Klassentreffen
immer noch …
Ja echt, wir treffen uns immer noch trotz unseres greisenhaften Alters. Alle sind um die 85 Jahre alt. Es ist jedes Mal fröhlich und laut wie früher in der Schulklasse.
Regelmäßig findet unser Treffen am 1. Mai in der wunderschönen Hansestadt Stade statt.
Bei dem Wirt im Insel-Restaurant kann man sagen, haben wir schon einen Dauerauftrag.
Tradition ist es bei uns, dass wir fast alle Spargel mit Sauce Hollandaise und Schinken essen, weil es genau die richtige Jahreszeit dafür ist.
Mit den Jahren ist unsere Gruppe schon mächtig geschrumpft. Wir waren mal um die 20 Teilnehmerinnen. Jetzt sind es nur noch halb so viele. Ja, richtig, es sind nur -rinnen, d.h. Weibsen. Die Schule früher war ein „Oberlyzeum für Mädchen“. Was ganz Feines, wie man damals sagte. Aber streng war es. Lange Hosen waren verpönt. Es herrschte Sitte und Ordnung!!! Immerhin, wurden wir vom 16ten Lebensjahr an mit „Sie“ angesprochen.
Die Kriegsjahre während der Schulzeit waren schwer. Danach kam die „magere“Zeit.
Es gab so gut wie nichts.
Schülerinnen aus den deutschen Ostgebieten (Flüchtlinge und Vertriebene) waren inzwischen auch dabei.
Erstaunlich ist, das „Strippi“ noch immer von Magdeburg kommt. Sie fährt noch selber Auto. Vor einigen Jahren war auch „Nati“ noch dabei. Sie saß zuletzt im Rollstuhl nach vielen schweren Krankheiten. Sie lebte mit ihrem sehr viel älteren Mann, im Altenheim, der dort auch verstarb. Wiltrud und ihr Mann holten sie immer ab, weil sie ein passend großes Auto haben. „Nanne“, die in Düsseldorf lebt, hat ihr Auto verkauft und ist im Seniorenheim und kommt leider nicht mehr. Die Schlauste unserer Klasse, die auch promoviert hat, wurde leider dement und ist im Pflegeheim gestorben. Unsere „Schönste“ aus Hamburg bekam plötzlich und unerwartet einen unheilbaren Gehirn-Tumor. Sie ist seit einigen Jahren auch nicht mehr unter uns.
Seit 2015 fahre ich nur noch per Bahn nach Stade, auch wenn der schreckliche Bahnhof Harburg, wo ich umsteigen muss, mich nervt.
Vor einigen Jahren, als ich noch mit unserem Auto zum Treffen gefahren bin, war ich schon immer 1 Stunden vor Beginn dort, um durch die Altstadt zu laufen. Die Fotomotive sind in Stade unerschöpflich. Jetzt durch die leistungsfähigen Digi-Cams
macht das fotografieren richtig Spaß. Ich hatte immer darauf gehofft, dass wir alle mal eine Bootsfahrt auf dem Burggraben machen. Aber dazu ist es leider nie gekommen, weil zu viele sich durch körperliche Probleme das nicht mehr zutrauten.
Wenn unser immer kleiner werdender Haufen sich einmal jährlich trifft, geht ein heiteres und lautes Geschnatter los. Es gibt viel zu erzählen. Aus früheren Zeiten und auch, was sich im vergangenen Jahr so alles ereignet hat.
Weiß' du noch, damals, als ich von dir öfter ein dickes Butterbrot mit gekochten Eiern oder Leberwurst bekam. So was leckeres gab es nur bei den Bauerntöchtern gleich nach dem Krieg. Wir aßen zu Hause Apfelmus auf Brot. Hat auch geschmeckt „schmunzel“.
Da einige der Ehemaligen sehr weit weg oder sogar im Auslland leben, bekommen wir auch mal Post, die dann hier vorgelesen wird.
Es gibt sogar ein gemeinschaftliches Erinnerungsalbum mit vielen Fotos und Unterschriften. Es wird laufend ergänzt und rumgereicht.
Wer weiß, wie lange wir diese schöne Tradition noch aufrecht erhalten können.
Tag der Veröffentlichung: 28.03.2018
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