Das wirkliche Ende von „klein Zaches“
Candida und Balthasar leben jetzt schon drei Jahre zusammen in dem verzauberten Haus. Das liebliche Ehepaar hat sich in diesem Häuschen schnell eingelebt. Balthasar ist in diesen drei Jahren zu einem bekannt und geschätzten Poeten geworden, seine Gedichte und Schriften sind voller farbiger Emotionen und wundervoll zu lesen. Candida kocht für ihn, spricht ihm Mut zu, wenn er mal in einer kritischen, fantasielosen Phase feststeckt, sie putzt das Haus und kümmert sich liebevoll um den Garten. Auf den ersten Blick, geliebter Leser, ist es eine vollkommende und glückliche Ehe, doch schaut man unter den Schleier der Harmonie, entdeckt man die Risse in der einst so innigen Liebe. Candida nämlich, die einst den verzauberten Halsschmuck von Fräulein Rosenschön als Geschenk erhielt, erscheinen einige Tage in ihrem wundervollen Leben, als wären diese ein Traum, als würde sie Dinge sagen, die sie so nicht sagen wollte. Vergangene Woche Beispielsweise, hatte Balthasar ihr mal wieder ein Gedicht vorgelesen, das, wie sie fand, sich genauso anhörte wie die letzten, doch statt ihm dies zu sagen, kam aus ihrem Mund genau das gegenteilige und je mehr sie sich bemühte ihm zu sagen, wie langweilig sie diese Gedichte momentan fand, umso mehr hatte sie ihre eigene Zunge nicht Unterkontrolle, die wundervollen Worte Sprudelten nur so aus ihr heraus. Nachts geht das engelsgleiche Wesen häufig in den Garten und legt sich in das Gras, dort schließt sie die Augen und denkt über ihr Leben nach. Während der Wind zart die Blätter zum Klingen bringt und der Mond sanft, durch die sich im lauen Wind tanzenden Äste schimmert. Dort nimmt sie die Kette ab und betrachtet diese lange. Sie weiß schon gar nicht mehr wann sie dieses wundervolle und vollkommene Schmuckstück geschenkt bekommen hat, doch fühlt sie, dass von ihr etwas ausgeht, dass sie selbst verändert. Sie weiß auch nicht, warum sie nur dieses eine Kollier trägt und nicht die Perlen ihrer geliebten Mutter. Doch von Zeit zu Zeit wird die Bindung zu diesem Halsschmuck immer weniger, als würde ein unsichtbares Band zu ihr langsam schwinden. Mit den harten Worten „Ach, das ist doch albern, ich sollte mich nicht mit solchen tollen Phantasien ablenken.“ Steht sie auf, macht sich das Schmuckstück wieder um und geht zurück ins Bett. Dies, lieber Leser, geschieht nun schon seit drei oder vier Wochen jede Nacht, Candida überlegt auch häufiger, weshalb sie Balthasar eigentlich liebt und die Argumente werden immer weniger. Doch nun zurück zu der eigentlichen Geschichte.
Eines Morgens steht Alpanus auf der Türschwelle des Pärchens. Er ist zufällig in der Gegend gewesen und wollte sehen, wie es dem glücklichen Geliebten geht. Balthasar ist hocherfreut ihn wieder zusehen und bittet ihn gleich hinein „Candida, Liebste, mach uns doch bitte einen Tee.“ Mit diesen Worten führt er den Magier ins Teezimmer. Während Balthasar übers ganze Gesicht strahlt, kann Candida sich nur ein qualvolles Lächeln abringen. „Kindchen, was machst du so eine finstere Miene? Balthasar, lies deinem Frauchen doch das wundervolle Gedicht vor, welches soeben deiner Feder entsprungen ist, dass wird ihre Stimmung aufhellen.“
„Du bist meine Sonne,
meine Rettung und mein Schutz,
du erfüllst mich mit Wonne,
doch ist der Schmutz
der an meinen Händen klebt,
Gewicht was du mit mir trägst.
Du bist mein Licht,
welches mich trägt in der Dunkelheit,
es ist meine Pflicht
deine einzig wahre Vollkommenheit
nicht zu hinterfragen, sondern zu lieben,
und deine Entscheidungen zu respektieren.
Du bist mein Mut,
den ich brauche um an dich,
in aller größter Not
den Glauben zu erhalten
mit deinen weisen Entscheidungen zu gehn´,
oder dich um dringende Hilfe zu flehn`.
Du bist die liebe in mein Leben,
du hast sie mir geschenkt,
du kannst sie mir auch nehmen,
du hast die Macht sie zu ertränken
in meinen Tränen, und
sie einem anderen zu schenken.“
Candida seufzte hörbar und sprach im sanften Ton: „ Balthasar, mein Geliebter Balthasar, es gab bessere Gedichte, denn bei diesem fehlen hier und da die farbigen Emotionen, es reimt sich an einigen Stellen nicht, es liest sich nicht flüssig und außerdem handeln alle deine Gedichte von dem selben Thema. Das Herz, welches du versuchst mit der wärme zu erreichen, bleibt kalt.“ Alpanus verschluckte sich an seinem Tee und ließ entsetzt die Tasse sinken. Balthasar riss die Augen weit auf, sein Mund blieb weit offen stehen und er brachte nicht ein einziges Wörtchen heraus. Alpanus Blick wandert zu Candidas Halsschmuck, welcher die Perlen ihrer Mutter ist. Sie hatte am Morgen das Kollier von Fräulein Rosenschön abgelegt und das Halsband ihrer Mutter angelegt. Candida verließ überstürzt den Raum und währen Balthasar und Alpanus fachsimpeln, wie man den Zauber erneuern könne, währenddessen macht sich die liebreizende Candida Vorwürfe, weil sie so hart mit ihrem Ehemann umgegangen ist. Mein geliebter Leser, der verstörte Balthasar und der klare Alpanus kommen zu dem Schluss, dass der Zauber verblasst und nicht erneuert werden kann. Candida bittet bei Balthasar um Verzeihung und nach dem Alpanus gegangen war, einigten sie sich, dass sie weiterhin zusammen leben wollen, um die einst echte Liebe zu erneuern. Nun, sehr geliebter Leser, kannst du dir sicherlich vorstellen, dass das friedliche und harmonische Zusammenleben des Pärchens vorüber ist, statt nette und sanfte Worte, gelten nun böse und zynische an die Tagesordnung. Nach einem besonders argem Streit, beschließt die sonst so liebreizende Candida zurück in die Stadt zu ziehen und die Ehe mit Balthasar aufzulösen, um ein neues Liebesglück zu finden, welches hoffentlich länger hält. Balthasar lebt weiterhin in Alpanus Haus, doch sind seine einst so farbvollen Gedichte nun düster, dramatisch und traurig. Er kann die ewige Liebe zu Candida nicht vergessen. Nachts wacht er schweißgebadet auf, weil er ungewöhnliche Träume hat. Beispielsweise sieht er sich und seinen Engel auf einer Turmspitze stehen, auf der nach einem kurzen Kampf er in die Tiefe stürzt. Er schreibt über diese seltsamen Träume und wird durch diese immer bekannter, doch kann er seinen Ruhm nicht genießen, da er immer seiner verlorenen Liebe hinterher trauern wird.
Tag der Veröffentlichung: 29.05.2014
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