Die Legende von Arden
von Emily Russ
Düstere Legenden ranken sich um das verfallene Klostergebäude, das auf einem Berg hoch über den Dächern des Dorfes thront und seine Bewohner täglich an das Verbrechen erinnert, das ihre Vorfahren einst an jenem Ort begingen. Als Annie sich eines Tages auf das verrufene Klostergelände verirrt, ahnt sie weder etwas von der Tragödie, die sich vor langer Zeit dort zutrug, noch, wie ihr eigenes Schicksal damit verwoben ist. Erst der rätselhafte Bewohner, der in den Ruinen von Arden haust, öffnet Annie die Augen und entführt sie in eine Welt, in der nichts ist, wie es scheint und aus der es kein Zurück mehr gibt. Denn in der unheimlichen Bibliothek von Arden erlebt sie, wie Bücher zum Leben erwachen und Romanhelden wirklich werden. –Die Legende von Arden ist ein Märchen für alle, die sich für die dunkle Seite der Literatur interessieren.
Der Götterhort
Vor Urzeiten, als es noch keine Menschen gab, die Götter noch auf der Erde lebten, die grünen Hügel von Albion noch von ælphs bevölkert wurden und das kleine Volk der Dworgs in Swarin hauste, begab es sich, dass die dämonischen Trolle aus Eisland den Götterhort des Nordlands überfielen.Der Götterhort war die sagenhafte Schatzkammer des Landes und befand sich in dem verborgenen Land unter der Erde, das die Dworgs Swarin nannten. Dort lebten und schufteten sie als Goldarbeiter für den großen Göttervater Grim. Es war kein leichtes Leben für die kleinen Geschöpfe, doch liebten sie das Gold so sehr, dass sie gerne auf das Tageslicht verzichteten. Und jeder, der einmal das Glühen des Glanzes im Götterhort sah, wird wissen warum.Als jedoch die Trolle nach Swarin kamen, war es aus mit der friedlichen Stimmung im Goldhort. Aus diesem Grund hatten sich die Dworgs Andwari und Durin aus Albion Verstärkung für ihren Kampf gegen die feindlichen Eindringlinge geholt. Zwar waren die ælphs von den Allgrün-Inseln in Albion auch keine großen Krieger, aber mutig und tapfer.„Das einzige, was den Trollen wirklich schaden kann“, begann Andwari, nachdem sich die Dworgs und die ælphs zur Schlachtbesprechung im Götterhort versammelt hatten, „ist gebranntes, glänzendes Gold.“ – „Warum?“ wollte der Allgrün-ælph Hotspur wissen, der gemeinsam mit seinen Gefährten und seinen Brüdern Spouk und Aeryal ins Nordland gekommen war.„Vor vielen, vielen Jahren“, begann Andwari mit geheimnisvoller Stimme, „überfielen ihre Vorfahren schon einmal die Gold-Bergwerke im Nordkapgebirge, dort wo wir Dworgs das Göttergold schürfen. Bei diesem feigen Angriff verloren unzählige Dworgs ihr Leben, bevor die Trolle ihre kostbare Beute in ihre finsteren Höhlen nach Eisland brachten. Dort verehrten sie den Glanz wie eine heilige Reliquie, da sie das Gold für hinab gefallene Sonnenstücke hielten. Als aber der große Grim vom Raub des Göttergolds erfuhr, geriet er so in Zorn, dass er sofort einen grausamen Fluch über die Diebe und alle ihre Nachkommen sprach. Nach diesem Bannspruch sollte fortan jeder Troll, der auch nur ein winziges Stückchen Gold berührte augenblicklich zu Stein werden. Sie selbst glaubten aber, dass der goldene Himmelkörper für diesen Fluch verantwortlich sei und so scheuten sie fortan das Sonnenlicht. Ja, sie bildeten sich sogar ein, dass die Sonnenstrahlen sie verbrennen würden, und dieser Gedanke ließ viele von ihnen beim bloßen Anblick der Sonne vor Entsetzen erstarren.“ Und bedeutend fügte Andwari hinzu: „Ich hörte, dass es im Eisland ganze Gebirge gibt, aus denen einen die versteinerten Gesichter goldgieriger Trolle anstarren.“Beeindruckt staunten die ælphs Andwari an, der jetzt ernst fort fuhr: „Wenn wir wirklich etwas gegen die gefährlichen Eislandtrolle ausrichten wollen, müssen wir aber unbedingt Gullnir auf unsere Seite bringen.“ – „Gullnir?“ wiederholte Spouk fragend.„Gullnir ist ein uralter Drachenwaran“, erklärte Durin, „und er haust in einer der reichsten Höhlen des Götterhorts, wo er über eine große Menge Gold wacht.“ – „Durin hat Recht“, stimmte Andwari zu.„Nur wenn wir gemeinsame Sache mit Gullnir machen, haben wir eine Chance die hässlichen Trollgesichter zu verjagen.“ – „Ist Gullnir auch gefährlich?“ erkundigte sich Aeryal vorsichtig.„Gefährlich vielleicht nicht“, erwiderte Durin, „aber furchtbar launisch und stinkfaul. Er ist manchmal so lahm, dass wir schon dachten er sei tot. Dennoch ist mit Drachenwaranen nicht zu spaßen, sie sind nämlich Giftträger und haben hypnotisierende Augen.“ – „Was meinst du damit?“ fragte Aeryal erschrocken.„Ich meine, dass Gullnir jemanden alleine mit seinen bewegungslosen Glupschaugen einschläfern und ihn dann mit seinen scharfen Beißerchen anknabbern kann“, versetzte Durin, indem er gefährlich die Zähne fletschte.„Und das Gift?“ wisperte Aeryal ängstlich.„Wenn er dir seinen fetten Schuppenschwanz um die Ohren haut, bist du auf der Stelle tot, weil sein Schwanz so gemeine Giftdrüsen hat, dass das keiner überlebt.“ – „Aber keine Angst“, beruhigte Durin den eingeschüchterten Aeryal, „Gullnir ist absolut bestechlich und er liebt Feuer. Sobald er weiß, dass einer ein Feuermeister ist, wird er ganz zahm. Ich glaube, das hat was mit seinen Vorfahren zu tun, die konnten nämlich tatsächlich Feuer speien.“
Andwari Flutfeuers Schatz
Lange bevor die Trolle ins Nordland kamen, hatte Andwari Flutfeuer die Seherin Wala am Schicksalsbrunnen im Schattenreich Utgart besucht. Wala liebte den Dworg wie ihren eigenen Sohn, darum verriet sie ihm oft, was sich die Schicksalsfrauen der Unterwelt heimlich zuraunten. An jenem Tage erzählte sie ihm von einem wertvollen Schatz in einer Meereshöhle, der von einem schrecklichen Drachen bewacht würde: „Nur mit einer brennenden Fackel kann man das Ungeheuer überlisten und den Schatz rauben“, erklärte Wala dem Dworg geheimnisvoll, und noch am selben Tag machte er sich auf den Weg zum Eismeer, um nach dem Schatz zu suchen.Und tatsächlich fand er nach einiger Zeit auch den Eingang zu der unterirdischen Drachenhöhle. Wie Wala ihm geraten hatte, zündete er zuerst eine helle Fackel an, bevor er in den furchterregenden schwarzen Schlund hinab stieg. Natürlich war ihm gar nicht wohl zu Mute bei dem Gedanken alleine, nur mit einer Fackel bewaffnet gegen den schrecklichen Drachen kämpfen zu müssen. Umso überraschter war er daher, als er feststellte, dass das Ungeheuer ganz zahm und freundlich war.„Ein schönes Feuer hast du da“, sagte der Drache schmeichelnd.„Willst du es haben?“ fragte Andwari, und der Schatzhüter nickte eifrig. „Dann gib mir etwas von deinem Gold.“ – „Niemals!“ schnaubte der Drache gefährlich. „Ich versprach den Hort mit meinem Leben
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: Globehouse Verlag, München
Bildmaterialien: Globehouse Verlag, München
Tag der Veröffentlichung: 20.08.2014
ISBN: 978-3-7368-3303-6
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