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Kapitel 1




„Ach Mist.“, murmelte Kate, als sie sich den Schmutz von der Wange wischte. Ich saß auf dem Wannenrand und sah ihr dabei zu. „Halb so schlimm, Kate. Mach dich nicht verrückt“, doch mein guter Zuspruch, schien ihr nicht zu helfen.
„Mensch, ich hätte sie retten müssen, auch wenn ich sie nicht leiden konnte… Sie war eine gute Mitschülerin, Meggy.“ Ich schüttelte den Kopf, „Du konntest aber nicht viel machen und jetzt hör auf dir Vorwürfe zu machen. Weder ich noch du haben Erfolg, wenn du jetzt die ganze Zeit mies drauf bist, nur weil sie von einer Horde Vampiren erledigt wurde.“ Ich holte tief Luft.
„Du hast Recht.“, erwiderte Kate und stellte sich auf, „Dann lass uns mal das Böse bekämpfen.“ Ihre Augen blitzten und ich lächelte ihr zu, „So will ich dich sehen, Kate.“

Kate und ich waren beste Freundinnen, seit über 100 Jahren. Wir waren beide keine Menschen. Also, keine richtigen Menschen. Unser Herz schlug, doch es schlug nur, damit wir in der Gesellschaft nicht auffielen und damit Vampire, Ghule, Gestaltenwandler und andere, für Menschen unrealistische Gestalten, uns nicht gleich erkannten. Wir waren auch keine Halbvampire. Es gab keinen genauen Begriff für uns, doch wir nannten uns einfach die Unsterblichen. Jeder von uns hatte eine Fähigkeit und wir wurden auf die Welt geschickt, damit wir alle Unholde vernichteten. Eigentlich war unser zu Hause gar nicht im menschlichen Sonnensystem, doch wurde man einmal auf die Reise geschickt, kam man nie mehr nach Hause zurück.
So lebten Kate und ich seit 63 Jahren auf der Erde. Wir sahen sicherlich für die Menschen aus wie Jugendliche, da wir in einen anderen Körper gesteckt wurden, als wir auf dem Weg zum blauen Planeten waren. Ich war 1,70m groß und hatte dunkelblondes Haar. Meine Augen waren dunkelblau, aber nur so lange bis ich meine Fähigkeit einsetzte – das Kontrollieren von allen Lebewesen. Dann wurden sie weiß. Das ist sicher schwer vorstellbar und sieht auch nicht schick aus, aber ich konnte somit über alles entscheiden, was ein Lebewesen tat, wenn ich es berührte. Wenn ich wollte, konnte ich seine Gedanken lesen und ich konnte auch über Leben und Tod von ihm entscheiden. Kate war das totale Gegenteil von mir.
Sie hatte dunkles Haar und dunkle Augen, sie war 5cm größer als ich und auch ihre Fähigkeit war eine Andere. Sie konnte Gegenstände durch Willenskraft bewegen und ihr Blut konnte alle Lebewesen heilen, also Menschen, Tiere, Pflanzen und alle, die nicht den natürlichen Tod starben. Zusammen waren wir das perfekte Team und der hohe Rat der Unsterblichen hatte uns sicher nicht mit Zufall mit diesen Fähigkeiten bestückt. Schließlich waren wir perfekt aufeinander abgestimmt … ich kontrollierte die Verbrecher, brachte sie dazu, dass sie ihre Tat gestanden und ließ sie sterben, während Kate die Opfer wieder gesunden ließ und es schaffte, durch Willenskraft wieder alle Gegenstände an den rechten Ort zu rücken.
Danach löschten wir beide das Gedächtnis der Opfer. Dies war eine Fähigkeit, die jeder Unsterbliche hatte. Irgendwo mussten wir uns schließlich auch ähneln. Auch in unseren Essgewohnheiten waren wir alle gleich. Wir tranken Tierblut. Menschenblut oder untotes Blut schmeckte uns einfach nicht … genau so wenig wie Menschennahrung, doch wir aßen sie trotzdem manchmal, da wir schließlich normal wirken wollten. Das meiste Zeug schmeckte nach nichts für uns, doch ein paar Kleinigkeiten konnte ich mittlerweile auch schon genießen.

„Hast du irgendwelche Infos über die Vampire?“, ich kratzte mich am Kopf, während ich die Treppe hinunter lief. „Nein.“, antwortete Kate, die dicht hinter mir lief, „Leider, wir müssen den hohen Rat fragen, ob sie uns die Erlaubnis geben, die Gruppe zu beschatten … vorher können wir eh nichts machen. Das weißt du doch selber, oder?“
Ich nickte. Der hohe Rat musste bei allen Entscheidungen gefragt werden. Fragte man ihn nicht, dann konnte man aus der Sippe der Unsterblichen verstoßen werden und es zeigte sich unser wahres Gesicht. Das war etwas Gruseliges. Niemand wollte das richtige Gesicht eines Unsterblichen sehen. Wir waren grässliche Gestalten und viele von uns waren froh, wenn sie ihre menschliche Schale bekamen. Eine zweite Strafe war, dass man auf ewig im Firmament fest hing. Man konnte sich nur durch ein Rätsel, welches eine so schwere Lösung hatte, dass man es kaum schaffte zu lösen, befreien. Und wie gesagt, das war fast unmöglich, da das Rätsel so schwer war. „Natürlich weiß ich das selber.“, ich stemmte die Arme in die Hüfte, „Ich bin ja nicht blöd. Und jetzt lass uns nachfragen gehen.“ Ich lief in Richtung der Garage. Niemand wusste, dass es sich bei unserer Garage nicht um eine normale Garage handelte. In ihr war eine Kapsel, die uns mit dem hohen Rat der Unsterblichen verband. Natürlich war sie durch viele Sicherheitssysteme gesichert, so dass wirklich nur Kate und ich Zutritt zu ihr hatten.

Nach der Sicherheitskontrolle machten wir es uns auf den Sesseln bequem und schalteten die Gerätschaften ein. „Hier sind Kate und Meggy vom blauen Planeten. Wir würden gerne mit dem hohen Rat der Unsterblichen wegen einer Entscheidungsfrage in Verbindung gesetzt werden.“, sprach ich ins Mikrofon und eine Computerstimme sprach, „Warten Sie einen Moment, ich werde Sie mit Alfons verbinden.“
Alfons war so was wie der König unserer Sippe und der Anführer der Erdmission. Ich schaltete die Kameras an, damit man uns sehen konnte.
„Hallo Kate und Meggy.“, meldete sich Alfons und setzte sich vor die Kamera. Er hatte sein Menschenkostüm angezogen, um uns nicht zu erschrecken.
„Hallo Alfons.“, lächelte Kate und kam gleich zur Sache, „Wir mussten gestern Unruhen feststellen, die von einer Horde Vampiren ausgingen. Sie haben sich zu fünft an einem unschuldigen Mädchen vergriffen, sie vergewaltigt und Meggy war nicht im Stande sie wiederzubeleben. Die Vampire haben auch von dem Mädchen getrunken. Vielleicht war das das Problem, weswegen Meggys Kräfte nichts ausrichten konnten. Wir waren zu spät vor Ort, da wir noch im Unterricht saßen. Unsere Frage ist, ob wir die Verfolgung der Vampire aufnehmen dürfen und sie zur Strecke bringen können?!“
Alfons schmunzelte, „Ihr habt meine Erlaubnis, aber ich bitte euch vorsichtig zu sein. Wenn ihr sagt eine Horde, dann waren es sicher noch mehr, als die fünf Vampire die das Mädchen erledigt hatten.“
„Es waren mehr, Alfons.“, ich verschränkte meine Arme auf meinen Oberschenkeln, „Es waren viel mehr.“ Er runzelte die Stirn, „Ich denke trotzdem, dass ihr sie erledigen werdet. Ihr seid die beiden stärksten Unsterblichen auf der Erde.“ Kate lächelte, „Danke, Alfons. Aber wie viele von uns bewegen sich denn gerade hier?“
„Insgesamt seid ihr 1354 Unsterbliche über alle Kontinente verteilt, aber es reicht noch nicht aus. Allerdings ist hier oben gerade niemand, dem man eine Erdmission zuteilen kann, deshalb schicke ich alle auf andere Planeten in dem menschlichen Sonnensystem, um Gesteinsproben zu holen, oder in andere Galaxien. Frauen und Männer müssen täglich neue Unsterbliche produzieren, damit auf Erden bald mal Verstärkung eintreffen kann.“, Alfons holte tief Luft, er schien nicht zufrieden mit der Entwicklung unserer Rasse zu sein.
„Alles wendet sich zum Guten, Alfons.“, murmelte ich und lächelte ihm zu. Er nickte zustimmend, „Ich weiß, Meggy und ihr zwei seid mir dabei eine große Hilfe, wenn nicht sogar die Größte. Ohne euch wäre Mission Erde nie zustande gekommen. Ich bin so stolz darauf, das ihr zu meinem Team gehört.“ Mit diesen Worten beendete er das Gespräch und kappte die Leitung.

Kapitel 2




Kate und ich packten gerade unsere Schulsachen zusammen. Unser Leben musste schließlich wie ganz normale Jugendliche wirken. „Kate, hast du meine Federmappe gesehen?“, fragte ich sie, während ich mein Hausaufgabenheft in die Tasche steckte.
„Vorhin lag sie doch noch unten, oder?“, Kate stellte ihre fertig gepackte Tasche in den Hausflur. Ich überlegte kurz und dann fiel mir auch wieder ein, wo ich die Federmappe gelassen hatte, „Danke, Kate.“ Ich rannte die Treppe hinunter, in die Küche und da lag sie tatsächlich. Hm, dachte ich, du wirst auch nicht jünger. Dann lief ich wieder nach oben. „Wollen wir nachher noch weggehen? Mit den Recherchen können wir ja morgen anfangen.“, fragte mich Kate, die in ihre Tür gelehnt stand.
„Klar.“, lächelte ich ihr zu, „Aber ich muss mich noch fertig machen, so gehe ich sicher nicht.“ Kate nickte, „Ich doch auch nur.“ Dann lachten wir.

Nachdem ich mir ein dezentes Make-up aufgetragen hatte, tuschte ich meine Wimpern und versuchte nebenbei meine Haare zu föhnen. Leider war das schwieriger, als ich erwartet hatte. Mit der linken Hand hielt ich den Föhn, in der Rechten die Wimperntusche. Warum kann ich bei so was denn nicht Multitaskingfähig sein, meckerte ich innerlich. Das musste doch auch gehen, oder nicht? Ich musste mich beeilen, schließlich konnten Kate und ich nicht all zu lange unterwegs sein, da wir am nächsten Tag um 7 Uhr aufstehen mussten. Auch Unsterbliche brauchten ab und zu mal ihren Schlaf.
„Meggy, wie weit bist du?“, rief Kate ungeduldig die Treppe hoch. Konnte sie sich nicht noch ein wenig gedulden? „Noch einen Moment!“, gab ich zurück, „Ich muss nur noch meine Haare föhnen und mich umziehen, dann können wir los.“ Kate murmelte etwas wie, „Lahme Schnecke“, aber ich verstand sie nicht genau. Ein Lachen verließ meinen Mund und ich hetzte in mein Zimmer. Immer dieser Zeitdruck, fluchte ich innerlich und versuchte mich in eine Röhrenjeans zu zwängen. Ich hüpfte zweimal in die Luft, wackelte mit den Beinen und verschloss den Knopf. Dann zog ich einen Gürtel durch die Gürtelschlaufen, schloss die Gürtelschnalle und öffnete hektisch meinen Kleiderschrank. Ich schnappte ein dunkelblaues, weites Oberteil, ein weißes Tuch mit Fransen und eine lange silberne Kette mit einem großen Anhänger.
„Meggy“, schrie Kate, die jetzt eindeutig genervt war. Geduld war noch nie ihre Stärke gewesen. Ich schnaubte, „Bin ja gleich fertig.“ Dann zog ich das Oberteil über, band mir das Tuch um und hing mir die Kette um den Hals. Ich atmete einmal lang aus und rief dann, „Wir können los.“
Ich griff nach meiner Sommerjacke, die am Kleiderständer hinter der Zimmertür hing, und lief so schnell ich konnte die Treppe nach unten.
„Endlich“, meckerte Kate, aber weniger böse als froh. Ich zwinkerte ihr lächelnd zu und sie konnte sich ein Auflachen nicht verkneifen. Dann nahm ich mir meine Tasche, welche neben dem Sideboard im Eingangsbereich stand und öffnete die Haustür.

Nachdem wir uns für ein nettes Cafe entschieden hatten, machten wir es uns an einem runden Tisch mit zwei gemütlichen Sesseln bequem. Kate bestellte einen Vanillekaffe und ein Stück Erdbeertorte, während ich mich für einen heiße Schokolade und ein Stück Mohnkuchen entschied. Mohnkuchen war eigentlich nicht mein Lieblingskuchen, doch der Schokoladenkuchen war leider aus.
„Alfons sah vorhin nicht glücklich aus“, bemerkte ich, während ich mich anlehnte. Ich kannte Alfons schon lange und somit waren mir alle seine Gefühlsstadien bekannt, auch wenn er nicht in Menschengestalt war, wussten Kate und ich, wie es ihm ging.
„Nein“, gab mir Kate Recht, „Nicht wirklich. Ich glaube ihn nimmt die Geschichte mit Isabelle immer noch ziemlich mit.“ Isabelle war ein Mensch. Sie lebte vor knapp hundert Jahren. Sie war geboren, um zu sterben. Eine Reihe Kopfgeldjäger hatte es auf sie abgesehen. Alfons erfuhr es durch die ersten Unsterblichen, die er probeweise zur Erde geschickt hatte. Sie zeigten ihm Videoaufnahmen, auf welchen er Isabelle sah. Er verliebte sich sofort in sie. Er schickte so viele Unsterbliche, wie er konnte auf die Erde, um Isabelle zu schützen, doch leider war keiner der Unsterblichen gut ausgebildet und so konnten die Kopfgeldjäger Isabelle töten. Seit dies passiert war, schwor sich Alfons alle gutmütigen Menschen vor dem Bösen zu schützen. Alfons hatte Isabelle nie persönlich kennengelernt, sondern sich nur in ihre äußere Hülle verliebt. Es war irgendwie romantisch, aber irgendwie verstand ich nicht, wieso er nicht einfach loslassen konnte. Gab es so tiefe Gefühle wirklich? Ich meine, er hatte Isabelle ja nie persönlich kennengelernt.
Ich selbst war zu Isabelles Beerdigung. Es war der Tag, an welchem Kate und ich auf die Erde geschickt worden waren. Wir waren die besten Unsterblichen zu dieser Zeit und konnten die Kopfgeldjäger finden, die es auf Isabelle abgesehen hatten. Auch zur Strecke bringen konnten wir sie und so waren wir Alfons sehr ans Herz gewachsen.
„Er kann aber nicht sein ganzes Leben lang nur trauern, Kate“, ich schüttelte den Kopf, „Ich finde unseren Job gut und auch alles was wir von ihm haben finde ich toll, aber ich kann mir Alfons einfach nicht so anschauen. Er tut mir so Leid, aber Isabelle ist jetzt schon 63 Jahre lang tot.“
Kate nickte zustimmend. In diesem Punkt waren wir uns also einig. Vielleicht mussten wir Alfons irgendwie aufmuntern oder ablenken. Er musste doch irgendwie auf andere Gedanken zu bringen sein?!

Ich musste zur Toilette und so entschuldigte ich mich bei Kate und machte mich gedankenverloren auf den Weg. Auf der Toilette angekommen, erledigte ich das, was zu erledigen war und trat dann vor den Spiegel. In meinem Kopf schwirrte nur eine Frage: Wie konnte man so verliebt sein, dass es nie mehr aufhörte?
Ich verstand Alfons einfach nicht. Ich wollte es auch nicht verstehen. Meiner Meinung nach funktionierte das einfach nicht. Irgendwann mussten Gefühle doch einfach schwinden. Ich schüttelte den Kopf und richtete noch einmal meine Haare und mein Make-up. Das Zeug musste auch immer verwischen. Als ich fertig war, verließ ich die Toilette und mein Blick haftete sich auf den Boden. Ich lief schnurstracks zurück an den Tisch, an welchem Kate auf mich wartete und ihr Stück Torte verspeiste, wollte ich zumindest.
Doch dann knallte ich unsanft gegen etwas. Mein Blick kreuzte den Blick von zwei blauen Augen, zu welchen ein gutaussehender Typ gehörte. Warum musste ich gleich wieder so denken? Ich konnte mich gerade selbst ohrfeigen.
Im gleichen Augenblick schauten wir uns an und sagten, „Es tut mir…“
Er lächelte, als ich aufhörte zu sprechen, „Leid.“ Dann zwinkerte er und ich lief rot an. Wieso musste der Typ auch so verdammt gut aussehen? Er war einfach…atemberaubend hübsch. Mensch! Nicht schon wieder dieser Gedanke. „Ähm, mir auch.“, murmelte ich und mein Kopf fixierte ruckartig wieder den Boden. Beruhige dich Meggy, das ist nur ein Typ. Es gibt genug Typen die gut aussehen.
„Ich bin Dean“, lächelte er mich an, während ich gar nicht wieder in seine blauen Augen schauen wollte. „Meggy“, machte ich es kurz und blickte für einen Augenblick zu ihm rauf. Dean war ganz schön groß und muskulös und er hatte ein wahnsinnig hübsches Gesicht. Seine braunen Haare baten einen unwiderstehlichen Kontrast zu seinen blauen Augen. Ich musste schlucken, um nicht anzufangen zu sabbern und wurde gleich wieder rot. Waren wir denn hier in einer Teenie-Kitsch-Komödie? Dean lächelte nur. Er streckte mir seine große Hand hin und lächelte bezaubernd, „Vielleicht sehen wir uns mal wieder, Meggy.“
Ich nickte, „V- Vielleicht“, und ergriff seine Hand. Dann warf ich ihm ein schiefes Lächeln zu. Mein Gott, ich benahm mich wirklich wie ein Teenager.
„Bis bald“, hauchte er und küsste meine Wange. Wieder spürte ich das Blut in meinen Kopf steigen. Meggy, reiß dich zusammen. Ich kniff die Augen zusammen. Dean begab sich zu seinen Freunden, mit welchen er anscheinend das Cafe betreten hatte, und ich lief kopfschüttelnd zu Kate.
„Was war das denn eben“, flüsterte ich zu mir selbst, während ich Kates lachendes Gesicht betrachtete. „Wie alt bist du, Meggy“, fragte sie mich, als ich mich kopfschüttelnd setzte. „Frag nicht.“, ich griff zu der heißen Schokolade, „Das war einfach nur demütigend und peinlich.“
„Er sah ja auch gut aus, ich versteh dich schon“, erwiderte Kate. Ich nickte, „Irgendwie viel zu gut, meinst du nicht?“ Ich rührte in dem Rest meiner Schokolade und trank sie danach aus. Den Mohnkuchen wollte ich jetzt nicht mehr essen, mir hatte es den Appetit verschlagen. Ich fühlte mich total unwohl. Das funktionierte so einfach nicht.
„Lass uns zahlen und dann gehen wir wieder nach Hause. Heute ist anscheinend nicht so dein Tag“, stupste mich Kate an. „Okay“, murmelte ich etwas unverständlich. Kate rief den Kellner und wir zahlten. So schnell es ging, warf ich mir meine Jacke über und wollte den Laden verlassen, während ich mit dem Gedanken rang, Dean noch einmal anzuschauen. Sollte ich es machen? Was wenn er auch herguckt? Ich muss es einfach machen. Ein unauffälliger Blick würde doch nicht schlimm sein, oder doch? Ich schaute zu Kate, die gerade noch mit ihrem Reißverschluss der Jacke kämpfte. Dann drehte ich mich um und Dean…schaute mir direkt in die Augen. Mist! Ich hätte halt doch nicht gucken sollen. Dann spürte ich wieder das Blut in meinen Wangen und hörte ein Lachen aus der Richtung, wo Dean mit seinen Freunden saß. Ich atmete tief ein und aus, griff nach Kates Ärmel und zog sie aus dem Geschäft.
„Hey“, meckerte diese. Aber das war mir egal. Es war einfach nur total peinlich, wie ich mich verhalten hatte.

Kapitel 3




Zu Hause verkroch ich mich sofort in meinem Zimmer und legte mich auf mein Bett. Mein Kopf versank im Kissen und ich wollte am liebsten die ganzen Peinlichkeiten vergessen. So was konnte auch wieder nur dir passieren, tadelte ich mich selbst. Am liebsten wollte ich irgendwas kaputt schlagen, doch die Gegenstände in meinem Zimmer konnten auch nichts dafür, dass ich die Blamage in Person war. Ein lauter Schrei entfuhr mir, weil ich mal gelesen hatte, dass es einem besser geht, wenn man schreit, doch ich fühlte mich danach noch genau so peinlich berührt wie vorher.
„Mist“, murmelte ich, verließ mein Zimmer wieder und ließ es mir nicht nehmen die Tür zu zuknallen. Auch wenn das nicht wirklich etwas brachte, das wusste ich ja selbst.
„Kate“, rief ich leicht verzweifelt, weil ich meine Gedanken nicht abwenden konnte, „Wir sollten jetzt mit den Recherchen anfangen, ich will mich ablenken. Sofort!“ Ich hörte ein lautes Lachen von Kate, „Ist okay, Schätzchen. Komm ins Wohnzimmer und dann können wir gleich anfangen.“
Puh, zumindest ließ mich Kate nie hängen. Das konnte man ihr wirklich gutschreiben. „Ich bin gleich da.“, antwortete ich zufrieden und machte mich auf den Weg ins Wohnzimmer.

„Es ist eine ganze Gruppe an Vampiren. Es sind insgesamt … dreißig“, Kate staunte nicht schlecht, natürlich nicht im guten Sinne, „Mein Gott, Meggy. Das sind viel zu viele. Wie sollen wir die denn alle fertig machen?“ Ich schüttelte den Kopf und zuckte mit den Schultern. Ich wusste es selbst nicht genau.
„Lass uns einfach ein bisschen darüber nachdenken. Vielleicht kommt uns ja eine Idee und bis diese da ist, werde ich erstmal ein bisschen Blut besorgen. Ich habe Hunger, wie sieht es bei dir aus?“
Kate schaute nachdenklich in die Luft, „Ja, bring mir ein bisschen mit. Ich überlege mir derweil, wie wir vorgehen können, ohne großes Aufsehen zu erregen und effektiv alle 30 Vampire umzulegen.“
Ich nickte ihr zu. Ich wusste, dass sich Kate wieder richtig in die Sache reinhängen würde, „Denk nicht so viel darüber nach, Kate. Wir machen das schon. Wir haben schon so viele Sachen gemeistert und 30 Vampire sind ein klacks, wenn wir erstmal genug über sie und ihre Schwächen wissen.“
Ich stand auf und verschränkte die Arme vor dem Körper, während ich Kate ansehen konnte, dass ihr ein Licht aufging, „Das ist es Meggy. Spionage. Wir müssen die Vampire beobachten, Profile aufstellen und dann jeden so umlegen, dass es in der gesamten Horde wenig Aufsehen erregt und dass die Anderen glauben, dass unser Opfer verreist wäre oder ähnliches. Meggy, du bist großartig. Danke. Ich werde mich gleich an die Arbeit machen und ich versuche die Namen der Vampire rauszufinden. Wenn du wieder da bist, gehen wir dann die Liste durch und überlegen, wer wen beschattet, okay?“
Ich lächelte, „Deinen Eifer kann man auch nicht stoppen. Aber du brauchst dich nicht bei mir bedanken. Du bist doch selbst auf die Idee gekommen. Jetzt mach ich erstmal los …. Und denk dran, Kate: Überarbeite dich nicht, lass es ruhig angehen. Wir haben alle Zeit der Welt. Die Vampire wissen sicher, dass sie Aufsehen erregt haben und werden sich jetzt erstmal nicht mehr an unschuldigen Mädchen vergreifen.“
Ich klopfte Kate noch mal auf die Schulter, während sie schon total in ihre Recherche vertieft war.

Blut zu besorgen hieß, immer vorsichtig vorzugehen. Man musste zu einer großen Tierherde … möglichst langsam. Die Konservenbeutel durfte man natürlich nicht vergessen haben. Man brauchte sie, um das abgezapfte Blut abzufüllen. Mit einer Art Spritze näherte ich mich einer großen Kuhherde, die abgeschieden von der Gesellschaft auf einem Feld graste. Ich suchte mir eine Kuh aus … ein Prachtexemplar.
Sie war groß, sauber und mit großen braunen Flecken gescheckt … genau meine Lieblingsart von Kuh. Ein leicht böses Grinsen umschmeichelte meine Lippen. Arme Kuh, aber sie würde ja nicht sterben. Vielleicht würde sie ein bisschen verwirrt sein, wenn sie so schwach war und ihr schwindelig ist, weil ihr Blut fehlt. Aber eigentlich brauchte mir das Tier nicht leidtun.
Meine Augen färbten sich mit einem Schlag weiß und ich ging langsam auf das Rindtier zu. Du wirst meins, dachte ich gehässig. Mit wenigen Schritten war es getan und ich konnte die Kuh antippen. Und jetzt zum lustigen Teil, dachte ich mir. Per Gedankenübertragung schickte ich die Kuh erstmal quer über die Weide in eine Ecke, in welcher keine andere Kuh sich aufhielt. Dann sagte ich der Kuh, sie solle sich hinlegen. Sie tat es. Innerlich rieb ich schon meine Hände aneinander. Dann ging ich auf meinen Blutspender zu … immer darauf bedacht, dass er sich nicht aus dem Gedankenband riss.
Als ich vor der Kuh stand, rammte ich ihr die Spritze in den Schenkel. Am Ende der Spritze befestigte ich einen Konservenbeutel, der sich innerhalb weniger Sekunden mit Blut füllte. Als er voll war, beeilte ich mich um den Beutel auszutauschen. Vier Blutkonserven würden sicher für Kate und mich reichen. Den Rest müsste sie dann morgen holen.
Nachdem ich den vierten Beutel gefüllt hatte, wies ich der Kuh an, dass sie trinken und essen sollte, so viel es ging. Schließlich sollte sie nicht an Blutmangel sterben. Dann löste ich das gedankliche Band und machte mich auf den Weg zurück nach Hause. Ich musste mich beherrschen, dass ich meine erste Konserve nicht schon auf dem Heimweg vernaschte. Schließlich wollte ich später davon satt werden. Im Moment hatte ich noch keinen so starken Hunger, dass ich sie unbedingt brauchte. Zu Hause angekommen, wurde ich schon von Kate erwartet. Sie hatte schon den Tisch gedeckt und wartete auf das Blut.
„Ich bin wieder da“, lächelte ich und warf ihr eine Konserve zu.
„Guten Appetit“, murmelte sie, während sie sich das Blut in das Glas goss. Ein bekannter Duft strömte in den Raum und mein Hungergefühl wurde mehr und mehr angeregt. „Danke, gleichfalls“, nickte ich und goss mir ebenfalls ein. Nach dem ersten Schluck verteilte sich der wohlige Geschmack des Bluts in meinem Mund. Ich leckte mir die Lippen. Ich wusste, dass diese Kuh super war, dachte ich mir in Gedanken selbst auf die Schulter klopfend. Kate belächelte mich. Sie konnte mir vom Gesicht ablesen, was ich im Moment gerade dachte, „Du hast einfach den besten Blick für gutes Blut, Meggy.“
Ich schaute über den Glasrand und zwinkerte ihr zu, „Ich weiß, ich weiß … Aber morgen bist du an der Reihe. Ich habe nur noch zwei Beutel übrig. Die sind für morgen zum Frühstück. Vielleicht musst du dann in der Hofpause in der Schule mal schnell losflitzen, damit wir fürs Mittagessen etwas haben.“ Ich nahm einen weiteren Schluck aus meinem Glas.
„Darauf wird es wohl hinaus laufen, oder nicht“, entgegnete Kate. Ich nickte ihr zu. Den Rest unseres Abendbrotes nahmen wir schweigend zu uns. Als wir gleichzeitig fertig wurden, räumte ich die Gläser weg. Eine Sache interessierte mich noch, „Sag mal, hast du schon Fortschritte gemacht?“ Ich drehte mich zu Kate und blickte zu ihr, während ich die Gläser in den Geschirrspüler stellte.
„Naja …“, antwortete meine beste Freundin, „Ich weiß, wo sie sich aufhalten und zwei Namen habe ich auch schon rausgefunden. Einer heißt Liam und ein Anderer heißt Eloy. Es ist schwer nachzuvollziehen wer sie sind. Sie halten sich ganz schön bedeckt und das Netz gibt nicht so viele Informationen über die Gruppe her … nicht mal, ob sie sich irgendeinen Namen geben oder ähnliches. Das würde uns die Suche schließlich erleichtern, denke ich. “
Ich nickte, „Dann müssen wir uns mehr anstrengen. Wo halten sich die Vamps denn auf?“
Kate schnaufte, „Ein Teil von ihnen ist auf unserer Schule. Sie sind allerdings nicht in der Online-Schülerakte vermerkt. Wahrscheinlich wollten ihr „Eltern“ das nicht. Wir müssen sehen, dass wir herausfinden, wer alles noch ein menschenverachtender Vampir an unserer Schule ist und wer nicht. Ach so … das Komischste auf was ich gestoßen war, ist, dass sich seit vorgestern drei neue Schüler an unserer Schule befinden. Sie sind natürlich keine Menschen. Die sollten wir uns auch noch unter die Lupe nehmen.“
Das war ein hartes Unterfangen. Dreißig Vampire, ein Teil auf unserer Schule … ich versuchte mir die ganzen Informationen einzuprägen. Morgen würde ich sie sicher brauchen.
„Das heißt, dass wir morgen keine ruhige Minute haben werden und du mich in der großen Hofpause auch noch alleine lässt, richtig“, fragte ich nachdenklich nach. Es war zum Teil ein Gedanke, den ich laut ausgesprochen hatte. „Richtig. Aber du wirst es überleben, Meggy. Schließlich bekommst du ein paar neue Freunde“, lächelte Kate böse. Das Spiel konnte beginnen … aber erst morgen.

Kapitel 4




Kate und ich liefen den Weg bis zur Schule zu Fuß. Wir gingen beide noch mal den Plan für den heutigen Tag durch. Es durfte kein einziger Patzer passieren. Ich musste mich mit den drei Neuen anfreunden und sie nebenbei beschatten. Ich musste versuchen mir jedes kleine Detail ihres Charakters zu merken und ich musste ihre Schwächen erkennen. Außerdem musste ich versuchen mich zu beherrschen, damit meine menschliche Tarnung nicht aufflog. Würden sie herausfinden, dass ich eine Unsterbliche bin, dann wäre ich innerhalb weniger Minuten tot, wenn Kate nicht dabei ist.
„Zeig ihnen ja nicht, dass du kein Mensch bist. Vergiss das nicht, Meggy. Sollten sie das herausfinden. Wir sind am Ende. Du bist am Ende. Das will ich nicht. Du musst verdammt vorsichtig sein.“
Ich nickte einfach nur. Ich hatte keine Lust auf lange Vorträge. Ich wollte die ganze Sache so schnell wie möglich abhaken.
„Es wird schon alles glatt laufen“, ich versuchte überzeugend zu klingen, doch so recht glaubte ich auch nicht daran.
„Hoffentlich“, murmelte Kate, während sie ihren Kopf hängen ließ. „Sind die drei in unserer Klassenstufe“, fragte ich Kate, damit ich nicht mehr so viel darüber nachdenken musste, dass sie mich allein mit den Unholden ließ. Kate rieb sich die Hände an der Hose, „Jap, zwei sind in unserer Klasse und der Dritte ist eine Klassenstufe tiefer. Alle drei sind männliche Geschöpfe.“ Meine Hand schnellte zu meiner Stirn, „Oh Mann.“
Auch noch drei Jungs. Ich dachte, dass vielleicht auch ein Mädchen dabei war. Das hieß für mich nun nämlich Überzeugungsarbeit.

Kate und ich erreichten das Eingangstor.
„Kann es losgehen“, fragte mich Kate. Ich nickte nur. Ja, vielleicht war ich ein wenig nervös, aber das ließ ich mir nicht groß anmerken, schließlich war ich eine souveräne Unsterbliche. Kate nickte mir noch einmal zu, bevor wir unsere Show hinlegen. Es war der tägliche Gang zu den Schließfächern. Das Problem war, dass wir nicht so viel mit den anderen sprachen. Wir wirkten vielleicht etwas geheimnisvoll und vor allem auf den männlichen Part der Schule schien dies komisch zu wirken. Mir machte es nichts aus, außer dass ich mich jeden Morgen fühlte, wie in einem billigen Film. Nachdem ich meine Sommerjacke in mein Schließfach gequetscht und die wichtigsten Bücher für den Tag herausgenommen hatte, machte ich mich mit Kate auf dem Weg in unsere Klasse.
Noch ließ sich keiner der beiden Neuen blicken. Das machte mich nicht stutzig. Wenn man neu war, musste man schließlich noch die ganzen Formalien erledigen, bevor man in den Unterricht gehen konnte. Ich kannte das zu gut, schließlich war diese Schule nicht die erste, die ich in 63 Jahren auf der Erde besuchte. Ich begab mich auf meinen Platz: Zweite Reihe, zweiter Platz aus der Sicht der Mitte. Perfekt.
Kate saß nicht neben mir. In dieser Schule galt eine strenge Sitzplanregelung. Freunde wurden getrennt und „Junge-Mädchen-Junge-Mädchen“ war eine Standardanordnung. Ich wusste schon jetzt, dass einer der beiden Neuen seinen Sitzplatz neben mir bekommen würde, denn der linke Platz von mir aus, ein Jungenplatz, war noch frei. Der Rest meiner Klasse wusste noch nicht, dass wir neue Mitschüler bekamen. Sie verhielten sich alle wie immer. Die strebsamen Schüler saßen an ihren Plätzen und büffelten für den bevorstehenden Unterricht, die „coolen“ Jungs unterhielten sich über Fußball, Musik und Computerspiele und die Mädchen, bei denen jede zweite sagte „Ich bin anders als die anderen“, taten das, was sie am Besten konnten: Nichts. So war das jeden Tag, jeden Morgen und so gut wie in jeder Klasse.
Ich seufzte. Ich hasste es, das Kate und ich wie normale Jugendliche wirken mussten. Ich meine, den Stoff in der Schule kannte man nach 63 Jahren schon fast auswendig. Da änderte sich über die Zeit zwar mal das ein oder andere, aber die Grundstrukturen blieben gleich.
Herr Peterson betrat den Raum. Er war unser Klassenlehrer. Stets schlecht gelaunt und er roch auch stets streng nach Schweiß. Von Körperpflege hielt er auch sonst nicht sonderlich viel. Seine braunen Haare hingen strähnig über seine Stirn und in seinen Vollbart waren noch die Essensreste von seinem Frühstück verfilzt. Er trug einen braunen Pullover mit Karo-Muster und eine beige Curthose. Man hatte das Gefühl, Herr Peterson schwebte noch ein bisschen in den Erinnerungen seiner Studienzeit.
Ich mochte seinen Unterricht trotzdem. Er unterrichtete Deutsch und Kunst und war meist zu Scherzen aufgelegt. Bei Herrn Peterson lernte man spielend, einfach und mit Freude. Er war einer der ersten Lehrer meiner langen Schullaufbahn, die ich so erlebte.

Als Herr Peterson seinen Koffer auf den Lehrerstuhl gestellt hatte, räusperte er sich und schrieb das Thema der heutigen Unterrichtseinheit an die Tafel „Gedichtsanalyse“. Ich hörte, wie aus der Ecke der Jungen ein genervtes Stöhnen drang. Ich lachte. Das war natürlich wieder kennzeichnend für die Jungs dieser Klasse. Sie mussten zu jedem und allen einen Laut machen, der ihre Stellung zu diesem oder der Sache ausdrückte. Kopfschüttelnd, aber nicht negativ behaftet, packte ich meine Sachen aus und wartete, bis es zum Unterricht klingelte.
Kate schaute zu mir und ich lächelte ihr zu. Gleich würde es so weit sein. Unsere ersten Opfer könnten wir dann schon ins Visier nehmen und wir können unsere Arbeit beginnen. Dann würden wir vielleicht in ein bis zwei Monaten die ganze Sache schon wieder abgehakt haben. Ich atmete tief ein und aus und vernahm nebenbei die Schulklingel. Alle meine Klassenkameraden setzten sich an ihre Plätze und verstummten.
Herr Peterson stellte sich vor die Tafel, „Guten Morgen. Bevor wir mit unserer heutigen Stunde beginnen, warten wir noch einen kleinen Moment. Es gibt heute eine kleine Überraschung für euch. Ich hoffe ihr freut euch.“
Ein Grinsen folgte auf seine kleine Ansprache. Ich wurde etwas angespannt. Das waren quälende Augenblicke. Ich wollte endlich wissen, wer diese Typen waren und wie sie aussahen. Jetzt macht es doch nicht so spannend, meckerte ich innerlich. Ich fühlte mich wie in einer Musiksendung, bei der man gleich erfuhr, ob man eine Runde weiter ist, oder nicht. Und was ich erfuhr, brachte mein Herz für eine Sekunde zum Aussetzen. Nicht wirklich, rief mein Verstand, das konnte doch nicht wahr sein! Was zur Hölle soll das denn jetzt?
„Guten Morgen, die Herren“, begrüßte Herr Peterson die Neulinge. Mir stockte der Atem. Das ist doch nicht wirklich die Realität. Das ist doch nicht wahr.
„Stellt euch bitte der Klasse vor“, murmelte Herr Peterson. Die beiden Vampire traten vor. „Hi, ich bin Marc.“ Die Mädchenrunde der Klasse schmachtete jetzt schon. Marc sah wirklich nett aus. Blonde Haare, blaue Augen, helle Haut, groß und muskulös…der Traum eines jeden Schulmädchens. Oh mein Gott, dachte ich nur, das war wieder klar … einfach nur typisch für Mädchen ohne Verstand.
„Marc, setz dich bitte in die letzte Reihe auf den leeren Platz“, befohl Herr Peterson und sprach gleich weiter, „Der andere Herr bitte auch. Wer bist du?“
Ein umwerfendes Lächeln füllte den Raum, „Ich bin Dean.“
Ich wollte meinen Kopf am liebsten auf die Tischplatte fallen lassen, aber das wäre vielleicht zu auffällig gewesen. Mein Blick ruhte von Anfang an auf ihm und ich fühlte mich immer noch nicht wie in der Wirklichkeit. Konnte mich mal bitte jemand kneifen? Das war doch alles ein schlechter Scherz! Ich hörte ein leises Kichern aus der Richtung von Kate.
Wusste sie, dass Dean uns beehren würde und hat es mir nur verheimlicht? Ich atmete einmal tief durch. Nicht verzagen, Meggy, dachte ich mir, vielleicht erinnert er sich gar nicht mehr an dich. Aber das war genau so unwahrscheinlich, wie dass es Leben auf dem Mars gab. Du bist trotzdem immer noch eine souveräne Unsterbliche, vergiss das nicht.
„Setz dich bitte neben Meggy in die zweite Reihe“, sprach Herr Peterson, „Und jetzt würde ich gerne mit dem heutigen Stundenthema anfa-…“ Ab dann hörte ich nicht mehr zu. Dean kam auf mich zu, stellte seine Tasche an den Rand und setzte sich. Ich beobachtete ihn.
„Hey Meggy“, murmelte er in einem unwiderstehlichen Tonfall. Jetzt ging das mit dem Rotwerden schon wieder los. Das war doch einfach nur peinlich.
„Hi“, antwortete ich knapp, versuchte nicht aufgewühlt zu wirken und schaute dabei zu, wie Dean seine Deutschutensilien auf dem Tisch platzierte.
„Alles okay“, fragte dieser mich, als er bemerkte, dass ich ihn anstarrte. Oh, Mann. Ich schüttelte den Kopf. Das war doch ein dummer Zufall. Schnell drehte ich mich nach vorne. „Dir muss es nicht peinlich sein, dass du mich angeschaut hast. Ich finde das völlig okay“, raunte Dean. Verwirrte drehte ich mich zu ihm, „Ach nein?!“ Er lächelte, „Nein.“
Das „okay“ sparte ich mir und lächelte einfach zurück. „Schön, dass wir uns wiedersehen. Ich dachte schon, dass das eine einmalige Begegnung war“, Dean klappte seinen Hefter auf und schrieb die Überschrift „Gedichtsanalyse“ in Rot auf die oberste Zeile.
„Ja, das stimmt“, antwortete ich und versuchte dabei nicht total erfreut zu klingen. Schließlich wollte ich mich nicht so blamieren wie bei unserer ersten Begegnung.
„Dean und Meggy, wäre es möglich, dass ihr ruhig seid, damit ich meinen Unterricht führen kann“, ermahnte Herr Peterson uns. Dean und ich nickten im Gleichtakt. Darauf folgte ein leises Räuspern von Kate. Der Plan. Ich verdrehte die Augen. Wieso musste sie mich jetzt daran erinnern? Ich schnaubte. Dean war ein Vampir, er hatte ein unschuldiges Mädchen auf dem Gewissen und wenn das nicht schon mehr als genug war, musste ich diesen gutaussehenden Vampir auch noch umbringen. Ich konnte mir gar nicht vorstellen, dass jemand wie Dean an einer solchen Aktion beteiligt war. Nein, so was würde er nicht tun … oder doch?
„Sag mal, Meggy“, riss mich Dean aus meinem inneren Konflikt, ob er nun morden kann oder nicht, „Hast du Lust mir nachher die Schule zu zeigen?“ Bingo!
„Klar“, lächelte ich zuckersüß.
„Dean und Meggy! Noch eine Störung und ich schicke euch raus. Alle beide“, meckerte Herr Peterson nun etwas lauter. Ich seufzte, was Dean dazu brachte leise zu lachen.
„Der ist nicht immer so kantig“, flüsterte ich, „Eigentlich kann er manchmal sogar ganz nett sein.“
„Gut zu wissen“, antwortete Dean so leise er konnte. Ich schaute ihn an und ein wunderbares Grinsen umspielte Deans Lippen. Ich wollte gar nicht mehr wegsehen. Doch Herr Petersons Vortrag über Metren und Metaphern unterbrach glücklicherweise meinen Schmachtanfall.
Was war nur mit mir los?

Kapitel 5




Als wir die Doppelstunde Deutsch hinter uns gebracht hatten und kein Wort mehr gesprochen hatten, schaute Dean mich an, „Unsere Abmachung steht noch, du zeigst mir jetzt das Schulgebäude?!“ Dachte er wirklich, dass ich das schon vergessen hatte? So ein Dummerchen.
„Klar, steht die Abmachung noch“, ich boxte ihm spielerisch gegen die Schulter. Er lachte. Soweit, so gut. Ich schaute zu Kate. Sie hatte sich Marc gekrallt und unterhielt sich mit ihm. Wahrscheinlich redeten sie über total belangloses Zeug. Kate schaute ihn liebenswürdig an und dann gingen die beiden zusammen aus dem Klassenraum. Kate würde wahrscheinlich erst in der zweiten großen Pause Blut holen gehen. Ich packte meine Sachen in meine Tasche, als ich merkte, dass jemand zu Dean und mir gekommen war. Es war Saphira, das beliebteste Mädchen in der Klasse.
Ja, so was gab es auch in dieser Horde von Schülern. Ein beliebtestes Mädchen, ein beliebtester Junge und davon dann noch das Gegenteil. Saphira schaute Dean mit einem „Ich bin so süß, nimmst du mich mit“–Blick an, „Hi, Dean. Wie geht’s? Soll ich dir das Schulhaus zeigen?“
Ach so war das, sie wollte sich an seinen Kragen heften. Na ja, ich konnte es verstehen. Dean war einfach … der Hammer. Also, verübelte ich es ihr erstmal nicht.
„Nein“, das war das einzige, was Dean als Antwort gab. Ein empörter Blick spiegelte sich auf Saphiras Gesicht wieder. Ich musste mir ein Lachen verkneifen. Bis jetzt hatte noch nie jemand Saphira zurückgewiesen. Das wollte sie auch nicht auf sich sitzen lassen, „Aber ich– “
Weiter kam sie nicht, dann hatte Dean sie schon wieder unterbrochen, „Nein heißt nein. Da gibt es auch kein wenn und aber“, dann griff er nach meiner Hand, ein Kribbeln durchfuhr meinen Körper, „Meggy wird mir die Schule zeigen. Sie ist ohnehin ein besserer Mensch als du und jetzt geh uns nicht mehr auf die Nerven.“
Er sprach leise und drohend. Ein Lächeln zog Einzug auf meinem Gesicht. Tja, Saphira, da bin ich wohl mal ausnahmsweise besser als du.
„Komm, wir gehen“, ich streichelte Deans Arm. Er hatte meine Hand immer noch nicht losgelassen. Er nickte mir liebevoll zu. Was war das denn jetzt bitte für eine Show? Dann zog er mich nach draußen und ließ meine Hand wieder los.
„Wollen wir“, murmelte ich fragend, immer noch überfordert mit der vorhergehenden Situation. Zum Glück war ich trotz meiner Unsterblichkeit mit einem Herz versehen, was schneller schlug, sobald ich aufgeregt war. Er wird es mitbekommen haben. Er war schließlich ein Vampir und Vampire hören den Herzschlag. „Ja“, antwortete Dean knapp und lief neben mir her.
„Als erstes gehen wir zu den Schließfächern. Ich habe ein Buch für die nächste Stunde vergessen“, bemerkte ich und schlenderte mit Dean den Gang entlang.

Als ich Dean von Etage zu Etage geführt habe, ihm die einzelnen Fachkabinette und anderen Unterrichträume gezeigt hatte, machten wir uns auf den Weg zur Cafeteria. Dean hörte mir während meiner kleinen Vorträge über die Schule und ihre Ausstattung gespannt zu. Es schien als hing er mir förmlich an den Lippen. Ich glaubte zwar nicht, dass er sich so brennend für die Schule und ihre einzelnen Details interessierte, aber ich fand es okay, dass er sie hören wollte.
„Die Cafeteria hat ein eigenes Gebäude gleich neben der Sporthalle“, meinte ich, als ich mit Dean das Schulhaus verließ. Ich führte ihn über den großen Schulhof vorbei an den Eichen und Birken. Überall vergnügten sich die Schüler. Entweder spielten sie Fußball auf dem großen Rasen, saßen an den Baumstämmen, aßen ihr Pausenbrot, hatten es sich auf einer Bank gemütlich gemacht oder standen einfach wirr auf dem Schulhof herum.
„Das ist jede Pause so“, lächelte ich leicht, als Dean sich nachdenkend umschaute. Er nickte und ich schob ihn dann Richtung Cafeteria, da er sich einfach nicht bewegen wollte, „Los jetzt! So spannend sind die ganzen Leute nun wieder auch nicht. Oder war das an deiner alten Schule nie so, dass die Leute sich in der Hofpause auf dem Schulhof aufgehalten haben?“
Ich wusste, dass dies nicht sein Problem war. Er roch Blut. Ich konnte es auch wahrnehmen, jedoch beeindruckte es mich nicht. Klar, er war ein Vampir. Bei ihm musste der Geruch anschlagen, schließlich war es sein Hauptnahrungsmittel. Er kniff die Augen zusammen. Ich wusste wieso. Sie leuchteten in einem hellen Grün. Dem Grün, das beschrieb, dass er entweder Hunger hatte, oder sexuell erregt war. Jedem Normalsterblichen wäre dies sofort aufgefallen.
„Alles okay, Dean“, fragte ich gespielt. Er nickte nur und zog mich in Richtung Cafeteria. „Der Weg ist zumindest schon mal richtig“, murmelte ich zaghaft. Deans Griff war fest. Ich spürte einen leichten Schmerz unter meiner Haut. Jeder normale Mensch hätte jetzt angefangen zu schreien und ihm wären die Tränen gekommen, weil er unter dem Griff von Dean zusammengebrochen wäre. Ich war zum Glück kein normaler Mensch.
„Das ist die Cafeteria“, meinte ich, als wir an dem gesonderten Gebäude angekommen waren und Dean meinen Arm losgelassen hatte, „Sie steht schon seit ein paar Jahren. Früher haben wir immer im Keller vom Schulhaus gegessen, aber auf die Dauer fanden das die Lehrer nicht mehr so toll und dann haben alle Schüler, Eltern und Lehrer Spenden gesammelt, um dieses Gebäude aufzubauen. Die Cafeteria ist sozusagen unser eigener Verdienst. Deshalb schätzen sie auch alle und alle passen auf, dass sie immer sauber und ordentlich ist.“
Dean schaute sich das Gebäude an, „Aha.“
Ich stutzte…aha? War das das Einzige, was er zu sagen hatte? Wahnsinn! Die ganze Zeit hatte ihn die Schulgeschichte interessiert und jetzt war es ihm egal, was ich sagte? „Hm.“, machte ich und stützte die Arme beleidigt in die Hüfte.
„Sicher, dass wirklich alles okay ist“, harkte ich nach. Dieses Mal schüttelte er den Kopf, „Nein.“ Ich atmete tief ein. Er machte mich ein bisschen nervös. Ich rieb meine Hände aneinander, „Was ist los?“ Die Worte verließen meinen Mund vorsichtig und leise. Er schaute mich erstaunt an, „Meggy…es ist einfach…ach…nichts. Vergiss es. Du würdest es sowieso nicht verstehen, beziehungsweise würdest du es mir nicht glauben.“
Dann schnaufte er, drehte sich um und lief so schnell er konnte davon.
„Dean“, rief ich entsetzt, doch er war schon ziemlich weit nach vorne gelaufen. Ich wusste nicht, was ich tun sollte, also rannte ich ihm hinterher, „Jetzt warte doch, Dean!“
Ich schnaufte wie nach einem einstündigen Ausdauerlauf, als ich ihn eingeholt hatte. Peinlich! Ich hielt ihn am Arm fest und riss ihn für meine Begriffe viel zu ruppig herum. Hoffentlich merkte er nicht, dass ich nicht menschlich war. Schließlich war ein Mensch niemals so stark wie ich.
„Was“, funkelte er mich böse an und schaute mir fast doppelt so böse ins Gesicht.
„Ich, ich wollte doch nur wissen, wa- was mit dir los ist…verdammt“, dann schaute ich ihn ebenfalls böse an, „Du kannst mich nicht einfach so - stehen lassen. Das macht man mit mir nicht. Wenn du meinst, du kannst so mit mir umspringen, dann hast du dich ganz stark getäuscht, mein Freundchen. Ich lass mich doch nicht von dir behandeln, als wäre ich irgendein dahergelaufenes - Flittchen!“
Ich stupse ihm gegen die Brust. Er grinste herablassend, „Du hast nicht die geringste Ahnung, Kleines. Wüsstest du warum, dann würdest du es dir gar nicht erlauben, so mit mir zu reden.“
Innerlich fluchte ich. Was war das nur für ein komplizierter Typ?
„Dean“, flüsterte ich anschuldigend, „Ich habe dir überhaupt nichts getan. Du hast mich einfach so stehen lassen…ist doch logisch, dass ich da austicke, oder nicht? Was hättest du denn gemacht? Du wärst sicher auch nicht ruhig geblieben. Das kann ich mir zumindest nicht vorstellen.“
Er ignorierte meine Anschuldigung und legte mir den Arm um die Hüfte, dann beugte er sich nach vorne, „Du bist süß, wenn du wütend bist. Du wirst noch röter im Gesicht, als wenn dir etwas peinlich ist oder du dich geschmeichelt fühlst.“
Er lachte leise. Ich schluckte, weil ich hörte, wie mein Herz von einem auf den anderen Moment schneller schlug. Er war mir auf einen Schlag so nah. Ich hatte das Gefühl auf einmal mächtig zu schwitzen, weil es so warm war.
„Hör auf“, murmelte ich schwach. Doch Dean dachte nicht daran, er machte weiter mit seiner Tour, „Ich habe noch nicht mal angefangen.“ Er hob seinen Kopf weg von meinem Ohr und schaute mir in die Augen. Er war so nah, so verdammt nah. Nur noch ein paar Zentimeter trennten uns. Wieder schluckte ich. Mein Atem ging ruckartig. Er lächelte leicht.
„Dean“, es war nicht mehr, als ein Fipsen, dass meinen Mund verließ. Seine blauen Augen starrten weiter in die meinen. Ich wollte wegschauen, doch war viel zu sehr von seinem Blick angezogen. Dean kam näher und gab ein heißeres „Meggy“ von sich. Ich versuchte zu unterdrücken, dass Dean eigentlich nicht der war, für den er sich in diesem Moment ausgab. Allgemein versuchte ich an nichts anderes zu denken, als an den Moment, in dem ich mich befand.
„Es tut mir leid, aber ich muss das jetzt einfach tun“, murmelte Dean, bevor er seine Lippen sanft auf meine legte. Oh Gott, waren seine Lippen weich! Vorsichtig zog er mich näher an sich. Ich wusste gar nicht, was ich tun sollte. Ängstlich erwiderte ich den Druck seiner Lippen. Bitte, lieber Gott, lass diesen Moment nicht zu Ende gehen, dachte ich, während ich meine Hände in Deans Haar vergrub.
Sein Haar war weich und ich umspielte es mit meinen Fingern. Mir wurde ganz schwummerig und ich fühlte mich, als hätte ich Fieber. Allerdings war mir nicht schlecht oder ähnliches - es ging mir blendend - ich fühlte mich nur kochend heiß. Ich stellte mich auf die Zehenspitzen, um Dean noch näher zu kommen und das war, das Wichtigste im Moment: Seine Nähe.
Sein männlicher Duft vernebelte mir die Sinne. So etwas hatte ich, seit ich auf der Erde war, noch nie gespürt. Dean grinste an meine Lippen. Der Moment schien ihm ebenfalls zu gefallen. Ein leichtes Kribbeln in meinem Magen, ließ mich denken, dass ich gleich in Ohnmacht falle. Es war einfach alles perfekt. Dean keuchte, als er sich von mir löste, um mir in die Augen zu schauen.
Grüne Schlieren durchzogen seine Iris. Hätte ich nicht gewusst, dass dies etwas mit seiner Abstammung zutun hatte, wäre ich wahrscheinlich sofort schreiend weggerannt, doch das tat ich nicht. Was ich tat, war fast das Gegenteil von dem, was jeder getan hätte. Ich atmete stockend und zog Deans Kopf zu mir. Für einen kurzen Augenblick wunderte ich mich, dass er nicht stutzig wurde, weil ich nicht verwundert auf seine Augen reagierte, aber dann verflog der Gedanke auch ganz schnell wieder, denn ich wollte seine Lippen noch einmal auf meinen spüren. Ich wollte nicht, dass er aufhörte mich zu küssen. Viel zu groß war die Sehnsucht nach seiner Nähe. Mein Verlangen war erweckt. Er hatte es erweckt.
Unser Kuss wurde immer leidenschaftlicher, bis ich ein entsetztes „Ähm?“ vernahm. Schnell wich ich von Dean zurück, mein Herz schlug schneller, als es je geschlagen hatte.
Ich erkannte die Stimme. Es war Kate. Ich keuchte noch und war noch nicht ganz anwesend, doch ihr empörtes Gesicht konnte ich gut erkennen.
„Wenn ich euch zwei, also …“, stammelte sie aufgebracht und verstört, „Ach Meggy, ich brauch dich einfach mal kurz. Tut mir leid, dass ich euch in eurer, ähm, Zweisamkeit stören muss.“
Sie musste sich stark beherrschen, das konnte ich ihr ohne Probleme ansehen. Ich schaute Dean an. Seine Augen zogen mich abermals in ihren Bann.
„Jetzt komm“, zischte Kate wütend und zog mich von Dean weg. Dieser starrte Kate und mir verwirrt hinterher. Ich drehte mich noch einmal zu ihm und schaute danach enttäuscht zu Kate. Musste sie uns ausgerechnet in diesem Moment unterbrechen?

Kapitel 6




„Bist du jetzt völlig übergeschnappt, Meggy“, schrie Kate mich an. Sie rüttelte an meinen Schultern und ich schaute sie verwirrt an, „Was hast du dir gottverdammt noch mal dabei gedacht unser Zielobjekt zu küssen?! Du bist wirklich zu nichts zu gebrauchen.“
Jap, sie war eindeutig wütend. Ihre Atmung beschleunigte sich. Ich hörte ihren Herzschlag unaufhörlich in meinen Ohren grollen. Kate war total angespannt und immer mehr rötete sich ihre Gesichtshaut. Ich zuckte zusammen. Ich mochte es nicht, wenn jemand wütend auf mich war.
Ich legte mir eine Hand in den Nacken und schaute sie von unten her an, „Tut mir leid?“
Ihre Augen weiteten sich und ein böser Blick folgte, „Es tut dir leid? Es tut dir leid! Ernsthaft? Meggy, ich hätte ein bisschen mehr Professionalität von dir erwartet. Wie konntest du dich nur so weich kochen lassen? Ich könnte platzen!“ Das beruhigte sie also auch noch nicht … Schade! Ich wusste gar nicht, was ich jetzt noch machen sollte, also entschied ich mich dafür, einfach das total Falsche zu tun.
„Kate ... er ist einfach süß“, ich lächelte sie verträumt an.
„Pah“, rief sie aus und verschränkte die Arme vor der Brust, „Jetzt wird schon das Zielobjekt vernascht.“ Sie lief auf mich zu und tippte mir energisch mit dem Zeigefinger gegen die Stirn, „Hallo, Meggy? Ist da irgendjemand zu Hause? Ich möchte bitte, bitte, bitte meine professionelle Partnerin wieder haben! Dieses Ding da ist zu gar nichts zu gebrauchen!“
Jetzt schnaubte ich. Okay, wie wollte es ja nicht anders, „Du stellst mich hier hin, als hätte ich was total Schlimmes verbrochen. Ich bin mir immer noch bewusst, dass Dean nicht die Unschuld vom Lande ist. Trotz alle dem habe ich ihn geküsst. Vielleicht können wir uns das auch irgendwie zu nutze machen. Ich erobere sein Herz und wir bekommen mehr Details über den Tod unserer Mitschülerin.“
„Wenigstens etwas“, murmelte Kate, „Und jetzt komm. Du hast genug spioniert und ein umfassendes Profil konntest du ja anscheinend auch aufstellen.“
Ich seufzte. Willkommen zurück in der Realität!
„Es tut mir leid“, murmelte ich abermals, „Kommt nicht wieder vor.“ Traurig senkte ich den Kopf. Im Gedächtnis schwirrten mir immer noch Deans weiche Lippen herum. Ein wohliger Schauder fuhr über meinen Rücken. Vielleicht waren die 4 Worte für Kate besänftigend, aber das hieß leider nicht, dass ich sie auch genau so meinte, wie sie mir über die Lippen kamen.
„Meggy, du solltest nicht vergessen, dass Dean ein Mörder ist. Er hat unschuldige Schulmädchen umgebracht und wer weiß, wer noch alles auf seiner Liste stand und jetzt tot ist“, Kate schrie mich schon fast an und ich erzitterte.
„Es ist gut, Kate. Ich hab es verstanden“, eine Träne lief meine Wange herab. Ich wollte zwar nicht weinen, aber ich mochte mich auch nicht mit meiner besten Freundin und einzigen Partnerin auf der Erde streiten.
„Jetzt wein nicht, Meggy“, murmelte Kate und drückte mich in eine Umarmung, „So war das doch nun wieder auch nicht gemeint, aber ich kann doch auch nichts dafür, dass der heiße Typ aus dem Cafe ein Mörder ist, oder?“
„Nein, das kannst du nicht“, entgegnete ich ihr und ging auf ihre Umarmung ein, „Schrei mich bitte nicht noch mal so an. Du weißt genau, dass ich das überhaupt nicht mag.“
„Aber es ist auch das einzige wirksame Mittel, wenn du Scheiße baust“, ein Lächeln stahl sich auf Kates Gesicht, „Ich hab es nicht so gemeint, okay? Jetzt lass uns den restlichen Tag mal die Kirche im Dorf lassen und es weiter ruhig angehen. Ich geh nachher Essen holen und du kümmerst dich mal um den dritten Typ im Bunde. Den haben wir schließlich noch gar nicht gesehen.“
Ich nickte, „Wird gemacht, Chef.“
Jetzt konnten wir beide wieder lächeln.

Der dritte Vampir hieß Holden. Er war wahnsinnig groß, sehr gut gebaut, kurze braune Haare und braune Augen. Insgesamt konnte man sagen, er sah gut aus. Außerdem war er leicht um den Finger zu wickeln. Nach zehn Minuten war mir eindeutig klar, dass Holden nicht so gefährlich ist, wie er aussah, sondern dass das nur zu seiner Vampirfassade gehörte. Er war ein junger Vampir … gerade mal um die 45 Jahre alt. Das konnte ich fühlen. Also war er noch relativ leicht zu manipulieren, weil er dachte, dass alle Menschen naiv sind. Okay, das sind sie vielleicht auch teilweise, aber es gibt auch Ausnahmen. Doch junge Vampire dachten nur an das Töten und daran, dass der Mensch ihr Nahrungsmittel war und ihnen alles abkaufte, wenn sie ihn mit ihrem Strahleblick anschauten.
„D und Marc hast du ja sicher schon kennengelernt“, lächelte Holden, während er es sich auf einer Bank auf dem Schulhof bequem machte. Ich schaute ihn an. So sah er echt gefährlich aus, aber das war er nicht.
Ein kurzes Lächeln stahl sich auf mein Gesicht, „Jap, die beiden sind in meiner Klasse. Ihr seid wohl so was wie die drei Muskeltiere?“
Holden lachte laut und herzlich, „Ja, so kann man das natürlich auch sehen, Meg.“
Anscheinend benutzte er gerne Spitznamen. „Gut.“, murmelte ich und setzte mich neben ihn.
„Holden, sag mal … wieso seid ihr drei mitten im Schuljahr hier her gewechselt?“
Ich setzte mich im Schneidersitz auf die Bank und stützte meinen Kopf auf meinen Händen ab.
„Ehm … an unserer alten Schule haben wir viel Mist gebaut und deshalb wurden wir verwiesen. Hier hatten wir ein paar Kontakte und kannten schon den ein oder anderen, darum sind wir dann hier her gekommen“, er lächelte zerknirscht. Er log mich an.
„Dramatische Geschichte“, ein Kichern verließ mein Mund.
„Ja, total“, Holden lachte.

„Hey, D! Komm doch mal rüber“, rief Holden, als Dean langsam über den Schulhof schlenderte. Ein Zucken durchfuhr meinen Körper, als er mich anschaute. „Komm schon, D. Meg beißt dich nicht“, Holden lachte wieder.
Der hatte Nerven! Wie konnte Dean nur so gleichgültig wirken, nachdem er mich geküsst hatte? Das würde ich ihm heimzahlen … zu 100%.
Dean lachte, „Du nennst sie Meg? Lässt sie sich das überhaupt gefallen?“
Ich schaute ihn zweifelnd an, „Solange er der einzige ist, der mich Meg nennt, ist das okay. Und wehe dir, du fängst auch damit an. Dann muss ich dich leider tot nerven, D.“ Ein verführerisches Grinsen glitt über meine Lippen. Ich wollte vielleicht ein bisschen mit ihm spielen. Das war meine kleine Rache.
„Du machst mir Angst, Meggy“, er lächelte und ließ sich neben mir nieder. Arschloch. Erste Chance verfehlt. Er drehte sich zu mir, „Was wollte Kate vorhin von dir und warum ist deine aller beste Freundin nicht hier?“
Ich zuckte mit den Schultern, „Da fragst du leider die Falsche. Und wo hast du Marc gelassen?“
„Stopp, stopp, stopp“, das war Holden, „Wieso zur Hölle geht ihr miteinander um, als kennt ihr euch schon eine Weile?“
Dean lachte auf, „Sagen wir einfach … Meggy und ich sind uns schon ziemlich vertraut.“ Dabei schaute er mich an. Ich musste schlucken und mein Herz schlug ungewollt schneller.
„Ist Meg nicht die Schnecke aus dem Cafe“, fragte Holden. Oh, Mann! Er war also auch mit im Cafe. Na, wenigstens wirkte ich ihm gegenüber deshalb noch menschlicher.
„Ja, Meggy ist das Mädchen aus dem Cafe. Ist ein toller Zufall oder?“, Deans Stimme färbte sich rauer und sein Blick verriet mir, dass er sich wirklich freute, dass er mich wieder gefunden hatte.
„Ich find es cool“, lächelte Holden, „Ich werde euch zwei dann mal allein lassen. Meg? Wir sehen uns sicher bald wieder. Auf einen Kaffee im High Fly

?“
Bingo! Das High Fly

war tagsüber ein Eiscafe und am Abend war es eine Diskothek.
„Okay. Wollen wir uns da heute so gegen 16 Uhr treffen“, fragte ich und ein Lächeln tauchte auf meinem Gesicht auf. Ich merkte, dass Dean total verwirrt war und nichts mit der Situation anfangen konnte. Das brachte mich innerlich zum Auflachen. Tja, Freundchen. So schnell bekommt man sein Fett bei mir weg.
„Gerne“, Holden drehte sich um und ich lächelte selbstzufrieden.
Neben mir erhörte ich ein wütendes Räuspern, „Was war das denn gerade?“
„Nichts“, ich zuckte mit den Schultern. Jap, da war sie. Die selbstbewusste Meggy. Endlich! Ich lächelte Dean an, „Ich muss los. Ich muss zu Kate. Sie wartet auf mich. Wir sehen uns in Mathe.“
Dean öffnete den Mund, „A- Aber…“ Ich schmunzelte, „Nichts aber, D. Bis dann.“ Ich drückte ihm einen Kuss auf die Wange. Das war alles Teil meines ausgeklügelten Plans, der an dieser Stelle endete. Ich stand auf und machte mich auf den Weg hinter die Sporthalle, wo Kate auf mich wartete.

„Hi, Kate“, zufrieden stellte ich mich neben sie. Mein Grinsen war unverkennbar. Mir ging es gut.
„Hast du irgendwelche Drogen genommen, oder ist meine professionelle Partnerin wieder da“, fragte sie und ein erstaunter Blick bildete sich auf ihrem Gesicht ab.
„Ich hatte gerade eine gute Phase“, ich lächelte, „Holden ist unsere Nummer 3. Er sieht gefährlich aus, ist aber ein Waschlappen und ich habe Dean ein bisschen geärgert. Jetzt habe ich Hunger.“
„Wahnsinn! Meggy… bist du das? Du bist wieder du selbst“, Kate lachte glücklich und drückte mich an sich.
„Alles gut, Kate“, ich erwiderte ihre Umarmung. Dann ließ sie mich los. Sie schüttelte den Kopf, strich ihre Haare hinter ihr Ohr und drückte mir einen Beutel in die Hand.
„Ist nur Hase, aber ein anderes Tier konnte ich auf die Schnelle nicht finden“, Kate riss ihren Beutel auf und trank ihn in einem Zug leer. Ich genoss es ein bisschen mehr, endlich meinen Hunger zu stillen.
„Heute Abend geh ich wieder“, murmelte ich zwischen den Schlücken, die ich aus meinem Blutbeutel nahm, „Hasenblut ist echt nicht mein Lieblingsblut.“
Kate nickte bloß. Die Hofpause war gleich vorbei.
„Ach übrigens… ich habe ein „Date“ mit Holden. Wir treffen uns 16 Uhr im High Fly

. Du weißt, was das heißt. Er wird unser erstes Opfer. Ich will ihn aber nicht einfach nur umbringen, Kate. Ich will, dass wir ihn im Keller einsperren und ich will, dass er uns Informationen gibt. Holden ist schwach. Er ist rund vier Jahrzehnte Vampir. Das ist gar nichts im Vergleich zu anderen Vampiren, die wir umgelegt haben. Er wird unser Schlüssel zu der Vampirhorde.“
Eine Kopfbewegung und ich wusste, dass Kate stolz auf mich war.
„Trotz deines Ausrutschers bin ich echt baff, Meggy“, Kate klopfte mir auf die Schulter, „Schön, dass du wieder vernünftig geworden bist.“
„Ich finde es auch schön“, lächelte ich und legte meine Hand auf Kates, „Wir packen das und heute machen wir den Anfang und jetzt lass uns zu Mathe gehen. Ich will nicht, dass Herr Fischer böse wird, weil wir zu spät kommen.“
Dann packte ich Kate am Arm und zog sie wieder zum Schulgebäude.

Als ich mich neben Dean niederließ, schaute der mich skeptisch an.
„Was“, fragte ich in einer etwas höheren Tonlage. Dean grinste grimmig, „Ach, nichts.“
Jetzt war ich skeptisch, „Das glaube ich dir nicht, D.“
„Nenn mich nicht so“, er packte sein Mathezeug aus.
„Es gefällt mir aber“, ich drehte mich zu ihm. Es gefiel mir wirklich. Es passte zu ihm. Es wirkte geheimnisvoll. Natürlich war er mir gegenüber weniger geheimnisvoll. Ich wusste, was er war und was er machte, aber dennoch zog er mich auf mysteriöse Weise in seinen Bann.
„Also, was ist nun“, fragte ich. Ich packte ihn am Kopf und drehte sein Gesicht zu mir. Er schaute mich verschreckt an. So musste der Hase geschaut haben, den Kate heute als Mittagessen aufgeschnappt hatte, als sie ihn mit ihren weißen Augen angeschaut hatte.
„Ich will ein Date mit dir“, ein unverkennbares Lächeln stahl sich auf Deans Gesicht, „Morgen, 18 Uhr, High Fly. Ich bin ein besserer Typ als Holden, Meggy. Das will ich dir beweisen.“
Ich musste lachen, „Okay, D. Zwei Dates in nur einer Stunde, das habe ich auch noch nie geschafft.“
„Du bist halt begehrt, Meggy“, er grinste und seine Hand streifte meine Wange. Ein Kribbeln durchzog meinen Magen. Ein schüchternes Lächeln zeigte sich auf meinem Gesicht.
„Du bist nicht so selbstsicher, wie du tust, Meggy“, flüsterte Dean, als sein Gesicht meinem näher kam. Ich schluckte. Das tat ich in letzter Zeit viel zu oft. Dann verschnellte sich mein Herzschlag. Das Kribbeln verwandelte sich in eine angenehme Wärme, die meinen Körper füllte. „Dean“, hauchte ich, „Das dürfen wir nicht.“
„Wieso nicht, Meggy“, fragte er. Dean sprach ebenso leise, „Du fühlst doch genau das Gleiche wie ich, oder nicht?“
Ich schaute ihm in die Augen und biss mir auf die Unterlippe.
Dann holte ich tief Luft, „Dean … ich fühle etwas für dich, aber ich kann das nicht zuordnen. Ich habe noch nie so etwas gefühlt, mal davon abgesehen, dass es zwischen uns einfach nicht funktionieren würde. Das kann ich dir nicht erklären. Du musst mir einfach vertrauen. Ich darf das alles nicht tun. Wir dürfen das nicht tun. Mein Gott, Dean. Wenn irgendwer herausfindet, dass du mich, dass wir uns geküsst haben und du es im Moment schon wieder tun willst, dann, dann wird einfach etwas Schreckliches passieren. Ich, ich will nicht, dass dir irgendwas passiert, Dean. Dazu ist das Gefühl, dass du mir wichtig bist, einfach schon viel, viel, viel zu groß.“ Ich nahm seinen Kopf in die Hände und strich ihm behutsam über die Wangen, „Okay, Dean? Bitte, versteh mich. Versuch bis morgen bitte nicht, mir zu nah zu kommen. Kate würde das nicht zulassen. Ich weiß nicht, was passiert, wenn sie das mitbekommt. Ich muss dir noch so viel erklären und ich denke, du verträgst das im Moment einfach noch nicht.“
„Ganz ruhig, Meggy“, Dean legte seine Hände auf meine, „Darf ich dich wenigstens in den Arm nehmen?“
Ich nickte vorsichtig. Ein Lächeln legte sich auf sein Gesicht und er umarmte mich zärtlich. Dann flüsterte er neben meinem Ohr, „Ich muss dir auch so viel erklären, Meggy. Ich werde es dir erklären, aber vorher solltest du wissen, dass ich denke, dass ich mich in dich verlieben könnte. Eventuell habe ich mich auch schon ein bisschen in dich verliebt.“
Ich schloss die Augen. Ich wollte seinen Worten Glauben schenken. Es war jetzt schon schwerer, als es sein sollte und dabei waren Dean, Holden und Marc erst drei von dreißig Vampiren, die auf Kates und meiner Liste standen. Das Schlimmste aber war, dass ich mir eingestehen musste, dass Dean nicht nur das Zielobjekt für mich war, sondern dass ich Gefühle für ihn hegte und würde Kate das herausfinden, dann wäre ich tot. Sie würde mich entweder umbringen, oder an den hohen Rat verpetzen. Beides wäre nicht gerade das Ende, was mir vorschwebte. Unsterbliche waren eigentlich nicht schwer zu töten. Man brauchte Gold und Geduld. Das war alles. Das Gold fügte man in die Blutbahn ein oder durchbohrte das Herz eines Unsterblichen mit einem Pflock aus Gold und dann musste man warten, warten, bis sich die Körperaktivitäten runter gesetzt hatten und dann zeigte man sein wahres Ich und verschwand, wie konnte es anders sein, in den Sternenhimmel.
„Das ist alles komplizierter, als du dir vorstellen kannst, Dean“, ich schob ihn leicht von mir weg, um ihm wieder in die Augen zu schauen, „Ich will dir gerne auch sagen, dass ich mich in dich verliebt habe, aber das kann ich nicht so einfach.“
Ich lehnte mich gegen seine Brust. Warum musste immer alles so verdammt umständlich sein? Warum konnte nicht wenigstens die Liebe einfach funktionieren?

Kapitel 7




Nach der Schule lief ich sofort in mein Zimmer. „Meggy?“, fragte Kate, doch ich ignorierte sie. Das war erst der erste Tag unserer Mission und ich war schon fertig mit den Nerven. Ich ließ mich auf mein Bett fallen und dachte nach. Ich starrte gedankenverloren meine Decke an.
„Bin ich dem Allem überhaupt gewachsen“, fragte ich mich leise. Dann drehte ich mich rum und vergrub meinen Kopf in meinem Kissen. Ich dachte an Dean, an sein Lächeln, an seine Hände an meinen Wangen und daran, wie gut sich das alles anfühlte. Ein Schluchzen verließ meinen Mund. Ich schlug mir die Hände davor. Ich werde ihn umbringen müssen. Da half auch kein Gefühl von Verliebtheit. Dean stand auf der Liste. Er hatte ein unschuldiges Mädchen umgebracht. Er musste dafür bezahlen. Zumindest wollte der hohe Rat das von mir.
Ein weiteres Schluchzen verließ meinen Mund und eine Träne fiel aus meinem Auge. Wut packte mich.
„Verdammte Scheiße“, ich schlug auf mein Kopfkissen ein, um dann zu merken, dass mich die Gefühle schwach machten. Tränen liefen meine Wangen hinunter. Warum war es jetzt schon so schwer? Wieso konnte ich kein normales Leben führen? Mir wurde kalt und ich zitterte.
Ich hörte ein Klopfen an meiner Zimmertür, „Meggy! Lass mich bitte rein.“
Es war Kate. „Geh“, jammerte ich, während mir weitere Tränen die Wangen hinunter liefen.
„Nein, Meggy. Ich gehe nicht. Ich will, dass du mich rein lässt und ich möchte, dass du aufhörst zu weinen. Ich habe von Anfang an gewusst, dass das nicht einfach wird. Jetzt lass mich rein, Meggy“, Kate hörte sich verzweifelt an, „Ich will nicht, dass du einen Fehler machst, Meggy. Wir finden einen Weg, zusammen. Lass mich dir bitte helfen.“
„Du kannst mir nicht helfen“, ich vergrub meinen Kopf in meinem Kissen, als mich ein weiterer Schluchzer zum Schütteln brachte. Seit wann war ich so nah am Wasser gebaut?
Kate klopfte weiter gegen meine Zimmertür, „Wenn du mich nicht freiwillig in dein Zimmer lässt, dann muss ich wohl die Tür kaputt machen, Meggy.“ Ich hatte das Gefühl, dass sich mein Brustkorb zusammen zog.
Dann hörte ich ein dumpfes Krachen. Kate hatte meine Tür wirklich kaputt gemacht. Danach spürte ich, wie mich jemand an seine Brust drückte. Ich schluchzte wieder und wieder.
„Pscht“, machte Kate, „Ganz ruhig, Meggy. Alles wird wieder gut.“
Nein, nein wird es nicht, wollte ich schreien, doch die Worte verließen meinen Mund nicht. Ich konnte nicht reden.
„Du bist stärker, als du denkst. Du stehst da drüber. Jetzt kümmern wir uns erstmal um Holden, Meggy. Danach sehen wir, wie wir dich aus deinem Dilemma rausholen“, Kate drückte mich noch doller an ihre Brust. Ich atmete tief ein. Diese Gefühlsduselei musste hier und jetzt ihr Ende finden. Ich fasste mich wieder.
„Es ist gut, Kate“, hüstelte ich und stieß sie leicht von mir. Dann erhob ich mich und strich mir die Kleidung gerade. Ich stellte mich vor den Spiegel und wischte die verschmierte Schminke weg.
„Wir haben einen Plan, den müssen wir erfüllen“, schniefte ich und versuchte stark zu klingen.

Pünktlich 16 Uhr hatte ich es mir an einem Tisch im High Fly

bequem gemacht. Holden war noch nicht da. Ich hatte mir erstmal ein Wasser bestellt und trank gerade einen kleinen Schluck davon. Langsam wurde ich ungeduldig. Der gute Holden wollte mich doch nicht etwa zappeln lassen, oder? Ich seufzte und stellte mein Glas wieder auf den Tisch, als eine männliche Silhouette mein Licht nahm. Ich schaute nach oben und blickte in ein fröhliches Gesicht. „Endlich“, murrte ich und Holden setzte sich, „Schön dich zu sehen, Süße.“ Ich nickte.
„Wollen wir jetzt ein Eis essen, oder bist du nur hier, um mir auf die Brüste zu starren“, flüsterte ich Holden fragend zu, dessen Blick sich jetzt endlich von meinem Dekolleté hob. Ich seufzte. Saß ich hier wirklich mit einem solchen Macho-Vampir?
„Tut mir leid“, hüstelte Holden und winkte einem Kellner zu.
Dieser holte einen Notizblock aus seiner Hosentasche und wartete brav darauf, dass wir uns entscheiden. Ich schaute Holden an, „Ich nehme eine Kugel Erbeereis mit Sahne.“ Ich ließ meinen Blick nicht von ihm abschweifen. Er räusperte sich.
„2 Mal“, machte er es kurz und setzte sich etwas entspannter hin. Ich beäugte ihn, von oben bis unten und den Weg zurück. Das konnte noch ein interessanter Abend werden.

„Sag mal, Holden, Was haben Dean, Marc und du an eurer alten Schule verbrochen, dass ihr mitten im Schuljahr versetzt werden müsst“, ich nahm einen Löffel meines Erbeereises, als ich ihn fragte, und schaute Holden gespannt an.
Holden lächelte leicht nervös, „Einfach gesagt, gab es ein paar Unstimmigkeiten mit gewissen Lehrern. Sie sind nicht damit klar gekommen, wie wir uns im Unterricht benommen haben … wir haben uns geschworen, dass wir uns verändern, als wir zu euch gekommen sind. Und, tada, alle Lehrer lieben uns.“
Da war wieder sein selbstzufriedenes Grinsen. Innerlich seufzte ich laut auf. Dieser Typ ging mir eindeutig mehr als auf die Nerven. Das musste ich allerdings überspielen und darin war ich gut.
„Und du“, Holden rückte näher, „Du bist das brave Schulmädchen, was immer fein zum Unterricht erscheint. Lehrerliebling und bei Schulveranstaltungen immer gerne gesehen, richtig?“
Er war jetzt so nah, dass ich seinen Atem in meinem Gesicht spüren konnte.
„So ungefähr“, lächelte ich geheimnisvoll. Dann nahm ich einen Löffel Eiscreme und ließ ihn mir auf der Zunge zergehen. Holdens Blick folgte meinen Bewegungen. Ich hatte ihn am Haken. Schade, dass ich nicht selbstzufrieden grinsen konnte.
„Wollen wir vielleicht - zu mir gehen?“
Holden nickte eifrig. Er wirkte fast wie ein kleines Kind. Ich lächelte nur, „Bezahlst du, oder soll ich mein Zeug selbst bezahlen.“
„Ich mach das schon“, er räusperte sich. Jetzt versuchte er seine Vorfreude zu verstecken. Wenn der wüsste! Ich nickte ihm lieblich grinsend zu.
Nachdem Holden bezahlt hatte, machten wir uns auf dem Weg zu mir. Immer wieder warf ich ihm Blicke zu, um ihn am Haken zu behalten. Der sollte nur weiter daran glauben, dass ich ihn toll fand und da gleich was laufen würde. Holden sagte nichts, er starrte nur gebannt gerade aus. „Wir müssen jetzt links“, ich wollte das Schweigen brechen. Es konnte doch nicht sein, dass der coole Holden jetzt schüchtern wurde. Er schaute kurz auf seine Hände, die er aneinander rieb und nickte dann vorsichtig. Ich seufzte. Dann griff ich nach seiner Hand und zog ihn mit mir.
„Gleich sind wir da, Holden“, ich streichelte seinen Handrücken mit meinem Daumen, „Ich hoffe dann bist du nicht mehr so schüchtern.“
Sein Blick hob sich und er schaute mir schüchtern aber dennoch neugierig in die Augen. Ich zwinkerte ihm zu.
Ich hoffte, dass Kate die Zeit richtig eingeschätzt hatte und bereit war, als ich mit Holden in unsere Straße einbog.
„Siehst du das Haus da vorne“, fragte ich Holden, „Da wohnen Kate und ich.“ Ich lächelte glückselig, als ich das Haus erblickte. Es sollte alles echt wirken. Unter meinen Fingern spürte ich, wie Holdens Hand schwitzig wurde und er sich verkrampfte.
„Kein Grund angespannt zu werden, Liebling“, sagte ich liebevoll und zog Holden weiter. Ich versuchte in seine Gedanken zu gelangen. Mit ein wenig Anstrengung funktionierte es.
Was hat das kleine Mäuschen nur mit mir vor? Die wirkt doch eigentlich gar nicht so offen. Wie alt ist sie? 16, 17? Vielleicht auch 18. Aber älter wird sie wohl kaum sein. Die hat es schon heftig hinter den Ohren. Wer hätte gedacht, dass sie das wirklich durchzieht? Oh, Mann. Wenn Dean das rauskriegt. Er wird mich für die nächsten 50 Jahre hassen.


Das reichte mir. Das war genau das, was ich hören wollte. Ich räusperte mich, als ich den Weg zum Haus einschlug. Ich kramte meinen Schlüssel hervor und schloss auf. Holden stellte sich in den Türrahmen, legte seine rechte Hand in seinen Nacken und schaute mich an. Ah, das hatte ich vergessen! Vampire kamen nur in die Wohnungen und Häuser andere, wenn man sie hereinbat.
Ich lächelte ihm schüchtern zu, „Komm doch rein.“ Zögerlich setzte er den Fuß über die Türschwelle und atmete aus. Ich nickte in Richtung Stube und konnte Kates Geruch vernehmen. Gut! Alles lief nach Plan. Ich setzte mich zu Kate auf die Couch und Holden tippelte langsam hinterher.
„Setz dich doch“, lächelte Kate ihm zu. Er setzte sich. Das war für ihn sicher eine komische Situation.
Ich schaute ihn liebevoll an, „Willst du irgendwas trinken?“ Er schüttelte den Kopf. Wieder drang ich in seine Gedanken ein.
Zur Hölle, was ist denn das jetzt? Soll ich hier jetzt seelenruhig zwischen den beiden heißesten Mädels der Stadt sitzen und nichts tun? Holden, Holden … du warst auch schon mal besser im Thema „Frauen aufreißen“.


Ich schaute zu Kate und nickte ihr zu. Sie wusste was das bedeutete. „Ich geh mal kurz in die Küche“, sie stand auf und verließ das Wohnzimmer. Holden wirkte sichtlich verwirrt. Perfekt! Ich machte es mir ein bisschen bequem und wartete auf Kates Einsatz. Holden räusperte sich und schaute sich im Wohnzimmer um. Ein Lächeln glitt auf mein Gesicht, als sein Blick mich streifte. Danach sah ich, wie ein Messer mit wahnsinniger Geschwindigkeit durch das Wohnzimmer flog. Ein erschrockenes Schreien entwich aus Holdens Mund, als dass Messer sich auf ihn richtete.
„Was zur Hölle“, rief er, als sich das Messer seiner Brust näherte. Sein Mund stand offen und Nervosität lag in der Luft. Ich setzte mich auf und beobachtete die Mimik von Holden. Sein Blick versteifte sich auf das Messer, welches jetzt vielleicht noch zwanzig Zentimeter von seinem Herzen entfernt war.
„Beweg dich nicht, Holden.“, murmelte ich, während sich meine Augen verfärbten. Er jappste, „Was ist das? Eine verdammt Horrorshow? Und was bist du, Meg? – Warte! Sind deine Augen? Unmöglich! Die sind doch nicht etwa – wie? Was?“
Ich schaute ihn traurig an, das war nicht gespielt, „Es tut mir leid, Holden. – Kate, spieß ihn auf.“
Dann rammte sich das Messer in Holdens Brust. Er keuchte auf. Zum Glück war es nicht aus Silber, sonst wäre er sofort gestorben.
„Schau mich an, Holden“, murmelte ich und er begann in meine weißen Augen zu starren, „Du erhebst dich jetzt langsam und folgst Kate und mir in den Keller.“
Dann stand er langsam auf. Sein Gesicht verzog sich vor Schmerz.
„Mach langsam, Holden“, flüsterte ich und lief zur Kellertreppe. Kate lief voraus. Langsam trottete Holden mir hinterher.
„Was macht ihr mit mir“, fragte er ängstlich. Ich schüttelte den Kopf, als ich die letzte Stufe nahm, „Du folgst mir jetzt in die hintere Zelle. Dort setzt du dich auf das Bett und beantwortest alle Fragen, die Kate und ich dir stellen, mit der Wahrheit.“ Holden nickte benommen. Dann sperrte Kate den Kellerraum auf und Holden setzte sich auf das Bett. Willkommen im Kreuzverhör, dachte ich sarkastisch und setzte mich neben ihn.


„Nun, Holden. Kate und ich wissen, dass du ein Vampir bist und wir wissen, dass du einer Vampirhorde angehörst, die ein unschuldiges Mädchen ermordet hat und jetzt möchten wir gerne wissen, wieso ihr das getan habt“, ich schaute ihn gebannt an.
„Sie- sie wollten sie nicht töten. Sie wollten nur Informationen“, Holden schluckte.
Kate schüttelte den Kopf, „Was für Informationen?“
„Ihr Vater – er ist kein Mensch. Er ist ein Werwolf und er und seine Bande verfolgen uns. Sie- sie wollen einen Krieg anzetteln. Unsere Horde will das mit aller Macht verhindern. Eloy – er wird immer so unglaublich böse, er hat sie einfach … getötet, weil sie nicht sagen wollte, wie weit ihr Vater den Krieg schon geplant hatte.“, Holden schüttelte sich und seufzte angeschlagen.
„Okay. Wer ist dieser Eloy“, fragte Kate als nächstes.
Unser Vampir versteifte sich, „Er ist der Hordenführer. Eloy ist der Mächtigste von uns.“
Jetzt war ich an der Reihe, „Wir sind bei unseren Recherchen auf den Namen „Liam“ gestoßen, wer ist das?“
„Liam …“, jetzt lachte Holden, „Er denkt, dass er so was wie der Nachfolger von Eloy wäre, aber er ist nur sein Handlanger. Eloy behandelt Liam wie seinen Leibeigenen. Er muss die ganze Drecksarbeit der Horde machen.“
„Okay, und was haben Marc, Dean und du damit zutun“, fragte ich und bekam automatisch eine Gänsehaut, als ich Deans Namen in den Mund nahm.
„Wir drei sind die, die das Geschehen im Nachhinein beobachten. Wir schauen, ob alle Spuren verwischt sind. Wir haben von jedem einzelnen an eurer Schule das Gedächtnis gelöscht. Habt ihr jemals irgendwen über den Tod des Mädchens reden hören? Nein? Seht ihr, weil wir unsere Arbeit getan haben. Jetzt sind wir noch hier, um zu sehen, wie sich die Untoten an eurer Schule verhalten.“, Holden schaute mir direkt in die Augen. Ich wendete mich an Kate, um seinem anschuldigenden Blick zu entfliehen.
„Ich denke, das reicht an Informationen für den Anfang.“
Kate nickte, „Mach noch die restliche Arbeit und dann geh jagen. Ich gehe derweil ins Krankenhaus und hole Blutreserven für unseren Gefangenen.“ Dann verließ sie den Keller.
„Danke, Holden“, murmelte ich. Ich fühlte mich etwas schuldig. Mit einem Seufzer sprach ich die letzten manipulierenden Worte, „Ich werde dir jetzt ein Handy geben. Du meldest dich für die nächsten Wochen in der Schule krank. Dann rufst du Dean und Marc an und sagst, dass du verreist bist, weil dir das hier alles zu viel wird. Danach zerbrichst du das Telefon mit deinen Händen und schiebst die Überreste durch die Klappe in der Tür. Du wirst nicht versuchen zu fliehen. Du wirst dich hier ganz normal verhalten. Kate und ich werden dir dreimal am Tag Blut bringen und du wirst uns weiter jede Frage wahrheitsgemäß beantworten, die wir dir Stellen. Ich ziehe jetzt das Messer aus deiner Brust. Danach legst du dich schlafen. Du wirst weder mir noch Kate böse sein für das, was wir hier mit dir anstellen.“

Kapitel 8




Nachdem ich jagen war, kam ich mit acht vollen Blutbeuteln zurück nach Hause. Ich war länger unterwegs, um die Ereignisse des Tages zu verarbeiten. So viele Hochs und Tiefs hatte ich sicherlich schon lange nicht mehr an einem Tag. Oder vielleicht noch nie?
Ich seufzte, als ich mich an den Tisch setzte, „Eigentlich müssen wir Holden, Marc und Dean doch gar nicht umbringen, oder?“
Eventuell war ich schon wieder am Rande der Verzweiflung, weil ich nicht wollte, dass Dean irgendwas passierte, aber ein bisschen Hoffnung war schon da. Schließlich waren unsere drei Muskeltiere nicht selbst in den Tod des Mädchens eingebunden gewesen. Sie verwischen ja eigentlich nur die Spuren einer schlimmen Tat. Es würde ja schon reichen, wenn wir diesen Eloy zur Strecke bringen, oder nicht? Meine Gedanken überschlugen sich etwas.
„Ich glaube nicht, dass das so funktioniert“, widersprach mir Kate mit einem besorgten Gesichtsausdruck, „Schließlich gehören sie zu der Horde. Wir haben dem Rat gesagt, wir würden sie alle umbringen. Du weißt, dass Alfons nicht begeistert wäre, wenn wir die drei aussparen und das Urteil vom Rat möchte ich nicht erfahren. Du kennst die Unsterblichen dort. Vielleicht wirst du bestraft oder ähnliches. Ich will es nicht darauf ankommen lassen, Meggy.“
Ich atmete geräuschvoll aus. Es musste doch irgendeinen Weg geben. Bevor ich mir weiter mein Gehirn zermatern konnte, warf mir Kate eine Blutkonserve zu, „Geh dann runter zu Holden und bring ihm das.“
Ich nickte ihr zu und trank mein Blut leer.

„Hey, Holden“, murmelte ich traurig, als ich an das Gitter trat. Auf der Ablage vor der Klappe lag das zerstörte Handy. Er schaute mich verzweifelt an. Hatte er geweint?
Dann schniefte er, „Meg, bitte lass mich gehen. Ich will hier unten nicht verrotten. Ich sag euch alles, was ihr wissen wollt, aber bitte, bitte lass mich frei.“
Ich schüttelte kräftig den Kopf, „Das geht nicht Holden. Ich würde so gerne, aber entweder würde mich dann Kate umbringen, oder der Hohe Rat tut das.“
„Wer ist dieser „Hohe Rat“, Meggy? Warum sollten die dich umbringen“, fragte Holden neugierig und trat an das Gitter. Ich schob den Blutbeutel durch die Klappe.
„Gib mir mal deine Hand, Holden.“
Er schob seine Hand durch die Klappe und ich fasste sie. Dann schaute ich ihm ins Gesicht, „Ich komme jetzt in deine Zelle und du setzt dich auf dein Bett, dann werden wir ein bisschen reden.“ Ich griff seine Hand eigentlich nur, damit er mir ein bisschen Kraft gab, das ganze durchzuziehen. Dann zog er den Blutbeutel mit seiner Hand aus der Klappe und platzierte sich auf dem Bett.
Ich öffnete das Zellentor und trat ein. Dann schloss ich es von innen wieder und setzte mich neben ihn, „Du willst wissen, wer der Hohe Rat ist? Was ich bin? Was die machen?“
Holden nickte nur. Ein Seufzen trat aus meinem Mund, „Gut, dann erzähle ich dir das.“
Ich erzählte Holden von Alfons, dem Hohen Rat, unseren Plänen, was ich war, wieso wir auf der Erde waren, was passieren würde, wenn ich mich nicht an die Abmachung mit dem Hohen Rat halten würde und über das, was wir mit seiner Horde vorhatten. Ich ließ auch nicht aus, dass ich mich in Dean verguckt hatte und dass ich die drei gar nicht töten möchte.
„Aber Alfons war doch auch schon mal verliebt, denkst du nicht, er würde verstehen, warum du Dean am Leben lassen willst?“
Holden unterbrach mich.
Ich schüttelte energisch den Kopf, „Das ist Alfons. Er wurde von der Liebe nur enttäuscht, er würde das nie zulassen.“
„Und wenn du ihm verschweigst, dass wir noch leben“, hakte Holden nach.
„Das geht nicht. Die haben überall ihre Spitzel“, ein lautes Seufzen verließ meinen Mund und ich stützte meinen Kopf auf meinen Händen ab. Ich spürte einen Arm um meine Schulter und drehte mich zu Holden. Er drückte mich leicht an sich, „Das wird schon, Meg.“
Ich schüttelte den Kopf, „Wohl kaum. Aber danke, Holden. Du bist ein guter, ähm, Vampir.“
Dann erhob ich mich und machte mich auf den Weg aus der Zelle, „Vielleicht können wir dich bald durch das Haus laufen lassen, dass du wenigstens nicht immer in der Zelle rumhängen musst. Aber versprechen kann ich dir nichts.“

Ich lief wieder zu Kate und klärte mit ihr, ob wir Holden nicht ein bisschen mehr Freiraum gewähren sollten, da er ja eh unter meiner Gedankenmanipulation stand und Kate willigte ein. Somit war Holden nun so was wie unser neuer Mitbewohner.
Er durfte im Gästezimmer wohnen und sich überall im Haus frei bewegen. Er war nur in sofern eingeschränkt, dass er nicht an die Fenster und zur Wohnungstür gehen durfte und nach draußen schon gar nicht. Es freute ihn, dass er nicht mehr in der stinkenden Zelle sitzen musste und deshalb kochte und putze er.
Es erwies sich in wenigen Stunden als eine gute Idee Holden nicht wieder in die Zelle zu stecken, da er Kate und mich entlastete und er außerdem ein guter Freund sein konnte, wenn er das wollte.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 31.10.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
An alle, die sich wünschen, manchmal unsterblich zu sein.

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