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Donnerstag, 06.August , 2009

Die Fahrt mit dem Minibus zu den Höhlen dauerte doch länger, als ich gedacht hatte. Der Bus fuhr jetzt direkt durch den dichten Urwald. Im Grunde gab es hier in der Gegend nur Urwald, unser Hotel, das Meer und viel Bier. Aber irgendwie gab mir diese Kombination das beruhigende Gefühl, für Keinen auf dieser Welt erreichbar zu sein und einfach meine Sorgen hinter mir lassen zu können.

Kein Mensch würde mich hier an diesem gottverlassenen Ort finden, am Ende der Welt.

Ich nutzte die Zeit, um über die Sache mit Amadeus nachzudenken. Ich musste unbedingt herausfinden, ob da hinter diesen Dingen wirklich was steckte oder war letztlich alles nur Selbstbetrug? Gibt es Dinge um uns herum, die wir nicht wahrnehmen können? Gibt es eine Parallelwelt? Schutzengel? Gott? Dass viele Menschen an einen Gott glauben, beweist ja noch lange nicht seine Existenz.

Meine bisherigen Erfahrungen mit übersinnlichen Dingen waren äußerst gering und beschränkten sich im Wesentlichen auf zwei Erlebnisse:

Es war vor fast 20 Jahren - kurz vor dem Tode meines Vaters und beide Sachen passierten innerhalb weniger Wochen hintereinander. Ich hatte bereits geschlafen, es war ca. 3 Uhr morgens, als ich von irgendetwas aufgewacht war. Ich rieb mir die Augen und erkannte im Halbdunkel am Fußende unseres Ehebettes eine riesig große Gestalt. Sie erinnerte mich schlagartig an einen Schäfer, - er trug einen großen, breitkrempigen Hut und hatte einen langen Mantel an.

Er blickte allerdings nicht auf mich, sondern stand quer am Fußende und blickte auf die Schlafzimmertür an der rechten Seite.

Ich war natürlich zu Tode erschrocken, saß jetzt kerzengerade im Bett, rieb mir nochmal die Augen und - weg! Der Typ war weg!

Oh, Mann, dachte ich mir, bin ich jetzt schon total balla balla - oder was war das gerade?
Sicherheitshalber machte ich das Licht an und legte mich erst wieder ins Bett, nachdem ich das ganze Haus nach dieser „Erscheinung“ abgesucht hatte. Natürlich war nichts da.

Vielleicht sollte ich doch weniger Wein trinken, dachte ich noch vor dem Einschlafen, wobei ich das Licht auf meinem Nachtschrank in dieser Nacht anließ.

Am nächsten Morgen, ich hatte die Sache schon fast wieder vergessen, sagte meine Frau: Du, ich hab heute Nacht was Komisches erlebt und sie erzählte mir –ohne dass sie von meinem Erlebnis wusste- ihre Geschichte, in der in der Nacht bei ihr die gleiche Gestalt aufgetaucht war, wie bei mir.

Sogar die Stellung und Blickrichtung des „Schäfers“ waren gleich. Und natürlich der große Hut, der Mantel,- alles stimmte überein, mit dem, was ich auch für einen kurzen Augenblick gesehen hatte.

Mir blieb das Herz stehen vor Angst, - und wir schliefen in den nächsten Wochen nur noch bei voller Beleuchtung.

Die 2. Geschichte passierte bereits wenige Wochen später.
In diesem Moment ging ein Ruckeln durch den Wagen und brachte mich zurück in die Realität. Unser Bus hatte jetzt die „Schnellstraße“ verlassen und war in einen kleinen Seitenweg eingebogen. An einem Telefonmast hing ein selbstgemaltes Schild, auf dem jemand mit einem Pinsel und verwackelten Buchstaben mit grüner Schrift auf weißem Grund den verheißungsvollen Wegweiser:

Ernesto - Quad, lo mejor del mundo- , der beste Quadladen der Welt von Ernesto.



O.K. wir waren also am Ziel angekommen,- jetzt war erst mal das Dschungelabenteuer angesagt, - die zweite Geschichte muss warten, - ich schreibe sie ein anderes Mal auf.

Nun, - Ernesto war ein etwa dreißigjähriger Argentinier, der sich dieses Basiscamp - wie er es nannte – selbst aufgebaut hatte: Zwei Bretterbuden mit 2 Hängematten, wovon in einer Ernesto wohl selbst wohnte.

Die Bude war vollbespickt mit Hunderten von Fotos ehemaliger Teilnehmer seines Dschungelcamps, die seine Ausflüge offensichtlich überlebt hatten und jetzt die Neuankömmlinge animieren sollten, sich ebenfalls fotografieren zu lassen, was Ernesto - der eine Mischung war zwischen Old Shatterhand und Winnetou- für eine Handvoll Dollar gerne erledigte.

Teil 1 der Expedition sollte eine etwa einstündige Fahrt sein mit einem Quad, jenem motorradähnlichen 4-rädigem Vehikel.
Der 2. Teil bestand dann aus einem Abstecher zu einer der zahlreichen Höhlen mit einem unterirdischen See drin, sogenannten Cenotes. In diesem See konnte man dann nach Belieben baden - oder auch nicht- as you like it- como tu quieres.

Jeder der 12 Teilnehmer, hauptsächlich Amerikaner, bekam ein Quad zugewiesen. David, der noch nie in seinem Leben etwas Motorisiertes unterm Hintern hatte und meine Frage : Klappt das auch mit dir? - mit einem Augenrollen und den genuschelten Worten: Papa, bitte, das ist doch Babykram- beantwortete, sollte als Jüngster ganz nach vorne, - ich fuhr ganz hinten als Letzter.


Bei der Anmeldung gestern im Hotel zu diesem Ausflug hatte ich gefragt, ob man für die Quads hier so eine Art Führerschein braucht, worauf mich die Frau erstaunt ansah und gemeint hatte: Natürlich nicht, Señor, wir sind doch hier in Mexiko.

Wir bekamen alle einen Helm aufgesetzt, erhielten noch einen Schnellkurs wie man die Kiste bedient, fuhren einmal zur Probe um Ernestos Wohnzimmer ( Die Dinger lassen sich unheimlich schwer lenken, da man sich damit ja nicht in die Kurve legen kann) und waren bereit zur großen Dschungel-Tour. Die Karawane setzte sich in Bewegung.

Ich musste in diesem Moment plötzlich an meinen Schutzengel denken, Anton, und ich stellte mir vor, wie er jetzt neben mir laufen würde, außer Atem und das in dieser Affenhitze.

Ich bot ihm einen Platz hinter mir an, der breite Quad-Sattel bot genug Platz für zwei Personen und ich dachte mir: wenn er schon da ist, dann soll er es auch bequem haben, dieser Anton. Pass gut auf! sagte ich ihm und fügte sicherheitshalber noch die spanische Variante hinzu: Tenga cuidado!

Wer weiß, vielleicht war ja auch ein mexikanischer Kollege von Anton als Aushilfe dabei.

Ernesto, den ich natürlich sofort Che Guevara getauft hatte, fuhr allen voran an der Spitze.

Der Weg führte uns auf kleinen, steinigen Pfaden durch den Wald, wobei dicke Felsbrocken auf dem Boden eine zügige Fahrt unmöglich machten. Nur mit Mühe konnte man mit diesen Quads, die abgingen wie ein wildes Pferd, diese steinigen Hindernisse umfahren.

Die Fahrt hatte noch keine 2 Minuten gedauert, da bemerkte ich, dass sich die Quads vorne stauten, irgend etwas musste passiert sein. Staub war aufgewirbelt, so dass ich nicht erkennen konnte, was genau geschehen war.

Die Teilnehmer hatten jetzt alle ihre Maschinen abgeschaltet, man lief hektisch hin und her, ich hörte laute Rufe und versuchte näher nach vorne zu kommen, was nicht leicht war, da alle mit ihren blöden Quads den Durchgang blockierten.
Aber jetzt konnte ich es endlich erkennen: ein Fahrer hatte sich wohl mit seinem Quad überschlagen, wobei das schwere Gerät jetzt direkt auf ihm lag.

Der Fahrer lag wie leblos am Boden und mir bleib fast das Herz stehen: Es war David.


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Tag der Veröffentlichung: 28.12.2009

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