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Sie war dabei



. . . und es sollte ihre vorletzte Fahrt werden.

Für den Hochsommer war das Fest geplant. Es musste viel vorbereitet werden.
Die ganze Familie war damit beschäftigt. Es sollte für Clara das schönste Fest ihres Lebens werden.
Vater fuhr mit Clara in die Stadt, um ein Traumkleid und die nötigen Accessoirs auszusuchen. Sie hatte nach mehreren Anproben bald den „Hauch in Weiß“ gefunden. Ein weißes glitzerndes Käppchen passend dazu wurde von der netten Verkäuferin angeboten, es gefiel und wurde auch sofort genommen.
Jetzt fehlten nur die silbern farbigen Riemchen-Sandaletten, die Clara sich gewünscht hatte. Es hat lange gedauert, aber sie wurden letztlich doch noch gefunden.
Glücklich und zufrieden fuhr Vater mit Clara wieder nach Hause.





Die Musiker mussten rechtzeitig bestellt werden, denn sie waren an fast allen Wochenenden ausgebucht. Dann kam noch das große Festessen, die Menue-Zusammenstellung dazu.
Es sollte etwas besonderes sein.
Clara, Gretchen, die jüngere Schwester und Mutter haben lange über die Speisenfolge nachgedacht und stellten schließlich einen umfangreichen Plan zusammen, der zwei Mahlzeiten umfasste. Die Feier sollte im eigenen Haus stattfinden. Platz war genügend da und liebe Nachbarn auch, die sich als Köchinnen anboten.




Dann kam „sie“ ins Spiel. Für sie musste Stoff beschafft werden, roter Stoff sollte es sein. Viel Stoff war erforderlich. Mutter stellte sich als Schneiderin zur Verfügung. Sie konnte schon immer gut schneidern. Sie hat für die ganze Familie genäht.









Wer war nun „sie“? - Sie hatte auch einen Namen. Die Familie hatte ihr den Namen

OPELINE



gegeben. Wie man erahnen kann, handelt es sich um ein Auto, ein sehr altes Auto. Es war schon 18 Jahre alt. Mutter hatte es über die Kriegsjahre „gerettet“. Alle privaten Fahrzeuge wurden damals beschlagnahmt.
Mutter jedoch war clever und hatte als Vater im 2. Weltkrieg in Russland war, den Wagen aufgebockt, die Räder abgenommen, den Anlasser und diverse andere wichtige Teile ausgebaut und versteckt. Das Fahrzeug war also nicht mehr fahrtüchtig.



Als sie, unsere Opeline, aber jetzt nach einigen Jahren, zum Einsatz kommen sollte, musste sie gründlich „aufpoliert“ werden. Vater hatte den Wagen schon mit schwarzem Autolack gespritzt und Mutter hatte die Aufgabe, den dicken roten Mantelstoff für die Sitzpolster zuzuschneiden und zu nähen.
Es war eine „Mordsarbeit“. Zum Schluss strahlte Opeline in neuem Glanz.
Besonders schön wurde sie durch den Blumenschmuck auf der Kühlerhaube und den Myrtenkränzchen an den Seitenscheiben.




Opeline hatte jetzt zum Schluss ihrer Lebensdauer die schönste und ehrenvollste Aufgabe, die ein Auto haben kann: Die Hochzeitsfahrt zur Kirche mit anschließender Fahrt zum Foto-Atelier.
Opeline war schon sehr altersschwach. Sie erreichte nur noch eine Geschwindigkeit von 45-50 km/Std.. Manche Fahrt im Winter musste unterbrochen werden, weil das Kühlwasser zu kochen begann. Sie schaffte aber dennoch diese vorletzte schöne „Reise“.
Die letzte Fahrt musste sie leider zum Schrotthändler antreten

Wir fuhren in den folgenden Jahren noch oftmals an diesem Gelände vorbei, wo unsere geliebte OPELINE ihre letzte Bleibe bekommen hatte.




Adieu OPELINE







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Tag der Veröffentlichung: 16.03.2009

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