In den Klauen eines Monsters
Als ich ungefähr drei Jahre alt war, kauften wir ein Haus. Es war sehr klein und ich frage mich heute noch, wie meine Eltern es geschafft haben dort sechs Kinder aufzuziehen. Das Haus lag am Mühlendeich, Autos fuhren dort nur sehr selten entlang. Davor floss ein Bach, die Würpe. Meistens war das Wasser nur sehr flach und man konnte darin baden. Darum hatte meine Mama auch nie Angst um uns. Das einzige überhaupt, wo meine Mama Angst vor hatte, das waren Hunde. Zu ihrem Leidwesen war ich aber ganz versessen auf diese „ Fiecher“ wie sie sie nannte. Schon als Baby im Kinderwagen fing ich sofort zu strampeln und zu quicken an, wenn ich einen sah. Als ich endlich laufen konnte, war ich kaum noch zu bremsen. Und ich habe fürchterlich geweint, wenn meine Mutter mich festgehalten hat. In unserer neuen Nachbarschaft gab es zwei Hunde: Direkt nebenan wohnte Ari, ein großer deutscher Schäferhund. Und zwei Häuser weiter wohnte Gabi, sie war eine Pudel Dame. Beide waren zum Glück sehr Kinderfreundlich. Trotzdem bekam meine Mama fast einen Herzinfarkt wenn sie sah, wie ich einen von ihnen Umarmte. Eines Tages lief ich mit meiner Mama zum Tante Emma Laden am Ende der Straße. Wie immer bekam ich von Frau Brünjes einen Zwieback. So stand ich da, schaute zum Fenster hinaus und aß meinen Zwieback. Ich sah wie eine Frau mit einem großen Bernhardiner auf den Laden zukam, sie band den Hund draußen fest und kam herein. Als sie die Tür öffnete, nutzte ich die Gelegenheit und lief nach draußen. Der Hund wedelte mit dem Schwanz, hatte er doch längst mitbekommen, das ich etwas Essbares in der Hand hielt. Ich teilte den Rest von meinem Zwieback mit dem Hund. Meine kleine Hand verschwand fast in seinem großen Maul, als er mir vorsichtig das Stückchen abnahm. Ich Umarmte ihn und streichelte seinen großen Kopf.
Als meine Mutter aus dem Laden kam fand sie mich zwischen den großen Pfoten des Bernhardiners sitzend und der sabber tropfte mir auf den Kopf. Sie schnappte nach Luft, als sie sah dass ihr kleines Mädchen direkt unter diesem Monster saß. Mit Engelszungen redete sie auf mich ein. Versprach mir ein Eis und ganz viele Süßigkeiten, aber nichts brachte mich dazu aufzustehen, ich fühlte mich pudel wohl bei dem Hund. Erst als die andere Frau aus dem Laden kam und mit dem Hund wegging schaffte meine Mutter es mich zu schnappen. Sie nahm mich auf den Arm und ließ mich nicht mehr los. Zuhause angekommen stopfte sie mich erst einmal in die Wanne und schrubbte mich gründlich ab. Danach durfte ich nicht mehr allein den Laden verlassen, wenn sie mit mir Einkaufen ging.
Tag der Veröffentlichung: 24.04.2014
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