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>Prolog<


Schnell spielte Jean Pierre ihr den Ball zu, rasch blickte sie sich über die Schulter, sah Charlotte auf sie zukommen. Sofort reagierte Marie und trippelte unter dem Quietschen ihrer Turnschuhe über den Boden der Sporthalle in Richtung Korb. Kurz davor sprang sie ab, die Hände in Richtung Korb streckend, schwebte sie auf den Korb zu und wurde in letzter Minute von Raùl zu Boden geschleudert, welcher sie zur Seite schubste, den Ball zu fassen kam und Jaqueline zuspielte. Marie aber blieb liegen, ihre Schulter schmerzte so, dass sie mit schmerzzerissenem Gesicht aufstand. Madamè la Cure war wenige Augenblicke später bei ihr und erkundigte sich nach ihrem Zustand. " Geh am besten Nachhause, wir haben eh nur noch eine halbe Stunde. Gute Besserung, ich trage dich dann als entschuldigt ein, die Entschuldigung bring dann bitte das nächste Mal mit." Mit einem Nicken verschwand Marie aus der Turnhalle und begab sich in Richtung Umkleide.


Mitten in der Nacht stand sie vorsichtig auf, ihre Schulter schmerzte leicht. Langsam zog sie sich eine Hose und einen Pullover über und darüber einen warmen Mantel. So tritt sie vor die Haustür und lief los. Einfach grade aus. Erst die Straße entlang dann den Feldweg, solange bis sie vor einem Seitentor stehen blieb. Sie zögerte kurz und überlegte. Sollte sie zu solch später Stunde noch den Friedhof aufsuchen? Sie überwand ihre innere Scheue und öffnete das verschnörkelte Eisentor. Mit einem Quietschen fiel es hinter ihr ins Schloss. Erschrocken drehte sie sich um. Ihr Atem raste und sie versuchte sich im Dunkeln zu orientieren. Auf den meisten Gräbern leuchteten die roten Kerzen und spendeten dem Mädchen wenigstens etwas Licht. Schön, sah das aus, die Dunkle Nacht und nur die roten Kerzen leuchteten. Nach ein paar Runden über die verschiedensten Pfade hatte sie das Grab ihrer Großmutter gefunden. Marie kniete nieder und zündete die Kerze darauf an. Wieder aufgerichtet sah sie auf die Aufschrift des Grabsteines. Eine alte Szene erwachte vor ihrem Auge zum Leben.

Sie zeigte Ihre Großmutter im Krankenhaus, Marie an ihrem Bett. Die Alte Frau war verkabelt und redete mühsam mit dem Mädchen. „ Wenn ich bald nicht mehr bin, wirst du dann mein Grab besuchen und die Buchstaben von meinem Grabstein abnehmen? Es sollst nur du wissen, wo ich begraben bin. Ich möchte nicht öffentlich dort liegen, nicht unter meinem Namen.“ „ Ich verspreche es!“, sprach Marie mit zittriger Stimme. Die alte Frau schloss die Augen, die Geräte neben ihr piepsten. Sie war tot. Marie schluchzte und schrie.

Warme Tränen kullerten von ihrer Wange, welche sie schnell wegwischte und ihre Gedanken sammelte. Schnell beugte sie sich auf die Steinplatte und begann an den Goldenen Buchstaben zu ziehen, doch sie wollten sich nicht lösen lassen. Da raschelte etwas hinter ihr. Erschrocken wandte sie sich ruckartig um und sah in zwei blaue Augen, die matt glänzten. Mit offenem Mund betrachtete sie einen jungen Mann, der ganz in schwarz gekleidet vor ihr stand. Seine Haare waren in einem dunklen Braun ton und schulterlang, sein Gesicht war schön geformt und sah freundlich aus.
„ Hier, versuch es doch mit einem Spachtel. Damit geht es bestimmt besser.“, meinte der Junge und reichte ihr einen Spachtel. Mit großen Augen sah das blonde Mädchen ihn an und griff nach dem Spachtel. Scheu drehte sie sich wieder um und begann mit einem großen G für Gerda. Voll Neugier drehte sie sich über die Schulter um und sah, dass der Junge immer noch dort stand. „ Kannst du mir vielleicht helfen?“, fragte sie kleinlaut. Ohne eine Antwort zu geben ging der Junge zu ihr, ließ sich den Spachtel reichen und begann die anderen Buchstaben in Windeseile abzubrechen. Schnell sammelte er alle Buchstaben dafür und hielt einen in der Hand und biss darauf. Nun nahm er ihn heraus, wischte es am Mantel ab und übergab Marie die Buchstaben. „Echtgold. Dafür bekommst du bestimmt ein paar Scheine.“, sprach er und zwinkerte ihr zu. Grade als er sich umdrehte um zu gehen, rief sie: „Ich weiß. Das ist das Grab meiner Oma.“ Da drehte er sich um und Marie lief ihm entgegen und ging neben ihm den Hauptweg des Friedhofes entlang. „ Aber warum machst du das dann?“, fragte er verwundert. „ Entschuldigung, ich habe mich ja noch gar nicht vorgestellt. Ich bin Jerome .“, meinte er und streckte ihr seine rechte Hand entgegen. „ Mein Name ist Marie. Ich habe es getan, weil es ihr letzter Wille war. Sie wollte hier anonym liegen. Ich weiß, das klingt total wirr. Irgendwo verstehe ich es aber.“ Jerome blickte sie an und nickte zustimmend. Gleichzeitig meinte er. „ Ich finde es toll, dass du ihrem Wunsch nachgegangen bist. Sehr mutig von dir heute Nacht einfach so alleine auf den Friedhof zu marschieren und dich an einem Grab zu schaffen zu machen. Hätte der Friedhofswärter Bohn dich gesehen, hätte das böse enden können.“, er lächelte kurz und bemerkte dann aber wie Marie ihn traurig ansah. Fand er sie ängstlich und unscheinbar, wie ein kleines Mädchen das Angst vor den bösen Monstern unter seinem Bett hatte? Nein, das sollte er nicht von ihr denken. So liefen sie noch eine Weile nebeneinander her, bis sie fror und begann zu zittern. Inzwischen leuchteten nur noch wenige der Kerzen und es war düsterer geworden. „ Komm, es ist zu kalt für dich, ich bring dich hier raus. „, riet ihr Jerome, doch Marie wollte Mut und Stärke zeigen und meinte. „ Schon ok, ich weiß wo es hier raus geht.“, und drehte sich um. „ Bist du dir da sicher?“, diese Worte aus Jeromes Mund durchfuhren ihren Körper und sie blieb starr stehen. „ Ja, das bin ich.“, sprach sie aus ohne sich umzudrehen und ging den Weg zurück und bog in einen der Nebenwege ab. Jerome verschwand hinter in der nächsten Kreuzung.


Verschreckt und total orientierungslos sah Marie zur nächsten Kerze in der Ferne. Sie hatte sich total vertan und war in einem Gebiet des Friedhofes gelandet, welches sie nicht gut kannte. Ängstlich sah sie sich um. „ Verdammt. Das gibt es doch nicht!“, sprach sie laut und verzweifelt aus.
Plötzlich lag eine Hand auf ihrer Schulter und schnell drehte Marie sich um. „Soll ich dich doch lieber zum Eingang bringen?“, fragte Jerome, der sie angetippt hatte. „ Bitte, Bitte bring mich hier raus.“, flehte Marie und fiel ihm erschöpft in die Arme. Dieser sah etwas verblüfft aus, legte seinen Arm um sie und brachte sie schließlich an den Haupteingang des Friedhofes. Dort löste er seinen Arm von ihrer Schulter. „ Danke für alles. Wann sehe ich dich wieder?“, fragte Marie fröstelnd. „ Nichts zu danken. Ich bin eigentlich jeden Abend hier, sobald es dunkel wird bin ich an der alten Kapelle.“, sprach er mit einem Lächeln auf den Lippen. Marie blickte zu ihm empor. Ihre Augen blitzten. Sie konnte sich kaum von dem geheimnisvollen Jungen abwenden. „ Nun geh!“, meinte dieser und Marie setzte sich in Bewegung. „ Schlaf gut!“, rief er ihr noch nach, ehe sie in den Feldweg abbog und begann zu rennen, bis sie die Haustür erreicht hatte.


> 2. Kapitel

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Tag der Veröffentlichung: 31.05.2010

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