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Gezielt bewege ich mich durch einen der unzähligen Gänge, die sich systematisch wie kleine Adern durch das Schiff ziehen. Mein Blick streift die einzelnen Markierungen der Sitzreihen, bis endlich eine Platznummer mit der auf meiner Reservierungskarte übereinstimmt. Ich lasse mich in den Sitz fallen und lege meine getragenen Utensilien auf den leeren Platz neben mir ab. Erst dann fällt mir auf, dass die Überfahrt kaum ausgelastet zu sein scheint, nur eine handvoll Menschen sitzen auch in diesem Bereich und mir drängt sich die Frage auf, warum ich so akribisch meinen vorgegebenen Platz eingenommen habe. Bevor ich meinen Gedanken zu Ende bringen kann, wird er von einer Ansage unterbrochen;
"Willkommen an Bord des M.A.R.S.-Shuttle, wir werden in 3min20sek die Direktüberfahrt einleiten. Hierzu nutzen wir den künstlich erzeugten Jetstream, ausgehend vom Mond Phobos, der bis zum Zielort initium_eins im Erdorbit führt. Annähernd 2.3 astronomische Einheit beträgt die Entfernung zum Bestimmungsort. Die Dauer der Überfahrt liegt bei circa 150min. Detaillierte Informationen zur Technologie und zum Zielort stehen zum Abruf an den zahlreichen Informationseinheiten zur Verfügung."
Langsam entflieht meine Konzentration, immer nachlässiger lausch ich der männlichen Stimme. Teilnahmslos bediene ich mit wenigen Berührungen die Projektion des Terminals vor mir, bis eine angenehm weibliche Stimme meine Aufmerksamkeit fordert;
"Planet Erde, umgangsprachlich der blaue Planet genannt. Seit dem großen Kollaps 2054 stieg der prozentuale Land-/ Wasseranteil von der Verteilung 29% zu 71% (Stand Jahr 2024) auf die Verteilung 0,4% zu 99,6% (Stand heute). Die letzte künstlich erstellte Landmasse befindet sich im Bereich der nördlichen Polkappe Arktis, eine Forschungseinrichtung, die nach dem Demoralisationsprozess erbaut wurde..."
Ohrenbetäubender Lärm unterbricht den Vortrag, ruckartig schließen sich die jalousieartigen Abdeckungen an den Luken, auf denen nach vollständigem Verschluss in gelben Buchstaben "Strahlenschutz" steht. Der Blick in den Hanger ist nun vollständig versperrt. Gleichmäßig setzt der Antrieb das Raumschiff in Bewegung, in dem kuppelartigen Hanger steigt es rasch auf und richtet sich mit der Front an einer Markierung aus, die von etlichen Scheinwerfern angestrahlt wird. Die feste Struktur der Kuppel, augenscheinlich aus einer Art Beton kokonförmig in einem Stück gegossen, lässt kein Objekt hindurch. Hektik macht sich im Kontrollraum des Komplexes breit, nach wenigen Augenblicken richtet der Navigator das Wort an das auf den Abflug verharrende Schiff;
"M.A.R.S._2683, Startfreigabe erteilt, Ausgangsportal erreicht in 12sek durchlässigen Zustand."
Knirschend löst sich allmählich die molekulare Struktur der Wand und gibt den beleuchteten Bereich in der Größe frei, der das Schiff gefahrlos passieren lässt. Unter Volllast der antreibenden Kraftquellen schießen wir durch diese Öffnung. Ich beobachte auf den Anzeigen im Inneren wie wir schnell an Höhe gewinnen, wie wir im Umkreis des Marsorbits eng an Phobos vorbeirasen und mit einem Ruck in den Jetstream eintauchen. Dann bricht die Bildübertragung mit einer Meldung abrupt ab:
"Die Geschwindigeit des Jetstream lässt keine Außenaufnahmen während dieser Flugphase zu."
Ich starre ernüchtert auf die schwarzen Anzeigen, hatte ich doch gehofft den Mars komplett zu sehen.
<Fortsetzung folgt>

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Tag der Veröffentlichung: 14.01.2011

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