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Kommentar

Grimms Kinder- und Hausmärchen beflügeln nicht nur seit Generationen die Fantasie von Kindern und Erwachsenen; sie haben sogar das Verständnis der gesamten westlichen Welt dafür, was ein Märchen ausmacht, grundlegend beeinflusst. Vor über zweihundert Jahren erschien die erste Fassung ihrer Märchensammlung. Jacob und Wilhelm Grimm waren Sprachforscher und machten sich zuerst im Auftrag anderer Schriftsteller (u.a. Clemens Brentano) auf die Suche nach volkstümlichen Erzählungen, die Bestandteil einer Volksliedersammlung werden sollten. Die Brüder Grimm konnten zunächst 48 gesammelte Geschichten beisteuern, die letztendlich aber nicht in der Volksliedersammlung aufgenommen wurden. Als Volkskundler fanden die Grimms das Aufspüren dieser alten Erzählungen aber derart spannend, dass sie ihre Nachforschungen auf eigene Faust weiterführten. Zu den Geschichten fanden die Brüder Grimm durch befreundete und bekannte Familien, teils adelige und bekannte Persönlichkeiten, und tatsächlich auch durch Menschen aus dem 'gemeinen Volk'.

 

Die Hauptquellen ihrer Märchensammlung waren:

 

  • Friederike Mannel(Pfarrerstochter aus Allendorf an der Landsburg)

  • die Töchter der Familie Hassenpflug (aus Hessen, mit französischen Wurzeln)

  • die Familie Wild (Henrietta Dorothea Wild wurde später Wilhelm Grimms Ehefrau)

  • die Familie Ramus

  • die Famlie von Haxthausen (westfälisches Adelsgeschlecht)

  • Jenny von Droste-Hülshoff (die ältere Schwester der Schriftstellerin Annette von Droste-Hülshoff)

  • Johann Friedrich Krause (ein pensionierter hessischer Wachtmeister)

  • Dorothea Viehmann (eine ältere Bäuerin und Wirtstochter aus der Nähe von Kassel)

 

Die beiden letzten Personen waren nicht nur die ältesten, sondern gelten als die wichtigsten Beiträger volkstümlicher Überlieferungen für die Grimmsche Sammlung. So waren die Brüder sehr beeindruckt von Dorothea Viehmann und ihrer Fähigkeit, die Geschichten mühelos und mit immer den gleichen Worten wiederzugeben. Wilhelm Grimm schrieb über sie: „Einer jener guten Zufälle aber war es, daß wir aus dem bei Cassel gelegenen Dorfe Nieder-Zwehrn eine Bäuerin kennen lernten, die uns die meisten und schönsten Märchen des zweiten Bandes erzählte. Diese Frau, Namens Viehmännin, war noch rüstig, und nicht viel über fünfzig Jahre alt. […] Sie bewahrte die alten Sagen fest im Gedächtniß.“

 

Dorothea Viehmann erzählte ihnen über 40 Märchen und dazu Märchenvariationen zu mindestens 36 Märchen der Brüder Grimm. So kann man sagen, dass die Märchen, die von ihr stammen, den ursprünglichsten und tatsächlich volkstümlichsten Charakter haben. Im Gegensatz dazu wurden die Erzählungen, die von intellektuellen, belesenen Töchtern höherer Familien weitergegeben wurden, mehr als nur einmal im Rahmen der Zusammenstellung der Sammlung überarbeitet. Zwar handelte es sich auch bei den Geschichten, die den adeligen und gutbürgerlichen Frauen von Mägden, Bauern, Schäfern und anderen 'einfachen Leuten' zugetragen wurden, ebenfalls um Volksgut. Vieles wurde aber nicht oder nur verändert weitergegeben – sei es aus Scham über derbe oder anzügliche Schwänke, oder weil manche Erzählung als als unwichtig oder widersprüchlich empfunden wurde.

 

Die Brüder Grimm wählten aus den ihnen vorliegenden Geschichten dann auch wiederum aus, welche Geschichten es wert waren, weitererzählt zu werden, schrieben die einen um oder erzählten andere in eigenen Worten neu. Dadurch lässt sich auch erklären, wie es zu dieser Märchenbuchsprache kam, die heutzutage ein unverkennbares Stilmittel eines alten (oder alt wirkenden) Märchens ist. Am Bekanntesten ist wohl die Eingangsformel „Es war einmal...“, mit der aber längst nicht jedes Grimmsche Märchen beginnt.

 

Insgesamt kennt man heute über 210 Märchen der Brüder Grimm, die in den Jahren 1812 bis 1858 in sieben Ausgaben ihres Buches, das den Namen Kinder- und Hausmärchen erhielt, erschienen sind. Sowohl die Anzahl und Reihenfolge, als auch die Zusammenstellung der enthaltenen Märchen wurde von Ausgabe zu Ausgabe immer wieder geändert. Besonders interessant ist, dass die Sprachforscher Jacob und Wilhelm Grimm die Märchen und Erzählungen zu Anfang sogar teilweise unvollständig abdrucken ließen und ihre

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 06.08.2017
ISBN: 978-3-7438-2683-0

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