Laute die nach den Flügeln eines Vogels klangen ertönten über ihr. Sie blickte hinauf und lächelte den Storch an, der über sie hinweg flog. Mit schmatzenden Schritten zog sie sich aus dem Matsch zurück und sprang auf einen Baum mit einer guten Aussicht. Der Storch landete auf seinem Nest und klapperte mit seinem Schnabel. Sofort hörte man quietschende Geräusche. Vorsichtig kletterte sie den Baum weiter hinauf um etwas erkennen zu können. Sie griff nach ihrem Funkgerät und flüsterte hinein. „Ich sehe drei Jungtiere. Nicht älter als eine Woche. Die Mutter füttert sie nun schon zum sechsten Mal.“
Aus dem Funkgerät drang sofort eine verzerrte Stimme. „Wie lange stehst du denn dort schon?“
Seufzend antwortete sie „Noch nicht so lange. Außerdem schreib bitte mit.“
Sie kletterte langsam wieder vom Baum und sprang die letzten Meter hinunter. Am Erdboden fluchte sie leise und wischte sich den Matsch von ihrer Arbeitshose.
„Gut und der Vater?“
„Ich denke den hat ein Luchs erwischt. Ich konnte ihn die letzten Stunden nicht finden. Wir sollten wieder Fallen aufstellen.“
Jedes Jahr zur selben Zeit kamen mehrere Storchpaare zum Brüten und aufziehen ihrer Jungen in das Tal. Es gab hier alles was sie brauchten im Überfluss. Jedoch genauso gab es Jäger die auf die kurze Vielfalt von Futter aus waren.
„Ich werde Zendo raus schicken.“
Seufzend trat sie dem Ranger in die Seite, damit er aufwachte. „Nicht nötig er liegt bereits hier seit gestern Abend.“
Fluchend kam der benannte Ranger verschlafen auf und gähnte ausgiebig. „Was? Ist es schon morgen?“
Sie nickte und deutete in das Sumpfland. „Ich fahre zurück und du stell derweilen ein paar Fallen auf.“
Er blickte sich irritiert um und nickte.
Wahrscheinlich würde er es ja doch nicht tun. Zumindest nicht bis sie wieder zurück war und ihm Beine unter dem Hintern machte.
So schnell sie konnte fuhr sie mit dem Truck zurück und nahm erst einmal eine kurze kalte Dusche.
„Mach nicht so lange, du musst heute noch jemanden einschulen:“ Erklang eine strenge Stimme vor der Türe. Sie antwortete nicht, sondern steckte ihren Kopf wieder unter die Brause, die jedes andere Geräusch verschlang. „Hm...“
Ein Abend davor, in einem anderem Leben
Bedeutend genervt, lehnte sie sich gegen die Hauswand eines ihrer Nachbarn und betrachtete den Jungen der mehrere Meter vor ihr im Garten lag und mit geschlossenen Augen vor sich hin träumte. Es stahl sich ein Lächeln auf ihre Lippen als sie das etwas jüngere Mädchen als sie selbst war beobachtete, wie sie sich an ihn heran schlich. Er schien sie überhaupt nicht zu hören. Es schien als würde er nichts mehr wahr nehmen.
„Ähm... Pearce... Ich...“ Betont genervt blickte er sie an und musterte den Brief den sie in der Hand hielt.
Als sie nicht weiter sprach, legte sie einfach den Brief neben ihm ins Gras und verschwand schneller als das sie gekommen war.
„Wie lange willst du mir noch zusehen, Darts?“ Mein Spitznamen. Als Kinder hatten wir oft miteinander herum gehangen. Wir taten es immer noch. Selbst, wenn wir einfach nur im selben Raum saßen und einer mit der Playstation spielte und der andere las oder sich einen Film ansah. Wir waren von klein auf beste Freunde. Geschwister.
„Ich wollte nur sehen, ob sie noch einmal zurück kommt.“ rechtfertigte sie sich halbherzig. „Warum sollte sie? Ich habe kein Interesse an ihr, ich denke, das konnte sie alleine schon an meinem Blick erkennen.“
Sie ließ sich neben ihren alten Freund ins Gras fallen und öffnete den Brief, den das Mädchen für ihn hinterlassen hat.
„Du könntest sie wenigstens höflich abweisen und nicht nur alle mit deinem tödlichen Blick betrachten.“
Er entriss ihr den Brief, knüllte ihn zusammen und warf ihn zu den Mülltonnen, die mehrere Meter hinter ihnen waren.
„Du weißt dass es mich nicht interessiert was sie für mich empfinden. Ich finde das einfach nur lächerlich und vor allem lästig.“
Mit einem beleidigten Gesichtsausdruck trat sie ihm in die Rippen. Er stöhnte auf vor Schmerzen und beschwerte sich.
„Das hast du auch verdient. Du könntest ihnen wenigstens erklären, das du zur Zeit keine Freundin möchtest und sie dich bitte möglichst mit solchen Sachen in Ruhe lassen sollen.“
Schnaufend setzte er sich auf und strich sich durch das kurz gehaltene Haar. „Interessiert mich nicht.“ Mit diesen Worten stand er auf und ging ins Haus zurück.
Kopfschüttelnd folgte sie ihm. „Wiesel! Jetzt warte doch einmal.“
„Hallo, Kitty.“ Erschrocken fuhr sie zusammen. Ihr Herzschlag beschleunigte sich. Verdammt wie ich das hasse. Fluchte sie innerlich. Betont lässig lehnte sie sich gegen die Wohnzimmertüre und betrachtete den hageren älteren Burschen der auf dem Sofa lümmelte und sich eine Sportsendung ansah.
„Hallo, Josh. Was machst du?“ Sie ließ sich neben ihm auf die Bank fallen und er streckte seine Beine über ihre Füße aus. Schon diese kleine Berührung brachte ihr Blut in Wallung. Sie fühlte wie ihr das Blut in den Kopf schoss und blickte möglichst nicht zu ihm. „Ich sehe fern. Und was macht ihr gerade?“ Ihr? Warum >ihr<? Ich bin doch alleine hier. Ach so... Er meint seinen jüngeren Bruder Pearce.
„>Wir< machen überhaupt nichts. Er war nur schon wieder gemein zu einem Mädchen, das in ihn verliebt ist. Ich habe ihn zu Recht gestutzt.“
Er lachte und reichte ihr die Schüssel mit Chips die er in der Hand hielt. „Ich nehme an, es hat nichts gebracht.“
Sie schüttelte betreten den Kopf. „Natürlich hat es das nicht. Du kennst ihn doch.“
„Und sein humpeln, hat wohl auch etwas mit dir zu tun?“
Sie dachte daran wie sie ihn getreten hatte und lachte. „Natürlich.“
Sie entspannte sich langsam und konnte ihn endlich ansehen. Im Gegensatz zu seinem drei Jahre jüngeren Bruder Pearce, mit dem sie auch in die Klasse ging, war Josh eher ein sehr aufgeschlossener Typ. Er mochte andere Menschen, besonders Frauen. Beinahe jede Woche hatte er eine neue und noch weitere warteten auf die nächste Woche.
„Sag mal... Es ist doch unsere letzte Sommerwoche, bevor die Schule wieder beginnt... Ich dachte mir... wir könnten ins Bad fahren und so...“
In seiner Nähe konnte sie weder richtig denken noch richtig Handeln. Alles was sie tat, machte sie ohne darüber nachzudenken. Genauso wie jetzt. Warum hatte sie ihn das nur gefragt! Idiotin!
„Natürlich gerne. Es wird ohnehin Zeit, das Pearce endlich wieder einmal gegen mich verliert. Wie wäre es mit gleich morgen? Heute würde ich zwar auch gerne, doch ich habe heute noch etwas vor.“Pearce? An ihn hatte sie dabei überhaupt nicht gedacht. Eigentlich hatte sie nur ihn und sich selbst gemeint. Jetzt würde das wieder ein Familienausflug werden. Dabei wollte sie ein Date mit ihm. Ihm alleine.
„Gut. Ich geh hoch und sag es ihm.“ Sie warf seine Beine von sich und sprang auf. Sorgfältig versuchte sie ein Bein nach dem anderen zu bewegen und nicht dabei durch die Decke zu hüpfen.
Ohne anzuklopfen ging sie ins Zimmer von Pearce und ließ polternd die Türe ins Schloss fallen.
„Du könntest auch ruhig anklopfen, bevor du in mein Zimmer kommst.“ Verwirrt betrachtete sie den nur mit einer Boxershort bekleideten Jungen. Er war als Sportler sehr gut durchtrainiert und das sah man auch. Jedes Mädchen erträumte sich so einen Kerl. Warum machte er es nur jedem Mädchen so schwer?„Als würde ich dir etwas abschauen. Da gibt es nichts was ich nicht schon kennen würde. Immerhin haben wir früher oft zusammen gebadet.“
Er senkte den Blick und hob das Handtuch auf, dass er über einen Sessel gehängt hatte.
„Ich geh ins Bad.“
Sie nickte und blickte ihm hinterher. „Ruf mich wenn ich dir den Rücken waschen soll.“ Rief sie ihm nach und sah wie er zusammen zuckte. Er warf ihr noch einen bösen Blick zu und schloss die Türe hinter sich.
Kichernd ließ sie sich auf den Boden fallen und suchte sich ein Game heraus, das sie derweilen ablenken sollte. Verdammter Idiot. Warum merkte Josh nur nicht wie viel sie für ihn empfand? Sie kannten sich schon seid sie ganz klein waren. Er hatte immer mit ihr gespielt und ihr vieles bei gebracht. Sie hatte ihm einmal gesagt das sie ihn liebte, doch er dachte sie meine es Familiär.
Frustriert über dessen Dummheit, schlug sie auf ihren Gegner wild ein und schaffte das Level in Rekordgeschwindigkeit.
Auf einmal riss ihr Handy sie aus ihrem auf den Controller gerichtete Wut. >Du kannst jetzt kommen< Stand in der Nachricht. Sie war von Pearce.
„Wiesel du bist ein Idiot.“ Murmelte sie und speicherte ab. Wahrscheinlich wollte er sich nur rächen, da sie ihn getreten hatte. Diese Runde würde nicht an ihn gehen. Sie eilte zum Bad und klopfte dort unsicher an. „Komm rein.“ Genauso leise wie sie die Türe öffnete, schloss sie diese auch wieder. Pearce lag in der großen Badewanne und hatte massenweise Schaum gehäuft.
„Du bist ein Idiot.“ Murmelte sie und setzte sich neben die Badewanne auf den flauschigen roten Teppich in dem ihre Zehen immer versanken. „Und du hast es mir angeboten. Also bist du der Idiot.“
Pearce setzte sich auf und wandte ihr den Rücken zu. Seufzend griff sie nach einem Schwamm im Regal, gab etwas Bodylotion darauf und klatschte es ihm auf den Rücken. Überrascht über die Kälte schrie er auf und sie lachte schadenfroh. „Rache ist echt toll!“ Beleidigt sah er ins Wasser und ließ sich den Rücken von ihr waschen.
Als sie ihm den Rücken ab schwemmte ließ sie kurz ihre Hände auf seinem Rücken liegen.
„Kann ich dich etwas fragen?“
Er nickte stumm.
„Bin ich dumm? Ich meine wegen Josh. Ich weiß das er meine Gefühle nicht erwidert... aber trotzdem empfinde ich so.“
„Natürlich bist du dumm. Aber du kennst meine Meinung dazu.“ Ja die kannte sie tatsächlich. Er hat ihr in den vergangenen Jahren oft genug gesagt wie dumm sie sei. Das war auch einer der Gründe warum er meinte, das sie als seine beste Freundin verstehen sollte, warum er die Mädchen immer direkt und eiskalt abblitzen lässt.
„Mach die Augen zu und öffne sie nicht, bevor ich es dir erlaube.“
Kurz warf er ihr einen Seitenblick zu, doch schloss sie gehörig.
Sie ließ ihre Kleidung von ihrem Körper gleiten und zog ihre Schuhe aus. Sorgfältig stellte sie alles zur Seite und stieg langsam ins Wasser. Sie sah wie er sichtlich erschrocken und verwirrt zusammen zuckte und die Augen noch fester schloss. Beinahe als müsse er sich zwingen sie auch geschlossen zu halten.
Als sie sicher war, dass er nichts sehen konnte seufzte sie. „Du kannst sie wieder öffnen.“
Betont langsam öffnete er sie wieder und stieß erleichtert die Luft aus. „Was machst du denn? Denkst du nicht wir sind etwas zu alt um zusammen zu baden?“
Kichernd winkelte sie ihre Beine an und stellte somit sicher, dass selbst wenn der Schaum weniger würde, er nichts sehen konnte.
„Was denn? Machst du dir Sorgen, das du dich in mich verlieben könntest, wenn du mich nackt siehst.“
Er verzog das Gesicht und schüttelte dem Kopf. „Über so etwas muss ich mir keine Sorgen machen.“
Mehrere Minuten saßen sie so da und blickten überall hin nur sich gegenseitig nicht an.
Plötzlich klopfte es an der Türe.
„Pearce, ist Kitty schon weg?“ Wie sie es hasste wenn Josh sie so nannte. Als kleines Mädchen hatte sie Katzen so sehr geliebt und sich um jede Katze gekümmert die sei getroffen hatte, das er angefangen hatte ihr diesen Spitznamen zu geben.
„Nein ich bin hier. Ich ertränke gerade deinen Bruder.“ Gab sie etwas spitzer zurück, als das sie es wollte.
Lachen ertönte von der anderen Seite. „Sag mir später ob du Erfolg hattest.“
Sie lauschte seinen sich entfernenden Schritten und unterdrückte Tränen. Nicht einmal ein Funken von Eifersucht hatte in Joshs Worten mitgeklungen. Warum war das Leben nur so unfair?
Sie saßen weiter noch schweigend sich gegenüber, bis das Wasser langsam klarer wurde. Irgendjemand musste den Anfang machen, doch sie hatte keine Lust sich zu bewegen. Sie wollte einfach im Wasser versinken und eins damit werden. Einfach nichts mehr spüren und weg gespült werden. Weit weg.
„Ich steh jetzt auf.“ Warnte Pearce sie vor und stand auf. Schnell kniff sie die Augen zusammen und hörte ihm zu, wie er aus der Badewanne stieg. Lauschte seinen patschenden Schritte auf den Fliesen, wie er sich abtrocknete und seine Boxershort anzog.
„Hier.“ Sie öffnete die Augen und sah das weiße Handtuch an, welches er ihr entgegen hielt. Was sollte sie damit?
„Du hast kein Badetuch mit genommen. Es ist zwar schon benutzt, aber nicht dreckig oder so.“
Dankend nahm sie es entgegen und sah wie er seinen blick dem Waschbecken schenkte. Sie stieg ebenfalls aus dem Bad und trocknete sich gründlich ab, bevor sie in ihre alte Kleidung schlüpfte. Eigentlich war sie erst Duschen gewesen, bevor sie zu ihm gekommen ist, doch sie brauchte es jemanden nahe zu sein. Sie wusste Pearce würde sie niemals abweisen. Er würde immer zu ihr stehen.
Während sie sich die Haare abtrocknete, ließ er das Badewasser aus und betrachtete scheinbar interessiert das Wasser während es auslief.
Sie ging, während er die Badewanne ausspülte zurück in sein Zimmer und machte mit dem Game weiter, das sie angefangen hatte.
Während sie die Playstation schimpfte und beinahe drauf und dran war, den Controller gegen den Bildschirm zu werfen, sah sich Pearce einen Film an. Natürlich auch noch einen der sie brennend interessierte. „Och! Ist das die neue Staffel?“
Er nickte und drückte auf Start. Sofort speicherte sie ab und warf sich zu ihm aufs Bett.
Er drückte auf Pause und warf ihr einen zornigen Blick zu.
Genervt schaltete sie auch noch das Gerät gänzlich aus und drückte auf den grünen Knopf, der dem Gerät sämtlichen Strom nahm. „Wiesel! Dein Stromspartick nervt mich.“
Er hob die Schultern, da es ihm egal war und drückte wieder auf Play.
Während sie sichtlich begeistert mitfieberte, schlief Pearce bereits nach der dritten Folge ein.
„Du bist ein Spielverderber.“ Murmelte sie und schaltete den Fernseher aus. Auch ihm nahm sie mit einem Knopfdruck den Strom und schaltete das schwache Nachtlicht an. „Gute Nacht.“ Flüsterte sie und ging aus dem Zimmer.
Im Wohnzimmer sah sie noch nach Josh, der schnarchend und voller Chips von der Bank hing. Hatte er nicht gesagt, das er noch jemanden treffen wollte? War es vielleicht ein Mädchen und sollte sie ihn wecken?
Nein, sie würde ihn schlafen lassen.
Leise schlich sie hinein und nahm ihm die Fernbedienung ab, schaltete den Fernseher aus und putzte ihm einige Brösel vom Shirt.
Kichernd über sein lautes schnarchen deckte sie ihn zu und schloss die Türe hinter sich.
Ihre Brüder. Auch wenn sie kein bisschen verwandt waren. Sie kümmerte sich gerne um die beiden.
Seit zwei Jahren war sie Dauergast bei den beiden. Sie ging mit ihrem eigenen Schlüssel ein und aus, seit deren beiden Eltern verstorben waren.
Zwar kam ihre Tante einmal die Woche vorbei, doch ansonsten lebten und versorgten sie sich alleine.
Josh hatte eine >sieben Tage Woche< da er viel arbeitete um sie beide zu erhalten und bekam noch jedes Monat zweihundert von ihrer Tante zugesteckt. Manchmal mehr, manchmal weniger. Sie betrieb einen Kräuterladen im Nachbardorf, dieses aus fünfhundert Leuten bestand. Ihre Hauptkunden bestanden aus Lykaner.
Sie selbst mochte keine Anderwesen. Mit solchen wollte sie nichts mit ihnen zu tun haben. Sie war durch und durch Mensch, so wie Josh, Pearce und der Rest ihrer Familie. Eine der wenigen Familien, die noch aus reinen Menschen bestanden.
Nicht einmal ihre Schulen bestanden noch aus reinen Menschen. Sie besaß das so genannte dritte Auge und konnte die Wildheit der Lykaner spüren und den Tod den die jungen Vampire umgaben. Je näher sie ihrer ersten Verwandlung kamen umso deutlicher konnte sie deren Aura sehen.
Niemand außer Pearce wusste von ihrem Fluch. Und sie würde es auch niemals jemanden verraten. Sie wollte nicht ausgeschlossen werden.
Eine Nachricht schreckte sie aus ihren Gedanken. >Treffpunkt 07.00 am Cafe. Freu mich LD<
Sie antwortete ihrer besten Freundin sofort zurück. >Okay, kann aber nicht lange. Gehe schwimmen mit J. und W.<
Sofort kam ein beleidigtes Smile und danach noch eine Textnachricht. >Finde ich nicht Fair! Warum teilst du nie mit mir?<
Seufzend ersparte sie sich die Antwort und schrie „Ich bin zurück“ In die Wohnung. Es gab keine Antwort. Aus dem Wohnzimmer hörte sie den Fernseher laut dröhnen. Anscheinend saß ihr Großvater wieder einmal davor. Er war beinahe taub, und steckte langsam alle damit an, indem er alles viel zu laut einschaltete.
„Hallo, kleines. Warst du wieder bei deinem Freund?“ Kicherte ihre Großmutter aus der Küche.
Sie seufzte und erklärte ihr zum hundertsten mal, das Pearce nicht ihr fester Freund war. „Wiesel ist nicht mein fester Freund, Großmutter. Du nervst damit. Such dir ein Hobby.“
Die alte Frau lachte und schob ihre dicke Brille zurecht um sie besser sehen zu können.
„Regnet es draußen? Du bist nass.“
Sie griff sich in die Haare und kicherte. „Nein, es ist total warm draußen. Immerhin ist es ende August.“
Begeistert klatschte sie in die Hände und stellte ihr einen Teller mit Apfelstrudel vor die Nase. Eigentlich wollte sie keinen, aber wenn sie ihn nicht aß, dann würde sie ihr wieder in den Ohren damit liegen. Und wer mochte schon eine verärgerte Großmutter.
„Dann hast du ja bald Geburtstag. Was wünschst du dir den?“
Seufzend verzog sie das Gesicht. Sie hatte erst im Januar Geburtstag. „Ich weiß nicht. Eigentlich habe ich alles was ich mir wünsche hier.“
Ihre Großmutter legte ihr mit einem liebevollen Gesichtsausdruck ihre faltige Hand auf ihre und tätschelte diese.
„Gutes Kind.“
„Ich geh in mein Zimmer.“Sie verließ die Küche und wurde noch einmal zurück gerufen, da sie ihren Strudel >vergessen< hatte.
„Da bist du ja. Warum kommst du immer so spät?“
Seufzend umarmte sie ihre beste Freundin, die sie böse ansah. „Entschuldige, meine Giromutter hat schon wieder einen sentimentalen Tag. Ich konnte nicht früher weg.“
Azusa verschränkte ihre Arme vor der Brust und blickte sie nun belustigt an. „Solange es nichts Schlimmeres ist... Dann lass uns mal gehen, wir brauchen einige hübsche Bikinis für unsere Dates.“
Dates? Was geht jetzt ab? „Über was redest du? Wer sagt denn, das du mit darfst?“
Lachend zog Azusa sie hinter sich her. „Ach Darts. Manchmal bist du einfach zu lustig. Ich bin deine Beste und einzige Freundin. Irgendjemand muss dich doch vor den schmachtenden Blicken der Jungs beschützen.“
Schmachtende Blicke? Die einzigen die sie sich wünschten, kamen nie von dem Jungen den sie wollte. Aber was weiß Azusa schon davon?
Sie hatte ihr nie erzählt das sie schon seit sie ganz klein war nur Augen für Josh hatte. Für sie hat es niemals andere gegeben, deswegen konnte sie sich ziemlich einfach mit anderen Jungs anfreunden. Mit der Zeit hatten das die anderen Mädchen gestört und sie hatten sich von ihr Abgewandt. Azusa war seit einem Jahr ihre beste Freundin und beanspruchte sie total. Hin und wieder hatte sie das Gefühl als wäre Azusa nur mit ihr befreundet, da sie auf Wiesel stand. Sie stritt es zwar ab, aber sicher war sie sich trotzdem nicht.
„Ich bin nur mit ihnen befreundet. Ohne Hintergedanken.“
Azusa blickte sie an, als würde sie ihr überhaupt nicht glauben. „Klar... Aber vielleicht stehen sie ja auf dich.“
Sie blickte an sich hinab. Sie trug beinahe immer eine abgetragene Jeanshose und nur in der Schule einen Rock. Ihre Shirts waren immer aus zweiter Hand und nicht sonderlich weiblich. Manche hatten sogar Löcher und aus diesen hatte sie dann einfach größere gemacht und zog sie über engere Trägerhemden an, da sie diese Figur betonenden absolut nicht mochte.
Darin kam sie sich immer so billig vor.
„Du bist dumm. Du kannst auch an nichts anderes denken als an Jungs.“
Azusa lachte und hielt ihr ein Oberteil hin, das ihr Gefiel.
Geschlagen ergab sie sich ihrem herzlosen Schicksal und versuchte das beste daraus zu machen.
Einige Stunden später und, in ihren Augen, etliches Geld leichter, machten sich die beiden Freundinnen auf den Weg zum Treffpunkt. Josh hatte ihr heute Morgen geschrieben, das sie sich um zwölf im Bad trafen.
Das Bad war so etwas wie ein Jugendtreff. Kinder und Teenager verbrachten beinahe den ganzen Sommer dort, da der Eintritt zwar frei, jedoch dafür das Essen und das Trinken teurer war.
Pearce, wartete am Stand auf seine heiß begehrten Pommes und Josh lag am anderen Ende des Freibades, umringt von fünf Freundinnen. Seufzend stellte sie sich zu Pearce.
„Hi.“
Er blickte nur kurz zu ihr hinab und murmelte ebenfalls „Hi.“
Azusa die anscheinend das angespannte Verhältnis deutlich spüren konnte seufzte. „Was habt ihr denn? Streitet ihr beide etwa schon wieder?“
Tatsächlich stritten die beiden so gut wie nie. Azusa verstand es jedoch nicht. Selbst wenn sie nur an Pearce in der Schule einfach an ihnen vorbeiging und ihn dabei nicht ansah, oder ansprach, dachte Azusa sofort das sie Streit hatten. In Azusas Leben musste immer alles Dramatisch sein.
Pearce blickte zu ihr hinab, als hätte er sie gerade erst bemerkt. „Du hast Andrea auch mitgenommen?“ Fragte er verwirrt. Azusa blickte ihn beleidigt an. „Ich heiße Azusa. Merk dir das endlich.“
Er hob gleichgültig die Schultern und nahm seine Tüte entgegen.
Namen, Daten und ähnliches waren nicht sein Ding. Nur Sachen wie Sport die ihn auch interessierten, diese merkte er sich ohne Probleme.
Kichernd folgte sie ihm zum Platz, von wo sich gerade fünf Mädchen begeistert tuschelnd wegbewegten.
„Na, bist du sie los geworden?“ Fragte Pearce mit einem kleinen spöttischen Lächeln.
„Ich hab ihnen gesagt das wir einen kleinen Familienausflug machen und ich dafür heute Abend für sie da sein werde.“
Pearce blickte zu seiner besten Freundin hinab. Als er ihren Angespannten, jedoch immer noch freundlichen Gesichtsausdruck bemerkte hielt er ihr die Tüte mit Pommes hin, was sie aus ihren Gedanken zu reißen schien. Sie war die einzige mit der er sein Essen teilte. Jedoch auch nur neunzig zu zehn für ihn selbst.
Kopfschüttelnd nahm sie eines, auf dem nicht allzu viel Mayonnaise war und knabberte daran herum.
Azusa nahm links von ihr Platz und sie selbst ließ sich neben Pearce fallen. Sie würde später noch genug Zeit haben um mit Josh zu reden.
„Darts. Sag mal... Wer ist der süße dort drüben.“
Darts blickte zu Josh und verdrehte die Augen. „Azusa! Reiß dich zusammen. Er ist drei Jahre älter als wir.“
Enttäuscht ließ sie sich auf das Badetuch fallen und seufzte. „Menno... Warum sind alle heißen Boys nur immer unerreichbar.“
Josh der sich anscheinend an dem Gespräch beteiligen wollte, setzte sich neben seinen Bruder, der bereits die Pommes beinahe alle hinuntergeschlungen hatte.
„Und, Kitty. Wer ist deine Freundin? Du stellst mir nie deine Freunde vor.“ Beschwerte er sich scherzend.
Sie zuckte zusammen, und Azusa stellte sich bereits selbst vor.
„Ich bin Azusa. Ich gehe in die selbe Klasse wie Wiesel und Dats. Und das du nie ihre Freunde kennen lernst, liegt daran, das ich ihre einzige >weibliche< Freundin bin. Der Rest besteht aus Kerlen die sie anhimmeln.“Für Darts ging das zu weit und sie hielt ihr die gekühlte Wasserflasche auf den Rücken. Schreiend sprang Azusa auf.
„Was denn? Ich sag doch nur die Wahrheit.“ Beschwerte sich Azusa. Manchmal machte Azusa einfach zu weit den Mund auf und nervte sie lediglich. Azusa war nicht gerade die hellste, wenn es um Privatsphäre und Geschichten ging. Sie war so etwas wie die Königin der Gerüchteküche.
„Aber du sagst nicht ganz die Wahrheit. Die stehen absolut nicht auf mich. Wir sind einfach nur befreundet. Ich komme eben mit Kerlen besser klar als mit Mädchen.“Josh legte ihr so abrupt eine Hand auf ihre entblößte Schulter, das ihr für einen Moment schwindelig wurde. Ihr Herz raste und sie fühlte wie ihre Haut zu brennen anfing.
„Mach dir nichts daraus. Mir geht es umgekehrt nicht anders. Mich mögen alle Mädels, doch ich komme mit den Jungs nicht so gut klar.“
Pearce verschluckte sich beim Trinken, da er ein Lachen unterdrückte. Plötzlich kam etwas vom Eistee aus seiner Nase und er musste sich hustend abwenden. Darts lachte ihn dafür aus, da sie verstehen konnte warum er sich verschluckt hatte. Das was Josh sagte und wie es wirklich war, stimmte nicht ansatzweise überein. Er untertrieb maßlos.
„Was war jetzt so lustig?“
Pearce und Darts schüttelten lediglich abweisend den Kopf. „Passt schon. Ich verstehe was du meinst.“
Josh blickte die beiden etwas verstimmt an und seufzte. „Ihr seid gemein. Nehmt euch doch ein Zimmer.“
Beleidigt sah er zum Pool.
Azusa schlug vor ins Wasser zu gehen und Josh stimmte sofort zu. Darts blickte zu Pearce der sich auf sein Badetuch legte und die Sonnenbrille über die Augen zog, die er die ganze Zeit in den Haaren hatte.
„Gehst du nicht ins Wasser, Wiesel?“
Er wackelte nur mit den Kopf. „Ich habe gerade etwas gegessen. Ich warte.“ Sie dachte an die Tüte mit Pommes, von denen sie eines abbekommen hatte und seufzte. Eines schadete ja doch nicht.
„Ich geh rein.“ Sie zog sich das Hemd aus, das sie locker über ihren Bikini trug und zuckte zusammen. Sie hatte ganz vergessen, das sie einen neuen trug, der viel Mädchenhafter war.
Er wurde vorne von einem Hacken zusammen gehalten, der von einer Masche verdeckt war. Hinten bestand er aus drei dünnen Gummifäden, die verstellbar waren und wurde im Nacken zusammen gehalten.
Ihre Hose war genauso lila wie ihr Oberteil und mit einem rot und einem rosa kariert. Beide Teile besaßen ebenfalls kleine Rüschen an der Naht, die sie am meisten störten. Zuhause, würde sie ihre Großmutter bitte, sie um zu schneidern.
Sie warf Pearce einen Blick zu, ob er etwas dazu sagte, doch er schien zu schlafen.
„Wiesel...“
„Hm?“ Murrte er.
„Schau her, aber lach mich nicht aus.“
Er warf ihr einen kurzen Seitenblick zu und schloss gleich wieder die Augen. „Neuer Bikini?“ Fragte er total desinteressiert. Vielleicht war er ja der falsche für Modetipps. Aber er war derjenige der sie am besten kannte.
„Ja, Azusa hat ihn ausgesucht.“
„Wer ist Azusa?“ Frustriert schlug sie sich auf den Kopf. Sie kniete sich auf sein Handtuch. So bekam sie endlich die Aufmerksamkeit, die sie wollte.
„Hör mir endlich zu.“ Er schien absolut nicht begeistert zu sein, doch stützte sich auf die Ellenbogen, sodass er sie besser sehen konnte und nicht in die Sonne sehen musste.
„Okay, was willst du denn wissen?“ Fragte er gereizt und sah sie genauer an.
„Ob dieser Bikini zu mir passt, oder mich anders wirken lässt.“
„Anders wirken?“ Wiederholte er fragend. „Wovon redest du denn?“
Sie blickte kurz hinter sich, ob auch wirklich niemand in der Nähe war und sah Josh und Azusa im Wasser sich blendend amüsieren.
Tuscheln beugte sie sich näher zu ihm, damit auch wirklich niemand zuhören konnte. „Ich möchte nur wissen ob ich so... Mädchenhafter wirke.“ Er blickte an ihr vorbei und verdrehte die Augen. „Wegen Josh?“
Sie nickte und fühlte röte in ihren Wangen aufsteigen.
„Ich habe dir schon vor langem gesagt, das ich mich dabei nicht einmische. Es sind deine Gefühle und ich werde bestimmt meinen Bruder nicht beeinflussen.“
Ja das hatte er. Er hatte ihr oft genug gesagt, das wenn sein Bruder noch immer nicht gemerkt hatte, was er an ihr hatte, es niemals merken würde. Doch sie glaubte das nicht. Sie musste ihm einfach nur bewusst machen, das sie nicht nur seine Schwester war.
„Ich weiß. Okay, würden mich denn andere Jungs jetzt für weiblicher halten?“
Er seufzte ausgiebig und dachte darüber nach was er sagen sollte. Sie blickte zu ihm hinab und hatte Angst vor dem was er jetzt sage würde. Plötzlich legte er ihr eine Hand ins Genick und zog sie näher zu sich, sodass sie ihm genau in die Augen sah. „Darts. Es ist egal, wie du aussiehst. Wenn jemand dich wirklich mag, dann sieht er nicht nur dein äußeres. Dann ist es ihm egal wie du aussiehst. Ihm wird nur wichtig sein, wie du bist.“
Das war vermutlich das tiefgründigste, das sie jemals von ihm gehört hatte. Kichernd legte sie ihre Stirn auf seine. „Du weichst meiner Frage aus.“ Witzelte sie, doch sie hatte bereits die Antwort. Mehr würde er ihr nicht sagen.
Genervt ließ er sich aufs Handtuch zurück fallen und drehte sich auf den Bauch. „Geh endlich ins Wasser, sonst siehst du aus wie ein Krebs.“
Darts lachte und ließ ihre Hand auf seinen Rücken niedersausen. Mit einem lauten >Klatsch< hinterließ sie einen Handabdruck auf seinem Rücken und er biss die Zähne zusammen um nicht vor Schmerz aufzuschreien.
Schnel lief sie ins Wasser und zuckte zusammen. Josh hatte einen Arm um Azusa gelegt und sie lachten miteinander.
Neidisch blickte sie zu den beiden hinab. Wie konnte es nur sein, das er in jedem weiblichen Wesen eine potenzielle Freundin sah, nur in ihr nicht? Sie war immer nur die Schwester für ihn. So ein Idiot.
Fluchend ging sie zurück zu ihrem Platz und packte ihr Handtuch wieder ein. Schnell zog sie sich ihr Hemd darüber, dann eilte sie aus dem Freibad hinaus. Jetzt hatte Darts keine Lust mehr auf das alles. Sie wünschte sich einfach nur ihre Gefühle abschalten zu können.
Mit Tränen in den Augen lief sie hinaus zu ihrem Fahrrad und stopfte ihren Rucksack auf die Ablage.
Sie würde sich einfach morgen auf ihre Großmutter heraus reden. Wütend stampfte sie in die Pedale und vervielfachte ihre Geschwindigkeit, bis sie beinahe jeden überholte. In den Kreisverkehren, fuhr sie einfach gerade darüber, ohne auf die hupenden Autos zu achten. Sollte sie doch eines erwischen. Es war ihr so etwas von egal. Alles war ihr egal. Und sie konnte noch nicht einmal wütend auf Azusa und auf Josh sein. Sie wussten beide nicht von ihren Gefühlen.
Noch bevor sie wusste wohin sie ihr Weg führte, befand sie sich in einem Wald. Wie war sie denn in den Wald gekommen?
Der Wald lag am Rande eines Berges, der einen erloschenen Vulkan in sich trug und von Erde Stein und Bäumen umgeben war. Hier kam beinahe niemand hin, da es ein Naturschutzgebiet war. Fluchend warf sie ihr Rad hin und beschloss per Fuß weiter zu gehen.
Einige Kilometer weiter, kam sie zu einer alten Ruine, die man von der Stadt unten nicht sah. Sie war vollkommen von der Natur eingeschlossen und war selbst ein Teil davon. Ein großer Kieferbaum, kam aus einem der Türme heraus, als wäre er der Besitzer der Ruine.
Lächelnd sprang sie über das >Betreten verboten< Schild und kletterte die Burg hinauf. Das Dach fehlte gänzlich und so wurde sie nur teilweise von der Sonne geschützt.
Die Stiegen die ins nächste Geschoss führten und nur mehr zu ahnen waren, das sie aus Stein bestanden, mied sie, da feuchtes Moos diese rutschig gemacht hatten. Stattdessen kletterte sie an der Außenwand hinauf und setzte sich in die Krone der Kiefern.
Begeistert überblickte sie einen Teil der Stadt. Ihr Haus und das Bad, das beides auf der Südseite lagen, konnte sie nicht sehen. Sie befand sich im Westen im Wald und konnte deswegen gerade einmal die Nordseite sehen. Diese war etwas mehr heruntergekommen, und man sagte das viele Arbeits- und Heimatlose dort wohnten. Dafür jedoch waren die Wohnungen billiger, jedoch die Straßen fürchterlich unsicher. Sie fragte sich, was für ein Typ Mensch man wohl sein musste, um dort zu überleben.
Seufzend lehnte sie sich an den Baum und versuchte etwas Ruhe zu finden. Jedoch war das schwer. Immer wenn sie die Augen schloss, sah sie Josh, der anscheinend völlig angetan von Azusa zu sein schien.
Hätte sie dort bleiben sollen und versuchen sollen, die beiden auseinander zu bekommen? Eigentlich war es ja doch egal. Selbst wenn sie zusammen kamen, würde die Beziehung nie länger als drei Wochen dauern. Länger blieb er niemals mit einem Mädchen zusammen.
„Das Betreten der Ruine ist verboten.“ Schrie jemand von unten zu ihr hinauf. Erschrocken kletterte sie die Mauer wieder hinunter und sprang die letzten Meter vor ein Mädchen, das kaum älter zu sein schien als sie selbst.
Darts blickte das Mädchen an, das der Grund für ihre Störung war und halluzinierte. Vor ihr stand sie selbst. Das Mädchen im Spiegel blickte sie genauso schockiert an, wie sie selbst sich fühlte.
Nein das war kein Spiegel. Das Mädchen das ihr gegenüber stand, trug die Uniform eines Rangers die im Park nach dem rechten sahen und trug ebenfalls ihre Haare zurückgebenden. Einige Strähnen hingen ihr durch den Wind gelöst im Gesicht, die sie verwirrt zurückschob.
„Wie... Wie ist das Möglich?“ Fragte das Mädchen, das vor ihr ihre Sprache wieder gefunden hatte.
„Wer bist du?“ Fragte Darts und streckte die Hand aus um das Mädchen zu berühren. Als sie merkte was sie tat, zog sie ihre Hand zurück.
„Ich bin Aaina. Und du?“
„Ich bin Kyl... Ähm ich bin Darts.“
Das Mädchen blickte sie verwirrt an. „Der Name passt nicht zu dir. Entschuldige, ich weiß nicht warum ich das gerade eben gesagt habe. Ich bin durcheinander. Wir... Du... Ähm...“
Das Mädchen griff sich an den Kopf. „Wir sehen gleich aus. Warum?“ Fragte Darts, immer noch von den unglaublich hellen Augen des Mädchens fasziniert. Sie waren etwas heller als ihre Eigenen, doch hatten die selben Schattierungen. Ihre braunen Haare, trug sie etwas länger, als Schulterlang, und sie selbst gerade einmal Kinnlang. Sie mochte keine langen Haare, sie benötigten zu viel pflege.
„Ich weiß nicht. Wer sind deine Eltern?“
Darts überlegte. Sie war von ihren Eltern adoptiert worden, doch die beiden sind kurz nach der Adoption verstorben und deswegen ist sie von ihren Großeltern aufgezogen worden.
„Sie sind tot. Zumindest meine Adoptiveltern. Meine Leiblichen kenne ich nicht. Und wie sieht es bei dir aus?“
Aaina überlegte kurz. „Eigentlich... Ich weiß es nicht. Ich bin hier im Park aufgewachsen und das Sorgerecht hat... Luke. Seit ich denken kann, bin ich bei ihm. Aber wir sind nicht verwandt. Also...“
Sie war also auch ein Waisenkind, so zu sagen. Ob sie tatsächlich Geschwister waren, oder einfach nur Doppelgänger. Sie hatte schon einmal davon gehört, das es immer ein Gegenstück von einem irgendwo gibt, den man aber nur sehr selten begegnet. Und wenn, dann erkannten sie sich nicht.
„Denkst du... Wir...“
„... sind Zwillinge? Sieht so aus. Wir sollten einen Test machen. Vielleicht...“
Aaina willigte sofort ein und gab ihr ihre Handynummer.
„Ich werde einmal Luke ausfragen. Ich schreibe dir später, in Ordnung. Ich meine... Wenn du nicht willst das wir...“
Darts unterbrach sie sofort. „Nein ich will es. Es... fühlt sich irgendwie total wichtig an.“
Aaina packte sie an den Händen und blickte sie hoffnungsvoll an. „Ja, du hast recht. Um ehrlich zu sein... Ich weiß nicht einmal was ich hier tue. Ich war auf den Weg zu den Storch Nistplätzen und plötzlich steige ich hier aus...“
Hatte sie etwa ihre Trauer gefühlt? Hatte sie gefühlt wie sehr sie verletzt war. Sie fühlte eine Träne aufkommen und erwiderte ihren Griff.
„Das muss doch etwas bedeuten, oder?“
Aaina lächelte sie breit an. „Anscheinend.“
Als ihr Handy klingelte fluchte sie. Was in aller Welt war nur mit den anderen los? Sie wandte sich um und griff danach um es lautlos zu schalten. Neben ihr murrte jemand und umarmte sie fester. Plötzlich erinnerte sie sich daran, das Pearce ja bei ihr geschlafen hatte. Sie blickte auf und merkte erst jetzt, dass sie auf seiner Schulter schlief.
Seine Hand lag auf ihrem Rücken; unter ihrem Schlafgewand, das aus einem alten zu langem Shirt bestand und einer Jogginghose.
Warum war sie nicht aufgewacht? Mühsam kämpfte sie sich gegen die Erdanziehungskraft auf und sackte wieder erschöpft zurück. Sie wollte noch nicht aufstehen. Dafür lag sie einfach zu bequem.
„Darts! Dein Handy läutet!“ Beschwerte sich Pearce, bevor er zusammenzuckte und sie erschrocken an blickte.
Darts rollte sich von ihm hinunter und schnaufte. „Tut mir leid. Ich war gestern zu müde um noch meine zweite Matratze aus dem Kasten zu holen.“„Schon gut. Ich war nur... überrascht.“
Sie lächelte halbherzig zu ihm hoch und fühlte Schwindel aufkommen. Heute war wohl nicht ihr Tag.
„Scheint, als hätten wir einen falschen Eindruck bei deinen Großeltern hinterlassen.“ Sie folgte seinem Blick zu einem Tablett mit Essen und Tee.
Lachend schüttelte sie den Kopf. „Scheint so.“
Sie griff nach ihrem Handy und staunte nicht schlecht. Fünfzehn Anrufe in Abwesenheit, sie sieben Uhr. Jetzt war es halb acht.
„Was will sie den?“ Fragte sie mehr sich selbst und rief sie zurück. Pearce legte sich derweilen wieder neben sie, aber ohne sie zu berühren.
„Na endlich! Ich komm gerade die Stiegen hoch! Warte.“ Plötzlich legte Azusa wieder auf und es läutete an der Haustüre.
„Was macht den Azusa hier?“ Fragte sie Pearce der nichts wissend die Schultern hob.
„Sie ist deine Freundin. Woher soll ich das Wissen.“
Einen kurzen Moment später klopfte es an der Türe und Azusa steckte den Kopf ins Zimmer.
„Du wirst es nicht glauben, aber ich habe echt tollte Nachrichten. Oh...“ Sie wandte sich schnell wieder ab.
Darts blickte zu Pearce, der noch neben ihr lag und sah zurück zu Azusa.
„Ähm... Ich wusste nicht, das ihr.. gerade beschäftigt ward.“
Beschäftigt? „Du hast uns nur aufgeweckt, wir haben es nicht getan. Idiot. Außerdem was willst du um die Uhrzeit von mir?“
Azusa winkte ab und warf sich ebenfalls ins Bett.
Pearce murrte genervt und winkelte die Beine an, damit sie Platz hatte. Nun setzt sich Darts doch auf und lehnte sich mit einem Polster an die Wand.
„Ich weiß es kommt etwas... schäbig rüber. Aber du weißt nicht wo ich meine Nacht verbracht habe!“
Das Strahlen in ihrem Gesicht, ließ sie vermuten das sie die Nacht nicht alleine verbracht hatte. „Okay. Mit wem?“
Azusa klatschte begeistert in die Hände. „Mit Josh! Ist das nicht toll. Er ist echt ein netter Kerl und wir waren nach dem Schwimmen noch etwas trinken... Und ja. Eines führte zum anderen.“Nach dem Bad? Hatten sie überhaupt nicht bemerkt das sie nicht mehr da war? Konnte Azusa nicht einmal an ihrem Gesichtsausdruck erkennen, wie tief sie das traf. Gestern hatte sie es sich noch schön geredet, doch es jetzt zu hören, tat einfach nur weh.
„Okay, das Reicht. Ich brauche kein Sex Gerede über meinen Bruder. Klärt das bitte später und verschwinde jetzt. Wir haben die ganze Nacht gezockt und wollen noch etwas schlafen.“
Pearce sprang aus dem Bett und schob Azusa vor sich hin. Diese hatte bis dahin ausgiebig darüber gesprochen wie toll Josh war. Darts hatte dabei nicht mehr zugehört, sondern musste sich die ganze verdammte Zeit selbst beruhigen um ihrer bisher besten Freundin nicht an den Hals zu springen.
Wie konnte Azusa einfach damit in aller Früh hinein kommen und ihr begeistert erzählen wie toll er war. Sie wusste wie toll Josh war. Natürlich nicht so ausgiebig wie Azusa nun und das frustrierte sie.
Als Pearce sie in den Arm nahm und tröstend auf sie einsprach, merkte sie erst, das sie in Tränen ausgebrochen war.
Bewusst geworden, wie erbärmlich sie war, fiel sie ihm um den Hals. Ihre dummen Gefühle machten einfach alles Kaputt.
„Wie erbärmlich bin ich eigentlich? Ich mache mir nach all den Jahren immer noch Hoffnungen. Dabei weiß ich doch, das ich immer nur eine kleine Schwester sein werde. Egal was ich mache. Ich mache mich doch nur lächerlich.“
Pearce sagte nichts. Er saß einfach nur da und hörte ihr zu. Was sollte er denn auch sagen? Weder war es abwegig das man jemanden liebte, obwohl man wusste das es nicht auf Gegenseitigkeit beruhte, andererseits, konnte er und wollte er ihr nicht sagen, das sie ihn umsonst liebte. Beides wäre einfach nur dumm. Stattdessen drückte er sie an sich und spendete ihr den Trost den er ihr geben konnte.
Als sie sich einigermaßen beruhigt hatte, ließ ihn eine Textnachricht zusammen zucken. Darts griff nach ihrem Handy und staunte nicht schlecht. >Es tut mir Leid wenn ich dich wecke. Hatte nur so ein seltsames Gefühl. Geht es dir gut?<
Die Nachricht kam von Aaina. Wie konnte sie das wissen? Das war doch nicht möglich. Oder doch?
„Alles in Ordnung?“ Fragte Pearce und saß bereits wieder am Ende des Bettes. Irritiert blickte sie ihn an. Warum nahm er plötzlich so viel Abstand?
„Ja. Ist okay. Sie ist nur von... jemanden.“
Nun schien er plötzlich sehr interessiert zu sein und versuchte auf ihren Display zu sehen. Sie schob seinen Kopf weg und streckte ihm die Zunge heraus. „Das geht dich nichts an.“
Sein Lächeln wurde noch breiter und er stahl ihr das Handy. „Wenn es nichts ist, dann würdest du mir es sagen.“
Er blickte auf die Nummer doch erkannte sie nicht. Jedoch bevor er etwas lesen konnte, warf sie sich auf seinen Rücken und schlug ihm das Handy aus der Hand. Das war interessant.
„Okay, jetzt will ich es wirklich wissen.“ Sie zog ihn an den Haaren zurück und verpasste ihm einen tritt auf sein Schienbein. Jedoch, da er stärker war, konnte er sie mit einer Hand festhalten, während er ihre Nachrichten durchging. Ächzend versuchte Darts das Handy zu erreichen, doch er war einfach zu groß.
„Die Nachricht ist seltsam. Von wem ist sie?“
Darts hatte sie lediglich unter >A.< eingespeichert, somit konnte niemand wissen zu wem die Nummer gehörte.
„Es geht dich nichts an. Gib es zurück!“ Enttäuscht nichts gefunden zu haben, das ihm weiter hilft, gab er ihr das Handy zurück und merkte erst da, das sie beide wenn Darts am Bett stand gleichgroß waren.
Beleidigt pustete sie ihm in die Augen. „Du bist ein Arsch. Du hättest es nicht einmal lesen sollen. Ein guter Freund bist du!“ Beschwerte sie sich und schnippte ihm auf die Nase. Sich beschwerend verzog er das Gesicht.
„Das tat weh.“ Bemerkte er danach lediglich und griff nach einem Marmeladenbrot, das noch immer auf ihrem Schreibtisch stand.
Plötzlich erinnerte sie sich wieder daran, das ihre Großeltern dachten, das sie zusammen waren und ließ den Kopf hängen. Die Nachricht ihrer unvermeidlichen Zukunftsschwester, ließ sie tatsächlich alles vergessen.
>Jetzt ist alles wieder gut. Danke.< schrieb sie zurück und änderte ihren Handycode bevor sie sich ins Bett zurück legte.
Sie wollte einfach nur mehr den ganzen Tag im Bett verbringen.
Während sie im Selbstmitleid badete, beobachtete sie Pearce dabei, wie er eine Portion, die vermutlich für mehrere Leute bestimmt war, verputzte. „Boah. Ich habe Hunger. Ich geh mal hinunter.“
Immer noch? Entsetzt blickte sie ihn an. Hatte sie letzte Nacht etwas verpasst? „Vielfraß. Kein Wunder das du so fett bist.“ Knurrte sie ihn, immer noch beleidigt an und zog die Bettdecke über den Kopf, während er ihr den Mittelfinger zeigte.
Kaum hatte er das Zimmer verlassen, drang der Geruch von frisch gebackenen Kuchen ins Zimmer und ihre Großmutter legte ihr eine Hand auf die Schulter.
Überrascht, das sie in ihr Zimmer kam, blickte sie zu ihr hinauf. Sofort bereute sie es. Ihre Großmutter grinste sie breit an. „Na, mein Schatz. Ist alles in Ordnung? Wie war es letzte Nacht? Ihr hättet euch nicht zurückhalten müssen. Großvater und ich sind sowieso beinahe taub.“
Wovon sprach sie denn da? Sie musste das dringend einmal klar stellen. „Großmutter. Es ist nicht so wie du denkst. Wir haben nicht miteinander geschlafen und zusammen sind wir auch nicht. Wir sind bloß Freunde. Er ist mein >bester< Freund und ich sehe ihn eher als Bruder.“
Sie wirkte zwar etwas enttäuscht, doch lächelte immer noch. „Schade eigentlich. Er ist ein anständiger Kerl, auch wenn er immer desinteressiert aussieht.“Darts lächelte die alte Frau an. „Da hast du wohl recht. Er hat total viele die ihm nachlaufen. Und trotzdem... Aber trotzdem! Wie kannst du überhaupt zu mir sagen, das wir uns nicht zurückhalten brachen. Ich bin sechzehn! Solltest du nicht vielleicht etwas strenger sein?“
Laut lachend wertete dies ihre Großmutter ab. „Ach was. Dein Großvater und ich haben es schon getrieben wie die Karnickel da waren wir gerade einmal vierzehn. Aber das war auch etwas anderes. Wir waren einander versprochen.“Okay, mehr wollte sie nun wirklich nicht mehr hören. Entschuldigend schob sie die alte Frau aus ihrem Zimmer und schloss sofort die Türe hinter sich.
Kaum war die Türe geschlossen, klopfte es an der Türe.
„Lässt du mich wieder hinein?“
Zufrieden, das es nur Pearce war, öffnete sie die Türe. „Äh... Igitt, was ist das?“
Er hielt vor sich ein Tablett mit Keksen aus Herzen und zwei rauchende Tassen die zusammen ebenfalls ein Herz enthielten. Außerdem befanden sich zwei Teller mit Erdbeerkuchen darauf.
„Okay, das geht zu weit. Hat dir das mein Großvater gegeben?“ Sie sah das sich röte in seinem Gesicht ausbreitete und er ihrem Blick auswich, indem er nach oben sah.
„Wohl oder übel nicht nur das. Er hüpft unten nackt herum und prahlt wie... Igitt. Nein tut mir leid. Ich kann nicht darüber sprechen.“Kichernd nahm sie ihm das Tablett ab und konnte einfach nicht anders. Der Kaffee roch einfach viel zu gut.
Sie stürzte sich über die Kekse und aß auch ihren Kuchen zusammen. Als nichts mehr in ihren Magen passte, warf sie sich erschöpft neben Pearce aufs Bett.
„Puh. Dafür das es so kitschig war, war es ausgesprochen lecker.“
Lächelnd tippte er sich auf die Wange. „Du hast da was.“
Darts wischte sich die Brösel weg und kicherte. „Du hast recht.“
Ein Klopfen an der Türe brachte sie zum Stöhnen. Sie hoffte inständig, das es nicht ihr Großvater war.
„Herein!“
„Hallo meine Lieben. Es tut mir ausgesprochen leid, aber Großvater ist wohl etwas zu weit gegangen!“
Zu weit gegangen?
„Schon in Ordnung. Irgendwann muss ich mich wohl daran gewöhnen alte Säcke zu sehen, denn ich werde auch nicht jünger.“ Witzelte Pearce und ihr stahl sich ein echt ekelhaftes Bild in den Kopf.
„Das meinte ich nicht. Es kann sein... Das er etwas Alkohol in eure Getränke gemischt hat.“
Pearce und Darts blickten sich entsetzt an. Das war zu viel für sie.
„Okay, ich denke ich geh lieber heim, solange ich noch kann. Ich melde mich später bei dir.“
Pearce überprüfte sein Handy und zog sich seine Jacke über. Persönlich fand sie es Anfang September immer noch zu warm für eine Jacke, doch sie nahm an, das er nicht direkt heim ging.
>Treffen wir uns?<
>Klar hab um 12 Dienstschluss. Komm mich abholen.< kam sofort die Antwort. Anscheinend konnte sie es genauso wenig erwarten wie sie selbst sich wieder zu sehen.>Ist das auch in Ordnung?<
Sofort schrieb sie wieder zurück. >Klar. Sie wissen alle von dir und wollen dich kennen lernen.<
Den restlichen Vormittag ordnete Darts ihr Zimmer und recherchierte was sie nun machen konnten. Jetzt da sie wusste das sie eine Schwester hatte, wollte sie ebenso wissen ob sie noch mehr Verwandte hatte.
Jedoch musste sie zuerst mit Aaina sprechen. Immerhin war es genauso ihre Entscheidung.
Mit neuer Motivation, fuhr sie mit ihrem Fahrrad zum Naturschutzpark. Im Grunde hatte sie absolut keine Ahnung wo sie ihre Schwester finden sollte, doch irgendwie landete sie doch in die Zentrale.
Die Schiebetüre ging auf und ein freundlich wirkender Mann winkte ihr entgegen. „Da bist du ja endlich. Ich dachte schon, dass Luke dich wieder... Oh... Tut mir leid, ich wusste nicht...“
Da der Mann sie anscheinend erkannte, ging sie auf ihn zu und erkundigte sich nach Aaina. Er schickte sie den Berg hinauf wo sie eine kleine Berghütte fand. Im selben Moment, wo sie den Eingang fand, sprang die Türe auf und sie sah sich wieder einmal im Spiegel.
„Aaina...“ Flüsterte sie.
„D... Darts.. ich …“ Plötzlich sprang sie über das Geländer hinunter und fiel ihr um den Hals.
Ruhe breitete sich ums Darts aus. Sie fühlte wie sich ebenso Aaina entspannte.
„Wie kann das nur sein?“ Fragte Darts und fühlte wie ihr wieder Tränen kamen.
Kraftlos fielen sie beide zu Boden und auf die Knie, jedoch ohne sich gegenseitig loszulassen.
„Ich weiß es nicht. Aber es ist so richtig.“
Sie nickte an Aainas Schulter.
„Mädels! Kommt doch rein. Ihr holt euch noch einen Sonnenbrand.“ Ein bärtiger Mann stand an der Türe und winkte die beiden hinein. Er wirkte seltsam schläfrig. Plötzlich hatte sie wieder dieses Gefühl. Ein wildes Gefühl...
„Lykaner...“ Flüsterte sie und Aaina blickte sie erschrocken an.
„Nur sein Vater ist ein Lykaner. Er hat kaum noch das Gen. Aber es wundert mich das du es trotzdem sehen kannst.“
„Ich kann die Magie in ihm fühlen und das sie wild ist. Und wilde Magie sind immer Lykaner.“
Aaina half ihr auf und führte sie in die kleine Berghütte, die über und über mit Bildern versehrt war.
„Es tut mir leid, wenn ich dich erschreckt habe. Aber da ihr ja anscheinend Schwestern seid, hätte es mich nicht verwundern sollen.“
Der Mann, der anscheinend Luke sein musste, setzte ihnen einen Tee vor und hielt ihnen einen Teller mit Kuchen hin.
Das Wort >Schwester< zu hören war für sie immer noch etwas seltsam. Es kam ihr so surreal vor.
Darts wusste von klein auf, dass sie Adoptiert war, doch jetzt jemanden zu finden, der mit ihr verwandt war etwas ganz anders. Es veränderte ihre Anschauung.
„Also... Aaina hat mir erzählt, dass du Brüder hast.“ Luke schien mindestens genauso nervös wie sie selbst zu sein, was sie etwas erheiterte.
„Nun, ja nicht direkt. Meine Großeltern haben mich großgezogen und da sie alt sind, war ich oft bei meinen Nachbarn. Der eine ist sechs Jahre älter und der andere ist in meiner Klasse. Sie sind... wie Brüder für mich und ich mag sie sehr.“
„Das ist ja schön. Und wie geht es deinen Großeltern? Sind sie gesund?“
Aaina saß einfach nur neben Darts und blickte sie unentwegt an. Ihr war es zwar unangenehm, doch das Luke sie über ihr Leben ausfragte, legte ihre eigene Nervosität.
Sie verbrachten die nächsten drei Stunden damit über alles oberflächlich zu sprechen. Sie merkten bald, das sie vieles gemeinsam hatten.
Luke selbst schien ebenfalls ein netter Mann zu sein. Er kümmerte sich gut um seine Tochter und ihr kam es vor, als würde er ihr jeden Wunsch von den Lippen ablesen wollen.
Kichernd überprüfte sie ihr Handy. Drei Nachrichten.
Die erste kam von Azusa. >Süße wir müssen reden. Bin total happy wegen Josh.<
Die zweite von Pearce. >;Wo bist du< lächelnd schrieb sie ihm zurück, das sie jemanden traf.
Die dritte war wieder von Azusa. >Bitte melde dich. Sind gerade schwimmen. Er ist echt ein Traum!< Hinterher waren lauter Herzen. Sie wollte sich nicht mit ihr unterhalten. Nicht über Josh.
"Alles gut?"
Darts setzte ein Lächeln auf und nickte. „Ja klar, wo... Wartet einen Moment. Es ist Wiesel.“
Sie stand auf und ging zu einem Fenster und hoffte das sie dort besseren Empfang hatte. „Hi. Was ist?“
„Ich wollte fragen ob ich heute wieder bei dir pennen kann?“ Schon wieder? Sonst war sie immer diejenige die bei ihm schlief.
„Ja. Klar. Wenn du willst.“ Bestimmt hatte sein Bruder schon wieder besuch...
„Darts?“ Sie wandte sich Aaina zu.
„Ähm... Wiesel. Hast du vielleicht so in einer Stunde. Zeit? Ich würde dir gerne jemanden vorstellen.“
Sie machten sich einen Treffpunkt aus und Darts klappte begeistert ihr Handy zu. „Passt. Dann stell ich dir nun meinen Lieblingskerl vor. Du wirst ihn mögen, glaube mir.“Aaina nickte und war auch schon in Gedanken versunken.
„Sie weiß nicht was sie anziehen soll.“ Sagte Luke auf ihren fragenden Blick hinauf. War das sein Ernst?
„Ich komme gleich.“
Sie verschwand in ihrem Zimmer, zumindest vermutete das Darts und ließ sie mit Luke alleine. Sie redeten noch eine weile bis Luke zur Türe ging und aufmachte. Sie hatte niemanden kommen gehört. Das musste ein Überbleibsel seiner Familie sein. Zumindest nahm sie es an.
Plötzlich senkte sich auch schon ein widerlicher Geruch im Raum an und Darts konnte nicht anders als um die Ecke zu spähen.
„Diese blöden Viecher. Sie haben mich attackiert! Ich musste in einen Gott verdammten Fluss springen!“ Luke lachte laut auf und musste sich den Bauch halten. „Anscheinend hat es nicht viel geholfen. Du siehst immer noch ziemlich scheiße aus.“
Beleidigt stampfte ein Junge, der etwas älter war als Darts ins Zimmer und ließ seine Kleidung einfach nacheinander auf den Boden fallen, bis er nur mehr eine Unterhose so wie Zentimeter dicken Schlamm trug.
„Ich benutzte eure Dusche! Das ist alles nur deine Schuld!“ Er zeigte auf Darts und erstarrte.
„Du bist nicht Aaina.“
Plötzlich kam Aaina in einem Traum von Kleid aus ihrem Zimmer und lächelte breit. Zumindest bis sie den über und über mit Schlamm bedeckten Jungen bemerkte.
„Zendo? Was ist denn passiert?“
Zendo blickte irritiert zwischen den beiden Mädchen hin und her, bevor er rot anlief und einfach in einem Zimmer verschwand, das wie sie annahm, ins Badezimmer führte. „Er hat wohl einen Berglöwen erschreckt. Den Rest kannst du dir ja denken.“
Stirnrunzelnd seufzte Aaina. „Na toll. Und ich kann das alles morgen wieder ausbaden. Dieser Nichtsnutz. Warum haben wir ihn überhaupt eingestellt?“
Luke zuckte mit den Schultern und seufzte schwer. „He, ich habe ihn nicht unterstützt. Anscheinend kommt er bei den anderen weiblichen Tierschützer ziemlich gut an.“Aaina schien da anderer Meinung zu sein. „Nun, ja. Wenn dann ist das eher so, dass er sich hier her geschlafen hat. Ich habe ihn schon ziemlich oft mit denen aus der Verwaltung herum flirten gesehen und einmal im Wald mit einer anderen Hüterin erwischt.“
Luke hob wieder die Schultern und tippte auf die Uhr. „Ihr solltet euch beeilen. Euer Date wird nicht lange warten.“ Witzelte er.
Aaina gab ihm einen Kuss auf die Wange, was ihn ehrlich zu überraschen schien und dann schwebten die Schwestern auch schon aus der Türe hinaus.
„Komm heim wann du willst!“ Schrie ihnen Luke hinterher und schien zu Tränen gerührt zu sein.
Darts beobachtete Aaina am Rückweg genau. Sie bewegte sich graziös durch das Unterholz, da sie eine Abkürzung durch den Wald nahmen und wies Darts immer wieder auf Stolperfallen und ähnliches hin.
Bereits nach kurzer Zeit kamen sie in einem kleinen Karaoke-Bar. „Wundere dich nicht. Sie ist etwas heruntergekommen. Aber immer noch funktionstüchtig.“
Lachend führte Darts Aaina ins Lokal. Es sangen bereits ein Paar, doch viel war noch nicht los.
„Dort ist Wiesel.“„Warum nennst du ihn Wiesel?“
Darts lächelte wissend. „Weil er der schnellste Sprinter in allen Schulen ist. Niemand ist schneller als er. Sofern keine Magie mitspielt.“ Witzelte Darts.
„Also ist Darts auch ein Synonym?“
Sie nickte. „Ja eigentlich schon. Ich mag meinen richtigen Namen nicht. Außerdem bin ich gut im Darts spielen und deswegen nennen sie mich einfach Darts. Ist auch einfacher zu merken, als mein eigentlicher Name.“
Nun schien Aaina sehr interessiert zu sein. „Verrätst du ihn mir auch einmal?“ Darts hob abweisend die Schultern. „Vielleicht. Hi alter Mann!“ Sie klopfte Wiesel auf die Schulter und er zuckte erschrocken zusammen.
„Was soll das. Warum musst du mich immer so nerven?“ Murrte er beleidigt.
Darts gab ihm eine Kopfnuss und deutete hinter sich. „Pass auf was du sagst, jetzt bin ich im Doppelpack unterwegs.“ Er sah sich verwirrt um und riss erschrocken dir Augen auf. „Wer ist das?“
Sie setzte sich grinsend neben ihn und deutete Aaina sich ebenfalls zu setzten. Sie zögerte etwas, da sie nicht wusste wie er wohl auf sie reagieren würde.
„Ich bin Aaina. Ihre Zwillingsschwester.“
Pearce schluckte schwer. Das hatte er nicht erwartet. Eher hatte er erwartet, das sie mit einem festen Freund antanzen würde. Doch einerseits war er erleichtert, andererseits verkomplizierte es nun Darts ganzes leben.
„Hallo. Ich bin Pearce. Ein Freund von Darts. Seit wann kennt ihr euch?“
Darts erzählte ihm wie sie sich getroffen hatten und wie überrascht sie beide gewesen waren.
Pearce konnte die Nervosität im Raum geradezu spüren. Aaina schien sich unsicher zu sein, was sie sagen sollte und Darts sprühte beinahe funken, so sehr versuchte sie die Situation irgendwie zu lockern. Bis Sonnenuntergang schaffte sie es sogar ein bisschen. Aaina schien ein nettes Mädchen zu sein und blickte Darts die ganze Zeit an, als würde sie diese geradezu anbeten.
Pearce fragte sich schon den ganzen Abend, wie das Mädchen wohl war, wenn sie sich entspannt fühlte. So sehr sie sich auch äußerlich glichen, so unterschiedlicher waren sie.
Aaina schien eher die stille Beobachterin zu sein, während sich Darts wie immer aufspielte.
Lachend sah er ihr dabei zu wie sie Haushoch in ihrem Lieblingsspiel gewann. Der Junge der sie jedes mal herausforderte, vermutlich weil er sie mochte, nahm jede Niederlage gelassen hin, während Darts im Gegenzug vor Begeisterung strahlte.
„Ist sie immer so?“ Fragte Aaina und Pearce blickte erschrocken zu ihr hinab. Er sah die röte in ihrem Gesicht und fragte sich, ob es ihr unangenehm war, hier zu sein.
„Sie war immer schon sehr ausgelassen und liebt es zu gewinnen. Es gibt eigentlich nur selten Momente in denen sie... schüchtern oder zurückhaltend ist.“
Aainas Lächeln wurde stolzer. Er erinnerte sich, wie stolz er jedes mal auf Darts war wenn sie etwas tat. Schon als sie noch ganz klein war, war alles was sie tat für ihn besonders. Selbst wenn sie sich lediglich traute vom drei Meter Turm zu springen.
„Du magst sie sehr, oder?“ Es riss ihn aus den Gedanken. „Ja, natürlich. Sie ist von klein auf meine Schwester. Ich hoffe ihr werdet auch bald so einen Bezug zueinander haben.“
Aaina strahlte zu ihm hoch. Nein sie war absolut nicht wie Darts. In ihrem Lächeln lag etwas zurückgezogenes. Etwas Geheimnisvolles, was er nicht mochte. Auch wenn sie nett war. Etwas passte ihm überhaupt nicht.
„Na, gut. Ich hole mir etwas zu trinken. Willst du auch etwas?“ Sie nickte und er verschwand bereits.
Aaina fand Pearce etwas seltsam. Darts gegenüber war er so aufgeschlossen und schien sie bei allem Unterstützen zu wollen. Auch wenn er es vielleicht nicht einmal vor sich selbst zugab. Aaina fühlte das er in Darts mehr sah, als nur eine Schwester. Ob sie das wusste? Darts sprang auf sie zu und verleitete sie dazu es auch einmal zu probieren. Natürlich war Aaina gut darin. Sie konnte ebenso mit Schusswaffen umgehen und Autofahren. Eigentlich war sie noch zu jung, doch wenn man in einem Naturschutzgebiet aufwächst, muss man sich selbst beschützen können. Nicht alle Tiere verstanden das sie nur helfen wollte.
Lachend verfehlte sie das Brett um einige Zentimeter. „Ach, komm schon. Ich sehe doch das du das besser kannst. Du musst dich nicht zurückhalten.“ Beschwerte sich Darts und machte es ihr vor.
Sie hatte doch recht. Natürlich konnte Darts sehen, das sie eine geübte Schützin ist.
Diesmal etwas ernster Zielte sie und stolperte vor Schreck. Der Pfeil ging an der dafür vorgesehenen Wand vorbei und traf beinahe den Barmann. Entschuldigend duckte sie sich hinter ihre Schwester. „Verdammt was macht der den hier?“
Darts blickte sich um. Vor wem versteckte sich ihre Schwester? Sie wirkte nicht so, als müsste sie großartig Angst vor jemanden haben.
„Hi!“ Brüllte auf einmal jemand durch den Raum. Darts erblickte den schwarzhaarigen, der nun nicht mehr voller Matsch war und frische Kleidung an hatte. Nun da er nicht mehr seine Arbeitskleidung trug, fand sie das er überhaupt nicht so schlecht aussah.
Sie winkte ihm Halbherzig zu und er kam sofort zu ihr. „Ah, sieh mal einer an. Die Doppelgängerin. Wie geht es dir?“
Darts blickte sich um, doch ihre Schwester war verschwunden. Konnte es sein, das er etwas gegen sie in der Hand hatte? Oder das er sie bedrohte?
„Hi... Ähm... Kenne ich dich?“ Er blickte Darts entsetzt an.
„Es ist unglaublich das du mich nicht erkennst. Ich habe mich heute praktisch vor dir ausgezogen, da ich dachte du wärst Aaina. Wie war übrigens noch mal gleich dein Name?“
Er streckte ihr die Hand hin und lächelte sie freundlich an. „Ach, so! Ich hätte dich ohne deine improvisierte Kriegsbemalung beinahe überhaupt nicht erkannt.“
Er schnalzte abfällig mit der Zunge und blickte sie beleidigt an. „Okay... Ihr beide könnt nur Schwestern sein.“ Bemerkte er und blickte hinter Darts. „Na, ja. Sag Aaina, dass ich sie gesehen habe und wenn sie mich heute nicht begrüßt werde ich ihr es die nächsten Tage vorhalten!“
Empört riss sie den überheblichen Kerl am Kragen zurück, packte ihn am Ohr und zog ihn zu sich. „Wenn ich einmal noch höre, das du meiner Schwester auch nur annähernd irgendetwas tust, oder ich auch nur drohst... Dann verlierst du mehr als etwas ansehen, weil ein Mädchen dich mit nur einem Finger niedermachen kann.“
Sein Blick wandelte sich von empört zu belustigt. Lauthals fing er an zu lachen und packte sie plötzlich um die Hüfte. „Schätzchen... Wenn du mir Angst einjagen willst, brauchst du ein anderes Gesicht. Deines und das deiner Schwester sind so ähnlich, dass ich dich nicht ernst nehmen kann.“ Er strich so schnell mit seinen Lippen über ihre, das sie nichts anders tun konnte als Perplex da zu stehen. Lachend verschwand er wieder und ließ sie wie einen begossenen Pudel stehen.
„Darts? Es tut mir so leid. Ist alles in Ordnung?“
Darts blickte zu ihrer Schwester und stieß die angehaltene Luft aus. „Dieser miese kleine...“
Darts wollte ihm nach stürmen, doch Pearce fing sie ab und beruhigte sie.
„Es tut mir leid. Ich wollte dir keinen Ärger machen. Zendo ist immer so. Er... bringt Leute aus dem Konzept und bringt sie dazu Sachen zu tun, die sie überhaupt nicht wollen. Er ist... anstrengend. Ich wusste nicht das er auch hier ist.“
Darts legte ihrer Schwester eine Hand auf die Schulter und lächelte sie aufmunternd an.
„Dem Idioten werden wir es zeigen. Du musst nur etwas mitspielen. Komm.“ Darts zog Aaina hinter sich her, die sich versuchte zu wehren und Pearce blickte lediglich seine drei Eistee an.
Eigentlich fand er ja Darts alleine schon anstrengend, wenn sie wütend war, jedoch das sie andere damit hinein zog war neu für ihn.
Darts setzte sich mit Aaina an einen benachbarten Tisch und sie taten so als würden sie ihn überhaupt nicht bemerken. Pearce setzte sich ebenfalls hinzu und schlürfte genüsslich an seinem Eistee.
„Ach, ist das Toll. Kann ich auch einmal zusehen kommen? Mich würde es brennend interessieren, was du so den ganzen Tag machst. Und du warst ehrlich noch nie an einer Schule?“
Es verging noch über eine Stunde wo die Mädchen herzhaft miteinander lachten und scherzten, bevor der Kerl der Darts vorhin beinahe geküsst hätte ihre Aufmerksamkeit forderte. Pearce blickte zu dem Kerl hoch und musste sich zusammen nehmen, ihm nicht gleich eine zu scheuern. Wie konnte er es überhaupt wagen sie auch nur anzufassen? Das tat niemals jemand. Zumindest solange Pearce in der Nähe war.
„Na sieh an wen wir da haben. Meine Lieblingskollegin.“ Er quetschte sich zwischen Darts und Aaina und legte beiden eine Hand auf die Hüften, als wären sie sein Besitz.
„Oh... Wer bist du noch einmal? Ach, ja. Der Kerl der heute so gestunken hat. In was hast du da gebadet? Tierkake?“ Er warf ihr einen gespielt wütenden Blick zu, doch lächelte dabei. „Tatsächlich, habe ich davor mit einem Puma gekämpft und gewonnen. Er sah wesentlich schlimmer aus als ich“
Darts lachte laut auf. „Wirklich? Das kann ich kaum glauben. Eine Wildkatze sieht selbst ohne Körper noch besser aus als du.“
Seine Aufmerksamkeit glitt wieder zu Aaina, die nervös mit ihrem Glas spielte. „Und was sagst du dazu? Du findest mich doch bestimmt hübscher als einen Puma.“
Aaina zog lediglich eine Augenbraue hoch und schüttelte den Kopf. Das tat sie immer wenn Zendo etwas sagte. Seine Meinungen und Vorschläge interessierten sie absolut nicht. Sie konnte sich nicht einmal dazu durchringen ihn auch nur anzusehen, so sehr hasste sie diesen Kerl. Zwar war er erst einige Monate hier, doch repräsentierte er alles was sie nicht an einem Jungen mochte.
„Ach, komm schon. Du kannst ruhig zugeben dass du mich magst.“ Er zwinkerte ihr zu und Darts seufzte. „Weißt du. Wenn ein Mädchen dich hasserfüllt anblickt, dann meint sie es auch genauso.“
Zendo blickte wieder zu Darts und strahlte geradezu. „Weißt du, Aaina... Wenn du etwas mehr wie deine Schwester wärst, dann würde ich dich etwas weniger quälen und dir erlauben mich >richtig< anzufassen.“ Er strich Aaina die Haare zur Seite. So schnell konnte Darts nicht sehen, lag Zendo mit einer blutigen Nase auf dem Boden. Aaina und Darts blickten sich erschrocken an, denn keiner der beiden wusste genau woher der Schlag gekommen war.
Plötzlich stand Pearce über Zendo und trat ihm in den Magen. „Wenn du es auch nur noch einmal wagen solltest, etwas Abfälliges oder anzügliches zu einem der beiden Mädchen zu sagen, dann mache ich dich fertig!“ Zendo blickte an Pearce vorbei zu Aaina und biss die Zähne wütend aufeinander. „Das wird ein Nachspiel haben.“ Knurrte er unter zusammengebissenen Zähnen hervor und verschwand auf die Toiletten.
Plötzlich wurde Pearce gestoßen und Aaina lief hinaus. Darts setzte ihr nach, doch Pearce hielt sie zurück.
„Warte noch ein bisschen und lass sie sich beruhigen.“
Darts blickte hinauf zu Pearce, der seine pulsierende Hand betrachtete.
„Ist alles in Ordnung?“ Er nickte und setzte sich wieder hin. Darts kniete sich vor ihn und betrachtete seine Hand. „Die wird morgen blau sein. Warte...“ Sie wickelte einige Eiswürfel vom Eistee in ihre Weste und kühlte seine Hand damit sie nicht anschwellt. „Besser?“
Pearce fühlte zwar keinen Unterschied, doch nickte. Warum hatte er das getan? Die ganze Zeit war er daneben gesessen und hatte ihnen zugesehen, doch schon alleine der Gedanke das Darts jemand anderen anfassen könnte... Er wusste ja dass es an Aaina gerichtet war, doch sie sahen sich so ähnlich das er einfach aufgehört hatte zu denken und Zendo niederschlug. Er hatte es erst bemerkt, als er blutend am Boden gelegen hatte. Doch das war für ihn nicht genug gewesen. Er hatte einfach noch einmal hintreten müssen.
Ohne das er es gemerkt hatte, lag seine linke Hand auf ihrer Wange und sie lächelte ihn freundlich an. Das war das erste Mal, das sie ihn auf diese Weise anlächelte und es gefiel ihm, da sein Herz dabei wie verrückt schlug.
Pearce warme Hand auf ihrer Wange hatte sie zwar erschreckt, doch tat es gut zu sehen, wie er wieder er selbst wurde. Der Blick der für kurze Zeit in seinen Augen gelegen hatte, hatte ihr Angst gemacht. Für kurze Zeit war Pearce nicht der gewesen den sie kannte.
„Versprich mir...“ Flüsterte er und legte seine Stirn gegen ihre.
„Was denn, Pearce?“
Sein Daumen strich leicht über ihre Unterlippe und ein Lächeln zog sich über sein Gesicht. „Das du niemals jemanden wie diesen Dreckssack küsst.“
Sie stimmte auf sein Lachen ein und versprach es ihm.
„Wie könnte ich denn? Immerhin habe ich ja dich, der aufpasst, das ich mich nicht in jemanden wie diesen Idioten verliere.“
„Aain!“ Darts fand ihre Schwester wenige Meter weiter angelehnt an einem Baum. Sie blickte Darts überrascht an. „Was ist denn?“„Ist alles in Ordnung?“
Sie nickte, doch ließ ihren Blick gesenkt.
Darts lehnte sich auf die andere Seite des Baumes und blickte den noch treibenden Verkehr hinterher. Was mochte nur in Aainas Kopf umher gehen.
„Was hat es eigentlich mit diesem Zendo auf sich? Klingt nicht so als käme er aus unserem Land.“
Aaina zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Er ist erst seid ein paar Monaten in unserem Betrieb. Ich habe keine Ahnung was in seinem dämlichen Kopf vorgeht. Er macht nichts anders, als mein Leben schwer. Ich hasse ihn. Darts... Ich hasse ihn wirklich!“
„Kyleigh...“ Aaina blickte sie verwirrt an. „Das ist mein richtiger Name.“
Darts hätte mit allem gerechnet, doch nicht damit das Aaina in Tränen ausbricht und sie umarmt.
„Aaina?“
„Ich bin so froh, das ich dich getroffen habe!“ Schluchzte diese.
Darts legte beide Arme um ihre Schwester und tröstete sie. „Schon gut. Wir machen das.“
Einige Monate später, hauchte Darts in ihre Hände um sie zu wärmen. „Es ist arschkalt. Wo ist nur der Sommer hin?“
Pearce lächelte sie unter der Pudelmütze hervor an, die sie ihm letztes Jahr zu Weihnachten geschenkt hatte. „Was denkst du denn. Es ist Dezember, da muss der Schnee hoch liegen und die Finger einfrieren.“
Darts schubste ihn mit ihrer Schultasche an. „Ich weiß. Trotzdem hätte ich nichts dagegen meine Handschuhe wieder zu haben.“ Beleidigt ließ sie den Kopf hängen und kickte einen Eisballen vor sich her.„Dann hättest du sie nicht im Bus liegen lassen. Das ist deine eigene Schuld.“ Tadelte Pearce sie und bekam dafür ihre Zunge zu sehen.
Lachend legte er einen Arm um sie. „Ich sage dir schon seit drei Jahren, das du dich wärmer anziehen sollst.“
Darts steckte schnell ihre Finger in seine nun frei gewordene vorgewärmte Jackentasche und seufzte glücklich. „Ach, was. Dafür habe ich ja dich. Du reichst mir vollkommen!“
Lachend gingen sie weiter zu ihrem dreistöckigen Schulgebäude und seufzten gleichzeitig.
„Nur mehr zwei Wochen, dann haben wir endlich frei!“ Jubelte Asuza als sie zu ihnen stieß und lächelte schelmisch. „Hoppla... Störe ich euch beide etwa?“
Darts zog ihre Hände zurück und bereute es sofort, als die Eiseskälte um ihre Hände kroch. „Nein, tust du nicht. Was gibt’s?“
„Eigentlich nichts. Ich habe nur schon seit zwei Tagen nichts mehr von Josh gehört... Ich vermisse ihn so sehr!“
Darts verzog bei dem Namen das Gesicht und ging einfach weiter. Auch Pearce war nicht sonderlich glücklich die Angebetete seines Bruders, die auch noch in seine Klasse ging, zu ertragen. Ihm interessierte es nicht und er würde sich auch niemals einmischen.„Kommst du Wiesel?“ Seufzend holte er seine >nicht< Schwester ein, in die er Ironischerweise verliebt war. Warum konnte das Leben nicht einfacher sein?
„Müllt sie dich auch immer so zu?“ Fragte ihn Darts.
Pearce nickte. „Warum glaubst du, wohne ich schon beinahe bei dir?“ Sie lächelte zu ihm hoch. „Im Grunde würde es mich total freuen, wenn du bei uns einziehen würdest.“
Ohne seine geschockte Reaktion zu beachten, lief sie vor und traf ihre typischen Freunde die sie am Schulhof hatte.
Träumerisch steckte er seine, mittlerweile wieder kalte, Hand in die Tasche zurück. Ob sie das ernst meinte? Vermutlich, doch leider nicht auf die selbe weise, wie er es sich wünschte.
„He, Wiesel! Komm wir müssen trainieren!“ Pearce blickte zu seinem Kumpel, der ihn auf die Schulter schlug und machte ein Wettrennen mit ihm durch den hohen Schnee direkt zur Turnhalle, die sich hinter dem großen Schulgebäude befand. Die nächsten Wettläufe, würden erst im Nächsten Jahr stattfinden, was ihm genug Zeit gab zu trainieren. Jeden dritten Tag trafen sie sich in der Früh im Turnsaal und trainierten die ersten beiden Stunden. Zwar musste er dafür Nachmittags länger lernen, doch das störte ihn nicht. Darts unterrichtete ihn wesentlich besser, als ein Lehrer.
Ein bekanntes Gesicht riss ihn aus den Gedanken.
„He, warte mal.“
„Was ist? Angst weil du mich nur mehr von hinten siehst? Gewöhne dich lieber schon einmal daran.“ Scherzte dieser, doch Pearce ignorierte ihn. Er folgte der in schwarz gehaltenen Person und riss sie am Oberarm zurück. Wusste er es doch...
„Was suchst du hier?“
Zendo lächelte ihn spöttisch an. „Was soll ich den hier wollen? Lernen natürlich.“ Er entwand sich seinem Griff und ging weiter.
„He! Wenn du Darts zu nahe kommst...“ Lachend ließ ihn Zendo stehen und verschwand im Schulgebäude. Der Kerl war ihm einfach unsympathisch. Er ging Aaina, der Zwillingsschwester von Darts so sehr auf die Nerven, dass sie beinahe Panisch wurde, wenn sie ihn nur aus der Ferne sah. Auch Darts hatte Zendo vor ein paar Monaten angefasst und er hatte diesen dafür niedergeschlagen.
Es hatte ihn zwar selbst mehr erschreckt, als alle anderen, doch er hatte sich danach viel besser gefühlt. Er würde es wieder tun, wenn er könnte.
Murrend ging er zu seinem Training zurück und wünschte sich zum ersten Mal sein Training einfach ausfallen zu lassen.
„Darts! Warte doch endlich!“ Darts hatte versucht Asuza abzuschütteln, doch nicht einmal in der Klasse bekam sie diese los.
„Was willst du denn?“ Die Worte kamen etwas schroffer als gedacht aus ihrem Mund, doch sie bereute es nicht. „Ich... Ich wollte nur... Es tut mir leid, wenn ich dich mit meiner Rederei nerve. Ich weiß ja das du nichts von mir und Josh hören willst, weswegen auch immer. Jedoch würde es mich freuen, wenn wir wenigstens über andere Dinge sprechen. Über Dinge, über die nun mal Mädchen sprechen, oder wieder einmal Schoppen gehen.“
Wie konnte sie das nur einfach so fragen? Wie sollte sie sich denn entspannen, wenn Asuza alle Paar Minuten mit Josh anfing?
„Weißt du... Mal sehen. Versprich mir, das wir heute wenn wir etwas reden, du nicht Josh und dich erwähnst, dann machen wir am Ende des Schultages einen Termin aus, wegen einem Schoppingtermin.“
Begeistert klatschte Asuza in die Hände. „Ich könnte mir keinen besseren Deal ausdenken. Also, was kommt denn morgen zum Test?“
Genervt griff sich Darts aufs Hirn. Hatte Asuza denn nichts Besseres zu tun?
Entschlossen das durchzuziehen, packte sie ihre Übungszettel aus und half Asuza mit dem Lernen.
Als es klingelte und endlich der Unterricht begann war Darts bereits erschöpft und freute sich auf die Pause. Das hatte sie auch noch nie erlebt.
Als der Lehrer das Klassenzimmer betrat, lächelte er breit in die Gruppe. „Hallo meine Lieben Schüler. Ich hoffe ihr hattet ein schönes Wochenende, denn jetzt werden wir eine neue Sitzordnung machen.“
Neue Sitzordnung? Mitten im Schuljahr? Was war den los? Kam etwa ein neuer Schüler?
Darts hüpfte von ihrem Tisch und sah sich unsicher um. Niemand wusste um was es ging, doch die nächsten fünf Minuten verbrachten sie damit, das in der zweiten Reihe vor ihr drei neue Plätze frei wurden. Was sollte das denn?
„Gut, da die neuen Plätze akzeptabel sind...“ zumindest für ihn, denn beinahe die ganze Klasse murrte, da sie nicht mehr bei ihren Freunden sitzen konnten „können wir endlich unsere drei neuen Schüler willkommen heißen.“
Drei neue Schüler? Das war ja einmal ein Rekord. Und auch noch alle am selben Tag.
Kaum war die Türe offen, staunte sie auch nicht schlecht. Als erster betrat ein Junge das Klassenzimmer und winkte allen höflich zu. „Hallo ich bin Zendo. Ich bin ein Quereinsteiger. Ich komme gerade aus einem festen Beruf als Ranger und werde deswegen immer wieder pendeln, oder auch Stunden ausfallen lassen müssen. Trotzdem freue mich auf eine gute Zusammenarbeit.“ Das hatte ihr noch gefehlt. Jetzt hatte sie diesen Vollidioten an der Backe. Jedoch andererseits, freute sie sich für ihre Schwester, das diese nun weniger Stress mit ihm haben würde.
Als nächstes kam eine Statue in die Klasse. Anders konnte Darts das Mädchen einfach nicht sehen. Sie besaß wellendes hüftlanges rotbraunes Haar und tiefrote Augen. Wenn ihre Sinne sie nicht bereits darauf hingewiesen hätte, wäre ihr es spätestens jetzt aufgefallen. Ein Vampir...
„Ich bin Seela. Ich bin erst frisch erwacht, deswegen komme ich erst etwas später in die Klasse.“ Mehr sagte sie nicht, sondern wirkte bereits wieder gelangweilt.
Als die dritte Person die Klasse betrat, staunte sie nicht schlecht.
„Mein Name ist Aaina. Ich bin eine ausgebildete Rangerin. Bisher habe ich mein ganzes Leben im Wildpark verbracht und wurde zuhause unterrichtet. Ich hoffe ihr habt etwas erbarmen mit mir, da ich was Sozialkontakte knüpfen angeht, nicht sonderlich gesegnet wurde.“ Mit einem freundlichen Lächeln winkte sie in die Klasse und sofort begann das große Getuschel. Immer wieder hörte Darts ihren eigenen Namen und den ihrer Zwillingsschwester.
„Ähm... Herr Lehrer. Könnte vielleicht meine Zwillingsschwester bei mir sitzen?“
Der Lehrer nickte und sofort schob Aaina ihren Pult zu Darts. „Wieso bist du den hier? Und in Herrgotts Namen, warum hast du nichts gesagt?“
Aaina lachte. „Spielt das den eine Rolle? Ich wusste ja nicht, das du auch hier sein würdest.“
Darts griff sich abermals an den Kopf, doch lächelte sie wieder an. Aaina hatte ja recht. Da sie ausschließlich im Park aufgewachsen war, konnte sie ja nicht wissen, das hier die einzige Schule in der Nähe war, an der man Studieren konnte. Alle anderen Schulen waren in anderen Städten, doch sie lebten hier ziemlich abgegrenzt. Darts hatte sich zwar schon öfter überlegte weg zu ziehen, doch erst richtig dazu entschieden hatte sie sich, als sie Aaina kennen lernte. Daher hatte sie spontan ihr Studium Fach gewechselt und war hier geblieben.
Während der Lehrer den neuen Mitschülern den Schulstoff des vergangenen Monats austeilte, redeten alle wirr durcheinander. Anscheinend wollte jeder unbedingt genau wissen wer Aaina war und warum sie nie etwas davon gewusst haben.
Kichernd und hin und wieder flüsternd, freute sich Darts bereits auf das Schulende.
Als Pearce nach seinen zwei Stunden Training in die Klasse kam, konnte er Darts nicht finden. An einem der Regale, winkte ihm plötzlich ein Mädchen zu, das aussah wie Darts, es aber eindeutig nicht war.
„Aaina! Was machst du den hier?“ Sie umarmte ihn lachend, was ihn mehr noch mehr verwirrte.
„Ich bin seit heute in eurem Schuljahr. Luke hat mich etwas verspätet eingetragen und ich konnte ohnehin nicht früher, da wir Probleme hatten mit den Nistplätzen. Aber auf alle Fälle... Ich bin jetzt hier und studiere die letzten beiden Jahre mit euch.“ Ihrem begeisterten Gesicht entnahm er, das er sich ebenfalls freuen sollte, doch konnte er einfach nicht. Wenn Aaina da war und er heute Morgen tatsächlich Zendo gesehen hatte, dann konnte das nichts Gutes bedeuten. Als er seinen Blick durch die Klasse schweifen ließ, konnte er Zendo nicht ausmachen. Jedoch hieß das deswegen noch lange nicht, das er nicht hier war. Es gab keine andere Klasse in ihrem Jahrgang.
„Wo ist Darts?“
Aaina deutete auf eine Gruppe die sich um ihren Tisch versammelt hatte und seufzte.
„Na dann... He! Leute macht mal Platz!“
Darts saß mit ausgestreckten Füßen, mitten in einem Kreis, der sich um vier Pulte zog. Jeder sprach wild durcheinander und jeder fragte die drei Schüler aus, die sich in der Mitte des Kreises befanden.
„Hi! Wiesel. Da bist du ja endlich. Hast du schon Aaina gesehen? Sie ist nun auch in unserer Klasse. So wie Zendo und das komische Vampir Mädchen.“
Darts zog ihn neben sich auf den freien Platz, der höchst wahrscheinlich Aaina gehörte.
Das so genannte >komische Vampir Mädchen< warf Darts einen überaus wütenden Blick zu, doch ignorierte sie des weiteren und widmete sich wider den hauptsächlich männlichen Schüler die bei ihr standen.
Neben dem rothaarigen Vampir Mädchen saß Zendo und hatte ausschließlich Augen für Darts. Hatte diesem Mistkerl nicht schon der erste Schlag ausgereicht?
Darts hielt ihm die Notizzettel hin, die sie immer für ihn Mitschrieb. Murrend steckte er sie ein und betrachtete das Treiben.
Dank den überaus lauten Organen seiner Mitschüler fand er ziemlich schnell heraus, das Zendo nur teilweise dem Unterricht folgen würde, da er auch noch arbeiten musste. So wie Aaina, die dafür immer an den Tagen kam, wo Zendo nicht hier war. Das was er bisweilen heraus gehört hatte, musste es für Aaina himmlisch sein, endlich einmal Tage zu haben, wo sie ihn nicht sehen muss. Zwar mussten sie dafür nach schulende Notizen austauschen, doch das waren nicht einmal eine Minute, die sie dafür brauchten.
Darts derweilen, wirkte nicht sonderlich begeistert, das ausgerechnet Zendo vor ihr saß. Immer wieder verrückte er ihre Schulsachen, damit er ihre Aufmerksamkeit bekam und immer wieder trat sie ihn dafür. Pearce selbst kannte die Schläge von Darts. Sie bereiteten höllische Schmerzen, auch wenn sie nur halbherzig waren.
„So, Kinder. Der Unterricht hat bereits begonnen! Geht auf eure Plätze.“Da Pearce Asuza wie er gekommen ist, mit einer blutenden Nase und ihren Schulsachen weglaufen hatte sehen, nahm er einfach dessen Platz hinter Darts und Aaina ein und hatte somit alles im Blick.
Der Unterricht zog sich über Stunden hin, bevor endlich die erlösende Schulglocke erklang. Aaina und Zendo folgten dem Klassenlehrer ins Lehrerzimmer, während sich alle anderen zusammen packten.
„Gehen wir?“ Fragte er Darts, doch diese schüttelte den Kopf. „Nein, geh du ruhig. Ich begleite Aaina, damit Zendo sie am Rückweg nicht nervt. Mal sehen... Vielleicht gehe ich mit ihr noch etwas essen, oder etwas Shoppen...“
„Ach, ja. Jetzt weiß ich wenigstens warum du mich nicht mehr magst. Kaum taucht aus heiterem Himmel deine dumme Zwillingsschwester auf, brauchst du mich auf einmal nicht mehr. Danke! Jetzt weiß ich wenigstens was ich dir Wert war.“
Eine in Tränen aufgelöste Asuza stand in der Türe und die restlichen Schüler starrten sie an, als wäre sie verrückt.
„Was redest du denn da? Aaina hat überhaupt nichts damit zu tun. Lass sie dabei aus dem Spiel!“
Asuza kam auf Darts zu, doch er stellte sich dazwischen. Wenn Asuza sie schlagen würde, würde Darts auf der Stelle zurückschlagen und das würde für Asuza nicht gut ausgehen.
„Geh mir aus dem Weg, Kraftprotz!“
„Nein. Du solltest jetzt lieber nach Hause gehen! Du machst dich hier nur zum Affen!“ Tadelte er sie, doch sie ignorierte ihn einfach. Warme Hände an seinem Rücken, ließen ihn zusammen zucken.
Darts schob ihn beiseite und schenkte ihm ein dankendes Lächeln. „Ist schon gut, ich regle das.“
Nickend ließ er die beiden Mädchen alleine und schob dabei die schaulustigen verbliebenen Schüler mit sich. Schon nach kurzer Zeit, konnte er die beiden bis zum Lehrerzimmer streiten hören.
„Es geht dabei nicht um Aaina. Sie ist meine Zwillingsschwester von der ich nie etwas wusste. Das solltest du akzeptieren, dass ich sie kennen lernen möchte!“
Das war eindeutig Darts stimme, denn sie klang noch wesentlich ruhiger als Asuza, die immer wieder laut aufschrie.
„Ach, ja. Und was ist mit mir? Wir waren über ein Jahr befreundet und das wirfst du einfach jetzt weg?“
Pearce wusste, dass das eindeutig die falsche Frage war, denn Darts war schon immer von Asuza genervt gewesen und das sie mit demjenigen zusammen ging, in den Darts schon seid ihrer Kindheit verliebt war, hatte es nicht gerade besser gemacht.
„Was? Das nennst du Freundschaft? Du hast mich voll gequasselt und wolltest das ich mich ändere und >weiblicher werde<. Versteh doch endlich, es ist mir scheiß egal wie ich aussehe. Den Jungs anscheinend ebenfalls. Warum kannst du es nicht auch akzeptieren?“
Asuza schrie abermals auf. Was war nur mit diesem Mädchen los? Sie führte sich auf als würde die ganze Welt ihr gehören.
„Tz! Als würde die dich akzeptieren. Sie waren nur immer bei dir, weil ich das auch war und mal ehrlich... Du bist nicht sonderlich eine Konkurrenz für mich, wenn du so aussiehst. Nimm dir einmal ein Beispiel an deiner Zwillingsschwester, sie hat wenigstens Style.“
Selbst Pearce wusste, dass das nun ein offener Mädchenkampf war. Tatsächlich zogen sich diese Beschimpfungen noch über zehn Minuten hin.
Als er sah das Aaina und Zendo aus dem Klassenzimmer kamen, winkte er ihnen zu. Beide sahen ihn verirrt an. „Keine Sorge ich warte nicht auf euch. Nicht direkt... Aber Aaina, Darts wartet auf dich weil sie noch mit dir essen gehen will, doch Sandy, du kannst verschwinden.“„Zendo... und warum kann ich nicht mit? Immerhin bin ich beinahe auch mit ihr verwand.“
Pearce verdrehte die Augen und ignorierte ihn.
„Okay. Und wo ist sie?“ wollte Aaina wissen.
Er deutete auf das Klassenzimmer. „Dort. Sie streitet mit ihrer >Ex-besten-nicht-Freundin<. Setzt dich zu mir, das kann noch dauern. Sie sind gerade dabei, sich gegenseitig fertig zu machen.“ Aaina setzte sich neben ihn und Zendo verschwand einfach. Er schien es wohl zu hassen, wenn man ihn ignorierte. Gut zu wissen.
„Okay, also um was geht es genau?“ Pearce erklärte ihr das Darts nicht mehr mit Asuza befreundet sein konnte, aus persönlichen Gründen, und das diese besagte Asuza es nicht verstehen möchte und sich ihre eigenen Gründe zurechtlegte.
„Hm... das klingt nicht wirklich fair. Denkst du ich sollte den beiden zur Seite stehen? Immerhin sind sie Freundinnen gewesen.“
Pearce winkte ab. „Lass lieber, sonst geht Asuza auch noch auf dich los. Sie ist zwar klein und lieblich, doch das ist eine Spinne auch, bevor sie dich von hinten einspinnt und aussaugt.“
Aaina lachte über den Vergleich, da er extra für sie ein Beispiel aus der Tierwelt genommen hatte. „Was geht den hier vor? Solltet ihr nicht schon längst auf dem Weg nach Hause sein?“
„Herr Lehrer. Tut uns leid, aber Darts wird aufgehalten und wir wollen aber mit ihr nach Hause, da sie mir mit dem Stoff aufholen hilft und Pearce mit den Stunden die er heute Morgen verpasst hat.“ Aaina lächelte höflich zu ihrem Lehrer hoch, der genervt die Augen verdrehte, als er den Lauten Schrei von Asuza vernahm.
„In Ordnung, ich regle das. Ihr beide wartet vor der Türe.“
Pearce half Aaina hoch, die sich bei ihm bedankte und sie schlenderten ins Erdgeschoss zurück. Wie versprochen klärte der Lehrer die Streiterei und eine Aufgebrachte Asuza zischte aus dem Schulgebäude. Als sie Aaina erblickte, blieb sie kurz stehen und machte eine abschätzende Geste.
„Das wirst du noch bereuen...“ Mit erhobener Nase, ging sie den gesalzenen Weg entlang zum Schultor und verschwand dahinter.
Eine Minute später kam Darts lächelnd aus dem Schulgebäude. „Deine Schwester hat echt Talent für eine Politikkarriere.“ Bemerkte Pearce und tätschelte besagter den Kopf.
Darts blickte die beiden verwirrt an. „Warum? Was hat sie getan?“
Pearce erzählte von der Halbwahrheit die Aaina dem Lehrer zugesteckt hatte um das Streitgespräch schneller zu klären.
Kichernd lief Darts rückwärts vor ihnen her. „Ach wirklich? Nun, ich bin ehrlich total froh, dass ihr mich da hinaus geholt habt. Sie hat schon fürchterlich genervt. Und diese schrille Stimme... Wah! Sie macht mich so wahnsinnig. Ich wünschte nur ich könnte ihr irgendwie erklären, warum ich sie nicht ertrage. Aber dann würde... Huch...“ Darts war so konzentriert gewesen, dass sie die Eisplatte nicht bemerkte die sich am Rande des Gehsteiges gebildet hatte, und beinahe hin gefallen wäre, wenn Pearce sie nicht aufgefangen hätte. Sachte suchte er sein eigenes Gleichgewicht wieder und zog sie an sich.
Lachend klammerte sie sich an seinen Mantel. „Wenn du nicht wärst... ich weiß überhaupt nicht was ich ohne dich machen würde, Pearce.“
Pearce ließ Darts wieder los und sah Aaina dabei zu, wie sie wild um ihre Schwester herum hüpfte. Nun, ja was würde sie ohne ihn machen? Ihren besten Freund, der ein großes Geheimnis vor ihr verbarg. Ein Geheimnis, das Darts dazu bringen könnte niemals wieder mit ihm zu sprechen. Egal wie sehr es ihn schmerzte. Er würde ihr Freund bleiben. Egal wie sehr es ihn auch so oft reizte, ihr einfach zu sagen wie er für sie fühlte. Er würde es nicht tun. Immerhin ist er ihr bester Freund. Ihr platonischer Bruder. Derjenige, der immer an ihrer Seite sein würde, egal als wenn sie ihn brauchen würde.
„Was denkst du? Soll ich nicht lieber das andere nehmen?“
„Das fragst du mich? Nimm dir was du willst. Nimm dir einfach beides!“
„Als würde ich das alleine schaffen!“
Aaina lauschte den beiden Freunden und kicherte in sich hinein. Wenn sie so darüber nachdachte, waren Pearce und Darts wie ein altes Liebespaar. Immerzu zankten sie sich und keiner wollte Nachgeben. Meistens jedenfalls. Peace machte sich bereits über seine Suppe her, während sich Darts noch immer nicht entscheiden konnte, was sie essen sollte.
„Dann nimm das billigere.“ Darts verzog das Gesicht und überprüfte den Inhalt ihrer Geldbörse. „Du hast recht. Ich nehme es. Ober!“ Darts gab sich nicht sonderlich begeistert dem Willen ihrem, auch nur allzu leeren Geldbörse nach, und schnaufte genervt. „Ich brauche einen Halbtagsjob. Wiesel hat Preisgeld durch seine vielen Siege und du arbeitest nebenbei. Das ist so unfair. Ihr nehmt keinerlei Rücksicht auf mich.“ Darts verschränkte beleidigt die Arme vor dem Oberkörper und blickte mit strafenden Blicken zu der Türe, durch die ihr Essen kommen sollte.
„Was möchtest du denn arbeiten?“ Aaina war ehrlich neugierig, für was sich ihre Schwester entscheiden würde. Der Blick von Pearce zuckte zu ihr und er schüttelte demonstrativ den Kopf. „Wieso musst du denn so etwas fragen?“
Verwirrt blickte sie zwischen Darts und ihm hin und her. Was war an der Frage so schlimm?
„Gut das du fragst. Am liebsten würde ich ja etwas mit Menschen machen. In der freien Natur würde ich mich zu orientierungslos fühlen und mich nur verlaufen. Als Kellnerin wäre ich bestimmt der Hammer, doch durch mein viel zu auffälliges auftreten, kann ich meistens sofort in der Türe wieder umdrehen...“
Pearce beugte sich zu Aaina vor und flüsterte. „Meist meldet sie sich mit Darts an und das wollen die meisten Geschäftsleute nicht. Außerdem spricht sie zu laut und ängstigt mit ihrem... Auftreten... die Gäste. Sie hat bereits auf Grund ihres losen Mundwerks in fünf Lokalen Hausverbot.“
Aaina hob erstaunt ihre Brauen. So hatte sie das noch nie gesehen. Darts hatte tatsächlich den Hang dazu immer ihren Senf dazu geben zu müssen und ehrlich ihre Meinung heraus zu brüllen. Als sie sich umsah, merkte sie, dass in ihrer direkten Umgebung niemand saß, nur hin und wieder, doch die verschwanden so schnell wie sie kamen. Darts lümmelte am Sessel und hatte ihn sogar verkehrt herum stehen. Ihre Tonlage war ebenfalls ziemlich laut und ihre Tasche lag mehrere Meter hinter ihr, einfach fallen gelassen.
Kichernd folgte sie weiter dem Gedankengang von Darts.
„...Kinder weinen, aus mir unbekannten Gründe, immer nach höchstens zehn Minuten und ältere Mitbürger scheinen mich nie richtig zu verstehen. Letztens war ich in einem Trainingscenter, doch dort haben sie mich nach einer Stunde nach Hause geschickt, weil sie meinten ich wäre zu jung um dort zu trainieren. Die meisten Geräte die sie dort hatten, waren total veraltet. Ich hatte am nächsten Tag fürchterliche Kreuzschmerzen davon. Sie haben mir Zetteln mit gegeben, damit ich zuhause trainieren kann. Natürlich habe ich diese niemals...“
Der Ober stellte das Essen vor ihr ab und sie schrie erfreut auf. Sofort stürzte sie sich darüber und wirkte keineswegs zufrieden damit. Darts begann abermals zu meckern, das sie sich doch das andere nehmen hätte sollen.
Frustriert schlug sich Pearce an den Kopf. „Halt den Mund und iss endlich, Nervensäge!“ Beleidigt schnitt sie ihr Gemüse.
Aaina kicherte. So einfühlsam und stark wie Darts auch sein konnte, genauso war sie auch einschüchternd. Leute die sie nicht besser kannten, mussten sie wohl für eine Unruhestifterin halten.
„Alles in Ordnung?“
Darts blickte sie besorgt an. „Ja. Ich muss nur bald los. Meine Schicht fängt gleich an.“ Wie auf Kommando, ging die Türe des Lokals auf, in dem sie sich getroffen hatten und Zendo trat ein. Lächelnd winkte er ihr. Warum war er so früh hier? Er sollte doch erst in einer Stunde Feierabend haben, oder?
„Hi, Leute. Na, störe ich?“
Darts gab ausnahmsweise einmal kein Kommentar ab, und Pearce bezahlte die Rechnung von ihnen dreien.
Dankend verabschiedete sich Aaina und verschwand aus dem Lokal. Zendo nahm ihren Platz ein und lächelte höflich. „Da hat es aber jemand eilig zur Arbeit.“
Pearce verabschiedete sich mit einem Winken und ließ Darts alleine mit Zendo zurück.
„Aber! Wolltest du nicht...“ Pearce war bereits aus dem Lokal verschwunden und zwinkerte Darts lachend zu. Entsetzt, dass sie einfach so mit Zendo zurückgelassen wurde, machte ihr schwer zu schaffen. Durch ihre Unfähigkeit sich entscheiden zu können, hatte sie erst später als die anderen beiden ihr Essen bekommen und hatte noch nicht einmal die Hälfte verputzt.
„Warum bist du hier?“ Fragte sie Zendo, der den Rest von Aainas Getränk leerte. „Eigentlich, deinetwegen.“ Antwortete er Geheimnisvoll und musterte, was sie am Teller hatte. Angewidert verzog er das Gesicht. „Und was willst du von mir?“ Im Grunde wollte sie es ja überhaupt nicht wissen. Oder wusste es bereits. Doch trotzdem rechnete sie nicht damit, was er nun sagte.
„Eigentlich will ich lediglich einen Deal mit dir.“
Deal? Das klang nicht so, als würde ihr das Gefallen. „Und was genau hättest du dir dabei vorgestellt?“
Er grinste gewinnend. „Das sage ich dir, wenn wir draußen sind.“ Draußen? Sie musterte sein gewinnendes Lächeln und ihr verging der Appetit. „Gut dann... Ich bin fertig. Klären wir das lieber draußen, dort kann ich wenigstens kein Hausverbot bekommen, wenn ich dich in Grund und Boden stampfe.
Darts zog ihren dicken Wintermantel an und setzte ihre Haube auf. Obwohl es nicht schneite und die Sonne herunter schien, war es trotzdem sehr kalt. Aber was erwartete sie denn sonst, vom Winter?
Schweigend folgte sie Zendo zu einem Kinderspielplatz, der verlassen vor ihnen lag. Jedoch wunderte sie es nicht um diese Zeit.
„Setzen wir uns doch.“ Zendo kehrte von einer Bank den Schnee und legte Zeitungen darauf. Anscheinend, hatte er geplant hier her zu kommen. Unsicher wie sie reagieren sollte, nahm sie neben ihm Platz. „Okay. Was willst du?“
Zendo rutschte unruhig auf seinem Platz hin und her. „Ich... möchte dich um einen Gefallen bitte, mehr oder weniger. Eigentlich ist es eher so, dass ich...“
Zendo war eindeutig unruhig. Egal was er sie fragen wollte. Er schien sich überwinden zu müssen.
„Ich biete dir einen Deal. Ich würde dich gern ein einziges mal Küssen.“
Erschrocken zuckte sie zusammen. Bitte was? War das sein Ernst?
„Bitte versteh das nicht falsch. Ich empfinde absolut nichts für dich. Aber... meine Beweggründe verrate ich dir danach.“
Überrumpelt wusste sie nicht was sie sagen sollte. Noch niemals hatte sie einen Jungen geküsst, geschweige denn, dass sie sich jemals für einen Interessiert hätte. Sie hatte noch nicht einmal darüber nach gedacht. Warum sollte sie auch?
Und nun fragte ein Kerl, den sie absolut nicht leiden konnte, wegen eines Kusses?
„Ähm... Und wo ist da der Deal?“
Eine röte die nichts mit dem Wetter zu tun hatte, zog sich über ihr Gesicht und sie blickte zu Boden.
„Nun, ja. Ich darf dich mit deinem Einverständnis Küssen und dafür verrate ich dir warum ich das unbedingt tun musste. Und keine Angst, es ist ein... ehrlicher Grund.“
Überrascht blickte sie ihn an. Konnte sie ihm denn so etwas glauben? Eher nicht...
Er würde sie ja doch nur hintergehen und hinterher auslachen dafür dass sie so naiv war. Jedoch, zu verlieren hatte sie ja nichts. Ein Kuss war ein Kuss und bedeutete ihr nicht so viel. Sie hatte ja jemanden von dem sie am liebsten einen richtigen Kuss bekommen hätte, doch dieser war nun wohl unerreichbar für sie geworden.
Traurig erinnerte sie sich an Josh, wegen dem sie niemals einen anderen Jungen angesehen hatte und nickte bestimmend.
„Okay. Ich mache es. Aber aus eigenen Gründen. Und du verrätst mir danach warum du das unbedingt wolltest.“
Zendo wirkte ehrlich überrascht, dass sie einwilligte und blickte sie forschend an. „Ich kann zwar deinem Gedankengang nicht folgen, aber ich hoffe du bereust es danach nicht. Aber nur das wir uns verstehen! Ich will nicht das du mir danach hinterher läufst oder irgend etwas. Mein Herz gehört bereits einer anderen Person.“
Die Augen verdrehend boxte sie ihn halbherzig und lachte. „Ich kann für nichts versprechen.“ Antwortete sie herausfordernd, doch sie wusste, dass sie sich niemals in jemanden wie ihn verlieben konnte.
Langsam lehnte er sich zu ihr herüber, bis sie direkt nebeneinander saßen. Unsicher blickte sie zu ihm hinauf.
Nun da er ihr so nahe war, sah sie erst richtig wie hübsch er eigentlich war. Kein Wunder, das er beinahe jedes Mädchen haben konnte. Jedoch hatte er erwähnt, das er bereits jemanden hatte, dem er sein Herz geschenkt hatte. Ob es wohl jemand war den sie kannte? Kam sie von weiter weg? Und warum wollte er unbedingt sie küssen? Er wusste doch das sie ihn hasste, besonders für das, wie er ihre Schwester Aaina ängstigte und hinterher lief.
Als seine weichen Lippen auf ihre trafen, zuckte sie unweigerlich zusammen. Sie war so sehr in ihren Gedanken versunken gewesen, das sie nicht bemerkt hatte, das bereits so nahe war. Überrascht holte sie mit den Mund Luft, und er nahm dies als Einladung den Kuss zu vertiefen.
Verwirrt versuchte sie seinen Kuss zu erwidern, doch wusste nicht recht, was sie fühlen sollte. Sollte nicht ihr Herz rasen und sollte sie nicht unter Atemnot leiden, oder ähnliches? Doch da war einfach absolut nichts. Nur gähnenden Leere.
Als eine warme Träne über ihr kaltes Gesicht lief, beendete sie den Kuss. Überrascht, das sie weinte, wandte sie sich ab.
Aber... das ist ja überhaupt nicht meine... Unsicher blickte sie zu Zendo, dessen Mine hinter seinen Armen versteckt waren. Sie hörte ihn schniefen.
„Zendo? Alles in Ordnung?“ Hatte sie etwas falsch gemacht?
„Ja. Passt schon. Danke Darts.“ Er wischte sich unauffällig noch ein paar Tränen weg und stand auf.
Ohne eines weiteren Wortes, verschwand er vom Spielplatz und ließ sie alleine zurück. Was war das?
Er hatte sie geküsst und danach zu weinen angefangen. War sie so schlecht, oder lag es überhaupt nicht an ihr?
„Der Deal!“ Schrie sie ihm hinterher.
Er verschwand mit einem Wink hinter einer Hecke und ließ sie vollkommen verwirrt zurück. Was sollte sie nun tun? Sie musste mit jemanden darüber sprechen, doch mit Pearce konnte sie nicht, mit Azusa war sie zerstritten und Aaina arbeitete.
Warum war sie auch so dumm gewesen und hatte sich auf diesen Unsinn eingelassen? War doch klar, das er sie nur benutzte für irgendetwas. Jedoch konnte sie nun das selbe über sich sagen.
Sie wollte Josh dadurch vergessen. Auch wenn es nicht mehr so schmerzte wie am Anfang, das er mit Azusa ging, doch es war trotzdem immer in ihrem Unterbewusstsein.
Kopfschüttelnd schlenderte sie nach Hause und dachte über sich selbst nach. Eigentlich konnte sie Josh doch überhaupt keinen Vorwurf machen. Oder doch? Nein es war ihre eigene Schuld. Er wusste nicht wie sie für ihn empfand. Woher denn auch?
Als Darts aufblickte, fand sie sich vor dem Haus wieder, in dem sie die meisten Tage ihres Lebens verbracht hatte. Frustriert klammerte sie sich an den Holzzaun und trat gegen einen Schneehaufen. Verdammt sie war selbst Schuld an allem. Sie konnte zwar perfekt das Maul aufreißen, wenn es um andere ging, doch bei ihren eigenen Gefühlen war sie absolut machtlos. „Darts?“ Erschrocken wandte sie sich um, und blickte in die ruhigen freundlichen Augen von Josh. Er sah aus, als hätte er bereits seit einigen Tagen schlecht geschlafen. Sie vermutete von der Aufdringlichkeit von Azusa und seinen langen Arbeitszeiten.
„Ähm... Hi.“ Murmelte sie und blickte hinab zum Schnee, der neben dem Gehweg lag.
„Was machst du hier? Wenn du Pearce suchst, er ist bei dir. Zumindest dachte ich das.“
Unfähig etwas zu sagen, nickte sie.
„Magst du vielleicht rein kommen?“ Überrascht sah sie zu ihm hoch. Das war ihre Chance. Sie waren beide alleine und sie konnte ihm endlich sagen, was sie ihm schon immer sagen wollte. Nickend folgte sie ihm ins Haus und zog sich nur die dicke Jacke aus, so wie die Haube.
„Möchtest du etwas zu essen, oder trinken?“
„Nein danke. Ich möchte eigentlich nur kurz mit dir sprechen. Es wäre wichtig.“
Neugierig geworden, hörte Josh auf den Einkauf auszupacken und setzte sich neben sie auf die Bank.
„Ist alles in Ordnung, du wirkst sehr nervös.“
Ein schwaches Lächeln zuckte über ihre Lippen. „Das bin ich auch, ernsthaft. Ich... habe so etwas noch nie gesagt.“
Josh legte ihr eine Hand auf den Unterarm und plötzlich wirkte er überhaupt nicht mehr so müde. Sie erkannte in seinem Gesicht sein wahres Alter und lächelte schwach.
Zum ersten Mal in ihrem Leben war sie nicht mehr nervös. Sie war sich ihrem Ziel sicher und hatte eigentlich absolut nichts mehr zu verlieren.
„Weißt du. Ich kann mich noch an früher erinnern, wie es damals war. Wie wir alle im Garten gespielt haben, wie ihr mich immer aufgezogen habt, doch plötzlich ist alles so, als wäre es so unendlich weit weg.
Ich komme mir hundert Jahre älter vor und bin mir überhaupt nicht mehr sicher wer ich eigentlich bin.“
Sie fühlte eine Hand in ihrem Haar und sah wieder auf den Boden. „Ja, damals waren wir wirklich unzähmbar. Ich wünschte aus vielen gründen das wir noch klein und unschuldig wären.“
Er zog sie an sich und sie verlor sich in seiner Umarmung. Diese brüderliche Berührung und seine familiäre Zuneigung machten ihr ernsthaft zu schaffen. Aber nicht heute. Genauso wie vor einer Stunde bei Zendo, fühlte sie nun genauso wenig. Was war heute nur mit ihrem Herzen los?
Ein plötzlicher Stich an ihrem Hals ließ sie aufschreien. Entsetzt griff sie sich hin, doch dort war nichts.
„Darts?“ Sie brach zusammen und Josh fing sie auf. Schreiend entwandet sie sich seinem Griff und sah sich um. Was hatte diesen Schmerz ausgelöst?
„Was ist? Was hast du?“
Entsetzt sah sie ihn an und fühlte etwas Warmes auf ihren Fingern. „Du hast mich gebissen.“ Murmelte sie, doch es war nicht wirklich etwas das sie sagte.
Eine fremde Stimme röchelte vor ihren Beinen. „Du Miststück. Du schmeckst wie Weihrauch. Los verschwinden wir.“
Im nächsten Moment fand sie sich kniend am Boden und blickte zu Josh hoch. Er blickte sie entsetzt und sorgenvoll an. „Darts? Ist alles in Ordnung?“
Sie nickte und plötzlich war das Blut, das sie an ihren Fingern gesehen hatte fort. Der Schmerz war auch weg und ihre Sicht war wieder klar, doch die Angst saß ihr immer noch in den Knochen.
„Ich muss sofort zu Aaina. Etwas hat sie angefallen!“ Ohne ein weiteres Wort der Erklärung, und ohne sich die mühe zu machen, sich anzuziehen, lief sie aus dem Haus und hinaus in die Kälte. So schnell wie ihre Beine sie tragen konnte, lief sie in die Stadt. Dort stieg sie in einen Bus und fuhr bis zum Wildtierpark. Die Leute im Bus und auf der Straße, blicken sie verwirrt an, doch sagten nichts.
Unsicher wo sie hin sollte, spürte sie ihr Handy in der Hosentasche vibrieren. Sieben Anrufe?
„Hallo?“
„Darts! Wo bist du hin? Josh hat mir erzählt das du zusammen gebrochen bist und dann panisch davon gelaufen bist. Was ist passiert?“
Während sie ihren Weg zum Park suchte, erzählte sie Pearce was passiert war. Für kurze Zeit herrschte eisiges Schweigen auf der anderen Leitung und Darts befürchtete schon, das er aufgelegt hatte.
„Sag mir wo du bist, ich komme hin.“
Frustriert schnaufte sie. „Nein, wir schaffen das auch alleine.“ sie legte einfach auf und steckte das Handy wieder in ihre Hosentasche.
Fröstelnd hauchte sie in ihre Hände und versuchte ihre Gedanken zu ordnen. Sie hatte es bis hier her geschafft. Nun würde sie Aaina auch finden. Sie konnte sie unmöglich im Stich lassen.
Aber sie kannte sich im Wald absolut nicht aus. Wie sollte sie nur ihre Schwester finden. Frustriert über ihre Unfähigkeit ließ sie sich auf einen Baumstumpf sinken und spürte wie heiße Tränen ihre unterkühlte Wange hinab liefen. Verdammt, warum konnte sie Aaina nicht mehr spüren?
Sie konnte sich an den Schmerz erinnern. Sie fühlte immer noch den Abdruck den die Zähne auf ihren Hals hinterlassen hatte.
Sich selbst mahnend, das ihre Verzweiflung niemanden half, atmete sie durch und hörte nur mehr auf ihren Herzschlag.
Pearce hatte ihr einmal nach einem Rennen erzählt, wie er es schaffte ruhig zu bleiben, obwohl alle anderen eine nervöse und fordernde Aura ausstrahlten. >Ich stelle mich ruhig hin und höre nur auf meinen Herzschlag. Langsam blende ich jedes Geräusch einzeln aus und konzentriere mich lediglich auf meine Atmung. Danach öffne ich meine Augen und fixiere das Ziel das ich erreichen möchte. Dann ertönt der Knall und ich laufe los. Erst am Ziel erlaube ich mir wieder etwas zu fühlen.<
Durchgefroren wie sie war, wiederholte sie diese Worte immer und immer wieder.
Darts wusste nicht wie lange sie nun hier saß, doch langsam fühlte sie keine Kälte mehr, langsam hörte sie kein rascheln des Windes und der Bäume mehr. Sie fühlte nach innen. Fühlte auf die Stelle, die sich langsam jeden Tag immer mehr füllte. Eine Stelle, die sie mit ihrer Schwester verband. Ihrem Gegenstück, ihrer besten Freundin, ihrer Seelengefährtin. Hinter ihrem geistigen Auge erblickte sie plötzlich eine Türe. Etwas das sie noch niemals gesehen hatte. Um sie herum war alles dunkel, lediglich diese weiße Türe, die vor ihr stand, war für sie sichtbar.
Nein... Da ist etwas....
Vorsichtig streckte sie die Hand nach einem kleinen Lichtstrahl aus, den ein Schlüsselloch von sich gab. Als sie es berührte war es unglaublich heiß. Zischend zog sie ihre Hand zurück und blickte entsetzt ihre Blase an, die sich auf ihrer geröteten Handfläche bildete. Jedoch war es keine Brandblase. Es war als wäre ihre Hand beinahe eingefroren an dieser Stelle.
Entsetzt über diese Erkenntnis, ging sie einen Schritt zurück.
Was war das für eine Türe? War sie schon immer hier gewesen? Und was hatte sie mit Aaina zu tun? Vielleicht ja überhaupt nichts. Doch ihr Unterbewusstsein, hatte sie hier her geführt.
Sie dachte an die Worte von Perce. >Danach öffne ich meine Augen und fixiere das Ziel das ich erreichen möchte.<
Was war ihr Ziel?
„Aaina... meine... Schwester!“ Sie streckte ihre Hand nach der Türklinge aus und drückte sie schnell hinunter.
Grelles Licht schien ihr entgegen. Ihr ganzer Körper brannte auf einmal, nein er erfror. Oder löste er sich auf? Sie konnte es nicht sagen. Alles war seltsam verschwommen.
Benommen öffnete sie die Augen und sah plötzlich einen dünnen Strahl der von ihr weg in den Wald führte.
Er war so dünn und zerbrechlich, das sie ihn nur sehen konnte, wenn sie sich stark darauf konzentrierte. Eine Stimme in ihrem Kopf drängte sie voran und sie folgte dem Lichtschein.
Unsicher folgte sie dem Faden, bis sie an einen beinahe zugefrorenen Sumpf kam. Wo war sie hier? Eine Windböe verdeckte ihr die Sicht und ein Frösteln überfiel ihren Körper. Sie war bereits unterkühlt. Wenn sie sich nicht bald aufwärmte, würde sie Sinnlos erfrieren.
Ächzend zog sie sich wieder vom kalten Boden hoch und blickte sich um. Wohin war der Faden verschwunden?
Eine grün-brauner Fleck in der ansonsten geraden weißen Fläche erregte ihre Aufmerksamkeit. „Aaina!“ Der Fleck erhob sich etwas und blickte sich irritiert um.
Sie ist es! Sie ist es wirklich! „Ich habe dich gefunden!“ Nuschelte sie und stolperte auf den Fleck zu. Aainas Haare waren gefroren und klebten an ihrem Gesicht. Ihre Augen waren ganz klein und sie bekam sie kaum auf. Als Darts nach ihr griff, war Aaina beinahe steif gefroren und blickte unendlich glücklich zu ihrer Schwester auf. An ihrer rechten Halsseite, war noch das Blut, das auch Darts selbst gespürt hatte, doch dadurch das ihre Haare anklebten, konnte sie nicht erkennen wie viel Blut sie verloren hatte. Zitternd rieb sie die Arme von Aaina, um ihre Durchblutung anzuregen und nahm sie in den Arm.
„Du hast mich gefunden! Ich habe dich gefühlt. Ich wusste dass du in der Nähe bist. Ich bin einem Licht gefolgt...“ Aaina brach in ihren Armen erschöpft zusammen und Darts konnte ihr Glück beinahe nicht fassen.
Sie hatte Aaina gefunden. Einfach so. Ihr Unterbewusstsein hatte sie hier her geführt. Oder war es etwas anderes gewesen? Egal. Das war plötzlich alles unwichtig. Sie wollte Aaina nur so schnell wie möglich irgendwo hin bringen. Irgendwo wo es warm war. Und essen gab.
Kopfschüttelnd über ihren rebellierenden Magen, hob sie Aaina hoch und schleifte sie neben sich mit.
Wo musste sie überhaupt hin? Darts kannte sich absolut nicht aus. War sie überhaupt am richtigen Weg?
Sie wusste nicht wie weit sie Aaina mit sich schleift, doch plötzlich fühlte sie etwas Warmes in ihrem Gesicht und versuchte blinzelnd sich auf das zu konzentrieren das auf sie einredete.
Wer war das? Eine Illusion? „Pearce?“ Den Namen brachte sie nur krächzend heraus. Doch noch nie hatte sie etwas Schöneres in ihrem Leben gehört. Noch nie war ihr ein Name so unglaublich schön vor gekommen.
„Ist schon gut. Wir sind da. Wir bringen euch heim. Es wird alles wieder gut.“
Darts kamen es wie Stunden vor, bis sie endlich wieder sprechen konnte. Sie saß in einem Auto und wurde kräftig durch geschüttelt, doch das war ihr egal. Sie lag in Pearce Armen, eingehüllt in eine Decke und sah Aaina, wie Zendo die ganze Fahrt über aufgelöst auf sie einredete. Was er sagte konnte sie nicht verstehen, doch das brauchte sie überhaupt nicht. Der Ausdruck in seinem Gesicht sagte alles was sie wissen musste.
Nun ergab alles mehr Sinn für sie. Jetzt wusste sie, warum Zendo sie unbedingt küssen wollte. Warum er geweint hatte. Es war ihm genauso falsch vor gekommen wie ihr selbst. Es war genauso wie er gesagt hatte. Sein Herz gehörte jemand anderem.
Ihr Blick glitt zu Pearce, der ziemlich nervös wirkte.
„Du hasst mich jetzt.“ Flüsterte sie zu ihm hoch.
„Warum sollte ich dich denn hassen?“ Fragte Pearce überrascht und strich ihr über das Gesicht.
Ohne darauf zu antworten, bettete sie ihren viel zu schweren Kopf wieder auf seinem Brustkorb und betrachtete Zendo, wie er sich unauffällig eine Träne weg wischte.
Ja sie konnte es sehen. Warum war sie ihr Leben lang so blind gewesen?
Müde schloss sie ihre Augen und konzentrierte sich wieder auf die Türe, die nun einen Spalt geöffnete vor ihr stand.
In ihrem derzeitigen geschwächten zustand, kam sie nicht mehr an die Türe heran, doch der Schimmer der in den leeren Raum drang, erhellte auch ihr Wissen etwas. Wenn sie nur mehr mit Aaina verbunden war. Was würde dann passieren, wenn diese Türe vollkommen offen stand? Wie viele Tode würde sie sterben?
Die kommenden Tage vergingen für Aaina wie im Flug. Sie wachte auf und schlief wieder ein. Jedes mal saß jemand anderes an ihrem Bett, oder sprach mit ihr.
Nur mühsam erinnerte sie sich daran, was passiert war. Immer wieder kam jemand der sie fragte was passiert ist und jedes mal fiel ihr ein neues Detail ein. Eine herum streunende Gruppe von Teenagern hatte sie angefallen. Sie waren Vampire gewesen und hatte sie angefallen. Danach wurde sie von ihnen angeschrien, da sie anscheinend nicht von ihr trinken konnten und sie wurde im kalten Schnee zurück gelassen. Nach einiger Zeit, die ihr wie Stunden und Tage vor kommen, war so etwas wie ein Licht vor ihr erschienen. Zuerst dachte sie, sie sei tot, doch da ihr ganzer Körper schmerzte und sie sich nur mühsam voran bewegen konnte, schloss sie das ziemlich schnell wieder aus. Sie war dem Licht gefolgt, bis sie nicht mehr weiter konnte und dann stand sie plötzlich da.
Völlig außer Atem und beinahe durch gefroren, hatte Darts sie gefunden. Sie hatte sie getragen und war mit ihr in Bewegung geblieben, bis Luke, Zendo und Pearce sie gefunden hatten. Die drei hatten sie zum Tierarzt gebracht, der sie betreut hatte, bis der Krankenwagen sie beide ins Krankenhaus gebracht hatte.
Auf den Rückweg, hatte Zendo sie im Arm gehalten und immer wieder auf sie eingeredet. Viel hatte Aaina zwar nicht verstanden, da ihre Ohren zu laut gerauscht hatten, doch das wesentliche hatte sie verstanden. Er hatte immer wieder wiederholt, das alles gut werden würde und das er alles tun würde, das sie wieder arbeiten konnte. Er würde sogar ertragen, wenn sie ihm zum Klo putzen oder schlimmeres schickte.
Lächelnd wandte sie den Kopf und legte ihre hundert Kilogramm schwere Hand in das Haar, das völlig zerzaust neben ihr lag. Zendo zuckte aus seinem Schlaf und lächelte zu ihr hoch. „Du bist munter.“ Stellte er fest umklammerte ihre Hand.
„Sieht so aus.“ keuchte sie. Das Sprechen viel ihr zwar bereits leichter, doch schmerzten ihre Stimmbänder noch etwas.
Zendo erhob sich und beugte sich über ihr Gesicht. Überrascht über seine plötzliche Nähe hielt sie den Atem an und wartete was er tun würde.
„Keine Sorge. Ich küsse dich schon nicht. Ich werde dich niemals küssen. Das verspreche ich dir. Ich weiß nun das ich ein Idiot war und das ich alles falsch angegangen bin. Von nun an, werde ich mein Leben lang auf deinen Kuss warten.“
Aaina, sah in seinen Augen, wie ernst es ihm war und ein Lächeln stahl sich auf ihre Lippen. Nickend nahm sie sein Versprechen zur Kenntnis und hörte wie er neben ihr einen Knopf drücke. Kurz darauf kam eine Krankenschwester in ihr Zimmer und brachte ihr etwas zu essen.
Zwei Tage später wurde Aaina genesen entlassen. Seltsamerweise, hatte Aaina lediglich an einer Unterkühlung gelitten und wurde mit Vitaminen nach Hause geschickt.
Darts hatte sie bis dahin nicht getroffen. Niemand wollte sie zu ihr lassen, da sie nicht amtlich miteinander verwandt waren. Auch die Großeltern von Darts wussten nichts davon das sie eine Zwillingsschwester besaß, darum konnte sie nur Pearce fragen. Er kam auch nur selten zu Darts, doch stand mit ihren Großeltern in Kontakt. Soviel er erfahren konnte, lag Darts auf der Intensivstation und lag anscheinend in einem tiefen Koma. Die Ärzte konnten sich es nicht erklären warum Darts nicht aufwachte.
Als Aaina den ersten Kaffee seit Tagen zu sich nahm, konnte sie es kaum fassen, wie gut Kaffee schmecken konnte.
Zwar hatte Luke etwas dagegen, das sie Kaffee trank, da seine Meinung war, das es genug Pflanzen gab, die als Tee das selbe Ergebnis erzielten, jedoch gesünder und weniger chemisch war.
Lächelnd blickte sie zu ihrem Vormund auf. Sie konnte es noch immer nicht verstehen wie sie sie gefunden hatte.
Pearce hatte etwas davon erzählt, das er und Darts einmal ihre Handy verkoppelt hatten, damit sie sich jederzeit finden konnten, per Internet. Sie selbst kannte sich nicht so gut damit aus, doch sie hatte sich fest vor genommen, mehr darüber zu lesen, da es ihr und Darts das Leben gerettet hatte.
„Was ist?“ Fragte Luke und Aaina merkte, das sie ihn noch immer anlächelte.
„Nichts. Ich musste nur gerade daran denken, wie ihr uns gefunden habt.“
Mit einem freundlichen Lächeln legt er einen Arm um sie und gab ihr einen Kuss auf den Scheitel. „Wenn du nur wüsstest wie viel Angst ich hatte. Ich dachte schon wir würden es nicht mehr schaffen. Ich bin so glücklich, das Zendo ans Telefon gegangen ist, als Pearce panisch angerufen hat.“
Zendo war an das Telefon gegangen? Normalerweise tat er das nie. Außerdem hatte er nicht einmal Schicht. War er davor nicht eigentlich in der Stadt gewesen?
Mit offenen Fragen, die ihr durch den Kopf spukten, setzte sie sich auf den Beifahrersitz und warf ihre Vitamine ein, die sie verschrieben bekommen hatte. Obwohl sie zwar kerngesund war, aus welchen Gründen auch immer, nahm sie die Vitamine trotzdem, da ihr der Arzt zu hundert Prozent versichert hatte, dass er sie ihr auf rein pflanzlicher Basis verschrieben hatte.
„Was hatte Zendo, in der Zentrale zu suchen? Ich habe ihn, bevor ich gekommen bin, in der Stadt gesehen.“Luke startete den Motor und gab den Blinker. Als er sich in den Verkehr eingeordnet hatte, stellte sein Navi auf stumm und widmete sich wieder seiner Ziehtochter. „Ich habe keine Ahnung. Eigentlich habe ich noch nicht einmal darüber nach gedacht. Ich bin einfach überglücklich, das wir dich finden konnten, dank Pearces Handy.“
Nickend widmete sie sich wieder ihrem Kaffee und genoss den bitteren Geschmack, der ihr abermals deutlich machte, das sie noch lebte. Und das dank ihrer Zwillingsschwester. Nur wie hatte sie sie gefunden? Das war ihr immer noch ein Rätsel. Den Erfahrungen der Psychologen zu folge, sollen manche Verbindungen unter Zwillingen sogar so weit gehen, das sie die Angst oder ähnliche starke Gefühle des anderen fühlen konnten.
Aber das sich Zwillinge in einer Notlage wie dieser, über eine solche Entfernung finden, konnten sie auch nicht richtig erklären. Sie taten es alle als Glück im Unglück ab. Doch Aaina glaubte nicht an Glück, Bestimmung oder ähnlichem mystischen Zeug. Aus Erfahrung wusste sie das es Vampire, Lykaner und Sukkubus gab. Jedoch wusste sie nicht warum und es war ihr auch egal. Im Normalfall ließen diese seltsamen Wesen sie in Ruhe, doch was dort im Wald vor gefallen war, das konnte sie beim besten Willen nicht erklären.
Sie sah immer noch die panischen Augen des Vampirs vor sich. Er hatte sie als gesegnet bezeichnet. Was meinte er damit? Und warum hatte ihr Blut seinen Mund vollkommen verbrannt? Es hatte ausgesehen, als hätte er Säure geschluckt. Rote Säure. Sie sollte sich beizeiten einmal ihren Blutbefund ansehen. Vielleicht lag etwas in ihrem Gen, das Vampire ernsthaft schaden konnte. Doch war das Gut?
Diese Wesen machten bereits einen wichtigen Teil des menschlichen Lebens aus. Es gab so viele von ihnen, dass man Menschen beinahe als Rarität bezeichnen konnte.
Kopfschüttelnd verbannte sie diese Gedanken aus ihrem Kopf und dachte lieber an ihre Schwester. Wieso war sie nur im Koma? Wie gerne würde sie mit ihr tauschen.
„He, denk nicht so viel an Darts. Ihr wird die beste medizinische Betreuung geboten. Wenn sie bereit ist, wird sie aufwachen.“
Nickend seufzte Aaina und blickte wieder aus dem Fenster. Sie fuhren bereits die Auffahrt zur Zentrale hoch, wo sie Zendo einsammeln würden. Aaina hatte sich einige Wochen schulfrei genommen. Ihr Arzt hatte ihr ohnehin verordnet sich zu schonen. Somit musste sie nicht so tun, als würde sie dem Unterricht folgen.
„Hi, Leute. Na wer hat mich vermiss?“
Ein Schauder lief Aaina über den Rücken, als Zendo die Türe öffnete und mit breiten Lächeln einstieg. Jedoch, die Kälte die er mit herein brachte, war es nicht, die sie zum Frösteln brachte.
>Du wirst mich küssen< Wie kam er darauf? Wieso sollte sie ausgerechnet ihn küssen wollen?
Verdammt ihr Leben war zur Zeit kompliziert. Zendo war noch so ein Problem das sie noch lösen musste. Und dabei war er nicht einmal das einfachste ihrer Probleme. Eigentlich hatten alle ihre Probleme begonnen, als er im Park zu arbeiten begann. Er war immer überfreundlich und gut gelaunt. Hatte besonders für Frauen immer ein charmantes Lächeln und zweideutige Anspielungen auf den Lippen. Aaina hatte ihn bei zahllosen Gelegenheiten getroffen, wo er mit einer Angestellten herum geflirtet hatte, oder sogar hin und wieder mit einer herum gemacht hatte. Doch auf sie war er immer nur feindselig los gegangen.
Das war vermutlich auch das beste so. Mit einem Menschen wie ihm, konnte sie aus Prinzip nichts anfangen.
„Und, wer von euch beiden begleitet mich heute hinauf in die Berge?“
In die Berge? Bei diesen Wetterbedienungen?
„Meinst du denn, das es klug ist, bei diesem Wetter in die Berge zu gehen? Hier herunter ist es vielleicht zur Zeit ruhig, doch oben stürmt es bestimmt. Und nicht nur das, wenn du zufällig in ein Bärennest hinein stolperst, weil du von der Kälte flüchtest, hast du ein ernst zu nehmendes Problem.“
Eine Hand legte sich auf ihre Schulter und sie zuckte zusammen. „Dann begleite mich und belehre mich. Ich begebe mich ganz in deine Hände, große Meisterin der Wildnis.“
Sie warf durch den Seitenspiegel, einen wütenden Blick nach hinten und begegnete lediglich einem aufrichtigen Lächeln. Meinte er das etwa ernst?
„Eigentlich keine dumme Idee. Du kennst die Gegend und die üblichen Höhlen der Bären. Du kannst ihm bestimmt noch einiges Lernen dort oben. Außerdem kommst du vielleicht etwas aus deinen Gedanken heraus, wenn du dich auf deine Umgebung konzentrieren musst.“ Argumentierte Luke und fuhr direkt zu ihrer gemeinsamen Hütte, die sie gebaut hatten.
Überrascht, das sie das für eine nicht allzu dumme Idee hielt, willigte sie ein und packte die Sachen zusammen, die sie brauchen konnte. „Hier nimm noch einige Vitaminriegel mit. Wenn ihr irgendwo festsitzt, dann müsst ihr wenigstens nicht hungern.“Luke lächelte väterlich auf sie hinab.
„Danke. Aber ich habe nicht vor mich mit diesem Irren irgendwo einsperren zu lassen.“ Sie nahm die Riegel trotzdem. Schaden konnte es ja nicht.
„Gut. Und du weißt was du in solchen Situation machen sollst, wenn du auf einen Bären triffst, oder in eine Lawine gerätst oder...“
„Schon gut. Ich stelle meinen Peiler ein, sobald ich aussteige. Somit kannst du mich finden, wenn ich mich länger als zwei Stunden nicht von einer Position weg bewege.“ Luke seufzte. „Pass auf dich auf, mein Schatz. Ich will nicht, das dir noch einmal etwas passiert!“
Aaina schenkte Luke ein Lächeln und drückte ihn zum Abschied. „Keine Sorge. Ich bin morgen früh wieder hier!“
Lachend verließ sie die Hütte und packte ihre ganzen Sachen in den Kofferraum. „Was ist mit dir. Du brauchst nichts?“
Zendo winkte ab. „Ich habe ja dich mit. Was sollte ich mehr brauchen?“
Aainas Hand verkrampfte sich um das Lenkrad und sie fühlte wie der Wagen plötzlich rückwärts fuhr. Panisch zog sie die Handbremse und vermied um Millimeter gegen einen Baum hinter ihr zu knallen.
„Okay... Vielleicht sollte doch lieber ich fahren. Du wirkst nicht so, als würde es dir...“
„Danke mir geht es gut. Sprich mich einfach nicht an, wenn ich fahre, sonst verbanne ich dich auf den Rücksitz.“
Schweigend nickte Zendo, doch Aaina konnte das stille Lächeln auf seinen Lippen sehen, das ihr sagte, dass er schon wieder etwas Dummes dachte.
Murrend startete sie den Wagen und fuhr los.
Nach einer Stunde, durch den zähen Schnee, kamen sie an eine Biegung. „Wo musst du hin? Zum Gipfel, oder zu den Fällen?“
„Eigentlich zu den Klippen. Dort hat ein Hubschrauber eine halb verschüttete Gams gesehen, oder etwas Ähnliches. Er behauptete, das es die Fluggäste bei der Rundschau verstörte, wenn sie einen Kadaver sähen, der von Krähen zerstückelt wird. Darum sollen wir uns kümmern.“Mit etwas zu viel Gas fuhr sie Richtung Gipfel.
„Ach, was. Nächstes mal, soll er einfach Kopfüber über die Gams fliegen und in Nullkommanichts, haben sich die Krähen um alles gekümmert. Bei seinem nächsten Flug, müssen die Passagiere bestimmt keine Angst mehr haben, einen Kadaver zu sehen.“
Überrascht blickte Zendo sie an. „Du hast eine ziemlich lebhafte Fantasie, für ein Mädchen wie dich.“
Ein Mädchen wie ich? Was bildet der sich ein? In ihren Ohren klang es so, als würde er sie als zwölfjährige bezeichnen. „Stell dir vor. Ich bin sechzehn und bin knapp den Tod durch einen Vampir und auch noch der Eiseskälte davon gekommen. Eine kleine nach dem Tod zerstückelte Gams, stört mich da schon nicht mehr.“
„Ach, ja. Das habe ich noch überhaupt nicht gefragt. Wie hast du überhaupt einen Vampir überlebt.“
Überrascht von der Frage, achtete sie nicht mehr auf das Tacho und gab mehr Gas. Je schneller sie das alles hinter sich brachte, umso schneller war sie seine lästigen Fragen los.
„Stell keine Fragen auf die du keine Antworten willst, Zendo.“
„Sag das noch einmal.“
Fragend blickte sie ihn an. „Was meinst du?“
„Meinen Namen. Wenn du ihn so drohend aussprichst, klingt das echt süß. Darum sag ihn bitte noch einmal.“
Was redete der Kerl da? Hatte er noch alle Sinne beieinander? Vermutlich nicht. „Das werde ich nicht. Bist du verrückt? Oder stehst du unter Drogeneinfluss? Wenn du etwas getrunken hast, dann lasse ich dich hier zurück und erledige deine Aufgabe alleine!“
Lachend legte er eine Hand auf ihren Oberschenkel und blickte wieder aus dem Fenster.
Aaina wurde nicht schlau aus ihm. Verarschte er sie gerade? Oder wahr er ehrlich?
Wehmütig erinnerte sie sich wieder zurück an den Moment, wo Luke, Pearce und Zendo sie gefunden hatten. Noch während Luke den Motor abstellte, waren Pearce und Zendo aus dem fahrenden Auto gesprungen und zu ihnen gelaufen. Pearce war sofort bei Darts gewesen und Zendo bei ihr.
Plötzlich kam das Gefühl der Hilflosigkeit abermals in ihr hoch. Sie fühlte wieder Zendos warmen Armen um sich. Wie er sie abtastete und fragte ob sie Schmerzen hätte. Seltsamerweise, hatte in ihr zu diesem Zeitpunkt einfach alles geschmerzt, doch sobald sie ihn im Auto erblickt hatte, war das alles egal gewesen. Seine Arme hatten ihr den Halt gegeben, den sie gebraucht hatte um endlich wieder klar denken zu können. Seine Worte hatten ihr den Mut gegeben das sie sich sicher sein konnte das alles wieder gut wird, und nun?
Nun lag ihre Schwester für sie im Krankenhaus. Sie lag im Koma und was machte sie? Sie arbeitete. Eigentlich sollte sie bei ihr sein und sie unterhalten, während sie dort lag und nicht aufwachen wollte.
Wütend schlug sie auf die Hupe und bremste hektisch. Tränen liefen ihre Wange hinab und sie konnte es einfach nicht mehr zurück halten.
Schniefend ließ sie sich gegen das Lenkrad sinken und weinte. Weinte all den Schmerz fort. Verdammt was war das nur?
Irgendwie war sie ihr Leben lang nur gerettet worden. Dann schaffte sie es endlich alt genug zu sein um Selbstständig zu werden und dann...
„Aaina? Komm schon, ich fahre weiter. Du musst vollkommen erschöpft sein.“
Erschrocken öffnete Aaina die Augen und konnte es nicht fassen. Sie stand noch immer an der Kreuzung... „Aaina?“
„Was? Was ist gerade passiert? Wir waren doch schon weiter oben... Du hast gesagt das...“Zendo blickte sie besorgt an. War sie jetzt verrückt geworden? Hatte sie Tag geträumt?
„Nein... Wir stehen nun schon seit geschlagenen drei Minuten und du hast gesagt, du musst für einen Moment die Augen schließen. Dann hast du zu zittern angefangen und ich habe eben gesagt, das ich weiter fahre.“
Er? Er hatte keinen Führerschein. Nun gut, sie auch nicht, aber sie fuhr schon seit Jahren und kannte das Gelände wie ihr Zimmer.
„Okay...“ Flüsterte sie. „Ist schon in Ordnung. Ich fahre weiter. Ich war nur... in Gedanken. Tut mir leid.“Zendo nickte und erkundigte sich noch einmal ob es ihr auch wirklich gut ging. Sie bejahte es und fuhr konzentriert bis zu den Klippen.
Dort angekommen vermied sie jeglichen Blickkontakt mit ihm. Sie wollte nicht sehen, wie er sich um sie sorgte. Nicht wenn sie sich nicht sicher sein konnte, ob er sich auch wirklich sorgte, oder nur so tat als ob.
Aus! Mahnte sie sich. Hör auf dich selbst zu bemitleiden. Das bringt dich nicht weiter. Das würde Darts nicht wollen. Konzentriere dich!
Mit einer neuen Entschlossenheit, packte sie den Rucksack auf ihren Rücken und stattete ihre Beine mit Schneeschuhen aus. „Gut, wo genau hat er die dumme Gams gesehen?“
„Irgendwo hinten, bei ihren natürlichen Sommerplätzen. Anscheinend ist sie abgestürzt oder von einem Steinhagel erwischt worden. Die Lawine vor drei Tagen muss sie frei gelegt haben.“
Igitt... Das klang nicht gut. „Na, toll. Eine konservierte Leiche... Gut... Wir werden eine Stunde dort hin brauchen. Das Terrain ist vollkommen mit Schnee bedeckt. Pass auf wo du hintrittst. Wenn du abrutschst, werde ich dich nicht auffangen, verstanden?“
Lachend zog er sie an sich und drückte sie kurz, bevor er sie wieder los ließ und voran ging. Verwirrt richtete sie ihre Mütze und sah ihm hinterher. Was sollte das denn?
Kopfschüttelnd folgte sie ihm und fragte sich woher sein neuer Charakter so plötzlich kam. Sie nahm sich vor ihn beizeiten einmal danach zu fragen, vielleicht am Rückweg...
„Auf was wartest du? Komm, ich möchte noch vor Mitternacht wieder heim!“ Sie zeigte ihm die Zunge, was ihm noch ein Lächeln entlockte.
„Als würden wir es vor dem Morgengrauen nach Hause schaffen! Hast du schon einmal auf die Uhr gesehen? Wir müssen bald unsere Taschenlampen einschalten.“
Zendo blieb stehen und suchte in seinem kleinen Rucksack nach einer Taschenlampe. Aaina vermutete bereits, dass er keine dabei hatte und hielt ihm ihre hin. „Hier, ich habe noch eine Stirnlampe, die reicht mir.“
Sie überholte ihn und übernahm für die nächsten zwei Stunden die Führung.
Als sie endlich an den Klippen ankamen, von wo der Helikopter den Kadaver gesehen hatte, staunten sie beide nicht schlecht.
„Ist der Wahnsinnig? Das sind mindestens fünf! Wie sollen wir die alle hier weg bringen?“
Zendo überprüfte die Positionen der fünf Kadaver und seufzte. „Dort hinten sind noch zwei. Ich glaube wir müssen heute unglaublich viel klettern.“
Zornig stemmte sie beide Arme in die Hüften und seufzte. „Vonwegen. Eine Gams ist ja in Ordnung, aber wenn wir an den vereisten Klippen herum klettern müssen, mit nichts als Taschenlampen und Wind unter unseren Beinen, schaffen wir das nicht. Machen wir das morgen früh und suchen uns eine Höhle in der wir schlafen können. Außerdem wird der Wind langsam stärker. In spätestens einer halben Stunde werden wir unsere Hände nicht einmal mehr sehen.“
„Stimmt. Wir haben wohl etwas länger gebraucht als geplant.“
Wütend funkelte sie ihn an. „Und wessen Schuld ist das?“
Zendo wandte einfach den Blick ab und suchte die Umgebung nach einen Unterschlupf ab. „Okay... wir sind an den Klippen. Irgendwo muss es doch eine Höhle oder so etwas geben.“ „Wenn wir Richtung Osten weiter gehen, kommen wir zu einem kleinen Höhlensystem, jedoch da ich vorhin ein paar Kratzspuren an den Bäumen gesehen habe, denke ich das ein Bär sie als Winterquartier nutzt. Wir müssen umkehren und uns umsehen. Vielleicht finden wir ja einen Vorsprung oder etwas Ähnliches.“ Aaina ging voran und entdeckte bereits nach kurzer Zeit einen Vorsprung der in eine Höhle zu führen schien.
„Wenn wir dort hoch klettern, dann sind wir denke ich geschützt!“ Zendo folgte ihrem Blick, doch konnte nicht wirklich etwas erkennen. „Was siehst du bitte?“
Kopfschüttelnd packte sie ihre Bergsteiger Ausrüstung aus und bereitete sich auf einen Aufstieg vor. „Warte! Ich habe nichts zum Klettern mit.“ Wütend über seine Unfähigkeit voraus zu denken, warf sie ihm einen Haken gegen den Kopf.
„Was! Bist du wahnsinnig! Sagen >Klippen< nicht bereits von selbst aus, dass man womöglich klettern muss? Sagen einem die Worte >anbrechende Nacht< nicht, dass es dunkel wird und man womöglich eine Taschenlampe brauchen kann! Was hättest du gemacht, wenn ich nicht mit gekommen wäre? Dann wärst du vermutlich ins nächste Bärenloch geklettert und dich als Abendessen angeboten? Du bist echt ein hilfloser Fall!“ Überrascht, das sie ihn tatsächlich anschrie, wich sie einen Schritt zurück. Als sie seinen verletzten Gesichtsausdruck bemerkte, brummte sie einige Schimpfwörter und machte sich bereit für den Aufstieg. „Warte hier. Ich werfe dir alles herunter, wenn ich oben bin.“ Am liebsten würde sie ihn doch einfach hier unten erfrieren lassen, doch aus Erfahrung wusste sie, dass dies ein grausamer Tod war. Etwas das sie niemanden wünschte. Obwohl es sie dennoch im kleinen Finger juckte.
„Aaina...“
Warnend blickte sie ihn an. „Wehe du sagst jetzt, das du noch nie geklettert bist, dann werfe ich dich persönlich den Bären vor!“
Sein Blick zuckte zum verschneiten Boden und sie seufzte. Verdammt was machten sie jetzt? Ihn alleine ohne Kenntnisse klettern zu lassen, war ab einer bestimmten Höhe zu gefährlich. Andererseits, begann der Wind bereits zu toben und sie mussten schnellsten irgendwo verschwinden. Zeit für die Suche nach einem neuen Versteck blieb ihnen also nicht.
„Verdammter Idiot! Für was man dich eigentlich eingestellt hat!“
Aaina trennte das Seil von ihrem Rucksack ab und ging damit auf Zendo zu. „Warte... willst du mich jetzt erdrosseln? Denk daran dass...“
Aaina schnitt ihm das Wort ab. „So verlockend es auch sein mag, aber nein. Ich werde dich an mich Binden. Ich werde voraus klettern und uns einen einfachen Weg suchen. Du wirst nur weniger als drei Meter hinter mir sein. Also pass auf, was du machst! Verstanden? Wenn du den halt verlierst, oder sonst was, dann warne mich vor!“
Zendo nickte und sah ihr zu, wie Aaina einen gekonnten Knoten um seine Hüfte und Oberschenkel band. „Ich weiß auch ohne deine Beschimpfungen, dass dieser Job nichts für mich ist.“ Überrascht blickte sie zu ihm hoch, doch er blickte in die Ferne. Hatte sie sich das lediglich eingebildet?
Kopfschüttelnd weihte sie ihn in die Anfänge des Kletterns ein, so gut sie konnte. Der Rest kam lediglich auf ihn an.
Als der Schneesturm gewaltig tobte, fand sich Aaina auf dem geplanten Vorsprung wieder und half Zendo, der vollkommen erschöpft war, hinauf.
„Endlich... wir... haben... es... ge... schafft...“ Erledigt ließ er sich auf den Stein fallen und Aaina zischte ihn an. „Sei leise, vielleicht haust hier ja doch ein Bär!“
Zendo leuchtete sie mit der Taschenlampe an und lächelte. „Ja... Vielleicht ein >Hubschraubär<. Oder ein >Katapultbär<, aber ansonsten...“ Aaina war einfach in die Höhle verschwunden und blickte sich nach Anzeichen, wie Gerüche, Kratzer an den Wänden, Essensreste oder Kot-stellen um, doch es schien genau das zu sein, was sie gesucht hatten. Eine Höhle.
Erschöpft ging sie noch einige Meter in die Höhle hinein, bevor sie sich an die Wand lehnte und ihren Rucksack als Polster benutzte.
„Schlaf jetzt. Wir haben morgen noch viel zu tun!“
Aaina fiel sofort in einen tiefen Schlaf, während Zendo sich neben sie setzte und ihr beim Schlafen zusah.
„Tut mir leid, dass ich so eine Qual für dich bin...“
Als Aaina von nervigen Sonnenlicht geweckt wurde, konnte sie sich nicht bewegen. Ihr ganzer Körper war steif und wollte sich nicht bewegen lassen. Erst als sie es schaffte ihre Augen zu öffnen, unterdrückte sie einen Aufschrei. Ihr Rücken schmerzte, da unter ihr eine Decke darunter geschoben worden war und ihr restlicher Körper war steif, da sich Zendo schützend über sie gelegt hatte. Der Wind musste anscheinend letzte Nacht noch ordentlich geweht haben, da sein Rücken vollkommen mit Schnee bedeckt war. Aaina hatte so tief geschlafen, dass sie nichts mitbekommen hatte.
In letzter Zeit, konnte sie ohnehin beinahe nichts aufwecken.
Vorsichtig entwirrte sie ihre Finger, die ineinander verschränkt waren und wischte sachte den Schnee von seinem Rücken.
Gähnend rührte sich Zendo auf ihr, doch anstatt sich von ihr herunterzurollen, umarmte er sie noch fester.
Überrumpelt von seiner Nähe spürte sie wie sich ihr Herzschlag beschleunigte und ihr Mund trocken wurde.
Verdammt, das ist zu nah!
Irgendwie musste sie doch auf kommen und sich umsehen können, oder? Sollte sie ihn vielleicht wecken? Den auffälligen dunklen Augenringen zuliebe, verwarf sie den Gedanken und versuchte sich stattdessen besser hinzulegen. Warum hatte dieser Idiot nicht die Decke über sich gelegt, er musste doch frieren, oder?
Andererseits, durch den kalten Stein unter ihr, wäre ihr nun kalt.
„Verdammter Idiot...“ Murmelte sie und legte ihren nun freien Arm um ihn. „Du machst nur lauter Dummheiten...“
Die Laute von Flügel, ertönten am Eingang und erregten ihre Aufmerksamkeit.
„Zendo! Wach sofort auf!“
Ein großer Schatten verdunkelte die Höhle. Jemand musste am Eingang stehen. Oder etwas.
Ohne auf ihn zu achten, schubste sie ihn von sich und sprang lautlos auf.
Hatte sich etwa ein Raubtier hier hinauf verirrt? Nein, das konnte sie nicht glauben. Dafür war es viel zu hoch. Bestimmt war es nur irgend ein Vogel. Doch welcher Vogel war so groß, dass er den ganzen Höhleneingang verdunkelte.
„Hm... Ich habe es doch von hier gefühlt... Wo könnte er nur sein?“
Aaina blickte sich irritiert um und sogar Zendo schien bereits hell wach zu sein. Leise schlich sie sich zum Eingang und schnappte sich ihren Eispickel, zur Verteidigung.
„Entschuldigen, Sie! Wer sind Sie?“
Ein überrascht aussehender Mann drehte sich zu ihr um und blinzelte sie verwirrt an. Riesige Libellenartige Flügel ragten aus seinem Rücken und selbst schien er in einem seltsamen Licht zu glänzen.
„Oh, tut mir leid. Ich... Aaina?“
Aaina zuckte bei ihrem Namen zusammen und blickte sich zu Zendo um, der hinter ihr stand, ebenfalls mit einem Eispickel bewaffnet.
„Wer will das Wissen?“
Der Mann kam noch näher und schien dabei den ganzen Raum zu erleuchten. Lächelnd beugte er sich zu ihr hinab und musterte sie eingehend. Seine grünen Augen strahlten dabei wie zwei polierte Edelsteine.
Fasziniert und im gleichen Maßen eingeschüchtert blickte sie zu ihm auf. „Nein, du kannst nicht Aaina sein. Sie dürfte niemals von ihrer Schwester getrennt sein. Tut, mir leid. Ich habe dich wohl verwechselt.“
Der Mann drehte sich um und wollte gerade von der Klippe springen, als Aaina ein irrationaler Gedanke erfasste. Sie lief ihm hinterher und packte ihn am kurzärmeligen Shirt, das bei der Eiseskälte fehl am Platz wirkte. „Warte... redest du von... Kyligh?“ Seine Augen wurden größer und er schüttelte panisch den Kopf. „Nein, das kann nicht sein. Ihr seid gerade einmal so groß wie zweijährige! Du kannst unmöglich meine Aaina sein! Das ist einfach... oder doch... nein, ich meine es... Außer...“
Aaina zog bei seinen halb ausgesprochenen Gedankengängen die Augenbrauen hoch und fragte sich über was er nachdachte.
Außerdem... was war er? Sie fühlte ein Kribbeln ihre Finger hinauf steigen, während sie ihn berührte. Es war kein unangenehmes. Es war mehr ein... vertrautes.
„Aaina, komm wieder her. Das ist eines von diesen magischen Wesen. Denen darfst du nicht vertrauen. Komm bitte her.“
Aaina ließ überrascht das Shirt los und sah sich nach Zendo um.
„Ach, dann musst du derjenige sein, der mich zu sich gewünscht hat. Schön dich kennen zu lernen. Mein Name lautet Knox.“
Zendo blickte ihn vollkommen verwirrt an. „Also um ehrlich zu sein, bist du nicht gerade mein Typ. Sollte ich mir im Traum jemanden gewünscht haben, dann wäre diese Person wesentlich weiblicher.“
Lachend kratzte sich Knox am Kopf und ließ seine Flügel in einem kleinen Funkenregen verschwinden. „Nein, das hast du missverstanden. Ich bin eine Fee und bin hier um deinen Herzenswunsch zu erfüllen.“
Knox blickte zwischen Aaina und Zendo hin und her, als würde das alles selbstverständlich aufklären. Erst als er merkte, dass dies die beiden nur noch mehr verwirren zu sein schien, seufzte er genervt. „Okay, wie kommt es das jeder hier im Universum die Existenz von Vampiren und Lykanern als selbstverständlich nehmen, doch wenn dann einmal jemand sagt, das er eine Fee ist, ist das absolut unglaubwürdig?“
Aaina stellte sich neben Zendo, der überaus entsetzt wirkte. „Okay, fangen wir einfach noch einmal von vorne an und du gehst einmal einfach davon aus, das wir absolut keine Ahnung von Feen haben.“
Knox verdrehte die Augen, doch nickte. „Okay... Es gibt nicht nur Vampire und Lykaner, die übrigens einen von der Hölle her gebrachten Virus besitzen, sondern auch Sukkubi und Feen. Sukkubi haben einen von Engeln eingebrachten Virus. Ihr müsst wissen, das reinrassige Engel im Grunde sehr... Enthaltsam sind. Daher... sind Sukkubi es eher nicht. Auf alle Fälle haben sich am Anbeginn der Zeit, als die Menschen erschaffen wurden, einige niedere Engel dazu entschlossen den Menschen hier auf der Erde persönlich zu helfen, sie zu motivieren oder ihnen Ideenanregungen zu überbringen. Das sind die Feen. Und so etwas bin ich. Versteht ihr?“
Aaina nickte, doch konnte es nicht glauben. „Das heißt es gibt Engel und auch die Hölle?“Knox lehnte sich an den kalten Stein und nickte. „Natürlich. Warum glaubt ihr die Erde fällt langsam auseinander? Unsere Dimension stirbt, Kinder. Es gibt viele die die Dämonen bekämpfen, die Engel haben sogar unendlich viele Dimensionen erschaffen, nur um die Dämonen länger zu beschäftigen. Leider läuft ihnen nun die Zeit weg und dadurch dass die Kinder von Ezraela verschwunden sind, die eigentlich alles ändern sollten, stehen wir alle unter Zeitdruck. Vor beinahe hundert Jahren hat sich ein Dämon hier verfestigt und ein zweiter folgt ihm nun bald. Jedoch glaubt mir. Diesen Dämon wollt ihr hier nicht haben!“
„Und was ist mit dem Dämon, der sich bereits... verfestigt?... hat? Warum ist er nicht... ausgelöscht worden, wenn es doch Leute gibt, die Dämonen jagen?“
Knox blickte sie völlig perplex an. „Was redest du denn da? Hätte er damals nicht seine große Liebe beschützt und nach mehreren Jahrtausenden endlich wieder gefunden, währen ihre Drillinge niemals auf die Welt gekommen und somit könnten sie doch niemals die Welt retten.“
Die Welt retten? Aber sagte er nicht bereits davor schon das ein Engel Kinder hatte, die die Erde retten sollten? „Warte... du verwirrst mich. Ich dachte ein Engel hätte... >die Retter der Welt< geboren?“
Die Fee verdrehte genervt die Augen... „Und jetzt rate einmal, wer der Vater und die Mutter dieser Kinder sind...“
Jetzt ging ihr ein Licht auf, genauso wie Zendo, der überrascht zu sein schien, so wie sie selbst. „Was! Ein Engel und ein Dämon? Geht denn das überhaupt?“
Knox zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Verboten ist es nicht und etwas Gutes ist ja auch dabei heraus gekommen. Ihr hättet die beiden Mädels sehen sollen. Sie sind so süß! Ich wünschte ihr könntet sie einmal kennen lernen. Und ihr älterer Bruder erst! Obwohl... Nun ja er ist eben mehr ein Dämon und schlägt nach seinem Vater. Ich weiß nicht ob so viel von ihm zu erwarten ist... Ihr wisst ja. Dämonen sollte man nicht vertrauen. Der Dämon der sich auf der Erde verfestigt hat, hat sogar Ezraela das Herz gestohlen, als sie noch ein Halbvampir war!“
Ein Engel der davor ein Halbvampir gewesen ist... Das klang alles nach einer sehr verwirrenden >Gutsnachtgeschichte<... „Heißt das, dass der Engel Ezraela vorher ein Vampir war und dann zu einem Engel wurde, sich in einen Dämon verliebte und Drillinge von ihm bekam?“
Knox dachte kurz darüber nach und nickt schließlich. „Ja... So kann man es sehen. Jedoch bin ich auch froh, das Räum ihr das Herz gestohlen hat, ansonsten wäre ich nicht auf der Welt...“
Zendo unterbrach ihn mit einer herrischen Handbewegung. „Warte... Setzen wir uns weiter nach hinten und du erzählst und langsam alles. Ich bin etwas verwirrt. Besonders was für eine Rolle ich dabei spielen solle, da ich dich ja... herbei gewünscht habe. Mehr oder weniger.“
Aaina, Knox und Zendo setzten sich in ein Dreieck und Knox fing abermals an zu glühen. Eine seltsame wärme ging von ihm aus, das Aaina an ein Kind denken ließ. Was würde sie geben, diesen Moment mit ihrer Schwester zu teilen.
„Also gut. Es war vor... so zirka achtzig oder neunzig Jahren. Ezraela war ein Halbvampir und keiner wusste warum. Entweder man hatte Magie in sich, oder nicht. Natürlich wussten die Engel von ihrer Existenz, doch durften sich nicht einmischen, bevor Ezraela nicht von selbst zu ihnen kam. Als sie im Grundschule, oder Hochschulalter war... Ich denke sie war... Egal das tut ohnehin nichts zur Sache. Auf alle Fälle wurde sie als Dämonenjägerin ausgebildet, auf Grund von... eher... verwirrenden Familienverhältnissen und war gerade auf einem Schulausflug, als der Dämon Räum sich in unserer realen Dimension verfestigte und zu uns herüber schritt. Ihr müsst wissen, dass es höchst gefährlich ist, da Dämonen gelernt hatten durch Risse in Dimensionen schlüpfen zu können und meine Dimension, aus der ich komme, liegt direkt an der der Engel an. Ihr könnt euch vorstellen was da los wäre. Auf alle Fälle, erkannte Räum in Ezraela die Frau wieder, für die er zu einem Dämonen geworden ist. Er beschloss den Menschen und den Engeln zu helfen um ihr zu beweisen, dass er sie liebte, doch dadurch jede Seele, sobald sie einmal den Körper verlässt, ihre Identität verliert, konnte sie sich ja nicht mehr daran erinnern, ihn geliebt zu haben. Oder um es einfacher auszudrücken, das sie verwandte Seelen waren. Manche sagen auch dazu das sie gespiegelte Herzen besitzen und ähnliches.
Einige Jahre später, gewann er langsam ihr vertrauen, doch dadurch dass er noch unter Belials Einfluss stand zu dieser Zeit, musste er als letzte Gefälligkeit dies machen.
Daraufhin hat meine Großmutter, der Erzengel Jophelia ihren Sohn den Halbengel Cyrill auf die Erde geschickt um Ezraela und ihr Herz zu finden. Dabei hat ihm meine Mutter geholfen, die eine Fee ist. Nun, ja. Eigentlich ist sie eine Dunklfee, da sie ihr Amt aufgegeben hat, was ich ehrlich gesagt nicht nachempfinden kann, aber sie hatte einmal so etwas angedeutete, wie das es mit meinem Vater zu tun hatte als er noch jünger war... Egal. Daraufhin sind sie zu viert losgezogen um Ezraelas Herz zu finden...“Zendo unterbrach sein Geschwafel barsch. „Warte warum vier?“
„Na meine Mutter, mein Vater, Ezraela die sie davor gefunden haben, Räum, der schuld an dem Debakel war und sich durch Engelsblut binden hat lassen müssen. Schlussendlich haben sie das Herz sogar freiwillig bekommen. Jedoch hatte der Dämon, was ihnen klar sein hätte müssen, einen Fluch darin einfließen lassen, der langsam ihr Herz auf das Kommando von Belial eingenommen hat. Was danach geschah... ist ziemlich verwirrend...
Ach, ja um noch zu klären warum ich hier bin... Ich bin eben eine Fee und werde von Herzenswünschen angezogen, wenn sie stark genug sind. Natürlich kann ich sie auch ablehnen zu erfüllen, doch irgendwie hast du mich angezogen... Hm... du siehst auch recht süß aus... Ich hatte schon immer einen guten Geschmack, wenn es um Männer ging...“
Zendo zog die Augenbrauen hoch und rutschte etwas näher an Aaina heran. Aaina kicherte und winkte ab. „Ach, was. Lass dich von seinem Aussehen nicht täuschen. Vor einem Monat, habe ich ihn noch mit Arbeitskolleginnen herum machen sehen und nun läuft er mir nach. Selbst wenn du ihm gefällst, wird das nicht für lange sein.“
Knox stimmte heiter in ihr Lachen ein und Aaina fühlte sich plötzlich so leicht. Als würde es ihr niemals schwer fallen so zu lachen. Ein freundliches Lächeln, auch wenn es falsch war, bekam sie immer über die Lippen, doch ein herzhaftes lachen so wie jetzt, schaffte sie nur selten.
„Ach, menno. Tja. Ich bin nicht sonderlich wählerisch. Liegt wohl an meinem Charakter.“
Aaina wurde hellhörig. Sie hatte noch nie eine Fee getroffen, ob sie alle so nett waren? Sie vermutete schon, immerhin erfüllten sie ja Wünsche.
„Warum? Wie ist denn dein Charakter so?“
Knox legte den Kopf schräg und dachte nach. „Nun, ja. Lelouch bezeichnet mich immer als aufdringlich, meine Mutter meint ich sei ein Hitzkopf, mein Vater tut alles ab und meint das ich einfach ein Fantasievoller Feenmann bin. Räum stellte mich immer als kleinen aufsässigen Jungen dar, der ich in der Pubertät ist. Aber alle sind sich einige, das ich schusselig bin.“
Aaina kicherte und rutschte näher an ihn heran. „Wieso schusselig? Das ist doch süß, oder?“
Knox stieß einen angeekelten Laut aus. „Ja, vielleicht bei kleinen Kindern und bei Frauen, die süß wirken wollen. Ich bin eben ein Mann. Ich will nicht... süß, oder niedlich wirken.“„Ich finde dich zwar etwas schusselig, aber wenn es dich stört werde ich jeden von meiner Schwester vermöbeln lassen, wenn sie wieder aus ihrem Koma erwacht.“
Mit einem lauten Lachen, beugte er sich zu ihr vor und küsste sie plötzlich einfach so auf den Mund. „Danke das ist nett von dir.“
Überrascht, einfach so geküsst zu werden blickte sie zu Zendo, dessen Blick bereits sagte, was er vor hatte. Noch während er auf sprang um Knox zu schlagen, stand Knox bereits am Eingang der Höhle. „Nun, ja. Schön euch kennen gelernt zu haben. Ich hoffe ich konnte dir nun helfen Zendo, jetzt hast du bestimmt ihre Aufmerksamkeit. Ich muss jetzt weiter, immerhin muss ich meine Cousinen Kyligh und Aaina finden. Tschau!“ Mit einem Rückwärtssalto ließ er sich hinab ins weiße Stürzen. Aaina lief so schnell sie konnte zum Vorsprung auf dem sie die Höhle fand, doch konnte Knox nirgends mehr sehen. „Knox! Warte! Wo bist du? Knox! Knox!“
Was hatte er gesagt. Kyligh und Aaina? Das waren doch sie und ihre Schwester. Was sollte sie machen? Vielleicht hatte sie abermals einen Verwandten gefunden. Oder eher er sie. Wie schon Darts davor. Verdammt was sollte sie machen? Eine Hand an ihrem Rücken, zog sie vom Abgrund zurück und entlockte ihr einen Aufschrei. „Zendo! Hast du das gehört? Er... Er sagte das Darts und ich seine Cousinen sind! Und jetzt.... Er ist weg! Was bedeutet das?“
Er packte ihr Kinn und blickte ihr so lange in die Augen, bis sie sich beruhigt hatte. Verdammt er war schon wieder so nahe. Ihr Herz begann aus einem anderen Grund schneller zu schlagen und röte stieg ihr in die Wangen.
„Ist alles gut? Lass einfach locker und entspann dich. Du kannst nicht jedes Problem sofort behandeln! Lass es zuerst auf dich wirken und denk dann darüber nach!“
Langsam stieß sie die Luft aus und versuchte sich zu konzentrieren, doch das ging nicht, da Zendo zu nahe war. Sie konnte seinen warmen Atem auf ihrer kalten Haut fühlen und wurde sich plötzlich wieder bewusst wo sie war.
„Ähm.. du... Ich kann mich so nicht konzentrieren. Wir sollten... unsere... Aufgabe...“ Plötzlich verschwamm ihr Blick und sie fühlte eine Hand an ihrem Kopf. Eine Stimme drang an ihr Ohr und redete auf sie ein.. Nein, nicht auf sie. Auf Darts...
„Na! Ihr beide werdet aber auch nicht größer!“ Das war Knox Stimme! Verwirrt blickte Aaina durch die Augen die ihr so vertraut schienen und doch war es als würde es bereits eine Ewigkeit zurück liegen. „Und du bist immer noch so alt! Pass auf sonst hast du auch so Falten wie alte Männer.“ Aaina lachte mit einer kindlichen Stimme Knox aus und griff durch Darts nach einer jüngeren Aaina. Sie zerrte sie hinter sich in ein Haus das sie kannte, aber aus irgendeinem Grund auch wieder nicht.
„Wieso bist du immer so gemein, Kyligh? Er hat doch nur Spaß gemacht.“
Kyligh, in dessen Körper Aaina gerade steckte, tätschelte der jüngeren Ausgabe von sich selbst den Kopf und lächelte sie strahlend an. „Weil er einmal mein Mann wird! Und Mama hat gesagt, Männer muss man immer an die kurze Leine nehmen, sonst machen sie was sie wollen.“
Aaina nickte verstehend und strahlte zu ihrer wenig älteren Schwester zurück.
„Ich bin ja schon gespannt, wen ich einmal heiraten werde!“ Eine starke Hand legte sich auf Aainas Kopf. Die ältere Aaina folgte Kylighs Augen hinauf zu den weichen goldenen Augen ihres Onkels Cyrill.
„Zerbrich dir darüber doch noch nicht den Kopf. Du hast noch so unendlich viel Zeit vor dir, junge Dame. Und Kyligh vergiss nicht!“ Cyrill blickte gespielt streng zu ihr hinab. „ Knox wird in wenigen Jahren als Fee erwachen, dann wird er nicht mehr der selbe sein und ihr werdet euch vielleicht nicht mehr so nahe stehen wie heute.“Aaina blickte mit den traurigen Augen von Kyligh zu Knox der wie immer charmant lächelte. „Aber du hast es mir versprochen. Und du hast mir auch versprochen, dass du immer für uns da sein wirst und niemals weggehen wirst!“ Sofort fiel die kleine Kyligh Knox um den Hals und drückte ihn fest. Sie bekam lediglich am Rande mit, wie Cyrill Aaina mit in die Küche nahm.
Knox ging mit Kyligh in das Wohnzimmer und setzte sich auf den Schaukelstuhl, auf den früher als er noch kleiner gewesen war seine Mutter immer mit ihm gesessen ist.
„Schau, mal Kyligh. Du weißt ich liebe dich. Du bist mir wie eine Schwester und ich würde dich niemals im Stich lassen wollen. Aber du kennst doch Engel und Feen. Sie sind wie Vampire und Lykaner. Sie können sich einfach nicht ausstehen. Wenn ich erst einmal als Fee erwacht bin, können wir ja immer noch in Kontakt stehen, doch ich werde lange Zeit nicht in eurer Nähe sein können, sobald ich deine Magie fühlen kann. Das verstehst du doch, oder?“
Kyligh klammerte sich noch fester an seinen Kragen und schluchzte hinein. Aaina verstand es. Kyligh liebte Knox wie einen Bruder. Genauso wie jemand anderen. Aber wer war dieser Mann? Sie erinnerte sich an blaue Augen und ein herzhaftes Lachen. Ein Lachen das sie so unglaublich gerne gehört hatte, als sie noch kleiner war. Aber jedes mal wenn sie nach einem Bild greifen wollte, entglitt es ihren Fingern.
Im nächsten Moment füllten sich ihre Lungen mit eiskalter Luft und sie riss erschrocken die Augen auf. Sie war wieder in der Höhle bei Zendo, der gerade sein Gesicht von ihrem Nahm. „Du lebst! Oh, mein Gott! Du hattest einen Herzinfarkt, denke ich. Du hast nicht mehr geatmet und du... du warst so kalt...“
„Ich habe es gesehen.“ Flüsterte sie und blickte zu Zendo hoch, als würde er es verstehen müssen. „Was sagst du?“
Aaina schob ihn von sich und blickte in Richtung des Himmels. „Knox... er ist wirklich mein Cousin. Ich fange an mich zu erinnern.“
Zendo ging Aaina hinterher und legte ihr beide Arme auf die Schultern. „Wovon sprichst du? Du warst viel zu klein als du adoptiert wurdest. Wie solltest du dich an etwas erinnern? Aaina, du hast gerade aufgehört zu Atmen!“
Aaina wandte sich zu Zendo um. „Nein! Zendo! Versteh doch! Ich bin mehrere hundert Jahre alt. Ich erinnere mich plötzlich wieder, aber ich kann die Gedanken nicht zuordnen. Ich sehe Knox und eine Frau die so aussieht wie er. Ich sehe einen Mann der ganz in schwarz gekleidet ist mit blauen Augen und einen mit gelben. Ich erinnere mich außerdem daran wie wir durch das Portal gegangen sind. Und vor allem erinnere ich mich das etwas Schreckliches passiert ist, weswegen uns Darts... ähm... Kyligh in die Zukunft befördert hat. Wir sind gestrandet... Das ist es. Verdammt. Wir müssen zurück... Wir...“ Aaina erkannte in Zendos Augen das er sie nicht verstand und ihr schon überhaupt nicht glaubte was sie da sprach. Seufzend legte sie ihre Stirn auf seine Schulter. „Was rede ich denn da?“ Flüsterte sie und fühlte wie sich sofort starke Arme um sie legten.
„Ist schon gut. Das hast du bestimmt nur geträumt. Komm wir fahren zurück und dann ruhst du dich schön aus. Es war einfach zu viel für dich hier her zu kommen.“
Aaina nickte und langsam stiegen sie wieder ab. Aaina wusste jedoch was sie gesehen hatte. Sie wusste das es wahr ist. Und ihr war bewusst, dass sie sofort zu Darts musste. Nein zu Kyligh. Ihrer Zwillingsschwester. Noch ergab in ihrem Kopf noch nicht alles einen Sinn, doch das würde es, sobald sie ihre ganze Erinnerung wieder hatte. Und diese musste sie schnell wieder erlangen, doch wie? Knox wäre vermutlich die beste Hilfe dabei, da Darts noch immer im Koma lag. Doch wie sollte sie Knox erreichen?
„Sag, mal. Knox erwähnte doch, das er Herzenswünsche erfüllen kann und du ihn gerufen hättest. Was meinte er damit?“
Zendo, der gerade die gesamte Ausrüstung zurück in den Wagen räumte, zuckte zusammen und wandte den Blick ab. „Ich weiß es nicht. Der war vermutlich nur auf Drogen, oder so.“
Aaina verzog das Gesicht. Anscheinend war es etwas über das er nicht sprechen wollte. Wenn sie doch wenigstens etwas aus ihm herausbekommen könnte. Jedes mal wenn sie etwas Sinnvolles benötigte, dann ließ Zendo sie eiskalt abblitzen. An anderen Tagen jedoch machte er so seltsame Bemerkungen, wie diese im Spital, als sie dachte er würde sie gleich küssen.
Mit einer Blitzidee schoss sie den Kofferraum und lächelte schüchtern zu Zendo hoch. „Weißt du noch, was du im Spital sagtest?“
Zendo, der ihr gerade die Schlüssel reichen wollte blickte sie skeptisch an. „Was genau meinst du?“
Nun war es an ihr ihn skeptisch anzusehen. Hatte er etwa mehr gesagt, als nur das mit dem Kuss? „Was? Na die Sache mit dem Kuss. Was hast du gedacht?“
Erleichterung legte sich über sein Gesicht. „Nichts... Was ist damit?“
„Verrätst du mir deinen Herzenswunsch, wenn ich dich küsse?“
Belustigt schüttelte Zendo den Kopf und stieg auf der Beifahrerseite ein, was Aaina dazu zwang ebenfalls einzusteigen, da sie das Gespräch zu Ende führen wollte.
„Das mit dem Kuss soll kein Deal werden, wenn du das meinst.“
Aainas Augenbrauen zuckten in die Höhe. War da etwa mehr als das er zugab? „Also hast du tatsächlich einen Wunsch?“Zendo setzte sich etwas seitlicher um sie anzusehen. „Aaina, ich formuliere es so, dass du es auch verstehst.“ Er packte sie grob am Kinn und stützte sie mit der zweiten Hand am Genick. „Diesen Kuss, den ich nur von dir alleine haben möchte, hat weder etwas mit einem Deal, noch mit einer Wette zu tun. Ich sage es auch nicht, da ich möchte das du dich unsicher fühlst. Ich will das, wenn du mich küsst, das selbe dabei fühlst, was ich fühlen werde. Jetzt kann ich in deinen Augen sehen, das du das nur tun willst um etwas dafür zu bekommen, aber selbst wenn ich einen Herzenswunsch hätte, würde ich ihn dir erst verraten, wenn er erfüllt wäre, weil dann würde es dich nicht mehr wundern, oder verunsichern.“ Wundern oder verunsichern? Was meinte er damit? In Aainas Kopf drehte sich plötzlich wieder alles und ihr kam die Erinnerung in den Sinn, wie wutentbrannt Zendo reagiert hatte, als Knox sie geküsst hatte. Knox hatte sie zwar kaum berührt, doch Zendo war purpurrot geworden vor Zorn.
„Warst du vorhin eifersüchtig, als Knox mich geküsst hat?“ Die Frage war einfach aus ihrem Mund, noch bevor sie sich in ihrem Kopf geformt hatte. Überraschung legte sich in seinen Blick und er ließ sie so abrupt los, wie er sie zu sich gezogen hatte.
Demonstrativ wich er ihren Blick aus und sah aus dem Fenster. „Wie kommst du darauf? Ich bin kein eifersüchtiger Mensch. Rede nicht solchen Unsinn.“
Sie fühlte wie sie selbst rot wurde und blickte auf ihrer Seite aus dem Fenster. Natürlich! Wie konnte sie nur so etwas Dummes denken? Warum sollte ausgerechnet Zendo eifersüchtig sein, wenn er sie doch noch nicht einmal leiden konnte.
„Entschuldige die dumme Frage. Vergiss sie einfach.“ Aaina startete den Wagen und fuhr los. Jetzt hatten sie zwar ihre Aufgabe nicht erledigt, doch Aaina würde einfach lügen und sagen, das es ihr zu schlecht gegangen war. Mehr oder weniger, war es ja doch die Wahrheit...
Pearce saß wie jeden Nachmittag am Bett von Darts und sah ihr beim Schlafen zu. Eigentlich sollte er es mittlerweile gewohnt sein dass sie schlief, da sie viele Nächte bei ihnen im Haus verbracht hatten, oder er bei ihr und ihren Großeltern in der Altbauwohnung. Sachte legte er ihr eine Hand auf die Stirn und strich ihr zum hundertsten mal die Haare zurecht. Ihm kam es vor als würden sie machen was sie wollten. Lächelnd blickte er zum gekippten Fenster und beschloss es zu schließen. Als er sich wieder auf seinen Sessel setzte, bemerkte er das ihre Haare wieder durcheinander waren.
Kopfschüttelnd gab er es auf und seufzte schwer. „Genau deshalb trage ich meine Haare immer kurz.“ Murmelte er und nahm ihre Hand in die seine. Er legte ihre schlaffe Hand an seine Wange und küsste ihre Handinnenfläche. Nebenbei fühlte er wie sein Bart etwas an ihrer Handfläche kratzte und betastete sein Kinn. Normalerweise rasierte er sich jeden Morgen unter der Dusche, doch da er kaum noch ein Auge zu tat, da er angst davor hatte wieder daran zu denken was alles Schlimmeres passiert hätte sein können, verbrachte er die meiste Zeit, wenn er gerade nicht in der Schule festsaß am Trainingsplatz, oder im Krankenhaus.
„Du könntest eigentlich langsam einmal wieder aufwachen. Deinetwegen sehe ich bald aus, als wäre ich Obdachlos.“
Mit einem aufgesetzten Lächeln legte er ihre Hand wieder zurück auf die Bettdecke und seufzte abermals. „Ich geh dann einmal. Drei Stunden sitzen und dir zusehen beim Schlafen, reichen für meine Nerven. Wir sehen uns morgen, Schneewittchen.“
Mit einem traurigen Gesicht, das sie ihn nicht für den Vergleich schlug, küsste er sie wie jeden Abend auf die Stirn und verließ das Krankenzimmer.
Pearce schloss die Türe abermals hinter sich und riss sich den Plastikmantel den jeder tragen musste, wenn man zu ihr ins Zimmer wollte, von sich und stopfte ihn in den Mistkübel, der dafür vorgesehen war. Winkend verabschiedete er sich von den Krankenschwestern, die nun in der Nachtschicht Darts waschen und umziehen würden und dachte abermals an das Bad zurück, das sie vor kurzem zusammen genommen hatten. Es hatte ihn überrascht, das sie zu ihm in die Wanne gekommen war, und das sie überhaupt ins Bad gekommen war. Eigentlich wollte er sie lediglich aufziehen, doch stattdessen, waren sie sich wieder näher gekommen.
Darts hatte noch nie verstanden warum er bis jetzt keine Freundin gehabt hatte, doch eigentlich sollte es ihr doch glasklar erscheinen, dass er ausschließlich sie liebte. Warum konnte das jeder sehen nur sie nicht? Frustriert schlug er gegen die Fliesen über dem Waschbecken und fluchte laut vor Schmerzen.
„Was machst du denn?“ zarte Hände packten seine Faust und umschlossen sie vorsichtig. „Das musst du sofort kühlen, du Idiot.“ Verwirrt folgte er der Hand, die das kalte Wasser aufdrehten und seine leicht gerötete Faust darunter schoben. Als er in den kurzen braunen Haaren hängen blieb, konnte er es für einen Moment nicht fassen. Unsicher ob er nicht falsch lag, musterte er den weißen Krankenhauskittel und blickte danach in die weichen grauen Augen und schluckte schwer.
„Schau nicht so dumm. Das macht die Situation auch nicht leichter.“ Darts Lächeln wurde schüchterner. Entsetzt zog er seinen Arm zurück.
„Darts? Aber du bist doch gerade noch dort gewesen.“ Er zeigte in Richtung der Türe, die halb geöffnet war, da gerade eine Krankenschwester ins Zimmer ging. Entsetzt betrachtete er, wie diese in der Bewegung schwebte.
„Was ist...“
Sein Blick zuckte wieder zu Darts die gerade das Wasser abstellte. „Ich habe die Zeit angehalten. Ich wollte einen Moment für uns beide. Immerhin haben wir einiges zu klären.“
Pearce staunte nicht schlecht. Da stand sie. Seine große Liebe, hellwach und mit ihrem typischen freundlichen Lächeln, das sie für jeden über hatte. „Was meinst du, du hast die Zeit angehalten?“
Darts kam einen Schritt auf ihn zu und zog ihn zu sich hinab. Überrascht stützte er sich am Waschbecken ab und sah ihr direkt in die Augen. Oder um genauer zu sein, in lediglich ein Auge. Das andere war von ihren Haaren bedeckt. Wie davon angezogen, schob er ihr Haar zur Seite und ihm fiel der Mund auf, vor staunen. Ihr rechtes Auge, leuchtete golden und es schien sich ein ganzes Universum darin zu befinden. Sein Herzschlag beschleunigte sich als er die vielen leuchtenden Blitze sah und dabei beobachten konnte, wie sich zwei Zeiger langsam vorwärts bewegten. Im nächsten Moment stoppten sie und Darts wandte den Blick ab. „Tut mir leid, ich wollte nicht dass du das siehst. Das passiert immer wenn ich meine Kräfte benutze.“
Pearce verstand zwar kein Wort, doch er wollte auch nicht das sie sich von ihm abwendete. Er drehte ihren Kopf wieder zu sich und schob ihr Haar abermals aus ihrem Gesicht. Lächelnd legte sie ihre Wange in seine Handfläche und er konnte sein Glück überhaupt nicht fassen. „Du bist wieder wach?“ Fragte er hoffnungsvoll und konnte nicht verhindern dabei verzweifelt auszusehen.
Ihr Blick wurde wieder trauriger. „Leider nein, Wiesel. Ich kann in einem menschlichen Körper nicht existieren, dafür ist er zu schwach und ich würde ihn zerstören. Nein, ich existiere lediglich nur schwach in ihm. Ich brauche bitte Aaina hier. Deswegen habe ich die Zeit angehalten. Solange die Zeit stillsteht, kann ich meinem Körper keine Schmerzen bereiten. Jedoch kann ich auch mit niemanden sprechen. Deshalb bin ich auch nur in deinem Kopf. Bitte, wir müssen zurück, Wiesel.“
„Wovon redest du? Wie hast du das alles gemacht? Ich... ich verstehe absolut nichts. Aber... du bist hier... ich kann mit dir sprechen und...“ Pearce kämpfte gegen seine Tränen an und zog sie fest an sich. Überrascht keuchte sie auf und fing an zu lachen. „Ist egal. Du musst es nicht verstehen. Ich bin so glücklich das du hier bist.“ Sie legte ebenfalls ihre Arme um ihn und er genoss es sie einfach nur zu halten. Auch wenn er verstand, dass es nicht real war, so war er glücklich, das sie sich echt anfühlte und echt roch.
Noch bevor er wusste was genau er tat, zog er sie mit sich auf die Knie und küsste sie. Niemals würde er sie wieder gehen lassen. Darts zog ihn nun auch noch näher an sich und erwiderte seinen Kuss. Er konnte es absolut nicht fassen. Es war für ihn das Unglaublichste, was er jemals erlebt hatte. Seine Darts, die seinen Kuss erwiderte. Für ihn gab es nichts Schöneres.
Als sie nach einer Unendlichkeit den Kuss beendet und dabei ziemlich verwirrt aussah, holte sie erstmals tief Luft. Auch er bemerkte den Sauerstoffmangel und musste seine Lunge wieder füllen. Zumindest dachte er dies. Dann erinnerte er sich, das es doch überhaupt nicht real war und musste grinsen.
„Okay... Es tut mir leid. Ähm... Ich kann nicht mehr lange bleiben. Ich muss in den Körper zurück. Aber bitte bring Aaina zu mir, ich brauche sie.“
Pearce nickte und stahl ihr noch einen Kuss, bevor er sie beide wieder auf ihre Beine stellte und fühlte wie er wieder in die Realität gezogen wurde. Ihr Gesicht verblasste und er sah sich selbst im nächsten Moment im Spiegel. Fluchend riss er seine Hand von den Fliesen fort und hielt seine Hand unter das kalte Wasser. Seine Lippen pulsierten immer noch von dem Kuss und seine Hand schmerzte wieder. Irgendwo musste das doch real gewesen sein, oder? Sein Blick zuckte zu der Türe, die sich gerade hinter der Schwester schloss und er musste lächeln.
Er verstand zwar nicht was das alles bedeuten sollte, doch er würde alles dafür tun, das Darts wieder aufwachte.
Als er aus dem Spital kam, wählte er die Nummer von Aaina, die auf Darts Handy eingespeichert war. Er hatte ihr Handy bereits im Auto eingesteckt und es vergessen zurückzugeben. Doch die letzten Tage hatte er sich durch das Handy ihr nahe gefühlt und hatte es deshalb immer mit.
„Ja?“ Überrascht blickte er zum Handy, bevor er sich erinnerte wen er angerufen hatte. „Aaina?“
„Pearce?“ Kam die verwirrte Gegenfrage.
„Ähm, ja. Ich habe Darts Handy noch einstecken und da ich deine Nummer nicht habe, rufe ich dich über ihres an. Ich will das du, bitte, morgen früh mit mir schwänzt und ins Krankenhaus kommst.“
An der anderen Leitung kamen einige Geräusche, bevor Aaina leiser sprach. „Du weißt doch, ich kann nicht. Kyligh... Ähm Darts Großeltern wissen nicht das sie eine Zwillingsschwester hat und sie will ihnen den Stress ersparen. Wenn sie mich sehen, ticken die sicher aus. Und wie sollen wir das alles den Pflegern von der Intensiv erklären?“
Einerseits hatte sie recht. Es war schon als Aaina auf der Krankenstation gelegen ist, schwer gewesen zu erklären warum sich die beiden so ähnlich sahen. Alleine Luke, Zendo und er selbst hatten versucht sich dort heraus zu reden und die Ärzte ihrerseits mit Fragen über Fragen zu bombardieren, bis die Schwestern auf verschiedenen Station gelegen sind und somit keine Fragen mehr gekommen waren.
Pearce hatte die Großeltern von Darts erst angerufen, als sie stabil in ihrem Zimmer gelegen ist. Nun musste er sich etwas einfallen lassen um sie abzulenken.
„Das regle ich schon, mach dir darüber keine Sorgen. Wir treffen uns morgen um acht vor der Intensiv, in Ordnung?“
Kurz entstand ein schweigen auf der anderen Leitung. „Gut. Aber nur, weil ich mit ihr etwas zu klären habe.“
Zu klären? Wovon sprach Aaina? Sich bedankend legte er auf und machte sich auf den Heimweg. Heute würde er ausnahmsweise einmal gut schlafen.
Als Pearce am nächsten Morgen erwachte, konnte er es kaum glauben wie wach er sich fühlte. Mit frischer Energie sprang er unter die Dusche und zog sich ein frisches Hemd an.
Als sein Bruder ihn prüfend anblickte, fragte er sich was wohl in dessen Kopf vor sich ging.
„Wo willst du hin?“ Pearce spülte sein Brot mit Apfelsaft hinunter und antwortete erst danach.
„Ich gehe ins Krankenhaus. Ich treffe mich dort mit Aaina.“
Josh, der gerade ein Müsli in sich hinein schaufelte, zog beide Augenbrauen zusammen. „Klingt ja interessant. Und warum genau triffst du dich ausgerechnet mit >ihrer< Schwester?“
Pearce blickte ihn skeptisch an. „Weil sie auch gerne endlich ihre Schwester sehen möchte!“
Josh schüttelte den Kopf, als hätte er mehr zu sagen.
„Was ist?“ er kannte seinen Bruder gut genug um zu wissen, das ihn etwas daran störte.
„Nun, ja ich persönlich finde es etwas unangebracht. Immerhin ist es Kittis Schwester. Und du bist ihr platonischer Bruder... Ich meine ja nur.“
Pearce fühlte wie sich abermals eine Wut in ihm aufstaute, wie damals in der Bar, als er Zendo geschlagen hatte.
„Weist du... Ich an deiner Stelle würde einfach nur die Klappe halten. Wessen Schuld ist es denn, das Darts so zurückgezogen ist? Ich war die ganzen Jahre für sie da, als Bruder und als bester Freund. Und trotzdem war sie immer in dich verliebt. Und zum Teufel noch einmal, rede dich jetzt ja nicht hinaus. Sie weiß das du sie lediglich nur als Schwester siehst. Jedoch bin ich nicht so verzweifelt, das ich mit ihrer Zwillingsschwester etwas anfangen würde. Ich würde ihr niemals so wehtun wollen wie du, als du statt sie, Azusa gewählt hast. Du solltest dich eigentlich schämen! Ich für meinen Teil werde weiter das machen was am besten für sie ist. Und wenn ich dazu gezwungen bin, dir eine zu verpassen, dann werde ich das auch!“
Zornig eilte Pearce aus der Küche. So offen hatten er und sein Bruder schon seit dem Tod ihrer Eltern nicht mehr miteinander gesprochen. Die Gefühle von Darts waren auch nie ein Gesprächsthema gewesen. Auch wenn Josh so tat, als würde er nicht mitbekommen haben, wie sehr Darts ihn geliebt hat, so hatte ihn nun seine Reaktion auf Pearce Worte genau das bewiesen. Er hatte es gewusst und nichts geändert. Pearce wusste zwar nicht was im Kopf seines Bruders vor ging, doch das war ihm nun auch egal. Alles was für ihn zählte war Darts.
„Hi!“ Aaina winkte Pearce zu, der gerade aus dem Lift stieg. Er sah für die letzten Tage heute richtig gepflegt aus und strahlte vor Glück. Sein breites Lächeln, das sie in den letzten Monaten nur selten gesehen hatte, steckten sie an und sie musste ebenfalls lächeln. „Hi, wartest du schon lange?“ Sein Blick fiel auf Zendo, der neben ihr eingeschlafen war und blickte sie fragend an. „Nun, ja. Ich bin schon seit einer Stunde hier um Mut zu sammeln und Zendo, hat gestern mein Gespräch belauscht und wollte mit. Leider habe ich ihn nicht losbekommen.“ Sie warf ein schüchternes Lächeln in seine Richtung und rüttelte ihn leicht an der Schulter.
„Was?“ Aaina deutete auf Pearce und Zendo gähnte ausgiebig. „Komm ja schon.“
Als sie sich anmeldeten, blickten die Ärzte zwar skeptisch, da normalerweise nicht mehr als zwei Besucher auf einmal erlaubt waren, doch da Aaina Darts wie aus dem Gesicht geschnitten ähnlich sah, nickten sie.
„Pearce... meinst du...“ Sie griff nach seiner Hand, als sie vor der Türe standen und er drückte diese Sanft. „Sie wird dich schon nicht auffressen.“ Witzelte Pearce, was ihr ein Lächeln entlockte.
Zendo blickte nicht sonderlich begeistert auf ihre Hände und Pearce fühlte das Bedürfnis sich an die Stirn zu greifen. Eifersucht, war vermutlich das dümmste das dieser Idiot jetzt empfinden sollte.
„Zendo, wenn du Ärger machst, werfe ich dich hochkantig hinaus.“ Zendo warf ihm einen herausfordernden Blick zu, doch dann öffnete Aaina schon von selbst die Türe. Im Innenraum war wie immer alles ruhig, nur das Fenster war gekippt. Darts lag wie jeden Tag ruhig in ihrem Bett, nur das EKG hinter ihr, verursachte Geräusche.
Aaina eilte sofort zu ihrer Schwester und legte beide Arme um diese. Beim EKG beschleunigte sich das Gerät etwas, was Pearce zum Lächeln brachte.
„Nun, zufrieden? Ich sagte doch, das ich sie zu dir bringe.“
Flüsterte er in Darts Ohr und konnte sich ein Lächeln nicht verwehren. Zendo, der die Türe schloss und sich abseits hinstellte, hatte ein verärgertes Gesicht aufgesetzt.
„Hi, Süße. Na wie geht es dir? Ich dachte ich schaue einmal vorbei. Immerhin liegst du nun schon lange genug hier herum. Weißt du, ich habe jemanden kennen gelernt. Er heißt Knox. Sagt dir der Name etwas?“
Pearce fühlte wie seine Hand gedrückt wurde und konnte es nicht fassen. In Aainas überglücklichen Augen sammelten sich Tränen vor Freude. „Erinnerst du dich noch, Ky. Als wir bei Cyrill waren und du so bitterlich geweint hast? Ich fange langsam an mich zu erinnern.“
Zendo legte Aaina eine Hand auf die Schulter und blickte sie mitleidig an. „Aaina, ich denke nicht das du ihr das erzählen musst.“
Aaina warf ihm einen wütenden Blick zu und Pearce schüttelte seinerseits den Kopf. „Vielleicht solltest du draußen warten, Zendo.“ Bemerkte er und deutete auf die Türe.
Zendo warf frustriert die Hände in die Luft. „Ach, halt doch dein Maul. Ich finde es nicht in Ordnung, das sie hier ist. Sie ist noch viel zu erschöpft und sollte sich ausruhen.“
Pearce zog ihn vom Bett weg um ungestörter mit ihm zu sprechen. Aaina währenddessen verdrehte die Augen und fing an mit ihrer Schwester zu sprechen. „Ich weiß ja das du nur am Rande wahrnimmst, was wir reden, aber ich verstehe warum du lieber im Koma liegst. Die beiden sind Vollidioten.“
Sie strich ihrer Schwester die Haare aus dem Gesicht und fühlte wie sich ein Kloß in ihrem Hals bildete. „Auch wenn es vielleicht nicht so aussieht. Sie vermissen dich beide. Nun, ja. Vielleicht Pearce mehr als Zendo. Er ist zur Zeit etwas kompliziert. Er redet auch zur Zeit nur Stuss.“
Sie warf den beiden Streithähnen einen bösen Blick zu. War das deren ernst. Sie streiteten hier?
„Leute! Was soll das?“ Die beiden Jungs blickten abwechselnd hin und her, bevor sie seufzten und sich mit verschränkten Armen neben das Bett stellten.
„Tut mir leid. Also, ich denke... Vielleicht sollten wir die beiden Mädels ein bisschen alleine lassen.“ Schlug Pearce vor und Zendo stimmte sofort zu. „Dann können wir das wenigstens draußen weiter diskutieren.“
Zendo und Pearce stritten sich am hinaus weg weiter und Aaina konnte nicht anders als den Kopf schütteln. „Das sind echt Idioten.“„Tropf. Tropf.“ Ertönte eine Stimme hinter ihr und Aaina zuckte zusammen. Als sie sich im Zimmer umsah, konnte sie nichts und niemanden sehen. Hatte sie sich das nur eingebildet?
Plötzlich wurde ihre Hand zusammen gedrückt und ihre Aufmerksamkeit wurde wieder auf Darts gezogen.
„Hi, na. Du bist auch einmal hier?“ Aaina blickte verwirrt zu Darts hinab, dessen Lippen sich spöttisch nach oben gezogen hatten. „Du bist wach?“
Darts nickte. „Ja, ich habe eigentlich nur darauf gewartet, dass du sie hinaus wirfst.“
Aaina kicherte und ließ Darts sich aufsetzen. „Und wie lange bist du schon wach?“
Darts legte den Kopf schräg und schwang beide Beine aus dem Bett. „Schon die ganze Zeit. Aber ich muss meine Energie aufsparen, sonst überfordert sich mein Körper. Fühlst du auch schon deine Energie?“
Darts Blick lag prüfend auf ihr. Was meinte sie? „Wovon redest du?“
Ihre Schwester legte ihr eine Hand auf die Wange und schüttelte den Kopf. „Schade. Du hast vorhin Knox erwähnt, ich dachte du hättest deine Erinnerungen wieder.“
„Ja, nun ja. Ich habe Knox getroffen und hatte eine Vision von früher. Aber ich verstehe nicht alles, es ist so verwirrend.
Darts tätschelte ihr liebevoll den Kopf. „Ich weiß was du meinst. Mich hat es eine ganze Woche gekostet. Jetzt muss ich nur darauf achten, dass ich nicht aus Versehen Energie frei setze.“
„Was meinst du mit Energie freisetzen?“ Fragte Aaina. Darts legte ihr eine Hand auf die Wange und plötzlich wurde sie von einer unheimlichen Macht durchströmt. Etwas in ihr reagierte mit einem ungeduldigen Gefühl darauf. Verwirrt folgte sie dem Gefühl bis tief in ihr Herz. „Du musst noch tiefer.“ Flüsterte Darts an ihrem Ohr. Aaina folgte ihrem Rat und entdeckte plötzlich eine Türe. Verwirrt ging sie darauf zu und konnte die Macht nicht fassen, die sie dahinter fühlte.
Erschrocken zog sie sich zurück und sah zu ihrer Schwester hoch. „Du musst keine Angst davor haben. Sie tut dir nichts. Jedoch wenn du die Türe öffnest, wirst du wieder zu deiner ursprünglichen Gestalt wechseln, und dafür ist es noch zu früh. Bevor das passiert brauchst du deine ganze Erinnerung zurück. Bis dahin müssen wir uns wohl oder übel mit unserem Cousin vergnügen. Wo hast du ihn überhaupt getroffen?“
Aaina war zwar vollkommen verwirrt, doch sie vertraute ihrer Schwester. Aus irgend einem Grund wusste sie das es die Wahrheit war, die sie sprach. Sie erzählte ihr, wie sie in den Klippen zufällig auf Knox getroffen sind und über was er gesprochen hatte. Darts nickte währenddessen als würde sie wissen wovon er gesprochen hatte. „Ich verstehe. Also stimmt es. Unsere Mutter ist wohl oder übel ein Dämon geworden. Wir müssen unbedingt zurück, aber es ist zu riskant, wenn du nicht alles weißt. Du musst unbedingt zu Knox. Er kann dir bestimmt helfen.“ Wie sollte eine Fee ihr helfen? Waren sie denn auch Feen? „Ähm, was sind wir eigentlich?“
Darts kicherte spöttisch. „Natürlich Engel, du Schusselchen. Was dachtest du denn?“
Aaina zuckte mit den Schultern. „Ich weiß überhaupt nicht mehr was ich denken soll.“
Sie sah hinüber zum Fenster, plötzlich hörte sie wieder diese kalte Stimme von vorhin. „Tropf. Tropf.“
„Hörst du das?“ Aaina blickte sich verwirrt um. Darts schien überhaupt nicht verwirrt zu sein.
„Ich höre nichts. Jetzt mach dich auf den Weg zu Zendo und Pearce. Sie warten bestimmt schon.“
Nickend folgte sie ihrer Aufgabe. „Moment, wie finde ich eine Fee?“
Darts legte sich zurück ins Bett und hielt für einen Moment inne. „Du sagtest doch, das Zendo einen Herzenswunsch hatte. Da er eindeutig noch nicht erfüllt ist, muss sein Wunsch nur stärker werden. Das wird ihn zurückbringen.“
Herzenswunsch? Was war das nur? Um was ging es dabei und warum besaß ausgerechnet Zendo einen? Verwirrt von so vielen Gedanken verließ sie seufzend den Raum und betrachtete eine Platzwunde an Zendos Kopf, sowie eine aufgesprungene Lippe von Pearce.
Manche Fragen stellte man wohl besser nicht.
Beide blickten sie betroffen an und den Schwestern schienen bereits ungeduldig zu sein. „Gehen wir.“ Befahl sie mit einem strengeren Ton. Beide folgten ihr auf den Schritt, mieden jedoch ihren Blick.
„Darts hat recht. Ihr seid beide Idioten.“ Pearce tätschelte ihr den Kopf brüderlich, doch wich dabei ihrem Blick weiterhin aus.
„Zendo, komm heute Mittag bitte zu mir. Wir haben einiges zu Regeln.“ Er blickte sie beim hinaus gehen fragend an, doch nickte lediglich.
„Brauchst du meine Hilfe?“ Pearce sah sie fragend an. „Nein. Das schaffe ich lediglich alleine.“ War prompt ihre Antwort darauf.
Ohne ein weiteres Wort ging sie in die Richtung des Stadtzentrums um noch einige Erledigungen zu machen.
Ein Klopfen an der Türe, schreckte sie aus ihren dunklen Gedanken. Schon seit sie einkaufen gewesen war und angefangen hatte zuhause zu kochen, schwebten ihr immer die selben Sachen durch den Kopf. Wer war sie und woher kam sie? Wer waren all diese Gesichter? Und vor allem, woher kam dieser unglaubliche Schmerz? Schon seit Kyligh ihr diese Türe hinter ihrem Herzen gezeigt hatte, erfüllte sie so etwas wie ein Schmerz der einem Bolzen glich, der sich durch ihren gesamten Körper gebohrt hatte. Wieso empfand sie so einen Schmerz? Und empfand Kyligh das selbe? Ihr Gefühl sagte ihr ja.
„Hi, Zendo.“ Begrüßte sie ihn.
Er blickte sie verwirrt an. „Kochst du?“ Fragte er und schnupperte in der Luft. „Natürlich, koche ich. Luke kommt in einer Stunde nach Hause und wird sicher hungrig sein. Ich hatte dich früher erwartet.“
Er zuckte abschätzend mit den Schultern und ging vor in die Küche um in den dampfenden Töpfen zu stöbern. „Du sagtest zu Mittag. Jetzt ist es halb eins.“Sie verdrehte die Augen und rührte in einer Suppe um. „Ist jetzt auch egal. Ich möchte ohnehin gleich zum Thema kommen. Du erinnerst dich doch sicher noch an die Fee die wir oben in der Höhle getroffen haben?“
Zendo schien sich unsicher zu sein, was er darauf antworten sollte. „Nun, ja. Ja mehr oder weniger. Am besten erinnere ich mich an meine fast Kündigung von Luke, als ich dich wieder herunter gebracht habe und ihm erzählt habe was passiert ist,“
Sie warf ihm einen zornigen Blick zu und schüttelte den Kopf.
Er nahm sich ein Glas und füllte sich Wasser ein, von dem er ruhig nippte. „ Also, ja ich erinnere mich an die verrückte Libelle. Was ist mit ihm?“
Sie schlug ihm mit dem schmutzigen Kochlöffel eine auf die Finger. Zwar traf sie ihn nur halbherzig, doch die heiße Suppe darauf, verbrannte ihn trotzdem leicht.
Fluchend wusch er sich die heiße Suppe von den Fingern.
„Rede nicht immer so. Das gehört sich nicht.“
Plötzlich stahl sich ein Lächeln auf seine Lippen und er kam ihrem Gesicht so nahe, dass sie erschrocken zurück stolperte und gegen den Ofen stieß.
„Huch!“ Keuchte sie auf und versuchte seinem durchdringenden Blick auszuweichen. „Ich bin mir sicher, das du mich nicht zu dir gerufen hast um meinen Wortschatz zu erweitern, also sag lieber gleich was du möchtest.“
Mit einer Hand langte er nach ihrem Zopf, den sie nur lose nach hinten gebunden hatte und öffnete ihn.
Entrüstet versuchte sie ihr Haarband zurückzubekommen, doch da er etwas größer war als sie, und er den Arm nach oben streckte, kam sie nicht daran.
„Gib es mir bitte zurück. Das ist nicht fair, warum bist du immer so gemein zu mir?“ Während sie durch hüpfen versuchte an das Haarband zu kommen, bemerkte sie seinen freudigen Gesichtsausdruck nicht. Als sie ihn jedoch bemerkte, schlug sie ihm frustriert auf den Brustkorb. Auf Grund des Schmerzes der sich auf seinem Brustbein ausbreitete, senkte er den Arm und rang nach Atem. Sofort entwand sie ihm das Band, doch konnte sie nicht anders als Mitleid empfinden.
Sich entschuldigend legte sie ihre Handfläche auf sein Brustbein. „Es tut mir leid. Ich habe... mich von meinem Zorn leiten lassen. Ich fasse es nicht. Normalerweise bin ich so ein ruhiger Mensch und dann kommst du und ich möchte nichts lieber, als wild um mich zu schlagen.“
Sie sah ihn zwar nicht an, doch konnte sein belustigtes Lachen beinahe fühlen. Er lachte sie immer aus. Ständig brachte er sie auf die Palme und am liebsten würde sie überhaupt nicht mit ihm sprechen. Zendo war so ein verdammter Idiot. Aaina wünschte sich plötzlich mehr wie ihre Schwester zu sein und ihm einfach eine rein zu hauen. Doch selbst wenn sie daran dachte ihm schmerzen zuzufügen, bekam sie ein schlechtes Gewissen.
„Manche Menschen bringen einfach das beste von einem an die Oberfläche.“ Sie trat einen Schritt zurück, da seine Nähe ihr unangenehm wurde und verdrehte dabei die Augen. „Was soll daran gut sein, wenn du mich so wütend machst. Egal was du tust, ich will dir einfach an die Gurgel gehen.“
Zendo setzte sich auf die Küchenzeile, was ihm einen bösen Blick einbrachte. „ Ach, was. Das liegt nur daran, dass du keine Verantwortung abgeben willst. Dafür bist du viel zu egoistisch.“ Ausgerechnet er nannte sie egoistisch? „Bitte was? Wenn du mich als egoistisch ansiehst, was bist dann bitte du? Du wirfst dich jeder Frau an den Hals die nicht bei drei auf dem Baum ist und vögelst dich nach Lust und Laune durch die Gegend. Wenn man es so betrachtet, bin ich lieber egoistisch und versuche mein Zuhause vor jemanden wie dir zu schützen, als das ich die Bettmatratze mitten im Wald bin.“
Keines ihrer Worte traf ihn besonders, was sie wunderte. Bei jedem Wort breitete sich sein Lächeln weiter aus.
Schon wieder kam das Bedürfnis in ihr auf, ihn zu schlagen.
„Gut, dann wäre das geklärt, das nicht nur ich eifersüchtig sein kann. Also, was machen wir jetzt?“
Eifersüchtig? „Warum sollte ich auf dich eifersüchtig sein? Das ist doch lächerlich.“ Sie schüttelte den Kopf, als wäre es das dümmste das sie jemals gehört hatte und machte sich wieder daran in den Töpfen umzurühren und den Braten im Rohr zu kontrollieren.
Als sie aus der Hocke hoch kam, konnte sie nicht einmal reagieren, oder verstehen was er tat, als er sie am Po packte und auf den Küchentisch absetzte.
„Zendo! Was soll das?“ Sie versuchte ihn weg zu schieben, doch brachte nicht genug Kraft auf. Verzweifelt versuchte sie loszukommen, doch Zendo schaffte es ihre beiden Handgelenke mit nur eine Hand festzuhalten. Die andere Hand legte er in ihren Nacken und Aaina konnte es nicht fassen. So hilflos wie sie sich nun auch fühlte, wurde es von einem anderen Gefühl überdeckt. Sie fühlte sich geborgen. Es war richtig so. Seine dünnen Lippen lagen auf ihren und zwangen ihr einen Kuss auf. Sofort entspannte sich ihr Körper und sie schien endlich nach Monaten wieder klar denken zu können.
Als sie aufhörte sich zu wehren und seinen Kuss erwiderte, ließ er ihre Hände los. Wie von selbst glitten ihre Hände in sein Haar. Genauso hatte sie es sich immer vorgestellt. Sie waren seidig und weich und kein einziger Knoten war darin. Egal wie wild sie bei Zendo auch immer ab standen, wirkten sie doch immer gepflegt, was sie bewunderte.
Der Kuss fühlte sich genauso an. Er dauerte etliche, gefühlte Stunden und sie konnte fühlen wie sich eine Träne in ihre Augen stahl. Ja er brachte sie tatsächlich zum Ausrasten. Auch brachte er sie auf die Palme und brachte ihren weniger gemochten Charakter an die Oberfläche. Sie hatte immer auf ihre Schwester gehört. Sie tat immer das was Kyligh sagte. Ohne darüber nachzudenken. Und nun wusste sie auch wieder warum, das so war. Weil es richtig so war. Sie hörte auf ihre Schwester und erfüllte ihr jeden Wunsch. Genauso war es bei Kyligh. Kyligh war zwar von ihnen beiden die Charakterstärkere, doch Aaina war trotzdem die Ältere.
Kyligh übertrieb oft und brachte sich gerne in Schwierigkeiten. Eigentlich hatte sie die ganze Zeit über gedacht, das Kyligh die ältere war, doch das war tatsächlich sie selbst. Sie fühlte sich verantwortlich und wollte alles tun um sie zu beschützen. Deswegen brachte Zendo sie also so auf die Palme. Aaina war die geborene Diplomatin, doch der Jähzorn schlummerte lediglich unter ihrer Haut. Jederzeit bereit auszubrechen und sich seinen Platz zu erkämpfen.
Gierig zog sie Zendo enger an sich und wollte mehr. Wollte alles sehen, alles wissen. Sich selbst neu kennenlernen.
Plötzlich kam ihr die Erinnerung an die Türe. Die Türe hinter ihrem Herzen. Genau das war es. Ihre Macht. Sie war versperrt, doch wusste sie nicht mehr wieso. Warum sollte sie ihre Macht wegsperren? Wieso sollten Kyligh und sie selbst keine Engel mehr sein wollen?
Zendo beendete den Kuss, was sie aus ihren Gedanken zog. Was war los? Hatte sie etwas falsch gemacht?
Sein Atem ging schnell und seine Lippen waren gerötet von den Küssen. Vermutlich sah sie nicht besser aus. Jedoch der Ausdruck in seinen Augen ließ ihr Herz höher schlagen. Es lag so viel Glück und Freude so wie Zuneigung in seinen Blick, sodass sie nicht wusste was sie sagen sollte. Er stahl ihr alleine durch diesen Gesichtsausdruck den Atem.
„Du bist wunderschön.“ Flüsterte er an ihren Lippen und strich mit den Fingern durch ihr Haar.
Ihr selbst zuckte der selbe Gedanke durch den Kopf und sie lächelte schwach als sie sich an etwas erinnerte. „Sagtest du nicht, das ich dich küssen würde?“
Er schüttelte den Kopf belustigt. „Wenn du darauf bestehst, dann tu es.“
Bestand sie etwa darauf? Fragend legte sie den Kopf schräg. „War das etwa dein Herzenswunsch?“
Sein überraschter Gesichtsausdruck und seine plötzlich geröteten Wangen, waren für sie Antwort genug. Sie zog ihn wieder zu sich und küsste ihn wieder. Erst als sie einen Wagen vor fahren hörte, schob sie ihn von sich und schrie erschrocken auf. „Das Essen!“ Fluchend drehte sie an den Knöpfen herum, damit alles abgedreht war und holte auch den Hirschbraten aus dem Herd. „Los, hilf mir und decke auf.“
Verwirrt tat er was sie verlangte, obwohl sein Kopf noch ganz wirr von den vielen Küssen war. „Schon drei! Was machst du denn?“ Sie nahm ihm die Teller aus den Händen und deckte selbst für drei Personen auf.
„Ich bin zu Hause. Was riecht hier so angebrannt?“ Luke zog sich im Vorraum aus, während Aaina zwischen Küche und Wohnzimmer hin und her lief. Plötzlich wurde sie abgefangen und ein Gesicht versperrte ihr die Sicht. Mit rasendem Herzen ließ sie sich für einen Moment in den Kuss fallen, bevor sie ihn wieder von sich stieß und ihm das Besteck abnahm.
„Habe ich etwas verpasst?“ Luke hatte zwar den Kuss nicht gesehen, doch das für drei aufgedeckt war und Zendo in der Küche stand, schien ihn sichtlich zu verwirren.
„Nun, ja. Ich war gestern im Gebirge keine große Hilfe und er hat viel ärger deswegen bekommen. Ich dachte da wäre es das mindeste, wenn ich ihn zumindest zum Essen einlade.“
Luke nickte und tat so, als würde er die warnenden Blicke von Aaina zu Zendo nicht bemerken.
Zendo schüttelte genervt den Kopf, doch setzte sich trotzdem neben Luke an den gedeckten Tisch. „Okay, ich verstehe. Und was riecht hier so angebrannt?“
Aaina brachte zuerst die Vorspeise, die tatsächlich etwas angebrannt war, doch niemand störte sich daran. Generell wurde überhaupt nichts gesprochen, bis alle satt gegessen waren. Aaina räumte wieder ab und schlichtete alles bereit zum Abwaschen hin.
„Nun, ja. Mir wird das peinliche Schweigen zu langwierig. Ich geh den Abwasch machen und ihr... macht einfach dort weiter wo ich euch gestört habe.“
Luke nahm anscheinend an, das sie beide gestritten haben, wieder einmal. Zuckte es durch Aainas Kopf. Wüsste er was sie tatsächlich getan hatten, würde er vermutlich nicht so reagieren.
Aaina deutete auf ihre Zimmertüre und Zendo folgte ihr.
„Und... was machen wir jetzt?“ Fragte er während er sich auf einen Sandsack fallen ließ.
„Eigentlich wollte ich nur wissen was dein Herzenswunsch war. Doch das hat sich ja jetzt erledigt. Nun muss ich mir etwas anderes einfallen lassen.“ Er blickte verwirrt und etwas beleidigt zu ihr hoch. „Was meinst du?“
Sie sah zu ihm hinab und erkannte das sie ihn verletzt hatte. „Ach so, du meinst wegen vorhin... Da habe ich auch keine Ahnung. Ich weiß nicht einmal was ich darüber denken soll.“
Zendo winkte sie zu sich und sie ließ sich neben ihm auf die Knie sinken. „Wir sehen einfach was daraus wird, oder?“
Sie nickte. Was blieb ihr anderes über. Jetzt da sie endlich wusste das sie etwas für ihn empfand, konnte sie deutlich spüren wie sehr ihr Herz in seiner Nähe raste und wie sehr sie sich zu ihm hingezogen fühlte. Wenn sie so darüber nachdachte, war es das erste Mal, dass sie sich verliebt hatte. Wenn man dieses Gefühl so nennen konnte.
Ihre Hand fand die seine und sie fühlte wie ihre Hand bei der Berührung zu kribbeln anfing. Ja. Sie war eindeutig verliebt, oder zumindest am besten Weg dorthin.
Am nächsten Tag besuchte sie Kyligh wieder. Jedoch verpasste sie nur sehr knapp deren Großeltern. Froh darüber im Bus eine Station zu weit gefahren zu sein, zog sie nun den Plastikmantel an und betrat leise das Zimmer ihrer Schwester. Sobald die Türe zu war, setzte sich Kyligh auf und lächelte sie herzlich an. „Hi, Schwester.“ begrüßte sie diese und nahm Aaina sofort in den Arm.
„Hi, Ky. Na wie geht es dir?“
Kyligh hob abweisend die Schultern. „Wie soll es denn einer Komapatientin gehen? Mir ist total langweilig, weil du so lange brauchst. Andererseits habe ich derweilen genug Zeit um einige unserer Probleme zu lösen.“
„Von welchen Problemen sprichst du?“ Aaina legte ein Buch auf den Nachtkasten, doch Kyligh beachtete es überhaupt nicht. „Nun, ja. Erstens wie wir nach Hause kommen, dann warum wir hier sind, wie sind wir hier her gekommen, wo sind die anderen, wann können wir zurück, wie finden wir die anderen, wie lösen wir einige unserer schwerwiegenderen Probleme und so weiter?“
Aaina blickte sie verständnislos an. „Einerseits verstehe ich kein Wort, andererseits verstehe ich was du meinst. Ich hasse es. Es klingt so als würdest du mir etwas erzählen was ich sowieso schon weiß, aber ich erinnere mich erst dann daran wenn du es aussprichst.“
Kyligh kicherte bei diesem Vergleich. „Es klingt zwar kompliziert doch ich verstehe auf was du hinaus willst. Und, hast du bereits mit Knox gesprochen?“
Aaina strich sich die offenen Haare aus dem Gesicht und fühlte wie ihr das Blut in den Kopf stieg. „Nein, leider nicht.“
Kyligh blickte sie vollkommen verständnislos an. Das Aaina zwar Zendos Herzenswunsch kannte, ihn jedoch wohl oder übel erfüllt hatte, konnte sie doch nicht sagen, oder? „Ich hab über einen anderen Weg nachgedacht. Ich verstehe nun etwas was ein Herzenswunsch ist und habe selbst einen. Und er ist bestimmt auch stark genug das er ihn fühlen kann.“Kyligh griff sich an die Stirn. „Es ist nicht nur das. Jede Fee sucht sich selbst aus ob sie den Herzenswunsch erfüllt. Du kannst ihn nicht dazu zwingen.“
Aaina stützte ihr Kinn auf ihrer Hand ab. „Okay, dann probiere ich es anders. Einfacher wäre es, wenn du mir helfen würdest.“„Ich kann dir Pearce anbieten, er hilft dir sicher gerne.“ Aaina erkannte einen träumerischen Ausdruck in Kylighs Augen. Hatte sie etwa, etwas verpasst? Selbst wenn, Aaina sollte sich wohl nicht betrogen fühlen, immerhin war sie selbst in.... In was war sie denn überhaupt? Und konnte sie alles klären, bevor sie heraus findet, wer sie wirklich war? Verzweifelt dachte sie an Zendo und sein spöttisches Lächeln das sie immer an auf die Palme brachte. Wieso hatte sie das vorher nicht gewusst? Wieso hatte sie sich so schwer getan mit ihren eigenen Gefühlen?„Entschuldige ich muss weg. Ich... muss etwas erledigen.“ Ohne sich großartig zu verabschieden lief sie aus dem Zimmer und hinab ins Erdgeschoss. Unterwegs auf dem Heimweg schrieb sie eine Nachricht. >Wo bist du?<
Es dauerte zwar etwas aber es kam eine Antwort. >Zuhaus wieso<“
Lächelnd dachte sie an seine mangelnde Rechtschreibung. >Wir müssen dringend sprechen. Schick mir bitte deine Adresse.<
Sofort machte sie kehrt und fuhr in einen Bezirk der Stadt, der nicht sonderlich bevölkert war. Zumindest nicht mit normalen Menschen wie sie selbst einer... gewesen war. Aaina dachte darüber nach, was sie eigentlich war. Sie war doch ein Engel, doch als Mensch aufgewachsen. Das warum war eine schwierige Frage und von der Frage >wie< wollte sie überhaupt nicht erst anfangen.
Stürmisch klopfte sie an die Türe. „Hi, Aaina.“ Sofort nachdem er die Türe geöffnet hatte, beugte er sich hinab und küsste sie auf den Mund. Ein Lächeln stahl sich auf ihre Lippen. Als er sie herein bat, konnte sie es nicht fassen. Unmengen an Klamotten lagen wild am Boden herum. Selbst auf Stellagen, sofern man sie als diese betrachten konnte.
„Hi.“
„Hallo!“
„Oh!“
Waren drei verschiedene Stimmen die sie lächelnd begrüßten. Alles drei junge Männer in Zendos alter, die anscheinend in einer Wohngemeinschaft lebten. Sie hatte nie darüber nachgedacht wie Zendo wohl lebte. Vermutlich, weil sie sich keinen wilden Sexlebefantasien hingeben wollte.
Ohne etwas sagen zu können, schob Zendo sie bereits in ein Zimmer, das weniger nach Chaos aussah. Staunend blickte sie sich im Zimmer um und konnte sofort erkennen, dass es sich um das von Zendo handelte. „Wahnsinn.“ Murmelte sie und sah sich um. Zendo der derweilen ein viel zu höfliches Lächeln aufsetzte und rückwärts ging, kippte währenddessen Bilderrahmen um.
Lächelnd folgte sie ihm durch das Zimmer und besah sich die so subtil umgelegten Bilder. Es gab nichts anders zu sehen, als Zendo mit seiner Mannschaft, seiner Familie und ähnlichen Bildern. „Gib es her.“ Säuselte sie in sein Ohr. Normalerweise kontrollierte sie zwar nicht die Bilder von anderen, doch er schien nicht sonderlich begeistert zu sein, das sie sich in seinem Zimmer befand.
„Was meinst du? Ich denke wir sollten vielleicht etwas spazieren gehen, heute scheint doch so schön die Sonne.“
Kichernd über seine schlechte Rede, entwand sie ihm das Bild. Was sie dar aufsah, mit dem hatte sie nicht gerechnet.
„Wann hast du das gemacht?“ Sie betrachtete das Bild, das eindeutig in der Nacht geschossen worden sein musste.
„Als wir das erste Mal gemeinsam bei den Störchen waren. Du bist irgendwann in der Nacht einmal eingeschlafen und ich habe das Bild gemacht, bevor ich...“
Sie riss ihren Blick los und sah zu ihm auf. „Bevor was?“
Er beugte sich einfach zu ihr hinunter, da sie sich mit dem Bild auf das Bett gesetzt hatte und küsste sie auf den Mund. Für einige Sekunden vergaß sie warum sie hier war und genoss einfach seine Nähe.
Noch bevor sie sich versah, lag sie auf seinem Bett und genoss die Hitze die in ihr aufwallte, als er mit seiner Hand unter ihr Shirt glitt. Sie lag zwar lediglich auf ihrem Bauch, doch das was sie dabei fühlte ließ sie zusammen zucken. „Warte dafür bin ich nicht hier. Ich habe nachgedacht und... wir müssen unbedingt... darüber reden.“ Aaina deutete auf ihn und sich selbst. „Und darüber wie das Weitergehen soll. Ich bin ehrlich und sage dir die Wahrheit. Ich habe noch nie über das alles nachgedacht. Für mich gab es lediglich meine kleine Welt mit Luke.“Er zog seine Hand hervor und strich ihr zärtlich einige Strähnen aus dem Gesicht. Sie konnte sich nicht erklären, wieso ihre Haare in seiner Nähe immer so durcheinander waren. Oder ihre Gefühle.
„Ich weiß. Das habe ich bereits bemerkt. Darum habe ich versucht dir nicht nahe zukommen. Ich weiß selbst das wir nicht gerade ein ideales Paar währen.“
Das Wort >Paar< ließ sie nervös werden. Zendo und Aaina. Ein Schauder lief bei diesem Gedanken über ihren Rücken. Er zog sie näher an sich. „Das klingt gewöhnungsbedürftig.“ Bemerkte sie und setzte sich wieder auf.
„Das ist unsere ganze Situation. Was hältst du davon, wenn wir einfach niemanden sagen das wir zusammen sind und einfach einmal schauen wohin uns das führt.“
„Sind wir etwa zusammen?“ Fragte Aaina und er sah etwas belustigtes aufblitzen. Er schubste sie leicht. „Weiß nicht. Aber wenn ich noch einmal jemanden sehe, das er dich küsst, mache ich ihn platt.“
„Und was wäre wenn ich jemand anderen Küssen würde?“
Sein Blick war absolut nicht mehr belustigt, sondern eher zornig. „Darüber sprechen wir zu einem späteren Zeitpunkt.“
Sie beugte sich vor um ihn beschwichtigend zu küssen. „Also wird es ein später bei uns geben?“ Sie fragte diese Sachen, so unangenehm sie ihr auch waren nicht mit Absicht. Aber sie wusste nicht wie normalerweise Pärchen ihre Beziehung handelten. Und sie musste sich eingestehen, dass er vermutlich der letzte Mensch auf Erden war, den sie sich als festen Freund vorstellen hatte können.
„Gibt es denn ein uns?“ Lächelnd küsste er sie und ließ sich mit ihr auf das Bett zurückfallen.
„Ich wünschte ich... wüsste... es... Das ist es. Du bist ein wahrer Schatz an Ideen.“ Lobte sie ihn, als ihr ein Geistesblitz durch den Kopf schoss.
„Danke, Süße.“ Schon wieder dieses Wort! Ärgerte sie sich innerlich. Später! Tadelte sie.
„Okay, warte ich brauche einen Moment ruhe. Und fass mich dabei bitte nicht an. Ich möchte dir nicht weh tun.“
Zendo war zwar verblüfft darüber, das sie einfach so ohne ein weiteres bei ihm aufgetaucht war, doch andererseits freute es ihn. Vielleicht würden sie ja nun fortschritte in ihrer Beziehung machen. Zumindest falls man ihre Situation jemals als Beziehung ansehen konnte.
Abermals dachte er an ihre süßen weichen Lippen, die unerfahren seine Küsse erwidert hatten. War es denn möglich so viel Glück zu empfinden? Nun saß sie vor ihm mitten auf dem Bett, mit verschränkten Beinen und geschlossenen Augen. Und das seit mehreren Minuten. Er hatte mehrmals versucht sie anzusprechen, doch sie reagierte überhaupt nicht. Er hatte ihr sogar eine angezündete Zigarette unter die Nase gehalten, da er wusste wie sehr sie es hasste wenn jemand in ihrer Umgebung rauchte.
Nun war er schon bei seiner dritten, da er sehr nervös war und sich nicht eingestehen wollte, das es einzig an ihr lag.
Abermals glitt seine Hand ihr perfektes weiches Haar hinab. Er fragte sich wie man nur so süß und wunderschön gleichzeitig sein konnte. Aaina schaffte einfach alles.
Als sie sich selbst nach einer Stunde nicht bewegt hatte, setzte er sich hinter sie und lehnte sich mit ihr an die Wand. Sie musste doch einen Krampf haben, wenn sie aufwachte aus ihrer Trance.
Zendo fragte sich was sie da überhaupt tat. Sie atmete gleichmäßig, ihr Herzschlag war regelmäßig und stark und sie bewegte sich unter seinen Armen wie er wollte.
„Aaina. Ich vermisse dich. Wach bitte endlich wieder auf, sonst muss ich dich wach küssen.“
Er fühlte wie sie kurz zusammen zuckte und lächelte darüber. „Also bekommst du doch etwas mit. Und fühlst du auch das?“ Er küsste ihre Schulter und beobachtete wie sich ihre feinen Härchen am Unterarm aufstellten. Das ausnützend bahnte er sich seinen Weg mit Küssen ihre Schulter hinauf zu ihrem Hals und kniff sie leicht mit den Zähnen. Er bemerkte das Lächeln das sich auf ihre Lippen legte und flog zärtlich mit den Händen über ihren Körper. Als er mit einer Hand unter ihr Shirt glitt und sanft ihre Brüste umfing, schrak sie Überrascht aus ihrer Trance und sog Luft ein und im nächsten Moment waren ihre Augen wieder offen. Erschrocken von ihren Pupillen zuckte er von ihr zurück und fiel vom Bett. „Was um Himmels willen ist das? Aaina?“
Sie lächelte zu ihm hoch. „Tut mir leid. Aber ich sagte doch du sollst mich nicht anfassen. Ich kann mich nicht konzentrieren, wenn du an mir herum fummelst.“Zendo konnte es nicht fassen. Sie sprach als wäre absolut nichts. „Aaina, deine Augen!“ Er hielt ihr seinen Rasierspiegel hin und sie sog erschrocken die Luft ein.
„Es scheint zu funktionieren. Ich weiß ich kann das. So schwer ist das doch nicht, oder?“ Aaina schloss wieder die Augen, doch irgendwie schien etwas anders zu sein. Er konnte so etwas wie ein Energiefeld um sie herum wahrnehmen. Fasziniert streckte er seine Hand nach ihr aus, doch kam nicht weiter als auf einen halben Meter an sie heran. „Du bist brennend heiß. Aaina, bitte hör auf damit. Egal was du vor hast bitte lass es.“
Sie schüttelte den Kopf. „Ich kann jetzt nicht, bleib bitte weg. Sie ist gleich offen. Nur noch ein Stück.“
Offen? Sie wollte etwas öffnen? Etwa in ihrem Geist, oder was auch immer? Zendo war kein sonderlich gläubiger Kerl. Er glaubte an sein Bier am Abend, an die süßen Lächeln von Mädchen die er ins Bett brachte und daran das Aaina nicht so war wie andere Mädchen, sondern einzigartig. Doch alles das über so etwas hinaus ging wollte er nicht glauben. Seinen ersten Lykaner hatte er mit dreizehn gesehen. Auch wenn es genug von den Anderwesen gab, gab es auch jede menge Menschen, die sich gegen das Übernatürliche wehrten, genauso wie er. Er konnte es nicht ausstehen, zu sehen wie sich ein normaler Mitbürger, plötzlich in ein knurrendes Monster verwandelte. Stinkende vor Dreck triefende Monster die kehlige Laute von sich gaben und nach den Augäpfeln seiner sieben jährigen Schwester schnappten. Oder etwas untotes das sich am Lebenssaft seines Vaters nährte.
Angewidert von den Erinnerungen, zuckt er zusammen und versuchte seine Gedanken zu ordnen.
„Was willst du denn öffnen überhaupt?“ Während er das fragte, zog ein eisiger Windzug über seinen Rücken. Im nächsten Moment wurde er zur Seite gestoßen und vor Aaina auf dem Bett saß ein Kerl.
Zornig kam er hoch und betrachtete die Fee den sie schon einmal getroffen hatten. „Alter! Was suchst du hier. Verschwinde sofort aus meinem Zimmer!“
Er warf ihm einen bösen Blick zu. „Ich heiße Knox, merk dir das. Und wenn du willst dass sie dich nicht grillt mit ihrer Magie, dann halt dein Maul.“ Sein Blick glitt zu Aaina zurück und er rüttelte sie leicht. „Aaina hör jetzt bitte auf damit, jeder Dämon kann in hundert Kilometer deinen Standpunkt ausmachen. Komm schon! Ich bin jetzt hier, Cousinchen.“
Ihre Augen, die nun wieder vollkommen normal waren, gingen auf und sie strahlte ihn so herzzerreißend glücklich und voller Zuneigung an, das Zendo in sich etwas zerreißen fühlte.
Aaina griff mit einer Hand an die Wange von der Fee und streichelte sie sanft. „Du bist doch gekommen. Ich wusste doch das ich das schaffe.“
Knox zog Aaina in eine Umarmung, die Zendo gerne verhindert hätte, doch er blieb stehen wo er war. Sein Blick glitt betroffen weg und fiel auf das offen stehende Fenster. Dieser Mistkerl musste wohl durch das Fenster gekommen sein, doch wie hatte er es von außen geöffnet?
„Ich fange wieder an mich zu erinnern, Knox. Ky hat sich bereits erinnert nur hat sie ihre Türe geöffnet und ist dazu gezwungen in einem Koma zu liegen. Können wir ihr helfen, Knox?“ Sie sah ihn so voller Zuversicht an, dass sich Zendo fragte, was nur los war. Gerade eben, hatten sie noch über ihre Gefühle für einander gesprochen und nun stand er betroffen mitten in seinem Zimmer und wollte einfach nur weg.
„Ich verstehe zwar kein Wort von dem was du sagst, aber kannst du mir vielleicht erklären was ihr in dieser Dimension zu suchen habt? Lelouch hat doch versucht euch zu beschützen und plötzlich wart ihr fort.“
Aaina blickte ihn verständnislos an. „Lelouch... das ist jemand den ich kenne. Warte einen Moment. Er sieht seltsam aus, oder? Er... er ist jemand den ich Liebe, das kann ich fühlen.“
Zendo blickte sie erschrocken an. Einen Kerl den sie liebte? Noch schlimmer konnte es doch überhaupt nicht kommen.
„Er ist dein Bruder, erinnerst du dich überhaupt nicht mehr an ihn?“ Knox hielt ihre Hände in seinen, als befürchtete er, dass sie verschwand, sobald er sie los ließe.
„Mein Bruder? Stimmt. Er ist ja mehr Dämon als Engel. Ich erinnere mich wieder an sein hübsches Gesicht. Ja. Ich sehe ihn nun ganz klar. Nein wir haben anscheinend unsere Erinnerung verloren.“ Mehr Dämon als Engel? Verdammt wovon redeten die da? Wussten die überhaupt wie lächerlich das klang?
„Hm... den Umständen entsprechend, die damals geherrscht haben, kann ich es nachempfinden das euer kindliches denken, sich schützen wollte. Vermutlich habt ihr deshalb alles vergessen.“
„Denkst du so etwas ist möglich?“ Knox legte den Kopf schräg und blickte mit einem alten weißen Gesichtsausdruck zu ihr hinab. „Aber, aber meine kleine. Trotz euren jungen alters damals, ändert es nichts daran, das ihr zur Hälfte Engel, zur anderen Dämon seit mit einer Spur von Menschlichkeit. Bei euch dreien ist einfach alles möglich, wenn ihr es nur zulässt.“
Aaina griff sich an ihr rechtes Auge, das leicht golden pulsierte. „Ich, weiß einfach nicht wie ich darüber denken soll. Mein Gehirn, scheint so langsam zu arbeiten.“
Knox kicherte anzüglich. „Ach, Liebes. Mach dir darüber keine Gedanken. Sobald ihr in eurer Heimat seid, werdet ihr eure natürliche Gestalt wieder haben. Das ihr so menschlich aussieht, liegt an der Dimension in der ihr euch befindet. Hier ist die Magie gleich null. Du wirst es zu Hause dann merken.“
Er zog sie vom Bett auf die Beine und schüttelte seine durchsichtigen hauchdünnen Flügel auf. „Wartet! Was geht hier vor und wo gehst du mit ihr hin?“ Zendo zog Aaina von der Fee weg und stellte sich schützend vor sie.
„Zendo, das brauchst du nicht zu machen. Man kann ihm vertrauen.“ Er warf ihr einen mahnenden Blick zu. So schnell würde er sie nicht mit dem nächst besten verschwinden lassen. „Ich mache das nur für dich. Du kannst doch keinem magischen Wesen vertrauen, das du gerade erst kennen gelernt hast.“
Knox schnaubte abfällig. Im nächsten Moment hing Zendo kopfüber an der Decke und schrie.
„Halt doch den Mund Menschlein. Das geht alleine Engelswesen etwas an. Komm jetzt Aaina.“
Entschuldigend blickte sie zu ihm hoch. Konnte das denn wahr sein? Wie konnte er sich bloß so irren? Seit Monaten konnte er an nichts als an sie denken. Er hatte versucht sie aus seinen Gedanken zu bekommen indem er mit anderen Mädchen herum gemacht hatte und gemein zu ihr gewesen ihr. Und nun... Nun ließ sie ihn hier buchstäblich hängen.
Kaum war Knox mit Aaina aus dem Fenster gesprungen, ließ der Zauber nach und er landete unsanft auf dem Boden. Ein brechendes Geräusch erklang in seinen Ohren, doch es war kein Knochen der in ihm gebrochen war. Es war sein Herz.
Seine drei Wohnungskollegen kamen in den Raum gerannt und brüllten etwas davon, dass die Türe längere Zeit blockiert gewesen war. Entsetzt halfen sie ihm auf und fragten was passiert war. Ja was war denn passiert? „Ist schon in Ordnung.“ Flüsterte er als er auf dem Bett abgesetzt worden war, und sich selbst dort kaum alleine aufrecht halten konnte. „Ich bin äußerlich in Ordnung. Jess leg das Handy weg. Bei mir gibt es nichts zu heilen, das ein Arzt könnte.“
Alle drei Köpfe drehten sich hinüber zum geöffneten Fenster. Sein bester Kumpel Jess riskierte einen Blick hinaus, doch schien nichts mehr zu sehen. Kopfschüttelnd schloss er das Fenster.
„Okay, Jungs. Raus hier. Er braucht jetzt lediglich seinen besten Freund. Abmarsch.“ Er dirigierte die beiden verbliebenen und wenig begeisterten Mitbewohner aus dem Zimmer. Zendo vermutete das sie vor der Türe lauschen würden, doch das war ihm ausnahmsweise einmal egal.
„Ich versteh es nicht. Du bist mit einem echt hübschen und nett wirkenden Mädchen herein gekommen. Danach war über eine Stunde kein Geräusch aus deinem Zimmer zu hören, bloß nur eine große Schreierei und als die Türe endlich aufgeht, sehen wir dich von der Decke fallen.“
Zendo nickte lediglich. „Eigentlich, war es das auch schon. Mehr ist eigentlich nicht passiert.“
Sein bester Freund legte den Kopf schräg und ließ sich neben ihn auf das Bett fallen. „Kumpel, das war ein >eigentlich< zu viel. Erzähl schon. Schlimmer als schlechter Sex kann es ja nicht gewesen sein.“ Witzelte er und Zendo fühlte ein Lächeln auf seinen Lippen. Jedoch witzig konnte er es nicht finden. Jess sah das anscheinend auch und wurde wieder ernst.
„Okay, komm schon. Wir müssen ja kein Girlytalk über deine Gefühle führen, aber ich sehe dir doch an, dass etwas passiert ist. Erzähl mir davon.“
„Das Mädchen, sie heißt Aaina.“
„Oh, ein Name an den du dich erinnerst. Scheint ja ernst zu sein, erzähl weiter.“ Zendo warf ihm einen wütenden Gesichtsausdruck zu. Jess Worte waren vollkommen unpassend. Trotzdem sprach er weiter. „Ich kenne sie aus dem Nationalpark in dem ich immer arbeite. Eigentlich hasse ich den Job, doch... alleine sie zu sehen an einem Tag, reicht aus, das ich unbedingt wieder hin will. Am Anfang dachte ich, das ich sie nur spannend fand, da sie mich so fürchterlich ankotzte. Sie ist so ein Typ Mädchen, das süß und fleißig ist, doch in der Birne nicht viel hat und schüchtern ist. Aber je mehr ich sie genervt habe, umso mehr konnte ich sie verstehen und mochte sie. Dann als sie diesen schrecklichen Überfall hatte... ich dachte...“
Zendo kämpfte gegen die Tränen an und Jess legte ihm mitfühlend eine Hand auf die Schulter. „Du dachtest, du verlierst sie?“ Zendo durchzuckte ein stechender Schmerz des Verlustes. Wie konnte man nur so viel für jemanden empfinden? „Ich habe schon meine kleine Schwester und meinen Vater an die Magie verloren. Ich wusste nicht das ich mich bereits in sie verliebt hatte, als ich zufällig ans Telefon ging und den Anruf von Pearce entgegen nahm. Er schrie ganz panisch ins Telefon, das etwas nicht mit Darts stimmte und das sie irgendwo mit Aaina im Park herum irrte oder so ähnlich. Kurz darauf wurden wir von Luke geholt und wir folgten dem GPS von Darts Handy. Wir fanden die Mädchen total erfroren und vollkommen erschöpft mitten im Wald. Ich habe so etwas schon lange nicht mehr empfunden, Jess. Ich dachte sie würde sterben. Als sie am nächsten Tag völlig genesen im Krankenbett lag und mir niemand erklären konnte, was passiert war, hielt ich es für ein Geschenk. Aber jetzt... es ist wieder Magie. Verdammte Scheiße. Es ist immer die Magie. Ich wünschte sie würde einfach nicht existieren.“
Nun brachen ihm doch die Tränen heraus und er konnte nicht anders, als sich ins Bett zu legen und zu warten bis Jess endlich ging.
Seine Schwester von Dämonen gestohlen, sein Vater in einen verdammten untoten Vampir verwandelt und nun nahm eine Fee ihm das einzige weg, für das er endlich wieder etwas fühlte. Verdammt dagegen musste er doch etwas tun, oder?
Darts... vielleicht konnte sie helfen....
Kyligh saß abermals in ihrem Bett und lächelte Aaina herzlich an, als sie mit einem menschlich aussehenden Knox ins Zimmer kam. Sofort fiel sie ihnen um den Hals und schluchzte los. „Endlich! Ich dachte schon wir würden dich verpassen.“ Knox drückte ihr einen Kuss auf die Stirn und war selbst den Tränen nahe. „Und ich dachte, ich würde euch niemals finden. Es tut so gut euch endlich wieder im Arm zu halten, Mädels.“
Kichernd umarmten sie ihren Cousin fester. Als sie sich voneinander lösten, wischte er sich unauffällig eine Träne aus dem Gesicht. „Also gut. Genug jetzt. Wir müssen überlegen, wie wir zurück kommen.“
„Das braucht ihr nicht. Inkaras ist dir die ganze Zeit über gefolgt. Ich bringe euch selbstverständlich persönlich wieder zurück.“
Inkaras? Kyligh und Aaina blickte gleichzeitig zu einem seltsam aussehenden Mann, der wie ein Held in glänzender Rüstung vor ihnen stand. Staunend blickten sie ihn genauer an und ihnen viel der Unterkiefer herab.
„Lelouch!“ Schrien die Mädchen gleichzeitig und fielen ihrem jüngeren Bruder um den Hals. „Wie hast du uns gefunden?“ Etwas verwirrt tätschelte er ihre Köpfe und schob sie wieder von sich. Nachdem er seine Kleidung wieder gerichtet hatte, antwortete er. „Das, meine Lieben Schwestern ist Inkaras. Vater hat mir geholfen sie zu erschaffen. Sie kann ohne Probleme durch die Dimensionen wandern. Jedoch ist sie kein lebendes Wesen, also schenkt ihr nicht allzu viel Beachtung.“
Inkaras verbeugte sich höflich, doch wirkte etwas steif dabei. „Mein Meister spricht die Wahrheit. Ich bin ein magisch erschaffenes Transportmittel, genehmigt von dem großen Erzengel Gabriel, für die Auffindung der Schwestern von Meister Lelouch und dem auf ihren rechtmäßigen Platz zurück zuführen.“ Sobald sie geendet hatte zu sprechen, wirkte sie wieder starr wie eine Puppe.
Aaina trat ganz nahe an sie heran und stupste sie an der Wange an. Sie fühlte sich völlig echt an, doch war ziemlich kalt.
„Bitte unterlassen Sie das Hochwohlgeborene Nachfahrin des gestürzten Engels Ezraela. Ich bin lediglich ein Transportmittel und nicht für näheren Kontakt geeignet.“
Aaina zuckte erschrocken zurück doch belächelte das Verhalten von Inkaras.
„Es tut mir leid, wenn sie dich erschreckt, kleine Aaina. Sie ist etwas gewöhnungsbedürftig.“
Aaina winkte lächelnd ab. Als könnte sie so etwas noch schockieren. „Schon gut. Ich finde sie toll. Aber denkst du nicht, wir sollten uns zu aller erst verabschieden? Immerhin haben wir eine lange Zeit hier verbracht und sie werden uns sicher suchen, wenn wir einfach so verschwinden.“
Nun war es Knox der abwinkte. „Nicht nötig. Da ihr aus Versehen in die Zukunft gereist seid, als ihr transferiert wurdet und somit gestrandet seid, werdet ihr, wenn ihr abermals durch die Dimension schreitet, wieder in eure Zeit gesogen und somit vergessen sie euch sofort, als währt ihr niemals da gewesen.“ Knox sagte das so, als wäre es völlig normal für ihn.
„Wie kannst du dabei so lässig bleiben? Denkst du nicht das uns die Leute hier etwas bedeuten?“ Kyligh war völlig rot vor Zorn im Gesicht. Aaina konnte es nur zugut nachempfinden.
„Das ist doch lächerlich. Ihr habt hier beinahe siebzehn Jahre als Menschen verschwendet. Bei uns drüben geht es drunter und drüber. Nur weil hier beinahe keine Magie mehr existiert und kaum Dämonen herumgeistern, denkt ihr wirklich das alles Friede, Freude, Eierkuchen ist?“ Lelouch wirkte, als würde er jeden Moment aus der Haut fahren.
Knox stellte sich zwischen die sich wütend an funkelnden Geschwister. „Okay, ganz ruhig jetzt. Immerhin seid ihr alle drei an dieser dummen Situation schuld. Ich schlage vor, ihr sagt mir wen wir her bringen sollen und dann gehen wir sofort los. Klingt das in Ordnung?“
Kyligh verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust, doch Aaina war es die Antwortete. „Nein. Ich bin die älteste, auch wenn ich am jüngsten wirke. Also entscheide ich, dass ihr uns zuerst zu unseren Familien bringt und dann treffen wir uns bei mir im Wildpark. Dort kann am wenigsten sein. Und dort haben wir auch keine Zeugen.“
Inkaras streckte zustimmend den Arm nach Aaina aus. Sie ergriff ihn sofort und fühlte schon wie sie verschwand und an einem anderen Ort wieder auftauchte.
Kyligh besah noch für einen Moment skeptisch den Punkt an dem Aaina verschwunden war und schüttelte seufzend den Kopf. Im Nächsten Moment stand Inkaras vor ihr und transportierte sie in das Wohnzimmer ihrer geschockt aussehenden Großeltern. „Omi! Opi!“ Überglücklich die beiden noch einmal zu sehen fiel sie ihnen um den Hals. Die Großeltern jedoch, wussten nicht wie sie auf das seltsame Roboterähnliche Geschöpf reagieren sollten, das vor ihnen stand.
„Kindchen? Was ist denn los? Woher kommst du so plötzlich.“
Kyligh fühlte wie sich Tränen in ihren Augen bildete, als sie auf das ältere Paar hinab blickte. „Ich kann es nicht vollkommen erklären, aber ich versichere euch das alles in Ordnung ist. Hört mir jetzt ganz genau zu.“ Sie kniete sich vor ihre Großeltern und legte beiden jeweils eine Hand auf deren faltigen Wangen.
Aaina blickte erstaunt in die warmen braunen Augen ihres Ziehvaters. „Daddy....“ Murmelte sie, bevor ihr Tränen in die Augen standen und sie ihm um den Hals fiel. Verwirrt über ihr Verhalten und das sie >Daddy< zu ihm sagte, fing er das kleine Mädchen auf, das er schon seit siebzehn Jahren hütete wie seinen Augapfel.
„Aaina? Kleines, was ist denn los?“ Zärtlich strich er über ihren Rücken und sprach tröstende Worte auf sie ein. Aaina, die kein einziges Wort über die Lippen brachte, sondern damit beschäftigt war unter Tränen einen einzigen klaren Gedanken zu finden.
Als sie nach mehreren Minuten endlich aufhören konnte am ganzen Leib zu zittern, blickte sie abermals auf und konnte den panischen Blick von Luke verstehen.
„Schau nicht so, es ist nichts Schlimmes passiert. Es... es gibt nur etwas das du wissen musst. Ich muss weg gehen.“
„Was meinst du mit >weg gehen
„Ich finde es zwar nicht gut, dir das alles nur so grob zu sagen, doch es werden gleich Freunde von mir kommen. Ich schwöre dir, das ich erst seit wenigen Tagen über mich selbst Bescheid weiß und noch nicht alles so vollkommen klar ist, aber... Ich bin kein gewöhnlicher Mensch.“
„Meinst du etwa, das du so bist wie ich? Oder wie ein Vampir? Das ist in Ordnung, Liebes. Du musst deswegen nicht...“
„Es ist nicht deswegen, nicht vollkommen. Ich wünschte ja das ich bleiben könnte, aber du weißt doch das ich Adoptiert bin. Deine Schwester hat mich eines Tages adoptiert und ist kurz darauf gestorben. Das ist ein Jojoeffekt. Ich bin mit meiner Schwester, Kyligh, du kennst sie unter Darts, durch ein Dramatisches Ereignis aus Versehen in ein Paralleluniversum gereist. Mehr oder weniger, wir verstehen es auch nicht so ganz. Auf alle Fälle wollte unser Bruder, ja ich habe noch einen jüngeren Bruder, uns in eine andere Parallele schicken um uns zu beschützen, doch zeitgleich haben wir eine Zeitreise begonnen und eines kam zum anderen. Und es ist nun mal so, dass, ein Körper gehen muss wenn ein anderer kommt. Nur Seelen können so reisen, ohne jemanden zu töten, doch wir sind mit unseren Körpern gereist. Das heißt ich bin schuld daran, dass deine Schwester gestorben ist. Aber ich schwöre, das wollte ich nicht. Ich schwöre das sich alles ändern wird. Ich schwöre auf mein Leben, das sich alles ändern wird. Du wirst glücklich werden. Du wirst...“Luke rieb sich die Schläfen und konnte kaum noch ein einziges Wort verstehen. Nur ein einziger Satz blieb in seinem verwirrten Kopf hängen. „Du wirst gehen?“
Sie blickte ihn voller Zuneigung an. „Ja. Ich werde gehen. Du wirst mich vergessen, versprochen. Du wirst auch dieses Gespräch vergessen, meine Worte, meine Liebe zu dir. Du hast mich siebzehn Jahre erzogen. Du bist mein Vater, egal was meine Herkunft sagt. Und ich wünsche dir nur eines.“
Sie legte zärtlich ihre Hände an seine Schläfen und hauchte ihm einen Kuss auf die Wangen, bevor sie sich zu seinem Ohr hinauf lehnte und leise zu flüstern begann. „Ich werde gleich bis drei Zählen. Wenn ich fertig gezählt habe, wirst du aufstehen, in dein Zimmer gehen. Dich in deinen Schlafanzug werfen und schlafen. Du bist so unglaublich müde, dass du dich an nichts erinnern wirst. Du hast schon immer alleine gelebt. Du hast mich niemals geliebt, niemals gekannt und du würdest mich nicht einmal auf einer öffentlichen Straße erkennen.“
Aaina zog sich zurück und fing an zu zählen. „Eins...“ In ihrem Herz ertönte ein gefährliches Geräusch, das nach dem zerbrechen ihrer Gefühle klang.„Zwei...“ Sie ging zur Türe zurück und konnte kaum noch ruhig Atmen. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals und ein Kloß bildete sich, sodass ihr das letzte Wort nur stotternd über die Lippen kam.
„D.r.e.i...“ Luke erhob sich aus seinem Stuhl und ging in sein Schlafzimmer.
Als sie die Türe hinter sich schloss, entwand sich ihrem Hals ein so lauter Schrei, dass Vögel verängstigt auf flogen. Gepackt von plötzlicher Schwäche brach sie auf dem Boden zusammen und konnte die Tränen nicht stoppen die sich abermals ihren Weg ihre Wange hinter bahnten. Eisige Klauen schlangen sich um ihre Lunge und erschwerten ihr das Atmen. Gepeinigt vom Schmerz des Verlustes, merkte sie nicht wie die Zeit verging und jemand sanft ihre Schulter berührte.
Kyligh sah genauso aus wie sich Aaina fühlte. Beide fielen sich in den Arm und spendeten sich gegenseitig Trost. Sie beide hatten ein gesamtes Leben verloren. Es waren zwar nur siebzehn Jahre von einem Unendlichen Leben, doch schmerzte es genauso wie vor wenigen Jahren, als sie ihre Mutter verloren hatten. Der Schmerz saß so tief in ihren Herzen, das sie kein Wort mehr sprechen wollten.
Nicht einmal als Knox fragte, ob sie bereit seien. Die beiden saßen einfach nebeneinander auf der Stiege und verarbeiten gemeinsam langsam das was sie im Begriff waren zu tun. Sie löschten ihre Existenz aus. Sie verabschiedeten sich von Menschen die sie liebten und gingen in ein Leben, das das ihre bedrohte. Aber sie mussten zurück. Beide wussten sie hätten die Aufgabe die Welten zu retten. Tausende Engel, gefallen um Dämonen zu täuschen und einen ewigen Krieg zu beenden. Und nun stand wieder ein neuer Krieg direkt vor ihren Toren. Und wer könnte besser einen Krieg verhindern, als Kinder die von beiden Seiten etwas in sich trugen. Manche mehr, manche weniger. Engel und Dämon vereint in einem Körper. In einer Familie.
Aainas Gedanken sprangen zu den spöttisch verzogenen Lächeln von Zendo. Der Kerl der sie auf die Palme brachte und den sie hasste, auch wenn er sie wie magisch anzog. Kylighs Gedanken sprangen ebenfalls zu ihrem besten Freund. Ihrem Weggefährten, der schon seit sie in diese Dimension gekommen ist immer an ihrer Seite war. Den sie mehr vertraute als sonst jemanden, der sie mehr verstand als das sie wahr haben wollte. Den sie mehr Liebte, als das sie jemals bemerkt hatte.
Inkaras, hielt den beiden Mädchen jeweils eine Hand hin, die sie beide nur zögerlich ergriffen. Eine Hand die nun alles ändern würde. Beide aus ihrem kurzfristigen ruhigen Leben reißen würde. Sie würden nun in die harte Realität zurück gehen. An der Seite ihres Bruders, von dem sie bisher kaum etwas gehabt hatten. Derjenige der so viel älter wirkte, als das er in Wirklichkeit war.
Und plötzlich fiel es ihnen nicht mehr so schwer. Die anderen würden sie zwar jetzt vergessen, doch sie beide würden sich ewig erinnern. Und eines Tages vielleicht... Vielleicht würden sie eines Tages einmal zurück blicken und voller Freude sagen, wie schön es ist sie alle wieder zu sehen.
- - Ende Teil 3 - -
Tag der Veröffentlichung: 24.05.2014
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