihn sein konnte. Deswegen verwarf ich diesen Gedanken und stöhnte laut auf, als ich spürte, wie sich sein warmer Mund, saugend, um meinen Freund schloss. Er biss und küsste. Er knetete und rieb. Auch vernahm ich von ihm ein Stöhnen und das heizte mich unermesslich an. Nun hatte er keine Chance mehr, mir meinem Erlösen einhalt zu gebieten. Ich ergoss mich lautstark in seinem Mund. Kurz hustete er. Lars war wirklich nicht darauf gefasst gewesen, aber hatte sich auch gleich wieder fest im Griff und leckte den Rest auf.
»Ein böser Junge.«
Sanft küsste er meine Eichel und knetete meine Pobacken. Mit seinem Finger drang er in mich ein und ich sog wieder scharf die Luft ein. Er wusste, dass es für mich, gleich nach dem Orgasmus unangenehm war. Dennoch ließ er nicht von mir ab und dehnte meinen Eingang weiter.
»So ein böser Junge«m murmelte weiter und ich spürte, wie der zweite Finger in mir versengt wurde.
»Gott, gib mir eine Pause!«, keuchte ich. »Nope. Mein Kleiner, mein Name ist Lars. Es langt, wenn du mich mit meinem Namen ansprichst.«
Etwas in seinem Unterton ließ mich aufkichern, was natürlich gleich mit dem dritten Finger unterbrochen wurde.
»Oh Scheiße!«, rief ich, denn Lars hatte meinen Punkt erwischt. Wie auf Abruf spürte ich wieder das warme Ziehen meines Schwanzes.
»Ich wusste es doch, dass du noch lange nicht fertig bist!« Er nahm die Finger aus mir heraus. Kam zu mir hoch und steckte fordernd seine Zunge in meinem Mund.
»Du schmeckst fantastisch!« Lars zog mich hoch und posierte mich so, dass ich auf meinen Beinen saß. Die Kette die meinen Rücken durchgebogen hatte, machte er ab und ich atmete erleichtert ein. Kurz streckte ich mich und meine eingeschlafenen Glieder erwachten zum neuen Leben. Nun forderte er mich auf, mich auf dem Fußboden hinzuknien, und strich mir sanft über das Kinn, dass ich ihn anschauen musste. Er fuhr mit seinem Finger über meinen Mund und drückte ihn schließlich rein. Meine Spucke sammelte sich und er wiederholte das Spiel. Immer und immer wieder schob er seinen Finger in meinem Mund und wieder raus.
Langsam drückte er mich weiter runter und rammte mir seinen Schwanz rein, dass ich würgen musste. Oh wie ich das liebte und mein ganzer Körper reagierte auf ihn. Plötzlich entzog er sich mir und schmiss mich auf den Boden. Die Fußfesseln löste er, hob mein Gesäß an und drang mit seinem Schwanz brutal in mich rein. Wie schon die ganze Nacht schrie ich den willkommenen Schmerz raus und ich würde mich am liebsten an ihn schmiegen um ihn ganz in Empfang zu nehmen. Aber meine Hände waren immer noch an dem Halsband befestigt. Ich vernahm, dass Lars nur noch schwer atmete und auch bei jedem Stoß, den er in mir machte, aufstöhnte. Dies verursachte in mir eine heiße Wallung und unser beider Höhepunkt beendeten wir mit einem innigen und langen Kuss. Lars befreite mich von den Fesseln und schmiss sie mitten in das Zimmer.
Ich wusste nicht, wie lange wir aneinandergeschmiegt auf dem Boden lagen, doch allmählich zwickte mich die Wunde, die Lars mir zugefügt hatte und verzog meinen Mund.
Lars erschrak. »Geht es dir gut? War ich zu brutal?« Ich blickte ihm in die Augen und lächelte ihn an. Es schien, dass er es gar nicht mitbekommen hatte, dass er mich durch den Bambusstock verletzt hatte.
»Nein, es ist alles in Ordnung, aber ich denke, du könntest mir ein Pflaster geben. Ich würde ja gerne selbst aufstehen, aber mein Körper gehorcht mir noch nicht.« Er sprang auf und schaltete das Licht höher. Lange musterte er mich und blieb auf der Strieme hängen, wo inzwischen das Blut schon auf meinem Bauch getrocknet war.
Nun erschrak ich selbst. Seine Augen, seine Augen spien sein Leid raus. So viel Pein, so viel Traurigkeit, hatte ich in seine Augen noch nie gesehen. Er hielt sich seine Hand auf dem Mund und murmelte unverständliche Worte.
»Nie wieder, ich werde … Nie wieder. Oh Gott … Es tut mir Leid… Selem, das ist unverzeihlich.« Langsam verstand ich ihn, versuchte, mich aufzurichten, und lehnte mich an das Bett.
»Hey, ich lebe noch. Diese kleine Wunde wird mich nicht gleich umbringen. Komm her.« Ich hob meine Arme. Widerwillig kam er langsam auf mich zu und ich zog ihn zu mir runter. Ich spürte, wie er zitterte, und fühlte seinen Schmerz. Beruhigend streichelte ich ihm über seine weiche Wange und flüsterte ihm zu.
»Nicht so schlimm.«
Leidenschaftlich küsste ich ihn und gab ihm zu verstehen, dass ich nicht sauer auf ihn war. Er drückte mich weg und schüttelte mit dem Kopf.
»Es tut mir leid. Ich habe meine Beherrschung verloren.« »Ach quatsch. Diese Wunde ist nichts und sie wird auch bald verheilt sein. Es wird nicht einmal eine Narbe zurückbleiben.« Ich lächelte ihn wieder an. »Deine Bisse sind schmerzhafter.« Und stieß ihm meinen Ellbogen in die Rippen. Er sog scharf seine Luft ein und nun lachte er.
»Okay, das habe ich verdient.«
»Ich habe Hunger!«, sagte ich und quälte mich aufzustehen. Meine Beine und wie der Rest des Körpers waren schwerer wie Blei und Lars half mir hoch.

 

Kapitel 4

Eigentlich wollte ich nicht zu den Drachenkämpfen, aber Lars hatte mich solange drangsaliert, bis ich schließlich doch noch zugesagt hatte.
Vor allem aber, brauchte ich ein Alibi. Ich konnte nicht in der Öffentlichkeit mit Lars O. Tanners auftreten.
Dies gab er mir zu verstehen und ich war der gleichen Meinung. Besonders, weil mein Chef wohl oder übel auch mit dort war, wie jeder Mensch auf der ganzen Erde. So sah ich mich genötigt, Rolf anzurufen. Schon allein der Gedanke an ihn widerte mich an und ich schob mir den Mittelfinger in den Mund und spielte ein Würgen vor. Lars belächelte nur meine Anspielung und gestikulierte mit der Hand ich solle mich etwas beeilen.
Innig hoffte ich, dass Rolf nicht abnehmen würde, aber nix da. Er nahm ab.
»Hallo Selem, war für eine Überraschung, dass du anrufst«, hörte ich und ich verdrehte meine Augen. Aber warum, wusste Rolf, dass ich ihn anrief. Oh man, ich hatte keine unterdrückte Nummer und schluckte meinen Verdruss runter.
»Hallo Rolf … Ja mir geht es gut … Ah ja, danke …!«, beantwortete ich seine in mich hineinsprudelten Fragen und ich fragte mich, wann er mich fragen würde, warum ich angerufen habe. Ich hoffte, er würde es nicht und würde sich bald wieder verabschieden. Tja, zu früh gefreut. Nur stotternd stellte ich ihm mein Anliegen vor und ich musste mir mein Handy einen halben Meter von meinem Ohr entfernt halten. Seine Jubelschreie konnte man noch in den fernen des Universums hören. Lars belächelte es nur und ich verfluchte ihn. Nach dem Gespräch schmiss ich Lars mein Handy zu.
»Wow, wie konnte ich mich dazu überreden lassen. Langt es denn nicht, ihn im Büro ständig auszuweichen? Nein, jetzt muss ich ihn auch noch einen ganzen Nachmittag ertragen. Wie, wie konntest du nur?«, schimpfte ich und mein Unmut wollte einfach nicht versiegen. Wütend stampfte ich ins Schlafzimmer und riss den Kleiderschrank auf.
»Der Schrank kann gar nichts dafür«, flüsterte Lars und ich spürte seine warme Umarmung. Ich musterte die Klamotten in meinem Schrank, die sowieso sehr mager waren, aber etwas finden, was für so einen Anlass angemessen war, war pure Herausforderung. Ich schob den Kleiderbügel mit meinen Jeans etwas auf die Seite und nahm ein leicht bläuliches Hemd raus. Dieses tat ich wieder zurück und nahm mir einen Pulli, den ich allerdings auch gleich wieder zurück in den Schrank verbannte, weil wir, sage und schreibe 38 °C im Schatten hatten.
»Du hast ja sehr viel Auswahl. Das muss man dir lassen.« »Ach, halt die Klappe.«
»Ich könnte dir etwas von mir bringen lassen. Wir haben in etwa die gleichen Größen.«
»Natürlich, tu dir keinen Zwang an. Und dann muss ich Rede und Antwort stehen, wie ich mir mit meinem mageren Gehalt einen Streifenanzug leisten kann, mit dem man ohne mit der Wimper zu zucken, einfach mal so schnell, einen Kleinwagen bezahlen könnte.«
»Okay. Dieser Punkt geht an dich!«, sagte er frech und ließ mich los.
Irgendwann entschied ich mich für ein einfaches T-Shirt und einer ausgewaschenen Jeans. Dazu holte ich meine Kappe, die mit einem Drachen verziert war und setzte sie auf. Lars, der mich die ganze Zeit beobachtet hatte, hob seinen Daumen und grinste.
»Sehr schmackhaft, zum Anbeißen.«
»Trottel«
»War das nicht das Outfit, als ich dich in der Bar aufgelesen habe?« Ich verdrehte meine Augen und schob mich an ihm vorbei.
»Aufgelesen ist wohl etwas untertrieben. Aufgerissen, passt da schon eher.«
»Du sahst so hoffnungslos verloren aus, in diesem »Outfit«, da konnte ich nicht anders …«
Die Stänkerei gingen immer weiter und irgendwann klingelte das Handy von Lars. Mit einem flüchtigen Kuss und mit »ich vermisse dich jetzt schon« verabschiedete er sich und verschwand durch die Tür.
Mir wurde es, je weiter der große Zeiger von der Uhr mit den nackten Männern voranschritt immer unbehaglicher.
Rolf bestand darauf, dass er mich abholte. Was für ein Ärgernis. Ich würde viel lieber mit meinem eigenen Auto dort hinfahren. Je mehr die Zeit voranschritt, umso mehr kam mir der Gedanke, ihn anzurufen und eine plötzlich aufkommende Übelkeit dazwischen zuschieben. Übel war es mir schon und übel würde es Lars mir nehmen, wenn ich nicht auftauchen würde. Irgendwie saß ich in der Zwickmühle und das behagte mir ganz und gar nicht.
Seit 326 Jahren war ich gezwungen als Mensch zu leben, und niemals in dieser ganzen Zeit unterwarfen mich solche Gefühlsschwankungen. Schon wieder war es für mich das erste Mal und wieder lächelte mich das sanfte Gesicht von Lars an. »Lars«, was hatte dieser Mensch nur, der mich so irrational denken ließ. Meine Gefühle durcheinanderwirbelte und mich zu Dinge zu tun brachte, die ich im Leben nie getan hätte.
Als es mir bewusst wurde, dass ich meine natürliche Natur verloren hatte, hatte ich darauf geschaut, nie wieder einem Drachen zu begegnen. War ihnen immer aus dem Weg gegangen. Ob sie nun in ihrer wahren Gestalt auf einer Wiese lagen und sich sonnten oder ob sie mir in ihrer menschlichen Gestalt auf der Straße begegneten. Ich mied immer ihre Nähe. Ich hatte so einen Fetisch der Flucht mir angeeignet und nun, nun ging ich zu den seit fünfzig Jahren bestehenden alljährige Drachenkämpfen. War das zu fassen!
Haareraufend stand ich auf und ging ans Fenster. Setzte meine Kappe auf und sah, das Auto von Rolf in die Einfahrt fahren. Er stieg aus und ich verdrehte meine Augen. Er hatte sich wirklich in Schale gelegt, ›für sich‹. Das er ein Faible für stark auffallende und farbige Klamotten hatte, war mir schon bewusst. Aber das! Das überstieg wohl alles vom guten Geschmack. Sein Hemd war zart rosa, was ja nicht all so schlimm war, denn Lars zog auch mal ab und an rosa Hemden an, aber ihm stand es. Besonders mit der Kombination von ausgewählten Designerhosen und Jacketts. Nur Rolf hatte eben nicht das Händchen um Unmögliches möglich zu machen. Schon gar nicht, wenn diese hellgraue Anzughose aus glänzenden Satin, sollte wohl eher ein Effekt für Satin sein, die auch noch einen kräftigen Touch an lila aufwies. Das komplette Outfit war wohl aus irgendeinem Katalog bestellt worden. Er hatte in diesem Moment Ähnlichkeit zwischen einem belustigten Bestatter und einem Moderator für Ringkämpfe. Ein gewisser Anchorman, der immer die Wettsendung moderierte, sah in seinen auffälligen Klamotten besser und gestylter aus, als Rolf. Und mit dem sollte ich mich zeigen? Die Übelkeit wanderte langsam zu meiner Kehle und ich erschrak fürchterlich, als die Klingel losging.
Ich saß in der Falle. Es gab kein Entrinnen und ich schluckte die Übelkeit, die sich in meinem Mund angesammelt hatte runter.
Ich ließ ihn in das Treppenhaus und wartete bis er an meiner Wohnungstür war und nochmals klingelte. Ich setzte ein falsches Lächeln auf und öffnete die Tür. ROLF wie er war, leibhaftig, wie er lebte und sein Aftershave schlug mir ins Gesicht.

Eins musste ich Rolf zu gute halten, er bestand darauf, so bald wie möglich loszufahren, damit wir den Verkehr umgehen konnten. Dennoch dauerte mir die Fahrt viel zu lange und ich blickte aus dem Autofenster.
War ich froh, dass er eine voll funktionstüchtige Klimaanlage besaß. Nicht so wie ich, die wenn ich sie betätigte, der Wageninnenraum immer heißer wurde. Vielleicht lag auch die damalige Temperaturerhöhung an Lars, der es sich nicht nehmen lassen konnte in einer kleinen kaputten und klapprigen Stadtkutsche mitzufahren. Ich konnte mir eben kein Auto leisten, dass ein Höhenrahmen von einer Villa in Beverly Hills aufwies. War mein Argument. Er lachte nur und murmelte etwas von – das kann ich ändern. Ich gab nichts mehr darauf und fuhr damals in meine Wohnung. Dies hätte ich nicht tun sollen, denn seit dieser Zeit, sah er meine kleine drei Zimmerwohnung als seine mit an und hatte sich bei mir eingenistet. Mir viel auf, dass ich noch nie bei ihm war. Ich wusste nicht einmal, wo er wohnte. Doch wusste ich schon. Lars hatte mir mal seine Adresse gesagt und fasste den Entschluss, dies demnächst zu ändern. Ich atmete wieder einmal verdrossen ein.
Rolf blickte mich von der Seite an und selbst diese kleine Bewegung von ihm, ließ in mir Übelkeit aufsteigen. Ich konnte einfach sein Aftershave nicht abhaben. Er hatte wohl die ganze Flasche auf jede freie Fläche seines Körpers aufgetragen.
Unwillkürlich stützte ich mich auf meine Hand auf und hielt mir einen Finger unter die Nase, um den betörenden Duft daran zu hintern, seinen Weg weiter in meine Richtung zu bahnen.
»Danke, dass du doch noch zugesagt hast!« Fing er mit Smalltalk an.
»Ah … Ja, bitte.«
Ich belächelte ihn nur und wandte meine Aufmerksamkeit wieder der Straße zu. Mein Blick schweifte zu den Bäumen, die sich langsam verdichteten und wir schließlich durch das Waldstück fuhren. Die Verzerrung der Bäume durch die Geschwindigkeit des Autos, weckte in mir eine nicht vergessene Sehnsucht. Das Vorbeihuschen jedes einzelnen Baumes, Strauch und sogar die Pilze, die ich am Waldrand stehen sah, sog ich gierig in mich auf. Selbst das Rehkitz, das sich weiter im Wald befand und für normale Menschenaugen unsichtbar war, ließ mein Urinstinkt erwachen. Ich vernahm sein Herzklopfen. Ich roch sein warmes Blut in seinen Adern und das saftige Fleisch. Selbst seine geschmeidige Bewegung, die mir ein gesundes Tier mit einen sehr guten Knochenbau zeigte und ich erinnerte mich, wie ich mit vollem Genuss seine Knochen zwischen meinen mächtigen, starken und scharfen Zähnen zermalme.
Eine plötzliche Berührung, ließ mich aufschrecken und ich starrte Rolf verdattert an.
»Selem, hast du mir zugehört« Nein, sollte ich das? Durchschoss die Frage meinen Gedanken und noch rechtzeitig konnte ich es verhindern, dass ich sie auch aussprach.
»Oh, bitte entschuldige. Ich war in Gedanken. Was hast du gesagt?«
»Ich habe dich gefragt, warum du auf einmal deine Meinung geändert hast?«
»Ach so, ja. Nun, es war so …?« Ich musste mir schleunigst eine gute Ausrede ausdenken. Vor allem, er gleich auf jede Bemerkung verschissen reagierte. »Hm, meine Tante musste ins Krankenhaus.« Nun glotzte er mich mitfühlend an. War wohl doch die falsche Ausrede, doch nun konnte ich sie nicht mehr rückgängig machen.
»Oh, das tut mir leid!« Ich winkte es ab, doch er sprach einfach weiter. »Ich hoffe, es ist nichts ernstes.«
»Äh ne, nur keine Sorge. Ihr Baby wollte einfach nicht, bis nach ihrem Geburtstag warten.«
Oh mein Gott, was hatte ich da wieder angestellt? Ich verfluchte mich selbst. Erstens, hatte ich keine Tante und zweitens, war meine erfundene Tante nie schwanger gewesen. Oh je, was hatte ich nur für Gedankengänge, sie passten ganz und gar nicht. Seine Miene erhellte sich und ahnte fürchterliches.
»Dann, wenn es dir nichts ausmacht, so kann ich dich nach dem Turnier zu ihr fahren.«
Stopp, genau das wollte ich vermeiden. Wie kam ich nur aus diesem Schlamassel wieder raus? War ich froh, dass er seine Aufmerksamkeit wieder der Straße widmete, so konnte er wenigstens meinen nervösen Ausdruck nicht sehen.
»Nein, nein, nein … ahm, sie braucht ihre Ruhe. Es war eine schwere Geburt. Ich habe vorhin mit ihr telefoniert. Außerdem wohnt sie auf der anderen Seite der Welt. Also, brauchst du dich nicht zu bemühen.« Log ich und ich hoffte, er schluckte es. Kurz drehte er seinen Kopf mir zu, ich grinste ihn an und er nickte schließlich. Uff, das wäre geschafft. Hilfsbereitschaft in allen Ehren, aber man brauchte es auch nicht zu übertreiben. Schon gar nicht, wollt ich es von ihm.
Ich bemerkte, wie sein Gesicht glühte, obwohl in dem Wagen angenehme 18 °C waren. Auch sah ich Schweißperlen auf seiner Stirn und fragte mich, ob er einer Ohnmacht nahe war.
»Du ähm, da du jetzt Zeit hast, hast du Lust nach dem Wettkampf, mit mir noch Essen zu gehen.«
»NEIN!«, schrie ich … In Gedanken und verschluckte mich fast an meiner eigenen Spucke.
»Ähm, wir werden sehen. Mal schauen, wie lange das Turnier geht.« Gab ich nur zur Antwort und hoffte auf ein Schweigen seiner Seite. Sein glühendes Gesicht verstärkte sich und mir fielen die Schuppen von den Augen. Ist nur ne Redensart, nicht, dass es mir in Wirklichkeit passierte. Dieser Kerl hatte wirklich die Nerven, es nicht nur bei einer schlechten Anmache zu belassen. Nein, er hatte es darauf abgesehen, mich herumzukriegen. Nicht mit mir!
Ich sah ihn schon in Lederstrapse vor meinem Bett stehen. Mit für ihn angeblichen erotischen Hüftschwung hin und her tänzeln. Dazu hauchte er mir einen Luftkuss zu und fand sich mit seinem Schwabbelbauch auch noch sexy.

›!!Ich will hier raus!!‹

Irgendwann fand Rolf die Ausfahrt zum Turnierplatz und ich staunte nicht schlecht. So wie es aussah, waren wir nicht die Einzigen, die die Idee hatten, früher loszufahren. Der Parkplatz war schon gerammelt voll und Rolf suchte eine geschlagene viertel Stunden einen freien Platz.
Mein Herz zog sich zusammen und ich spürte eine nervöse Aufregung, die sich mit freudiger Hoffnung vermischte. Unwillkürlich fasste ich mich an mein Herz. Die Schläge hatten sich verdoppelt.
»Selem, schau, da oben!« Wie ein Schulkind mit großer Erwartung zeigte er zum Himmel hoch. »Ist das ein Prachtexemplar. Er hat eine gekreuzte Zeichnung und seine Schuppen glänzen leicht lila. Du meine Güte, das ist Carlos Jackson mit seinem Drachen Dalola. Selem…«
Irgendwie beschmunzelte ich die ganze Situation und erinnerte mich zurück, wie die Menschen, starr vor Schreck und purer Angst in den Augen von uns weggelaufen waren. Sie uns bis auf das Blut hassten.
Selbst ich blickte nach oben. Der Drache war aber schon zu weit weg und ich benötigte nur ein Bruchteil von einer Sekunde und sah ihn so scharf, als ob er vor mir stehen würde.
»Oh, ja, das ist Dalola. Das die sich mit einem Menschen zusammengetan hatte?«, fragte ich mich und dennoch so abwegig war es nicht. Ich selbst lebe mit einem Menschen zusammen, obwohl ich mir einst, vor langer Zeit geschworen habe, sie alle auszulöschen. Außerdem nach dem neuen Gesetz dürften Drachen nur fliegen, wenn sie einen Reiter vorweisen konnten. Was für eine Beleidigung!
Wenigstens normalisierte sich mein Herzschlag wieder und ich musste mich auf die nächsten Gefühlseinbrüche einstellen.
Obwohl ich mich nicht mehr in einen Drachen verwandeln konnte und die »Magie« wie es die Menschen bevorzugen es zu nennen, anwenden konnte, so spürte ich dennoch meine Untergebene. Ihre Schwingungen übertrugen sich auf mich, und ich hatte sie immer absorbiert und für mein Volk aufgewertet. Nun aber, da ich nur ein Mensch war, konnte ich die Schwingungen nicht mehr absorbieren und sie lösten in mir solche starken Schmerzen und Krämpfe aus, dass ich innerlich zu zerreisen drohte.
»Jackson und Dalola sind seit fünf Jahren die umstrittensten Weltmeister.« Erfreute sich Rolf noch immer an ihren Anblick, obwohl sie schon lange nicht mehr in Sichtweite waren.
Das konnte ich mir nur zu gut vorstellen. Dalola war eine Kriegerin. Nun zumindest damals, als ich noch König war und dennoch glaubte ich kaum, dass sich das bis dato geändert hatte. Sie hatte immer erfolgreich ihren Posten als Kapitän der königlichen Leibgarde gehalten. Nicht einmal ein Bulle der drei Köpfe größer war wie sie, drei Drachenköpfe wohl genommen. Waren umgerechnet ca. fünf bis sechs Meter, konnte es mit ihr aufnehmen. Als Drache nicht und schon gar nicht als Mensch.
Irgendwann konnte er seinen Blick vom Himmel lösen und wir machten uns auf dem Weg zu der Tribüne. Je näher wir an das Stadium kamen, desto öfter durchzogen mich die Schwingungen. Inzwischen zählte ich schon über 50 Drachen. Wobei die Meisten wohl in ihrer Menschengestalt hergekommen waren, um dieses Event mitzuerleben.
Wenigstens trafen mich die Schwingungen, von den Drachen die als Mensch unterwegs waren nicht so schlimm, als von denen, die in ihrer wahren Gestalt auftauchten. Meine Kappe zog ich tiefer in mein Gesicht. Das tat ich nicht, um mich vor der Sonne zu schützen, sondern, dass ich nicht unverhofft jemanden über dem Weg lief, der mich erkennen könnte. Ich hatte mich seit tausend Jahren nicht mehr verändert. Seit unser vorheriger König mir seine Macht übertrug.
Die Drachen wussten instinktiv, wer ein Mensch, ein Drache oder ein anderes Wesen war.

Plötzlich überkam mich eine Welle an Schwingungen. Verfluchte Scheiße waren das Schmerzen. Sie zogen sich bis zu meinem Gehirn. Ich musste mich am Gelände festhalten, um nicht zu stürzen. So gut, wie es die krampfartigen Erschütterungen zuließen, schaute ich nach oben.
Na klasse, das fehlte mir noch. Gelbot. Sofort senkte ich meinen Kopf. Ihn konnte ich neben Rolf noch am wenigsten gebrauchen. Aber mein dumpfes Gefühl, dass er mich bereits gesehen hatte, ließ nicht nach. Ich fragte mich sowieso, warum ich diese für mich abartige und sinnlose sowie gefährliche Situation nicht abbrach. Ich lief wirklich Gefahr erkannt zu werden oder in einer Jahrtausenden Ohnmacht zu fallen. Wohl eher werde ich in tiefer dunkler Bewusstlosigkeit fallen, wenn noch mehr von so einem Status wie Gelbot über mich hinwegflogen. Oder mal hart ausgedrückt, vor mir auftauchten. Denn irgendwie waren es keine 50 mehr, sondern sie hatten sich vervierfacht, je weiter ich in das Stadium kam.
Was hatte ich mir dabei nur gedacht. Lars. Ich konnte ihm einfach nichts abschlagen. Ein einziger Blick in seine Augen oder auf seinem Körper, ganz besonders auf seine Lippen und es war um mich geschehen.
Endlich, nach für mich ewige Stunden, hatte Rolf seinen Platz gefunden und gab mir die Eintrittskarte. Ich schaute drauf und wie sollte es auch anders sein, mein Platz war genau neben ihm. Wieder hämmerte mein Herz auf. Was hieß hier wieder? Mein Herzschlag hatte sich inzwischen schon verhundertfacht und Luft bekam ich auch kaum noch. Energisch fächelte ich mir Sauerstoff zu und versuchte mich zu beruhigen. Ging nicht. Mein Herz machte nun Überstunden und die Luft waberte, wurde undurchdringlich . Langsam umschlich mich Dunkelheit.


Ich erholte mich und fand diese Ruhe einladend. Am liebsten könnte es für immer so bleiben. Immer weiter, immer tiefer trat ich ein und war schon dabei mich einfach hinlegen zu wollen. Aber meine Aufmerksamkeit wurde von etwas anderem erregt. Kühle Luft. Ja es war frische kühle Luft und der Wind streifte meine Schuppen. Ich war weit weg von den Bränden. Wie herrlich. Ich war frei. Ich war wirklich frei. Ich hatte meinen menschlichen Körper abgeworfen und flog wie ein Vogel meinem heiß geliebten Himmel entgegen. Alles wollte ich vergessen. Ich wollte vergessen, dass die Menschen meine geliebte Gefährtin Narla getötet hatten, ich wollte vergessen, das meine Kinder in Gefangenschaft der Menschen waren, und wie Zirkustiere gehalten wurden, ich wollte vergessen, dass mein Volk von den Menschen buchstäblich ausgerottet worden war. Vor allem aber, wollte ich vergessen, dass ich den Menschen in meiner Wut über den Verlust meiner Gefährtin Narla so viel Leid gebracht hatte. Ich hatte nie was gegen die Menschen, ich hatte es akzeptiert, dass sie über das Meer kamen und sich auf unserem Land angesiedelt hatten.
Eine Koexistenz mit ihnen, wie mit den anderen Wesen konnte ich mir gut vorstellen. Erfreut darüber, über sie etwas zu lernen, die in einer Hinsicht wie wir aussahen und sich auch so verhielten.
Ihre Familien waren ihnen wichtig. Sie hatten Träume und Hoffnungen, vor allem aber glichen sie uns mit ihren Gedanken und Gefühlen.
Trauer und Hoffnungslosigkeit überkam mich. Wie konnte es soweit kommen?
Über dem Flug schnappte ich mir einen Vogel, schlang ihn runter und schwenkte nach links Richtung Wald zu. Aus dem Augenwinkel, sah ich, wie Taterum landete und etwas von ihm hinabstieg. Ein Mensch? Ein Mensch auf dem Rücken eines Drachen? Ich flog höher und im Kreisflug beobachtete ich etwas absolutes Unfassbares.
Es schien, dass der halbe Rat, ein geheimes Treffen hatten. Sie standen in einem Kreis und plötzlich erwischte mich etwas kaltes und hartes.
Zuerst dachte ich, es war ein spitzer Stab, den die Menschen gerne zur Jagd benutzten, aber ich spürte nicht, wie sich etwas in mich hineinbohrte. So gut ich konnte, musterte ich mich, um irgendetwas zu finden, aber da war nichts. Dann ging es schnell. Ich wurde schwächer. Ich hatte keine Orientierung mehr. Meine Flügel entwickelten sich zurück. Meine glänzenden schwarzblauen Schuppen lösten sich auf und ich sah den Boden auf mich zurasen. Ohne zu wissen, was passiert war, wurde es kohlrabenschwarz um mich. Das Nächste an was ich mich erinnerte, war, wie Taterum sich über mich beugte und »Der ist fertig!«, von sich gab.
Ich strudelte weiter in die Dunkelheit hinab und spürte einen dumpfen Schlag in meine Seite. Mir schlugen die schwüle Hitze und der erbärmliche Gestank, eines billigen Aftershaves entgegen.
Ich schlug meine Augen auf und Rolf hüpfte neben mir auf seinem Platz rum. Ich setzte mich auf, doch auch nur um gleich wieder in mich zusammenzusacken. Zu viel, zu viel, stöhnte ich und Rolf der meine Teilnahmslosigkeit bemerkt hatte, rüttelte mich an der Schulter.
»Hey, ist mit dir alles in Ordnung?«, nahm ich ihn vage wahr, genauso wie die Ansprache von Corin.
»Herzlich willkommen und danke für ihr Zahlreiches erscheinen …« Rolf rüttelte mich und sprach auf mich ein.
»Dies ist nun das fünfzigste Jubiläum der Drachenkämpfe«
»Hey, wach auf!«
»Unsere Aufmerksamkeit gilt unserem Sponsor und Wohltäter, ohne ihn wir jetzt nicht hier wären Anton Oliver Tanners vertreten durch seinen Enkel Lars O. Tanners«
» Selem!«
» Und dem Rat der Drachen«
Schmerz erschütterte mich und ich wollte schreien.
» Anton Oliver Tanners verstarb letzten Jahres im Alter von 87 Jahren«
»Wach auf Selem!«
»Dieses Jubiläum veranstalten wir zu Ehren unseres Königs«
»Hey!«
»Mögen die Wettkämpfe beginnen!«
Beifall.
Dieses Hin und Her von Bewusstlosigkeit und Wachzustand war zu viel für mich. Ich war weg, diesmal ohne Traum.


Corins auftreten gab mir den Rest. Nie im Leben hatte ich gedacht, dass ihre Schwingungen so stark waren.
Leises Nuscheln drang durch die halbgeöffnete Tür und ich starrte immer noch an die Decke. Meine Gedanken waren leer. Genauso, wie sich mein ganzer Körper leer anfühlte, genauso wie damals, als ich nach meinem Ausbruch in der Höhle wieder zu mir kam. Nein, nicht Ausbruch. Ich hatte es verdrängt. Ich wurde verraten. Mit einem Schlag bäumte sich mein ganzer Körper wie elektrisiert auf. Diesmal zerriss mich es wirklich innerlich und schrie auf. Ich wusste nicht, wie lange ich geschrien hatte. Meine Luft blieb weg und ich schrie immer noch. Krampfartig umschloss ich meine Arme um meinen Oberkörper und krümmte mich auf die Seite. Kaum konnte ich kurzzeitig atmen, schon entwich der nächste Schrei. Jeder einzelne Nerv in mir war vollgesaugt mit den Schwingungen der Drachen. Ich konnte sie riechen. Ich konnte sie schmecken. Ich spürte ihre Freude, Leid, Hass, Liebe, Freundschaft, Pein, Leidenschaft. Alles. Von jedem einzelnen meiner geliebten Drachen und es drangen immer mehr in mich hinein.
Arme, starke Arme umgriffen mich. Ich kannte sie. Sein Geruch, ich kannte ihn. Seine Stimme, ich kannte sie. Ich kannte ihn, nur konnte ich ihn nicht sehen. Meine Augen waren nass von meinen Tränen, die sich nicht zurückhalten ließen. Wieder, wieder bäumte ich mich auf. Er hielt mich fest.
»Holt endlich einen Krankenwagen! Was steht ihr da so rum? Oder fliegt ihn in ein Krankenhaus!« Seine Stimme, sie drang zu mir durch. Stockend atmete ich und versuchte zu sprechen.
»Lars …«
»Selem, was ist mit dir?«
»Dr … Drachen, weg!«, keuchte ich und schluckte den nächsten Schmerz runter. »Bring mich von den Drachen weg!«, schrie ich raus und ich krümmte mich wieder.

Geschockt starrten mich Corin, Gelbot und Dalola an. Sie waren nicht fähig sich zu bewegen. Ihr König lag in den Armen von Lars und musste Höllenqualen erleiden. Dennoch, wie auf Befehl gingen sie aus dem Zimmer und Dalola konnte ihren Tränen nicht mehr zurückhalten.
»Was ist los? Der Kleine hyperventiliert nur. Das renkt sich schon wieder ein.« Plötzlich holte Dalola aus und schlug ihren Reiter Jackson.
»Was weißt du schon? Du hast absolut keine Ahnung, wer dieser »Kleine« ist. Wir suchen seit über 326 Jahren nach ihm.«
Diese Aussage erregte jemanden Aufmerksamkeit, der sich auch noch im Raum befand.
»Dalola, genug jetzt!«
»Ja, Prinzessin!«
Corin atmete tief ein und sah, wie ihr Gefährte in den anderen Raum ging. Sofort folgte sie ihm, weil sie ihn zurückhalten wollte.
»Taterum, bitte.«
»Er ist es? Stimmt es? Der Junge, der Freund von Herrn O. Tanners. Selem unser König!«, stotterte er und Corin senkte ihren Blick.
»Bitte gehe nicht zu ihm. Er leidet große Qualen, wenn wir in seiner Nähe sind.« Sie zuckte zusammen, als wieder ein höllischer Schrei durch die Tür drang. »Die große Mutter hat uns immer noch nicht verziehen!«, murmelte sie, doch Taterum ließ sich nicht beirren und ging in dem Raum, wo ich in den Armen von Lars lag.
»Schaff mich von den Drachen weg!«, schrie ich nun schrill und hatte noch mehr Probleme zu atmen als zuvor. Was dann passierte, darüber hatte ich kein Wissen. Ich würde sagen, Lars hatte mich nach Hause gefahren, weil ich immer wieder etwas von wegen und kein Krankenhaus, nur von den Drachen weg gestammelt hatte und weil ich in meinem Bett wach wurde.

 

Kapitel 5

Diese Decke kannte ich. Sie hat die Löcher, wo sie immer waren. Auch die Fenster waren schmutzig, weil ich nie dazu kam sie zu putzen. Sogar der Deckenbezug war der Gleiche, den ich letzte Nacht hatte und die Blutstropfen waren auch da. Ich war daheim. Nur war ich nicht allein. Lars war da. Billie sein Fahrer. Ein Typ den ich nicht kannte und noch jemand. Ich schloss meine Augen, denn es war ein Drache. »Dalola«
Aber warum spürte ich ihre Schwingungen nicht? Ne, doch. Ich spürte sie schon, aber sie schmerzten nicht. Nach minutenlanger Grübelei, warum mir ihre Schwingungen nichts ausmachten, hievte ich mich aus dem Bett.
Ich suchte in dem Schlafzimmer nach meinem Jogginganzug. Er war nirgends. Mir viel aber auch nicht ein, wo ich ihn ausgezogen hatte. So beschloss ich zum Kleiderschrank zu gehen und holte mir einen frischen.
Ich roch an den Duft des Weichspülers und verkroch mich fast in ihm. Ich liebte den teuren Duft des Weichspülers, den Lars immer benutzte, denn er bestand darauf, meine Wäsche, von seinem Personal waschen zu lassen. Er war der Meinung. Mir im Haushalt etwas behilflich zu sein, weil er sich sozusagen bei mir eingenistet hatte. Ich grinste und musste zugeben, dass es wirklich ein sehr erfrischender Duft war. Vor allem erinnerte er mich an Lars. Widerwillig riss ich mich davon los und zog den Jogginganzug an. Auf die Socken verzichtete ich, denn der Tag schien heißer zu werden als die letzten.
Langsam schlürfte ich aus dem Schlafzimmer und ging Richtung Küche. Was ich nun brauchte, war Kaffee. Literweise und starken Kaffee.
Ich staunte nicht schlecht. Es gab wohl noch jemand, der Kaffee brauchte, denn er war schon lange aufgebrüht und ich machte mir eine Tasse fertig.
Langsam ging ich an das Fenster und erblickte auf dem Parkplatz die Limousine von Billie. Ich verschluckte mich fast. Hätte er nicht einen anderen Wagen nehmen können. Es reichte schon, dass ich ständig in die Limousine einsteigen musste und meinen Nachbarn mit einer erfundene Erklärung zufriedenstellen. So was in der Art, wie… ich bin auf einem Meeting eingeladen.
Nun stand die Limousine auf dem Parkplatz und stach alle anderen Wagen aus. Vor allem nahm die Limo über zwei Plätze ein. Mir war noch nie aufgefallen, dass Billie so schlecht einparken konnte.
Ruckartig fasste ich mir ans Herz, Schwingungen von aufkommender Wut schlich sich ein. Tief atmete ich ein, denn ich machte mich auf den kommenden Schmerz gefasst, doch er kam nicht. Dies kam noch nie vor. Eigentlich musste ich aus der Nähe eines Drachen verschwinden, um wieder normal Atmen zu können.
Das Näheste was ich ertragen konnte, ohne ohnmächtig zu werden, oder Atemnot zu bekommen, waren knappe 100 Meter. Aber Dalola befand sich direkt neben mir im Wohnzimmer.
Ich schlürfte an meinem Kaffee und ging Richtung Wohnzimmer, auch wenn ich keine rechte Lust verspürte, irgendjemanden sehen zu wollen.
Ich trat ein und plötzlich waren alle still. Böse funkelte Dalola Lars an, doch er hatte nur noch Augen für mich. Sekunden, die wie Tage dauerten, tat sich nichts. Mir wurde es langsam mulmig und blickte auf die Wanduhr mit den nackten Männern. Früher Nachmittag, nur welcher Tag?
»Selem … Es tut mir leid!«, formten Lars Lippen diese Worte und als ich zum Antworten ansetzen wollte. Fauchte Dalola los.
»Das sollte Ihnen auch. Wie können Sie, so ein erhabenes Wesen, der Vater unserer Prinzessin Corin, Zelm und den Prinzen Gelbot, Terem und Nem, unserem König der Bewahrer unseres Volkes, der Träger der einzigen und wahren Macht aller Wesen, so etwas antun. S… Sein Körper, sein wunderschöner und reiner Körper.«
Langsam dämmerte es mir und es war mir vorhin nicht aufgefallen, aber die Striemen taten nicht mehr weh, obwohl es immer ein paar Tage dauerte, bis dass das ziepen aufhörte.
Ich spürte auch noch Jacksons Blick auf mir und aus dem Augenwinkel sah ich, dass dieser Blick nur Rivalität, Belustigung oder doch eher Eifersucht bedeutet. Ich tippte auf, weil Lars seine Gefühle mir gegenüber nicht unterdrücken konnte und wegen der Aussage von Dalola über meine Striemen, oder wohl eher die Aussage über meinen Körper.
»Dalola genug jetzt!« Sie erschrak und als sich unsere Blicke begegneten und sie meinen starren, ernster und matten Augen sah, senkte sie ihren Blick. Wieder funkelten mich Jackson an und wurde sichtlich aufgekratzter.
Ich sah Schweißperlen auf ihrer Stirn und ihre ganze Körperhaltung hatte den Anschein, als ob sie jeden Moment zusammenkrachen würde. Das war ich von ihr nicht gewohnt. Sie war meine beste Kriegerin und eine fürchterliche Erkenntnis drang in mir hoch. Nein! Ich sah es sogar. Sie hatte nicht nur die Striemen geheilt, sondern nahm die Last ihrer eigenen Schwingungen auf sich. Langsam trat ich auf sie zu, hob meine Hand und streichelte sanft ihre rosigen Wangen. Sie schaute mich an und in ihren Augen war nur noch Leid und Trauer zu sehen.
»Wie konntest du nur?«
»Ich … Ich …« ich nahm meine Hand von ihrer Wange und trat einen Schritt zurück. Jackson wurde immer hibbeliger, doch das war mir im Moment gleich. Mein einziger Gedanke war, Dalola zu retten. Nur konnte ich das in meiner jetzigen Situation nicht, so wandte ich mich zu dem fast explodierenden Jackson.
Er baute sich vor mir auf und blickte herablassend zu mir runter. Seine Haltung schrie Abneigung und so wie er vor mir dastand, tippte ich darauf, dass er Dalola als sein Besitz ansah. Ich leugnete nicht, dass er fast einen ganzen Kopf größer war, als ich. Auch wenn ich meine »Magie« nicht einsetzen konnte, so konnte ich ihn dazu bringen Dalola zu retten.
»Du!«, sprach ich ihn an. »Wenn du Dalola weiter als deinen Drachen besitzen willst, musst du meine Bitte nachgehen.«
»Was soll der Scheiß. Dalola ist meine Frau.«
Das war überraschend. Dalola war also freiwillig bei ihm und wurde nicht von dem Rat erstellte Regel dazu gezwungen einen Menschen als Reiter zu akzeptieren.
»Oh! Wie schön! Dann denke ich, wirst du diese Bitte, mit Ehrgeiz annehmen.«
»Einen scheiß werde ich. Dalola ist meine Frau und ich werde sie dir bestimmt nicht überlassen.« Dies hatte ich erwartet, aber ich musste vorsichtig sein, sonst würde das Ganze nach hinten losgehen.
»Abgesehen davon, gehört sie mir schon.« Seine Augen zogen sich zu einem Schlitz und mir gefiel sein aufkommender Zorn. Er würde mich wirklich gerne zu Hack verarbeiten. Keine Ahnung, was er sich gerade dachte, aber wahrscheinlich, so etwas wie altertümliche Menschenfantastereien, wie der König hatte das Vorrecht sich jedes Weibchen zu nehmen oder so in der Art. Ich musste mir ein Schmunzeln unterdrücken.
»Was! Du kleiner Scheißer…« Nun baute sich Dalola vor ihm auf und er zuckte unwillkürlich von ihr zurück. Wahrscheinlich hat sie auch schon einmal bei ihm ihre Fäuste und Kicks spielen lassen. Sein Ausdruck wurde sanfter. Was mich überraschte. »Dalola, was ist mit dir?«
Das war mein Startschuss.
»Sie liegt im Fieber und du Mensch, wenn du der Meinung bist, dich weigern zu müssen und dich auf taub zu stellen, nur weil ich ein Drache bin und in deinen Augen nichts weiter als nur ein Nutztier, der nichts zu wollen hast, werde ich mein Kapitän der königlichen Leibgarde wieder zu mir nehmen, oder du tust, was ich dir sage. - Dieses Fieber, ist kein normales Fieber. Dalola wird es nicht überleben«, zischte ich und funkelte ihn böse an. Er sah nicht, dass ich große Schwierigkeit hatte diese aufgestellte Fassade zu halten. Wie gerne würde ich alle rausschmeißen und mich mit Lars auf die Couch breitmachen, um irgendeinen langweiligen Film zu schauen.
»Ich habe nichts dagegen, wenn sich Menschen und Drachen vereinigen, aber ich habe was dagegen, wenn die Menschen, wenn es um die Rettung einer meiner geliebten Untertanen geht, sich weigern, die Tatsache ins Auge zu blicken, dass nicht alles nur aus purer Eigennutz besteht. Sie ist deine Frau, umso mehr musst du dir im klaren sein, dass du sie, ab jetzt nicht mehr als Drache reiten kannst. Solltest du dich dennoch entscheiden, diesen Wettkampf weiter zu bestreiten, und Dalola dazu bringen sich zu verwandeln. Wird es für dich all für allemal das letzte Mal sein, dass du sie als Drache sehen wirst. Danach wird sie weiter ins Fieber fallen. Sie wird für ewig in diesem Fieber liegen. Selbst dann noch, wenn du deinem Schöpfer entgegentrittst. Oder was erträglicher ist, sie erliegt ihre eigenen Schwingungen, die sie absorbiert und wird von ihrem Leid erlöst. - Also was ist? Rettest du deine Frau, weil du sie liebst, oder rettest du lieber deinen Ruf. Den Ruhm als unumstrittener Weltmeister. Die Entscheidung liegt bei dir.« Mein Zynismus schlug in Sarkasmus um.
»Was ist das für eine Bitte!«
Ich ging an Lars vorbei, der nur noch verdattert dastand. Er konnte es nicht fassen, dass ich ihn so ignoriere und es schmerzte tierisch, doch musste ich Jackson seinen Stand bei mir einbläuen. Er war der Ehemann von einer meiner Untertanin und somit musste er sich an die Regeln und Gesetze meiner Welt halten.
Vor dem Wohnzimmerschrank blieb ich stehen und zog eine Schublade raus. Kurz kramte ich bis ich endlich einen Stift und einen Zettel gefunden hatte und ich ihm den Weg zu den Trollen aufgeschrieben hatte.
»Hier, diesen Weg musst du gehen. Zu Fuß. Du darfst nur deine Klamotten, die du am Leib hast tragen. Nichts zu wechseln. Solltest du das Bedürfnis verspüren, dir die Zähne oder deinen Körper zu waschen. So tue es drei Tage, bevor du diese Stelle erreichst. In dem Moment wo du diese Stelle betreten hast, kommt es auf deinen Körpergeruch an. Die Bewohner dieses Waldstückes haben einen sehr guten Geruchsinn und erkennen die Absicht eines Einzelnen an den Körpergeruch. - Nimm kein Metall mit. Kein Geld oder sonst für Wertsachen. Uhr und Schmuck muss abgelegt sein. Die Bewohner töten jeden, der so was mit sich trägt. Elektronik, wie Handy, solltest du möglichst auch vermeiden mitzunehmen. Ich glaube kaum, dass sich die Bewohner inzwischen an die Zivilisation der Menschen gewöhnt haben.«
»Was sind denn das für Hinterweltler?«
»Trolle. Miese, kleine, stinkende, habgierige Trolle. - Ach ja, etwas musst du allerdings doch mitnehmen. Etwas was dir sehr an Herzen liegt und du dich davon nie trennen würdest. Sie geben nichts ohne Bezahlung raus.« Nun blickte er mich wirklich sprachlos an.
»Ich dachte, ich soll keine Wertsachen mitnehmen.« »Natürlich nicht. Du sollst etwas mitnehmen, wovon du dich nie in deinen Träumen trennen würdest. Etwas aus deiner Vergangenheit. Etwas was dir lieb und teuer ist. Etwas, was für dich eine wertvolle Erinnerung bedeutet. Wie gesagt, Trolle besitzen einen sehr guten Geruchssinn und wenn du ihnen etwas als Bezahlung geben willst, woran du nicht hängst, werden sie dir das Mittel für Dalolas Fieber nicht geben.«
Immer noch hatte ich das Gefühl, das Jackson sich als Volltrottel entpuppte. »Es kann eine Socke sein. Ein Babyschuh, Schnuller, Teddybär, Teller, Foto von deinen Eltern oder deiner ersten Freundin. Etwas, was in dir eine Sehnsucht aufbrodeln lässt, die sehr stark ist, dass es die Trolle für eine würdige Bezahlung ansehen.«
»Es ist ja alles gut und schön, aber ich kenne immer noch nicht deine Bitte.« Nun lächelte ich ihn an. Jackson war wahrscheinlich doch nicht so ein Volltrottel, wie ich gedacht hatte und sein Gesichtsausdruck blieb ernst. Nein, sein Ausdruck war »Entschlossenheit«. Er würde um jeden Preis, seine Dalola retten und wenn er selbst ums Leben kommen sollte. Auf nichts anderes wollte ich hinaus.
Seine Eifersucht mir gegenüber, war sehr offensichtlich und ich musste ihn einfach nur in die richtige Bahn schieben. Wenn ich nun auch noch sage, dass ich zu schwach bin um das Mittel selbst zu holen, würde er sich von seinem ersten Eindruck, den er von mir hatte, bestätigt fühlen. Mehr wollte ich nicht.
»Ich bitte dich, rette Dalola. Rette Dalola, weil ich es nicht kann.«

Kurz blickte ich Lars an und wünschte mir, ich könnte seine Gedanken lesen. War er nur sprachlos oder verdattert oder perplex? Wobei man alle drei Begriffe in einen Sack hätte reinschmeißen konnte. Es käme sowieso alles aufs Gleiche raus. Ich wagte es, aber auch nicht ihn anzusprechen, so nahm ich meinen Kaffee, den ich kurz zuvor auf den Schrank gestellt hatte und bewegte mich Richtung Couch. Ich musste wissen, welcher Tag war und blätterte in der Programmzeitung.
Uff das war knapp. Ich dachte schon, ich hatte wieder so einen Black Out, der sich über drei vier Tage hinweggestreckt hatte. Aber es war Sonntag, einen Tag nach dem ersten Wettkampf. Ich konnte also am Montag wie gewohnt wieder in die Arbeit gehen und mein »normales« Leben weiterführen.
Über Dalola brauchte ich mir keine Sorgen zu machen, sie würde nichts sagen, wo ich mich im Moment befand. Nicht, dass ich angst hätte erkannt oder entdeckt zu werden, aber ich musste zugeben, ich wollte nicht gerade dem Rat in die Hände fallen, oder dem jetzigen Herrscher, der sich nach meinem Sturz in die Tiefe meine Position als König an sich gerissen hatte. Zumal er das Gesetz erlassen hatte. Jeder Drache musste sich in der Auffangstation einfinden, markieren lassen und wenn er Glück hatte, würde ihm ein Reiter zugeteilt.
Das war ein Ding, als das Gesetz bekannt wurde. Damals vor 75 Jahren war ich aus allen Wolken gefallen. Okay war ich nicht, denn Fliegen war eins der Dinge, die mir verwehrt blieben. Aber ich wäre wenn ich geflogen wäre, bestimmt irgendwo im Grant Canon hinabgestürzt, und hätte mir sämtliche Knochen gebrochen, als es im Radio gebracht wurde.
Der Rat, nein der Herrscher nahm sich in den letzten 150 Jahren schon sehr viel raus. Soweit ich etwas davon mitbekam. Aber dank der Elektronik und Technik, die sich Jahr für Jahr weiter entwickelte, war ich in den letzten 75 Jahren, doch sehr gut auf dem Laufenden.
Irgendwo musste ich die ganzen Aufzeichnungen haben, ach, es war ja egal, ich brauchte meine Schriftzüge nicht mehr, denn nun musste ich nur ins Internet gehen und googeln, und schon hatte ich die alten Gesetze, Aufzeichnungen und was ich sonst noch alles finden wollte.
Ich fragte mich, wie weit Rolf mein Geheimnis kannte. Oder waren alle diskret? Ich wusste es nicht. Vor allem war es mir auch egal. Mein eigentlicher Sinn, nach dem mir war, war Dalola wieder gesund zu wissen.
Sie hatte die verbotene Magie angewendet, damit ihre Schwingungen die seit Urzeiten, für die Aufbereitung dem König zugedacht war, auf sich selbst gerichtet. Das bedeutete au jeden Fall ihr sicherer Tod.
Nun gut, so sicher war der Tod nun doch nicht, aber es gab keine Magie, die keine Nachwirkungen mit sich brachte. Der Haken daran war, wenn sie sich in ihre eigentliche Form verwandelte, sprich in einen Drachen, so schlugen die Schwingungen, die in menschlicher Form um einiges abgeschwächter war, brutal zurück. Das würde ihr Tod bedeuten.
Ich atmete ein und spürte immer noch die Nähe von Jackson und Dalola.
»Willst du dich nicht langsam mal auf dem Weg machen? Immerhin sind es an die 900 km!«
»Ich kann es nicht zulassen!«, hörte ich Dalola, die mit ihrem Mann sprach und ihn ansah, als ob er das Einzige auf der Welt sei. Lars erwachte langsam aus seiner Sprachlosigkeit und ich vernahm, dass sie sich über den Weg zu den Trollen unterhielten.
»Herr Tanners… würden Sie… ich meine…!«
»Natürlich.« Er drehte sich zu mir um und blickte mir tief in die Augen. »Ich kann es nicht zulassen, wenn jemand in Not ist, der Selem sehr wichtig ist.« Meine Knie wurden weich und ich versank in seinen wunderschönen tiefblauen Augen. Mit einem Schlag war ich nicht mehr der König, sondern nur sein kleiner Selem. Hatte Lars überhaupt eine Ahnung, wie sehr ich ihn liebte. Wie sehr ich ihn vertraute? Ich denke ja, sonst würde er sich nicht in die Gefahr stürzen und Jackson dabei helfen zu den Trollen zu gelangen.
Trolle, sie wurden vom Rat ausgeschlossen, wurden verjagt, verhöhnt. Nur weil sie sich geweigert hatten, dem Rat ihre Treue zu schwören. Sie galten als gesetzlos und wurden auch so behandelt. Ein kleines Stück Land, wurden ihnen gegeben, wo sie nichts hatten.
Ihren ganzen Lebensstandart mussten sie ändern und ihnen wurde verboten ihre eigene Magie zu nutzen.
Was sie allerdings nicht einhielten. Das wiederum für mich vom Vorteil war. Schon öfters musste ich ihre Hilfe in Anspruch nehmen und den ausstehenden Soll den ich zu begleichen hatte, musste ich erfüllen, wenn ich meinen Anspruch als König einfordere. Was allerdings nicht gerade gering war.
Inzwischen hatten sich Dalola und Jackson verabschiedet und ich nahm einen Schluck von dem inzwischen laufwarmen Kaffee und verzog meine Mundwinkel. Alles konnte ich leiden, aber lauwarmer Kaffee, ging nun gar nicht. Lieber kalt, aber niemals lauwarm. Ich stellte die Tasse auf dem Wohnzimmertisch und plötzlich wurde ich über die Lehne der Couch geschleudert. Mein Arm brutal und unnatürlich auf den Rücken gedehnt. Es wäre für mich ein Leichtes gewesen mich daraus zu befreien, aber das Aftershave, welches mir in die Nase stieg, gehörte Lars. So ließ ich es zu und biss mir auf die Lippe, als Lars mir mit einem Ruck die Jogginghose runter zog.
»So, du bist also der König. Also König, ist es, normal einen Menschen verächtlich anzuschauen? Ihn zu ignorieren und abblitzen lassen? Sag es mir König. Soll ich dir jetzt die Füße lecken? Auf die Knie fallen und dich anbeten?«, zischte er und in seinem Unterton hörte ich etwas für ihn völlig fremdes heraus. »Weißt du, was ich jetzt mit dir machen werde?« Ich konnte es mir vorstellen und ich wartete darauf. In dem Moment, wo er mir diese Frage gestellt hatte, schob er mir die Beine auseinander und ich spürte seine Härte zwischen meinem Po. Mein Anus regierte darauf und mein bester Freund pulsierte.
»Tzz, was bist du nur für ein König, ich dachte, du würdest dich etwas majestätischer aufführen, aber nichts. Du wehrst dich nicht einmal«, flüsterte er und drehte mich um. Ich blickte ihn an, mein Atem ging stockender und sein Blick wandert zwischen meine Beine. Er grinste.
»Verstehe, der kleine Prinz da unten, will es.« Sein Blick wanderte wieder zu meinem Gesicht. In seinem Ausdruck war nur die pure Geilheit. Nichts, was sich sonst immer darin spiegelte, bevor wir es machten.
»Tu es!« Formte ich die Wörter und Lars ließ sich nicht mehr länger aufhalten. Er hob mein Gesäß an und rammte mir seinen Schwanz in mein Loch rein. Es zog höllisch und ich stöhnte laut auf.
Ich spürte, dass es nur Geilheit war. Keine Leidenschaft, keine Rücksicht, nur Sex. Lars benutzte meinen Körper, um sich zu befriedigen. Auf mich schaute er nicht und als er kam, entzog er sich mir und ging ins Bad.


Was war das? So hatte er mich noch nie behandelt. Er war geil und mir wurde bewusst, wäre jemand anderes da gewesen, so hätte er ihn genommen, wie mich jetzt. Ich schluckte schwer und sank auf die Knie. Ich musste all meine Kraft aufbringen und meine Tränen zurückhalten, denn ich hatte keine Ahnung, wie er mich weiter behandeln würde. Der Sarkasmus in seiner Stimme durchzuckte meinen Körper. Vorhin hatte ich es nicht so registriert, weil ich selbst auf ihn scharf war, aber jetzt. Jetzt bin ich immer noch scharf auf ihn, mein Freund pulsierte und wollte Erlösung.
Lars kam aus dem Bad und würdigte mir keinen Blick. Er nahm seine Schlüssel, gab Billie, der sich in der Küche aufhielt kurze Anweisungen und verschwand.
Das Zustoßen der Tür hallte noch viele Minuten in mir nach.

Ich hatte Lars verloren…

 

Kapitel 6

Keine Ahnung wie ich es geschafft hatte, aber ich schleppte mich Tag für Tag in die Arbeit. Die Tage wollten nicht vergehen und die Nächte vergingen noch langsamer.
Meine Anrufe erwiderte er nicht und er rief mich nicht zurück.
Oft erwischte ich mich dabei, wie ich auf die andere Seite langte und es leer vorfand. Lars hatte mich wirklich verlassen. Er hatte mich gefickt, wie ein Stück prostituiertes Fleisch und dann fallengelassen, wie eine vergammelte Kartoffel.
Erst säuselte er etwas von ›Ich kann es nicht zulassen, wenn jemand in Not ist, der Selem sehr wichtig ist<‹ und dann das? Der ganze Nachmittag, war wie ein schlechter Film, ein böser Traum und ich kam nicht hinter dem Hintergrund seines Handelns.
Mein Wecker klingelte und ich schlug drauf, »bin schon wach du doofes Ding«, zischte ich und drehte mich auf die Seite. Lars huschte wieder vor durch meine Gedanken und ich starrte absichtlich in die aufgehende Sonne. Ihre Strahlen verursachten lila Punkte in meiner Iris und das Gesicht, welches ich so sehr vermisste, verschwand. Aber auch nur, um gleich wieder aufzutauchen. Lars verfolgte mich. Ob ich schlief, wenn ich mal schlief. Wenn ich an dem Supermarkt vorbeikam und mich erinnere, wie ich für uns eingekauft hatte. Auf dem Weg in die Arbeit und ganz besonders in meiner Wohnung. Jede verdammte Ecke in meiner Wohnung erinnerte mich an Lars. Ich musste hier raus.

Oft schob ich die Schublade auf und betrachtete die Fesseln oder die Wanduhr. Den Ofen hatte ich seitdem gar nicht mehr benutzt und im Kühlschrank verschimmelte langsam die Nahrung.

So saß ich wieder in meinem Büro auf meinem Stuhl und starrte die Arbeit vor mir an. Ich starrte und erledigte monoton die Zettelwirtschaft und wenn ich zum Auftrag von Lars O. Tanners Werbebanner kam, so schob ich ihn wieder einen Stoß weiter nach unten.
Ich wusste, dass am heutigen Tag das Meeting stattfand und mir war es egal. Egal ob ich nun, weil ich mir keine Vorschläge für seine Expansion überlegte, den Job verlor. Um ehrlich zu sein, ich arbeitete direkt darauf hin. Ich kam absichtlich zu spät zur Arbeit oder verpasste einen wichtigen Abgabetermin.
Ich blickte auf die Uhr, noch 45 min und dann begann das Meeting. Ich hätte erst gar nicht erscheinen sollen. Mein Chef oder Noch-Chef kam aus seinem Büro, direkt auf mich zu. Seinem Ausdruck zu beurteilen, hoffte er, dass ich wenigstens diesen wichtigen Deal nicht versaute. Tja, leider musste ich dich enttäuschen und ich stellte mich auf die Kündigung ein.
»Sind Sie soweit?«
Bitte was? Ich hatte mich wohl verhört? Hatte der mich tatsächlich gefragt, ob ich, soweit war!? Verdattert busstete ich die Luft aus, nickte und schüttelte gleichzeitig den Kopf. Meine Körperhaltung ließ wirklich meine Überraschung sprechen. Er verschwand noch mal in sein Büro, wahrscheinlich hatte er etwas vergessen.
Rolf, dem es nicht entgangen war, dass ich außer mir war, kam auf meinem Tisch zu.
»Wir wissen alle, dass du nicht richtig auf dem Damm bist, deswegen drückt der Chef auch ein Auge zu. Aber ich habe dich beobachtet, immer wenn du auf dem Tanners-Auftrag stößt, schiebst du ihn von dir Weg. Ist am Samstag irgendetwas passiert? Hat der Kerl dir irgendetwas angetan?«
›schon! Er hatte mich gefickt und dann mit mir Schluss gemacht. Also nichts, was ich dir unter die Nase binden müsste. Denn es war ja auch nicht bekannt, dass wir seit über einem halben Jahr liiert waren.‹ Ich schüttelte nur dem Kopf und murmelte. »Ich habe nur Kopfschmerzen und die Werbungsplakate für die Expansion für einen Menschen der Oberen 10 000, der eh schon einen Namen hat, interessieren mich nicht wirklich. Ich möchte Menschen helfen, die es nötiger haben, als wie ein O. Tanners Nachkömmling.«
»Hmm, verstehe. Lass es den Chef nicht hören, sonst bist du am Arsch. Im Moment schiebt er alles auf deinen Kollaps, den du am Samstag hattest«, sagte er beim Gehen, aber der Blick in seinen Augen, sagten etwas anderes. Fast so, als ob er etwas ahnen würde. Kurz hielt er inne und tippte mit dem Zeigefinger auf seinem Oberschenkel rum. Ihm lag etwas auf der Zunge, aber er verkniff es sich und ging weiter.
Mein Kopf dröhnte und mein Herz war der Meinung in meiner Brust Überstunden zu schieben. Seit meinem Anfall hatte ich das Gefühl, dass ich sensibler auf die Schwingungen reagierte. Auch viel es mir auf, dass Drachen in menschlicher Form, mir heimliche Blicke zuwarfen. Es waren aber welche, die ich nicht kannte. Jüngere, die damals nicht dabei waren.
Ich spürte nur, dass es Drachen waren, aber seit ich mich in meinen Zorn verloren hatte, konnten mich andere nicht mehr spüren.

Ich schnappte mein Jackett, das Einzige, was ich besaß und warf es mir über die Schulter. Ich hasste Meetings. Besonders die, die Kleiderregeln bevorzugten. So wie nun mein Ex, weil er eine bekannte Persönlichkeit war. Herr Gott womit hatte ich das verdient.
Unwillig blieb ich vor dem Wagen meines Chefs stehen und es hatte den Anschein, dass ich von der einen Sekunde auf die Nächste, vergessen hatte, wie man die Tür öffnete. Mein Chef hatte schon den Motor gestartet und endlich öffnete ich die Tür und setzte mich auf die Beifahrerseite.
Gedankenverloren schnallte ich mir den Gurt um und versuchte den ganzen Weg die aufkommende Herzattacke, die nicht von den Schwingen der Drachen herrührte zu unterdrücken. Wieder nannte ich mich als das größte A-Loch was auf der Erde wandelte. Mein Chef versuchte sich in Smalltalk, was ich meistens nur mit »Ja«, »Nein«, oder »Vielleicht«, beantwortete.
Auch hörte ich nur mit dem halben Ohr hin, welche Vorschläge er dem »großen Lars O. Tanners« unterbreiten möchte. Wie mich das ankotzte.
Warum konnte ich die Magie, wenn ich sie am nötigsten benötigte nicht herrvorrufen. Das wäre eine Sache, einen Baum zum umstürzen bringen, ein Flugzeug auf der Autobahn Notlanden lassen oder eine Massenkarambolage verursachen. Ja das wäre was.
Ich atmete ein und bekam nicht mit, wie mein Chef mir die Hand auf die Oberschenkel legte.
»Selem…, Selem,… geht es Ihnen gut« irgendwann drangen doch seine Worte zu mir durch und ich nickte nur.

Ich erkannte den Weg und meine Abneigung, ihn zu sehen schlug in Groll um. Wäre ja auch zu viel verlangt gewesen, dieses, ach so wichtige Meeting an einem neutralen Ort abzuhalten. Obwohl ich nie bei Lars war, kam mir dieser Weg, diese Baumreihe, das sauber geschnittene Gras und der Steinbrunnen vertraut vor. Wie oft hatte ich im Internet nach seiner Villa gesucht und in einsamen Stunden stundenlang sein Zuhause angestarrt. Gewusst, er war dort drinnen und sehnte sich wieder zurück zu mir. Diese Gedanken ließen mich schaudern und mein Chef parkte das Auto neben der Limousine von Billie.
Was mich wunderte, Lars Auto stand nicht da. Ein Mercedes SLR McLaren Roadster. Nicht, dass ich das Auto vermissen würde. Dennoch war es sehr ungewöhnlich und eine sehr warme und intensive Erinnerung stieg in mir hoch. Oh Gott, ich vermisste dieses Auto. Sofort zwang ich mich, diese aufkommenden Gedanken und die dazugehörigen intensiven gar unmoralischen Erinnerungen an dieses Auto zu verdrängen. »Gott ich bin so menschlich geworden«

Mein Chef ging schon vor und Billie wartete am Eingang. Freundlich wie immer begrüßte er uns mit seinem aufgesetzten Lächeln. Gegenüber mir blieb er ebenfalls kühl und unnahbar. Schwermütig erinnerte ich mich zurück, wie er wirklich mal normal war. Seine Biere getrunken und geschnapselt hatte und Lars einfach die Limousinenschlüssel in die Hand drückte, Lars und ich ihn Arm in Arm zum Auto brachten und ihn heimfuhren.
Ich atmete ein und schüttelte unmerklich meinen Kopf. Billie führte uns in die Villa.

Geschockt. Ich stand nur noch geschockt da. Ich war nicht mehr fähig, mich zu rühren, und starrte nur noch auf das Ölgemälde. Diese melancholische Landschaft, die kleine Brücke, auf ihr Kinder freudig verfangen spielten und in der Mitte des Bildes, ein wuchtiger, muskulöser, majestätischer blauschwarzer Drache der seine Nüstern gen Himmel streckte. Der lange kräftige Schwanz lag neben seine starken Pratzen grazil da. Seine Schuppenmusterung glich einem reinen Diamanten. Über dem Herzen schimmerte es leicht rötlich und die Augen wiesen einen Silberglanz auf, die die Weisheit des Lebens zeugte. Das war ich.
Wo hatte er das nur her? Es war mein Bild. Es war in der verbotenen Stadt weggesperrt worden. Das hier war… eine Fälschung. Weiter kam ich nicht, denn der Klang seiner Stimme unterbrach mich und ich gezwungen war ihn anzublicken.
Alles zog sich in mir zusammen, nicht nur wegen des Bildes, sondern seine Gegenwart, seine Haltung, seine Augen. Er strahlte wie eh und je, als ob nichts geschehen wäre. Als ob unsere sechs Monate lange Beziehung nur etwas Beiläufiges war. Als ob sie nie stattgefunden hatte. Am liebsten hätte ich Lars angebrüllt. Ihn zur Schnecke gemacht, bis er nur noch unter einem Fingerhut gepasst hätte, aber ich rief mich zur Ordnung und setzte mein Gesicht, was ich damals immer annahm, als ich noch geherrscht hatte auf.
Er wollte es so, er bekam es. Er benahm sich mir gegenüber, wie ein Fremder, so machte ich das auch. Ich hatte viel zu lange meinen Stolz als Drache untergraben. Nun war damit Schluss. Ich war der König. Lars wusste das und ich würde keinen Fehler in seiner Gegenwart begehen. Ich werde ihm zeigen, dass ich ohne ihn kann. Auch wenn es für mich noch so schwer war.
Aber waren wir mal ehrlich sechs Monate, was war das schon? Ich war über 1579 Jahre. Sechs Monate war für mich nichts weiter als ein Augenaufschlag. Eine lachhaft kurze Zeit.
›Ich bin der König der Drachen, der Bewahrer des Friedens und des Lebens. Ich bin Selem der Schwarze.‹

»Wie schön, dass Sie hergefunden haben«, begrüßte Lars uns und gab erst meinem Chef die Hand.
»Ja, es war nicht so schwierig.« Mein Chef drehte sich zu mir. »Das hier ist Herr Sokem. Er wird Sie, wenn Sie Fragen, bezüglich Ihrer Expansion haben, zur Seite stehen. Selem ist ein echtes Genie, was Expansion betrifft.« Nun reichte Lars mir die Hand. Ich gab ihm die meine und keine Regung huschte über mein Gesicht. Nicht einmal meine Augen erfreuten sich an seinem Anblick. Auch ließ die Berührung meinen Körper kalt.

Nach der Begrüßung tat ich so, als ob ich auf meine Armbanduhr schaute und meine Stirn in Falten zog.
»Oh, haben Sie nicht all zu viel Zeit?«, fragte gleich darauf Lars meinen Chef.
»Wie kommen Sie darauf? Selem, haben wir noch einen anderen Termin?«
»Nein, Sie nicht. Aber wenn Sie gestatten, so werde ich das interessante Meeting nicht bis zum Schluss beiwohnen.« »Warum?«
»Sehen Sie. Dieses Ölgemälde ist eine Fälschung. Eine sehr Gute muss ich anmerken, nur fehlt mir da etwas. Was auf dem Original eigentlich sein sollte.« Lars Kinnlatte zog sich fast bis zur Brust und selbst mein Chef blieb die Spuke weg.
»Finden Sie nicht auch, dass es nochmals gründlich überdacht werden sollte, bevor wir Werbeplakate für Fälschungen bereitstellen?« Das hatte gesessen.
»Bitte entschuldigen Sie, Herr Sokem, aber dieses Bild ist keine Fälschung. Ich habe es selbst gezeichnet. So habe ich mir immer den König der Drachen vorgestellt und ich möchte gerne meine Werke für die ganze Welt bereitstellen.«
Ich wusste, dass er zeichnet und ein richtiger Künstler war, aber dieses Bild kam nicht aus seinen Gedanken. Er musste es abgezeichnet haben. Aber wie? Ich musste es herausfinden.
»Wie Sie meinen, aber ich bleibe dabei. Ich habe das Original gesehen. Wahrscheinlich werden die Prinzessinnen und die Prinzen höchst erfreut sein, ihren Vater so majestätisch falsch und grausam kopiert zu Gesicht zu bekommen«, sagte ich und ich sah, dass es in Lars ratterte. Hatte ich wohl doch ins Schwarze getroffen? Wie gerne würde ich nun hämisch und herablassend lächeln, aber ich veränderte mein Gesichtsausdruck nicht.
Dies und vieles mehr hätte ich ihm gerne an dem Kopf geworfen. Doch stattdessen schluckte ich es runter und reichte ihm meine Hand. Er erwiderte, ohne zu zögern, den Gruß.
Ich dachte schon, es würde mir mehr Überwindung abverlangen, seine warme und sanfte Haut zu spüren.

Danach führte Lars uns in einem riesigen Raum. Was wohl die Empfangshalle des Vorführens war. Der Boden aus grau melierten Marmor. Die Wände in Raubutz versehen und auf Wandfarbe wurde verzichtet. Wahrscheinlich, damit seine Ölgemälde, besser zum Vorschein kamen. Ich musste zugeben, die Bilder waren wirklich fantastisch. Jedes einzelne Bild sprach ihre eigene Sprache. Die Vorhänge bestanden aus einem schweren Stoff, die in eine Orange und Ocker eingetauchten durchgemischten Muster bestand. Alles in allem, harmonierte der Raum mit den Sinnen, mit denen die Bilder betrachte werden solltest.
Lars hatte wirklich Geschmack. Er schien, wirklich irgendwelche Regungen aus mir sprechen sehen zu wollen, aber diesen Gefallen tat ich ihm nicht. Ich blieb ausdruckslos, aber es gefiel mir. Wie er mich ansah, beobachtete jede Bewegung von mir und in sich einsaugte. Oh Yeah, er sollte an was anderes saugen. Leichte Hitze stieg in mir hoch und ich rief mich auf dem Boden zurück. Dennoch blieb ich kalt, zeigte ihm die kalte Schulter, denn nun würde ich ihm dem Boden unter seinen Füßen öffnen, dass er der Weg zur Hölle von alleine fand.
Gekonnt hielt ich mich im Hintergrund, während mein Chef sich mit Lars unterhielt. Die Diskussion erreichte allmählich den Höhepunkt und ich bezweifelte, dass die beiden auf einem Nenner kamen.
Wahrscheinlich sah man es mir an und Lars wandte sich zu mir.
»Herr Sokem, was sagen Sie dazu. Ich schwanke eher zu dem Drachenkönig, dass unten im Eingangsbereich aufgestellt ist.« Langsam wandte ich meine Aufmerksamkeit zu ihm.
»Ich schwanke, weder zum Drachenkönig noch zum Liebe im Spiegel«, sagte ich und mein Chef starrte mich erstaunt an. »Sehen Sie, wenn Sie schon mit ihrem Meisterwerk ins Haus fallen, dann sind Ihre ganzen anderen Objekte hinfällig und langweilig, und es war Ihre erste Ausstellung und zugleich Ihre letzte. Es wäre ja schade, dass dann so eine Ausstellung, Ihren Ruf in der Öffentlichkeit schadet. Zumal Sie ja wirklich einen ausgeprägten Namen haben. Ich würde, dass Katzenleopard mit dem Obstteller, vermischt auf die Plakate bringen und eventuell als Hintergrund die Andeutung von den spielenden Kindern von dem Ölgemälde Drachenkönig einbringen. Zumal Ihr Gesicht, sowie Ihr Name und der Termin der Ausstellung auch noch auf dem Plakat erscheinen müssen. Vielleicht, wenn es der Platz zulässt noch einige interessanten Namen, wie zum Beispiel« Ich drehte mich zu dem Bild. »Verlorene Liebe oder Schneeballschlacht im Sommer. Wobei ich Schneeballschlacht im Sommer lieber in die Ausstellung nicht mit einbringen würde. Die Andeutung der schwulen Liebe ist dort, doch sehr ausgeprägt. Einige würde es als anstößig und obszön bezeichnen. Dann doch lieber ›Ich war böse, bestrafe mich‹«. Ich zeigte mit meinem Finger auf das letzte Bild in dem Raum. Mein Chef kniff die Augen zu. Es war ja doch etwas zu viel verlangt, die schwachen Augen eines Menschen so dermaßen zu strapazieren. »Diese dominante Darstellung von dem Mädchen mit ihren unschuldigen Augen, die über dem in Ketten gefesselten Mann gebeugt stand, entspricht schon eher dem Geschmack der Öffentlichkeit. Herr Tanners, was Sie unbedingt beherzigen müssen, ist, dass Sie kein Van Gogh oder Da Vinci sind oder ein anderer renommierter Künstler. Diese Künstler hatten was besessen, was Sie leider nicht haben.«
»Selem! Sie gehen etwas zu weit!« Ermahnte mich mein Chef.
»Bitte entschuldigen Sie mich, Herr Lorf, aber es ist unsere Pflicht unsere Kunden auf ihre Schwächen hinzuweisen. Und diese Schwächen gemeinsam entgegenwirken.« Lars winkte weiter und ich bemerkte, dass seine Stimme leicht angekratzt war.
»Bitte fahren Sie fort.«
»Leidenschaft! Ihnen fehlt die Leidenschaft für Ihre Bilder.« Ich betonte ganz bewusst das Wort.
»Man erkennt die Bedeutung der einzelnen Bilder, aber es fehlt der gewisse Kick. Ich sehe hier kein einziges Bild, das mich anspricht, es sofort für meine einzigartige Sammlung zu kaufen.« Mein Chef räusperte sich. »Das würde zumindest Adrian Delldelmi sagen. Er ist der bekannteste Kunstsammler und er hat Geschmack. Wenn Sie wollen, dass Ihre Werke bewundert und ersteigert werden, dann müssen Sie sich mehr ins Zeug legen.« Ich wandte mich zu meinem Chef. Kurz nickte ich ihm zu. »Bitte entschuldigen Sie, aber ich werde diesen Auftrag nicht annehmen, und vor allem möchte ich nicht daran schuld sein, wenn diese ganze Aktion den Bach runtergeht.«
»Herr Sokem, wissen Sie, was Sie gerade getan haben?« Natürlich wusste ich das, immerhin hatte ich mich eben selbst gekündigt und das murmelte ich vor mich hin. Dann drehte ich mich um und war schon fast an der Tür, als mich mein Chef zurückhielt.
»Was ist mit Ihnen los?«
»Nichts, ich fühle mich nicht sehr gut.«
»Quatschen Sie seine Opern. Wissen Sie, warum ich Sie nicht schon lange gekündigt habe?« Wie üblich wartete er nicht auf eine Antwort meinerseits. »Weil Sie einer der wenigen Menschen sind, die ihre Meinung offen und ehrlich sagen. Ihre Arbeit immer perfekt ist, auch wenn Sie den Abgabetermin in letzter Zeit oft verschwitzen. Weil Sie, Sie sind und sich nicht verstellen. Und jetzt sagen Sie mir, warum wir diesen Auftrag nicht annehmen sollen?« Ungläubig blickte ich ihn an.
»Wollen Sie es wirklich wissen?« Er nickte und ich rieb mir über die Augen.
»Also gut! Ich kann das einfach nicht mehr mit ansehen, wie Leute durch ihren Geldwahn, größenwahnsinnig werden und einfach keinen Blick mehr für das Wesentliche aufbringen können«, nuschelte ich. »Ich habe nichts gegen Herr Tanners, aber schauen Sie seine Bilder an. Die sind nur traurig, selbst die Fälschungen, bringen nicht das, wofür das Bild geschaffen worden ist. Das beste Beispiel ist das Gemälde ›Drachenkönig‹, es ist eine Kopie und das Originale heißt ›Meine wahre Liebe‹.« Gab ich mehr Preis, als was ich wollte und mein Noch-Chef blickte mich mit begeisterten Augen an. Ich hatte es wohl schon wieder vermasselt.
»Selem, Sie sind ein wandelndes Wunder. Wissen Sie das? Sie haben Fähigkeiten, die immer erst zum Vorschein treten, wenn sie wirklich gebraucht werden. Wissen Sie was? Ich werde Ihre Kündigung nicht annehmen, da wäre ich schön doof. Aber wie Sie schon vorhin gesagt haben, es ist unsere Pflicht, unseren Kunden ihre Schwachstellen zu zeigen und vor allem, diese Schwachstelle als eine Tugend herausbringen. Seine Bilder sind traurig, dann werden wir die Plakate so gestalten. Er hat keine Leidenschaft, dann werden wir die Ausstellung so hindrehen, dass es nur so aus Leidenschaft strotzt und die Bilder in diesem Licht rücken. Das ist unsere Aufgabe und Sie Selem, Sie haben mir gerade die Augen geöffnet. Weswegen ich Plakatschreiber und Eventgestalter geworden bin. Danke.«
Shit mein Plan ging nach hinten los. Mein Chef war schon wieder auf dem Weg zu Lars, der sichtlich in Gedanken versunken war. Warum? War mir völlig egal.
»Herr Tanners, bitte verzeihen Sie Herr Sokem. Hm, wie soll ich mich ausdrücken, er hat irgendwie eine schlechte Woche und ich hätte beinahe gerade den größten Fehler gemacht.«
»Ja, wenn Sie meinen Auftrag annehmen.« Mein Chef lachte gekünstelt auf.
»Ach wo reden Sie denn hin. Nein, nein. Ich hätte beinahe die Zukunft dieses Landes auf die Straße gesetzt. Herr Sokem hat es auf den Punkt gebracht. Sie sind eben keine Da Vinci oder Van Gogh. Sie sind Sie und das müssen wir hervorheben. Wir müssen es so hervorheben, dass es die Öffentlichkeit auch akzeptiert und Sie nicht mit Künstlern aus längst vergangener Zeit vergleicht.«
Oh man, wenn ich es nicht besser wüsste, so würde mein Chef glatt als schwul durchgehen. Sein Gehabe, einfach schwul, seine Stimme schwul. Tzz, der hatte aber eine niedliche Frau bei sich daheim sitzen. Ich atmete ein. Vor allem musste ich aus meinen eigenen aufgestelltes Fettnäpfchen wieder rauskommen und packte nun endgültig den Entschluss, aus dieser Stadt abzuhauen. Was hielt mich hier noch? Nichts! Lars hatte Schluss gemacht, aus Gründen, die ich nicht kannte. Mein Chef bombardierte mich mit anrufen und kam ständig mit neuen Ideen, die in meinen Augen irrsinnig waren. Sicherlich war Lars ein guter Maler, doch was brachte ihm das, wenn einviertel seiner Bilder Fälschungen waren und seine eigenen Werke nicht das rüberbrachten, was sie sollten. Es war einfach hoffnungslos.

 

Kapitel 7

Daheim schaute ich zum Horizont und schlürfte meinen heißen Kaffee. Unwillkürlich wanderte mein Blick zum Parkplatz und ich sah die Limousine dort stehen, wie sie zwei Parklücken für sich beanspruchte. Verfluchte Erinnerung. Automatisch wandte ich mich zur Wanduhr und zählte die Schläge des Sekundenzeigers. Unbeirrbar verrichtete er seine Aufgabe und ließ sich von nichts abbringen. Ich stellte meine Tasse auf das Fensterbrett und ging zur Wand, an der die Uhr aufgehängt war. Schob den Sessel heran und nahm die Uhr ab. Vorsichtig legte ich sie auf dem Wohnzimmertisch ab. Tief schnaufte ich ein, schloss meine Augen und sortierte meine Gedanken. Öffnete sie wieder und machte mich auf dem Weg in den Keller.
Ich dachte, dass ich die Kartons für eine lange Zeit nicht mehr brauchen würde. Wie man sich irren konnte.
Den ganzen Stoß schleppte ich zu meiner Wohnung und schlichtete sorgsam Lars Überreste ein. Es war nicht viel. Nur vereinzelte private Sachen, Klamotten und die Erinnerungsstücke unserer gemeinsamen Zeit. Dann setzte ich mich an den Computer und druckte ein Blatt von der Organisation ›Hilfe in Not‹ aus. Dort schrieb ich meine ganzen Möbelstücke auf, sowie einige Klamotten und Sachen, die ich nicht mehr brauchte.
Noch am gleichen Tag trug ich den Karton mit Lars Sachen zur Post. Ließ es zu seiner Adresse schicken und vermied den Absender drauf zu schreiben. Wäre egal gewesen, denn das Paket würde den Weg zum Absender eh nicht mehr finden.
Wieder daheim setzte ich mich wieder an den Computer, schrieb meine Kündigung und hankte mich in den Computern des Einwohnermeldeamtes, Fernsehen und Telefonanbieters ein. Löschte alles, was mit Selem Sokem zu tun hatte. Bei den Ärzten oder Krankenhäusern brauchte ich es nicht zu tun, ich war nie krank. Wurde nie krank. Zum Schluss formatierte ich den PC.
Am nächsten Tag, ich hatte mich in der Arbeit krank gemeldet, stand die Hilfsorganisation vor der Tür und räumten meine Wohnung leer. Alles, aber auch wirklich alles nahmen sie mit und nach nicht einmal einen halben Tag stand ich in der verlassenen leeren Wohnung. Wie ich mich fühlte? Genauso leer wie die Wohnung. Ich konnte es nicht beschreiben.
Irgendwann nachdem ich zum x-ten Mal durch die Wohnung lief und die Erinnerungen an die wundervolle Zweisamkeit, tief in mir verdrängte, schnappte ich mir den Umschlag, den ich am Vortag für meinen Vermieter schon bereit gelegt hatte und klingelte bei ihm. In dem Umschlag befand sich die Miete für weitere drei Monate, die Schlüssel und die Kündigung.
Verdattert schaute er mich an, wagte es aber nicht, was dagegen zu sagen.
Ich stieg in mein Auto, ließ die Fenster runter, drehte die Musik auf volle Lautstärke und fuhr in eine hoffnungslose Zukunft.
Nein, die Zukunft war nicht hoffnungslos. Sie war eher das Gegenteil. Ich musste nur letztendlich die Gelegenheit am Schopf backen und endlich der sein, der ich war. Und ich war kein geringerer als der König der Drachen. Ich holte mein Handy aus der Hosentasche und ging das Telefonbuch durch. Es waren eindeutig viel zu viele Namen, mit denne ich in Zukunft nichts mehr zu tun haben werde. Sicherlich könnte ich sie aus der Liste löschen, doch brachte es mir nichts, weil sie meine Nummer hatten.

Bei dem Elektrogeschäft hielt ich an, stieg aus und ging in den Laden. Kurz schaute ich mich um, bis ich das Handy gefunden hatte, was ich mir kaufen wollte. Ich schaute nicht auf dem Preis und ging damit an die Kasse. Bezahlte es und ging wieder. Ich stieg wieder in mein Wagen, nahm das alte Handy und übertrug die Nummern, die ich noch behalten wollte. Alle andere, wie die Nummer von der Arbeit, von einigen Arbeitskollegen, Gelegenheitsfreunde und die Nummer von Lars überging ich. Ich fuhr los und suchte den Park auf.

Ich saß auf einer Parkbank und blickte zum Himmel. Manchmal durchzuckten mich Schwingungen, doch die waren nicht mehr schmerzhaft.
Ein bekannter Geruch stieg mir in die Nase. Ich atmete tief ein und ignorierte ihn. Nebenbei spielte ich mit dem alten Handy und hatte bei dem siebten Anruf, den ich nicht annahm, aufgehört zu zählen. Auch hatte ich nicht auf die Nummern geschaut. Wieder klingelte es.
Aus dem Augenwinkel sah ich ihn. Er war es, der versuchte mich anzurufen. Leicht lächelte ich, stand auf, schaute noch einmal auf das klingelnde Handy und warf es in den angelegten Parkteich. Ich schaute zu, wie es langsam unterging.
Das letzte Stück, das mich an das alte Leben erinnerte, wurde vernichtet. Wieder blickte ich zum Himmel und ich müsste lügen, wenn das da oben nicht Dalola war. Laut Gesetz, die der Rat aufgestellt hatte, durften Drachen, die an dem Weltmeisterturnier teilnahmen, sooft sie wollten in ihrer wahren Gestalt sein. Ich lächelte. Sie hatte es geschafft. Nein, Jackson hatte es geschafft. Na ja, etwas geholfen hatte ich ihm auch schon. Nur allein der Tipp, nichts mitzunehmen und sich nicht zu waschen, verhalf ihm in das Reich der Trolle zu gelangen. Nun gut, auch ohne diesen Tipp hätten sie ihn nicht gleich getötet. Die Trolle hätten ihn angehört, was sein Anliegen war, darüber abgestimmt, ob sie einem Menschen helfen sollten oder nicht. Vielleicht hätten sie ihm geholfen, aber ihre Bezahlung hätte er nie aufbringen können und dann wäre er nur noch ein Teil von einem Knochenhaufen.
Keine Wertsachen und sich der Natur überlassen, war altes, uraltes Insiderwissen. Quasi ein kleines Tor zu einer anderen Welt.
Ich wandte mich vom sinkenden Handy ab, warf einen Blick über die Schulter, wo er stand, grinste ihn herablassend an und nahm endgültig Abschied von diesem elenden Menschsein.
Ich sah, wie er das Handy von seinem Ohr nahm und in seine Hosentasche zurücksteckte und ich drehte mich um. Langsam lief ich in die entgegengesetzte Richtung, weiter, bis er aus meinem Augenwinkel verschwunden war.
Lars folgte mir nicht, was sehr weh tat, aber letztendlich doch besser für ihn war. Ich hatte mich entschieden und da war er mir nur im Weg. Warum machte ich mir über ihn überhaupt noch Gedanken? Er war es, der mich fallen lassen hatte. Er brauchte nicht zu denken, dass ich so leicht wieder rumzukriegen war.
Gott schmerzte das. Mein Herz blutete. Allein seine Anwesenheit und ich wusste, dass er noch in der Nähe war, raubte mir die Sinne.
Ich stieg wieder in meinen Wagen und fuhr los. Schlug irgendeine Richtung ein, ohne zu wissen, wohin ich wollte. Nur weg aus dieser Stadt. Raus aus all den Erinnerungen, die ich an ihn hatte. Ich brauchte Abstand. Vor allem brauchte ich Zeit und die Einsamkeit. Ich musste mit mir wieder ins Reine kommen und mein inneres Gleichgewicht zurückfinden. Besonders brauchte ich einen Ort, an dem keine Drachen waren. Ich musste der Einzige meiner Art sein. Je weiter ich meine Überlegungen nachging, fiel mir auch schon der Ort ein, wohin ich fahren wollte.
Dort gab es keine Drachen und keine Menschen. Andere Wesen könnten noch dort sein, aber sie würden mich nicht stören. Im Gegenteil ich würde ihre Schuld einlösen. Falls sie dort noch waren und nicht wie die meisten von den Menschen verjagt wurden.
Inzwischen erreichte ich die fünfte Stadt und meine Tankanzeige leuchtete auf. Ich sah in meinen Geldbeutel. Das Geld reichte nicht einmal für eine viertel Tankfüllung. Ich hätte mein Auto doch volltanken sollen, bevor ich mein Konto löschte und das Geld für die Miete ausgegeben hatte. Nicht einmal an Essen hatte ich gedacht, aber da wo ich hinwollte, brauche ich weltliches Essen nicht.
Nachdem ich gedankt hatte, machte ich mich weiter auf den Weg. Ein leichtes Ziehen spürte ich wieder in meinem Herzen, aber die Wagendecke hinderte mich daran nach oben zum Himmel zu schauen. Aus den Fenstern vom Beifahrer oder von meiner Seite oder von der Frontscheibe sah ich auch nichts. Der Drache musste sich direkt überm Auto aufhalten.
Was soll‘s. Ewig lange konnten Dalola und Jackson mich nicht verfolgen und ein anderer Drache, der vielleicht in Menschengestalt in einem vorbeifahrenden Wagen saß, spürte ich nur als einen leichten Hauch.
Ich fuhr auf die Autobahn und rechnete schnell aus, wie lange ich mit dem Auto noch fahren konnte. Bei der dritten Ausfahrt musste ich raus und einen Parkplatz suchen, wo ich den Wagen abstellen konnte, weil ich nun zu Fuß weiterlaufen musste. Was für ein Nerv.

Ich war seit einer Stunde zu Fuß unterwegs und ich spürte Dalola immer noch. Sie hielt absichtlich Abstand, damit ich nicht wieder kollabierte. Sie war schon immer ein kluges Mädchen. Aber sie wusste leider auch nie, wann es Schluss war. Ich blieb stehen und blickte in den Himmel. Ein kleiner Punkt, war am Himmel zu erkennen und ich gab ihr Handzeichen zum Landen.

Das Ziehen wurde stärker und zu fragen, warum ich nun ihre Schwingungen wieder so überdeutlich spürte, erübrigte sich. Sie war geheilt und absorbierte nicht mehr ihre Schwingungen selbst, sondern sie wurde automatisch an mich geschickt. Knapp 100 Meter von mir entfernt landete sie und ich krümmte mich. Sog Schaft die Luft ein und war auch gleichzeitig erfreut. Dalola hatte in den letzten Jahrhunderten deutlich an Stärke zugenommen. Jackson saß von ihr ab und sie stand in ihrer Menschengestalt da. Das Ziehen wurde schwächer und ich konnte gleichmäßiger atmen.
Jackson kam auf mich zu und bleib fünf Meter vor mir stehen. Er blickte mir in die Augen und dann kniete er sich vor mich hin. Ich zuckte zusammen und war im ersten Moment verwirrt und sprachlos zugleich.
»Jacks…« weiter kam ich nicht.
»Ich grüße Euch mein König.« Er senkte sein Haupt und ich starrte ihn fassungslos an. Er bestand auf die Etikette. Es war zwar ziemlich lang her, dass ich bei einer königlichen Begrüßung dabei war, aber ich fasste mich schnell wieder und fand auch meine Stimme, die mir vorhin abhandengekommen war.
»Ich grüße dich, Reiter und Gefährte von Dalola der Violetten. Kapitän der Leibgarde des Königs dem Schwarzen.« Ich hatte in ebenfalls gegrüßt und wenn er die Etikette folgen wollte, muss er innerhalb der nächsten fünf Sekunden sein Anliegen vorbringen.
»Ich spreche im Namen von Dalola der Violetten. Kapitän der Leibgarde des Königs dem Schwarzen.«
»Ich bitte dich darum.«
»Dalola, sieht es nicht gern, dass Ihr Euch ohne Schutz auf dem Weg nach Almenien macht.« Ich lächelte leicht. Sie war wahrhaftig mein Kapitän. Sie konnte drei Schritte vorherschauen, bevor sie passieren.
»Für ihre Anteilnahme danke ich ihr«, sagte ich wie es sich gehörte und wollte schon an ihm vorbeigehen, als er plötzlich aufstand. Laut Etikette durfte er es nicht. Er musste warten, bis ich es ihm erlaubte oder wie ich es machen wollte, warten bis ich an ihm vorbeigegangen war. Das was er getan hatte, war eine Aufforderung zu einem Zweikampf.
»Du wirst verlieren!«, murmelte ich nur und schon lag er auf dem Boden. Erschrocken blickte er mich an. Er war wirklich nicht darauf gefasst gewesen. Vielleicht war er es doch, denn er hatte seinen Körper angespannt. Aber nicht darauf, dass ich so schnell war.
»Wenn du glaubst, ich sei schwach. Hast du dich geschnitten. Hast du schon jemals Dalola besiegen können?« Er schüttelte den Kopf. Innerlich kicherte ich. Wer schaffte das schon, selbst ich hatte große Schwierigkeiten. Okay aber auch nur solange, bis ich ernst gemacht hatte und Dalola um ihr leben kämpfen musste. Tja, sie wollte unbedingt den Posten des Kapitäns, somit musste sie mir zeigen, was sie drauf hatte.
»Siehst du! In ihrem Leben gibt es einen Einzigen, den sie noch nie besiegt hat. Und du kannst ruhig glauben, dass dieser Einzige absolut keine Rücksicht auf sie genommen hat. Und weißt du, wer das ist?« Wieder schüttelte er den Kopf. »Ich. Also bevor du mich besiegen willst, besiege erst Dalola. Vorher ist es sinnlos. Ich werde dir diese Dreistigkeit noch einmal verzeihen. Das nächste Mal, kommst du nicht so ungeschoren davon. Du bist jetzt einer von uns. Du gehörst zum Clan der Drachen. Lass es mich nicht bereuen, dich anerkannt zu haben. Drachenreiter Jackson.« Ich ließ ihn los und drehte mich von ihm weg. Bevor ich ging, sagte ich noch. »Wenn du die Etikette und Regeln kennen willst. Dalola ist ein sehr guter Lehrer. Ich glaube nämlich nicht, dass du es gerade verstanden hast, warum ich dich angegriffen habe.«
»Doch, aber ich hatte es vergessen.« Ich lachte auf. Das erste Mal seit Langem lachte ich und es war so befreiend. Jackson stimmte mit ein, ich reichte ihm die Hand und half ihm hoch. Ich hörte, wie Dalola erleichtert ausatmete.
»Mal ehrlich, wegen dem seit ihr mir jetzt nicht gefolgt?« »Nein, und Dalola hatte mich vor dir gewarnt. Aber sie sagte auch, dass du ein guter König bist und kleine Fehltritte gerne mal übersiehst.«
»So hat sie das?«
»Jep. Sie vergöttert dich wirklich und vor allem ist sie dir sehr dankbar.«
»Passt schon, ich hätte sie ja selbst geheilt, aber ich…« »Das wissen wir und darum sind wir dir auch gefolgt. Dalola hatte damit gerechnet, nachdem Lars gesagt hatte, dass du es in Erwägung ziehst zu kündigen, dass du dein Menschdasein ablegst. Vor allem hatte sie auch gemutmaßt, dass du herausgefunden hast, dass du selbst wieder schwingst.« »Schwingst?« Nun war ich paff, wenn ich selbst wieder das Schwingen angefangen hatte, dann bedeutete es, dass meine Macht zurückkam. Aber wie? Und vor allem spürte ich nicht, dass ich reine und Lebensspende Schwingungen abgab, die für meine Drachen lebensnotwendig waren.
»Tschuldige, aber so hat sie es gesagt.«
„Lars? Ihr redet mit Lars.« Wechselte ich schnell das Thema und er schaute mich überrascht an.
»Ja, weißt du das denn nicht? Er ist mein kleiner Bruder.« Ah ja! Dachte ich nur und setzte mich in das Gras. Ich musste mich setzen, weil meine Beine nachgaben. Ich war seit sechs Monaten mit Lars zusammen und von einem Bruder hatte er nie was erwähnt. Hatte er mich wirklich nur als ein Quicke für nebenbei angesehen? Jackson hatte sich neben mich gesetzt.
»Also was hat das Ganze jetzt auf sich?«
»Nun ja, Lars erwähnte, dass du kündigen willst und nach deinem Verhalten, wohl eher eine Kündigung heraufbeschworen hast. Dalola hat etwas nachgefragt und Rolf hat dann erwähnt, dass du mal zu spät in die Arbeit kamst und deine Arbeit verspätet abgegeben hast und wenn dann nur lückenhaft, oder gar nicht. Rolf sagte auch, dass es keine Grippe sei, sondern einfach nur Liebeskummer.«
»Tzz« unterbrach ich ihn.
»Also lag sie wohl richtig. Deswegen haben wir dich auch nicht mehr aus den Augen gelassen. Lars ging zu deiner Wohnung und fand sie leer vor.« Lars ging zu meiner Wohnung? Mein Herz fing wieder das Schmerzen an.
»Nun ja, er ging dann sämtliche Plätze nach, die du gerne besucht hast und fand dich schließlich im Park. Er hatte versucht, dich anzurufen, aber du hast ja dein Handy in den Teich geschmissen.»
»Was wollte er von mir?«
»Er sollte dich zu einem Ort bringen, wo wir uns unterhalten können.«
Nun verstand ich gar nichts mehr. Lars? In meinem Gehirn ratterte es und egal, wie ich es versuchte, ich kam auf keinen Nenner.
»Da er dich nicht einfach öffentlich ansprechen konnte, weil du wieder sehr stark schwingst, musste er dich gehen lassen und wir sind dir dann gefolgt. Lars tut es sehr leid, aber er konnte nicht anders. Aber seitdem du wieder schwingst, ist auf dein Kopf ein Kopfgeld ausgesetzt worden.» Ich war sprachlos. Das wievielte Mal? Ich hatte das Zählen aufgehört. Jackson schien es zu bemerken und räusperte sich.
»Das war jetzt mein Teil«, sagte er und holte sein Handy raus. Er tippte eine Nummer und wartete bis der andere an der anderen Leitung abnahm.
»Hey Mäuschen, jetzt bist du dran… ich reiche dich weiter« Jackson übergab mir das Handy.
»Hi!«, hörte ich Dalola. »Ähm, es ist doof am Telefon die Aufwartung zu machen.«
»Dann lass es!«
»Ok, danke…!«
Sie fing das Erzählen an und ich war froh, dass sie sprach, denn ich war sprachlos. Wieder einmal. Aber es schlug, je länger sie sprach in Zorn und Wut um.

 

Kapitel 8

Den ganzen Tag, war ich nun schon unterwegs und wie Dalola richtig gedeutet hatte, nach Almenien. Wäre ich in meiner Drachengestalt, so schaffte ich den Weg innerhalb eines halben Tages, aber so, schätzte ich, würde ich noch drei oder vier Wochen brauchen.
Im Wald sammelte ich mir ein paar Pilze und Beeren, stellte Fallen für einen Hasen auf und verfluchte mich, dass ich mir das Rauchen nie angewöhnt hatte. Ein Feuerzeug wäre in diesem Fall nicht einmal so schlecht.
Aber ein Feuer war sehr schnell gemacht. Die Hitzeperiode hatte zwar noch nicht ihren vollen Höhepunkt erreicht, dennoch war das Holz trocken genug, dass es leicht anbrannte. Ich musste vorsichtig sein, denn die Waldbewohner hatten eine Abneigung gegenüber Eindringlinge und hauptsächlich gegen Feuerstellen.
Die Nacht brach ein und ich raffte meine müden Knochen auf um nach den Fallen zu sehen. Leer, alle waren leer. Ich entfernte die Fallen und sammelte noch mehr Pilze. Anstatt Hase am Spieß, gab es eben Pilz am Spieß und ich schlenderte zu meinem Lager zurück.
Über dem Feuer röstete ich die Pilze und aß das magere Essen. Es langte dennoch nicht um mich halbwegs gesättigt zu fühlen. Da es eh eine schwüle Nacht war und nicht einmal die Bäume für kühle sorgten, löschte ich das Feuer und legte mich schlafen.
Ich schloss meine Augen, aber an Schlaf war nicht zu denken, denn ich spürte ein unwohles Kribbeln in meiner Magengegend und die dazugehörige Portion Adrenalinstoß, ließen mich hochschrecken. Kalter Nebel umhüllte mich und der Wald sah nun ziemlich bedrohlich aus. Stille, leere Stille um mich herum und etwas starrte mich an.
Ein bleiches blasses Gesicht. Die Augen fast farblos und die Lippen weisen nur einen Hauch von rötlichen Schimmer auf. Es blickte auf mich herab. Keuchend starrte ich ihn an und es dauerte, für mich wie Minuten, bis ich wieder ruhig atmete. Der Kerl gluckste.
»Man, Berry. Das Nächste mal, wenn du mich so erschreckst, beiße ich dir den Kopf ab.«
„Hallo Schwarzer, lange nicht gesehen.« Er setzte sich ohne weiter zu Überlegen neben mich. »Du hast schon mal besser ausgesehen.« Berry fasste in seinen schwarzen Mantel und zog ein Sandwich heraus. Etwas perplex schaute ich ihn an.
»Jo, die Zeiten haben sich geändert und ich muss zugeben, ich hatte jetzt absolut keine Lust zu jagen. Du kannst von Glück reden, dass ich meine Fernsehshow, wegen dir sausen lassen hab.« Er reichte mir das Sandwich, welches ich dankend annahm und biss davon ab. Es war wirklich sehr lecker und mein Magen freute sich auch. Wollig knurrte er. Berry belächelte es und schaute zu den Baumwipfeln.
»Sag mal, was führt dich hierher? Ich dachte, du gehst so einen langweiligen Job als Werbemanager nach und wolltest etwas sesshaft werden oder son Zeug.«
»Hab‘s aufgegeben.« Berry grinste.
»War nicht anders zu erwarten gewesen. Du bist eben ein Vollblut Drache. Die Wildnis liegt dir im Blut.« Er grinste breiter und seine langen scharfen Zähne kamen zum Vorschein.
Barry war ein Vampir. Er könnte ungefähr genauso alt sein wie ich, nach dem Aussehen, aber ich schätzte, dass er eines der ältesten Wesen war. Vielleicht sogar älter als ich. Sein eigentliches Alter war ein sehr großes Geheimnis.
Vielleicht war er sogar, das älteste Wesen. Ich atmete tief ein und versuchte das zu sehen, was er oben bei den Baumwipfeln sah. Ich sah nichts und schlief im nächsten Moment ein.

Sonnenstrahlen weckten mich auf und ich faste mir an den dröhnenden Kopf. War ja klar, dass Berry mich einschläferte. Wäre ich ein Mensch gewesen, würde ich mir vor Angst vor dem Albtraum in die Hose machen, aber so belächelte ich es nur. Barry liebte dramatische Auftritte und Abgänge und meine Hand stieß etwas um.
Einen Rucksack. Ich nahm ihn und zog den Reißverschluss auf. Auf Barry konnte man sich verlassen. Der Rucksack war voll beladen mit Essen und Trinken. Sogar ein Geldbeutel mit Scheinen, vielen Scheinen war drin. Einen zog ich raus und pfiff. Einen Tausender. Wie lange war es her, als ich soviel Geld in der Hand hatte und brauchte nicht das Überlegen anfangen, von wem es sein könnte, denn ich wusste, dass es aus meinem Vermögen stammte. Ich hatte ihn gebeten, als ich mich dazu entschieden hatte, wie ein normaler Mensch zu leben, dass er auf meine privaten Sachen, Vermögen und Schätze aufpassen sollte. Da hatte er nicht lange überlegt und meine Bitte angenommen. Barry war halt Barry und ich wusste, dass ich diese kleine Bitte, Tag für Tag auf den Cent genau zurückzahlen durfte.
Barry half zwar gerne, mir zumindest, aber er war ein Geizhals und das Sandwich, den Rucksack, das Essen und Trinken hatte ich bestimmt auch selbst bezahlt. Was soll‘s.
Ich schulterte den Rucksack auf und ging weiter in den Wald hinein. Kurz drehte ich mich um und sah, dass die Feuerstelle verschwand. Sämtliches Eingreifen oder Spuren, dass von Menschen stammten, vernichtete er. Es gab eine Zeit, das Menschen reihenweise, die es gewagt hatten den Wald zu betreten, verschwanden und nie wieder gesehen wurden.
Eine gute Nacht Geschichte, von dem Wald ohne Wiederkehr, doch nur wenige wissen, dass es die Wahrheit war.
Leichter Nebel umhüllte mich und folgte mir noch eine Zeit lang. Barry wusste so gut wie ich, dass dies kein endgültiger Abschied war.

Ich war bereits den siebten Tag im Wald. Wäre ich ein Mensch, würde ich denken, dass ich mich hoffnungslos verlaufen hätte. Alles um herum schien gleich. Der Weg auf dem ich lief, die Bäume, die bedrohlich die Sonnenstrahlen verschluckten, noch dazu kam einem das Gefühl hoch, als liefe man nur im Kreis. Aber da ich nicht das erste Mal diesen Wald durchschritt, wusste ich, auf was ich achten musste.
Die Bequemlichkeit, die ich in den letzten vier Jahren, als sesshafter Mensch angenommen hatte, hatte sich in den ersten Tagen ganz schön bemerkbar gemacht. Mein Rücken schmerzte, Muskelkater in den Beinen und öfters begleitete mich das Hungergefühl.
Ich schätzte, dass ich noch weitere zwei Tage in dem Wald verweilen werde, bevor nur ein Hauch von einem Ausgang zu erkennen war. Aber dorthin wollte ich nicht. Ich suchte die Abkürzung nach Almenien.
Hätte die Tankfüllung nicht für noch weitere 150 Km ausreichen können, so hätte ich diesen Wald mit dem geheimen Eingang vermieden und wäre direkt hinter dem Wald herausgekommen.
Irgendwo musste sich ein kleines Tal mit einem Wasserfall befinden. Eine herrliche Oase. Genau der richtige Ort um sich einmal für einige Stunden treiben zu lassen. An nichts denken und nur die harmonische Ruhe genießen.
Wenn man sich von der dort verwobenen Magie nicht verleiten ließ. Schon alleine der Gedanke daran ließ mich schaudern. Dieser Platz hatte nichts mit harmonische Ruhe zu tun. Ammenmärchen, heraufbeschworen von herumstreunenden Zigeunern, die ein Pack mit diesen gefräßigen Wesen gemacht hatten und dennoch musste ich zu diesem Wasserfall. Dies war der Eingang zum Land Almenien. Und dann ging es noch weitere zwölf Tage durch die ebene Landschaft bis man zu dem Berg Almenien kam, woher auch das Land seinen Namen herhatte. Wäre ich doch schon in dem Land. Ich schnaufte ein.
Ich schlug die Richtung nach links ein und lief noch weitere zwei Stunden. Von weit her hörte ich schon das verführerische Plätschern des Wasserfalls. Ein leichtes Singsang, welches sich gut mit dem dumpfen Donnern des aufprallenden Wassers vermischte. Mein Innerstes verlangte es, diesen Gesang nachzugehen, mich darin zu versinken und für immer den lieblichen Worten zu lauschen.
Sofort rief ich mir das Gesicht von Lars ins Gedächtnis und das wahre Aussehen der Wesen. Hässliche Kreaturen, die weder Fisch noch Mensch, Drache noch Einhorn, Elfe noch Elbe waren, nichts. Sie haben von jedem Geschöpf etwas und doch haben sie nichts. Sie zeigten sich als eine einsame, verlorene Jungfrau oder als ein hilfloses Einhorn. Manchmal so wurde gesagt, nahmen sie die Gestalt ihrer verhassten Verwandten an, die Meerjungfrauen. Viele Geschichten woben sich um diese Wesen, die nicht einmal einen eigenen Namen hatten. Von uns wurden sie ›die Gemiedenen‹, genannt.

Der Gesang wurde stärker und mein Herz pochte in ihrer lieblichen Stimme mit. Ich trat durch die Böschung auf den Teich zu. Ein Kopf kam aus dem Teich. Blondes Haar, glänzend im Sonnenlicht. Ich musste mir die Augen zukneifen, um nicht der Illusion zu verfallen. Vorsichtig tastete ich mich weiter vor. Der Gesang wurde leiser, aber immer noch berührte er mein Herz. Meine Augen waren immer noch zugekniffen, aber ich konnte meiner Nase nicht mehr trauen. Der Duft, dieser Geruch. Leidenschaftliche Erinnerungen woben sich in meine Gedanken. Der Gesang wurde wieder um etwas schwächer, doch stattdessen, dass er aus meinem Herzen verschwand, hörte ich diese sanfte Stimme. Sie lockte mich, sie bohrte sich tiefer in mein Herz. Der Gesang verschwand und doch zog sich mein Magen zusammen. Mein Körper versteifte sich. Immer wieder redete ich mir ein, dass es nur eine Illusion war. All von dem war nichts wirklich. Dieser Duft war nicht wirklich, diese Stimme, nichts.
Ich spürte den warmen Hauch seines Atems und meine Lende fing das Kribbeln an. Es war nicht die Wirklichkeit. Nichts von alldem war wirklich. Wieder und wieder redete ich es mir ein.
Sein Atem, ganz nah bei mir. Mein Herz pochte nur noch. Warme und kühle Luft war nur noch um mich und ich spürte, wie sanfte Fingerspitzen mir über die Wange streichelten.
»Du bist nicht wirklich«, stotterte ich und konnte mich kaum noch rühren. Meine Lende war zum zerreißen angespannt und immer wieder flüsterte er mir ein, ich solle meine Augen öffnen und mich selbst davon überzeugen. Er ist wirklich, er steht genau vor mir. Hier und jetzt ist er bei mir und er wird mich nicht mehr verlassen. Nie wieder, wird er mich verlassen und all der Schmerz, den er mir angetan hat, tut ihm aufrichtig Leid. Er wollte es nicht und wieder bat er mich, meine Augen zu öffnen.
Ich bekam nur noch Lars über meine Lippen und es war um mich geschehen. Meine Augen öffneten sich von selbst und ich vergaß alles, wo ich mich befand, was ich vorhatte. Ich sah nur noch ihn. Seine wunderschönen tiefblauen Augen.
Mein Mund öffnete sich von selbst. Ich wollte ihn, in meinem Mund. Ihn in mir drin. Nur noch ihn. Ich verlor mich in meiner Leidenschaft.
Ich konnte nicht sagen, wie lange ich in der Dunkelheit der Leidenschaft gefangen war. Es könnten Minuten, Stunden, Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte gewesen sein. Ich wusste nur, dass ich bei ihm war und ich nicht mehr von ihm weg wollte. Niemals wollte ich von ihm weg.

Irgendetwas was ich schon einmal gehört hatte, kehrte zurück. Etwas, was sich wie Gummistöcke an Gitterstäbe anhörte, doch ich ignorierte es. Ich war bei ihm. Bei Lars. Und da wollte ich bleiben. Für immer.
Wieder ertönte das störende Geräusch und Lars grinste mich schelmisch an. »Tja, da können wir nichts machen. Wenn es…« mehr vernahm ich nicht, denn grelles Licht zwang sich unaufhörlich durch meine Lider.
Schlagartig schreckte ich hoch und schaute mich in dem Raum um. Wo war ich? Ich war doch eben noch an dem Wasserfall.
Mein Herz schlug schneller und verschiedenen Schwingungen drangen unaufhörlich in mich ein. Es müssten Drachen hier sein, so viel war schon mal sicher. Aber wo war ich verdammt?

 

Kapitel 9

Der Raum war notdürftig eingerichtet, ein Bett, auf dem ich lag, ein Tisch und ein Stuhl. Auf dem Tisch lag ein Tablett mit Essen. Direkt neben dem Bett war eine Toilette an der Wand angebracht worden, die nun, nicht gerade nach einer warmen Sommerbrise roch und alles war in weiß gehalten. Selbst ich hatte einen weißen Jogginganzug an, oder sollte wohl einer sein.
Mein Blick wanderte weiter durch den Raum und ich sah, dass eine Kamera an der Decke befestigt war. Die sich langsam von einer Richtung in die andere bewegte. Ich entriss mich der Kamera und schaute weiter zur Tür. Na bravo durchschoss es mir. Das war eine Gefängniszellentür und sofort wandte ich meinen Kopf und blickte zum Fenster. Wie hätte es auch anders sein sollen. An dem Fenster waren ebenfalls Gitterstäbe angebracht. Ich befand mich tatsächlich in einem Gefängnis. Tief atmete ich ein und schluckte kräftig. Ich erschrak. Etwas war an meinem Hals und ich fasste hin. Nun wurde es mir heiß und kalt gleichzeitig. Das war ein ID-Reif.
Ich war plötzlich ein registrierter Drache. Wie konnte das passieren? Seit über 50 Jahren entkam ich der Registrierung und nun? Gerade jetzt? Wo ich einen Plan geschmiedet hatte, um wieder meine rechtmäßige Position einzunehmen.
Krampfhaft fasste ich an mein Herz. Starke Schwingungen durchbohrten mich und dennoch empfand ich sie nicht als stechend wie sonst, wohl eher waren sie dumpf.
Drei paar Schuhe vernahm ich auf dem Flur, die sich meiner Zelle näherten. Zwei Paar polterten schwer auf dem Steinboden. Es müssten Sicherheitsschuhe mit extra eingearbeiteten Stahlplatten sein, die was vom Militär gerne benutzt werden. Ich selbst hatte sie schon oft genug getragen und das letzte Paar war leise, fast kaum zu vernehmen, schwunghaft und federleicht. Entweder, war dieser ein gut ausgebildeter Nahkämpfer oder was ich eher vermutete, ein Drache. Ein sehr alter Drache, dessen Schwingungen dumpf pochend in meinem Herzen widerhallten. Wie gerne hätte ich meine Fähigkeit, anhand den Schwingungen, die einzelnen von meinem geliebten Drachen zu erkennen. Aber ich wusste, wer hinter meinem Verlust stand und mein Zorn brodelte in mir auf. Ich hätte nie gedacht, dass der Rat, der aus Leuten bestand, denen ich sehr vertraute, mich hinterrücks verraten hatten. Traurigkeit mischte sich in meinem Zorn und ich fragte mich, wie schon in den letzten Tagen, als ich es herausfand, ob ich nicht der Schuldige war. Ob ich eigentlich der ›Böse‹ war, der die Drachen verraten hatte, oder was hatte ich getan, damit meine engsten vertrauten Freunde mich hintergingen?
Seit meinem letzten Zusammenbruch hatte ich noch mehr verloren, was schlimmer war als mein Drachendasein. Ich hatte den einzigen Menschen verloren an dem mir je was lag.
Mehr denn je wurde es mir bewusst, dass mein Leben nur auf Lügen aufgebaut war. Sogar lebte ich in Lügen, als mein Reich noch hoch erstrahlte und von den anderen Wesen bewundert und verehrt wurde. Vielleicht war es das? Vielleicht war ich zu sehr König und hatte mich nicht genug um meine Untertanen gekümmert. Ich hatte damals fast nur Augen für Narla, meine Gefährtin, die Mutter meiner Kinder. Gott hatte ich sie geliebt und erst als sie von den Menschen auf grausamste weiße getötet wurde, hatte ich das Leid meiner Leute erst richtig verstanden. Ich fühlte es. Ich schloss mich ihrer Wut und ihrem Leid an, doch war es zu spät. Ich wollte es nicht erkennen, dass die Menschen böse und grausam waren. Immer wieder sah ich das Gute in ihnen und ihre Natur, die der unseren nicht sehr unähnlich war. Ich wollte es nicht, soweit kommen lassen. Ich wollte niemanden Leid zufügen und Traurigkeit bringen und doch hatte ich viele tausenden Menschen in meiner Wut getötet und es hatte mir gefallen. Es gab mir Befriedigung.
Ja, mir gab es Befriedigung, aber gab es auch meinen Untertanen die Befriedigung? Hatte ich im Sinne für die Drachen gehandelt? Wohl kaum. Sonst wären wir nicht da, wo wir nun sind. Freiwillige Sklaven der Menschen. Vom Rat aufgestellte Regeln, an die sich jeder Drachen zu halten hatte. Und wenn einer sich weigerte, so wurde er dazu gezwungen. So wie ich. Der Reif an meinem Hals war der beste Beweis dafür.
Mit meinen Fingern versuchte ich, an dem Verschluss zu kommen, und hörte, wie das Ding ein pfeifender Ton von sich gab. Danach hatte ich es bereut. Elektrische Schläge durchzuckten mich und es dauerte einigen Sekunden, bis ich mich davon wieder beruhigt hatte.
Die Schritte von den drei paar Schuhen blieben vor der Zellentür stehen und einer blickte durch die Gitterstäbe.
»Der ist wach!« Erschloss auf. Ein Stich durchzog mein Herz und ich krümmte mich. Der dritte war definitiv ein Drache. Ein starker noch dazu.
Nur mühsam richtete ich mich aus der gekrümmten Haltung und bewegte meinen Kopf in dessen Richtung. Berum.
»Guten Morgen, Kleiner«, begrüßte mich der Wachmann, der durch die Stäbe geschaut hatte. ›Kleiner?‹ ich war alles aber kein Kleiner.
»Verstehst du unsere Sprache?«
Richtete der Wachmann wieder das Wort an mich, aber ich blickte nur Berum an. Ich sah seinen geschockten Ausdruck. Eigentlich sollte ich mich wundern, warum er mich so geschockt ansah, aber in meinem Inneren brodelte es. Es wurde heiß, wie Lava durchzog mein Blut meine Adern. Ich spürte, wie meine Lungen sich zusammenzogen und mir das vertraute Gefühl der zu speienden Flamme aufkam.
Plötzlich hörte ich wieder diesen Ton und die elektrischen Schläge kamen mir in den Sinn. Ich musste mich beruhigen. Vor allem brauchte ich Klarheit, warum ich in seiner Nähe so reagierte. Vor Berum, der wie ein Bruder für mich war.
Schleichender Nebel zog sich in meine Gedanken und ich sah mich und hörte mich selbst in der Sprache der Drachen ssprechen.
»Taterum, hast du etwa geglaubt, dass du mir so einfach davonkommen kannst? … Verräter.« Ein anderer Erinnerungsfetzen drang sich mir auf. »Weiter, er verliert seine Kraft. Er wird zu einem Menschen. Das ist unsere einzige und letzte Chance ihn zu vernichten…«
Die Erinnerung verblasste und der Wachmann sprach immer noch auf mich ein. Nun nahm ich meinen Blick von Berum und sah ihn in die Augen.
»Ja, ich verstehe eure Sprache und noch sieben weitere Fremdsprachen, sowie alle Sprachen der Wesen, die auf der Erde wandeln.« Wieder wandte ich mich zu Berum und meine Mundwinkel zuckten zu einem hämischen ›Ich verzeihe keine Verräter, nicht einmal denen die wie ein Bruder für mich sind‹ Grinsen. Er schien es richtig zu deuten, denn er machte einen Schritt zurück.
»Also, ist er ein Drache!?« Stellte der Wachmann fest und Berum nickte.
»Diesmal haben die Kreaturen aber nur einen kleinen Fisch ans Land gezogen.«
Was? Die Gemiedenen arbeiteten mit dem Rat zusammen? Wie konnte es soweit kommen? Sie hatten nichts, rein gar nichts was für sie für Bedeutung hatte. Sie lebten in ihrer eigenen Welt und die bedeutete, das Fressen der Seelen aller Wesen, egal ob Drache, Mensch oder ein anderes Wesen.
»So wie der aussieht, ist er eher einer von eurer jüngeren Generationen. Ich schätze mal so 100 – 150 Jahre.« Ich gluckste.
»Was gibt’s da zu lachen?«
»Herr Remmert unsere letzten Nachkommen kamen kurz nach dem Brand auf die Welt. Dieser hier, ist einer mit von den Alten«, entgegnete Berum dem Wachmann genervt, wie einem fünf jährigen Kind, dem er es zum 3ten mal das Gleiche erklärte.
Der Wachmann musterte Berum und dann mich. Ich konnte seine Gedanken sehr gut mitverfolgen und musste eingestehen, dass Berum schon mal besser ausgesehen hatte. In den letzten 300 Jahren war er um das doppelte gealtert. Sein menschliches Äußeres sah aus, wie ein Mann am Ende seiner mittleren Jahre.
»Sie kennen ihn?« Berum nickte mit einem Blick, der so viel bedeutete, wie, ich hätte nie im Leben daran gedacht ihn wiederzusehen. Wieder grinste ich. Ich amüsierte mich köstlich, an seiner Beherrschung und wie er mit sich selbst Rang, meine wahre Identität preiszugeben oder doch nicht.
»Warum sind dann seine Schwingungen sehr schwach? Die müssten doch den Skalawert bis zum Ende ausschlagen lassen, wenn er ein Alter ist?«
»Tja, das ist eben die Frage. Wahrscheinlich hat er eine Methode entwickelt, um nicht erkannt zu werden.«
»Berum bitte!« Ich konnte mich nicht mehr zurückhalten. »Du weißt genau wie ich, warum das so ist, also hör auf ein auf Wissenschaftler zu machen.« Seine Augen wurden groß. »Die Schuld liegt an unserem König. Wenn er nicht bald wieder unter uns weilt, ist es aus mit den Drachen. Unsere Schwingungen werden immer Schwächer. Wir bekommen keine Wiederaufbereiteten. Du hast es doch schon erwähnt. Wir können keine Nachkommen mehr zeugen und das schon, seit unser König verschwunden ist. Die, die noch geboren wurden, entstanden aus dem Rest der heilenden Schwingungen, die uns der König wiedergegeben hat. Meine Schwingungen sind schon soweit aufgebraucht, dass ich nicht einmal mehr die Fähigkeit habe mich zu verwandeln. Bald werde ich das Altern anfangen, genauso wie du. Ist es nicht so, Berum alter Freund. Wir werden sterben. Und es ist die Schuld unseres Königs. Hab ich nicht recht?« Nun waren es die Wachmänner die geschockt zu Berum und mir hin und her blickten. »Wäre er nicht so ein Feigling, hätte er schon längst einen Weg aus dieser Misere gefunden, aber was kann er schon ausrichten. Sieht nur sich selbst. Verschließt die Augen vor seinen eigenen Untaten und lebt in den Tag hinein. Ihm ist es egal, ob seine Untertanen dahinkrepieren. Ist es nicht so? Berum, mein geliebter Freund. Mein Bruder. Deswegen hast du dich mit anderen angeschlossen und ihm des Thrones zu verwiesen ohne dir darüber Gedanken zu machen, was es für Konsequenzen haben könnten. Tja, das hätte ich wahrscheinlich genauso getan. Aber du kamst mir zuvor. Ich verbeuge mich vor dir. Berum, die Sache war gut durchdacht, nur hat sie einen kleinen Hacken. Ohne die heilenden Schwingungen, die uns der König immer gab, werden die Drachen untergehen.«
Kurz hielt ich inne und sah, dass er schon länger mit der Ahnung lebte. »Nun vegetieren wir dahin und warten bis auch der Letzte von uns dahinrafft. Stirbt der letzte Drache, so stirbt das Imperium somit auch der König und die Drachen verschwinden endgültig aus der Geschichte. Anhand deines Aussehen, schätze ich, dass du noch ungefähr zwei bis dreihundert Jahre zu leben hast, wenn nicht weniger. Für einen Drachen ist das kein Alter.«
Ich war so innerlich aufgewühlt und dennoch war in meiner Stimme eine Ruhe, die schon beängstigend war. Für mich selbst unangenehm und beängstigend.
Berum schluckte kräftig.
»Also ist es wahr!« Wechselte Berum in die Sprache der Drachen und ich sah seine Angst auflodern.
»Natürlich ist es wahr, aber das ist schon lange nicht mehr meine Sorge. Du hast gerade eines der streng gehüteten Geheimnisse erfahren und dir fällt nichts anderes ein als ›also ist es wahr‹? Berum, ich habe dich für intelligenter gehalten. Du hast bestimmt schon einen Weg gefunden, um die Schwingungen wiederzubeleben.«
»Mein Kön…«
»Nenn mich nicht mein König! Verrätern ist es nicht gestattet, mich so anzusprechen!« Unterbrach ich ihn. »Heuchle deinen Verräterfreunde etwas vor, aber nicht mir. Ich glaube, es wird Zeit, dass du wieder in die Tagesordnung übergehst. Deine Hunde werden langsam unruhig.« Ich nickte kurz zu den Wachmännern, denen es langsam unwohl wurden und ihre Hände auf den Knüppeln an ihrem Hosengurt auf und ab fuhren. Auch mir, dass Pochen in meinem Herzen, das in ein Stechen überging, wurde unerträglich und ich konnte mich langsam nicht mehr normal geben, geschweige denn, meinem Drachen einhalt gebieten.
»Verschwinde aus meinen Augen, bevor noch etwas passiert. Heute lass ich dich entkommen, aber sei gewiss, dass dein Verrat nicht ungesühnt bleibt, Berum.«

Je weiter sich Berum von der Zelle entfernte, umso besser ging es mir. Das Stechen ging in ein dumpfes Pochen über, bis es gar verschwand. Tief atmete ich ein und mein Magen fing zu rumoren an. Ich ging zum Tisch und setzte mich auf den einzigen Stuhl. Das Tablett zog ich an mich heran und fing das Essen an. Nach einem halben belegtem Brot nahm ich das Glas, das mit Wasser gefüllt war und trank es aus. Das Glas stellte ich zurück auf den Tisch und schob das Tablett von mir.
Eigentlich hätte ich alles aufessen können, aber die fast drei Wochen Abstinenz im Wald, wo ich mich fast ausschließlich von Beeren und Pilzen ernährt hatte, hatten mein Magen wahrscheinlich auf Erbsengröße schrumpfen lassen.
Unentwegt folgte mir die Kamera, als ich zurück zum Bett ging, mich in Schneidersitz hinsetzte und die Augen schloss. Ich musste dringend meine Gedanken ordnen und alles was störte, aussortieren. Besonders, warum ich damals auf Taterum reagiert hatte und vorhin auf Berum. Was lösten sie in mir aus? Warum fühlte ich, dass der Drache in mir ausbrechen wollte, wenn ich sie erblickte. Damals von Taterum konnte ich mich nicht mehr daran erinnern und nur teile von Fetzen drangen durch den Nebel und nun, hatte ich alles aus vollem Bewusstsein gesehen und sogar gespürt. Immer wieder kamen Erinnerungen hoch, die ich entweder in eine Ecke in mein Gehirn verschob oder sie aussortierte. Welche an die ich mich schon seit Jahrzehnten nicht mehr erinnert hatte und welche die ich gerne vergessen möchte.
Aber immer wieder kam ich zu dem Entschluss, dass mir ein kleiner wichtiger Hinweis fehlte. Ein paar Sekunden in meinem Leben, diese speziellen Sekunden, die mein Leben auf Grund aus veränderten.
Ich sah Taterum, der mit einem Menschen flog. Mir war es eigentlich recht egal. Es war sein Ding, wen er auf seinen Rücken lässt, aber ein Detail hatte mich dann doch gestört. Der Mensch gehörte zu den Angreifern und so folgte ich ihnen, damals. Sie landeten hinter einer Böschung und schon durchschoss mein Körper dieser heiße stechender Schmerz, als ob Pfeile und Harpunen mich durchstoßen. Der Schmerz hielt an und meine Kraft schwand. Während des Sturzflugs nach unten auf die Erde, verwandelte ich mich in einen Menschen und knallte hart auf. Alle Knochen in meinem Körper brachen oder splitterten. Meine Lunge sowie mein Herz waren durch den Aufprall zerquetscht worden und ich spuckte Blut. Ein Druck quoll an. Unsagbar stark. Mein Herz überschlug sich, meine Lungen blähten auf, meine Knochen wuchsen wieder zusammen. Der Drache in mir kämpfte. Aber ich wusste auch, dass ich nicht sterben würde. Nicht solange ein einziger Drache lebte. Also hielt ich den Schmerz stand, bis ich es nicht mehr aushielt und aus Leibeskräften losschrie. Ich schrie alles aus. Nicht nur das, meine letzte Kraft entzog sich mir und ich spürte nur noch unsagbare und tiefe Leere. Ich war alleine. Ich spürte nichts mehr. Ich spürte meine Leute nicht mehr. Nichts. Dunkelheit umschlang mich.

 

Kapitel 10

Ich öffnete meine Augen und schüttelte leicht mit dem Kopf. Ich kam einfach nicht weiter. Ich konnte mich immer nur an das Gleiche erinnern. Aber es musste irgendetwas geben, was ich übersehen hatte. Ich legte mich auf das Bett und starrte die weiße Decke an. Weiß. Ironie des Schicksals, meine ich. Weiß war eine leere Farbe, genauso, wie meine Gefühle. Ich war leer. Ausgebrannt und hatte absolut keine Ahnung, was als Nächstes passieren würde. Eigentlich wollte ich es auch gar nicht wissen, denn ich würde es sowieso viel zu früh erfahren.
Ich musste weggedöst sein, denn ich hörte, wie die Tür aufgesperrt wurde und ich die Augen aufschlug.
»He Kleiner, komm mit!«, sagte der Wachmann, der schon vorher mit dabei war und ich stand notgedrungen auf. Ein anderer machte sich an meinen Armen zu schaffen und legte mir Handschellen an. Ungläubig starrte ich die an.
»Sind die von Nöten?«, fragte ich und der andere nickte mit dem Kopf.
»Tut mir Leid, aber es sind Vorschriften. Solange ein Drache nicht vollständig eingegliedert ist und seine Herkunft bestimmt wurde, muss diese Maßnahme sein.«
»Ah ja«; murmelte ich und der andere Wachmann den Berum als Herr Remmert angesprochen hatte, drehte sich zu mir um.
»Sag mal Kleiner, du hast ganz schön Mumm, dich mit dem Vorsitzenden des Rates anzulegen.«
»Wie, Berum?«, fragte ich ungläubig und lachte los. »Wie hat der es geschafft, der Vorsitzende des Rates zu werden?«
»Eigentlich war Taterum, bis jetzt der Vorsitzende, aber der leidet sein einiger Zeit an Hallos«, ich schmunzelte, denn ein Fetzen der Erinnerung die in mir aufkamen, war, dass ich ihn zu einem Willenlosen gemacht hatte, der nur noch auf mich hört und meine Befehle ohne Widerspruch ausführte. Ich fragte mich nur, woher ich die Kraft hernahm.
»So?!« Gab ich nur von mir und versank kurz wieder in meine Gedanken. Taterum konnte gut mit Strategien und Recherchieren aus, aber Intrigen schnüren und sie auszuführen oder ausführen lassen, war so ein Ding wie eine Fliege ohne Flügel fliegen zu lassen. Wer also war der Drahtzieher? Berum hatte die Geduld nicht dazu. Taterum kam genauso wenig in Frage. Ich spürte, wie ich am Arm gepackt wurde und erwachte wieder aus meinen Gedanken.
»Kleiner du bist ganz anders, wie die anderen Drachen.«
»Anders?« Remmert nickte nur und führte mich aus der Zelle.
»Ja, ich habe bei dir das Gefühl, dass du sehr friedlich bist und dennoch sehr gefährlich sein kannst. Ich kann dich nicht einschätzen.« Ah ja, so anders. Was soll‘s, mir war es egal, was der Wachmann von mir hielt. Tatsache war, dass ich es mit mir machen ließ, dass ich es zuließ. Täte ich mich dagegen auflehnen, wären die beiden, die neben mir herliefen schon fünf oder sechs mal gestorben.
Wieder durchbohrten mich Schwingungen und ich musste mich sehr beherrschen. Ich schaute mich um und das Gebäude mit dem Geländer hatten keine Ähnlichkeit mit einem Gefängnis der herkömmlichen Art. Das hier, war eine Auffangstation für Drachen.
Auffangstationen gab es wie Sand am Meer. Aber wohl keine Drachen mehr, die verbotener Weise ihr Leben im Verborgenen fristeten. Die meisten Drachen, denen ich begegnete, waren alle schon registriert und von dem Rat aufgestellten Regeln unterjocht worden.
Hier waren doch mehr Drachen, als ich zuerst angenommen hatte. Die Schwingen suchten unaufhörlich den Weg in mein Innerstes und ich hatte langsam wirklich Mühe noch aufrecht gehen zu können.
Was mich allerdings wunderte, dass es kein Stechen und ziehen mehr war, sondern nur ein dumpfes Pochen und die Drachen, natürlich in Menschengestalt, nicht weiter als 20 Meter von mir entfernt waren. Eigentlich könnte ich diese Nähe gar nicht ertragen, ohne ohnmächtig zu werden.
Vielleicht war der Untergang der Drachen doch schon so weit vorgeschritten, dass die Schwingungen des Einzelnen immer schwächer wurden. Einige Drachen nahmen kurz Notiz von mir und den Wachmännern und beschäftigten sich dann wieder mit ihren eigenen Interessen, aber einer blickte mich direkt an und unsere Blicke trafen sich. Ihm stockte es der Atem und er rutschte auf seinem Sitz hin und her. Seine Lippen formten die Ehre, die er mir zuteilte und ich nickte ihm leicht lächelnd zu. Er wandte sein Blick von mir und schaute sich selbst um, als ob er jemanden suchen würde, dann stand er hastig auf und verschwand aus dem Raum, den ich für den Aufenthaltsraum hielt. Die Wachmänner führten mich aus dem Raum und wir folgten einem langen Flur. Je weiter wir uns von den Drachen entfernten umso erträglicher wurde es wieder für mich. In letzter Zeit, musste ich zugeben, begegnete ich viel zu viele Drachen. Worüber ich mich freute, aber diese Nachwirkungen zerrten doch sehr an mir. Nichts war für mich schlimmer als mich von ihnen fernzuhalten. Es waren Qualen, schlimmer wie Folter.

Vor einer Tür blieben wir stehen und traten anschließend ein. Remmert zeigte auf einen Stuhl vor einem Schreibtisch und deutete mir, dass ich mich da hinsetzen sollte. Ich blickte mich um und musste sagen, ein sehr gutes eingerichtetes Büro. Der Ventilator summte ruhig, brachte aber die erhoffte Abkühlung nicht. Selbst in dem von Jalousien abgedunkelten Zimmer, herrscht eine brütende Hitze. Auf dem Schreibtisch stand eine Tasse mit kaum abgekühltem Kaffee und eine Flasche mit Mineralwasser. Ich schätze, dass das Wasser nun nur noch für die durstenden Pflanzen hier in dem Raum zu gebrauchen war. Die lauwarme Soße würde nicht einmal ein Hund mehr wollen.

Die Seitentür wurde aufgestoßen und eine junge Frau mit Akten beladen, betrat den Raum. Sie hatte leichtes dezentes Tagesmake-up und ihre Haare waren zu einem Zopf zusammengebunden. Bei dieser Hitze war das die einzige gute Entscheidung. Aber dennoch, waren einige Strähnen von dem Schweiß durchtränkt und ihr femininer Geruch stieg mir in die Nase. Oh ja, sie war bereit. Wahrscheinlich konnte sie es kaum noch aushalten, bis sie endlich unter ihre Dusche kam und sich mit der Brause verwöhnte. Kurz leckte ich mir über die Lippen und sofort erschrak ich. Ich bekam ein schlechtes Gewissen. Ein schlechtes Gewissen gegenüber Lars? Gott, meine Sehnsucht nach ihm entfachte sich wieder und ich war froh, dass ich eine legere Jogginghose anhatte. Mein bester Freund heulte schon vor Verlangen nach ihm. Mir selbst ging es nicht besser. Nur allein der Gedanken an ihn, erfüllte mein Herz mit unsagbarer Leere.
Endlich hatte die Frau die Akten beiseitegelegt und ich war froh, dass sie wieder gehen würde, aber stattdessen reichte sie mir ihre Hand und stellte sich als die Leiterin Lucy Alliston vor. Sie tänzelte um ihren Schreibtisch und setzte sich ebenfalls auf ihren Bürostuhl. Aber sie lehnte sich nicht an. Vielleicht weil der Schweiß, der ihrem Rücken runter lief und ihre Uniform durchtränkt hatte, sich unangenehm mit dem Lederbezug des Stuhles anfühlen musste.
»Nun, bevor ich Ihnen die Einrichtung zeige, werde ich Ihre Daten aufnehmen.« Sie sah mich an und ihr Blick war fest. Vor allem ließ er keine Widerrede zu. Ich nickte nur.
»Ihr Name?«
»Selem.«
»Nachname?«
»Hab keinen.«
»Ihr Alter, am besten noch das Geburtsdatum!«
»1578, im Frühling.« Sie blickte hoch.
»Geburtsdatum?« Ich zuckte mit der Schulter. Wieder widmete sie sich ihrem Zettel und schrieb irgendetwas auf, dabei murmelte sie unverständliche Dinge.
»Wie ist Ihre Farbe als Drache?«
»Blauschwarz.«
»Verheiratet? - Ähm ich meine, haben Sie eine Gefährtin?«
»Tod.« Wieder blickte sie mich an und ich hielt ihren Blick stand. Lucy sagte nichts und kritzelte etwas auf ihren Zettel.
»Wann ist Ihre Gefährtin gestorben?«
»Vor 325 Jahren, vier Tage vor dem großen Brand.«
»Hatten Sie, oder haben Sie wieder eine Gefährtin?«
»Für was? Ich hatte seit ich sie verloren hatte, kein Interesse mehr an eine Bindung. Ihr Verlust war zu groß für mich.«
»Ist aus ihrer Bindung mit Ihrer Gefährtin Kinder entstanden?« So ein Schwachsinn, dachte ich, aber ich ließ mir nichts anmerken.
»Nein!«, log ich. Wie schon zuvor schaute sie wieder hoch und sah, dass ich sie mehr oder wenig herablassend angrinste.
»Eigentlich ja, aber ihr Menschen habt mir, meine Gefährtin, die meine Kinder unter ihrem Herzen trug, auf bestialische Weise ermordet. Bei lebendigen Leibe, dass Herz rausgerissen. Sonst noch welche Informationen?«, sie schluckte und murmelte ein »Es tut mir Leid«.
»Keine Ursache. Es liegt viele Jahre zurück.«
»Haben Sie deswegen, irgendwelche Rachegefühle?«
»Was soll das Ganze?«, fragte ich nun. Mir wurde die Sache wirklich zu dumm.
»Es dient nur dazu, wie wir Sie einstufen. Also haben Sie irgendwelche Rachegefühle?«
»Nein, ich hatte meine Rache schon.«
»So, Sie hatten ihre Rache. In welcher Art haben Sie Ihre Rache ausgelebt?«
»Wollen Sie das wirklich wissen?«, ohne meinen Blick von ihr zu nehmen fuhr ich fort. »Wie gesagt, ich hatte meine Gefährtin, vier Tage vor dem großen Brand verloren. In den kommenden Tagen hatte ich genügend Menschen, um meine Trauer runterzuschlucken. Um genau zu sein, es waren an die Hunderte und sie lagen mir schwer im Magen. Besonders die Rüstungen, waren schwer zu verdauen.« Sie machte keine Anstalt geschockt zu sein.
»Sicherlich, aber wir wissen auch, dass Drachen keine Menschen mögen. Sie halten sich viel lieber an Rinder und Schweine«, sagte sie trocken, zu trocken und ich lachte auf. Nun war sie verdutzt.
»Sie haben recht. Ich habe keine Menschen gefressen, aber ihre Knochen gebrochen und sie während des Fluges fallen lassen. Ihr Bäuche und Kehlen aufgeschlitzt und die Achillesferse durchtrennt. Sowie sie am lebendigen Leibe verbrannt. Ich denke, diese hunderten Menschen haben mein Rachegefühl gemildert. Irgendwann sah ich daraus keinen Nutzen mehr und so habe ich nach zwei Tage damit aufgehört und nur noch um meine Gefährtin getrauert. Diese Menschen, die ich getötet habe, haben mir meine Gefährtin auch nicht zurückgebracht und diese Männer konnten nicht mehr zu ihrer Familie zurück. Aber es war nun mal Krieg. Werde ich jetzt dafür bestraft, was vor über 300 Jahren geschehen ist? Falls ja, so will ich euch nur an eure Bürgerkriege, Weltkriege und Atomkriege erinnern. Sklaverei, die noch vor knapp hundert Jahren modern war und Rassenhass. Ihr Menschen habt auf der Welt mehr Unheil gebracht wie irgendein anderes Wesen. Wir wurden nur verurteilt, weil wir uns nichts bieten lassen haben und nicht in die Wertvorstellung der Menschen passten.« Sie hörte aufmerksam zu aber ich konnte sie immer noch nicht so richtig einschätzen. Selbst ihre Geilheit schien wie verflogen zu sein.
»Gut, Sie sind nicht der Einzige. Viele von Ihrer Art denken so. Die Frage lautet nach wie vor. Haben Sie irgendwelche Rachegefühle?«
»Nein! Ich bin nur froh, wenn ich in Ruhe leben kann.« Nicht einmal da überkam ihr irgendeine Reaktion und sie widmete sich wieder ihrem Zettel. Ohne zu klopfen kam ein anderer Wachmann rein und teilte mit, dass Berum soeben das Gelände verlassen hatte und auf dem Weg zur Autobahn war. Sichtlich hörbar atmete die Leiterin auf und nuschelte, ohne ihren Kopf zu heben, dass Entwarnung gegeben werden konnte.
»Sieht so aus, dass Vorstandsvorsitzender Berum keinen weiteren Nutzen an Sie hat.« Wie schon so oft wiederholte sie das Spiel und hob ihren Kopf, doch diesmal lächelte sie mich an.
»König Selem der Schwarze, es ist mir eine Ehre Euch endlich persönlich kennenzulernen.«

 

Kapitel 11

Dolorem war ein Hitzkopf und das krasse Gegenteil seiner Schwester Dalola. Es gab nichts Schlimmeres, als ein außer Kontrolle geratener Dolorem und er war dabei, außer Kontrolle zu geraten. Lucy saß neben ihm und versuchte ihn zu beruhigen. Nach einiger Zeit schien es sogar zu funktionieren und ich schaute sie sprachlos an. Ihre Geilheit vorhin loderte wieder auf. Dolorem und die Direktorin der Auffangstation. Ich schüttelte unmerklich den Kopf.
Ihre Zungen klebten zusammen und nicht einmal das beste Lösungsmittel würde da helfen, diese Beiden auseinanderzubekommen. Ihre Liebe war einzigartig und ich würde mich hüten dazwischen zu funken. Ganz besonders, weil ich an Lars dachte. Ich wollte, dass er neben mir war und mich genauso in dem Arm hielt wie Dolorem seine Lucy. Dolorem wurde Rot, als er mitbekam, dass ich sie beobachtete, und wollte schon von ihr wegrutschen, doch ich deutete ihm, dass er so eine Braut nicht links liegen zu lassen hatte. Dieser Kerl von einem Mann, wo selbst Dalola manchmal in Deckung ging, lachte schelmisch und nahm Lucy wieder in seine Arme. Irgendetwas flüsterte er ihr in das Ohr und sie drehte ihren Kopf zu mir. Ich konnte ihren Blick nicht richtig deuten, der hatte so etwas, wie, dass ich nicht das Recht hätte zwischen die beiden zu funken und schon gar nicht das Recht hätte ihr Dolorem zu verweigern. Man was für eine Frau! Ich fing an sie zu mögen. Sie hatte viel Ähnlichkeit mit Narla.
Nachdem Berum die Station verlassen hatte, hatte Lucy mir alles von Anfang an erzählt und ich war nicht minder überrascht, inwieweit die Rebellen sich dem Rat entgegenstellten. Ganz besonders das alle fünf der bekanntesten Drachen vom blauen Blut, inoffiziell gegen den Rat arbeiteten. Und offiziell alles gut hießen. Wie ich mich getäuscht hatte, wie enttäuscht ich immer war, wenn im Radio diverse Abkommen und Gesetze bekannt gemacht worden waren, die die Drachen noch weiter in die Unfreiheit stießen. Aber auf meine Kinder, die die Gene von meiner Gefährtin in sich trugen, war einfach verlass. Nie und nimmer hätte Narla dem Ganzen zugestimmt und sie wäre, bestimmt sehr stolz auf unsere Kinder. Nicht weniger war ich stolz auf meine Kinder und wie gerne würde ich sie in die Arme nehmen und sagen, dass alles wieder gut werden wird.
Nur hatte diese Sache einen ganz bestimmten Haken. ›Mein Dasein als Drache mit all seinen Kräften‹ ich könnte abkotzen, wenn ich nur daran dachte.


Die Runde was eher an ein geselliges Beisammensein am Lagerfeuer zu vergleichen war, löste sich langsam auf. Viele Drachen wussten von mir nichts und sie wurden auch nicht eingeweiht. Diese Vorsichtsmaßnahme galt zur Sicherheit der Geheimhaltung. Was ich natürlich verstand.
Was auch mir keine Umstände mit sich brachte, nur weil ich mein Dasein als König weiterhin verheimlichen müsste. Was ich wiederum als schwachsinnig ansah, weil Berum von meinem nicht so ganz freiwilligen Aufenthalt hier in dieser Station wusste.
In regelmäßigen Abständen trafen sich die Rebellen hier in der Auffangstation, die sie als ihr Hauptquartier umfunktioniert hatten zu Besprechungen gegen den Rat. Selbst alle Wachmänner, die allesamt Menschen waren, arbeiteten mit den Rebellen zusammen.
Ich war noch immer perplex, als ich zurück in meine Zelle gebracht wurde. Es hatte den Anschein, dass nicht nur ich sprachlos war, sondern Remmert auch. Er hatte regelrecht einen Kloß im Hals und ich konnte es langsam nicht mehr mit ansehen wie er immer um mich herum rumdruckste. So fasste ich mir ein Herz und sprach ihn an. Auch wenn es ›unter meiner Würde, war‹, früher einmal aber nun.
»Was ist los, Remmert? Du schaust aus, als hättest du sprichwörtlich einen Geist gesehen.«
»Wie soll ich es sagen. Du bist der König und ich… ich.. Ich…«
»Ja, der bin ich und auch wieder nicht.«
»Schon, aber du bist der König.«
»Wenn du meinst. Ja ich bin der König, nur…«
»Und ihr Vater…« Ihr Vater? Nun wurde ich hellhörig.
»Ähm, wessen Vater? Ich habe fünf Kinder, davon sind zwei Töchter und drei Söhne…«
»Ja, von ihr…» von wem ihr, fragte ich mich. Corin war mit Taterum liiert und da Zelm noch die einzige Tochter war, die ich hatte, verdrehte ich meine Augen. Zelm war ein Mädchen, das sich kein Vater wünschte. Nun ja, nun war sie eine Frau und wenn sie noch weiter so war, wie sie war, tat mir Remmert jetzt schon leid.
»Zelm«, sagte ich nur und er nickte.
»Ja, wir sind seit fünf Jahren verheiratet…« hau einen weg. Fünf Jahre?! Ich bin nun mehr als… er und Zelm? Was hatte er, was Zelm an ihn hielt? Ich musterte ihn und er schien es zu bemerken. Er hatte rein gar nichts von den Männern, von denen Zelm immer geschwärmt hatte.
»Du hast rein gar nichts, was Zelm sich jemals an einen Mann erträumt hat.«
Er wurde kreidebleich und ich bereute meine Worte. Schlagartig erinnerte ich mich daran, wie ich versucht hatte ihr zu erklären, dass Äußerlichkeit nicht der wichtigste Punkt einer Beziehung sei.
Ich lächelte. Remmert war nun mehr als… Remmert? Es wäre schön, von meinem Schwiegersohn den Vornahmen zu kennen. Dennoch konnte ich seinen Zustand nicht beschreiben, wenn es nach mir ginge, würde ich ihn zu den Anden schicken, aber er war nun mal mit meiner Tochter verheiratet.
Ich sah, wie er hart schluckte und er sich die richtigen Wörter überlegte.
»Ich entschuldige mich schon im Voraus, denn ich habe noch nie mit einem echten König gesprochen. Aber Zelm, Ihre Tochter, bedeutet mir sehr viel. Und… und… und ich erbitte Ihren Segen. Es tut mir leid, dass Sie nicht bei der Hochzeit mit anwesend waren,...« Ich gluckste und am Ende verdrehte ich wieder die Augen.
»Remmert«, sagte ich. »Halt die Klappe. Solange meine Tochter bei dir glücklich ist, bin ich auch glücklich.«
Langsam wurden mir die aufprallenden Ereignisse zu viel und ich war froh, dass ich wieder in meiner Zelle war. Was Remmert dachte oder machte, war mir im Moment so richtig egal. Ich wollte nur etwas Ruhe und vor allem wollte ich, dass das Bohren der Schwingungen nachließ. Mehr noch wollte ich, dass Lars bei mir war, aber was war, wenn er plötzlich vor mir stehen würde. Wie würde ich reagieren? Das war ein Geheimnis, denn ich wusste es nicht. Aber eins wusste ich, ich träume jede Nacht von ihm. Wie er mir die Klamotten vom Leib riss, meinen Schwanz lutschte, meinen Anus stimulierte und mich nahm, als wäre es das letzte Mal. Mehr konnte ich dazu nicht sagen, als, dass ich ihn liebte. Ich vermisste ihn so sehr.

Die Tage zogen sich schleppend hin. Immer der gleiche Ablauf. Früh wurden die ›Gefangenen‹ geweckt, zu den Aufenthaltsraum geführt, wo das Frühstück eingenommen wurde. Danach einige sinnlose Beschäftigungen, wie Regale zusammenbauen oder Spielzeuge für Kinder bemalen. Mittagessen wieder im Aufenthaltsraum und dann gab es für drei Stunden Ausgang auf dem Gelände. Oder wir konnten uns unseren eigenen Interessen nachhängen. Bei mir war es, auf den einzigen Baum in dem Hof hochklettern und in die Wolken zu starren.
Ich hatte keine Ahnung, was Dolorem zu den Drachen gesagt hatte, die mich nicht kannten, dass sie nicht in meine Nähe kommen sollten. Aber so wie ich ihn kannte, hatte er irgendwelche Schauergeschichten erfunden. Massenmörder oder Serienkiller, sollte ich sein oder der Teufel unter den Drachen höchstpersönlich. Sogar vom König zu Tode verurteilt. Ich kannte Dolorem und er neigte gerne dazu etwas zu übertreiben. Was sich auch gleich herausstellte.

Seit dem Frühstück, spürte ich bohrende und stechende Blicke auf mir und die kamen immer von einer Person aus. Er war riesig. Ein Schrank von einem Mann und er spielte liebend gerne immer mit seine Bizeps und Trizeps. Selbst seine Brustmuskeln gingen in seinem Spiel mit ein. Seine Haare waren blond und sehr gepflegt, auch roch ich Bodycremé an ihm. Er schaute sehr auf seine Reinlichkeit. Türkise Augen und seine braun gebrannte Haut ließen sie wie das Weite des Ozeans erscheinen. Wären da nicht andere Augen in die ich mich verliebt hatte, würden es ganz bestimmt diese Türkisen sein. Aber nur die Augen, alles andere war mir eindeutig zu wuchtig.. Langsam mit auffordernden Schritt kam er meinen Baum, auf dem ich lag näher. Ich hörte Dolorem, wie er ihn zurückpfiff. Er ihn aber ignorierte.
Das dumpfe Pochen wurde stärker und ich versuchte ruhig, und gleichmäßig zu atmen. Ca. zehn Meter vor dem Baum blieb er stehen und schaute hoch. Immer noch hörte ich Dolorem, der ihn nun rauf und runter verfluchte. Ich musste über die ausgewählten Hauptwörter schmunzeln.
Ich atmete weiter ein und versuchte so das jetzige Stechen zu ignorieren. Ich musste dem ein schnelles Ende bereiten bevor ich ohnmächtig noch vom Baum stürzte. Der Schrank hatte wirkliche starke Schwingungen. Sie waren fast so wie die von Gelbot. Ich stand nun auf dem Ast und sprang vom Baum. Noch bevor er registrieren konnte, was ihm geschah, lag er schon bäuchlings auf dem Boden. So schnell ich ihn zu Fall gebracht hatte, so schnell entzog ich mich seiner Nähe.
Dolorem kam auf dem Schrank zugestürmt und zog ihn mit einem Zug nach oben. Die Hauptwörter hatten sich nicht gemildert. Sie wurden eher stärker. Der Kerl schaute verdattert um sich.
»Hab ich dir Trotteln nicht gesagt, dass du dich von ihm fernhalten sollst. Steh auf, du kannst von Glück reden, dass er dir nur die Nase gebrochen hat.«
„Wie?… ich, ich habe ihn nicht einmal kommen sehen.« Immer noch verdattert, fasste er sich an die Nase, die wirklich blutete.
»Natürlich nicht, dafür bist du noch über 1000 Jahre zu früh dran.« Ich stand am anderen Ende des Geländers und nickte Dolorem zu. Er nickte zurück. Noch einmal erklärte er, dass er sich dem Baum oder mir nicht weiter als 20 Meter zu nähern hatte. Jeder der es dennoch wagte, wird sein blaues Wunder erleben. Sei es von ihm persönlich oder von mir. Ich hasste es, aber es musste sein. Auch wenn die Schwingungen die mich durchbohrten, nicht mehr so stark schmerzten, war es dennoch schlimm für mich.
Dalola schien damit recht gehabt zu haben. Ich konnte meine Kräfte zurückbekommen, wenn ich den ganzen Verrätern gegenüberstand und sie mir wieder einforderte. Deswegen spürte ich auch den Drachen in mir, als Berum, keine zwei Meter bei mir in der Zelle stand. Berum war auch ein Verräter. Dies hatte ich erfahren, erst als ich ihm begegnet war.
Ich wusste nicht, wie viele von meinen Freunden mich verraten hatten, aber dieser Coup d´Etat konnten nicht nur von einer einzelnen Person geplant und ausgeführt worden sein. Laut meiner Meinung müssten mindestens die Hälfte des Rates und einige Untermänner darin mit involviert gewesen sein. Ich kam dann so auf zehn bis fünfzehn Mann.

Inzwischen waren sie wieder bei ihren Leuten und ich ging zurück zu meinem Baum. Mit Leichtigkeit kletterte ich ihn wieder hoch und legte mich auf dem Ast. Eine Zeit lang beobachtete ich noch die Wolken, bis ich leicht eindöste.

»Selem«, hörte ich und schlug meine Augen auf. »Es wird Zeit.« Ich drehte meinen Kopf zu Dolorem, der mir zuwinkte.
»Es wird Zeit.« Wiederholte er. Der Schrank stand keine drei Meter neben ihm und ich sah, dass seine Nase verarztet wurde. Ich stand auf und sprang wie schon zuvor mit Leichtigkeit vom Baum. Ich steckte meine Hände in die Hosentasche und schlenderte langsam zum Eingang. Immer auf Abstand blieb ich und ging nur, soweit bis ich das dumpfe Pochen in meinem Herzen spürte. Dann hielt ich wieder an und wartete, bis die Gruppe reingegangen war. Wieder folgte ich ihnen und wieder wartete ich. Immer wieder spürte ich die herablassenden und auf Revanche plädierende Augen von dem Schrank auf mir. Der blieb beim Eingang stehen und ich blieb da stehen, wo ich war. Keine Ahnung, wie lange aber irgendwann sprach er mich an.
»Hey, hast du jetzt schiss, weil ich dich im Auge behalte?« Genervt atmete ich ein. Der Kerl hatte erst von mir die gebrochene Nase bekommen und schon wieder wollte er mich herausfordern. Tja, er hatte aber recht. Diesmal war er konzentrierter und ließ mich wirklich nicht aus den Augen. Wäre er vorhin nicht überrascht gewesen, hätten wir uns einen Kampf von einigen Minuten geliefert. Er ist mir und da bin ich ganz sicher ebenbürtig. Nun in meiner momentanen Verfassung.
»Nope«, meinte ich und blickte zu den Wolken, der aber grinste nur.
»Das solltest du aber. - Weißt du überhaupt, wer ich bin?« Ein aufbrausendes Arschloch, dachte ich und schaute weiter zu den Wolken. Die waren heute wirklich wunderschön und zeugten, dass es nicht mehr lange dauerte, bis die Trockenperiode vorbei war. Wie gerne würde ich da oben fliegen und die leichte Feuchtigkeit und den nebeligen Hauch der Wolken auf meinen Schuppen spüren.
»Sollte ich das?« Und nun blickte ihm über seine Schultern.
»Oh ja, das solltest du. Das solltest du wirklich. Ich bin Crom. Den, den sie den großen Braunen nennen.«
Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Lucy herangestürmt kam. Im Schlepptau Remmert und Howks. Die beiden Wachmänner waren mit Knüppel bewaffnet und wollten schon auf Crom zugehen, aber Dolorem hielt sie auf.
»Crom, lass den Scheiß. Oder willst du wieder Einzelhaft haben?«
»Warum? Ich will nur meine Revanche haben. Die halbe Portion hat mir die Nase gebrochen.«
»Crom…«
»In Ordnung!« Unterbrach ich Lucy. Blieb aber dennoch mit meiner Hand in der Hosentasche stehen. »Aber wenn ich dich wieder besiege, gestehst du deine Niederlage ein.«
»Selem, Ihr seid wahnsinnig, das übersteht Ihr nicht!«, rief Dolorem und ich blickte ihn an der dem großen Braunen, an der Schulter packen wollte. Der schüttelt die Hand nur ab und schnaufte.
»Was soll das? Er ist doch ein ganz ein Großer. Das sagst du doch immer. Keiner hat ne Chance gegen ihn. Selbst deine Schwester, soll gegen ihn verloren haben. Gegen ihn?«
»Crom, hör auf. Du weißt nicht, was du da tust!«
»Also, das ist mir neu. Dass du von einem Kampf abgeneigt bist. Du hast doch selbst gehört, dass er damit einverstanden ist.«
»Ist in Ordnung, Dolorem. Ein kleiner Kampf, kann meinen müden Knochen nicht schaden.«
»Aber…!«
»Halt dich daraus. Du darfst erst eingreifen, wenn du seine Einzelteile aufkratzen kannst.«
»Wisst Ihr was? Ihr könnt mich langsam!« Dolorem sog scharf die Luft ein und setzte sich auf eine Bank. Die anderen taten das Gleiche und selbst Lucy und die Wachmänner hatten einen Platz gefunden. Ich stand immer noch mit meinen Händen in der Hosentasche da und sah zu, wie sich der Schrank seines durchgeschwitzten Shirt entledigte.
Kurz ging ich meine Möglichkeiten durch. Als Erstes musste ich seine Schwachstelle finden, dann seine Bewegungen und Technik erkennen. Somit hatte ich einen Vorteil. Das wäre alles kein Problem, aber ich hatte ein Handycap, ich ertrage nur wenige Minuten, die in mich reinbohrende Schwingungen. Zeit, ich bräuchte Zeit, aber die hatte ich nicht.
Der Schrank, der sich als Crom der große Braune vorgestellt hatte, ging einen Schritt auf mich zu. Dann wieder einer und ich blieb an meinem Platz stehen, bis ich das erste Pochen in meinem Herzen spürte. Erst dann machte ich einen Schritt auf die Seite und schätzte die Entfernung ab. Es waren ca 15 Meter. Ich zog meine Schuhe und mein Shirt aus und schmiss es neben mir auf dem Boden.
Ich machte mich bereit, seinen Angriff abzuwehren, doch dazu kam ich nicht. Ein fürchterlicher Schmerz durchbohrte mein Herz. Mir blieb die Luft weg, die Lungen zogen sich zusammen und ich sank auf die Knie. Crom hielt vor mir an und drehte sich zu den Wachmännern. Noch nie hatten sie so dermaßen in einen Kampf eingegriffen und einen Kontrahent mit Stromstößen außer Gefecht gesetzt. Also musste die halbe Portion wirklich sehr gefährlich sein. Dachte er sich.
Aber irgendetwas passte da nicht. Dolorem sah geschockt aus. Auch die anderen. Pore, Chursik und selbst der sanftmütige Bam. Alles starrten geschockt zu der halben Portion und ein leichter Wind kam auf. Ihre Blicke gingen zum Horizont und dann wieder zu ihm…

Gott diese Schmerzen. Ich spürte, wie ich langsam das Bewusstsein verlor und selbst der Boden auf dem ich kniete, sich vor mir drehte. Mein Herz wollte sich gar nicht mehr beruhigen und mein Blut rauschte mir in den Ohren.
»Es ist die Vizevorsitzende Sam. Macht Platz für ihre Landung. Sie kommt in Bekleidung von Prinzessin Corin und Berum.« Was hatten sie gesagt, Berum. Wieder schrien die Wachmänner, dass die Gefangenen, Platz für ihre Landung machen sollte und ich musste meine ganze Kraft aufbringen um nicht in Ohnmacht zu fallen.
Als Erstes landete Corin. Sie hatte Berum auf ihren Rücken und als er abgestiegen war, verwandelte sie sich in ihre menschliche Form. Narla durchschoss es mir. Sie sah wirklich wie Narla aus. Ihr hellblondes Haar und ihre grauen Augen. Als Nächstes landete Sam, doch sie sah es nicht ein sich in die Menschenform zu verändern.
Alles um mich herum verschwand. Ich sah nur noch Sam. Ihre gewaltige Masse. Ihre gewalttätigen Augen und eine violette Harpune, die durch ihre Hand abgefeuert wurde. Nur war es keine Harpune, sondern, der magische Strahl, der mir all meine Kräfte nahm.
»Wir haben ihn. Nicht schlapp machen…« hörte ich ihre Stimme aus der Vergangenheit und ich erkannte, den dritten Verräter.
Mein Herz beruhigte sich wieder, der Schmerz ließ nach und wie schon bei Berum fühlte ich, wie der Drache in mir ausbrechen wollte.
Ich nahm ihre Schwingungen auf und es machte mir plötzlich nichts aus. Im Gegenteil, sie gaben mir Kraft und ich stand auf. Von weit her hörte ich Berum fluchen, doch es war mir egal. Er würde schon noch seinen Verrat büßen.
»Selem der Schwarze. Ich habe Berum nicht geglaubt, dass Ihr wieder hier seid. Aber sehe da, er hatte also doch recht. Ich, Sam die Graue heiße Euch herzlich willkommen.«
»Halt dein verfaultes Maul!«, zischte ich und die Hitze in meinem Körper schwoll an. Sie wich zurück. Crom blickte erstaunt zu dem Drachen, der vor mir zurückwich. Dieser Koloss zog sich wirklich vor diese halbe Portion, die ich war zurück.
Sam blickte zu Berum und ihr Blick verhieß nichts Gutes. Woher sollte der König etwas von damals wissen.
»Hat dich Berum nicht gewarnt. Aber du erledigst immer nur alles nach deinem Kopf. Du warst schon immer so und du wirst dich auch nicht mehr ändern«, zischte ich weiter und stand wieder auf meinen Füßen. Ich nahm ihre Schwingungen vollkommen auf. Ich veränderte mich. Meine Haare nahmen den typischen blauschwarzen Ton an. Meine Augen glänzten silbergrau auf. Meine Haut hatte leichte Andeutungen von Schuppen und leuchtete ebenfalls blauschwarz auf. Ich biss mir mit den langen Zähnen auf die Unterlippe. Es war ungewohnt, nach all den Jahrhunderten die Zähne zu spüren.
Ich wunderte mich, dass der Halsreif nicht auf meine halbe Verwandlung reagierte und dann fiel mir ein, dass der ausgeschalten wurde. Weil Lucy und ihre Männer gegen den Rat arbeiten.
Ohne Vorwarnung stürmte ich auf Sam zu. Packte sie an ihrem Hals und schleuderte ihren massigen Drachenkörper über meinen Kopf hinweg.
Sie fluchte. »Wie kannst du es wagen?«
»Du vergisst meine Liebe, selbst in Menschengestalt bin ich immer noch stärker als ein Drache.«
»Wie kannst du es wagen, du Wicht. Du kannst mich niemals besiegen.« Nun holte ich mit dem Fuß aus und trat in ihrem Bauch. Wieder flog sie ein paar Meter weit und mit einem Satz befand ich mich zwischen ihren Dornen auf ihrem Hals.
»Sam, hast du vergessen, wer ich bin. Das sieht ganz so aus. Ich Selem der Schwarze, König der Drachen, Träger der einzigen und wahren Macht aller Wesen. Ich bezichtige dich des Verrates. Ich bin dein Richter und dein Henker und nun höre meine Bestrafung. Ich verurteile dich zum absoluten Gehorsam. Ich nehme dir deine Macht und befehle dir, dich gegen deine Verräterfreunde zu stellen. Dazu wirst du, bis du deine Strafe gesühnt hast in Unfruchtbarkeit leben. Du sollst dieses Leid, das du über unsere Frauen gebracht hast, weiterführen. Nur du!», Ich sprang von ihr runter und fing an über ihren massigen Körper zu streicheln, der sich allmählich in Menschengestalt veränderte und hielt zwischen ihren Beinen an. Fest griff ich über ihren Venushügel und sie schrie auf. Ich spürte durch ihre Hose ihre Wärme und roch ihre Bereitschaft.
Sie war nicht nur als Domina bekannt, auch als Sklavin ihrer Gefühle und ihr Saft, drang aus ihrer Hose über meine Hand. Meine Hand nahm ich von ihr weg und sie keuchte unter laufenden Tränen auf. Nur diese einzige Berührung und der Fluss meiner Schwingungen brachten ihr ihren letzten Orgasmus.
»Wie konntet Ihr das nur tun. Ich habe alles für Euch getan. Ich habe meine Fruchtbarkeit nur für Euch aufgehoben. Aber… aber Ihr habt Euch für das Mädchen mit dem niedrigen Blut entschieden. Ich hätte Euch starke Kinder geben können. Mein Blut stammt von den Alten, von dem stärksten Geschlecht ab.«
»Was redest du für eine gequillte Scheiße. Hast du ernsthaft geglaubt, ich brauche durch Blutlinie starke Kinder.«
»Aber mein Sohn, unser Sohn hätte der nächste König werden können.«
»Sam, wenn du Kinder von mir bekommen hättest, wäre bestimmt keines dabei gewesen, der der nächste König geworden wäre. Ich hatte meine Entscheidung schon gefällt und die Ahnen haben diese Entscheidung gut geheißen.«
Sie sah mich sprachlos an und ihre Tränen waren getrocknet. »Deine Bemühungen waren all die Jahre umsonst gewesen.«
»Dann ist Gelbot wirklich der nächste König?«
»Gelbot? Wer sagt das?«
»Alle, und niemand war damit einverstanden.«
»Nein, Gelbot war nicht meine Wahl. Einem König ist es verboten seine eigenen Nachkommen zur Wahl, als nächsten König zu stellen.« Ihre Augen wurden groß und sie murmelte nur noch irgendwelche Entschuldigungen und das es ihr leidtat. Aber es war für sie zu spät. Ich hatte meine Bestrafung schon ausgesprochen und ausgeführt. Langsam stand ich auf und wandte meinen Blick von dem liegenden Elend. Ich suchte ihn. Berum. Er war nicht mehr da. Dieser Feigling, war nur stark, wenn er nicht alleine war.

Corin kam auf mich zu und ich spüre ihre Schwingungen, wie sie sanft in mich eindrangen und mein Herz erfreute sich darüber. Mein Körper reagierte auf sie und schon drangen ihre Schwingungen gereinigt zu ihr zurück. Ich konnte die Schwingungen wieder aufnehmen, ohne das sie mir schmerzen verursachten und sogar rein und mit Lebenskraft zurückgeben.
»Daddy«
Ihre Tränen flossen unaufhörlich ihre Wangen runter. Ihr blondes Haar wehte sanft in der Brise des warmen Windes und ihre Augen erstrahlten im schönsten grau, das ich je gesehen hatte. Noch nie sah ich meine Tochter in dieser wundervollen Sicht und ich vergaß, wer ich war. Ich zog sie in meine Arme und nun wurde es mir bewusst, wie sehr ich sie und all meine anderen Kinder, und nicht nur meine leiblichen vermisst hatte. Ich selbst konnte meine Tränen nicht mehr zurückhalten und in diesem Moment war es mir egal, wer mich so sah.
Mir war es egal, ob ich der König war oder nicht. Ich war nur noch Vater, der seine Tochter in den Armen hielt und nur noch glücklich.

 

Kapitel 12

Ich betete und bedankte mich bei sämtlichen Gottheiten die, die Welt je gesehen hatte und hoffte, dass dieser Zustand, dass ich die Schwingungen, ohne Schmerzen zu erleiden in mich aufnehmen konnte, nicht wieder verschwand.

Irgendwann löste ich mich von ihr und drehte mich zu der Masse »Gefangenen«. Ohne ein Wort und ich war nicht darauf gefasst, sanken sie auf die Knie. Selbst der Kerl von einem Schrank wuchtete sich auf seine fleischigen Knochen. Auch die anderen, die sich zu schade dafür hielten, mir einen Blick zu würdigen, sanken ihre Häupter. Die Einzigen die noch standen, waren Lucy mit ihren Männern und Dolorem. Dieser strahlte über sämtliche Backen, die es im Universum gab.
»Steht auf. Wir sind hier nicht auf einer Parade.«
Meine Stimme ging unter einem Schwall von einem Jubel unter und ich musste gegen meine Tränen ankämpfen.
»Mein König, unser König, mein König, unser König.« Egal, was ich versuchte, die Masse war nicht mehr zu beruhigen.
Dolorem kam auf mich zu und selbst seine Schwingungen drangen sanft und nicht mehr pochend und bohrend in mein Herz.
Langsam glaubte ich der Theorie, die Dalola aufgestellt hatte. Ich musste mich jeden einzelnen stellen, der damals im Verrat mit verwickelt war, um meine Kraft zurückzubekommen. Zwei von wie vielen war ich schon begegnet und hatte nur ein kleinen Bruchteil von meiner eigentlichen Macht zurückbekommen. Aber ich war überglücklich. Endlich konnte ich mich den Drachen wieder nähern ohne vor Schmerzen in Ohnmacht zu fallen. Es war für mich mehr wert als alles Geld oder Macht der Welt.
Er reichte mir die Hand und ich nahm sie, dann drehte er sich zu der immer noch wimmernden Sam und fragte, was mit ihr geschehen sollte. Dolorem blickte mich durchdringend an und ich wusste, wenn ich nun was Falsches sagte, dann verliere ich die neugewonnenen Untertanen. Aber als grausam und unnachgiebig will ich auch nicht gelten. So atmete ich ein und gab die Anweisung, sie in eine Zelle zu sperren, ihr Beruhigungsmittel geben und erst, wenn sie wieder fit war, sie zu befragen. Diese Aufgabe überreichte ich Crom, denn ich sah, dass er seine Augen nicht mehr von ihr wenden konnte. Wie aus allen Wolken fallend strahlte er los und bedankte sich, nebenbei aber zischte er, von wegen und dass er ne Revanche haben wollte. Ich grinste ihn an und zwinkerte ihm zu. Er konnte das gerne haben. Wenn er wirklich darauf erpicht war noch eine gebrochene Nase zu bekommen oder ein Bein oder Arm. Mir sollte es recht sein. Ich war niemand, der jemand seinen Wunsch abschlug.
»Tja, das war wohl nichts mit der Geheimhaltung.« Dolorem zuckte mit seinen Schultern und meinte. »Man kann heutzutage niemanden mehr trauen. Viele sind für den Rat. Selbst hier ...« Er drehte sich zu den Drachen, die sich wieder um ihre eigenen Angelegenheiten kümmerten. »Selbst hier, kann man niemanden soweit trauen, wie das Auge reicht.«
»Verstehe.«
»Keine Sorge, ich habe schon Maßnahmen ergriffen…«
»Und ich auch!« Ging Corin mit ein. »Seit ich erfahren haben, dass du da bist, habe ich schon darauf hingearbeitet, dich als vermisst zu melden. Mir ist zu Ohren gekommen, dass du nach Almenien wolltest.« Ich nickte, aber das schien sie nicht gesehen zu haben.
»Ich werde dich dorthin bringen.« Ich sah, dass ihr etwas bedrückte, sprach sie aber nicht darauf an. »Vater«, sprach sie weiter, ohne mich anzublicken. »Ich bitte dich, sei nicht zu hart zu Taterum. Er leidet sehr, als ihm bewusst wurde, was er getan hat. Vater, er ist mein Gefährte.«
»Dein Gefährte?« Ich atmete ein und blickte wieder zu den Wolken. »Es sieht so aus, als ob du ihn die ganze Zeit hintergehst, wenn du für die Rebellen bist und nicht für den Rat…«
»Nein, so ist das nicht. Taterum, ich weiß nicht, wie ich das sagen soll. Taterum ist schon lange kein vollwertiges Mitglied des Rates mehr. Aber seit du ihn mit dem absoluten Gehorsam bestraft hast, kamen die ganzen Gefühle erst richtig hoch und er ist durchgedreht. Er murmelte immer wieder, dass er deine Schmerzen erleidet. Er es nicht schafft… er ist nach Almenien geflohen und dort seinen Frieden zu finden. Ich habe ihn seit fünf Wochen nicht mehr gesehen. Vater ich bitte dich, nimm ihm die Strafe. Er büßt schon seit Ewigkeiten seine Schuld. Für uns wurde es etwas schwieriger immer den richtigen Schlag gegen den Rat auszuführen, seit Taterum uns nicht mehr mit Informationen beliefert.«
»Weißt du, oder kannst du dir vorstellen, wer wirklich die Fäden in der Hand hält? Berum, glaube ich nicht. Er ist ein guter Stratege, aber diese Sachen durchziehen, ist einfach nicht sein Ding. Er führt eher Befehle aus, als welche zu geben.«
»Hmm, ich kann es nicht mit Gewissheit sagen, aber ich denke, dass es Zeshmik ist. Als es bekannt geworden ist, dass du noch lebst, hat er sich als Herrscher ausgesprochen.«
Zeshmik. Ich schloss meine Augen. Es könnte gut sein, dass er es war, denn er war neben mir, auch auserwählt geworden der nächste König zu werden. Wenn es wirklich Zeshmik war, dann konnte ich die anderen erraten. Zeshmik engsten Anhänger. Das erklärte auch, warum Sam mit bei der Party dabei war. Zeshmik und Sam waren ein Paar und beide fuhren stark auf Macht ab. Ich winkte Dolorem zu mir und gab ihm die Namen von den engsten Anhängern von Zeshmik. Sam strich ich von der Liste, denn sie konnte nichts mehr unternehmen und da sie ihre Fähigkeit verloren hatte und sie es ihrem Partner bestimmt nicht sagen würde, dass ich sie ihr genommen hatte, war sie für ihn nicht mehr von Nutzen sein.
Moura, Seki, Grombath, Nefrim, diese vier sagte Corin, waren Mitglieder des Rates. Es waren auch Mitglieder meines damaligen Rates und ich nickte. Langsam konnte ich eins und eins zusammenzählen und zählte noch weitere Namen auf. Die wahrscheinlich nur die Handlanger des Rates waren. Tor, Hamrum, Kaska, Nanalie und Freme. So hatte ich langsam meine 10 – 15 Leute und es wurde immer durchscheinender. Warum, das alles vor 326 Jahren passierte.
Zeshmik hatte es nicht verkraftet, dass die Ahnen am Ende mich erwählt hatten, obwohl er körperlich um einiges stärker war, als ich. Er war schon immer machtgierig. Aber ich hatte meine Augen davor verschlossen, weil ich zu jung und naiv war und ich immer nur das Gute in einem gesehen hatte. Zeshmik. Um es mit ihm aufnehmen zu können, brauche ich meine vollständige Kraft. Aber was mich wirklich beschäftigte, warum Taterum und Berum sich Zeshmik angeschlossen hatten, war mir nach wie vor ein Rätsel.

 

Kapitel 13

Dieser alltägliche Trott brachte mich um den Verstand. Fünf Tage wartete ich bereits, doch Corin kam nicht. Sie musste wirklich sehr viel erledigen, dass es so lange dauerte. Am sechsten Tag verlor ich die Geduld und sprang von meinem Baum. Die Wolken brachten mir auch nicht mehr die Ruhe, die ich brauchte. Lucy verneinte schon zum tausendsten Mal, als ich sie fragte, ob Corin sich schon wieder gerührt hatte.
Bei den abendlichen Versammlungen der Rebellen hörte ich auch nur mit einem Ohr zu. Denn egal über was sie sprachen, sie kamen auch so nicht weiter und drehten sich im Kreis. Vor allem fing ich an, es zu hassen, wenn alle Blicke auf mich gerichtet waren und sie von mir irgendetwas hören wollten. Meine Güte, was sollte ich schon dazu sagen? Ich wandelte seit über 300 Jahren als Mensch auf der Erde und ich hatte gerade ein Bruchteil von meinen Fähigkeiten zurückbekommen. Von den ganzen Widerstand hatte ich so gut Ahnung, wie ein Fisch, der versuchte an Land spazieren zu gehen.

Der gelbe Alarm ging los und von draußen hörte man wie die Wachmänner ›Drache im Anflug‹ schrien. Kurz konzentrierte ich mich und erkannte, dass es Dalola war. Dolorem rief, dass die Versammlung sich auflösen sollte und ich beruhigte sie und erklärte, dass es Dalola war. So wie ich sie kannte, lässt sie niemanden anderen auf ihren Rücke als Jackson. Selbst bei mir würde sie es verweigern. Musste ehrlich zu geben, ich hatte es nie versucht. Ihr Zorn war zu übergroß, um sich dagegen zu stellen, und ich wäre töricht genug überhaupt erst daran zu denken. Ich wüsste nicht einmal, ob sie auch wirklich jemals ernst gegen mich gekämpft hatte oder mich immer gewinnen lassen hatte. Kommt einer hinter die Frauen. Besonders hinter diese Frau.
Da ich keine rechte Lust verspürte, noch mehr von irgendwelchen Theorien und Mutmaßungen, aufseiten der Rebellen zu hören, verschwand ich in meine ›Zelle‹. Ich liebte dieses Wort.
Für heute wollte ich nichts mehr hören oder sehen und versuchte einzuschlafen. Das Gepolter auf dem Gang von den schweren Sicherheitsschuhen, die die Wachmänner trugen, drangen unaufhörlich zu meine Ohren. Es gab kein Anklopfen oder ein ›sind Sie noch wach‹, nein die Zellentür wurde einfach aufgemacht und ein unsagbarer, leichter und mir sehr bekannter Duft, stieg mir in die Nase. Sofort reagierte mein Körper auf den Geruch und ich drehte mich in Richtung Wand. Ich dachte schon, dass ich schon wieder von ihm träume. Aber es konnte nicht sein. Ich wusste, dass ich wach war. Ich sah die Wand vor mir. Ich vernahm sein ruhiger Atem und ich hörte, wie er zu den Wachmännern dankend zuflüsterte und sie dann hinter sich die Tür wieder schlossen. Er kam auf mich zu. Mein Herz raste und mein Atem ging nur noch stockend. Gott wie ich ihn vermisst hatte. Nicht nur ich, auch mein bester Freund stand Spalier. Was hatte der Mann, der mich so in seinen Bann zog.
»Komm nicht näher!« Meine Stimme war kratzend, doch er ignorierte es und ich hörte seine Designerhose an seinen Beinen reiben.
»Selem…«
»Ich sagte, komm nicht näher!« Was redete ich da nur, ich wollte, dass er herkam. Ich wollte, dass er mich in seinen Armen nahm. Mein Gott ich wollte ihn an mir und in mir spüren. Sein Duft wurde stärker und auch mein Herzschlag. Ich schluckte kräftig den Kloß runter aber es brachte nichts. Meine Spucke sammelte sich wieder in meinem Mund und mein Rachen war genauso trocken wie zuvor.
»Selem, ich muss mit dir reden.«
»Rede und verschwinde dann wieder. Wobei ich glaube, dass es nichts Wichtiges ist!«
»Selem, jetzt hör mir doch zu. Kannst du dich nicht zu mir drehen?« Nein das wollte ich nicht. Ich wollte nicht, dass er meine Tränen sah, die nur noch schwer zu kontrollieren waren. Ich sah ihn wieder, wie er mich nahm. Mich fickte und dann einfach aus meinem Leben verschwand. Ohne ein Wort, eine Geste, nichts.
»Was willst du? Ich habe dir nichts zu sagen.«
»Es tut mir Leid.« Ja natürlich, tat es ihm leid. Nein, nein ich wollte nicht so reagieren, ich wollte nicht wie ein sitzengelassener Teenager klingen.
»Hm, und weiter!«
»Selem…« ich konnte nicht mehr anders und setzte mich auf das Bett. Fest starrte ich ihn an und hoffte, dass er meine getrockneten und schwer zu verhinderten Tränen nicht sah.
»Du bist doch nicht den ganzen Weg hierher gekommen um mir zu sagen. Das es dir leid tut!«, zischte ich. Oh Gott der Teenager erwacht. Er machte Anstalten sich auf das Bett neben mich setzen zu wollen und ich zeigte mit der Hand zum einzigen Stuhl. Was machte ich da, ich wollte, dass er neben mir saß. ›Nein, gehe nicht so weit von mir weg. Ich will dich riechen‹ meine Gedanken waren durcheinander. Mein Herz schlug bis zum Hals und ich befürchtete schon, dass er es hören konnte, so laut kam mir mein eigenes Herz vor.
Er zog den Stuhl etwas näher an das Bett und blickte mich wieder an. Diese Augen. Ich möchte mich in ihnen versinken. Seine Liebe sehen, seine Leidenschaft und Geilheit. Ich schluckte wieder den Kloß runter, was sinnlos war.
»Schlaf mit mir!« Ich hörte nicht richtig.
»Was?« Weiter kam ich nicht, denn er hatte mich in seinen Armen genommen. Wie herrlich seine Wärme war und wieder flüsterte er mir ins Ohr, dass er mit mir schlafen möchte. Ich war schon versucht, meine Arme um ihn zu schlingen, doch stattdessen drückte ich ihn von mir weg.
»Du spinnst doch!«, keuchte ich und hatte es schwer wieder ruhig zu Atmen.
»Da hast du wohl recht. Ich spinne und bin verrückt nach dir.«
»Tzz, komm mal wieder runter. Du hast sie wirklich nicht mehr alle. Soweit ich weiß, hast du mit mir Schluss gemacht. Und fürs warm halten bin ich mir zu schade.«
»Ich habe mit dir nicht Schluss gemacht?«
»Ach ne, und was war das damals. Du hast mich gefickt und bist dann gegangen und hast dich nicht mehr gerührt. Und meine Anrufe hast du auch nicht entgegengenommen.« »Ich,… ich weiß es auch nicht. Mir wurde die Sache etwas zu heiß. Verstehe es doch, es war für mich ein Schock zu erfahren, dass du der König der Drachen bist. Und ich, und ich arbeite mit dem Rat zusammen. Sie bejubeln dich zwar in der Öffentlichkeit, damit die Drachen ihnen nicht den Rücken kehren, aber in Wirklichkeit jagen sie dich. Ich wollte nicht, dass du wegen mir… Sie waren mir schon auf die Fersen. Der Herrscher, er musste es irgendwie herausgefunden haben… Da dachte ich, es wäre besser, dass du sauer auf mich bist, solltest du es erfahren, dass ich Geschäfte mit deinen Feinden mache.«
»Das habe ich schon gewusst, dass du mit dem Rat kommunizierst.«
»Ja, das fiel mir hinterher wieder ein und dann hatte ich mich auf die Suche nach dir gemacht. Und als ich dich dann im Park gesehen habe, wie du das Handy in den Teich versenkt hast und dieser Blick. Verachtend als ob ich nur ne Made in deinen Augen wäre. Selem, was ich getan habe, tut mir unendlich leid. Ich wünsche, ich könnte es rückgängig machen.« Was sollte ich tun? Sollte ich es ihm glauben, mich freuen?
»Sag mal, wie hast du mich hier überhaupt gefunden?«
»Dalola hat mich hierher gebracht.«
»Was? Wie hast du das zusammengebracht.«
»Ich sagte, ich könne ohne meinen Gefährten nicht mehr leben…« Schock! Gefährte? Bitte was… ich starrte ihn nur noch mit offenen Mund an. »Um ehrlich zu sein, es hat über vier Wochen gedauert, bis ich sie überredet hatte. Und noch etwas, der Rat hat irgendetwas mit dir vor. Was genau, das weiß ich nicht. Aber Dalola sagte, dass du verschwinden solltest, bevor der Rat seinen Schritt gegen dich macht. Sie haben Corin ins Visier genommen…«
»Du meinst, sie wissen über Corin bescheid?«
»Ja, die Rebellen verlieren langsam. Der König muss endlich in der Öffentlichkeit wieder auftreten.«
»Das kann ich nicht. Wenn ich so, wie ich jetzt bin, meinen Thron einfordere, liege ich schneller am Boden, als wie ich das Wort Amen sagen kann.«
»Ja, das meint Dalola auch, dass es eine Falle ist.« Inzwischen saß ich nicht mehr im Schneidersitz da, sondern mit offenen Beinen. Er müsste nun wirklich blind sein, wenn er den Verräter von einem Schwanz nicht sehen konnte.
Lars hatte mich als seinen Gefährten bezeichnet. Wusste er, was dies bedeutete. Was es für eine Bedeutung für mich hatte, wenn ich ihn als meinen Gefährten akzeptierte. Wir würde eins, für immer.
Es schlich sich bedrückende Stille ein und ich atmete tief.
»Lars«, er blickte mir in die Augen. »Wie war das mit dem Gefährten?« Er wurde rot und lächelte verlegen.
»Nun ja, ich möchte gerne dein Gefährte sein. Das heißt, falls du nichts dagegen hast.« Ich gluckste.
»Lars weißt du eigentlich, dass das eine Art Heiratsantrag war! Dass du eins mit mir und der Natur wirst.« Ich musste sicher gehen. Auch wenn ich es mir nicht eingestehen wollte, traute ich ihm nicht, obwohl meine Lende was anderes sagte.
Lars nickte, schaute mir tief in die Augen und sagte: »Ich habe mit Jackson darüber gesprochen und er hatte mir alles erklärt. Ich weiß, was es bedeutet, ein Gefährte von einem Drachen zu sein.«
»So, so, du willst also ein König ohne Thron, einen Drachen, der im Exil lebt, ohne Fähigkeiten. Ein Mann, der allein nur durch deinen Anblick seine Geilheit nicht mehr kontrollieren kann, der sich nach deiner Wärme verzehrt und sich in deinen Augen widerspiegeln möchte. - Was alles kein Problem wäre. Die Sache hat nur einen kleinen Haken, denjenigen den du dir ausgesucht hast, lässt dich nicht mehr gehen. Niemals. Das ist eine Bindung auf Lebzeiten.« Lars hielt meinen Blick stand und langsam erhellte sich sein Gesicht.
»Du hast mich akzeptiert?«, murmelte er leise und laut sagte er: »Heißt das, du hast mir verziehen?«
»Nein, aber ich kann ihn da unten nicht mehr länger ignorieren. Es wird höchste Zeit, dass du dich um mich kümmerst, wie es für einen Gefährten gehört.«
Er stand auf und griff mir zwischen die Schenkel. Lars ließ sich nicht lange betteln und ich sah seinen Triumph. Seine Berührung verursachte in mir angenehme Zuckungen.
»Ich habe schon immer gewusst, dass du ein Sadist bist. Das Ganze hätte ich mir sparen können, wenn du mich gleich rangelassen hättest. Aber jetzt kommst du mir nicht mehr aus. Mein kleiner Selem. Ich bestehe auf mein Recht, als dein Gefährte, dich jetzt zu nehmen. Mir ist es scheiß egal, ob du der König der Drachen oder der Papst höchstpersönlich bist. Du gehörst mir. Du hast schon immer mir gehört.« Ich stöhnte auf und blitzte ihn wütend an. Nie und nimmer würde ich mich ihm unterordnen aber mein Körper jubelte vor Vorfreude.
Seine Lippen suchten meinen Mund. Sanft schob sich seine Zunge in meinen Mund und ich stöhnte unter der Berührung seiner Zunge auf meiner auf. Seine Hand suchte den Weg unter das T-Shirt. Sofort spürte seine Hand auf meinem nackten Oberkörper und seine Finger, die meine Brustwarzen umkreisten. Er hatte es nicht vergessen, wie er mich berühren musste und ich genoss jede Sekunde der Lust, die er mir bescherte. Wie lange hatte ich davon nur geträumt und nun wurde meine Sehnsucht nach ihm wahr. War ich jemals böse auf ihn? Nein. Ich war nur enttäuscht. Leise flüsterte ich seinen Namen und er zog mir das T-Shirt aus. Das gleich tat er mit der Hose bis ich vollkommen nackt vor ihm saß. Ich wollte ihn schon wieder an mich drücken, doch er stieß sich von mir ab und ging einen Schritt zurück. Er musterte mich. Jeden Zentimeter an mir sog er gierig in sich rein, als ob ich mich in den letzten Wochen zu sehr verändert hätte. Wieder ließ er mich leiden und er selbst entledigte sich seiner Wäsche. Oh ja, das war ein Anblick seines steifen Gliedes. Wie hatte ich den vermisst und meiner zuckte unaufhörlich. Er fragte mich nicht wie sonst, wie ich es gerne hätte. Er ging auf die Knie, schob meine Beine etwas auseinander und liebkoste mich zwischen den Schenkel. Seine Zunge umkreiste meine Eier und ich warf meinen Kopf in den Nacken. Ich spürte nur noch ihn. Meine Sinne waren vollkommen auf ihn gerichtet und sein Mund umschloss tief meinen Schwanz. Bis zu seinem Rachen schob er sich meinen Schwanz rein. Ich biss mir auf die Lippen, um nicht lauf aufzustöhnen. Lange dauerte es bei mir nicht mehr. Er blickte zu mir hoch, seine Hand umschloss meinen Freund und er lächelte mich an.
»Ich bin es von dir, gar nicht gewöhnt, dass du so leise bist.«
»Es muss nicht gleich jeder erfahren, was wir hier tun.« Wie auf ein unsichtbares Zeichen zog er fest meine Haut von der Eichel und ich konnte es mir nicht mehr unterdrücken. Laut stöhnte ich und verfluchte ihn gleichzeitig.
»Warum? Wir sind offiziell verheiratet, also brauchst du deine wundervolle Stimme nicht zu verbergen.«
»Du Arsch«, keuchte ich und sah sein Verlangen. Seine Liebe, die nur mir galt. Ich war froh, ihn wieder zu haben, und streckte mich ihm entgegen. Er hat das Recht, als Einziger das Recht, mich so anzufassen und wenn er es wollte, dass ich laut war, dann sollte ich verdammt sein, es ihm nicht zu geben. Er drückte sich weiter an mich ran, hob meine Beine und stimulierte meinen Eingang mit seinen Fingern. Wie lange wollte er mich noch quälen, aber ich beschwerte mich nicht. Meinetwegen konnte er es so lange mit mir machen, wie er es wollte. Ich schlang meine Beine um seine Hüfte. Er verstand es und drückte ihn mir endlich rein. Mein Körper explodierte und mein Samen ergoss sich über meinen Bauch. Lars grinste und stieß sein Glied tiefer in mir rein. Ich keuchte und stöhnte und ging in sein Rhythmus ein. Ich schloss meine Augen und genoss nur noch seine harten und feste Bewegungen. Laut kam er und ich spüre seinen Orgasmus in mir pulsieren. Wie lange hatte ich nur davon geträumt, ihn endlich wieder in meine Armen halten. Nun war mein Traum wahr geworden und ich ließ ihn nie wieder gehen. Er hatte es so gewollt. Lars, mein geliebter Lars.
Wir wussten es nicht, wie lange wir eng umschlungen einfach nur dalagen. Mir war es egal. Meinetwegen konnte das so ewig bleiben. Seelenruhig atmete ich und genoss seinen herrlichen Duft. Sanft streichelte er mir durch die Haare und auch er sah sehr zufrieden aus.
Es klopfte an der Tür und ich schreckte aus meinem Halbschlaf auf.
»Mein König, Herr Tanners, es wird Zeit.« Fragend blickte ich Lars an. Er lächelte nur, aber es war ein trauriges Lächeln.
»Selem, du musst jetzt fliehen. Es gibt keinen besseren Zeitpunkt als jetzt.« Als ob er es in meinem Gesicht gelesen hätte, zog er mich an sich heran und küsste mich leidenschaftlich. „Dalola hatte vom Rat den Befehl erhalten, Sam zurückzubringen. Und du wirst diese Gelegenheit nutzen und fliehen.»

 

Kapitel 14

»Wie soll ich das denn anstellen?« Hob ich fragend meine Hand und tippte an den Reif an meinem Hals.
»Defekt in der Elektronik«, säuselte er und nahm seine Hose in die Hand. Er kramte darin rum und holte etwas silbriges heraus. Mit einem »Dada« hielt er mir einen Schlüssel entgegen. Ich verdrehte die Augen und er kam auf mich zu. Mit einem leisen Klick öffnete sich der Reif.
»Du hast ab jetzt, gerade noch 2 Minuten, um von dem Gelände zu flüchten.« Ach ja dachte ich und suchte meine Klamotten zusammen. Als ich die Zelle verließ, rief er mir noch hinterher, dass bei der 5 km entfernten Ausfahrt ein Leihwagen stand und sich der Autoschlüssel unter der Fußmatte befand. Ich rannte noch mal zurück. Er schaute mich verdattert an und wollte schon lospoltern, aber ich packte seinen Kopf und drückte ihm einen Kuss auf den Mund.
»Ich liebe dich mein Gefährte!«, flüsterte ich und rannte los.
Dalola steckte ihren Dolch zurück und blickte Lars an. »Es war also doch die Wahrheit. Du weißt schon, dass du jetzt auf der Liste vom Rat stehst!« Lars verzog seine Augen.
»Kann schon sein.« Dalola atmete ein.
»Nicht, kann schon sein, wenn es bekannt wird, dass du sein Gefährte bist, dann bist du genauso mit dran. - Wir konnten uns solange über Wasser halten, weil wir dem Rat keinen Grund gaben.«
»Machen dir sich darüber keine Sorge, solange du nichts verrätst, wird es auch der Rat nicht erfahren. Und ich glaube kaum, dass Jackson es verkraftet, wenn seine eigene Frau, seinen kleinen Bruder an das Messer liefert.« Dalola überhörte es gekonnt.
»Du kannst von Glück reden, das unser König dir verziehen hat.«
»Er hat mir nicht verziehen. Dafür kenne ich Selem zu gut. Er ist ein Sadist.«
»Wie kannst du so…!«
»Er ist ein Sadist!«, bestätigte er es nun betonender. »Nicht ich habe ihn leiden lassen, sondern er mich.« Dabei lächelte er in sich hinein. Selem wusste, dass er für meine Bedürfnisse viel zu schnell gekommen war. Das hatte er mit voller Absicht getan, hing Lars seinen Gedanken nach.

Dalola schüttelte nur mit ihrem Kopf und die beiden ließen die Wachmänner, die die ruhiggestellte Sam abführten vorbeilaufen.

Ich hatte fast die Hälfte hinter mir, als ich den Alarm losgehen hörte. Kaum wagte ich es, mich umzudrehen, denn ich spürte, wie Dalola Schwingungen mein Herz trafen. Sie hatte sich verwandelt und schnell berechnete ich die Zeit, die ich brauchte, um zum Leihwagen zu kommen, und die Zeit die Dalola brauchte um mal läppische knappe 3 km zurückzulegen.
Schlecht, es war sehr schlecht. Ich hatte gerade noch 30 Sekunden, bevor sie vor mir auftauchen würde. Ich wusste aber auch, dass sie mich nicht angreifen würde und mir am liebsten bei der Flucht half. Aber was sollte sie dann dem Rat sagen. Oh Verzeihung, er war schneller weg als wie ich mich verwandelt habe. Oder, der Alarm ist zu spät losgegangen, was natürlich auch wieder eine Grotte schlechte Ausrede war, denn sollte es bekannt werden, dass bei der Auffangstation die Sicherheitsvorkehrungen nicht richtig funktionierten, würden notgedrungen die Elektronik untersucht und dann würde herausgefunden werden, dass es an keiner Fehlfunktion lag. Was natürlich wiederum schlecht für Lucy und ihren Männern war, sowie, wie für die Inhaftierten Drachen. Scheiße, scheiße durchschoss es mir und ich nahm meine Beine in die Hände und rannte schneller. Kurz wandte ich mich um und sah schon den dunklen Fleck auf mich zukommen. Doch sie drehte ab und flog in die andere Richtung. Verdattert hielt ich an, nur blieb der Zustand nicht sehr lange und ich rannte weiter. Ich hatte keine Zeit mir drüber Gedanken zu machen, warum sie in die andere Richtung flog. Vorne sah ich schon den Leihwagen und ich kam ins Straucheln. Keuchend starrte ich den Wagen an. Das war meiner. Aber wie?… wie kam der denn her? Mein Keuchen ging ins Zittern über und ich ging langsam auf dem Wagen zu. Automatisch griff ich an den Türöffner und machte die Tür auf. Ich starrte den Innenraum an und in meinen Lenden grabbelte es. Der Duft. Dieser Duft. Das herbe und doch exotische Aftershave drang unaufhörlich in meine Nase. Lars war in dem Auto. Nein, er hatte das Auto gefahren. Gierig sog ich den Duft ein und ich wagte es nicht mich in das Auto zu setzen. Ich konnte es nicht. Auch wenn ich diese lockere Gefängnishose an hatte, so kam sie mir doch sehr eng vor. Ein Grinsen huschte über meinen Mund und nur ein Wort kam mir in den Sinn Sadist. Oh ja, sollte ich Lars wieder begegnen, so würde ich ihm das hundertmal, nein tausendfach heimzahlen. Langsam wie es mir das Pochen in meinem Schwanz zuließ, setzte ich mich hinter das Steuer. Ich startete den Motor und das Vibrieren verstärkte noch das Pulsieren und ich war genötigt mir zwischen dem Schritt zu langen. Ich stöhnte auf. Gott! Ich war dabei mir selbst einen runterzuholen. Das konnte doch nicht sein. Ich sollte schleunigst schauen, dass ich von hier wegkam. Zwanghaft trat ich die Kupplung durch und legte den ersten Gang ein. Wieder griff ich mir zwischen die Schenkel und rieb mit der flachen Hand über den Stoff. Ich spürte, dass ich schon vollständig erregt war. Mit meinem rechten Fuß trat ich auf das Gaspedal und ließ das Auto anrollen. Scheiße ich musste meine Hand wegnehmen, um den zweiten Gang einzulegen. Das war wirklich die Höhe, ich rieb mir einen und musste Autofahren. Wie peinlich. Aber ich konnte nicht anders. Lars. Ich wurde schon scharf, wenn ich nur ihn roch. Den dritten Gang. Nicht mehr lange und ich kam auf die Autobahn. Kurz orientiere ich mich an den Straßenschildern und lächelte leicht auf. Diesmal brauchte ich nicht durch den Wald ohne Wiederkehr zu gehen. Diesmal konnte ich gleich dort hinfahren. Ich schaute auf die Tankanzeige und nickte zu meinem Gedachten. Lars hatte den Wagen vollgedankt.
Mein Freund zuckte und ich stöhnte auf. »Ja, gleich kommst du zu deinem Recht. Lass mich nur noch in den fünften Gang schalten, dann habe ich lange genug Zeit mich um dich zu kümmern. - Oh Lars, das wirst du bitter büßen!«, murmelte ich mit mir selbst. Suchte mir eine bequeme Sitzposition und versuchte mich, so gut es ging auf den Verkehr zu konzentrieren. Meine linke Hand lag auf dem Lenkrad und die rechte schob ich durch den Hosenbund bis ich mein hartes Ding spürte. Gott. So gereizt war ich schon lange nicht mehr. Obwohl wir vorhin Sex hatten. Aber den habe ich nicht richtig genossen. Was ein Fehler war. Ich hatte absichtlich nur eine Nummer mit ihm geschoben.
Ich zwang mich meine Augen nicht zu schließen, und umgriff ihn. Langsam pumpte ich meinen Schwanz und ich spürte schon, dass meine Eichel feucht wurde. Nur noch einwenig und ich rieb schneller. Meine Lende mein Innerstes alles zog sich zusammen und ich ergoss mich in meiner Hose. Ich nahm meine Hand heraus und blickte kurz die fedrige Flüssigkeit an. So wie ich mich kannte, würde ich kein einziges Taschentuch im Wagen finden und ich wischte die verräterischen Spuren an meinem Bein ab. War ja eh egal. Denn meine Hose war im innern sowieso schon versaut. Ich atmete ein und wieder verfluchte ich Lars.
Mein Fluchen erstarb, als ich mein Fuß vom Gaspedal nehmen musste, um zu bremsen. Mein Wagen kam hinter einem Auto zum stehen, der die Warnlichter anhatte.
Das durfte wohl nicht wahr sein! Ich stand in einem Stau und meine Ausfahrt lag gerade mal 10 km vor mir. Nun schloss ich meine Augen und spürte viele unterschiedliche Schwingungen.
»Bin ich jetzt in einem Drachennest gelandet?« Durchschoss es mich und ich riss meine Augen wieder auf. Über zwanzig Drachen und das im Umkreis von weniger als einem Kilometer.
»Du schwingst wieder«, kamen mir die Worte von Jackson in den Sinn und ich bekam es mit der Angst zu tun. »Verfluchte Scheiße!«
Ich rutschte weiter in dem Sitz hinein. Was mir auch nichts brachte, denn es klopfte jemand an mein Fenster. Tief atmete ich ein und dann wandte ich meine Aufmerksamkeit demjenigen zu. Ich versuche zu lächeln, aber es blieb mir auf halben Wege stecken. Meine Gesichtszüge gefroren in dem Moment wo ich ihn sah zu Eis.

Zeshmik.

 

Kapitel 15

»Shit, Scheiße, verdammt…!«, durchschossen mir die Hauptwörter durch mein Gedächtnis als ich ihn sah. Glühende Augen, von der Sonne rötlich schimmernde Haare zu einem Wunderbaren rostrot erhellt und mit einem Lächeln, das den Ganzen Antlitz zunichtemachte.
»Zeshmik«
Mehr brachte ich nicht zustande.
Irgendwie schaffte ich es dennoch, das Fenster vom Auto herunterzulassen, und er forderte mich mit seiner warmen und tiefen Stimme auf, aus dem Auto zu steigen. Jeder Drache besaß auf seiner Art und Weiße eine warme und sanfte Stimme.
»Verflucht!«, dachte ich wieder. Die nächste Ausfahrt war ungefähr 10 km entfernt. Könnte ich es schaffen, von ihm abzuhauen? Oh je, diesen Gedanken schob ich sofort beiseite, als ich die anderen zu Gesicht bekam. Es waren an die 20 Drachen in Menschgestalt, die sich um mein Auto versammelt hatten.
»Mein König, würdet Ihr mir die Ehre erweisen, aus dem Auto zu steigen!« Wiederholte er es und endlich schaffte mein Gehirn den Befehl zu meinem Arm und Hand weiterzuleiten, mich abzuschnallen und auszusteigen. Nicht nur das, mein innerlicher eingesperrter Drache reagierte auf ihn. Sofort spürte ich, wie er mich verändern wollte, auszubrechen, seine aufgestaute Wut mit einem einzigen Schlag an Zeshmik auszulassen. Er lächelte breiter, süffisanter, als ob er wusste, dass ich kein ebenbürtiger Gegner mehr war. Womit er recht hatte. Immerhin fehlte mir immer noch meine »Magie« die in vielen Teilen zersplittert war. Ohne sie würde ich ihm vollständig erliegen. So konnte es nicht weitergehen. Meine Untertanen, die sich die ganze Zeit auf mich verlassen hatten, die mit der Lüge des Rates gelebt hatten, nichts von den ganzen Intrigen und Machenschaften wussten, konnte ich nicht einfach in Stich lassen. So konnte es definitiv nicht mehr weitergehen. Aber um den Gegenschlag auszuführen, musste ich meine zersplitterte Magie wieder in mich aufnehmen und mir wurde bewusst, dass Zeshmik der Letzte war, der den letzen Teil meiner Magie in sich beherbergte. Mit dieser Erkenntnis zog sich auch mein Drache wieder zurück und ich stieg aus.
»Danke mein König, dass erspart mir an Euch Gewalt anzuwenden.« Meinte er und wir blickten uns unentwegt in die Augen. Keiner wagte es, als Erstes sein Blick zu senken. Ich konnte es nicht, ich war der König. Stolz mit noch etwas Ehre im Leib. Er war der Erste, der den Kontakt abbrach. Auch wenn ich für einen kurzen Moment ein Hochgefühl in mir aufstieg, so wurde es durch den ID-Ring den er aus seinem Mantel zog zunichtegemacht.
»Darf ich?«, fragte er süffisant und hielt den ID-Ring vor mir hin. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie die anderen ihre Waffen zogen und sich auf eine Jagd oder Schießerei vorbereiteten. Ich glaubte kaum, dass irgendeiner auch nur im geringsten wusste, dass ich der König war. Vielleicht ein paar, die mir bekannt vorkamen. Aber sie waren so von Zeshmik eingeschüchtert, dass sie sich nichts anmerken ließen. Kurz verzogen sich meine Lippen zu einem herablassenden Grinsen.
»Ich lege Euch jetzt den Ring an und dann seit Ihr ein Nichts. Ein Verbrecher, ein Rebell, ein Verräter. Keine Sorge mein König, niemand wird erfahren, dass Ihr mein Gefangener seit. Euer Ruf wird weiterhin bewahrt werden.« Langsam und mit viel Bedacht machte er sich an meinem Hals zu schaffen.
»Schön das Ihr so kooperativ seit. Aber ich denke, dass Ihr es wisst, dass sich Gegenwehr, in Eurer Situation, nicht besonders gut auf Eure Gesundheit auswirken wird. Immerhin sind Eure Schwingungen, sehr, sehr mickrig. Kaum zu glauben, wie die Reaktion sein wird, wenn bekannt wird, dass Ihr der König seit.« Flüsterte er mir ins Ohr und ich hörte ein Klick. Der Reif lag um meinen Hals.
»Könntest du mit deinem sinnlosen Geschwafel aufhören. Immerhin habe ich noch ein Meeting mit einer Gefängniszelle, die ich auf keinen Fall verpassen möchte.« Erwiderte ich nur und unsere Blicke trafen sich wieder.
»Schlagfertig bis zu letzt.« Er strich mir über das Gesicht. »Aber das wird nicht bleiben.« Und dann beugte er sich zu mein Ohr. »Prinzessin Zehm steht bei uns sehr weit oben auf der Liste. Genauso wie Prinzessin Carol. Also wenn Ihr nicht möchtet, dass mit ihnen etwas geschieht, seit schön brav und gewährt mir meine Wünsche.« Mein Körper spannte sich an.
»Dreckschwein!«, zischte ich nur.
»Na, na, solch ein Wort aus Eurem königlichen Mund. Also sind wir uns einig.« Er trat ein Schritt von mir weg, gab seinen Männern ein Handzeichen und rief »Abführen«.

Ich saß mit zwei weiteren in dem Wagen der örtlichen Polizei, die mich nach Almanien brachte. Ironie des Schicksals, genau dort wollte ich anfänglich auch hin.
Wir fuhren über die Grenze bis hin zum Schloss des Königs. Mein Schloss.
»Ich möchte zu gerne wissen, wer dieser Kleine da ist. Mit keinem Abtrünnigen hat unser Herrscher so viel Aufhebens gemacht.« Sagte der, der rechts neben mir saß.
»Ich dachte auch, dass wir ihn in eine Auffangstation bringen sollten, aber dann der Befehl ihn nach Almanien zu bringen…« meinte der, der Links neben mir saß.
»Hey Doyle, weißt du, wer der ist?«, fragte der linke den Fahrer. Dieser blickte nur in den Spiegel und ich sah, dass er etwas mit sich rang.
»Wohl jemand, der ziemlich viel Wissen über die Rebellion hat.« Meinte er nur und blickte wieder auf die Straße.
»Unser Herrscher will sich seiner selbst annehmen.«
»Ist nicht dein Ernst!«, rief der rechte aus und musterte mich von oben nach unten. Doyle der Fahrer schüttelte nur mit dem Kopf.
Das Polizeiauto hielt vor dem Schloss, was mit grellen Neonlicht in der Nacht erhellt wurde. Seitdem ich das letzte Mal hier war, vor über 300 Jahren hatte sich einiges verändert.
Das Schloss wurde ausgebaut und auf dem ersten Blick erkannte ich, dass das Schloss mehr Sicherheit aufweißen konnte wie Alcatraz in seinen besten Jahren. Das Tor öffnete sich und ich wurde reingeschoben. Kurz blickte ich mich um und außer die Rangfolge der Könige, wobei mein Porträt abgehängt wurde, wurde es komplett verändert. Die Fackeln wurden durch Wandlampen ersetzt. Der alte Holzboden wurde durch überteuerten Marmor ausgetauscht und selbst die Bemalung der Decke wurde überstrichen. Einige Glasvitrinen mit Porzellanfiguren zierten den Eingang.
»Herzlich willkommen in meiner bescheidenen Residenz.« Riss mich Zeshmik, der oberhalb der Treppe stand, aus meiner Musterung. Ich erwiderte nichts darauf. Langsam schritt er die Treppen zu mir nach unten. Mit einer Handbewegung scheuchte er die Polizisten oder was sie auch immer waren weg.
»Es würde mich freuen, wenn Ihr heute Abend mein Gast seit.« tzz… machte ich nur. Wie immer grinste er. »Sicherlich habt Ihr bemerkt, dass ich Eure Zustimmung nicht unbedingt brauche. Aber es wäre schön, wenn Ihr es freiwillig tätet, um gewisse… Schwierigkeiten… die für Euch in gewisser maßen ungünstig sein werden… zu vermeiden.«
»Wie schön du das sagst. Hast du das in den letzten 300 Jahren gelernt, wie man sich auf Hofe zu benehmen hat?«
»Werdet nicht übermütig, mein König. Ich wollte Euch nur etwas Ehre erweisen. Immerhin habt Ihr immer noch den größten Status unserer Welt. - Obwohl du in meinen Augen nichts weiter als ein Stück Scheiße bist. So wie du jetzt bist, kann ich dich zerdrücken, erniedrigen und so fertig machen, dass du nur noch vor meinen Füßen wimmerst und um Gnade bettelst!«, zischte er und seine Augen blitzten rötlich auf. Auch wenn ich es mir schwer eingestehen wollte, er hatte recht und ich war irgendwie nicht erpicht darauf, es herauszufinden.
»Wie ich sehe, sind wir wieder einer Meinung, also wenn Ihr mir folgen würdet.« Ich folgte ihm mit gebührenden Abstand und plötzlich waren auch die Aufpasser hinter mir, die mich immer wieder mit ihren Knüppel weiter antrieben.
Zeshmik führte mich in den Ballsaal, was eigentlich nur für öffentlichen Zeremonien gedacht war und ich blickte mich auch da um. Es hatte sich wirklich vieles verändert. Der Saal wurde mit Wände unterteilt und an jeder Wand zierte ein Porträt von Zeshmik in verschiedenen Posen. Einmal umringten ihn Kinder, das nächste, stand er auf dem Balkon und winkte einer Masse Menschen zu, das andere Mal saß er auf ein Pferd und auf jedem Bild trug er das Amulett der Könige. Ich schüttelte innerlich mit dem Kopf. Das Amulett war das wichtigste Symbol eines Königs und der König darf es nur bei zwei besonderen Anlass tragen. Zu einem wenn der zukünftige König das Amt antrat und zum anderen, wenn der alte König sein Amt niederlegt.
Zeshmik hatte das Andenken des Amulettes auf grausame Weiße beschmutzt und allein nur deswegen, weil er sich damit brüstet. Allein für dieses Vergehen galten das Exil und die Zeichnung des Verbannten, als Höchststrafe.
»Wenn Ihr Euch setzen wollt?«, bot er mir einen Platz an dem Reich gedeckten Tisch an. Wieder stießen mich die Wächter oder was weiß ich was sie waren an und drückten mich in dem Stuhl.
»Ich habe gerade gesehen, wie Ihr meine Porträts begutachtet habt. Was sagt Ihr dazu? O. Tanners ist wirklich ein sehr guter Künstler.« Scheiße, wie konnte er sich erlauben, den Namen meines Gefährten in den Mund zu nehmen.
»Sehr gut gelungen, besonders die Nachahmung des Amuletts«, sagte ich und er grinste nur.
»Ja, dieses Amulett um meinen Hals, wäre für mich alles Glück der Welt. - Bitte nehmt Euch zu essen.« Da mir nichts anderes übrig blieb, tat ich etwas auf den Teller, der vor mir stand, Aber anrühren würde ich es nicht.
»Wein?«, bot er mir an und ich schüttelte mit dem Kopf.
»Der Beste den die Welt zu bieten hat.«
»Ist mir klar!« Er ließ mich die ganze Zeit nicht aus den Augen und ich bemerkte auch, dass er nichts angerührt hatte. Nur hin und wieder nahm er einen Schluck von seinem Wein. Irgendwann kamen seine Bediensteten die wie ich bemerkte, alle aus Menschen bestand und räumten den Tisch ab.
»Ok, kannst du jetzt endlich aufhören mit dieser Spielerei. Mir wird es langsam langweilig. Du veranstaltet das alles doch nicht, um meine Gunst zu erlangen. Denn die ist dir auf Lebzeiten versagt. Sag, was du willst!«, lächelte ich ihn süffisant an.
»Wenn Ihr es so wollt, mein König!« Schon wurde er eine Spur kälter. »Ich will, dass du mich zum König ernennst, damit ich endlich meine mir zustehende Position in der Welt antreten kann. Die du mir vor über tausend Jahren verwehrt hast.«
»Geht nicht!«, antwortete ich nur darauf und hielt seinen Blick stand. Wieder grinste er süffisant.
»Verstehe. Aber gestatte mir die Frage. Warum nicht?«
»Ich habe nicht die Macht dazu« antwortete ich ihm wahrheitsgemäß. Die hatte ich wirklich nicht, zumal mein Nachfolger schon lange benannt und von den Ahnen gutgeheißen wurde.
»Aber mein König, jetzt seit es Ihr, der Spielchen spielt.«
»Keineswegs Vizekapitän der königlichen Garde.« Wut stieg ihm in die Augen und er schlug mit der Faust auf den Tisch. Er kam auf mich zu und packte mich brutal am Schopf, zog mich zu ihm hoch.
»Ich würde dir raten, meinen Wunsch zu erfüllen.«
»Ich würde dir raten, die Worte deines Königs glauben zu schenken. Selbst wenn ich es wollte, so wäre es mir verwehrt. Dir die königliche Macht zu übertragen.« Sein Griff wurde fester und ich sog scharf die Luft ein. Er grinste breiter.
»So wie Ihr es wünscht mein König. Ich stehe wie immer zur Eurer Verfügung.« Zischte er und schleuderte mich mit einer Leichtigkeit gegen die Wand. Leicht benommen sank ich zu Boden und verfluchte mich innerlich, dass ich nicht meine volle Macht besaß. Aber so leicht ließ ich mich nicht unterkriegen und stand mit zitternden Beinen auf. Tief holte ich Luft und wappnete mich für den nächsten Angriff, der auch gleich folgte. Duckend entkam ich ihn und versetzte ihm von meiner Seite her einen Tritt in seine Rippen. Zeshmik flog mit seinem ganzen Körper an den Essenstisch, der unter der Wucht zerbarste. Nun stand er benommen da und funkelte mich hasserfüllt an. Wieder stürmte er auf mich zu und wieder handelte er sich von mir einen Tritt mit einer Abfolge von Boxschlägen ein. Im Moment hatte ich die Oberhand, doch ich wusste auch, dass dies nicht lange anhalten würde. Zumal ich ihm ohne meine Macht ihm bei Weitem unterlegen war. Als ob er meine Gedanken gelesen hatte, sammelte er seine Magie und ließ sie mit aller Gewalt auf mich los. Automatisch sammelte ich meine Macht, oder zumindest die wenige die ich wieder zurückbekommen hatte, doch sie nutzte nichts. Sofort sprang der ID-Ring an und ich krachte schreiend zu Boden. Geballte Ladung von seiner Magie traf mich und der elektronische Schmerz des Ringes war zuviel für mich.
Noch bevor mein Kopf den Boden erreichte, umhüllte mich Dunkelheit.

Kapitel 16

Ich erwachte in einem Raum oder war es doch ein Zimmer? Keine Ahnung und mir war es egal. Die hämmernden Kopfschmerzen von den Zwergen verursacht, zwangen mich, die Augen wieder zu schließen.
Die Stunden zogen sich dahin und ich hing meine eigenen Gedanken nach. Wie konnte dies alles passieren? Wie konnte die »Magische Welt« wie es die Menschen so gerne nannten so aus ihren Fugen geraten. War ich wirklich daran schuld, dass die Drachen untergingen? War es eine Fehlentscheidung seitens der Ahnen mich letztendlich als den König zu erwählen und nicht Zeshmik, der neben mir auch ausgewählt worden war? Wo würden wir stehen, wenn anstatt mir Zeshmik König geworden wär. Genauso wie jetzt? Würden wir genau da stehen, wo wir jetzt stehen? Flugverbot für alle Drachen außer für die die an den Wettkämpfen teilnahmen und natürlich für den Rat und welche die schönen Augen machten und eine Schleimspur hinter sich herzogen. Wo würden wir stehen? Auf der obersten Stufe der Welt. Da wo wir eigentlich hingehören oder weiter unten als Reittiere für die Menschen, gezwungen zu werden ihnen zu dienen. Wo Herrgott wo würden wir stehen, wenn all dies nicht passiert wäre. Zeshmik ein Krieger durch und durch. Er war der Erste, der für ein Krieg gegen die Menschen war. Oft hatten wir heftige Diskussionen deswegen gehabt und oft hatte er mir an den Kopf geworfen, ich wäre zu weich. Nicht nur wegen den aufkommenden Krieg hatten wir unsere Dispute. Sondern auch die Eingliederung der Elfen, Elben, Zwerge und Trolle waren nur wenige Themen, wo intensiv darüber diskutiert hatten. Heftig waren die Streitereien und viel zu oft hatte ich meine Macht als König ihn spüren lassen. Ihn gezwungen mir zu gehorchen, meine Befehle auszuführen. War es das? War Er wirklich so voll Hass, weil ich des Öfteren seine Meinung überging, die ich nach wie vor nicht gutheiße.
Ich öffnete meine Augen und blickte mich endgültig um. Spartanisch war der Raum eingerichtet. Ein Bett, auf dem ich gerade lag, ein Stuhl und ein Tisch waren die einzigen Inventare. Vor dem Fenster zierten Gitterstäbe.
»Einfach eine Luxuszelle«, dachte ich und setzte mich auf. Irgendwann war mir das Sitzen auch zu blöd und ich stieg vom Bett. Schlenderte zum Fenster und blickte raus.
Nach der Sonne zu urteilen, musste es weit nach Mittag sein. Zwei Uhr wenn nicht sogar drei.
Weiter hinten erstreckte sich ein Wald und hinterm Wald befand sich meine Residenz. So weit war es nicht weg und ich konnte mich Sicherheit sagen, sollte ich ausbrechen, würde Berry der Vampir mir zur Flucht helfen. Nur wie konnte ich ihn kontaktieren? Ich glaubte kaum, dass er nur einen einzigen Schritt auf Armenien machen konnte, ohne das der Alarm losging.
Tja ich war allein. Zeshmik hatte sich in meiner Abwesenheit ein Imperium aufgebaut, wo Dhsinkis Kahn Armee wie ein Armeisenhaufen wirkte.
Ich riss mich von dem Anblick des Waldes los und schlenderte wieder zu dem Bett. Legte mich drauf und verschränkte meine Arme über den Kopf.
Kurze Zeit drauf wurde die Tür aufgeschlossen und ein Mädchen kam mit einem Tablett herein. Kurz musterte ich sie und sah, dass auch sie ein ID-Ring am Hals trug. Warum zum Teufel tragen Menschen ID-Ringe?
»Mädchen!«, sprach ich sie an und sie erschrak fürchterlich. Sie wagte es nicht, ihren Blick zu erheben, und knetete mit ihren Fingern. Das war vielleicht seltsam. »Sag mir, warum trägt ein Mensch einen ID-Ring?«
»Weil das Volk von Almenien, unserem Herrscher Zeshmik die Ehre erweisen soll, die es ihm gebührt.«
»Was?«, fragte ich sie kurz und wieder erschrak sie. »Ich meine, aus welchem Anlass erweist das Volk von Almenien dem Herrscher Zeshmik Ehre?«
»Die großen Drachen, stehen in der Rangfolge über dem Volk von Almenien. Wir erweisen hiermit dem Herrscher Zeshmik unsere Dankbarkeit. Weil er nach dem großen Brand uns seine gütige Gnade geschenkt hatte«, sagte sie aber ich sah an ihrer Haltung, dass sie schreckliche Angst hatte, und ich bemerkte an der Tür einen Schatten.
»Ah ja, sehr gütig!«, sagte ich nur und sie verschwand. Die Tür wurde geschlossen und abgesperrt.
Sekundenlang starrte ich auf die Tür und konnte es nicht fassen, was ich gerade gehört hatte. Was für eine Gnade sollte das denn sein? Eine Gnade, um die Menschen zu unterjochen? Ist das der Sinn der Koexistenz? Sein Sinn für ein harmonisches Zusammenleben? Nur passte es nicht in die ganze Situation. Zumal er die Drachen in den letzten Jahren unterjocht hatte. Ihre Natur unterdrückt, sie gezwungen hatte mit Menschen eine Art Pack zu schließen. Diese Regeln des Flugverbotes, sich reiten zu lassen. Damit die Drachen die Fliegen wollten, dazu gezwungen waren bei den Drachenkämpfen mitzumachen nur um für ein paar Minuten ihre Flügel gen Himmel erstrecken zu dürfen. Und vor allem ihn als ihren absoluten Herrscher anzusehen. Automatisch fasste ich an den ID-Ring an meinem Hals.
»Jetzt befinde ich mich selbst in dieser Situation und habe absolut keine Ahnung, was Zeshmik mit mir vorhat!«, murmelte ich und nahm das Plastikbesteck ihn die Hand. Musterte es kurz und betrachte das Essen. Reh! Roch ich und verzog meine Lippen zu einem Strich. Zeshmik kannte mich gut. Vielleicht zu gut. Reh gehörte zu meinen absoluten Lieblingsessen. Roh versteht sich. Nur allein der Gedanke an zermalmende Knochen ließ das Wasser in meinem Mund zusammenlaufen und ich schnitt mir ein Stück gebratenes Fleisch ab. Schob mir es in den Mund und fing das Kauen an. Was für ein herrlicher Geschmack. Das musste ich ihm lassen. Das Fleisch war ungewürzt und somit kam der intensive und dennoch leichte Geschmack des Rehs vollständig zum Vorschein.
Das Gemüse ließ ich liegen, es würde nur den Geschmack in meinem Gaumen zerstören und ich legte mich wieder auf das Bett.
Nach einer kurzen Zeit kam das Mädchen wieder und räumte das Geschirr ab. Sie sagte nichts und hielt schon wie zuvor ihren Blick gesenkt. Ich beobachtete sie nur und vernahm wieder den Schatten vor der Tür.
»Wer ist dein Begleiter?«, fragte ich und sie erschrak. Wieder einmal.
»Bitte?«
»Dein Begleiter… vor der Tür?« Ich zeigte mit dem Finger dorthin, sie erschrak und schaute verstohlen dorthin.
»Er ist ein Offizier der Palastwache.«
»Warum steht er die ganze Zeit dann vor meiner Tür?« Sie erschrak wieder, was für eine Ironie.
»Um euch zu bewachen, Herr!« Herr? Was? Warum nennt sie mich Herr.
»Um mich zu bewachen? Habt ihr angst, dass ich zu fliehen versuche?«, fragte ich belustigt und tippte an den Reif.
»Nein, Herr. Nicht deswegen. Es gibt viele Drachen, die, die Rebellion nicht gutheißen und Rebellen in ihren Zellen angreifen.« Der Schatten an der Tür räusperte sich und wieder erschrak sie.
»Ich muss gehen, Herr…« ich nickte nur und als sich die Tür wieder schloss, drehte ich mich auf die Seite. Ich wusste nicht, ob ich einschlief, aber der Traum, den ich hatte, wollte ich nicht enden lassen. Ich flog über den Wolken, durch die Wolken und hinter mir hörte ich lautes jubel Geschrei. Ausrufe wie »geil ist das - Klasse - hör nie auf zu fliegen, das ist so was von stark…« ich wandte meinen riesigen Kopf nach hinten und musterte den Menschen mit einem tiefen Verlangen. Ich wollte landen ihn in meine Arme nehmen und in unsere Leidenschaft versinken. »Lars«.
Abrupt schreckte ich auf und zwei rötliche Augen musterten mich belustigt.
»Hast du nie was von anklopfen gehört!«, murrte ich und hielt den Blick stand.
»Ich bitte um Verzeihung mein König«, säuselte er und packte mich sogleich am Schopf, zog mich vom Bett runter und schlug mir mit der Faust in den Magen. Keuchend holte ich Luft. Scheiße fluchte ich und er zog mich an den Haaren wieder hoch.
»Ich weiß, dass Ihr den Schlag kommen sehen habt und ich weiß, dass Ihr ihn abwehren hättet können. - Ihr habt Fortschritte gemacht.«
»Schön für dich!«, zischte ich und richtete mich vollständig auf, als er mich losgelassen hatte.
»In der Tat. Da kann ich Euch nur zustimmen, aber…!« Plötzlich durchfuhr mich Stromschläge, die einen Elefanten zu Boden gebracht hätten und ich sank schreiend auf meine Knie. So schnell wie der Schmerz kam, so schnell war er verschwunden.
»… noch nicht genug.« Verdammt ich dachte, die Dinger gehen los, wenn man »Magie« anwenden will. Ich schaute zu ihm hoch und blickte in belustigte Augen. Zeshmik, das werde ich dir heimzahlen. Egal wie. Du hast von mir keine Gnade mehr zu erwarten.
»Das ist doch mal ein schöner Anblick, nicht wahr, mein König!« Ich wollte mich aufrichten und schon wieder durchstießen mich die Schmerzen. Nur mit müh und Not konnte ich mich auf meinen Händen abstürzen.
»Unten bleiben…« hörte ich ihn, mehr lachend als redend und schon drückte er mich mit dem Stiefel auf meinem Kopf runter.
»Hier ist Euer Platz, mein König. Und seht euch nicht nur als mein Gefangener an, sondern Ihr habt einen besonderen Status bei mir.« Er nahm den Stiefel von meinem Kopf und kniete sich zu mir runter. Umfasste mein Kinn, strich mit dem Daumen über meine Lippen. »Ihr seit mein Sklave.« Mir wurde es schlecht und ich wusste, dass ich dagegen nichts machen konnte. Egal ob ich die Ahnen anflehte oder nicht, sie mischten sich nie in den Belangen der Bewohner der Erde ein. Egal ob er nun ein König war oder nur eine unbedeutende Person.
Aber eins wusste ich aus vollem Herzen, ich werde mir meinen Platz zurückholen. Ich werde Zeshmik zerstören. Doch zuerst blieb mir nichts anderes übrig, als mich ihm zu fügen.
»Und damit es auch wirklich in Euer Verstand verankert wird…!« Er schnippte mit den Fingern und zwei Wachen kamen rein, die mir die Hände auf dem Rücken banden.
»Werde ich Euch brechen. Euren Willen. Eure Seele und am Ende Euren Körper.« Mit diesen Worten wurde ich aus dem Zimmer geführt. Weiter in den Keller hinab zu den alten und nach Moos riechenden Kerker. Mir zog das Herz zusammen, als sie vor der schweren Eisentür stehen blieben. Ich schloss für einen kurzen Moment die Augen und wurde reingeschubst.
Ich brauchte mich nicht umzusehen, ich wusste, wo ich war. Wohin ich geführt worden war und schnaufte mit gefasster Mimik ein. Die Folterkammer.

Ich hörte, wie die alte Mechanik betätigt wurde und Ketten von der Decke hinab gelassen wurden. Wieder atmete ich ein und ein Wachmann entnahm die Handschellen um mich an die alten Ketten zu fesseln. Die ganze Zeit ließ ich Zeshmik nicht aus den Augen, der in sich hinein grinste. Er kann mich foltern, er kann mich schänden, aber ich werde meinen Willen nicht verlieren und meine Seele als König. Der erste Hieb schoss auf mich und ich keuchte kurz auf. Umfasste die Kette und spannte meinen Körper an. Ich spürte warmes Blut, das sehr schnell erkaltet, meinen Rücken runter lief und gleich drauf folgte der Zweite.
Keine Ahnung ob ich schrie oder keuchte. Ob ich weinte oder fluchte. Die Schmerzen waren die Hölle. Nicht nur mein Rücken wurde ausgepeitscht auch mein Bauch, Arme und Beine. Ich wusste aber auch, dass ich nicht nach Gnade gebettelt hatte und Zeshmik nicht aus den Augen ließ bis irgendwann die Dunkelheit mich umrannte und ich sie herzlich willkommen hieß.

Als ich wieder aufwachte, hing ich immer noch an den Ketten. Meine Klamotten waren zerfetzt und mit Blut verschmiert. Alles brannte höllisch, obwohl meine Heilung schon längst eingesetzt hatte. Was in meinem Zustand nichts brachte. Die Heilung ging viel langsamer vonstatten. Langsam verfluchte ich mein Menschdasein. Die Tür wurde wieder geöffnet. Ein Wachmann trat ein, kontrollierte die Fesseln und nahm die Peitsche zur Hand. Der erste Hieb kam unverhofft und ich schrie los…
In den kommenden Stunden oder Tage ich wusste es nicht, wurde ich immer und immer wieder diese Prozedur unterzogen. Zwischendurch gab man mir was zu Trinken etwas zu essen und einige Stunden ruhe.
»Wie siehts aus? Hat er schon um Gnade gewinselt!«, vernahm ich nur noch vage Zeshmiks Stimme.
»Nein, mein Herrscher.« Ich spürte, wie mein Kopf nach oben gezogen wurde und zwei stechende rötliche Augen mich anblickten.
»So stur. Aber vielleicht hilft dir das auf die Sprünge. Wir haben Prinzessin Carol mit dem Verräter Tahoman hinrichten lassen.« Was? Nein… nicht meine Tochter. Durchschoss es in meine Gedanken und der Stich in meinem Herzen war unerträglich. Ich spürte, wie meine Augen das Brennen anfingen und gleich drauf eine Träne meine Wange runterließ. Das Zeshmik sich nicht nehmen ließ sie mit seinem Finger abzuwischen und anschließen den Finger in den Mund zu stecken, um daran genüsslich zu saugen.
»Du Schwein. Was hast du getan? Was hast du getan?«, flüsterte ich und er drehte sich um. Erst als die Tür verschlossen war, schrie ich mein Leid aus Leibeskräften heraus. »Ich werde deinen Körper brechen, deinen Willen und am Ende deine Seele.« Hörte ich immer wieder seine Wörter und ich zerrte an den Fesseln. In dem Moment wo sich meine Magie aufstaute, bekam ich von dem Ring einen elektrischen Schlag, der mich rasender machte. Je mehr aufgestaute Magie ich anwandte, umso grausamer wurde der Schmerz, der meinen Körper durchzog. War dennoch nicht im Vergleich mit dem Schmerz, den Zeschmik mir gerade zugefügt hatte.
»Ich werde dich vernichten Zeshmik…!«, schrie ich. »Ich werde deinen Körper brechen, deinen Willen und am Ende deine Seele.« Hörte ich ihn immer noch in meinem Bewusstsein. Du Schwein… was hast du getan… flüsterte ich stetig mir zu, ohne mitzubekommen, das Zeshmik neben mir stand.
»Mir meinen Platz zurückholen.« Ich blickte auf und seine Augen waren dunkelrot.
»Weißt du Selem, du bist mir seit tausend Jahre im Weg. Immer wieder durchkreuzt du meine Pläne. Sei es als König, als Mann oder als Mensch. Immer bist du mir im Weg.« Er schritt in der Zelle auf und ab. »Morgen ist die alljährliche Huldigung und ich will dort nur diese Wörter aus deinem Mund hören. »Von den Ahnen geliehene Kraft, ernenne ich Zeschmik der Rote zu meinen Nachfolger. Ehret ihn, wie ihr meine Vorgänger und mich geehrt habt. Liebt ihn mit der gleichen Liebe, die ihr mir entgegengebracht habt, leitet ihn, wie ihr mich geleitet habt und lasset, ihn hoch leben, wie ihr mich hochgelebt habt. Ab jetzt und bis ein neuer Nachfolger den angestammten Platz erwählt wird, ist Zeshmik der Rote unser König.« Ich starrte ihn an und schüttelte unmerklich mit dem Kopf.
»Ich kann dich nicht zum neune König ernennen…!«
»Weißt du, wie mir das ist? Ich will meinen Platz, ob du damit jetzt einverstanden bist oder nicht, ist mir einerlei. Oder ich werde deine restliche kleine Familie auch hinrichten lassen. - Du brauchst nur diese zeremoniellen Wörter in die Menge der Drachen rufen und schon bin ich König.«
»Alles gut und schön. Wie willst du es mit den Schwingungen anstellen. Nur allein diese zeremoniellen Wörter auszusprechen reicht nicht aus, als nur mal ernannter König den Beweis zu erbringen, dass du der rechtmäßige Nachfolger bist. Es gehört sehr viel mehr dazu.«
»Tja dafür habe ich dich ja. Berum hat herausgefunden, dass du es bist, der uns Drachen unserer Lebensenergie spendet und auch du, wirst es so hindrehen, dass die Zeremonie ohne Zwischenfall beendet wird.«
»Du hast keine Ahnung, wovon du redest. Das ist Irrsinn.«
»Nein ist es nicht, du selbst hast vor über tausend Jahre bei deiner Krönung die Schwingungen zum Erhellen gebracht. Immer wieder hast du das getan. Bei den Kindern bei festlichen Angelegenheiten, immer und immer wieder hast du die für uns unsichtbaren Schwingungen, die wir nur spüren konnten sichtbar gemacht. Und genau das, wirst du morgen auch tun. Oder der Nächste wird hingerichtet und diesmal vor dienen Augen.«
»Du bist wahnsinnig… lass meine Familie da raus.« Er grinste mich an.
»Du musst nur für mich die Schwingungen sichtbar machen, dann wird deiner Familie nichts geschehen und du kannst friedlich hier als mein Sklave weiterleben.«
»So leid es mir tut, ich kann die Schwingungen nicht mehr sichtbar machen.«
»Du lügst…« jetzt lachte ich los.
»Nein Zeshmik ich lüge nicht, das hättest du dir früher überlegen sollen, bevor du meine Macht zersplittert hast!«, hämisch grinste er, drehte sich zu dem Wachmann um und zischte etwas, von wegen und bringt ihn her.

Kapitel 17

Sekundenlang starrten wir uns nur an. Ich brachte kein Wort mehr heraus. Meine Spucke war in dem Moment eingetrocknet, als ich in das wunderschöne Gesicht sah.
»Das soll wohl ein Scherz sein, mein Herrscher! - Was ist denn das für eine Freakshow?«, zischte und murmelte er gleichzeitig.
»Nein keineswegs. Herr Tanners. Dies ist meine neueste Errungenschaft. Nicht nur meine Errungenschaft, sondern… wohl auch jemand den Sie kennen. Ist das nicht so, Herr Tanners? Sie müssen verstehen, dass ich immer gerne über meine Mitarbeiter informiert bin«, säuselte Zeshmik. »Leider ist dies auch ein kleiner Nachteil… für meine Errungenschaft. Er ist so unkooperativ.«
»Wenn du ihm nur ein einziges Haar krümmst, Zeshmik. Ich schwöre dir… ich werde dich jagen und wenn es das Letzte ist, was ich in meinem Leben machen werde.«
»Och, nicht doch… unser Gast versteht die alte Sprache nicht«, säuselte er weiter, blickte abwechselnd von ihm zu mir und wieder zurück.
»Also noch einmal von vorne, damit auch alles in deinem kleinen Schädel hängen bleibt«, sprach er nun mit ruhiger Stimme und nichts ließ sich daraus schließen, dass er im geringsten zornig war. Nebenbei machte er einen Wink und Lars wurde von einem Wachmann aus der Zelle geführt.
Lange starrte ich zur Tür und nur meine Erinnerung behielt Lars Schemen dort verweilen.
»Ich glaube, jetzt haben wir uns verstanden, mein König!« Trat an mich heran und strich sanft über mein blutbeschmiertes Gesicht.
»Ich werde dich töten…« er lachte laut auf.
»Das kann schon sein, aber bis dahin…!« Nun blickte er zu meinen Handgelenken, die auch schon ziemlich wund von den Eisenringen waren.
»Bis dahin…, wirst du dann kein König mehr sein. Und wie du weißt, die Kraft eines »normalen Drachen,..« normalen Drache untermalte er mit den Gänsefüßchenzeichen und grinste hämisch mir ins Gesicht, »ist dann kein vergleich mehr zu meinen Fähigkeiten… als König. Du siehst, du wirst verlieren, egal wie.«

Ich war alleine, ich fror und mein Körper schmerzte höllisch. Irgendwann kamen Bedienstete rein, die mich mehr oder weniger notdürftig wuschen, was zu essen, und zu trinken gaben und mich anschließend in eine Hose mir sehr feinen Stoff steckten.
Keine Ahnung wie lange ich nun wieder wartete, aber ich musste wohl einige Zeit weggedämmert sein, als durch meine Arme ein ziehen ging. Ich öffnete meine Augen und sah, dass ich von den Ketten befreit wurde und ich nur noch wie ein nasser Sack an einem der Wachmänner hing. Sie führten mich in meine Zelle zurück, verarzten notdürftig meine Wunden und zogen mir ein Oberteil über. Danach wurde ich forsch hochgezogen und aus der Zelle bugsiert.
Der Weg, den sie nahmen, führte mich zurück in den großen Saal. Angewidert wandte ich meinen Blick von den Ölgemälden, die heroischer weise Zeshmik als Herrscher darstellten. Vorhin waren sie noch nicht da oder war es ein Tag vorher oder noch früher. Ich konnte mich nicht mehr an den Tag erinnern, als ich das letzte Mal mit Zeshmik in diesem Raum war. Könnte aber auch erst ein paar Stunden her gewesen sein. Vor allem aber erkannte ich die Handschrift der Gemälde und er saß am großen Tisch, neben Zeshmik.
Zeshmik öffnete seine Arme und tat so, als ob er erfreut war mich zu sehen.
»Guten Morgen, ich hoffe, du hast gut geschlafen?« Kein ›mein König‹? Er war sich also siegessicher. »Komm, setz dich zu uns an Tisch!« Wie gerne würde ich diese Aufforderung ignorieren, doch der Knüppel, der in meinem Rücken pickte, überzeugte mich. Noch mehr Schmerzen, wollte ich im Moment nicht erfahren. Die Wachen führten mich am Tischende und ich setzte mich Zeshmik genau gegenüber. Mein Blick wanderte zu Lars, der mich ebenfalls ansah. Er hatte angst. Dann wandte ich meine Aufmerksamkeit Zeshmik zu.
»Wenn du ihm nur ein einziges Haar krümmst, gnade dir Gott! Ich verspreche dir, ich werde mich nicht zurückhalten«, sprach ich in der alten Sprache und Zeshmik belächelte mich nur.
»Große Worte für einen untergehenden König.«Kurz schaute er zu Lars und dann wieder zu mir. »Warum ich dich aus deinen Ferien geholt habe, hat nur einen einzigen Grund.«
»Das ist mir bereits bekannt, aber wie ich es dir schon gesagt habe, kann ich dich nicht als nächsten König ernennen.«
»Weil deine Wahl bereits feststeht.« Ungläubig schaute ich ihn an. Woher wusste er das? »Sam war sehr gesprächig. Und bedauerlich für sie, für Corin und Gelbot, weil sie mir nicht den Namen sagen konnte, wen du erwählt hast.«
»Was hast du mit Corin und Gelbot gemacht.« Sein lächeln wurde breiter. Nein! Das konnte nicht sein. Ein Schwall an trauer erfasste mich und meine Augen fingen das brennen an. Eine Träne kullerte mein Gesicht runter und Zeshmik grinsen wurde breiter. Kurz nickte er.
»Nun wenn du nicht willst, dass das gleiche deinen anderen Kindern und deinem Gefährten passiert, spuck den Namen aus, den du erwählt hast!«
»Verdammt Zeshmik, so engstirnig kannst nicht einmal du sein. Ich bin kein gewöhnlicher Drache, den du einfach mal so erpressen kannst. Ich bin an die Magie der Mutter Erde gebunden und sie hat eindeutige Regeln, die ich absolut nicht brechen kann.« Versuchte ich ihn zur Ordnung zu bringen.
»Dann steht es wohl fest! Wachen!« Sofort kamen sie rein und ich schüttelte nur den Kopf.
»Zeshmik bitte.«
»Deine letzte Chance«
»Ich kann nicht.«
»Wie du willst. Führt Lars den Gefährten unseres Königs ab.«
»Gott Zeshmik. Bitte tue es nicht«
»WAS? Willst du mir dann alles geben, was du hast? Mir alles sagen, was ich wissen will?« Ich schüttelte den Kopf und blickte wieder zu Lars.
»Es tut mir leid Lars«, flüsterte ich. »Leb wohl!« Lars Augen wurden groß. Selbst Zeshmik schien nun verwirrt zu sein, doch er fasste sich gleich wieder.
»Wie ich es gesagt habe. Selem der Schwarze, der König der Drachen, schert sich ein Dreck um Sie. Sie waren nur ein Zeitvertreib.« Lars wollte was erwidern, doch die Wachen hinderten ihn daran und zerrten ihn aus dem Saal.
»Eine Bitte habe ich an dich, Zeshmik. Lass ihn nicht leiden und mach es schnell.«
Zeshmik trat auf mich zu. Ich selbst starrte immer noch auf die Tür, durch die Lars gezerrt wurde. Ich spürte nicht, wie mir die Tränen unterliefen. Die Gräueltaten hörten nicht auf. Vor über dreihundert Jahren nicht und nun in der heutigen Zeit auch nicht. Damals waren es die Menschen, die uns Leid zugefügt hatten und nun, waren es Drachen, die sich gegenseitig verletzten. Ich konnte es nicht glauben und doch wiederholte sich alles.
Wie damals verlor ich alles. Doch diesmal konnte ich keine Rache ausüben, sondern nur trauern. Stumm trauern. Weinen und abwarten, bis auch der letzte meiner Art starb und die Drachen von der Erde verschwanden. Ich erschrak als Zeshmik mich an den Haaren hochzerrte und mich zwang, in seine roten Augen zu blicken.
»Ich verstehe dich nicht! Warum fügst du dir selbst diesen Verlust zu. Es ist doch ganz einfach! Du brauchst mir nur den Namen sagen und Herr Tanners wird leben.« Er ließ mich los.
»Wenn es so einfach wäre, würde ich dir alles sagen. Doch warum, sag es mir, warum werden die Könige von den Ahnen erwählt und nicht vom Volk?« Kurz zuckte er mit der Schulter.
»Woher soll ich das wissen!«
»Genau! Woher sollst du es wissen, oder ich. Warum das so ist. Zeshmik, das alles wird dir erst offenbart, wenn die Ahnen dich für würdig halten und du die Nachfolge antrittst. Es ist Wissen, das übersteigt dein Horizont und wird dir erst klar, wenn das Amulett an deinem Hals erscheint.«
»Nun und warum soll mich das jetzt interessieren?«
»Ganz einfach, so wie es dich nicht interessiert, dass es so ist, interessiert es Mutter Erde, ob die Drachen weiter fortbestehen oder nicht. Wir die Drachen sind nur ein minimaler Teil eines großen Ganzen.«
»Und was willst du mir sagen?«
»Dass du dir die Macht an dich reißen kannst und es doch nichts bringt. Wie lange wirst du herrschen? 300 Jahre? 500? Länger auf jeden Fall nicht, weil du alterst.« Er lachte auf.
»Was ist das für ein Märchen? Drachen altern nicht!« Oh, Berum schien nichts gesagt zu haben, das ich keine lebensspendierenden Schwingungen mehr abgab. Okay in ziemlicher abgeschwächter Form nur noch. Nun dann würde ich auch nichts mehr darüber erzählen.
»Nein, natürlich nicht!«, meinte ich nur und ließ mich in meine Zelle zurückbringen.
Ich legte mich aufs Bett und betete zu den Ahnen und zu meiner verstorbenen Gefährtin, sie mögen Corin und Gelbot in ihren Reihen aufnehmen.

 

Kapitel 18

Was musste ich noch alles erleiden? Lars. Ich hoffte, dein Tod kam schnell und Zeshmik hatte dich nicht zu lange leiden lassen und doch fühlte ich ein Funken Hoffnung, das mein Gefährte noch lebte. Damals bei Narla durchfuhr mich ein unbeschreiblicher Schmerz, als sie starb. Dies blieb immer noch aus.
Ich wälzte mich von einer Seite auf die andere und fand keine Ruhe. Dennoch schien, dass der Schlaf mich eingeholt hatte. Ein unglaublicher Schrei weckte mich und ich saß im Bett. Ich blickte mich um und sah, dass ich mich nicht mehr in der Zelle befand.
Überall war Nebel. Sanfter und warmer Nebel, der mir wollig über die Haut strich. Wieder ertönte der Schrei und ich stieg vom Bett runter. Kurz musterte ich das Bett, das wie von Geisterhand verschwand.
»Wo war ich?« Sofort zuckte ich durch den Schrei wieder zusammen. Wer schrie hier? Komisch und ich schaute mich um. Wieder, doch diesmal schien es, dass der der schrie, einen Namen schrie.
»SELÄÄÄÄÄHHH!« Ich versuchte, mich darauf zu konzentrieren und wieder. »SELEÄÄÄHHH! SELEM, Selem.« Es wurde je mehr ich mich darauf konzentrierte leiser und verständlicher. Eine Frau rief mich, doch wer?
»Selem hörst du mich? Ich bin es Narla. Selem der Schwarze, der durch die Ahnen zum König ernannt wurde, hörst du mich? Ich rufe den König der Drachen ...!« Narla? Das konnte nicht sein. Wieso hörte ich sie? Das musste ein schlechter Traum sein. Ein Albtraum, weil ich mich von ihr abgewandt hatte, weil ich mir einen neuen Gefährten erwählt hatte. Das war nicht real und doch diese sanfte warme Brise. Ich kannte sie, ich war schon einmal hier.
»Ich höre dich, doch ich kann dich nicht sehen. Sag mir, bin ich ihm Reich der Ahnen?«
»Ja bist du!« Schock! Das war kein Albtraum. Ich war tot? Doch wie konnte ich tot sein? Aber ich konnte nicht sterben, solange noch ein einziger Drache auf Erden wandelte.
»Was begehren die Ahnen von mir ...« Plötzlich wurde ich in eine Umarmung gerissen und der Geruch entfachte mein Verlangen.
»Selem!« Lars? Aber wie kam Lars in das Reich der Ahnen. Konnte es sein, dass wir zwei gleichzeitig den Tod umarmt hatte, dass ich deswegen keinen Schmerz seines Todes empfunden hatte?
»Lars! Wa...!«, weiter kam ich nicht, er drückte mir einen verlangenden Kuss auf die Lippen.
»Lars, was ist hier los?«, fragte ich endlich, nachdem er mich entlassen hatte.
»Ich weiß es auch nicht. Ich bin her aufgewacht und ein weißer Drache stand vor mir. Sie sagte, ich solle hier auf dich warten.« Wir waren tot, anders konnte ich es mir nicht denken.
»Lars es tut mir so leid!«
»Was tut dir leid?« Doch die Frage konnte ich nicht beantworten, Narla erschien vor uns. Sie senkte ihr Kopf zu mir runter und beschnupperte mich. Ich hob meine Hände und strich ihr über ihre Nüstern.
»Narla«, flüsterte ich und sie wandte ihre wuchtigen Kopf Lars zu. Auch ihn beschnupperte sie, doch er zögerte sie zu berühren. Dann stellte sie sich mit ihrer wuchtigen Gestalt vor uns auf.
»Ja du hast wirklich keine königliche Macht mehr. Ich konnte es nicht glauben, als Corin und Gelbot es mir erzählt haben.«
»Sie sind also wirklich tot.«
»Ja. Hingerichtet wegen Hochverrat. Doch das ist nicht wichtig.«
»Narla! Zeshmik hat unsere Kinder hinrichten lassen, was soll da bitteschön nicht wichtig sein.«
»Selem!«, rief sie hart und streng und ich zuckte zusammen. »Du bist der König. Verhalte dich dementsprechend auch so.«
»Ich soll mich wie der König verhalten? Wie soll das denn gehen? Ich würde am liebsten darauf verzichten als den Drachen beim Sterben zuzuschauen. Wir sterben aus!«
»Das mag schon sein. Dennoch bist du der König und bist für deine Untertanen verantwortlich. Nicht nur für deine Untertanen, sondern für alle magischen Wesen. Aber mit dir jetzt darüber zu diskutieren habe ich dich nicht gerufen.«
»Also sind wir nicht tot?« Sie veränderte sich in ihre menschliche Gestalt und lächelte mich an. Dann richtete sie ihre Aufmerksamkeit Lars zu. Narla lächelte ihn an und nahm seine Hände.
»So viel Wissen hat er, doch er steht manchmal wirklich auf der Leitung.« Sie drehte sich zu mir um, ließ aber Lars Hand nicht los. Dann nahm sie meine Hand und legte sie auf die von Lars. »Nein! Ihr beide seit nicht tot. Ich habe euch hergerufen, weil ich mein Band zu dir löse, damit du ein neues mit Lars eingehen kannst.«
»Aber ...!« Sie legte ihren Kopf auf die Seite und mir viel es wie Schuppen von den Augen. Sie löste unser Gefährtenband, damit ich mich auf Lars einstellen konnte. Sicher wenn ein Gefährte starb, war automatisch auch die Verbindung getrennt, doch ich war der König und die Gefährtin des Königs hatte das Recht nach dem Tod in das Reich der Ahnen einzutreten um auf ihren Gefährten zu warten, wenn er starb.
»Hast es jetzt verstanden?« Ich nickte und eine Träne kullerte meine Wange runter. »Ich wünsche dir König Selem der Schwarze und dir Lars der Gefährte des Königs dem Schwarzen alles Gute. Möge das Glück euch hold sein.« Unsere Hände ließ sie los und sie wandte sich zu mir.
»Du bist ein guter König und mit Lars an deiner Seite schaffst du es, deine Macht zurückzubekommen. Sei nicht traurig ich gehe nur weiter und wie du weißt, ist es nach deinem Tod deine Entscheidung, ob du als Ahne weiter existieren willst oder in das Reich der ewigen Ruhe eintrittst. Nun, ich auf jeden Fall werde zu Carla und Gelbot gehen. Sie warten schon auf mich.« Noch einmal schaute sie uns lächelnd und winkte uns zu, dann löste sie sich vor uns in Nebel auf und ich wandte mich Lars um, doch er war nicht mehr da und ich stand allein in der Zelle. Dennoch hatte ich das Gefühl nicht alleine zu sein.
Lars huschte durch meine Gedanken und plötzlich hörte ich ihn.
»Selem, Selem wo bist du, was war das ...«
Ich versuchte, ihn zu beruhigen, und es dauerte eine Zeit bis er es begriffen hatte, dass wir uns nun gedanklich unterhalten konnten. War auch für mich neu, aber nicht unbekannt. Viele Gefährten wiesen, die von den Ahnen akzeptiert wurden, Fähigkeiten auf, die sie vorher nicht hatten. Zum Beispiel war ich mit Narla auf emotionaler Ebene verbunden.
»Werde ich sterben? Ich mein wird Zeshmik mich hinrichten lassen?«
»Das kann ich dir nicht beantworten, ob Zeshmik das wirklich vor hatte. Er wollte mich damit erpressen.«
»Was ist denn dabei, wenn du ihm das sagst, was du wissen willst. Ich mein den Namen?« Wie konnte Lars von den Namen wissen? Ich hatte mich mit Zeshmik in der alten Sprache unterhalten.
»Das weiß ich auch nicht, wie das geht, aber ich kann mich an jedes Wort, was ihr gesprochen habt erinnern und verstehe es« Beantwortete er meine laut gedachte Frage.
»Aha!«
»Jetzt mal ehrlich, warum bist du bereit mich zu opfern nur, um deinen Nachfolger zu schützen.«
»Lars das kann ich dir nicht sagen. Die Ahnen kennen die Namen, die ich vorgeschlagen habe und sie sind es, die den neuen König erwählen.«
»Namen?«
»Ja Namen!«
»Mehrere?«
»Ja Mehrere! Damals wurden Zeshmik und ich vom König vorgeschlagen. Wir erfuhren es sechs Monde vor seiner Abdankung.«
»Wie? Ich mein, wenn du so ein Geheimnis darum machst, wie habt ihr davon erfahren?«
»In einer Nacht wurde ich von einem Ahnen besucht. Er hatte es mir mitgeteilt. Aber ich wusste nicht, wer noch neben mir vom König ausgewählt worden ist. Während ich mein Leben weiterlebte, um Narlas Hand angehalten hatte, die Brut bewachte usw., hatte Zeshmik sein Ding gemacht. Die jungen Drachen ausgebildet usw.«
»Warum wurdest dann du ausgewählt?«
»Die Frage hatte ich mir auch oft gestellt. Ich weiß nicht aus welchen Kriterien die Ahnen aussuchen, aber wenn ein König einen Namen nennt, so wird der Anwärter die ganzen Jahre beobachtet. Bis der jetzige König bereit ist abzudanken.«
»Bist du bereit abzudanken?«
»War ich, ja. Vor dreihundert Jahren.«
»Aber du bist immer noch König.«
»Ja bin ich, weil ich erst meine Macht zurückhaben muss, um diese dem neuen König übergeben zu können.«
Keine Ahnung über was wir uns noch unterhalten hatten, aber ich spürte, das Lars mit keiner Silbe sauer auf mich war, obwohl ich ihn geopfert hätte. Ich würde es immer wieder tun, das musste ich, um das Wohl der Drachen aufrecht zu erhalten. Meine Sorgen, mein Leid musste ich hinter meinem Volk stellen, da gehörte es nicht dazu sich von einem Machtgierigen erpressen zu lassen und das war Zeshmik. Ich durfte es einfach nicht.

Die Tür wurde aufgestoßen und das Mädchen kam herein.
»Herr es ist Zeit!« Zeit für was? Sie musste wohl meine unausgesprochene Frage gesehen haben. »Für die Zeremonie!«, sagte sie leise und es klingelte bei mir. Zeshmiks Zeremonie, was denn sonst! Kaum hatte sie es ausgesprochen, schon standen Wachen hinter ihr und noch ein anderes Mädchen. Die Wachen stellte eine Kiste ab und das neue Mädchen öffnete sie. Danach holte sie die zeremonielle Robe heraus und ich schüttelte unmerklich den Kopf.

 

Kapitel 19

Die Wachen stellten sich jeweils auf eine Seite von mir auf und zogen ihre Knüppel. Es waren Drachen, so viel war sicher. Ihre Schwingungen drangen unaufhörlich in mich ein. Kurz stellte ich mich auf sie ein und erfühlte, dass sie dies unfreiwillig taten und ich spürte mehr. Zeshmik und seine Häscher zwangen Drachen dazu, ihm zu dienen und ihm zu gehorchen. Wenn ich es geschickt anstellte, konnte ich darauf hinarbeiten. Doch ich glaubte kaum, dass sie sich so schnell erweichen ließen, zumal die Angst vorherrschte. Ich atmete ein und ließ mich von den Mädchen ankleiden.

Ich wurde aus dem Gebäude geführt und einer der Wachmänner nahm seine Drachengestalt an. Der andere forderte mich auf, mich auf den Drachen zu setzen.
Kurz rieb ich mir die Augen.
»Hat der kleine Drache schieß, sich auf so einen ausgewachsenen Koloss zu setzen? Oder weißt du nicht, wie man sich auf einen Drachen setzt.« Ich glaubte eher, sie wissen nicht, wer ich war. »Schau, Max gibt dir sogar Hilfe. Du brauchst nur auf seinen Kopf steigen und er hebt dich rauf.« Noch bevor Max seinen Kopf zu mir runter bewegt hatte, saß ich schon auf ihm oben. Der Wachmann starrte mich fassungslos an, doch kurze Zeit später saß er hinter mir.
Es war ungewohnt, wieder einen Drachen unter meinen Hintern zu spüren. Nun seit ich König war, saß ich nicht mehr auf einen Drachen. Kein Drache der Welt hätte dies zugelassen. Nun damals nicht. Es galt als Frevel sich von jemanden reiten zu lassen. Mit ein paar Ausnahmen, damals als junger Drache, war das eine Art Mutprobe auf einem Drachen zu fliegen. Man konnte es als Rodeo bezeichnen. Der ›Reiter‹ ohne Schutz, Halfter oder Sattel auf einem wild umherfliegenden Drachen, der ihn runterschütteln wollte. Schon allein das Aufsteigen, war lebensgefährlich. Eigentlich war nur das Aufsteigen lebensgefährlich, denn sollte man vom Rücken runterfallen, konnte man sich immer im Fall verwandeln. Sicherlich gab es immer ein paar Ausnahmen, die es zugelassen hatten, wie die Kinder auf ihren Eltern oder ein verliebtes Paar. Auf Narla war ich gerne und sie hatte es immer genossen, mich auf ihren Rücken sitzen zu haben und wenn sie die richtige Höhe erreicht hatte, ließ ich mich fallen und wir flogen gemeinsam der Sonne entgegen.
»Schön festhalten! Es könnte holprig werden!«, kicherte der hinter mir und wollte mich festbinden.
»Wage es, mich auf einen Drachen festbinden zu wollen.«
»Es ist nur zu deiner Sicherheit. Kleiner!«
»Tzz, zu meiner Sicherheit! Das ich nicht lache. Ich bin ein Drache und wenn ich runterfalle, kann ich mich immer noch verwandeln.«
»Das glaubst aber auch nur du. Der ID-Ring verhindert es!« Shit ja, den hatte ich vergessen und auch so könnte ich mich nicht verwandeln.
»Dennoch nicht!« Der Wachmann zuckte nur mit der Schulter und meinte so etwas wie: Na ist dein Ding.
Innerlich musste ich grinsen, denn sollte ich wirklich runterfallen und Zeshmik dadurch die Zeremonie versauen, hatten die beiden nichts mehr zu lachen. Und ich! Ich würde erst einmal tagelang brauchen um wieder geheilt zu sein. Nein, es war doch keine so rosige Aktion. Aber sicher war es, dass ich abhauen musste, und zwar so schnell wie möglich. Was Zeshmik von mir verlangte war unmöglich.
Ein stechender Schmerz durchzog mein Herz und er wurde schlimmer, je näher sich der violettgrüne Punkt auf uns zukam. Moura!
Ich flog meine Kreise, neugierig geworden durch die unter mir versammelten Drachen, sah ich Moura, wie sie ihr Pentagramm auf den Boden zeichnete. Der Schmerz wurde unerträglich, der ID-Ring schlug an, der Drache wollte ausbrechen. Schrie ich, lachte ich oder weinte ich. Ich wusste es nicht, doch ich wusste, sie beherbergte ein Teil meiner Macht, und der Drache forderte ihn zurück. Ohne auf die warnenden Worte meines Hintermanns zu achten, stand ich auf und ließ mich fallen. Im Sturzflug packte ich sie am Hals. Meine Klauen waren ausgefahren, die Robe riss ich mir runter und meine Flügel breiteten sich in ihrer gesamten Länge aus. Brutal und bedrohlich legten sie sich um Mouras Körper. Ich zog sich nach unten, nicht darauf achtend, ob sie dadurch drauf ging oder nicht.
Der Aufprall war heftig. Ich hörte ihre Knochen splittern. Ihre Flügel zerfetzten und mit einem Hieb trennte ich sie ihr ab.
»Moura die Violettgrüne höre den Befehl deines Königs. Die Freiheit des Fliegens sei dir auf ewig verwehrt. Fortan sollst du nur wie ein kriechender Molch, auf der Erde leben. Nicht mehr fähig, in den Genuss des abendlichen Windes zu kommen. Ab jetzt und für alle Zeit. Verrätern wird nicht vergeben, dies ist mein Wunsch als König der Drachen.« Ich sprang von ihr runter und sie hob ihren Kopf.
»Warum bringt Ihr mich nicht gleich um?« Ich wandte mich zu ihr und schaute ihr tief in die Augen. Dann lächelte ich leicht.
»Warum sollte ich das? Der Tod wäre eine viel zu süße Strafe.«
»Ihr seid grausam mein Kö ...« Ich drehte mich einmal um die eigene Achse und stieß ihr mein Fuß ins Maul, dass ein Zahn abbrach.
»Nenn mich nicht mein König. Verrätern ist es nicht gestatten mich so zu nennen. Geh mir aus den Augen und lebe fortan mit deiner Sünde.«
Ich schaute ihr nicht hinterher. Ich hatte meine Augen geschlossen und genoss die Wärme die mich durchsprudelte. Spürte wie ich mich veränderte, wie die Magie der Erde in mich eindrang, wie ich die Flügel spannte, wie mein Herz vor Freude jubelte und ich langsam vom Boden abhob. Es war einfach herrlich den Wind unter den Flügel wieder zu spüren und doch hatte ich immer noch nicht meine ganze Macht zurück. Leider nicht für lange. Elektrische Schläge durchzogen mich, die mich zwangen zu landen und ich stand als Mensch da. Scheiß ID-Ring dachte ich nur, bevor ich auf die Knie krachte, keuchte und darauf wartete, bis die Stromstöße aufhörten.
Langsam traten die Wachmänner auf mich zu. Sie waren verwirrt und wussten nicht, was sie tun sollten. Noch einmal nach dem der Schmerz endlich nachließ, atmete ich tief ein und schaute zu den zwei Männer hoch.
»Du bist unser König, aber war ...?« Seine Stimme blieb ihm im Hals stecken.
»Warum hält Euch dann Zeshmik als Gefangener? Das ist ein Frevel an Euch und an die Ahnen!« Vervollständigte der andere den Satz. Komischerweise registrierte ich, dass sie in der alten Sprache sprachen.
Ich richtete mich auf und schaute durch die beiden durch.
»Nun, was gedenkt ihr zu tun?«
»Das wissen wir nicht, denn wir sind Zeshmik gefolgt, weil wir dachten, dass er bis zu Eurer Rückkehr auf Euer Geheiß hin, den Platz als Herrscher eingenommen hat.« Ich blickte zu dem, der gerade gesprochen hatte.
»Auf mein Geheiß hin? Noch nie in der ganzen Geschichte der Drache kam dies vor.« Wie betreten standen sie da und ich sprach weiter. »Nun ich verurteile euch nicht. Es ist eure Entscheidung, wem ihr folgt. Zeshmik eurem Herrscher, oder eurem König. Aber seit euch eins gewiss, sollte ich den Thron wieder besteigen, werden Verrätern nicht vergeben.« Kurz schaute ich zu dem kleinen violettgrünen Punkt, der sich quälend langsam von uns fortbewegte.
»Was hat Lady Moura getan, das sie solch eine Strafe erfährt. Sie war immer rechtschaffen.« Rechtschaffen war sie, in der Tat, doch damals nicht. Ich atmete ein aber darauf antworten tat ich nicht.
»Die Verstärkung kommt!«, meinte ich nur und sah, wie die beiden sich gegenseitig anblickten. Einer zückte den Schlüssel und sperrte den ID-Ring auf.
»Mein König flieht!« Das ließ ich mir kein zweites Mal sagen, schon hob ich ab und verschwand in den Wolken.
Hinter mir hörte ich Kampfgeräusche und in Gedanken bedankte ich mich bei den Wachmännern. Mögen auch sie in das Reich der Ahnen aufgenommen werden und ihren Weg zur ewigen Ruhe finden.
Obwohl ich mich am liebsten in den Sonnenstrahlen gesuhlt hätte oder durch die feuchtkalten Wolken geflogen wäre, die meine Schuppen herrlich zum Leuchten gebracht hätten, konnte ich mich dem Vergnügen nicht hingeben. Ich musste hier weg und war auf der Stelle.
»Selem!« Die wundervolle Stimme meines Gefährten durchflutete mich. »Was ist da los?«
»Ich bin geflohen. Wo bist du? Ich hole dich!«
»Keine Ahnung aber ich glaube, das ist das Schloss auf Armenien« ich wandte meinen Kopf und zoomte die Gegend größer. Ich sah das Schloss, doch bei keinem Fenster oder Balkon war Lars.
»Wo genau bist du. Beschreib mir das Zimmer und was du vom Fenster aus siehst.«
»Es sieht aus wie ein Wohnzimmer, mit einem Kamin ...«
»Kamin? Beschreibe ihn mir!«
»Es hat Bärentatzen als Ornamente ...« Corins Zimmer. Lars befand sich auf der Ostseite. Kein Wunder, das ich ihn nicht sah. Ich war in Richtung Nordwest unterwegs.
»Lars!«
»Ja!«
»Kannst du auf den Balkon rausgehen oder wirst du bewacht.«
»Nein ich bin allein in dem Zimmer. Aber ich glaube, die Balkontür ist alarmgesichert.«
»Das auch noch. Lars hör mir genau zu. Wenn ich sage, renn los, dann rennst du auf den Balkon und springst über die Brüstung.«
»WAS? Bist du wahnsinnig?«
»Hey ich verlange ja nicht, dass du vom Hochhaus springen sollst. Es sind nur 10 Meter bis zum Boden, also hab dich nicht so. Wer hier ein auf Kamikaze macht, das bin ich. Meine komplette Größe umfasst über 15 Meter. Von der Länge und der Spannweite meiner Flügel gar nicht zu sprechen. Ach ja die schießwütige Wachen und feuerspuckende Drachen nicht zu vergessen. Renn los!«
»Waaa!«
»Mach schon!« Ich sah ihn. Er zerrte an der Tür. Sein Gesicht war Angst verzerrt und er sprang. Seine Augen geschlossen und ich hatte damit zu tun den Patronen und dem Feuer auszuweichen.
Ich sah, wie er immer näher dem Boden zuraste. Verdammt ich war zu groß. Aber wenn ich mich seitlich legte und den einen Flügel anlegte, so konnte ich ihn mit meiner Vorderpranke zum Fassen kriegen. Doch dann lief ich Gefahr, vom Boden erwischt zu werden. Scheiße da musste ich durch. Ich nahm Geschwindigkeit auf, legte mich seitlich, streckte meine Arme aus und keine Sekunde zu spät bekam ich ihn zu fassen.
Sein Herz raste, seine Atmung kam eines ertrinkenden gleich und ich hielt in schützend an mich.
Erst nach ein paar Minuten öffnete er seine Augen, um sie auch gleich wieder zu schließen.
»Mir ist schlecht!«, murmelte er und ich spürte, wie er sich um eine meine Klaue klammerte. »Flieg nicht so wie eine wildgewordene Ente!«, wäre witzig gewesen, wenn ich nicht ständig den Flammen meiner Verfolger ausweichen musste.
»Wir sind gleich in Sicherheit!« Wieder wich ich eine Flamme aus, die genau vor uns im Wald niederging. Der Wald aber nicht das Brennen anfing, weil eine Art Barriere sie aufgehalten hatte. »Das wird Berry nicht gefallen!«
»Wem gefallen?«
»Berry!«
»Wer ist das? Ohh du meinst Berry Stanfort.«
»Ja! Wenn es der gleiche Berry ist, den wir kennen!«
»Ich mag ihn nicht, er ist ein schleimender Schleimbrocken.«
»Japp, das ist er.« Kaum hatte ich das ausgesprochen, schon ging ich zum Sturzflug über. Wie von Geisterhand öffnete sich die Barriere und ich flog rein. Keine Minuten später, flog ein Verfolger auf die gleiche Stelle und brach sich das Genick. Lars erschrak, als er das zersplitternde Geräusch hörte und schaute hoch.
Doch da ich schon wieder weiter weg war, sah er den zertrümmerten Körper nicht. Ich suchte die Lichtung, die ich immer zur Landung genommen hatte und setzte an. Kreisend und sanft landete ich. Öffnete meine Pranke und legte sie auf den Boden ab. Lars krabbelte über eine Klaue runter zum Boden. Mit zitternden Knien setzte er sich in das Gras und schaute zu mir hoch. Ich hörte: »Wow sieht der geil aus. So einen prachtvollen Drachen hatte ich noch nie Gehsehen. Die ganzen Bilder sind gar nichts!«
»Hör auf zu sabbern!«, meinte ich nur und veränderte meine Gestalt. Setzte mich neben ihn und atmete tief ein. Strich mir durch die Haare und blickte zu den Baumspitzen. Orangegelbe Sonnenstrahlen brachen durch die Bäume. Ich liebte diese Ruhe. Auch Lars schien die Ruhe zu genießen und doch spürte ich eine innerliche Unruhe in ihm.
»Du hättest wirklich zugelassen, das der Herrscher mich tötet!«
»Zeshmik!«
»Was?«
»Nicht Herrscher, Zeshmik und ja.« Laut pustete Lars die Luft aus und schüttelte den Kopf.
»Dennoch bist du zurückgekommen und hast mich gerettet!« Ich legte mich ins Gras und nahm einen Halm in den Mund.
»Wenn ich die Chance dazu sehe.«
»Ich verstehe das nicht!«
»Nun es ist einfach, zu erklären. Der Schwarze muss abwägen, ob es sinnvoll ist, jemanden zu retten oder nicht!« Berry! Ich hatte ihn nicht gehört, geschweige denn gerochen und setzte mich auf. Na toll der hatte mir noch gefehlt und er schmiss mir einen Rucksack zu. Er setzte sich zu uns ins Gras. »Du Mensch musst verstehen, er ist unser König und es wirft ein sehr schlechtes Bild auf ihn, wenn es rauskommt, dass er erpressbar ist.«
»Ich frage mich, warum du hier bist. Es ist Tag!«
»Ach weißt du Schwarzer. Die Barriere hat einige Extras!« Provokativ setzte er sich eine Sonnenbrille auf und grinste mich an.
»Wo sind wir hier überhaupt? Es ist so friedlich!«, fragte Lars mit einem seligen Blick und er schien Berry gar nicht wahrzunehmen. Sogar mich nicht mehr.
»Selem schau mal, hast schon einmal so einen schönen Schmetterling gesehen? Och Selem, das ist jetzt nicht dein Ernst. Oh ja, mehr, zeig mir mehr von dir«, hörte ich seine wirren Gedanken im Kopf und ohne mit der Wimper zu zucken ging ich Berry an die Gurgel.
»Nimm die Hypnose von ihm oder ich schwöre dir ...!«
»... die Kreaturen ... nicht ich ...« Fuck ging mir durch den Kopf und ich ließ Berry los. »Sorry Alter man, aber die Arbeiten für den Roten!«
»Schon klar, dass sie das tun. Berry pass auf Lars auf. Ich habe Etwas zu erledigen.«
»Ich will es nicht wissen, aber ich will dich an das letzte Mal erinnern.«
»Zur Information, ich habe wieder an Stärke zugenommen.«
»Hab ich gesehen. Trotzdem sei vorsichtig.« Während ich mich veränderte, schaute Berry zu Lars und verzog angewidert seinen Mund. »Jetzt darf ich auch noch Babysitten. Ich sollte mir wirklich einen neuen König suchen. Der da ist der reinste Sklaventreiber. Oder ich erbitte die Ehre beim Vampirkönig. Oh ne, nicht gut.«
»Tzz mit nichts zufrieden«, meinte ich nur und hob ab.

Kapitel 20

Die Sache mit den Kreaturen sollte schnell erledigt sein. Ich fragte mich nur, wie konnte sie ihren Radius so weit erweitern? Zumal sie sich eigentlich nur beim Wasserfall aufhielten. Ich war eindeutig zu lange untätig. Leider konnte ich mir nicht mehr Gedanken darüber machen, ein Bild von meinem damaligen Schlafzimmer erschien in meinem Kopf und ich sah mich, auf dem Bett gefesselt liegen.
Erschrocken zuckte ich zusammen, denn ich wäre beinahe gegen einen Baum geflogen.
Na toll dachte ich. Ich konnte mich mit Lars nicht nur gedanklich unterhalten, ich sah auch, an was er im Moment dachte oder beziehungsweise, was die Halluzination in ihm hervorrief.
Herr im Himmel! Hatte ich wirklich so eine Erektion oder war das nur Lars Wunschvorstellung von meinem besten Freund? Vergebens versuchte ich, die Bilder aus meinem Kopf zu bannen, ging nicht und ich war gezwungen nach dem fünften Baum, den ich beinahe umgeflogen hätte zu landen.
Kurz wog ich ab, wie lange ich als Mensch zu Fuß unterwegs sein werde. Okay keine Stunde, das sollte gehen, bevor mich ihre Magie einheimsen konnte. So viel traute ich mir zu. Das letzte Mal, als ich noch weniger Magie besaß, hatten sie mich bereits am Anfang schon in ihre Krallen, doch diesmal sollte ich länger dem Widerstehen können. Hoffte ich.
Kaum stand ich als Mensch da und schon spürte ich ihre Umgarnung. Mental stellte ich mich darauf ein und die Wellen prallten an mir ab. Es funktionierte. Ich hoffte aber auch, dass ich es in meinem gegenwärtigen Zustand auch so lange aushielt, weil sonst landete ich höchstwahrscheinlich wieder in einer Auffangstation.
Wenn es so sein sollte, so hoffte ich bei Lucy. Nun aber selbst bei ihr, war ich nicht sicher. Sie unterlag als Beamtin dem Gesetz. Also ich konnte es drehen, wie ich es wollte, Überschätzung war hier eindeutig fehl am Platz.
Ich bahnte mir den Weg durch das Unterholz, denn auf den Weg wollte ich nicht gerade laufen, da wahrscheinlich, doch irgendwo ›Feinde‹ lauerten. Nicht gerade in Form von Drachen oder Menschen, aber nach über 300 Jahren im Verborgenen leben, konnten sogar einst Verbündetete die Seiten gewechselt haben.
»Oh Selem du bist ein richtiger Sadist. Schau was du mir angetan hast!« Brutal drangen Lars Gedanken in mich und ich keuchte auf. Nicht nur das, mein Körper reagierte auf seine Stimme. »Ich kann es gar nicht richtig auskosten. Ich muss wohl den kleinen König bestrafen!«
Meine Atmung ging nur noch stoßweise und ich musste mich an einem Baum anlehnen. Ich schloss meine Augen. »Na wie soll ich dich bestrafen?« Gib mir eine Pause, bitte. »Soll ich es langsam angehen oder gleich drauf los. Sag es mir, wie willst du es haben?« Gar nicht, raus aus meinen Gedanken. »Du warst wirklich sehr böse. Erst holst du dir in der Dusche einen runter und dann auch noch im Auto.« Moment das mit der Dusche war mir klar, das Lars dies wusste, aber nicht das im Auto.
Als ich die Augen wieder geöffnet hatte, stand Lars vor mir. In seiner vollen Pracht, wie Gott ihn schuf. Scheiße durchfuhr es mir. Die Kreaturen hatten einen Weg gefunden. Ging doch schneller wie gedacht. Ich musste mich zusammenreisen. Der Lars der vor mir stand, war nicht echt. Mein Lars, mein Gefährte war bei Berry. Auch wenn im Moment die Aussicht rosig war und ich mich wirklich ihm hingeben wollte, so musste ich beherrscht bleiben.
Ich rief die Ahnen an und versuchte, so viel Energie aus der Mutter Erde zu holen, wie es mir möglich war. Ich besaß nun die Hälfte meiner Macht wieder, das war bereits mehr, als ein normaler Drache und nicht einmal ein normaler Drache erlag den Kreaturen.
»Ich Selem der Schwarze, der von den Ahnen zum König ernannt wurde, befehle euch, weicht von mir. Gehorcht meinen Befehl und euch wird nichts geschehen.«
Ein Kreischen durchfuhr die Stille des Waldes und ich musste mir notgedrungen die Ohren zuhalten. Als ich um mich blickte, war das Bild Lars verschwunden und auch hatte das Geflüster aufgehört. Tief atmete ich ein und setzte meinen Weg fort.
Kurze Zeit später stand ich am Wasserfall, kniete mich hin und tauchte meine Hand ein. Erflehte in der alten Sprache um Einlass und der Teich teilte sich. Das Erdreich wurde auseinandergeschoben und eine Steintreppe kam zum Vorschein. Ich richtete mich auf und ging die Treppe runter.
Ging einen kurzen Eingang entlang bis ich zu einem Steingebilde ankam, dessen Aussehen unbeschreiblich hässlich war. Davor blieb ich stehen und wartete nicht bis jemand kam. Die Kreaturen blieben im verborgenen und zeigten sich nie. Es sei denn sie umgarnten jemand, dann aber auch nur in einer anderen Form oder Gestalt. Ich hob meine Hand und legte sie auf das Steingebilde.
»Drachenkönig. Es gibt nichts, um was Ihr bitten könnt. Eure Macht ist vorbei.« Gleich in die Vollen, wer hätte das gedacht? Nun die Zeit war wohl auch nicht bei ihnen stehengeblieben. Wenn sie das so wollten, dann redete ich auch nicht um den heißen Brei. Wäre eh langweilig das Rumgesülze.
»Ich Selem der Schwarze, der König der Drachen erbitte nichts. Ich befehle. Höret meinen Befehl. Ihr die, die Gemiedenen genannt werdet, kehret zu eurem angestammten Platz zurück. - Wie ihr seht, erlange ich meine Macht zurück. Fordert mich nicht heraus, denn meine Strafe wird unbarmherzig sein.« Ich nahm meine Hand weg, wartete nicht auf eine Antwort, denn ich kannte sie bereits. Diese Feiglinge.

Ohne weitere Probleme gelang ich zurück zu Lars und Berry. Der Vampir hatte Feuer gemacht, darauf war ein Hase aufgespießt worden, mich dafür zu bedanken, kam nicht infrage und Lars schlief den Schlaf des Gerechten. Nichts und niemand konnte ihn nun wecken. Das waren die Nachwirkungen der eingewobenen Magie der Kreaturen und ich konnte meinen Blick nicht mehr von ihm wenden.
Da Berry so ein Essen nicht bevorzugte und der Hase nun schon leichte verkohlte Stellen aufwies, fing ich an, mich darum zu kümmern. Dennoch auch wenn ich der König war und Berry mir ewige Treue geschworen hatte, empfand ich so ein Gefühl mich bedanken zu müssen. Nun wie gesagt nicht für den Hasen, sondern für Lars.
»Danke, dass du dich um Lars gekümmert hast.« Berry schaute ruckartig zu mir auf und ich konnte seine Verblüfftheit deutlich sehen. »Und du brauchst jetzt absolut nicht auf Wolke sieben schweben.« Gab ich eins drauf. Sofort schüttelte er den Kopf und grinste mich schelmisch an.
»Nein! Sowieso nicht, denn ein Danke von einem Drachen bedeutet gleich, du bekommst keine Gegenleistung dafür. Nun ja, wenn sie mal Danke sagen. Nichts für ungut Schwarzer, aber ihr seit das arroganteste Volk was mir je untergekommen ist.« Sofort hob er beschwichtigend seine Hände und grinste mich weiter an. Ich schüttelte nur den Kopf und schnaufte nun leicht genervt ein. Ich hätte es nicht tun sollen. »Ja ähm, nur mal so aus Neugierde. Warum gibst du dich mit einem Menschen ab. Mit einem sabbernden Menschen, wohl gemerkt.« Er zeigte auf Lars, dem die Spucke aus dem Mund lief.
Unwillkürlich musste ich lächeln. Wie oft hatte er mich damit aufgezogen, weil mir die Spucke, während des Schlafens aus dem Mund lief.
»Er ist mein Gefährte!« Nun fiel Berry die Kinnlatte runter.
»Na jetzt wird mir alles klar, warum Zeshmik so einen trara um den Kerl gemacht hatte.« Ich nickte nur und drehte den Hasen über der Flamme. Kurz blickte ich zu Berry und dann zu den ersten Sternen, die sich am Firmament zeigten.
»Und du hättest ihm sein hoffnungsloses Schicksal überlassen.« Sofort funkelte ich ihn böse an.
»Was hast du gesagt?«
»Nichts für ungut, Schwarzer!«
»Du hast es ihm vorhin selbst erklärt und genauso verhält es sich. Ich muss abwägen und auch wenn er mein Gefährte ist, darf ich mich nicht von einem Untergebenen erpressen lassen, der der Meinung ist meinen Platz einnehmen zu wollen. Berry, Lars ist mir wichtig, sehr sogar. Doch ich darf nicht vergessen, wer ich bin und für wen ich Verantwortung zu tragen habe. Da ist ein einzelner Mensch nichtig und klein.«
»Hör zu. Sicher hast du mit dem Königskram recht, aber was sagt dein Herz?«
»Mein Herz? Mein Herz blutet. Bei jeder Entscheidung, die ich treffe. Doch die Gefühle eines Königs habe da nicht mitzuentscheiden. Ich opfere meine Kinder, ich opfere mein Gefährte, nur weil ich wie ein König handeln muss und die Drachen hier auf der Erde weiter bestehen können. Berry ich bin bereit alles zu opfern nur um das Wohl der magischen Wesen. Es sind nicht nur die Drachen. Es sind die Vampire, die Elfen, die Trolle, Elben, Zwerge, Einhörner, Meerjungfrauen ... alle Berry um die ich mich kümmern muss. Verstehst du? Und ich bin satt. Sicherlich hatte ich mich in den letzten 300 Jahren gesehnt, wieder fliegen zu können. Ein Drache zu sein. Die Schönheit des Seins genießen zu können, doch ich habe Entscheidungen zu treffen, sogar als Mensch, musste ich Entscheidungen treffen die mir nicht gefallen haben. Ich habe mich von meinen Kindern abgewandt. Damit sie in frieden leben konnten. Ich habe mich verleugnet. Ich habe den Rat die Oberhand über alles gegeben. Ich habe es soweit gebracht, das Zeshmik so viel Einfluss erlangt hat. Berry.« Er nickte nur und stocherte in der Flamme rum. Ich selbst drehte noch einmal den Hasen, bevor ich ihn vom Spieß nahm und zu Essen anfing. Doch nach ein paar Bissen legte ich ihn auf die Seite und ich mich ins Gras.
»Das ist aber nicht gerade viel, was du gegessen hast. Wenn ich bedenke, was du sonst so in dich reingeschlungen hast, wenn du hier warst.« Berry hatte seine coolness wieder und ich lächelte leicht.
»Bin noch satt, von den Vögeln, die ich während des Fliegens verschlungen habe.« Er verzog seine Mundwinkel und murmelte etwas, das sich wie ›Drachen‹ anhörte.
Während ich die Feuerstelle sichert, verabschiedete sich Berry und ich legte mich neben Lars ins Gras. Schützend legte ich meinen Arm um ihn und schloss meine Augen. Doch an schlafen war nicht zu denken, wir befanden uns im Wald ohne Wiederkehr.

 

Kapitel 21

Die Nacht ging ohne Zwischenfall vonstatten. Hin und wieder empfing ich ein paar Bilder von Lars, aber sie waren nicht mehr so ausgeprägt. Die Waben von den Kreaturen schienen langsam von ihm abgefallen zu sein.
Bei den ersten Sonnenstrahlen stand ich auf und durchsuchte den Rucksack, den Berry mitgebracht hatte. Wie üblich war etwas zum Essen und Trinken drin. Nahm eine Wasserflasche und setzte an. Kaffee ja das wäre was, doch leider musste ich darauf verzichten und ich schielte zu Lars, der immer noch tief und fest schlief. Innerlich lächelte ich, Lars war schon immer der Langschläfer. Am späten Nachmittag da konnte man mit ihm rechnen. Okay es gab auch Ausnahmen, bei denen er früh aufstand. Aber auch nur, um mich fast den halben Vormittag verwöhnen zu können. Wie sagte er immer gerne? »Ich bin notorisch untervögelt.« Wie gerne wäre ich nun mit Lars in der alten Wohnung.
Ich schloss meine Augen und stellte mir genau dies vor. Ich lag auf meinem Bett und beobachtete Lars, wie er sich vor mich auszog. Mit seinen Brustmuskeln spielten und mir dadurch schon den ersten Seufzer entlockte. Mein Blick wanderte zum Hosenbund und schon entkam mir der zweite. Sein Flaum spitzte über den Bund und deutete bereits das Dreieck an. Wieder stöhnte ich auf, denn ich reagierte mit brutaler Macht darauf. Nicht nur in Gedanken und ich schreckte auf, als ich einen knackenden Ast neben mir wahrnahm.
»Ist ja wieder einmal typisch mit dir!«
»Lars! Du bist wach?« Er nickte und lächelte mich leicht spöttisch an.
»Wie kann man denn da schlafen, wenn ich mich selbst im Traum verfolge, und zwar nackt.« Oh, sah so aus, als ob er auch meine Gedanken in Form von Bildern sah.
»Das sagt der richtige, wegen dir hätte ich beinahe den halben Wald abgerodet. Aber was hältst du davon, wenn du das jetzt Wirklichkeit werden lässt.« Mein Blick wanderte zu seiner Mitte und sie war schon beachtlich. Er schien meinen Blick richtig zu deuten, denn er strich sich durch die Haare und zerzauste sie kurz. Mit einem verführerischen Lächeln beugte er sich zu mir runter. Strich mir übers Gesicht und zog mich am Genick zu ihm hoch. Seine Augen leuchteten kalt und zugleich anziehend. Tief musste ich Luft holen und wollte mir einen Kuss klauen, doch Lars zuckte mit seinem Kopf zurück. Sein lächeln wurde arroganter.
»Du magst zwar der Drachenkönig sein, aber für mich bist du nur Selem Sokem der kleine Angestellte der Werbefirma. Mehr nicht. Also, was soll ich mit dir machen?«, fragte er mich und mein Blick blieb an seinen Lippen hängen. Ich wollte sie spüren. Dennoch waren meine Sinne auf Maximum hochgeschraubt. Hier mich nun einfach gehen zu lassen, war gefährlich. Es schien, dass er meine Wahrnehmung ebenfalls empfand, denn er schreckte hoch und ließ mich los, als er und ich gleichzeitig ein Tier, das ein paar Kilometer weiter aus dem Dickicht sprang, hörten.
»Scheiße!« Rutschte es mir raus. Musste es sein!
»Da ist jemand!« Ich schüttelte den Kopf.
»Nein, hier ist niemand, das war nur ein Fuchs am anderen Ende des Waldes.« Ich richtete mich vollständig auf, denn ich spürte und roch, dass sich seine Geilheit zurückgezogen hatte. War vielleicht auch besser so und ging zum Schlafplatz. Fing an den Müll in den Rucksack zu stopfen, als Lars mich plötzlich von hinten umarmte.
»Ich will dich. Selem bitte. Auch wenn wir jetzt nicht spielen können. Ich spüre deine Anspannung, aber bitte lass mich dir Gutes tun. Bitte!«
Seine Hände fuhren unter mein Shirt und er erfühlte die Verbände. Gleichzeitig küsste er mich im Nacken. »Tut es noch sehr weh!« Im Genuss seiner Küsse schüttelte ich den Kopf. Zu mehr war ich nicht mehr fähig. Lars raubte mir den Verstand in allen Lebenslagen. Wie von selbst drückte ich meinen Hintern an seine Mitte, die sich doch nicht ganz so verabschiedet hatte und ich hörte ihn wollig einatmen. Seine Hand fuhr weiter zu meinen Brustwarzen die sich sofort als er sie berührte aufrichteten und er zupfte daran. Aus mir kam ein Keuchen und er fühlte sich darin bestätigt. Seine Hand wanderte wieder runter und blieb an meinem Schritt liegen. Dann drückte er zu und ich stöhnte auf. Zwei drei mal drückte er rein, bevor er den Reißverschluss öffnete, die Hose runterrutschte und meinen Schwanz umgriff.
»Du hast keine Unterhose an! Wie das?« Ich zuckte mit der Schulter.
»Hab keine bekommen.«
»Keine Unterhose bekommen, aber dich in so einen feinen Stoff zwängen.«
»Tja, ich sollte eine Zeremonie abhalten, da war das Knastoufit, wohl fehl am Platz.«
»Na mir solls recht sein. Weniger zum ausziehen!« Ich kam nicht dazu zu kichern, denn Lars drückte einen Finger in mich und ich hatte damit zutun mich auf den Füßen halten zu können. Er erkannte wohl meine Lage und schob mich Richtung eines Baumes. Sofort stemmte ich mich am Baumstamm ab und gleich darauf folgte der zweite Finger. Ich stöhnte laut auf und spürte, wie der Drache die Oberhand übernehmen wollte. Noch nicht. Ermahnte ich mich zur Geduld. Lars war für diesen Schritt noch nicht bereit. Und außerdem könnte ich, wenn es passierte, mich nicht mehr kontrollieren und Lars womöglich lebensgefährlich verletzen.
Dennoch wurden meine Hände zu Klauen und ich krallte mich in den Baum, als Lars in mich eindrang.
»OH Selem du fühlst dich ganz anders an als sonst.« Flossen seine Gedanken in meine und ich spürte, was er meinte. Er fühlte sich und mich gleichzeitig. Wir waren in diesem Moment nicht nur körperlich verbunden auch geistig und mental. Mir war heiß, mein Innerstes kochte und ich schrie meine, Nein unsere Lust raus.


Noch ein halber Tag Fußmarsch und wir waren aus dem Wald draußen. Wäre ich ein Drache, so hätte ich den Wald in weniger als ein paar Sekunden verlassen. Doch da im Allgemeinen für Drachen, die die Lizenz nicht erhalten hatten, Flugverbot galt, sah ich mich wieder einmal gezwungen, als Mensch unterwegs zu sein. Außerdem wären wir sofort Anhaltspunkt zur Kontrolle geworden, wenn die Wächter Lars auf meinen Rücken gesehen hätten. Noch dazu wusste ich nicht, ob Lars auf mein Rücken wollte. Zumal ich keine Sicherung an mir hatte. Halfter und Sattel. Aber eigentlich bräuchte Lars dies nicht. Er war mein Gefährte und somit schon von Haus auf damit vertraut.
Was mich wunderte, Lars hatte die ganze Zeit nicht genörgelt, obwohl er ein von Bequemlichkeit umringter Künstler war. Er hatte mir sogar den Rucksack abgenommen und ihn den ganzen Weg getragen. Ab und an lächelte er sogar, doch ich vermied es, seine Gedanken zu lesen.
Als wir aus dem Wald draußen waren, stach die Sonne unerbittlich auf uns hinab. Es war ekelhaft heiß und in wenigen Minuten waren wir durchschwitzt.
»Man wie lange geht der Sommer noch?« Nörgelte Lars nun doch. »Und weit und breit kein Baum!« Sehnsüchtig drehte er sich zum Wald ohne Wiederkehr um.
»Die Hochperiode kommt erst noch!«
»So ein Sommer, gab´s noch nie. Von März an so heiß!«
»Doch ein paar Mal kam es schon vor. Die Natur vollbringt ihre natürlich Auslese.«
»Hä!« Nun lächelte ich ihn an.
»Die Natur! Ist ein grausames Wesen. Wenn etwas überhandnimmt, wehrt sie sich dagegen. Das können Insekten sein, Nagetiere, oder sie will den Menschen eine Lektion erteilen, indem die Ernte eingeht, Tiere erkranken, Eine Trockenperiode kommt oder alles unter Wasser ertränkt wird.« Ich zuckte die Schulter, doch Lars schaute mich schief an.
»Natürlich die Natur will den Menschen eine Lektion erteilen. Was ist das denn für ein Scheiß?« Nun lächelte ich und hielt seinen Blick stand.
»Lars, es gibt viele Geheimnisse, die der Mensch nicht weiß. Nun, Mutter Natur wurde uns nur geliehen und wer gegen dieses einzigartige Geschenk verstößt, wird vernichtet. Damals hatte der Mensch dieses Geschenk noch zu schätzen gewusst, doch heute? Alles nennen sie ihr Eigen. Jeder Fleck wird ausgebeutet und abgerodet. Häuser gebaut, Straßen angelegt und der natürliche Verlauf der Flüsse geändert. Mutter Natur hatte in der Vergangenheit oft versucht, den Mensch zur Reason zu bringen, doch vergebens. Irgendwann hatte sie etwas durchschaut, und überließ dem Mensch seinem Schicksal. Sie hatte erkannt, dass der Mensch dabei ist, sich selbst zu vernichten. So oder so die Auslese hat bereits begonnen.« Lars sagte nichts mehr und wir liefen in der prallen Sonne weiter. Wer wusste schon, was er sich für Gedanken machte, doch dies war die Variante, die ich ihm sagen konnte. Der wahre Grund behielt ich für mich. Ich konnte es ihm nicht sagen, dass die Menschheit schon lange dem Untergang geweiht war und warum dies so war. Ich war der Auslöser. Am Tag des großen Brandes hatte Mutter Natur meine Verzweiflung gespürt und die Hoffnung für eine Besserung der Menschheit aufgegeben.
Die Sonne ging bereits unter, als wir in einem Bauerndorf ankamen. Es schien, als ob hier die Zeit stillstand. Die Häuser bestanden aus dem letzten Jahrhundert und die Vorgärten waren mit verschiedenen Blumen angepflanzt worden. Doch wie schon so oft, war das eine Täuschung. Auch hier war der Fortschritt zu erkennen. Die Felder wurden mit Maschinen bestellt, durch die Fenster sah man den Fernseher flimmern, auch hörte ich aus einem Gebäude Gegröle von Betrunkenen. Leicht musste ich schmunzeln und steuerte gerade darauf zu. Lange war es her, als ich sie das letzte Mal gesehen hatte. Viel zulange.
»Och nö! Warum so eine Spelunke?« Gab Lars mir einen Dämpfer und ich schüttelte den Kopf.
»Möchtest du heute Nacht in einem Bett schlafen oder wieder auf dem Boden. Nun mir macht es nichts aus. Ich bin es gewöhnt. Allerdings laufen wir dann Gefahr von den Wächtern, die vielleicht irgendwann über uns hinwegfliegen, gesehen zu werden. Außerdem habe ich einen tierischen Hunger und das Essen ...« Lars wurde hellhörig.
»Essen? Kommt selten vor, dass du von irgendetwas schwärmst.«
Meinte er und schaute auf das Schild. ›zum Dragon‹, murmelte. »Wie witzig!« Diesmal ignorierte ich ihn und öffnete die Tür. Alkoholgeruch schlug mir entgegen und wir betraten die Gastwirtschaft. Ich schaute mich um, viele Gäste waren nicht anwesend und setzte mich auf einen freien Platz. Tat das gut, die müden Beine auszustrecken, und Lars stöhnte verkrampft auf. Lange dauerte es nicht, bis eine Bedienung herkam, unsere Bestellung aufnahm und gleich darauf fragte, ob wir was essen wollten. Ich nickte und fragte gleich nach einem Zimmer. Sie lächelte uns an und sagte, dass sie die Chefin holen geht. Doch zuerst bestellten wir unser Essen.
Keine fünf Minuten kam eine gut aussehende Frau auf uns zu. Ihre Haare kohlrabenschwarz und in ihren Augen, die grau meliert schimmerten, strotzte die pure Lebenskraft. Dennoch sah ich auch, dass sie zu altern angefangen hatte. Kurz schätzte ich ab, wie lange sie noch verweilen durfte, wenn ich nicht endlich meine komplette Kraft zurückbekam. Keine hundert Jahre mehr. Nichtsdestoweniger drangen ihre starken und warmen Schwingungen unaufhörlich in mich und ich schloss meine Augen. Lächelte, als ich die Augen wieder öffnete und sie anblickte.
Ihre Augen hatten sich mit Tränen gefüllt und ihre Hand lag auf ihren Mund. Ein leichtes Zittern durchzuckte ihren Körper. Nur ein leises Selem entkam ihre Lippen und ich legte meinerseits den Zeigefinger an den Mund.
»Hallo Mama!«, flüsterte ich und Lars erschrak neben mir. Sofort wanderte sein Blick zu mir und zu meiner Mutter hin und her und ich stieß ihm mit dem Fuß warnend an.
Auch wenn es nur wenige Gäste waren, könnten einige mit dem Rat und Zeshmik unter einem Hut stecken und außerdem war sie als Königsmutter bekannt. Doppelte Vorsicht war geboten.
»Garlena!« Wurde sie gerufen und sofort fasste sie sich wieder und ging zu dem Gast. Ich hörte, dass sie den Gästen mitteilte, dass sie bald schließen wollte.

Die Bedienung brachte uns das Essen und irgendwann hörte ich aus der Küche Gepolter, als ob Töpfe auf den Boden fielen. Danach Lauthalses Fluchen in der alten Sprache. Sofort hoben alle Gäste ihr Hände zum Zahlen und ich musste mir das Kichern unterdrücken. Meine Mutter kam und lächelte den Gästen milde zu.
»Ich hab euch doch gesagt, dass ich schließen möchte. Ihr kennt doch Samu!« Theatralisch atmete sie ein. Oh ja wer kannte ihn nicht, den alten egozentrischen Kauz. Bei ihm blieb nicht einmal ein Felsen an Ort und Stelle, wenn der loslegte und ich zog auch automatisch den Kopf ein.
»Was war das?«, fragte Lars.
»Willst du nicht wissen!«, gab ich zur Antwort und ein Gast, der vorbeikam, nickte bestätigend den Kopf.
»Vor dem hat sogar unser Herrscher schieß, geschweige denn unser König, große Mutter beschütze ihn, wo immer er auch sein mag. Menschenkind, ich sage dir, wenn Samu so drauf ist, würde ich mir das überlegen hierzubleiben. Ganz besonders, wenn Garlena uns schon aufgefordert hatte zu gehen. Der Alte hat echt ne miese Laune.«
»Ist ihm das zu verdenken? Zwei seiner Enkel wurden des Hochverrates bezichtigt. Große Mutter, beschütze die beiden.« Weg waren sie, ich schloss meine Augen und Mutter die Tür.
»Ist die Bagasch endlich weg?« Kam es aus der Küche.
»Ja!«, antwortete sie und räumte unsere leeren Teller weg. Mit einem Kopfnicken deutete sie, dass wir nach hinten gehen sollten und ich packte Lars am Arm.
»Komm!«
Kurz bevor wir die Küche erreicht hatten, sah ich, wie die Bedienung den Hinterausgang nahm und auch irgendwie ihre Füße in die Hände. Wieder schmunzelte ich und trat in die Küche. Mutter ging an uns vorbei, stellte sich neben Samu, der das gebrauchte Geschirr abwusch und der kein Mucks machte. Na toll. Musste das schon wieder losgehen? Dachte ich.
Erst als er damit fertig war, drehte er sich um und trocknete seine Hände. Streng war sein Blick, so wie ich ihn kannte.
»Was willst du hier? Kannst du nicht für dich selbst sorgen. Musst du Mutter und mir wieder auf der Tasche liegen, oder wie sehe ich das.« Ich spürte, dass es Lars unwohl wurde und Mutter mit ihren Fingern über die Augen strich.
»Wie ich sehe, gehts dir gut und die Alterschwäche hat noch nicht um dich gegriffen, du egozentrischer Mistkerl. Zeit wird es langsam, dass du die Rente beantragst, alter Knacker.«
»Von was träumst du nachts. Rente! Das könntest du mal erlassen, aber nein du lässt uns bis zum Umfallen schuften. Du Möchtegern König.«
»Was will ich sonst von dir erwarten? Dass du Däumchen drehst! Fauler Sack!« Samu stand mir genau gegenüber und Lars war zu meiner Mutter ausgewichen.
»Wer ist die halbe Portion, die du im Schlepptau hast?«, fragte er mit stemmenden Händen in den Seiten und ich sah bereits, dass seine Mundwinkel verdächtig zuckten.
»Mein Gefährte.« Seine Züge wurden weicher und auch sah ich, dass sich in seinen Augen Tränen angesammelt hatten. Dann breitete er seine Arme aus und zog mich in seine Umarmung.
»Große Mutter, Gott sei dank du lebst. Ich hab dich so vermisst.«
»Papa. Ich dich auch.« Er ließ mich los und fuhr mit seinen Ärmel über die Augen.
»Du kannst hier mit der halben Portion übernachten, aber verlange ja nicht von mir, dass ich vor dir oder vor dem Königsgefährten auf die Knie gehe. Oder dass wir sonst irgendein Essen zelebrieren, du isst, was auf dem Tisch kommt.«
»Warum sollte ich das. Ich muss seit tausend Jahre auf deine mürben Knochen achtgeben. Außerdem schmeckt mir das Essen von Mutter eh besser, als deins.«
Das Gefrotzel geht noch eine Zeit lang so zu, bis Mutter uns in das Zimmer führte. Von Lars hatte ich die ganze Zeit kein Wort mehr gehört.
Er war noch immer verdattert und legte sich schweigend auf das Bett.
»Du hast absolut gar nichts von deinem Vater!«, ruckte er mit der Sprache raus und ich fing das Lachen an.
»Sei froh. Der Alte kann einem tierisch auf die Nerven gehen.«
»Sag mal, wie lange bist du schon König?«
»Noch relativ kurz. Tausend Jahre!«
»Relativ kurz? Was ist dann lang?«
»Zwanzigtausend. Doch das hat nur ein Einziger geschafft.«
»Wer?«
»Naftaht der Graue. Er regierte vor über 500 000 Jahren. Zur Zeit Abalskam, bevor die Ära unterging.« Langsam fing ich an zu gähnen. Ich sagte, dass ich duschen ginge, und zog mein Shirt aus. Löste die Verbände und betrachtete die verheilten Striemen. Noch eins oder zwei Tage und von den Narben war nichts mehr zu sehen. Was für eine Last! Ich wollte, dass auf dem Boden liegenden Shirt auf ein Stuhl schmeißen, als es klopfte und Mutter reinkam. Sie sah sofort die Verbände und ihr Blick wanderte hoch.
»Wer hat dir das angetan?«
»Mama! Es ist alles in Ordnung.« Versuchte ich sie zu beruhigen und Lars saß im Bett. Sie schüttelte den Kopf und ich atmete verdrossen ein. Leider gab es noch eine Steigerung von Samu meinem Vater. Meine Mutter.
»Selem! Das kannst du nicht auf dir sitzenlassen. Du bist der König! Du bist das magischte Lebewesen, was es auf der Welt gibt. Du bist sozusagen Gott!«
»Übertreib nicht Mutter!«
»War es ein Mensch?« Ich schüttelte den Kopf.
»War es einer von den Gemiedenen?« Wieder schüttelte ich den Kopf.
»Ein Zwerg ...?« Als ich wieder mit dem Kopf schüttelte, wurden ihre Augen groß.
»Ein Drache. Es war ein Drache!« Kam es sehr flüsternd aus ihr heraus und als ich keine Antwort darauf gab, sah ich ihr Entsetzen in ihren Augen aufleuchten. »Wie kann ein Drache so etwas tun? Die Hand gegen den eigenen König zu erheben. Das ist eine Herabwürdigung für unsere Art. Wer war es?« Diesmal schüttelte ich den Kopf.
»Aber...!«
»Mutter! Lass es gut sein. Ich bin nicht in der Stimmung darüber zu diskutieren.« Mein Ton war wohl doch etwas schärfer wie gedacht, denn sie zuckte zusammen und biss sich auf ihre Lippen. »Tut mir leid. Es war in den letzten Tagen etwas zu viel für mich.« Sie kam auf mich zu und streichelte mir über das Gesicht.
»Schon gut! Ruh dich aus. Wir reden morgen darüber.«

Leises Schnarchgeräusch kam zu uns herüber und wir drehten uns zu Lars, der so wie er sich auf das Bett geschmissen hatte, dalag.
»Ein Mensch! Wer hätte das gedacht!« Wissend blickte sie mich an und ihr Lächeln sagte alles. Ja ich gab es ja zu. Ich war nicht immer Freund zu den Menschen. Ich hatte sie gehasst und wollte diese Brut auslöschen. Selbst dann noch, als ich verflucht war und als Mensch leben musste.

Nachdem Mutter gegangen war, ging ich unter die Dusche. Danach kuschelte ich mich zu Lars ins Bett. Sein Körpergeruch drang unaufhaltsam in meine Nase und auch, wenn er sich, seit ein paar Tagen nicht mehr gewaschen hatte und der Schweißgeruch etwas überhandnahm, roch er für mich sehr gut.
Kaum das ich mich zugedeckt hatte, nuschelte er vor sich hin, dass sich anhörte wie: »Dsuhe frei? Ka asl gehn!« Ich musste schmunzeln.
»Ja die Dusche ist frei, du kannst dich waschen gehen!«
Schlapp und noch im Halbschlaf, ich würde sogar sagen, er schlief noch tief und fest, ging er ins Bad. Ging unter die Dusche und nackt, wie er geschaffen war, ließ er sich wieder ins Bett fallen. Nicht einmal die Dusche hatte ihn geweckt, denn sofort schnarchte er wieder und ich deckte ihn und mich zu.
Doch an schlafen war nicht zu denken, denn ein Gepolter an der Eingangstür ließ mich aus dem Bett fahren. Ich ging ans Fenster und schaute runter. »Scheiße! Die Wachen des Herrschers«, zischte ich und schlich zum Bett, um Lars zu wecken.

Kapitel 22

Kurz darauf hörte ich Samu fluchen.
»Habt ihr noch alle Tassen im Schrank? Schaut, wie spät es ist?«
»Hey Samu. Komm, gib uns noch einen aus!«
Vernahm ich die Wächter und zog meine Hand, die schon auf Lars Schulter lag zurück. Atmete tief durch und konzentrierte mich auf die Auseinandersetzung, die nun folgte. Oh oh! Die Wächter waren bereits schon zwischen gut und böse und mein Vater ließ sie es auch hören.
»Wir haben geschlossen. Das nächste Mal kommt ihr, wenn wir offen haben.«
»Oh man Samu um die alten Zeiten willen.«
»Alte Zeiten hin oder her. Ich bin müde und will schlafen. Jetzt schaut´s, dass ihr verschwindet.« Das war eindeutig und die Wächter zogen ab. Noch einmal atmete ich ein und legte mich wieder ins Bett.

Am nächsten morgen, die Sonne spendierte bereits ihre Kraft für den Tag und ich hievte mich aus dem Bett. Zog mich an und ging leise aus dem Zimmer. Lars nun zu wecken glich einer Gefangenschaft. Ging die Treppe runter und in die Küche. Herrlicher Kaffeeduft schlug mir entgegen und ich sah Mutter an der Anrichte stehen, wie sie alles für das Frühstück herrichtete.
Schon immer war sie eher der häusliche Typ. Egal ob ich König war oder nur Selem der Schwarze ihr Sohn, der für die Brut zuständig war, von den Drachen die Oviparie(*FN* Bei der Oviparie handelt es sich um eine Fortpflanzungsform, bei der befruchtete Eier abgelegt werden.*FN*) gebaren. Narla wollte Lebendgebären und ich erfüllte ihr den Wunsch. Es war herrlich, nach jeder Geburt das Baby in den Armen zu halten. Ich fühlte mich wie in einer anderen Welt. Allerdings konnte ich die damalige Hebamme nicht ab. Altes gruseliges Weib. Ob sie noch lebte? Immerhin galt sie bereits damals schon als uralt. Sie hatte meine Großeltern unterstützt und immer wieder den Kopf geschüttelt, wie eine Drachendame, sich soweit herunterlassen konnte, um lebend zu gebären. Tja zu Omas Zeit kam das Lebendgebären auf. Das war irgendwann vor fünfzehntausend Jahren oder so.
Innerlich schüttelte ich den Kopf, denn seit über 300 Jahren kamen keine Drachenkinder mehr auf die Welt. Nur sehr wenige, die nach dem großen Brand stark genug waren, um zu leben, erblickten das Licht der Welt, alle anderen Eier, die auf die Geburt gewartet hatten, starben. Lebendgebärende gab es gar keine mehr. Die Drachen wurden mit einem Schlag unfruchtbar. Nun ja und da ich keine Schwingungen mehr hatte, war der Tod jedes Einzelnen vorprogrammiert.
Lange hatte es gedauert, bis ich es realisiert hatte, dass ich absolut keine Magie mehr besaß. Dass mich die Schwingungen der anderen Drachen bis in den letzten Nerv schmerzten und ich gezwungen war, mich von ihnen fernzuhalten und als Mensch mein Dasein zu fristen, bis auch der letzte Drache von der Erde verschwand.
Bis vor Kurzem dachte ich noch so und hatte mich darauf eingestellt, dass ich der letzte Drachenkönig war und das mein Volk ausstarb. Somit versuchte ich mir die letzten Jahrhunderte, die mir noch blieben, so angenehm wir möglich zu gestalten. Lars war eine willkommene Abwechslung und der Job in der Werbeagentur ein kleiner Zeitvertreib. Doch es schien das das Schicksal noch einiges auf Lager hatte.

Mutter drehte sich zu mir um und deutete zum Tisch, dass ich mich setzen sollte. Wie immer wusste sie, wer in ihre Küche kam und sofort atmete sie laut ein, als lautes Gepolter über unseren Köpfen zu hören war.
»Wann lernt der Bursche, mal pünktlich aufzustehen. Das ist ja nicht zu fassen!«, murmelte sie und ich zog meine Augenbrauen zusammen. Dieser Schritt, den ich nun vernahm, kannte ich. Sehr gut sogar und mein Herz hüpfte mir bis zum Hals. Am liebsten wäre ich losgerannt.
»OMA! Wo ist mein Matheheft?« Matheheft? Stellte ich mir die Frage. Seit wann ging ein fast 600 jähriger Drache noch in die Schule? Okay an unsere Lebensspanne gemessen, war er noch ein Jüngling, zu vergleichen mit einem Teenager, aber dennoch. Er lebte bereits sechs mal länger als ein normaler Mensch.
»OMA?«
»Woher soll ich das wissen? Wie oft soll ich dir noch sagen, dass du auf dein Zeug aufpassen sollst!« Sie rieb sich die Augen und ich nahm die Schwingungen auf, die von dem jungen Drachen zu mir kamen. Er war glücklich und doch nagte an ihm die Ungewissheit, was mit Corin und Gelbot passiert war. Er konnte es nicht glauben, dass seine geliebten Geschwister des Hochverrats angeklagt wurden und ich schloss meine Augen. Ich spürte, dass sie zu brennen anfingen. Wie sollte ich es ihm erklären? Wie sollte man es seinem eigenen Sohn erklären, dass die Geschwister brutal hingerichtet worden waren. Wie? Wie verdammt und auch noch wegen Hochverrat. Das bedeutete soviel, als ob sie mich verrieten und es angeordnet hatte. Ich ballte die Hände zu Fäusten und musste hart schlucken. Mutter hatte sich zu mir umgedreht und ich spürte ihre warmen Hände auf die meinen.
»Er wird sich freuen. Du warst schon immer sein Held.« Unbeholfen nickte ich den Kopf. Warum ich nun weinte, konnte ich ihr nicht sagen. Noch nicht.
»Oh wir haben einen Gast!« Wie in Zeitlupe oder kam es mir so vor, drehte ich meinen Kopf in seine Richtung. »Guten Mor ... gen!« Er wurde immer leiser und starrte mich sprachlos an. Noch langsamer als zuvor stand ich vom Stuhl auf und ich wusste nicht, ob ich sprach oder es mir dachte.
»Guten Morgen Nerm!«
»Papa!« Formten seine Lippen diese Worte, aber es kam kein Ton raus. Nerm ließ seinen Rucksack fallen und stürmte auf mich zu. Heftig war seine Umarmung und seine Schwingungen brachen über mich ein. Glück, Freude, Hoffnung und noch vieles mehr empfand ich in nur einer Sekunde.
»Wo warst du? Ich dachte, du bist tot.« Langsam hob ich meine Hand und strich ihm über den Kopf.
»Nein! Ich war krank. Sehr krank.« Fest hielt ich ihn an mich gedrückt und konnte es kaum fassen, wie überglücklich ich war, endlich nach so langer zeit, hielt ich meinen jüngsten Sohn an mich gedrückt und war froh darüber, mich wieder in der Nähe eines Drachen aufhalten zu können, ohne diese schrecklichen Schmerzen erleiden zu müssen.

Die Welt schien stillzustehen. Im Moment gab es nur mich und Nerm.

Noch leicht vom Glück betrunken setzte ich mich hin und Nerm mir gegenüber. Keiner konnte das sagen, an was er gerade dachte. Wir blickten uns nur in die Augen.
Erst als Mutter uns das Frühstück vor die Nase stellte, zerbrach der ruhige Moment und Nerm konnte sich nicht mehr zurückhalten.
Viele Fragen strudelten über mich ein. Doch ich schüttelte nur den Kopf. Irgendwann hörte er auf und nickte verständnisvoll mit der Aussage. »Ich weiß, du bist der König und meine Fragen, die ich habe, kannst oder darfst du nicht beantworten.«
»Ja das stimmt. Aber irgendwann wirst du es verstehen.« Er atmete tief ein. »Sag mal Nerm, wie ist es dir ergangen? Ich sehe, du gehst in die Schule!« Nun lächelte er.
»Weißt du Papa, ich habe zwar sehr viel Wissen, aber es bringt mir nichts, wenn ich keinen Abschluss oder einen Nachweis dessen aufweisen kann. Deswegen gehe ich in die Schule um der Bürokratie der Menschen gerecht zu werden.«
»Verstehe!« Warum sollte es denn bei ihm auch anders sein. Ich musste ebenfalls die Schulbank drücken um einen Abschluss in der Tasche zu haben, sonst hätte ich nie in dieser Werbefirma anfangen können.
In jeglicher Hinsicht war das immer ein Kampf gewesen. Okay ich hatte mir im Laufe der Zeit sehr viel technisches Wissen zugelegt, somit war es auch ein Leichtes für mich, mich in das Zentralnetzwerk zu hacken und meine Daten zu löschen. Selem Sokem gab es nicht mehr. Alle Spuren, die auf meine Existenz hinwiesen, hatte ich ausradiert.
Plötzlich stand Nerm auf, schnappte sich sein Rucksack und gab meiner Mutter einen leichten Kuss auf die Wange. Zu meinem Vater sagte er nur ›bye‹ und dann drehte er sich zu mir um. Etwas verlegen strich er sich durch seine schwarzen Haare und mir viel auf, dass seine weiße Strähne nicht mehr vorhanden war. Doch der Ansatz verriet es mir, dass er sich die Haare gefärbt hatte.
»Sehe ich dich nach der Schule?«
Eigentlich wollte ich bald los, doch sein flehender Blick ließ mich erweichen. So brachte ich nur ein Nicken zustande. Er strahlte auf, drehte sich um und knallte gegen Lars, der gähnend durch die Tür kam.
Eine kurze Entschuldigung und ich hörte nur noch, wie die Tür ging. Ich stand auf, trat an das Fenster, blickte Nerm hinterher und als er im Bus saß, er mich sah, hob er seine Hand. Ich selbst hob meine Hand.
»Er hat dich schon immer so geliebt.«
»Ja ich weiß.«
»Wer war der Junge?«, fragte Lars. Etwas unbeholfen stand er in der Küche.
»Dein Sohn Nerm«, sagte ich nur. Mein Vater und Lars verschluckten sich gleichzeitig an ihrer Spuke und husteten um die Wette.
»Verarsch mich nicht!«
»Tu ich nicht. Narla hat dir ihren Segen gegeben. Sie hat alles was ihr lieb und teuer war in deinen Händen gelegt. Mich und unsere Kinder. Die nun die deine sind.«
»Du meinst das ernst?!« Langsam drehte ich mich zu ihm um. Lars saß bereits am Tisch und nahm die Tasse Kaffee, die ihm meine Mutter reichte dankend entgegen.
»Lars! Ich bin dabei meinen Stand wieder einzufordern, da sind Scherze fehl am Platz. Du bist nicht nur mein Gefährte. Du bist der Gefährte des Drachenkönigs. Die zweitmächtigste Person.« Ein kurzer Blick genügte und ich sah, wie mein Vater zu Boden blickte. Er hatte die Situation erkannt. »Du kannst sogar meinen Eltern Befehle erteilen. Sie sind dazu verpflichtet sie dir zu erfüllen.« Noch bevor ich es ausgesprochen hatte, knieten meine Eltern vor Lars.
»Das wäre dann doch zuviel!«, meinte er, doch ich zeigte in ihre Richtung. Lars drehte seinen Kopf und erschrak. »Hast du es ihnen befohlen, deinen eigenen Eltern!«
»Nein! Sie folgen dem alten Gesetz und erweisen dir ihre Ehre. - Ich habe ihnen befohlen, das sie mich weiterhin als ihren Sohn ansehen und nehmen sollen. Sollten sie sich noch einmal vor mich hinknien, würde ich ihnen in den Hintern treten.«

Kapitel 23

Sekundenlang starrte Lars zu meinen Eltern, die immer noch vor ihm knieten.
»Sag ihnen, dass sie aufstehen sollen!«, stotterte er und ich schmunzelte etwas in mich hinein. Ein sprachloser Lars, das musste ich mir erst einmal auf der Zunge zergehen lassen.
»Warum? Wenn ich es tue, dann untergrabe ich deine Autorität und beleidige damit ihre Ehre, die sie dir entgegenbringen.«
»Selem aber ...«
»Sag halt einfach, ›erhebt euch‹.« Lars sagte es und beide standen wieder auf. Mutter schmunzelte ihn an, trat auf ihn zu und wuschelte ihm mit den Worten, ›das wird schon‹ über den Kopf.
»Na toll, noch einer der sich darin nicht auskennt!«, murrte mein Vater und nun war Lars komplett sprachlos.

Lars stocherte gedankenverloren in seinem Frühstück und ich atmete tief ein. Dennoch war mir seine Situation nicht gänzlich unbekannt. Wie unbeholfen war ich? Von einer Sekunde auf die Nächste war ich König. Sicherlich wusste ich ungefähr ein halbes Jahr vorher, dass ich ausgewählt war und doch, so schien es mir, das es urplötzlich kam. Immer dachte ich, dass die Ahnen einen anderen wählten und nicht mich.
»Was hatte Samu damit gemeint? Noch einer der sich nicht auskennt!«
»Er hatte mich damit gemeint!«
»Dich?«
»Ja! Oder meinst du, ich bin schon von Geburt an König.«
»Tzz, Selem war der schlechteste König, der mir je über den Weg gelaufen ist! Bei jedem Ding hat er seine eigene Autorität untergraben und seine Untergebenen zur Verzweiflung gebracht«, stänkerte Samu.
»Was willst du von mir, du alter Knacker? Ich war erst 500 Jahre, als ich ausgewählt wurde. Jünger wie Nerm jetzt.«
»Das hat damit nichts zu tun. Fakt ist, dass dir das ganze Wissen geschenkt wurde und du es nicht zu handhaben gewusst hast. Noch heute nicht, so wie man es sieht. Du grünschnabeliger Möchtegern König.«
»Ist das nicht eigentlich eine Beleidigung?«, fragte Lars und mein Vater blickte ihn streng an.
»Ja das ist es, aber warum soll ich vor meinem eigenen Sohn die Klappe halten, wenn er das braucht um wieder auf den Boden zurückzukommen. Lars ich liebe meinen Sohn über alles und ich weiß, wie schwer es für ihn ist. Deswegen will ich ihm auf diese Art und Weiße zeigen, dass sein Leben nicht nur aus Regieren besteht. Und es wäre wirklich schön, wenn du es genauso weiter handhaben würdest. Selem braucht diese Nähe.«
»Jetzt wirst du aber sentimental. Die Senilität scheint dir nicht zu bekommen.«
»Wen nennst du hier senil? Du Grünfurz ...«

Plötzlich sprudelten starke Schwingungen über mich ein, dass ich kaum noch Luft bekam. Doch der Schmerz, der in meinem Inneren brodelte, verhinderte, dass ich herausfinden konnte, wer es war. Mein Drache tobte. Er wollte ausbrechen. Wahrscheinlich schrie ich sogar, denn ich spürte Lars Hand auf meiner Schulter, die mich schüttelte. Ich krachte zu Boden und hielt mich am Herzen fest.
Die Erinnerungen an dem Tag des großen Brandes brachen über mich herein und Lars war mittendrin. Er sah durch meine Augen, spürte meinen Zorn über die Menschen, fühlte meine Angst und Wut, die in mir geherrscht hatten.
»Verrat!«, sagte Lars an meiner statt und meine Eltern blickten geschockt zu mir. Ich krümmte mich immer noch und versuchte den Drachen einhalt zu gebieten. Nicht hier! Dachte ich immer wieder und doch hatte ich das Gefühl, als ob ich mich im Kreis drehte. Die Namen loderten in meinem innern auf.
»Taterum, Berum, Sam, Moura, Seki, Zeshmik.« Und wie in Trance wiederholte Lars die Namen.
Die Schwingungen wurden schwächer und ich konnte mich wieder aufrichten. Einen kurzen Augenblick später, klingelte es. Erschrocken stand mein Vater auf und starrte mich an.
»Was hat das zu bedeuten?«
»Wirst du gleich erfahren.«
»Es ist Berum!«, flüsterte meine Mutter und fasste sich an den Mund. Anhand was eben passiert war, brauchte sie nur eins und eins zusammenzählen. »Berum ist ein Verräter ...?« Fassungslos stand sie da.
»Lass ihn rein!«
»Das werde ich nicht, wenn er ...!«
»Das eben, war keine Bitte.« Ich sah, wie sie schluckte und nickte.
»Wie Ihr wünscht mein König.« Vollständig richtete sie sich auf und mit dem Stolz eines Drachens schritt sie an mir vorbei. In Gedanken entschuldigte ich mich bei ihr, doch wenn es nötig war, musste ich selbst gegenüber meinen Eltern als König handeln. Auch wenn ich es nicht wollte.
Als Mutter die Haustür öffnete, zerrte ich Lars mit mir hinter die Küchentür und gleich drauf stürmte Berum rein.
»Ihr müsst verschwinden! Sofort. Herrscher Zeshmik hat ein Haftbefehl auf euch ausgesetzt.«
»Warum?« Polterte mein Vater gleich los.
»Wegen Hochverrat.«
»Das ist doch ein Witz, oder?«
»Bitte! Ihr müsst verschwinden, die Wächter werden nicht mehr lange auf sich warten. Berry versucht sie bereits aufzuhalten. Schnell! Wo ist Nerm?« Dann drehte sich Berum in unsere Richtung.
»Ein Mensch ist hier ...!« Ich drückte die Tür von mir weg und Berums Augen wurden riesengroß.
»Nicht nur ein Mensch. Hallo Berum, so sehen wir uns wieder.« Süffisant lächelte ich ihn an. Ihm stockte der Atem und sank auf die Knie. Sofort holte ich aus und trat ihm ins Gesicht.
»Lass die Heuchelei!« Geschockt und verängstigt hob er die Arme.
»Es tut mir leid. Bitte verzeiht mir!«
»Warum sollte ich das? Sag mir einen Grund, warum ich dir verzeihen soll!«
»Ich helfe Eurer Familie zu fliehen und schütze sie vor Zeshmik.«
»Warum solltest du das tun? Aus welchem Grund willst du meine Familie schützen? Du hast mich verraten und somit mein Volk und meine Familie.«
»Es tut mir so unendlich leid. Bitte ...«
»Ich soll dir also verzeihen!« In seinen Augen loderte die pure Angst.
»Bitte Gnade. Ich will nicht so Enden wie Taterum, Sam und Moura.«
»So, wie haben sie denn geendet?«
»Ihr wisst es. Ihr habt sie getötet.«
»Ich habe sie getötet? Das ist mir neu. Ist es nicht so, dass euer geschätzter Herrscher Zeshmik sie aus dem Weg geräumt hat, weil sie nicht mehr von nutzen waren. Taterum ist dem Wahn verfallen, Sam hat ihre Fruchtbarkeit und Schönheit verloren und Moura das Fliegen. Alle drei wurden von mir noch ins Exil verbannt, aber getötet habe ich sie nicht. Berum so viel Gnade um euch Verrätern einen schnellen Tod zu gewähren, besitze ich nicht. Nun bevor ich dich bestrafe, erlaube ich dir zu antworten. Was hast du mit Berry dem Vampir zu tun?«
»Er ist mein Gefährte!« Bitte was? Das auch noch. Wenn ich nun Berum bestrafe, würde Berry es mir sehr übel nehmen und sich Zeshmik zuwenden. Das konnte ich nicht riskieren.
»Was plant Zeshmik mit meiner Familie zu tun?«
»Er will sie hinrichten lassen um Euch zur Gesinnung zu bekommen.«
»So! Wird nicht funktionieren!« Berum starrte mich ungläubig an. »Berum! Ich hätte nicht gedacht, dass du so wenig über die Geschichte der Drachen bescheid weißt. Der Drachenkönig steht über jeden und allem. Meinst du wirklich, dass sich das geändert hat.« Seine Angst fing an ihn zu zerfressen. »So nun zur letzten Frage. Wem gehört deine Loyalität?«
»Euch mein ...« Wieder stieß ich ihm mein Fuß in sein Gesicht.
»Nenn mich nicht mein König. Verrätern ist es nicht gestattet mich so zu nennen.«
»Bitte! Ich kann nicht mehr. Seit ... seit ... lebe ich in ständiger Angst. Es war ein Fehler Zeshmik gehör zu schenken. Bitte Ihr müsst es mir glauben. Bitte ich flehe Euch an.«
»Genug mit deinem Geschwätz. Höre deine Strafe. Ich Selem der Schwarze, der König der Drachen verurteile dich zur absoluten Loyalität und Wahrheit deinem König gegenüber. Nie wieder wirst du in Versuchung kommen um deine Loyalität infrage stellen zu können. Dies ist mein Wille!« Kurz berührte ich seine Schläfe und die Stelle verfärbte sich sofort schwarz.
Mein Vater zog scharf die Luft ein und starrte mich geschockt an.
»Das ist das Mal des Zwanges. Du hast ihm den freien Willen geraubt.«
»Schweig!«, zischte ich meinen Vater an, ohne ihn anzusehen. Die Bestrafung war noch nicht vorbei, dachte ich. Doch dann durchfuhr mich eine innerliche Wärme und mein Drache jubelte. Wieder hatte ich ein Stückchen mehr zurückbekommen. Lars und meine Eltern starrten mich an. Ich hatte die Erhabenheit eines Königs zurück. »Steh auf Berum der Braune!« Sofort tat er es und wich meinem Blick aus. »Ich gestehe, ich hatte mit mir selbst zu kämpfen, doch das magische Gesetz verlangt eine Strafe. Du kannst von Glück reden, das es meine Strafe für dich akzeptiert hat. Sonst wärst du nicht so glimpflich davongekommen.«
»Glimpflich? Das nennst du glimpflich! Du hast ihm den Willen genommen. Er wird nie wieder etwas ...!« Ich drehte mich zu meinem Vater um und er hielt sofort inne.
»Entschuldigung mein König, ich wollte nicht anmaßend sein.«
»Bist du nicht und ja es war glimpflich. Eigentlich wollte ich ihm seine Magie nehmen. Doch Berum schien wirklich zu bereuen.« Wie betreten stand Berum in der Küche und blickte zu Boden. »Hast du noch etwas zu sagen, Berum?« Er nickte. »Sprich!«
»Es sind nicht nur Wächter hier her unterwegs. Es wurden auch welche entsandt um Prinz Nerm in Gewahrsam zu nehmen.« Ich fasste es nicht. Zeshmik schlug mit allen Mittel, die ihm zur Verfügung standen zu.
»Verstehe. Berum höre mein Befehl!« Sofort kniete er sich vor mich hin.
»Mein König!«
»Lebe dein Leben so weiter wie bisher. Doch du wirst nun meine Augen und Ohren sein. Spioniere Zeshmik aus und unterrichte mich über jede Bewegung, die er tätigt. Als Mittelmann nutzt du Berry den Vampir.« Ein Zittern durchfuhr ihm. Ich konnte mir vorstellen, dass er sich Sorgen um Berry machte, doch den Zwang den ich ihm auferlegt hatte, verbot es ihm nun endgültig mir zu wiedersprechen.
»Wie Ihr befiehlt mein König.«
Berum ging und ich half meinen Eltern notdürftig zu Packen.
»Was um Himmels willen ist nur geschehen? Es sieht ja so aus, dass du dich mit Zeshmik zoffst. Obwohl das hattet ihr öfters getan.«
»Wenn es nur zoffen wäre, wäre die Sache nur eine Lappalie. Vater, Zeshmik hatte versucht, mich zu töten. Er nutzte die verbotene Magie. Er hatte nicht nur mich verraten, sondern Mutter Erde ebenfalls. Er hatte den Thron unerlaubter weise an sich gerissen und nun will er mich durch euch dazu bringen, ihn als nächsten König zu krönen. Das kann ich nicht dulden und muss deswegen ein Exempel statuieren. Doch meine Hände sind gebunden. Den Fluch, den er auf mich gelegt hatte, hat noch seine Wirkung.«
»Das darf nicht wahr sein! Zeshmik? Aber um einen verbotenen Fluch zu sprechen, werden mehrere benötigt.« Ich nickte. »Sag mir nicht, das Berum mit involviert war!«
»Ja!«
»Deswegen hast du ihn bestraft.«
»Ja!«
»Die Strafe, die du ihm auferlegt hast, ist eindeutig zu mild.«
»Nein, sie ist angemessen.«
»Du bist zu weich.«
»Ach jetzt auf einmal.«
Doch die Zeit drängte und wir schauten uns nur an. Mit einem Nicken hievte er sich einen Rucksack über die Schulter und schnappte den Koffer, den ich eben zugedrückt hatte. Mit einer Handbewegung deutete er mir, dass ich Mutter helfen sollte und ich tat es auch. In diesem Moment waren wir eine Familie. Meine Eltern waren meine Eltern und ich ihr Sohn. Nichts war vor der vorherigen Situation zu spüren und ich war glücklich darüber. Wäre schlimm, wenn ich meinen eigenen Eltern jeden Handgriff befehligen müsste.


Vor der Tür stellten wir die Koffer ab. Lars schwitzte und fluchte vor sich hin. Ich drehte mich zu meinen Eltern.
»Ihr kennt den Platz?«, fragte ich und beide nickten. »Gut wir treffen uns in einer Stunde dort.«
»Ähm Selem, mit dem Auto sind das einige Tage fahrt!«
»Warum Auto? Ihr fliegt ...!«
»Können wir nicht!«
»Warum nicht?«
»Wir haben keine Lizenz und ...«
»Ihr wollt mir doch jetzt echt nicht weismachen, dass ihr die Regeln des Nichtfliegens befolgt?!« Nun standen sie da wie betreten und ich atmete tief ein.
»Wir können uns nicht verwandeln.«
»Warum dass denn? Ich sehe kein ID-Ring an euch!«
»Den haben wir auch nicht. Wir haben einen Chip. Den Ring bekommen die Kriminellen oder die Rebellen.« Chip? Und mir fielen die Schuppen von den Augen.
»Ihr habt die Lizenz fürs Fliegen nicht beantragt.«
»Nein haben wir nicht. Warum auch? Das Leben ist so ziemlich komfortable und ... Ich mein, was die Menschen so erfunden haben ...« Hilfesuchend hob ich meine Hände gen Himmel.
»Ich fass es nicht!«
»Wir dachten, es ist auf deinen Mist gewachsen!«
»So echt?! Kam es euch überhaupt nicht Spanisch vor? Die ganzen Gesetze, die Regeln, sämtliche Verbote für Drachen. So etwas kann überhaupt nicht von mir stammen. Ich ... ich ... trage die Weisheit von allen Drachenkönige, von den Ahnen und die Geheimnisse von der großen Mutter in mir. Solche Gesetzte die Zeshmik erlassen hatte, sind die eines Diktators! Kam es euch nie in den Sinn, dass daran etwas falsch sein könnte?«
»Selem beruhige dich!« Lars baute sich vor mir auf und schaute mir tief in die Augen. »Jetzt ist erst wichtig, dass wir hier wegkommen. Es wird nicht mehr lange dauern und die Wächter sind hier!« Samu schaute ihn fragend an und Mutter stellte die Frage.
»Wie kannst du das wissen?« Lars zuckte die Schulter.
»Ich weiß es nicht, aber er. Ich sehe es, wie sie immer näher kommen.«
»Es ist echt schön, wenn du nicht ständig in meinem Gehirn rumhupfen würdest.«
»Tu ich gar nicht. Aber deine Gedanken, sprudeln nur so über mich ein, wenn du fast am Nervenzusammenbruch stehst. Ich weiß gar nicht, was jetzt ist oder was war. Sind deine Gedanken immer so wirr? Kein Wunder, das du immer so unbeholfen bist.«

Lars hatte recht, meinen Eltern nun Vorwürfe zu machen, war in der Situation unangebracht. Doch auch wie ich es drehte und wendete, ich kam immer auf das Gleiche raus. Zu Fuß ging nicht, mit dem Auto auch nicht, wir mussten uns verwandeln um schnellstmöglich von hier wegzukommen, doch wie? Die Chips, die entworfen wurden, waren alle registriert und jegliche Ungereimtheit, würde sofort den Alarm auslösen. Zeshmik! Das war reife Leistung, die du erbracht hattest. Vorzugeben, die Drachen seien frei und doch wurde jegliche Anwendung von Magie aufgezeichnet. Eine Lizenz wurde benötigt um fliegen zu dürfen, doch diese wurden nur wenige zuteil und ich glaubte kaum, dass meine Eltern welche von den wenigen waren. Zumal, wenn man die Lizenz hatte, war man automatisch Anwärter zu den alljährlichen Drachenkämpfen und somit auch einem Reiter untergeordnet. Gläserner Mensch! Nun in diesem Fall, wohl eher gläserner Drache.

Mein Vater fuhr vor und wir luden die Koffer ein. Ich drehte mich in die Richtung, in der die Wächter flogen und schätzte die ungefähre Zeit, die wir noch hatten. Keine fünf Minuten mehr und ich betete die große Mutter an, dass sie uns nicht schon gesehen hatten.
Bis in die nächste Stadt würden wir sicher zehn Minuten brauchen und bis zur Schule auf die Nerm ging noch einmal 15 Minuten. Stadtverkehr und rote Ampeln waren stetig unangenehm, ganz besonders, wenn man keine Zeit hatte.
Kurz vorm Dorfrand drehte ich mich um und schaute aus dem Rückfenster. Ein normaler Mensch würde sie nicht mehr sehen, doch ich sah einige Gestalten, wie sie während der Landung sich in Menschen verwandelten und vor der Gaststätte meiner Eltern landeten.
Ein Dorfbewohner kam zufällig bei ihnen vorbei und meinte, das Samu heute Ruhetag hätte und er und seine Frau wohl in die Stadt gefahren seien um Vorrat zu kaufen. Wie sie es immer am Dienstag handhabten.
Ich drehte mich wieder um und schloss meine Augen. Was konnte ich tun? Ich wusste es nicht. Dass was ich im nun machen konnte, war meine Eltern und meinen jüngsten in Sicherheit bringen. Das war im Moment für mich das Wichtigste. Noch einmal den Schmerz des Verlustes zu spüren, darauf konnte ich gerne verzichten. Zwei meiner Kinder waren tot. Ich musste mich auf meine anderen konzentrieren, damit sie Zeshmik nicht in die Hände fielen.

Vater parkte auf dem Schulparkplatz und ich stieg aus. Mutter hatte mir erklärt, wo sich sein Klassenzimmer befand und ich rannte los. Noch sah ich keine Wächter, doch wusste ich auch, dass sie sich höchstwahrscheinlich aufgeteilt hatten und ein Teil wohl hier her unterwegs war. Zeshmiks Taktik, die er immer gerne im Krieg angewandt hatte. Beim Zuschlagen, überall zuschlagen, damit der Feind keine Fluchtmöglichkeit mehr sah.
Nun stellte sich mir aber die Frage, ob er nur hinter meinen Eltern und Nerm her war oder hinter Zelm und Terem ebenfalls. Zelm war wohl noch etwas aus dem Schneider. Sie war mit Remmert dem Gefängniswärter der Auffangstation verheiratet und somit offiziell auf ›Zeshmiks Seite‹. Aber wie es immer so war, wusste Zeshmik bestimmt über die sogenannte Auffangstation bescheid, die im geheimen ein Rebellenlager war. So oder so, es war nur eine Frage der Zeit und mein mulmiges Gefühl wurde immer drückender.

Ohne anzuklopfen, stürmte ich in das Zimmer und viele Augenpaare schauten mich erschrocken an.
»Nerm pack deine Sachen zusammen und komm mit!«, befahl ich ihm in der alten Sprache und wie in Zeitlupe schüttelte er den Kopf.
»Das war keine Bitte!« Dann nickte Nerm mit den Worten. Ja mein König und ich hasste es, ihn so dazu zubringen dass er mir gehorchte.
»Was geht hier vor?«, fragte der Lehrer erbost.
»Bitte entschuldigen Sie, aber ich muss gehen. Ein Cousin des fünften Grades hatte einen Unfall und liegt im Krankenhaus.« Hä? Wie kam Nerm darauf?
»Drachen! Ihr mit eurer Vetternwirtschaft.« Nerm lächelte den Lehrer entschuldigend an. Langsam verstand ich es. Der Lehrer hatte wohl nicht gerade viel für Drachen übrig. Na ja würde ich wohl auch so reagieren, wenn ich ein Schüler in der Klasse sitzen hätte, der das Wissen von über sechs Generrationen beherbergte und mich bei jeder Gelegenheit verbesserte. So schätzte ich Nerm ein, dass er dies tat.

Vor der Klassentür packte er mich am Arm und drehte mich zu sich um.
»Was ist los?«
»Erkläre ich dir später. Oma und Opa warten im Auto. Komm, wir haben keine Zeit zu verlieren.«
Ohne ein weiteres Wort folgte Nerm mir, doch kaum waren wir vor der Schultür, sah ich, dass das Auto umringt war, Lars und meine Eltern auf den Asphalt gedrückt wurden.
»Scheiße!« Durchfuhr es mich und Nerms Augen wurden angsterfüllt. Ich legte meine Hand auf seine Schulter und spürte, dass er zitterte.
»Oma, Opa!«, flüsterte er und sein Zittern verstärkte sich. Auch spürte ich wie Magie in ihm erwachte und ich drückte in seine Schulter.
»Lass es. Du kannst dich hier nicht verwandeln. Es sind zu viele Gebäude!«
»Prinz Nerm, Sohn vom König der Drachen Selem der Schwarze, auf Geheiß vom Herrscher Zeshmik, werdet Ihr wegen Hochverrat in Gewahrsam genommen!«
»Hochverrat? Das ich nicht lache!«, mischte ich mich ein. »An wen?«
»An unserem König, Selem der Schwarze und unseren Volkes.«
»Ach ja? Und was wird den beiden und dem Menschen vorgeworfen?«
»Ebenfalls Hochverrat. Die Familie des Königs steht im Verdacht mit den Rebellen gemeinsame Sache zu machen. Und wer bist du?« Ich trat einen Schritt vor.
»Ich bin Hauptmann der Leibgarde des Königs Selem der Schwarze, auf sein Geheiß hin, beschütze ich die Familie bis zu seiner Rückkehr. Der Befehl des Drachenkönigs steht über dem des Herrschers Zeshmik. Gebt die Eltern unseres Königs frei und ich werde euch nicht töten.«
»Wie ist dein Name Hauptmann?« Kaum hatte er die Frage gestellt, so wurde er von einem seiner Männer angesprochen.
»Das ist nicht der Hauptmann der Leibgarde, das ist ... das ist ... Große Mutter Erde!« Er kniete sich hin und senkte sein Haupt. »Mein König!«
»Bist du dir sicher?«
»Natürlich ist er sich sicher. Lange nicht gesehen. Kerem.«
»Ja mein König.«
»Gebt meine Eltern und Lars der Gefährte des Drachenkönigs sofort frei. Mir ist nichts bekannt, das sie an mir und meinem Volk Hochverrat begangen haben. Weigert ihr euch, so werde ich Ankläger, Richter und Henker zugleich sein.« Ich hoffte, dass es funktionierte. Denn so wie es aussah, gab es selbst in Zeshmiks Reihen welche die mir loyal ergeben waren.

 

Kapiel 24

 

Langsam fiel die Anspannung von mir und ich atmete tief ein. Kerem stand auf und wollte die Handschellen von Lars und meinen Eltern lösen, als jemand von hinten noch vorne schrie.
»Lasst euch nicht beirren. Herrscher Zeshmik hat dies erwähnt, das einer rumläuft und sich als unser König ausgibt. Er ist ein Heuchler und Verräter.«
»Gerog, das ist Selem. Ich erkenne doch meinen einstigen Freund wieder und du solltest ihn auch erkennen. Immerhin hat er dir, als wir noch Kinder waren immer aus der Patsche geholfen.« Doch Gerog schüttelte unentwegt den Kopf. »Mensch sei nicht so engstirnig.«
»Das ist nicht Selem. Selem starb beim großen Brand. Das ist doch jedem bekannt. Der hier ist nur ein Nachahmer um unseren geschätzten Herrscher Zeshmik vom Thron zu drängen. Warum wohl hat Selem Zeshmik die Aufgabe übertragen den Thron zu bewahren, bis ein neuer König erscheint.« Das war ja wieder typisch und ich rieb mir ungläubig die Augen.
»Gerog, hast du nicht aufgepasst, als die Uralten uns unterrichtet hatten. Ein neuer König erscheint nicht. Ein König bleibt solange König bis er selbst dazu geneigt ist abzudanken und am Tag seiner Abdankung, bekommt der neue von den Ahnen auserwählte König vom alten König die uralte Magie übertragen. Meine Güte Gerog du hast dich absolut nicht geändert. Lässt dich immer noch von jedem beeinflussen?« Nun stockte er und auch er schien mich wiederzuerkennen. Obwohl ich dachte, dass ich mich nicht so arg verändert hatte. Immerhin waren 300 Jahre, wie ein halbes Jahr, wenn nicht weniger.
»Das ist nicht wahr? Selem? Ich mein, mein König. Ihr seit zurück? Oh große Mutter, sei gelobt!«
»Ja Gerog ich bin wieder zurück!« Ich sah, wie Tränen in seine Augen stiegen und er nicht auf die Knie sank, sondern auf mich zu und mich in seine Arme schloss.
»Bitte verzeiht meine Unverfrorenheit, aber ich bin so überglücklich das du, Ihr wieder da seit. Selem, wo warst du die ganze Zeit? Jeder denkt, dass du tot bist. Ich konnte es nicht fassen, als Herrscher Zeshmik mit dem Befehl daherkam, deine Familie zu verhaften und Ausschau nach einem Nachahmer zu halten. Ich konnte das alles nicht glauben. Corin, Gelboth, Verräter? ... ich mein, warum ich ... ich ... wir...«
Weiter kam er nicht. Plötzlich zuckte er auf und sackte in meinen Armen zusammen. Wie in Zeitlupe bekam ich mit, dass ein Sperrfeuer auf die Gruppe der Wächter niederging. Vater sich über Lars stürzte, Mutter aufschrie und ich mich automatisch über meinen Sohn beugte.
Zehn, zwanzig Patronen wenn nicht mehr, trafen mich. Ich spukte Blut. Nerm wollte sich unter mir herauswinden, doch ich hielt ihn fest.
»Selem!«, keuchte mein Vater auf. »Selem ... Lars ... nimm Lars und Nerm, flieh!«
Nur Mama und Papa, ging es durch meine Gedanken. Ich konnte nicht mehr denken. In meinem Mund sammelte sich das Blut und ich musste Husten. Schwindlig wurde es mir und doch hörte ich immer wieder die Stimme meines Vaters.
»Flieh! Du musst fliehen!«
Eine minimale Pause entstand zwischen dem Dauerbeschuss, die ich nutzte und schnappte Nerm. Danach rannte ich zu Lars, der unter meinem Vater begraben war. Als Papa sah, dass ich auf ihn zukam, hievte er sich mit letzter Kraft hoch, dass ich Lars unter ihm hervorziehen konnte.
»Flieh mein Sohn. Wir lieben dich ...!« Kurz schaute er zu Mama, die regungslos dalag und schloss seine Augen.
Tränen gemischt mit Blut liefen mir im Gesicht runter und während ich mich verwandelte, ließ ich ein ohrenbetäubendes Gebrüll los. Lars und Nerm die auf meiner Klaue saßen, mussten sich die Ohren zuhalten. Lars zitterte. Er fühlte meine Trauer. Meine ganzen Emotionen wurden buchstäblich in ihm hineingejagt.
Plötzlich und ohne meines zutun verdunkelte sich der Himmel. Die Temperaturen vielen bis zu den Nullgraden ab. Blitze und Hagel trommelten auf die Straßen. Die Bäume beugten sich in den Böen. Strommasten und Ampeln zerbrachen auseinander. Einige Dächer wurden von den Häusern abgetrennt und ich flog zu den Attentätern.
Während ich auf sie zuflog, rief ich die Mutter Natur an. Flüsterte Formeln der alten Magie und erflehte den Gebrauch für die dunkle Charisma an.
Über den Attentäter formte sich die Wolkendecke zu einem Strudel.
Noch bevor einer ›Feuer‹ schreien konnte, spaltete sich der Strudel und ging auf die Attentäter nieder. Ungläubig starrten sie hoch und dann zu mir. Mit dem immer werdenenden auflösenden Strudel verschwanden sie mitsamt ihren Reitern.
Ich wandte meinen Blick nicht von den sterbenden Drachen und Menschen ab, fühlte nichts in meinem Herzen, auch die Schusswunden spürte ich nicht. Ich war gefangen in der dunklen Charisma. Erst als sich die Wolkendecke wieder lichtete und die Sonne ihre warmen Strahlen auf meine Schuppen spendete, erwachte ich.
Viel Blut hatte ich verloren, genauso an Kraft und doch wusste ich instinktiv, das ich hier verschwinden musste. Dass ich, was ich in meinen Klauen hielt, dessen Verlust ich nicht verkraften würde. Es würde mich komplett zerstören und es würde wieder ein dunkles Zeitalter der Drachen anbrechen, sollte ich dem verfallen.

Ich stieg höher, der Sonne entgegen und schlug die Richtung zu meinem Heimatort ein. Während ich flog, hörte ich, wie Nerm schluchzte und Lars versuchte ihn zu beruhigen. Hass trieb mich an. Hass auf Zeshmik, der sich einst mein Freund nannte. Hass gab mir Kraft, verhinderte, dass ich die Schusswunden spürte, dass ich weinte, dass ich rational Denken konnte.
Meine Eltern waren tot. Mein Halt und meine Normalität, wenn ich mal nicht mehr ein und aus gewusst hatte, ausradiert. Keine 24 Stunden durfte ich mit ihnen mehr verbringen und wie oft hatte ich mich in den letzten 300 Jahren nach ihnen gesehnt. Gesehnt, bei ihnen einen Rat einzuholen, was ich machen konnte und wie ich diese Demütigung übstehen konnte, dass ich sie in die Arme nehmen konnte oder mich einfach so geben wie ich war. Einfach mal nicht König sein und ich hob meinen wuchtigen Kopf. Ließ ein Brüllen los und kündigte hiermit Zeshmik den Kampf an.
»Du bist zu weit gegangen. Zeshmik der Rote. Ich werde dich für deine Verbrechen bestrafen. Hier und jetzt verkünde ich, Selem der Schwarze der König der Drachen, dass du des Hochverrates an deinem König angeklagt bist. Komm heraus aus deinem Loch und stelle dich mir. Seki die Gelbe dir gebe ich die Chance dich mir freiwillig zu stellen und deine Strafe wird mild ausfallen. Dies ist mein Befehl. Erhört ihn und gehorcht« wieder brülle ich und die Schallwellen wurden durch die Luft in allen Windrichtungen verstreut. Jeder Drache auf der ganzen Welt würde nun den Befehl in seinem Innern spüren.
»Was war das?«, fragte Lars, der geschockt vor sich hinstarrte. »Was waren das für Wellen?«
»Der König hat einen magischen Befehl erteilt. Jeder Drache hat ihn gehört und wer damit gemeint war, ist gezwungen ihm zu folgen.«
»Wie?«
»Vater ist nicht nur der König der Drachen, sondern steht über jeden und alles. Er kann jedem magischen Geschöpf Befehle erteilen. Alle sind gezwungen zu gehorchen, wenn er sie so erteilt wie gerade eben.«
Doch mehr bekam ich von ihrer Unterhaltung nicht mehr mit, die Anwendung von Magie hatte mich zusätzlich geschwächt. Auch spürte ich, wie ich aus den Schusswunden stark blutete. Recht viel länger würde ich nicht mehr durchhalten. Aber vor meinen Augen erstreckten sich schon die Weiden meines Heimatortes und ich steuerte darauf zu.

Kurz bevor ich das Bewusstsein verlor, sank ich zu Boden und ließ die beiden von meiner Klaue klettern. Auch sah ich noch, wie Berry auf uns zu gerannt kam und ich hieß die Dunkelheit willkommen.

Kapitel 25

Die Bewusstlosigkeit war wohl nur kurz, denn als ich die Augen öffnete, standen alle vor mir auf der Wiese und diskutierten. Nerm lief auf und ab.
»Er stirbt nicht!« Versuchte Berry, meinen Sohn zu beruhigen.
»Woher wollen Sie das wissen?«
»Eure Hoheit, Euer Vater ist aus über 1000 Meter Höhe auf die Erde gekracht und hat es überlebt. Kein normaler Drache würde das überleben. Euer Vater schon. Er wird auch die Schußverletzungen überleben. Er ist hart im Nehmen. Wir brauchen seine menschliche Gestalt, eher kann ich die Wunden nicht versorgen.« Kaum hatte Berry dies ausgesprochen, so rannte Lars auf mich zu und setzte sich vor meine Nüstern ins Gras.
»Gott sei dank!«, hört ich ihn in meine Gedanken und seine Freude sprudelte in mich. Er drehte sich zu Nerm und Berry und sagte. »Selem ist wach!«
Nun trat Berry auf mich zu.
»Na fertig mit dem Nickerchen, dann wandelt Euch. So kann ich Euch nicht verarzten, wieder einmal. Langsam wird das wirklich zur Gewohnheit.«
Ich tat es und versuchte mich aufzustemmen. Meine Arme versagen den Dienst und sofort half mir Lars hoch. Auch Nerm hackte sich unter mir ein und beide halfen mir in meine Villa, die ich seit vielen Jahrhunderten nicht mehr betreten hatte.
Berry schritt voran und führte uns in mein Schlafzimmer. Es war unverändert. Doch im Moment hatte ich keinen Blick dafür. Sie setzten mich auf einen Stuhl und halfen mir die Klamotten auszuziehen.
»Wow, also das nenn ich Schußverletzungen. Das wird eine Weile dauern, bis ich die ganze Munition draußen habe.«
»Laber nicht so viel. Ich habe nicht genügend Magie um mich selbst zu heilen, wenn ich es Mutter Natur überlasse, braucht es Tage.«
»Sie an! Ihr könnt ja wieder Sprüche klopfen! Ab ins Bett!« Lars und Nerm hievten mich hoch und frachteten mich ins Bett. Kaum das ich lag, setzte Berry eine Spritze an und ich schlief ein.

Am nächsten Morgen wachte ich wieder auf und spürte sogleich, dass die Wunden bereits fast vollständig verheilt waren. Nerm lag auf der Chaiselongue und schlief. Lars war nirgends zu sehen. Langsam stand ich auf und ging zum Kleiderschrank. Nun hoffte ich, dass ich zeitgemäße Klamotten hatte und nicht die von vor 300 Jahren. Das wäre dann nun doch etwas peinlich. Aber so wie ich Berry einschätzte, war das wohl doch Wunschdenken. Ich brauchte mich nur im Schlafzimmer umzusehen und wusste, dass er die ganze Zeit über, als er auf die Villa aufgepasste, keinen Finger daran gerührt hatte.
Ich öffnete die Schranktür und war überrascht. Da hingen doch tatsächlich Jeans, Jogginganzüge und Anzüge. Hemden, T-Shits und Pulli. Auch Unterhosen und Socken waren da.
Etwas unbeholfen, weil es hier und da noch zwinkte, zog ich mich an, lief dann zu Nerm, deckte ihn zu und ging aus dem Schlafzimmer.
Vor der Tür blieb ich stehen und sah, dass er doch an der Villa einiges verändert hatte. Ich ging die Wendeltreppe runter und ich kam aus dem Staunen nicht mehr raus. Berry hatte alles runderneuert und nach dem heutigen Stand renoviert. Nun ich brauchte wohl nicht lange überlegen, von welchem Geld er es getan hatte.
Aus einem Raum hörte ich einen Fernseher laufen und ich ging darauf zu. Schob die Tür auf und trat ein. Lars schlief auf der Couch und Berry starrte sein Handy an. Dann zu mir und wieder zum Handy. Ich konnte mir denken, was für ein Anruf er bekommen hatte und was in ihm vorging, doch ich wandte meinen Blick nicht von ihm und entschuldigen würde ich mich auch nicht.
»Ihr wisst, dass ich es gerade erfahren habe?« Ich nickte. »Ich mein, dass Berum damals dabei war, das weiß ich schon lange. - Ständig wacht er nachts auf und fleht um Gnade, aber diese Strafe ... ich weiß, dass Ihr Gerechtigkeit ausgeübt habt, aber ... ich mein, wie lange wird sie dauern.«
»Solange ich König bin!«
»Verstehe! Und es gibt nichts um Euch ...?« Ich schüttelte den Kopf.
»Nein Berry! Ich bin den magischen Gesetzten verpflichtet. Berum hat etwas gestohlen, was nicht mir gehört. Es wurde mir nur geliehen.« Langsam ging ich in das Zimmer und setzte mich zu Lars auf die Couch. Er sah total abgekämpft aus.
»Auf Berum lastet der Fluch des Zwanges. Er ist mir zum absoluten Gehorsam verpflichtet, aber wenn ein neuer König gewählt wird, endet der Fluch.«
»Das war wieder eine Entscheidung, die Euer Herz bluten lässt, oder?«
»Was willst du von mir? Sei froh, dass es nur der Zwang ist und ich ihm erlaubt habe, sein Leben weiter so zu leben, wie er es gewohnt ist. Seine Strafe hätte viel höher ausfallen müssen, nachdem er sich in der verbotenen Magie versucht hatte. Dies ist unverzeihlich.« Berry blickte mir tief in die Augen und biss sich auf die Unterlippe.
»Jetzt sollte ich wohl noch dankbar sein? Das ich Berum in einem Stück zurückbekommen habe.«
»Hüte deine Zunge Berry. Ich bin nicht gewillt mir dir darüber zu diskutieren. Fakt ist, dass er immer noch dein Gefährte ist. Denn hätte er die Strafe erhalten, die ich anfänglich für ihn für angemessen erachtet hatte, wärt ihr jetzt keine Gefährten mehr.«
»Darf ich fragen, welche es gewesen wäre?«
»Er hätte seine Magie verloren und hätte als Mensch weitergelebt, bis das das Alter ihn dahingerafft hätte.«
»Und was hat Eure Meinung geändert?«
»Du bist es gewesen. Du hast Selems Strafe abgemildert!«, sagte Lars und setzte sich gähnend auf. Fuhr sich mit den Händen kurz über sein Gesicht und gähnte noch einmal. Nun starrte Berry mich nur an.
»Ich? Wie das?«
»Selem hat, bevor er die Strafe aussprach, erfahren, das du und Berlimdings ...«
»Berum!«
»Ja, du und Berum Gefährten seit.« Seine Augen wurden groß, lief langsam auf einen Sessel zu und setzte sich hin. Nun ja ein Vampir, der sprachlos war, sah man wirklich nicht jedes Jahrtausend. »Er hat die Strafe für euch abgemildert. - bekomm ich einen Kaffee?« Ich nickte und stand auf, denn ich sah, das Berry wohl nun nicht gerade in der Verfassung war. Außerdem tat mir Bewegung gut und außerdem musste ich mich in meinem eigenen Haus zurechtfinden. Also steuerte ich die Richtung an, in der ich vermutete oder zumindest hoffte das da die Küche noch lag.
Welch ein Glück, als ich die Tür öffnete, war da wirklich die Küche und wow ... Das war keine Küche, die zeitgemäß war, sondern eine aus der nahenden Zukunft. Ich wollte nicht darüber nachdenken, was die gekostet hatte. Lars brauchte Kaffee und ich ebenfalls.
Die Maschine fand ich schnell, auch die Bedienung war einfach. Es war das gleiche Modell wie damals im Büro, in dem ich gearbeitet hatte. Rolf. Schock warum dachte ich gerade an den, aber er liebte diese Maschine und man hätte meinen können er und die Kaffeemaschine, wären verheiratet gewesen. Hatte sie mal nicht funktioniert, Rolf war sofort zur Stelle und konnte sie wieder richten.
Mit zwei Tassen bewaffnet ging ich zurück und stellte eine vor Lars hin. Dankend nahm er sie an und trank einen Schluck. Als ich zu Berry blickte, sah ich, dass er vor mir kniete.
»Was soll der scheiß?«
»Ich bitte um Verzeihung. Danke, dass Ihr so gütig seit.«
»Jetzt mach mal halblang Berry. Steh auf!«
»Ich hätte womöglich nicht so gehandelt.«
»Jedem das seine. Berum hat seine Strafe bekommen, das Gesetz war damit einverstanden und nun steh auf. Ich kann es nicht ertragen, wenn du vor mir kniest.«
»Du änderst dich aber auch nicht Schwarzer.« Na Gott sei dank, er hatte seine Schlagfertigkeit zurück. »Du warst schon immer weich!« Ich zuckte nur mit der Schulter und setzte mich wieder zu Lars auf die Couch. Gedankenverloren schlürfte er an seinem Kaffee. Erste Bartstoppeln sprießten in seinem Gesicht und seine Haare brauchten einen Schnitt. Lars sah so verrucht geil aus.
Wie als ob er meine Gedanken gelesen hätte, was er wohl getan hatte, drehte er sein Kopf in meine Richtung und grinste. Oh man, musste er mich so angrinsen. Alles, aber auch wirklich alles schoß in meine untere Region.
»Wenn du mir nun noch zeigst, wie ich dich nehmen soll, anstatt deine Geilheit zu schicken, dann kann ich für nichts garantieren«, hört ich ihn in meine Gedanken und musste schlucken.
»Schwarzer! Berum hat eine Nachricht!«, riss Berry mich in die Realität zurück.
»Und die wäre?« Scheiße meine Stimme war rau.
»Zeshmik weigert sich zu gehorchen und hat Seki ins Verlies gesteckt.« Sofort blickte ich zu Berry und stellte mir die Frage, wie er meinen magischen Befehl verweigern konnte. Langsam wurde die Sache immer schöner und ich atmete tief ein. Ich konnte es nur darauf schließen, weil ich meine komplette Magie noch nicht zurückhatte. Noch schaffte ich es nicht, die Schwingungen sichtbar zu machen und Feuer konnte ich auch noch nicht spuken. Auch klappte die sofortige Regeneration nicht. Es war zum aus der Haut fahren.
»Außerdem lässt Berum fragen, ob Ihr noch weitere Befehle für ihn habt.«
»Ja! Er soll Seki aus dem Verlies befreien, da er Zugang zu Almenien hat, sollte es kein Problem für ihn sein und sie hier her bringen. Zelm, Terem, Dalola ausfindig machen und ihnen die Nachricht überbringen, dass sie sich auf meinem Privatbesitz einfinden mögen. Dolorem soll seine Gefährtin überzeugen, dass sie die Auffangstation aufgeben soll und sich mit der Rebellengruppe ebenfalls hier einfinden soll! Und du hilfst ihm dabei.«
»Jawohl wie ihr befiehlt, mein König!«
»Berry lass das!«
»Nein! Endlich seit Ihr wieder König und kein daherlaufender deprimierter in Menschdasein gezwängter Drache. Euch habe ich vor über achthundert Jahren die Treue geschworen und nun kann ich sie endlich wieder einlösen.« Berry dachte ich nur und atmete tief ein. Rieb mir die Stirn und nun bemerkte ich, wie Lars mir stetig über meinen Hals strich.
»Geduldig war er«, dachte ich und schaute zu ihm. Er schien ebenfalls in Gedanken zu sein und doch umschlich mich ein warmes Gefühl. Der Drang, der vorher in meine Mitte gehuscht war, erwachte wieder und ich glaubte mich versehen zu haben, schmunzelte Lars in dem Moment auf. Nun konnte ich es vor ihm überhaupt nicht mehr geheim halten. Unsere Blicke trafen sich und Berry verabschiedete sich. Wie er sich über den Tag vor der Sonne schützte, war mir egal. Immerhin schätzte ich ihn älter als meinen Vater ein und in diesem Alter sollte er sich in Sachen Sicherheit auskennen.
»Ich will ja nicht nörgeln und so, aber in letzter Zeit komme ich überhaupt nicht mehr zum Zug. Erst machst du Schluss, dann als wir wieder zusammen sind, wurdest du ausgepeitscht und nun hast du Schusswunden. Irgendjemand hat was gegen mich.«
»Moment, ich habe nicht Schluss gemacht, du bist einfach verschwunden.«
»Ist ja egal, aber ich will dich, jetzt. Egal wie, nur jetzt. Sofort ... hast du Fesseln da? Die Quickies zwischendrin waren zu wenig.« Verdattert blickte ich ihn an und zuckte etwas verlegen die Schulter. »Na macht nix! Ich kann dir auch verzeihen, wenn du still hältst und deinen Orgasmus erst herausschreist, wenn ich es dir erlaube.«
»Verzeihen?«
»Ja was denn sonst?«
»Du scherzt!«
»Sehe ich so aus? Selem ich will dich jetzt ficken und mir ist es scheiß egal, ob du der König bist. Für mich bist du mein Geliebter, der gefälligst seine Beine für mich breitzumachen hat. Im Bett habe ich das Sagen und das lasse ich mir nicht nehmen. Nie! Und jetzt sei ein guter König und folge mir.«
»Weißt du eigentlich, wie unausstehlich du bist, wenn du geil bist.«
»Japp! Aber es gefällt dir, also lass mich nicht zu lange warten. Ich hab wirklich Notstand und wie ich die Sache so sehen, du ebenfalls. Also gönnen wir uns ein paar Minuten für uns und dann kannst du wieder König sein.« Schelmisch grinste er mich an.
»Hi, hi, wie du wünscht mein unsagbarer mit Notstand behafteter, geil aussehender Gefährte. Geht voran, ich folge Euch.«


Lars stand auf und ohne ein Wort folgte ich ihm. Er steuerte Narlas Privaträume an und als wir sie betraten, sah ich, das er letzte Nacht wohl darin geschlafen hatte oder zumindest solange, bis er in das Wohnzimmer ausgewandert war, in dem sich der Fernseher befand. Fernsehschlaf. Das war Lars Device und doch hörte ich Babygeschrei. Ich lief vor der Tür auf und ab. Damals war es dem Mann verboten bei der Geburt mit anwesend zu sein, und wartete, bis die Hebamme mir nun endlich die Erlaubnis gab, in das Zimmer zu gehen, um meinen Erstgeborenen zu sehen. Nun Erstgeborenen hatte ich nicht, es war Corin meine älteste Tochter.
Doch weiter kam ich mit meinen Gedanken nicht mehr. Lars betätigte das alte Schloss und verriegelte so die Tür. Mit seiner Frage, was solange dauerte, bis ich mich ausgezogen hatte, holte er mich zurück und ich lächelte ihn an.
Langsam trat er auf mich zu. Nahm mich in seine Arme und zog mich an sich heran. Ein paar Sekunden blieben wir so stehen und innerlich bedankte ich mich bei ihm, obwohl ich wusste, dass er nun seinen Platz einforderte und Narla nun nichts mehr bei mir zu suchen hatte. Aber Erinnerungen durfte ich wohl doch noch haben?
Er entließ mich aus seiner Umarmung und fuhr mit seiner Hand über mein Gesicht. Er sagte nichts, er betrachtete mich nur und langsam näherte er sich meinem Gesicht. Nahm mein Kinn in seine Finger und zog mich zu sich hoch. Sanft fast schon behutsam berührten sich unsere Lippen. Wieder streichelte er sanft über mein Gesicht und seine Hand wanderte zu meinem Nacken. Sofort packte er mich am Schopf und zog mein Kopf nach hinten. Mit der anderen drückte er fordernd zwischen meine Schenkel.
»Willst du es überhaupt hart haben?«, fragte er mich und ich schaute ihn überrascht an.
»Lars, lass mir für ein paar Minuten vergessen. Vergessen das ich meine zwei ältesten Kinder verloren habe, vergessen, dass ich gestern meine Eltern sterben sah. Verstehst du? Also frag nicht, was ich will oder nicht will. Das Einzige was ich jetzt will, ist dich zu spüren.«
»Das meinte ich gar nicht. Ich denke, wir sollten es eher ruhiger angehen, weil du noch verletzt bist und ich mir nichts anhören will, von wegen und ich bin schuld, weil die Wunden nicht richtig heilen.« Das war aber nicht sein ernst, oder? Ich musste kichern und suchte seinen Mund. Forderte Einlass, den er mir gewährte. Seine Hände spürte ich überall. Ließ er von meinem Mund ab, so küsste er mich am Hals. Schob mich Richtung Bett und bevor ich mich rauflegte, entledigte ich mich meinen Anziehsachen. Lars legte sich neben mich und nahm sein Tun mich überall zu streicheln wieder auf. Wollig rekelte ich mich unter seiner Berührung und stöhnte auf, als sich sein Mund über mein hartes Geschlecht stülpte. Doch Zeit, um richtig durchzuatmen, ließ er mir nicht, sofort spürte ich einen Finger in mich eindringen. Ich bäumte mich auf und Lars fühlte sich darin bestätigt. Noch weniger Zeit ließ er mir, mich an die Dehnung zu gewöhnen, denn sofort drückte er den nächsten Finger rein. Sein Verlangen überrannte mich, er rückte zu mir hoch und wir sahen uns tief in die Augen. Seine Finger brachten mich um den Verstand und ich krallte mich in sein Rücken. Kurz schrie er auf.
»Deine Augen. Sie sehen wunderschön aus«, flüsterte er und wieder berührten sich unsere Lippen. Wieder krallte ich mich in sein Rücken, als der dritte Finger folgte. Mit der anderen Hand verwöhnte er mein Schwanz. Als die ersten Lusttropfen zu sehen waren, legte Lars sich zwischen meine Beine und hob sie an. Brachte sich in Position und in dem Moment, als er mich eindrang, überflutete mich unsagbare Wärme. Ohne das ich mein Recht eingefordert hatte, bekam das magische Gesetz seinen Willen.
Im Rhythmus seiner Bewegungen erwachte mein Feuer und hüllte uns in einem zarten gelborangen Nebel ein, der sich um unsere Körper schmiegte und sich langsam in züngelnde Flammen wandelte.
Tränen flossen, meinen Wangen hinab. Ich war glücklich und auch traurig zugleich und Lars war hier um mit mir dieses zu teilen. Er war wahrhaftig mein Gefährte, denn sonst könnte er mein Feuer nicht aushalten, und würde verbrennen. Doch die Flammen schienen ihm nichts auszumachen. Es hatte eher den Anschein, dass es genau das Gegenteil war. Lars aalte sich wohlig darin und sein Verlangen nach mir schnellte in Höhen, die noch nie da gewesen waren. Heftig stieß er in mich und genauso küsste er mich. So trieb er uns beide dem Höhepunkt entgegen.
Ich wusste nicht, ob ich schrie, weinte, keuchte oder stumm war, doch eins wusste ich. Wir waren nun vollkommen eins. Mutter Natur hatte ihn als meinen Gefährten anerkannt.
Eine Zeit lang lagen wie eng umschlungen da. Keiner sprach ein Wort, doch dann robbte er zu mir hoch und platzierte einen sanften Kuss auf meine Lippen.
»Es tut mir leid für Seki.« Ich schüttelte nur den Kopf.
»Ist schon gut. Mach dir darüber keine Gedanken.« Und ich drehte meinen Kopf zur verschlossenen Tür. »Was gibts Berry?«
»Bitte entschuldigt, dass ich Euch störe. Herrscher Zeshmik hat Seki die Gelbe hinrichten lassen.«
»Ist mir bereits bekannt«, sagte ich und wartete, bis Berry wieder ging. Danach stand ich vom Bett auf und suchte meine Klamotten zusammen. Drehte mich zu Lars, der mich die ganze Zeit nicht aus den Augen gelassen hatte.
»Jetzt ist es soweit. Du trittst Zeshmik gegenüber. Schaffst du es? Immerhin fehlt dir noch das letzte Stück Magie.«
»Zeshmik ist sehr gut im Kampf ausgebildet. Noch dazu war er mein Lehrer.« Ich schaute aus dem Fenster. »Lars ich weiß nicht, ob ich ihn im Kampf besiegen kann. Sicher ich bin stärker als ein normaler Drache, aber um der Ehre Willen und nach alter Tradition, werden wir ohne Anwendung von Magie kämpfen.«
Seine schwarzmalerischen Gedanken sprudelten in mich ein und das half mir nicht wirklich, mich zu beruhigen. Ich schüttelte nur den Kopf und verließ das Schlafzimmer. Ich musste Lars recht geben. Okay, ich hatte Dalola immer besiegt, aber gegen Zeshmik hatte ich im Kampf nie eine Chance gehabt.

 

Kapitel 26

Ich ging raus und blickte zum Himmel. Keine Wolken waren zu sehen und die Sonne besaß bereits in den frühen Morgenstunden schon gewaltig an Kraft. Tief atmete ich ein und wieder aus und stellte mich in Position.
Schloss meine Augen und versuchte meinen inneren Ruhepol zu finden. Dann vollführte ich ein paar Schläge und Tritte in die Luft. Doch ich musste zugeben, die Jahre als Mensch hatten meine körperliche Verfassung abgeschwächt. So trainierte ich den ganzen Tag, bis ich spürte, das meine Kondition wieder auf den normalen Stand kam.
»Den ganzen Tag Kata ausführen. Welch sinnlose Zeitverschwendung. Ihr seit nicht einmal ins Schwitzen geraden. Schwarzer!«, hörte ich Berry hinter mir reden und gleichzeitig etwas das durch die Luft flog. Neben mir landete ein Bereitschwert. Ich schaute zu meiner Rechten, wo das Schwert im Boden steckte und dann zu Berry der selbst ein Schwert in der Hand hielt und es um die eigene Achse schwang. Schelmisch grinsend blickte er mich an, schwang noch einmal sein Schwert und griff mich frontal an. Scheiße, war der schnell. Ich hatte nicht einmal Zeit, mir das Schwert zu schnappen, und war gezwungen ihm auszuweichen.
»Das habe ich schon mal besser gesehen. Ihr seid ganz schön eingerostet. So gewinnt Ihr gegen Zeshmik nicht.« Wieder holte er aus und schlug zu. Er gab mir wirklich keine Zeit das Schwert zu nehmen. »Nein, so gewinnt Ihr absolut nicht. - Gestern habt Ihr Zeshmik zum Kampf aufgefordert. Euch bleiben noch zwei Tage, um wieder in Hochform zu kommen. - Nehmt das Schwert. Es wird sonst eine eintönige Sache!« Nur ein ›Tzz‹ kam über meine Lippen und ich suchte mir ein Schlupfloch. Was bei Berry schier unmöglich war. Immerhin war er selbst ein hervorragender Schwertkämpfer und ein Vampir noch dazu. Seine Schnelligkeit überragte jeden Drachen. Seine Verteidigung undurchdringbar und seine Angriffe immer tödlich.
Sicherlich diente dies nur zu Trainingszwecken, aber wenn ich jetzt schon scheitere, dann konnte ich meinem Volk nicht mehr unter die Augen treten. Ich sah meine Chance und rollte mich über den Boden zum Schwert, wich seinem Hieb aus und stieß selbst zu. Berry parierte meinen Schlag und attackierte mich. Das Aufprallen der Schwerter jagte unangenehme Wellen durch meinen Körper. Viel zu lange war es her, als ich das letzte mal ein Schwert im Kampf geschwungen hatte und bald spürte ich krampfartige Schübe im Arm. Noch einmal schlug Berry zu und das Schwert flog mir aus der Hand als mein Ellenbogen aufschmerzte.
»Fuck!«, zischte ich und lockerte meine Schulter.
»Was ist los, Schwarzer? Nehmt das Schwert wieder. Die Nacht ist noch jung!« Innerlich verdrehte ich die Augen und nahm das Schwert wieder in die Hand. Lockerte abermals meine Schulter und wechselte es von einer Hand zur anderen. Lockerte meine Nacken und sprang kurz auf der Stelle. Dann stellte ich mich in Position und ich konnte Berry´s weiße Fangzähne sehen. Nun machte er ernst.
»Fertig?«, fragte er mich flüsternd und als ich nickte, sprintete er auf mich los. Doch ich sah seine Attacke bereits, wich ihr aus und parierte sie. Nicht nur das, ich entwaffnete ihn und attackierte ihn mit zwei Schwerter. Doch er hatte seines, dass er am Rücken in der Scheide stecken hatte, bereits gezogen und wehrte ab. Danach holte er mit dem Fuß aus und ich landete mit dem Rücken auf dem Boden. Sein Schwert hielt er mir an den Hals.
»Die Magie kann im Zweikampf auf Leben und Tod nicht angewandt werden, aber es gibt auch noch andere Hilfsmittel. Wie mir scheint, habt Ihr das vergessen.«
»Ich habe keine Magie angewandt!«
»Das nicht, aber die anderen Hilfsmittel anzuwenden. Ihr habt unter Zeshmik das Kämpfen gelernt. Ihr kennt seine Taktik. Nutzt sie Euch.«
»Geht nicht, weil ich genauso kämpfe. In dieser Beziehung ist Zeshmik mir immer ein Schritt voraus.«
»Stimmt nicht! Ihr habt einen anderen Stil. Nutzt ihn und Euer Wissen über Zeshmik. Außerdem könnt Ihr mir nicht weismachen, dass Ihr den Stil den Ihr gelernt habt, beibehalten habt. Niemand tut so etwas.« Berry nahm das Schwert weg und reichte mir zum Aufstehen die Hand.
»Hey darf hier mitgemischt werden?« Erschrocken weil ich sie nicht kommen gehört hatte, drehte ich mich um.
»Dalola!« Herausfordernd mit ihren Lieblingsschwerter stand sie vor mir und ich blickte zu Berry, der nun nicht nur schelmisch grinste, sondern süffisant vor sich hinkicherte.
»Natürlich. Hauptmann der Leibgarde des Königs Selem der Schwarze. Ihr seid herzlich willkommen.« Auch das noch!
»Ist da noch ein Platz frei?« Diese Stimme, warm, herzlich und ich kannte sie unter tausenden raus. Ich blickte zu ihm und ich sah, dass er Tränen in den Augen hatte. Auch mir liefen die Tränen runter und ich ging auf ihn zu. Kurz vor ihm blieb ich stehen und betrachtete ihn. Doch nicht für lange. Ich zog ihn in meine Arme und drückte ihn an mich.
»Ich hab dich so vermisst. Ich konnte es nicht glauben, als ich deinen magischen Befehl vernommen hatte. Und ich mich dann mit Nerm unterhalten hatte, das du nicht tot bist, das du wieder da bist. Ich habe mich dann gleich auf den Weg gemacht. Gott, weißt du, wie schwer es war innerhalb von einer Stunde einen Flug zu bekommen?« Typisch Terem. In Sachen zu übertreiben, konnte er schon immer gut.
»Ich konnte nicht in die Nähe eines Drachen. Es hat mir höllische Schmerzen bereitet.«
»Aber anrufen oder ...!«
»Es tut mir leid Terem.« Wie konnte ich es meinen Kindern beibringen, dass ich mich absichtlich nicht bei ihnen gerührt hatte? Dass ich es nicht herausfordern wollte, dass sie Zeshmik in den Händen fielen, oder weil ich zu feige war, schon früher meinen Mann zu stehen. Ich wusste es nicht. Sicherlich war der Wunsch meine Familie zu sehen, übermäßig groß, doch ich konnte ihnen sozusagen nicht unter die Augen treten und ihnen mitteilen, dass ich absolut keine Magie mehr besaß. Dass der Drache in mir zu toben anfing, wenn ich nur ein kleines Bisschen von den Schwingungen zu spüren bekommen hatte. Dass ich mir den Tod gewünscht hatte, nur um diese Demütigung nicht mehr zu erleben.
»Hey bekomme ich auch ein Stück von Papa. Terem er gehört nicht nur dir allein!« War das zu fassen? Zelm, aber ... Ich schaute sie an und sie stemmte ihre Hände in die Hüfte. Sie stand Narla im Nichts nach. Hatte Corin schon immense Ähnlichkeit mit Narla, Zelm konnte als ihr Zwilling durchgehen. Doch bevor ich sie in die Arme nahm, drang ein ungewohnter Geruch von ihr in meine Nase.
Sie war schwanger. Nach drei Jahrhunderten, in denen die Drachen unfruchtbar waren und ich erfuhr es von meiner Tochter, dass ich die Schwingungen wieder aufbereitete. Sofort nahm ich sie in die Arme. Ich konnte das Glück gar nicht mehr fassen.

Berry räusperte sich und ich drehte mich zu ihm um.
»Wenn Ihr gestattet, wir sind mitten im Training. Mein König.« Mein Sohn trat zu mir, grinste mich an, zog seine Waffe Sai(*FN* Das Sai ist eine ca. 40 bis 50cm lange Gabel mit drei Zinken. Die Mittlere ist dabei etwa dreimal länger als die Äußeren.*FN*).
»Also ist hier noch ein Platz frei!« Was?
»Ne Terem, du bleibst, wo du bist!« Was war denn auf einmal los? Sie kamen alle aus ihren Löchern gekrochen.
»Das kannst du schön vergessen, Paps. Nach der unglaublich, vernichtenden, peinlichen Aufführung, die du hier ablieferst, werde ich nicht am Rande stehen bleiben und dir beim Untergehen zuschauen.«
»Auch Ihr seid herzlich willkommen Eure Hoheit Prinz Terem.«
»Berry!«
»Geht in Stellung mein König, jetzt wirds ernst!«


Ich wusste nicht, wie lange das sogenannte Training von Berry noch ging, aber es ging bereits weit nach Mitternacht, als ich mich mit schmerzenden Gliedmaßen in Gras setzte. Lars saß neben mir und kicherte vor sich hin.
»Wann willst du es ihr sagen?«
»Wem, was sagen?«
»Zelm. Es sieht so aus, dass sie es selbst noch nicht weiß.«
»Gar nicht. Ich bin bereits jetzt schon überglücklich, zu wissen, dass mein Volk nun nicht mehr aussterben wird. Zelm ist die erste Drachendame, die nach dreihundert Jahren schwanger ist - Mann hab ich ein Hunger.«
»Das Essen ist bereits im großen Saal serviert.«
»Aha! Großer Saal. Mir egal wo, ich muss was essen.«
»Diesen Wunsch erfülle ich Euch gerne und dann danach wartet eine heiße Dusche auf Euch. Ich muss gestehen, Ihr habt einen betörenden Geruch entwickelt.« Spielerisch rümpfte er die Nase und fächelte sich mit der Hand frische Luft zu..
»Tut nicht so scheinheilig, mein geliebter Gefährte. Eben dieser Geruch ist es, der Euch anturnt.«
»Nicht wirklich!« Nun boxte ich ihm in die Seite. Danach schloss ich meine Augen und eine sanfte warme Brise umhüllte mich. In Sekundenschnelle waren die Schmerzen in meinen Gliedmaßen und Muskeln weg und ich fühlte mich, wie frisch geboren. Nun sprang ich hoch und meinte, dass ich langsam aber wirklich einen Bären verschlingen könnte. Lars betrachtete mich skeptisch.
»So kann man auch Wasser sparen.«

Im Saal angekommen herrschte bereits eine ausgelassene Stimmung und niemand nahm von mir Notiz, als ich mich an den Tisch setzte und mir den Teller volllud. Es hatte den Anschein, als ob die dreihundert Jahre nie da gewesen waren.
Am nächsten Morgen kam Berry ins Schlafzimmer und lauthals weckte er mich. Ich hatte das Gefühl, eben nur eine höchstens zwei Stunden geschlafen zu haben und als ich auf die Uhr blickte, war es auch so. Murrend drehte ich mich auf die andere Seite, doch mein Instinkt schlug an und sprang aus dem Bett. Berry stand mit erhobenen Schwert da und grinste mich an.
»Na fertig für die nächste Einheit?«
»Berry! Es ist am frühen Morgen und du brennst nicht!«
»Natürlich nicht oder meint Ihr, ich habe keine Vorkehrungen in den letzten Jahrhunderten getroffen. Außerdem werde ich von Berums Magie mit gespeist, die mir erlaubt, mich auch etwas für eine gewisse Zeit in der Sonne zu bewegen.«
»Aha!«
»Ja aha. Ich erwarte Euch in fünf Minuten auf der Wiese. Dalola und Terem sind bereits unten und wärmen sich auf.« Er legte sein Schwert auf die Schulter und verließ das Zimmer. Tief atmete ich ein, denn für einen kurzen Augenblick hatte ich seine Mordlust gespürt. Doch wusste ich auch, dass er seine Opfer nicht mit dem Schwert tötete, sondern sie aussaugte.

Das Training hatte noch um einen Zahn zugelegt und ich blutete bereits aus einigen Stellen. Doch keiner schien erbarmen zu haben und attackierten mich, bis ich spürte, das meine körperliche Kraft vollständig zurückgekehrt war und entwaffnete alle drei mit einem Schlag.
»Na das wird ja endlich zeit. So kurze Pause und dann wird ernst gemacht.«
»Ernst?« Ich hatte mich wohl verhört. Dalola und Terem waren auch langsam fix und fertig.
»Was habt Ihr denn? Heilt Euch und ich kümmere mich um die anderen. Danach gilt, wer als Erstes entwaffnet ist, verliert.«
»Du scherzt!«
»Nein tu ich nicht. Überlegt mal, Zeshmik ist stärker, schneller und wendiger als wir drei zusammen und wenn Ihr schon bei uns drei scheitert, dann schrei ich morgen ›Zugabe‹, wenn Euch der Arsch aufgerissen wird.«
»Wie nett! Dann hol doch noch einige her, wenn du so wenig vertrauen hast.«
»Das hättet Ihr jetzt nicht sagen dürfen!« Gefährlich blitzten seine Zähne auf und mir schwand fürchterliches.

Berry hatte sein Wort gehalten und bald stand ich zehn Vampiren gegenüber und je mehr ich attackiert wurde, umso schneller wurde ich. Auch tat mir mein Körper nicht mehr weh und trafen, taten sie mich schon lange nicht mehr.
Keuchend ließ ich mich auf die Wiese fallen und Berry trat zu mir heran.
»Ist schon ganz gut, aber Eure Stärke habt Ihr noch lange nicht.«
»Kannst du mal zur Abwechslung etwas positive Sagen!«
»Nein, sonst endet Ihr wieder wie vor dreihundert Jahren. Da habt Ihr Euch auch überschätzt.«
»Wenn es so gewesen wäre, würde ich dir jetzt recht geben. Damals hatte ich nicht einmal ein Drittel meiner Magie genutzt.« Wäre mir beinahe rausgerutscht, so atmete ich nur tief ein und schaute zu den Vampiren, die ächzend aufstanden. Dalola und Terem saßen ebenfalls im Gras und unterhielten sich, nur sahen sie nicht so fertig aus, wie die Vampire.
»Mein König!«, sprach Berum mich an und ich blickte zu ihm, sofort sank er seinen Blick.
»Sprich!«
»Herrscher Zesh...!«
»Nur Zeshmik, merk dir das endlich!«
»Jawohl! Zeshmik hat die oberen Herrschergilde der magischen Welt geladen.«
»Weißt du, was er damit bezwecken will?«
»Nicht so richtig aber ich denke, dass er Euch bloß stellen will. Mein König, seit vorsichtig Zeshmik ist mir der dunklen Magie sehr vertraut. Inzwischen braucht er darin keine Unterstützung mehr.«
Ich legte mich ins Gras und blickte zu den Sternen. Das konnte es sein? Weil Zeshmik sich meinen Befehl widersetzen konnte. Dunkle Magie, was?

Kapitel 27

Lange dauerte es bis ich in der Nacht ein Auge zutun konnte. Nicht einmal das beruhigende Atmen von Lars, schaffte es, mich runterzubringen. Hatte ich angst? Ja, die hatte ich. Ich wusste nicht, wie ich gegen die dunkle Magie ankommen konnte. Mein Wissen darüber reichte nicht aus. Das einzige was ich darüber wusste, sie unterstand nicht dem magischen Gesetz.
Ich musste wohl dann doch eingeschlafen sein, denn warmer Nebel hüllte mich ein und eine Stimme rief mich. Als ich meine Augen wieder öffnete, sah ich, dass ich mich im Reich der Ahnen befand und vor mir saß mein Vorgänger.
»König Alman!« Sofort sank ich auf die Knie und er kicherte.
»Mein Junge ich bin kein König mehr!«
»Was macht Ihr hier? Ich habe keine Kenntnis, dass Ihr in das Reich der Ahnen eingetreten seid!«
»Bin ich auch nicht. Aber hier ist ein ruhiger Ort um uns Unterhalten zu können, ohne fremde Ohren. Du verstehst?« Zögerlich nickte ich und König Alman grinste mich an. Dann klopfte er mit der Hand auf seine Seite und ich setzte mich neben ihn hin.
»Mein Junge, sag mir, was bedrückt dich? Du siehst jetzt verlorener aus, als in den Jahrhunderten als Mensch.«
»Ihr wisst davon?« Nun lachte er los.
»Natürlich. Ich war selbst einmal König!« Mist erwischt und er zwinkerte mir schelmisch zu. »Selem du weißt, das sich die Ahnen nicht in die Belange der Sterblichen oder Langlebigen einmischen.« Ich nickte. »Aber sie haben dein Flehen erhört!«
»Flehen? Ich habe nic ...«
»Doch hast du. Mit deinem Herzen und die Ahnen sind zu der Erkenntnis gekommen, dass sie dich morgen beim Zweikampf unterstützen werden. Dunkle Magie, darf nie die Oberhand gewinnen. Sie würde alles, was wir sind und was wir kennen, vernichten. Du hast es selbst am eigenen Leib erlebt und das Drachenvolk war darin mit betroffen. Deine Einschätzungen wie lange das Drachenvolk noch auf der Erde wandeln würde, waren hoffnungslos überschätzt. In den nächsten sechzig bis siebzig Jahren wären alle Tod gewesen und du hättest den schlimmsten Tod von allen erlebt. Die Einzigen die überlebt hätten, wären die gewesen, die den Fluch auf dich gelegt haben. Und sie hätten die Erde in ihrem Wahn, weil jeder ein Stück der alten Magie, die wieder ein Ganzes sein will, in sich beherbergte, komplett vernichtet. Denn wenn der Drachenkönig nicht mehr existiert, geht alles unter. Deine Schwingungen waren stark, nur so konnten die Drachen so lange überleben.«
»Aber wie komme ich morgen gegen Zeshmik an? Ich bin dem Gesetz verpflichtet und kann in diesem Zweikampf keine Magie nutzen.«
»Doch kannst du. Genau wie Zeshmik wirst du die dunkle Magie, die nicht an das magische Gesetz gebunden ist, nutzen.«
»Aber ...!«
»Die Ahnen haben einstimmig beschlossen, das sie das Gefäß für dich öffnen. Selem sei dir im Klaren das du die einzige Hoffnung für die Drachen bist. Nein, für das ganze magische und nichtmagische Leben auf der Erde. Du musst ihn besiegen und dir das letzte Stück der alten Magie zurückholen. Denn wenn du verlierst, gewinnt er an Stärke und nimmt sich die alte Magie, die du wieder zurückerlangt hast an sich. Dann ist er von jetzt an bis in alles Ewigkeit der unumstrittene König und nicht einmal die Ahnen können dann was dagegen unternehmen.« Kurz verstummte er. »Zeshmik habe ich mit dir auserwählt. Seine Stärke, seine Anmut sein lebenslustige Leuchten in seinen Augen und die Herzhaftigkeit, wie er mit den Jünglingen umgegangen ist. Dies alles sprach für ihn, doch in weniger als vier Monden, in den Monaten, da ihr von der Wahl erfahren habt, hatte sich sein Gemüt geändert. Er wurde kalt und gegenüber jeden abweisend und schmiedete Pläne, was er als König alles machen würde. Doch du. Du has dich weiter um die Brut gekümmert, deine Narla Avancen gemacht. Ihren Eltern geschmeichelt. Dich mit Freunden getroffen, auf dem Feld geholfen. Du hast dein Leben einfach weitergelebt und in der ganzen Zeit hast du keinen einzigen Gedanken daran verschwendet, was du mal machen willst oder ändern willst, wenn du König bist.«
»Ich war kaum 500 Jahre alt. In diesem Alter denkt man nur an Mädchen, Trinken, Feiern und das Leben zu genießen. Zeshmik hat fast die 10 000, dass er anders darauf reagieren würde, reifer ist ja klar, oder.«
»Nein! Er hätte besonnener sein sollen. Aber was rede ich da. Die Entscheidung wurde getroffen und ich bin froh, dass es du geworden bist.« Es war nicht alles. Innerlich wusste ich oder spürte, dass König Alman noch etwas verheimlichte. »Deine Intuition spricht für dich! Zeshmik wollte dich, sogleich nachdem er König geworden wäre, ins Verlies sperren.«
»Was? Er hat doch nicht gewusst, dass ich mit auserwählt war.«
»Nein! Das hat er nicht, aber du warst ihm schon damals ein Dorn in sein Auge.«
»Wie?«
»Narla!«
»Narla?«
»Ja. Er hatte Narla ebenfalls Avancen gemacht. Und schon länger als du. Doch sie hat sich für dich entschieden. Dann als der Krieg mit den Menschen ausbrach und Narla dadurch zu Tode kam, konnte er sich gar nicht mehr zurückhalten. Was dann passierte, weißt du ja!« Ich rieb mir die Stirn und nickte.


Plötzlich befand ich mich wieder im Bett und sah, das die Sonne bereits aufging. Das war es wohl mit schlafen und ich stand auf. Lars schlief noch den Schlaf des Gerechten und ich ging unter die Dusche. Danach zog ich mich an und schlenderte durch mein Haus. Fast jedes Gästezimmer war belegt und das Wohnzimmer ebenfalls. So blieb mir nichts anderes übrig, als zur Küche auszuweichen und machte mir einen Kaffee.
Berum kam kurz nach mir in die Küche und als er mich sah, sank er auf die Knie. Ich ignorierte ihn und setzte mich an den Tisch. Er hatte die Aufforderung verstanden und stand wieder auf. Er ging selbst zur Kaffeemaschine und ließ sich Kaffee durch, doch zu mir an den Tisch setzte er sich nicht.
»Gibts was Neues?«, fragte ich und er erschrak.
»Zeshmik ist dabei, sich die Gunst der Obrigkeiten zu leihen.« War ja klar, welcher Herrscher schleimte sich nicht bei den anderen ein.
»Wo ist Berry?«
»In Almenien. Er wurde auch von Zeshmik zu der Feierlichkeit seiner bevorstehenden Krönung geladen.« Krönung, nannte er das und ich schüttelte innerlich den Kopf.
»So, stimmt. Berry hatte mal erwähnt, dass er beim Vampirvolk ziemlich weit oben steht.« Berum nickte nur. »Und was ist mit dir? Immerhin bist du der Ratsvorsitzende. Solltest du nicht auch geladen sein?«
»Ja bin ich.«


Nach der Reihe standen sie alle auf und verabschiedeten sich. Zelm, Nerm und Terem mussten wegen dem Reglement als Königskinder mit anwesend sein. Selbst Corin und Gelboth, hätten auch dabei sein müssen, wenn sie noch am Leben wären. Doch so wurde es dann jeden bekannt, dass Zeshmik die Kinder des Drachenkönigs hinrichten lassen hatte. Das war ein Pluspunkt für mich. Das gleiche galt für meine Eltern. Also mit anderen Worten mussten alle meine Verwandten bei dem Zweikampf mit dabei sein.
Lars war mit Terem mitgefahren, der ihn auf den Weg nach Almenien einen Crashkurs in Sachen Etikette unterwies.
Da ich wohl neben Dalola mit der einzige Drache war, der sich verwandeln konnte, hatte ich noch etwas Zeit. Mit dem Auto brauchte man ein paar Stunden bis nach Almenien, aber für ein Drache war das ein Katzensprung.
So schwang ich mich auf die Couch und schaltete den Fernseher an. Ein öde Serie kam dran, die ich schon keine Ahnung das wievielte Mal gesehen hatte und fing zu Gähnen an. Dank der Verbindung die ich mit Lars hatte, wusste ich, wann ich losmusste. Zumindest er sollte mich wecken, sollte ich einschlafen. In dem Moment, als meine Augen zufielen, hörte ich Zeshmik aus dem Fernseher sprechen.
»Das ist ein Scharlatan, der mich zum Kampf herausgefordert hatte.«
»Aber müssen Sie an diesem altertümlichen Zweikampf antreten.«
»Ja der Kerl, der sich als Drachenkönig ausgibt, hat die Ehre und den Stolz aller Drachen verletzt.«
»Inwiefern hat er das getan. Immerhin leben wir im 21. Jahrhundert. Sie hätten doch diese Aufforderung ignorieren können.«
»Das hätte ich tun können, aber der Mann ist ein bekannter Rebell und sieht sich selbst als Drachenkönig. Der inzwischen schon viele Anhänger um sich geschert hat. Dem muss unbedingt Einhalt geboten werden. Für den Frieden und der Koexistenz unserer beider Völker.« So ein Lügner. Das durfte doch nicht wahr sein. Zeshmik hatte es tatsächlich gewagt dies an die Öffentlichkeit zu bringen. Nun sich darüber aufzuregen brachte mir nichts. Es war seine Taktik.
Ein guter Redner war Zeshmik schon immer und schaffte es meistens mit seinen Argumenten die Zuhörer für sich zu beanspruchen. Ich schaltete um, weil ich das Interview nicht weiter folgen wollte, doch auch auf den anderen Sendern kam es auch. So schaltete ich den Fernseher aus und legte mich auf die Couch. Schloss meine Augen und nahm mit Lars Kontakt auf. In dem Auto herrschte nicht gerade eine ausgelassenen Stimmung und ich hörte, wie Terem ständig vor sich hinfluchte. Auch da klinkte ich mich raus und döste ein.

Doch dann erreichte mich eine Anspannung, die ich so nicht kannte. Es war Lars und ich konzentrierte mich auf ihn.
»Herr Lars O`Tanners?« Er nickte. »Herrscher Zeshmik möchte Sie sehen!«
»Was will Herrscher Zeshmik von mir?«
»Nun das weiß ich nicht, aber ich habe die Anweisung erhalten Sie zu ihm zu bringen.«
»Ich muss dem Ablehnen. Sagen Sie Herrscher Zeshmik, das ich nicht mehr gewillt bin, für ihn zu arbeiten.«
»Nun ich glaube kaum, dass Sie darüber zu entscheiden haben.«
»Doch habe ich! Ich bin ein Mensch und unterstehe Herrscher Zeshmik nicht. Wer mir befehle erteilen kann, ist Gott und mein Vaterland, sonst niemand.«
»Gibts ein Problem?«, hörte ich nun Berum und er tauchte auch im Blickfeld von Lars auf.
»Ratsvorsitzender, Herrscher Zeshmik wünscht, Herr O´Tanners zu sehen. Doch Herr O`Tanners möchte dem nicht nachkommen.«
»Und wo ist das Problem? Leutnant?«
»Es ist Herrschers Zeshmiks ausdrücklicher Wunsch!«
»Nun, wenn Herr O`Tanners dem nicht nachkommen möchte, können wir auch nichts machen. Herr O´Tanners untersteht dem alten Gesetz nicht und ist nicht verpflichtet unserem Herrscher zu gehorchen.« Der Leutnant verbeugte sich vor Berum und ging.
»Eure Hoheit, seid vorsichtig. Zeshmik weiß, dass Ihr der Gefährte unseres Königs seit. Er wird diese Abfuhr nicht so leicht hinnehmen.«
»Was will er machen? Jetzt? Mich öffentlich zur Schau stellen? Einen Menschen als Gefährten des ›Scharlatankönigs‹ zu bekunden. Er würde sich dadurch selbst ans Messer liefern und die Lachnummer eins werden.« Berum sagte nicht mehr, verbeugte sich und ging. Lars atmete tief ein. »Wo bin ich nur hingeraten und wo verdammt ist Terem?« Doch weiter kam er nicht, denn er spürte etwas in seinen Rücken drücken.
»Seien Sie so gütig und kommen mit Herr O`Tanners!«
Seine Angst durchflutete mich und seine Gedanken, ›scheiße was soll ich jetzt tun?‹
»Beruhige dich und gehe mit dem Mann mit!«
»WAS? Selem bist du noch in Ordnung?«
»Mach jetzt keinen Aufstand. Geh einfach mit!«
»Aber ...«
»Dir wird nichts geschehen. Spürst du es denn nicht?«
Als ich ihn darauf hingewiesen hatte, dass er in meinem Feuer eingehüllt war, beruhigte er sich und ging mit dem Wachmann mit.

Na für mich wurde es auch langsam Zeit mich auf dem Weg zu machen. Die Sonne sank bereits. Also hievte ich mich von der Couch hoch und streckte mich durch. Recht ausgeschlafen war ich nicht, doch wer war das bei einem Zweikampf schon.
Ging in mein Schlafzimmer und öffnete den Schrank. Jeans und ein Hemd sollte genügend. Ich wollte ja nicht protzig wirken. Das würde ich wieder tun, wenn ich wieder auf dem Thron saß. Kleidervorschrift. Mir grauste es. Damals schon, als ich immer diese schwere Königsrobe tragen musste. Aber die hatte sich ja Zeshmik angeeignet.
Ich zog mich um und trat an das Bett. Kniete mich hin und zog eine schwere alte Truhe hervor. Erleichtert atmete ich ein. So wie es aussah, hatte Berry sie noch nicht entdeckt oder wohl nie angefasst. Nun ja das konnte er auch nicht. Sie war mit Drachenmagie versiegelt worden und nur der König vermochte sie zu öffnen. Mit der flachen Hand fuhr ich über die Schlösser und mit einem klicken öffnete sie sich. Ich hob den Deckel an und betrachtete den Inhalt. Viel war es nicht. Ein paar Schwerter diverse kleinere Waffen, wie Dolche und Wurfsterne, doch es fehlte mein Schwert, welches eigen für mich geschmiedet worden war. Kurz erinnerte ich mich an den Tag des Brandes. Als ich am Boden lag, mich nicht mehr rühren konnte, wurde das Schwert entwendet. Ich blickte wieder in die Truhe und eine kleinere Kiste mit reichlich verzierten Ornamenten nahm mein Fokus ein. Diese nahm ich in die Hand und sofort fing die Kiste zu pulsieren an. Wärme durchströmte mich und ich öffnete sie. Zuerst war sie leer, doch je länger ich reinschaute, kam das Objekt, welches in der Kiste lag zum Vorschein. Das Amulett der Könige. Ich nahm es in die Hand und berührte es sanft. Strich über die Verzierungen und legte es wieder zurück. Mir war es verboten es zu tragen. Nur zweimal hat der König das recht dieses Amulett an sein Hals zu führen. Das erste Mal, wenn er als König ausgewählt worden war und das zweite Mal, wenn er es dem neuen König überreichte. Dieses Amulett beherbergt nicht nur die Magie, sondern auch das ganze Wissen von allen Generrationen in sich.
Ich legte die Kiste zurück und nahm die Schwerter heraus, sowie den dazugehörigen Gurt. Legte ihn mir an und steckte die Schwerter in die Scheiden. Noch dazu verstaute ich die kleineren Waffen in den Halfter.


Vor die Villa blickte ich zum Himmel hoch und schloss kurz meine Augen. Atmete tief ein.
Gedanken des verlierens kamen gar nicht hoch. Ich musste gewinnen, egal wie.

 

Kapitel 28

Noch bevor ich mich verwandelte, durchströmte mich eine eisige Kälte. Innerlich gefror ich und krümmte mich vor Schmerzen. Sank auf die Knie, fing zu weinen und schreien gleichzeitig an. Tod, Leid und Trauer erfasste mein Herz.
Die ganze dunkle Magie, Sprüche, Formeln in denne du Jahrhunderte benötigst, um sie zu beherrschen, und das Wissen darum, strömte in sekundenschnelle in mich. Doch so schnell wie der Schmerz kam, war er auch wieder verschwunden.
»Erhebt Euch Selem der Schwarze, König der Drachen. Die Ahnen haben Euch das Wissen über die dunkle Magie überreicht. Nutzt dies weise oder Ihr seit des Untergangs!«
Ächzend stand ich auf und wischte mir die Tränen aus dem Gesicht. Fassungslos starrte ich vor mich hin und fragte mich ständig, wer so verzweifelt sein konnte um bewusst und mit purer Absicht, die dunkle Magie beherrschen und anwenden zu wollen. Sie war nur grausam.

Als ich in die Richtung Almenien flog, beruhigte ich mich allmählich. Denn die warme und freundliche Magie umhüllte mich wie ein Schal aus Seide und gab mir für das, was auf mich zukam Kraft.
Ich sah bereits die Arena, in der die Kämpfe immer stattfanden und steuerte darauf zu. Als ich über den Köpfen der Anwesenden flog, erhaschte ich einen Blick auf ihre Gesichter. Einige erkannten mich und wanden ihr Augenmerkmal auf Zeshmik, der mit leichten süffisanten Grinsen mein Ankommen beobachtet. Sie flüsterten mit vorgehaltenden Händen und doch sah ich auch Angst in ihren Gesichtern. Zeshmik musste sie in den vergangenen Jahrhunderten ganz schön eingeschüchtert haben.
Ich setzte zur Landung an und kaum als ich über die Kuppe kam, spürte ich, wie die Magie aus mir verschwand.
Sanft und elegant landete ich als Mensch, kein Sandkorn wurde aufgewirbelt und stand Zeshmik gegenüber.
Unsere Blicke trafen sich und dann verzog er seine Lippen zu einem Grinsen.
»Pünktlich! Ich hatte nicht gedacht, dass du aufkreuzt, Rebell!« Plötzlich ertönte aus verschiedenen Reihen Buhrufe und Rebell. Ich ignorierte sie. Außerdem konnte ich ja nicht von jedem verlangen, mich zu kennen. Zumal ich nicht mit jedem Drachen auf der ganzen Welt Kontakt hatte und die Jüngsten kannten mich eh nicht, da sie nach dem Brand geboren wurden. Zeshmik hob die Hand und alle verstummten.
»So du bist also der Meinung mich, Herrscher Zeshmik herauszufordern. Mich der von unserem geschätzten König Selem der Schwarze auserwählt wurde, um in seiner Abwesenheit zu regieren!« diesmal ertönte Herrscher Zeshmik, Herrscher Zeshmik. Wieder hob er die Hand und alle verstummten.
»Es ist schon eine ziemliche Dreistigkeit von dir, zu behaupten du seist der König!« LÜGNER wurde geschrien und ich schüttelte unmerklich den Kopf. »Wenn du unser König wärst, dann ist es für dich ein Leichtes uns die sagenhaften Schwingungen zu zeigen.« Beifall. »Los zeig uns die Schwingungen.« Er lachte auf. »Du kannst es nicht, weil du nicht unser König bist!« Langsam trat Zehsmik auf mich zu, bis fast unsere Nasen sich berührten und flüsterte.
»Verliere für mich und ich gewähre dir ein sorgenloses Leben im Verlies. Deinen Gefährten mach ich zu meinem Sklaven und töte alle, die dir lieb und teuer sind, sowie deine Anhänger.« Ich spürte, dass er die dunkle Magie nutzte und ich atmete tief ein.
»Wen willst du damit beeindrucken? Du scheinst vergessen zu haben, wer vor dir steht. Meinst du wirklich, deine dunkle Magie schüchtert mich ein, wie ein gewöhnlicher Drache? Zeshmik.« Zeshmik zuckte kurz zusammen, als er merkte, das sein Flüstern an mir abprallte.
»Du Elender ...!«, zischte er.
»Zeshmik ich hatte dreihundert Jahre um mich auf den heutigen Tag vorzubereiten, oder hast du wirklich geglaubt, ich lasse dich gewähren und du kommst nach deinem schändlichen Vergehen ungeschoren davon?«
»Sieht so aus, als ob du nicht freiwillig verlieren willst.«
»Als ob ich das könnte ...« Plötzlich zog er sein Schwert und attackierte mich, doch ich war schneller und parierten seinen Schlag. Überrascht schaute er mich an. Doch dies hielt nicht lange an und er attackierte mich weiter. Doch jeden Hieb wehrte ich ab. Ich hatte das Gefühl, dass er nur halbherzig kämpfte, dass er auf etwas wartet oder etwas vorbereitete. So blickte ich in mein inneres, ohne ihn aus den Augen zu lassen, und wog sämtliche Strategien, die es in der dunklen Magie gab ab. Doch nichts ergab einen Sinn und kam nur auf einen Nenner, er wollte Zeit schinden. Aber für was? Oder vielleicht doch nicht.
»Sag mir Zehsmik, was ist der Lohn, den du zu zahlen hast um die dunkle Magie ohne Beihilfe nutzen zu können. Sie ist nicht umsonst.« Wieder griff er an und ich wich aus. Es war zu einfach. »Hast du damit mit deiner Unsterblichkeit gezahlt, oder musstest du mit etwas zahlen, was dir wichtig ist, wie bei den Trollen. Verlierst du bei jeder Anwendung deine Attraktivität oder sogar die Drachenmagie oder vielleicht ist es, worauf du immer stolz warst, auch jetzt noch bist. Dein Können, dein Titel als ungeschlagener Kämpfer in der königlichen Armee. Du dientest vor mir zwei Könige und hattest hohes Ansehen.« Zornig funkelte er mich an und attackierte mich aufs Neue.
»Der Rebell weicht wieder wie ein Panther den kräftigen Hieben aus. Parierte sie, als ob sie aus Luft bestehen würden. Der Herrscher der Drachen Zeshmik so scheint es, hat keine Chance gegen den Rebell. - Ich möchte zu gerne wissen, wer er ist ...«, hörte ich die Reporterin sprechen und nun wurde es mir klar. Ich wandte unbewusst die dunkle Magie an. Zeshmik schindete keine Zeit. Er kämpfte mit all seinem Können. Es war einfach, dass ich schneller und stärker war, wie er. »Also sag mir, was musstest du dafür bezahlen, um die dunkle Magie nutzen zu können?« Geschockt blickte er mich an und ich sah, dass er darauf nicht antworten wollte und doch sprach er: »Die königliche Macht ist der Preis. Warum konntest du nicht noch ein paar weitere Jahrzehnte als tot gelten? Und ich hätte sie wieder ins Leben rufen können.«
Ins Leben rufen können? Wen? Kurz hatte ich nicht aufgepasst und Zeshmik traf mich an der Hand, dass ich das Schwert fallen ließ. Wie Blitze durchzuckte es meinen Körper und ich hatte einen kleinen Einblick in seine Gedanken. Narla! Er wollte Narla ins Leben zurückholen. Aber dafür war es zu spät. Sie war bereits weitergegangen und wartete nicht mehr im Reich der Ahnen auf mich.
Bevor er zum nächsten Schlag ausholen konnte, hatte er sich mein am Boden liegendes Schwert geschnappt. Ich rollte mich von ihm weg und zog mein zweites Schwert aus der Scheide. Gleichzeitig nahm ich mir einen Dolch in die Hand.
»Oh, das wird immer spannend. Beide kämpfen nun beidhändig ...«
»Du wirst es nicht mehr schaffen!«, sagte ich und senkte die Waffen. Verblüfft starrte er mich an.
»Was schaffen?«
»Narla zurückzuholen!«
»Woher ...« Weiter sprach er nicht und stürzte auf mich. Nebenbei fuhr er mit der Hand über das Schwert und ich sah, dass er eine Formel sprach. Für einen Bruchteil von einer Sekunde verdunkelte sich das Schwert und ich erkannte, dass er es verstärkt hatte. Abwehren brachte nichts, da sonst meine Schwerter kaputtgegangen wären und so sprang ich auf die Seite und er schlug in die Luft. Das gleiche, was er mit seinem Schwert gemacht hatte, machte ich mit meinem beiden, nur sprach ich keine Formel und er blickte mich geschockt an. Kurz legte ich meinen Kopf schief und lächelte leicht.
»Aber wie ... wie ist das möglich?«
»Weil ich der Drachenkönig bin. Ich lebe die Magie. Ich bin die Magie. Die dunkle Magie ist ein Teil von der eigentlichen, die seit beginn der Zeit existiert. Meinst du wirklich, ich trete dir gegenüber, ohne zu wissen, wie du kämpfst?« Nun konnte ihn nichts mehr aufhalten und er nutzte alles, was er besaß. Attackierte mich mit seiner dunklen Magie und mit den Schwertern gleichzeitig. Die Hiebe wehrte ich ab und die dunkle Magie prallte von mir. Egal mit was er mich angriff. Er sah sein Ende bereits vor sich und erkannte, dass ich die ganze Zeit mit ihm gespielt hatte. Ihn vor den Zuschauern in der Arena und vor dem Fernseher blamierte.
Die dunkle Magie war wirklich mächtig und auch, wenn ich sie nun nutzen konnte, so schwor ich, sie nie zu gebrauchen, wenn es nicht sein musste.
Zeshmik sank auf die Knie und nun griff ich ihn das erste Mal in den Kampf an. Ich holte aus und schlitzte seinen Bauch von unten nach oben auf. Er krümmte sich, hielt sich die Wunde und schaute mich an.
»Bring es zu Ende! Töte mich!« Ich schüttelte den Kopf und ging langsam auf ihn zu. Dann packte ich ihm am Schopf und zog ihn hoch.
»Sag es!« Er weigerte sich. »Du hast keinen Grund mehr auf deinen Stolz zu achten, der ist bereits vernichtet. Sag es!«
»Ich habe verloren!«
»Lauter und mit dem Ritus des Zweikampfes!«, befahl ich.
»Ich Zehsmik der Rote habe den Zweikampf mit Selem der Schwarze der König der Drachen, verloren. Hiermit erbitte ich um die Gnade eines schnellen Todes.« Allgemeines Geraune ging durch die Arena und ich ließ Zeshmik los, sofort sank er zu Boden, auch spürte, ich wie die Wärme der Magie mich umhüllte. Der Kampf war entschieden und das verbot Magie zu nutzen aufgehoben.
Ich beugte mich über Zeshmik und legte einen Finger auf die Stirn. »Ich nehme mir zurück, was du genommen hast.« Sofort durchströmte mich unsagbare Wärme, die sich mit der Kälte in meinem Herzen vereinigte. Danach trete ich von Zeshmik zurück und ließ die Schwingungen aufleuchten. Reihenweise standen die Zuschauer auf und neigten ihre Häupter.
»Ich Selem der Schwarze nehme von den Ahnen, verliehene Kraft gebrauch und bestrafe dich Zeshmik der Rote, wegen Verrates an deinem König, dem Drachenvolk und all den magischen Lebewesen zu lebenslangen Verdammnis in der Lade der Dunkelheit. Erhöre mich große Mutter und gewähre mir die Bitte.«
Eine Zeit lang tat sich nichts, doch dann wurde Zeshmik hochgerissen und Dornenlianen umschlangen seinen Körper. Er schrie auf und Blut tropfte auf den Boden.
»Dieser Schmerz soll dich begleiten und dich immer daran erinnern, welche Demütigung du über uns gebracht hast.« Meine Stimme wurde lauter. »Lade der Dunkelheit nimm dein Opfer an dich.«
In diesem Augenblick stürzten fünf Säulen hinab und am Boden leuchtete ein Pentagramm auf, das langsam nach oben stieg. Zeshmik schrie seine Seele aus dem Leib und flehte um Gnade. Auch wenn es mich schmerzte ihn so zu sehen, so musste er auf das Äußerste bestraft werden.
»Für immer und ewig übergebe ich dir meinen Drachenbruder.«
Blut lief mir aus den Augen. »Halte ihn bei dir, labe dich an ihm.« Das leuchtende Pentagramm wurde schwarz. »Für immer!«
Die Säulen stiegen nach oben und lösten sich mit Zeshmik auf. Ich selbst sank keuchend zu Boden. Zeshmiks Verbannung hatte mir viel abverlangt.
»Selem!«, hörte ich Lars schreien und er sprang von der Tribüne runter. Er rannte auf mich zu. Ich spürte nur noch, wie er mich in die Arme nahm und ich versank in die Dunkelheit.

Stimmengewirr folgte mich, als ich wach wurde und ich blickte mich im Zimmer um. Doch ich erkannte es nicht, aber als ich aus dem Fenster schaute, wusste ich, dass ich immer noch auf Almenien war.
Ich schloss meine Augen und trat in das Reich der Ahnen ein. Doch diesmal umhüllte mich kein Nebel, ich befand mich im Saal der Toten. Ich kniete mich hin, um den Ahnen die Ehre zu erweisen.
»Was ist dein Begehr, König Selem der Schwarze!«
»Ich bin hier um euch meinen Dank zu erbringen und die dunkle Magie zurückzugeben, die ihr mir gewährt hattet zu nutzen.«
»Dein Dank nehmen wir gerne an, aber die dunkle Magie kann nicht mehr zurückgegeben werden. Sie ist nun ein Teil von dir.« Was?
»Wie das?«
»König Selem. Du bist der wahre Drachenkönig. Der Einzige der die Macht besitzt, die ganze Magie von unserer großen Mutter zu beherrschen. Sie im Einklang zu bringen, so wie es vor vielen Äonen der erste Drachenkönig getan hat. Gehe nun König der Könige und herrsche weise.« Die Ahnen die zum größten Teil aus den vergangenen Königen bestanden, verbeugten sich vor mir und traten in den Nebel ein, der mich langsam einhüllte.

Ich befand mich wieder in dem Zimmer und musste kräftig Schlucken. Das war harter Tobak, der sich erst einmal zu verdauen galt.
Lars trat ans Bett heran und schaute mich an.
»Na wieder zurück? Wie geht´s dir denn?« Ich lächelte ihn nur an, denn ich wusste, dass er es wusste, wie es mir ging. Langsam beugte er sich zu mir runter und suchte meinen Mund. Seine Zunge fuhr sanft über meine Lippen und ich öffnete sie. Unsere Zungen umspielten sich und er strich mir mit seiner Hand über meinen Hals. Ich fing an mich in seiner Verführung zu verlieren, als jemand sich räusperte.
»König Alman! Was kann ich für Euch tun?« Er kicherte und zwinkerte mir zu.
»Nichts mein Junge. Ich sehe nur, dass sich das Schicksal erfüllt hat. Macht weiter. Ach junge Liebe. Ich hätte davon auch gerne ein Stück, aber so alt bin ich ja nicht, vielleicht so ein junges Mädel ...!«, murmelte er in seinen Bart und ging aus dem Zimmer. Leise und kichernd schloss er die Tür.
Lars und ich blickten uns tief in die Augen.
»Wo sind wir stehen geblieben?«, fragte er und ich hob die Decke. Diese Aufforderung kam er sehr gerne nach und legte sich neben mich.

 

Nachwort

In den nachfolgenden Jahrzehnten hatte Selem es geschafft, dass die Menschen und die magischen Wesen in wirklicher Koexistenz zusammenfanden und lebten. Die Drachenkämpfe wurden zum Volksport ernannt und die Teilnahme war freiwillig. Die ID-Ringe sowie die Chips wurden abgeschafft, aber die Auffangstationen blieben. Anhand seines Verdienstes wurde Selem von den Menschen und den magischen Wesen zum Großkönig ernannt.
Zelm die Tochter des Königs war die erste Drachendame, die wieder Kinder auf die Welt gebracht hatte. Der Geburtstag des Kindes wurde zu Ehren des Königs zum Nationalheldentag.

Selem atmete tief ein und wollte bei den Ahnen seine Abdankung kundtun. Jedoch stieß er auf taube Ohren. So ging er raus auf die Wiese und schaute zum Himmel.
»Was ist los? Wurde die Abdankung akzeptiert?«, fragte Lars und Selem schüttelte den Kopf.
»Nein! Sie sagen, ich bin für immer König, da ich das Gleichgewicht sei.« Lars schmiegte sich von hinten an Selem ran und setzte sanfte Küssen auf dessen Nacken. Selem atmete tief ein und beobachtete das Treiben am Fluss. Friedlicher konnte es nicht mehr sein. Terem lag in der Wiese mit einem Strohhalm im Mund und döste vor sich hin, während seine Gefährtin ihr Kind stillte. Nerm war nicht anwesend, da er zu einem Notfall gerufen worden war. Er galt inzwischen als der beste Arzt für Menschen und allen magischen Wesen. Zelm war nun zum zweiten Mal schwanger und ließ sich von ihrem Gefährten sanft über den Bauch streicheln. Selems Blick blieb bei einem jungen Mann haften, der unter einem Baum saß und für seine kommende Prüfung lernte. Ihm hatte er viel zu verdanken, auch wenn es dem jungen Mann noch nicht bewusst war, er war der ausschlaggebende Grund, warum die Verhandlungen der Koexistenz glatt und glimpflich über die Bühne gingen. Nach dreihundert Jahren der Unfruchtbarkeit, war er die erste Geburt, die die Drachen wieder aufweisen konnten und er war ein Mischling. Halb Mensch und halb Drache.
»Wie alt wird jetzt Naftsem?«, fragte Lars.
»Hmm, nächsten Monat wird er siebzig und du 96.«
»Gott, eigentlich sollte ich schon die Radieschen von unten wachsen hören.« Selem kicherte auf und drehte sich zu seinem Gefährten um. Schlang seine Arme um seinen Hals und setzte einen sanften Kuss auf Lars Lippen.
»Dafür schaust du noch recht freisch aus und hey ... du brauchst noch immer keine Viagra.« Lars wackelte mit den Augenbrauen, schnappte sich Selems Hand und verschwand mit ihm ins Haus.

 

 

Nun schließt sich der Vorhang und wir lassen die beiden tun, was immer sie tun möchten.

 

 

Ende

 

Vielen lieben Dank für den reichlichen Herzchenregen und den vielen Kommis, die ihr für meine Geschichte dagelassen habt. Ich hoffe, ich konnte euch in eine Welt zaubern, in der ihr nicht mehr aufwacht und euch die Geschichte genauso gefallen hat zu lesen, wie mir sie zu schreiben.

Lieben Gruß
Conny/Malaike

Impressum

Texte: (c) 2012 Malaike Lucas
Bildmaterialien: (c) E. R. Thaler, Bearbeitet durch Anna Lena/Coverfont Eutemia I
Lektorat: Keins
Tag der Veröffentlichung: 26.12.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für meine Freundin Janet, die immer ihren fantastischen Senf dazu gab

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