Neulich träumte ich, es hätte sich ein Verleger bei mir gemeldet, der aus meinen erfolgreichsten Werken einen Sammelband machen wollte. Der Mann war ungefähr in meinem Alter (also um die 70 `rum) und wir verabredeten uns kurzerhand zu einem Gespräch in meiner Wohnung.
Da ich nicht groß Einkaufen war, holte ich unten im Café sechs Brötchen. Tomaten und Zwiebeln hatte ich noch vorrätig und Küchenkräuter wachsen bei mir im Blumenkasten. Ja und natürlich Ölsardinen. Wer mich kennt, weiß, dass ich Ölsardinen zum Futtern gern habe. Ich kaufe sie immer im Mehrfach-Pack.
Der Verleger kam und brachte seine Tochter mit; eine junge Frau Ende Dreißig. Als sie meine Wohnung sah, rief sie "OH GOTT!"
Nun, solche Ausrufe war ich gewohnt. Meine Einrichtung entspricht nun mal nicht ganz der Norm. Bei mir sieht es auch nicht wie geleckt aus. Da ich auch in der Wohnung auf meinen Rollator angewiesen bin, ist der Boden nur dann sauber, wenn er frisch gewischt wurde.
Ich sah das Fragezeichen in ihrem Gesicht, wusste, was sie dachte und sagte:" Das Putzzeug ist im Bad, falls du´s suchst." Ohne ein Wort zu sagen, verschwand sie im Bad, kam mit Putzeimer, Schrubber und Lappen heraus und wischte durch meine Bude. Ich bedankte mich und lobte ihren Vater für die gute Erziehung, die er seiner Tochter mitgegeben hatte, während ich die Kaffeemaschine einschaltete. Während der Kaffee durch den Filter lief, schnitt ich die Brötchen auf, öffnete 3-4 Dosen Ölsardinen und goss das überschüssige Öl ab. Dann schnitt ich Tomaten, Zwiebeln und Küchenkräuter aus meinem Blumenkasten, nachdem ich sie gründlich gewaschen hatte. Die Ölsardinen in die Brötchen gepackt und mit Tomatenscheiben, Zwiebelwürfel und Küchenkräuter großzügig garniert. Die Brötchen auf einem großen Teller angerichtet und die Kaffeekanne auf dem Rollator platziert, fing ich an zu servieren.
Der Verleger stutzte. Fischbrötchen mit Ölsardinen hatte er noch nie gegessen. Überhaupt hatte er Ölsardinen seit seiner Kindheit nicht mehr probiert und fragte skeptisch: "Sind da Gräten drin?"
"Nein" , antwortete ich, "Gräten im Fisch gibt´s schon lange nicht mehr. Die neuen Fisch-Züchtungen kommen völlig ohne Gräten aus. Auch Haut und Schuppen haben die nicht mehr."
Der Verleger und seine Tochter lachten. Vorsichtig nahmen sie die Brötchen in die Hand und probierten; erst zaghaft und als merkten, dass es schmeckte, hauten sie ordentlich rein. Jedenfalls war der Teller nach zehn Minuten leer.
Während des Kaffeetrinkens wurde das Geschäftliche besprochen und nachdem alles beredet war, legte er mir den Vertrag zur Unterschrift vor.
Ich nahm den Kugelschreiber, doch bevor ich meinen Namen unter das Dokument setzen konnte, wachte ich auf.
So`n Pech aber auch!
Tag der Veröffentlichung: 12.04.2021
Alle Rechte vorbehalten