Warum brauchen wir einen Spiegel?
Wir wollen wissen, wie wir aussehen.
Wollen wir es?
Schon als Kleinkind wird uns irgendwann ein Spiegel vorgehalten, um zu schauen, ob wir uns sehen und erkennen können. Wir beobachten unsere Bewegungen und freuen uns über diese Entdeckung, die wir über uns selber machen.
Später brauchen wir ihn zur Kontrolle der Morgentoilette, beim Frisieren und ob auch nicht noch Zahnpasta in den Mundwinkeln hängen geblieben ist.
Als Teenager kommt die Eitelkeit hinzu. Die jungen Männer wollen gepflegte Frisuren tragen und die Zierde des Mannes, den Bart korrekt schneiden.
Die jungen Damen legen natürlich Wert auf eine modische Frisur, die nur vorm Spiegel gelingt. Dazu kommt noch das Schminken. Da geht ohne Spiegel gar nichts.
Ob man den Spiegel nun als Freund bezeichnen kann, wird wohl eher sehr unterschiedlich gesehen. Er ist in den meisten Fällen ein unverzichtbares Utensil.
Für sehr eitle und gutaussehende Menschen, die sich meistens auch selbst gefallen, dürfte der Spiegel wohl ein guter Freund sein.
Für einige Menschen, die vom lieben Gott nicht so sehr mit viel Schönheit ausgestattet sind, wobei das durchaus relativ zu sehen ist, werden wohl nicht so gern in den Spiegel schauen, sondern ihn nur als notweniges Übel sehen. Sie sind somit auch meistens nicht mit ihrem äußeren Erscheinungsbild zufrieden. Für sie kann der Spiegel eigentlich nur als Feind gesehen werden. Er zeigt ihnen immer wieder ihr ungeliebtes Spiegelbild.
Der Spiegel sagt uns die Wahrheit
Je älter wir werden, je mehr stellen wir fest, wie wir uns verändern. Das wissen wir zwar alle,
wollen es aber nicht so recht wahr haben. Der Spiegel zeigt es uns jeden Tag.
Ganz besonders morgens, wenn wir noch halb verschlafen vor diesen unverzichtbaren Gegenstand treten, sind wir oft nicht zufrieden mit unserem Gegenüber an der Wand.
Akzeptabel finden wir es vielleicht noch, wenn wir einen langen, erholsamen Schlaf hatten. Aber wehe, wenn wir am Abend zuvor eine ausgelassene fröhliche Feier hatten mit Alkoholgenuss und möglicherweise auch Zigarettenrauch. Da zeigt uns unser Spiegel erbarmungslos unser schlaffes, graues, übernächtigtes Gesicht mit Ringen unter den Augen.
Zufriedener sind wir erst nachdem wir ein erfrischendes Duschbad genommen haben, schön frisiert und die Damenwelt auch noch geschminkt ist.
Merkwürdigerweise schauen wir dann auch viel freundlicher in den Spiegel, lächeln vielleicht ein wenig. Na klar, das sieht doch dann schon ganz passabel aus.
Wir werden älter, auch das verbirgt uns der Spiegel nicht.
Nach und nach entdecken wir das eine oder andere graue Haar, dabei sind wir doch noch gar nicht so alt. Bei vielen Männern wird die Stirn immer höher. Die Haare fallen aus, es entwickelt sich eine Glatze, auch bei noch recht jungen Männern.
Da kann der Spiegel schon sehr unbarmherzig sein.
Wenn aber die ersten Falten sichtbar werden, dann finden wir wirklich nicht, dass der Spiegel unser Freund ist.
Er zeigt uns auch ganz ohne Rücksicht unsere Polster am Körper. Unsere Kleidungsstücke scheinen immer mehr einzulaufen. Wir sehen darin aus, wie eine Mettwurst. Man denkt über Diäten nach. Wird man im Alter immer hässlicher? – Ach, vielleicht ist es nur eine falsche Sichtweise. Solange man sich in seiner Haut wie zu Hause fühlt, müsste doch alles in Ordnung sein. – Zugegeben, für den Laufsteg langt es wohl nicht mehr ganz.
Ja, ja der Spiegel, er ist ehrlicher als alle Menschen. Man kann nichts weg mogeln, oder doch?
Es gibt doch Spiegel die breiter und schlanker machen, größer und auch kleiner. So wie man es vielleicht gerne hätte. Sollte man sich auf diese Weise selbst belügen?
Ach, vielleicht ist es das beste, man schafft den Freund bzw. Feind einfach ab.
Die vielen notwendigen Handbewegungen vor dem Spiegel haben wir doch in unserem nun schon langen Leben durch Erfahrungen längst im Griff. Was soll man noch mit diesem immer unfreundlicher werdenden Kritiker an der Wand?
Texte: Alle Rechte liegen bei der
Autorin
Tag der Veröffentlichung: 16.02.2010
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