Leer ist mein Blick, als ich in die Ferne schaue. Ich sehe das rege treiben um mich herum, aber wirklich da bin ich nicht. Es war kein besonderer Tag an dem es passierte. Der Himmel war zugezogen mit grauen Wolken und für Anfang Oktober wehte schon ein recht kühler Wind. Ich stand auf der hälfte unseres Berges, an dem neu gebauten Kreisel, der den Verkehr schneller regeln sollte. Völliger Schwachsinn, denn ich lebte in einem kleinen Dorf in dem das Wort Verkehr seine Gültigkeit verlor. Mein Blick fixierte auf einmal jemanden. Ein großgebauter, schlanker, dunkelhaariger Junge hatte den Fuß des Berges erreicht und machte sich nun auf den Weg zu mir. Ich erkannte ihn nicht sofort, aber als er näher kam, erschienen mir seine Gesichtszüge immer vertrauter. Es war der Junge, der bei uns zweimal die Woche den Lokalanzeiger austrug. Ich war ihm des einen oder anderen Mal begegnet, als ich auf der Terasse saß, und er die Zeitung vorbeibrachte. Aber mehr als ein einfaches „Hallo“ war nie gesprochen worden. Ich gab zu, dass ich schon ein bisschen für ihn Schwärmte und mich ab und an auch dabei ertappte, wie ich draussen saß und auf ihn wartete, als er die Zeitung vorbeibrachte. Ich lächelte in mich hinein, als er immer näher kam. Er war wirklich wunderschön. Ein markantes Gesicht, mit den wundervollsten grünen Augen, die ich in meinem Leben jeh gesehen hatte. Für mich war er vom ersten Augenblick an, vollkommen.
Einfach der schönste Junge, den man sich vorstellen konnte. Bis heute ist er das für mich. Nie habe ich etwas vollkommeneres gesehen.
Mit jedem Schritt, den er mir näher kam wurde ich unsicherer, obwohl eine Stimme in mir nur laut lachte: „Als würde jemand wie er, eine wie dich ansprechen“, höhnte sie.
Ich senkte schüchtern den Kopf, als wollte ich ihr insgeheim recht geben.
Ich war auf ein „Hallo“ vorbereitet, während er nur kurz aufblickte und an mir vorbeischlenderte. Also blickte ich kurz auf ,um seinen anstehenden Gruß zu erwiedern. Doch als er bei mir angekommen war ging er nicht weiter, er blieb einfach stehen! Ich höre seine Stimme, als wäre es gestern gewesen. „Hi, wie geht’s?“ fragte er freundlich und lächelte mich an. Wow.. dieses lächeln sollte mich in den nächsten Jahren immer wieder verzaubern.
Unsicher versuchte ich seinem Blick stand zu halten. Mein Magen schien einen Salto zu schlagen. Ich hatte das Gefühl als würde mir gleichzeitig warm und kalt. „Gut danke und dir?“ ,gab ich unsicher zurück. Und ich scheiterte… in diesem Moment blickte ich wieder auf den Boden. Es war als… wäre er so schön.. wie ein Engel.. so vollkommen, dass mein Blick seiner Schönheit einfach nicht standhalten konnte. Bis heute ist es noch so, das ich Männern sehr schlecht in die Augen sehen kann, wenn ich in sie verliebt bin. Doch er lächelte mich weiterhin an. „Auch gut“, sagte er und suchte meinen Blick. Ich nahm all meinen Mut zusammen und versuchte es erneut… es klappte auch, aber leider nicht sehr lange. Eine kurze Pause entstand. „Und… was machst du hier?“ ,wollte er schließlich wissen. Ja, gute Frage! Was wollte ich eigentlich hier? Sollte ich ihm nun wirklich sagen, dass ich gerade von der Schule kam, einfach stehen geblieben bin und vor mich hin gestarrt habe? Niemals! „ Ich ehhm.. hab auf eine Freundin gewartet“ ,sagte ich unsicherer als ich klingen wollte. „ Aber ehm…. Sie scheint nicht zu kommen also…. Denke ich ,ich komme mit dir hoch.“ Ich schaffte es in diesem Augenblick meine Schüchternheit einen Moment lang zu vergessen und ihn anzulächeln. Er schien sich über diese Antwort zu freuen und nickte mir nur zu, bevor wir zusammen losgingen. Und ab diesem Moment, siegte leider meine unsicherheit was immer eines zur Folge hat: Ich rede… ich rede ohne Punkt und Komma. Also erzählte ich ihm von meiner Bevorstehenden Reise nach Prag. Es war die Abschlussfahrt meiner Klasse, der 10 c und es sollte die beste von allen werden! Er hörte interessiert zu, nickte ab und an und als ich dann endlich mal einen Moment den Mund hielt, erzählte er mir von seinem Urlaub in die Türkei, der in 10 Tagen bevorstand. Er wollte mit seiner Mutter und seiner älteren Schwester fahren. Viel mehr reden konnten wir leider nicht, weil wir schneller bei seinem Haus waren, als ich es realisieren konnte. Er wünschte mir viel Spaß und verabschiedete sich. Ich stand noch ein paar Minuten vor seinem Haus, bevor ich weiterging. Was war da gerade mit mir passiert? So unsicher war ich noch nie gewesen. Und ab diesem Augenblick, sollte er mir nicht mehr aus dem Kopf gehen.
Ich lief also zwei Häuser weiter und ging den kleinen Weg runter, der mich zu unserer Haustüre führte. Meine Mum erwartete mich schon mit einem lächeln. „Hallo Schatz, wie war die Schule?“ begrüßte sie mich lächelnd und gab mir einen Kuss auf die Stirn. Aber ich war in Gedanken nur bei ihm. „S geht so Ma… wie immer halt“, gab ich tonlos zurück, schmiss meinen Rucksack in die Küche und setzte mich im Wohnzimmer auf die Couch. Endlich zu Hause! „Ich hab Nudeln gekocht“ rief meine Ma mir aus der Küche zu, bevor sie mit einem großen Teller zurückkam. „ Du bist ein Engel Ma“ sagte ich freudig und nahm den Teller entgegen.
„ So gedankenverloren heute? Ist was passiert?“, wollte sie nach einer kleinen Pause wissen. Im Hintergrund lief Punkt 12, diese Sendung sah sie sich immer nach Reich und Schön an. „Hm… kann sein“, sagte ich mit vollem Mund und strahlte sie an. Ihre Augen sprühten jetzt vor Neugierde. „Nun… kann sein, dass ich einen Jungen kennengelernt hab.“ Ihre Augen wurden größer. „Ha! Ich wusste doch du und Julian, ihr kommt wieder zusammen!“ strahlte sie. Meine Augen verengten sich sofort zu schlitzen. Ich schluckte die Nudeln runter. „ Erwähne diesen Namen bitte nie wieder ja? Das Thema hatten wir schon“. Oja und der Mistkerl ist unter „unreifes Arschloch“ abgestempelt, führte ich den Satz in Gedanken zu ende. „Och schade…. Aber ihr kennt euch doch schon so lange…“ Ich aß weiter. Anscheinend hatte sich ihr Interesse an dem neuen in Luft aufgelöst. Sollte mir Recht sein. Ich schlang schnell alles herunter, stand auf und verabschiedete mich mit dem Satz „Bin hinten!“ ,in mein Zimmer. Ich lies mich aufs Bett fallen und überlegte. Was nun? Ich wusste seinen Namen…. Aber seine Nummer hatte ich nicht…. Hm.. im Grunde wusste ich auch nichts von ihm. Aber ich musste ihn wiedersehen! Ich griff zu meinem Handy und rief eine sehr alte Freundin an, von der ich wusste, dass sie seine Nummer haben müsste. „Sry süße… oja er ist ein toller Kerl… aber leider ist er vergeben“ Bis heute frage ich mich, warum ich an dem Punkt nicht einfach aufgegeben habe… „ Ist egal Miri… gib mir trotzdem mal bitte seine Nummer“ . Nun, ich wusste was ich wollte. Und das war er. Auch wenn meine Chancen ihn zu bekommen wirklich null standen. Sie gab mir also die Handynummer und ich verstaute sie in meiner Brieftasche. Immer wieder starrte ich sie stundenlang an… aber ich traute mich einfach nicht ihn anzuschreiben.
Zwei Tage vergingen an denen ich nur noch an ihn denken konnte. Auch wenn sehr zum Ärger meiner Mutter, da ich beim Packen für die Reise nicht wirklich anwesend war.
Und schließlich fand ich mich Freitag morgens im Bus nach Tschechien wieder. Phil, mein verrückter und allerbester Freund seid Jahren saß neben mir. Wenn ich mit einem Menschen duch die Hölle gehen würde, dann mit ihm. Seid der 8ten Klasse waren wir nur im Doppelpack erhältlich. Er war wie der Bruder, den ich nie hatte. Er war und ist auch heute noch mein Seelenverwandter und einer der besten Menschen, die ich jeh kennengelernt habe. Schmächtig, braune kurze Haare und nicht sonderlich groß, aber mit einem reinen Herzen.
Er schlief an diesem Morgen noch halb ,als der Bus lostuckerte.
Doch an diesem Morgen heulte ich ihm dauernd die Ohren voll, dass ich ihm schreiben wollte.. oder auch nicht.
Das tat ich seid den letzten zwei Tagen.
Schließlich richtete er sich auf. „Ati ,meine Güte, du wirst ihm jetzt schreiben und wenn nicht… verdammt dann tu ichs!“ sagte er schließlich entnervt und doch mit einem lächeln auf den Lippen. Er kannte mich besser als jeder andere und wusste immer genau, was in mir vorging. Und meist auch immer ,was das beste für mich war… meist sogar noch bevor ich es wusste. Genau in so Augenblicken gab er mir immer diesen einen kleinen Ruck, der mich in die richtige Richtung wies. Also nahm ich mein Handy und schrieb ihm, eigentlich schon überzeugt davon , dass er nicht antworten würde. Nervös blickte ich immer wieder auf mein Handy… nach draussen… und zu Phil. Das ging 20 Minuten so… dann antwortete er. Und da begann es. 10 der Schönsten Tage , meines Lebens, indenen ich ununterbrochen mit ihm schrieb. Wir erzählten uns so vieles und ich erfuhr endlich mehr über ihn. Miri hatte sich geirrt, er war single, was mich natürlich noch mehr auf Wolke sieben schweben lies. Er erzählte mir, dass er auf die Höhere Handelsschule ging um später einmal Bankkaufmann zu werden. Er rauchte nicht und nahm keine Drogen. Lebte mit seiner Mutter und seiner geistlich behinderten Schwester seid ein paar Jahren in dem Miethaus. Er war scheidungskind und hatte zu seinem Vater kein sonderlich gutes Verhältnis. Alles in allem ein wundervoller Mensch inden ich mich jeden Tag mehr verliebte. Die Woche in Prag war wundervoll und die beste Klassenfahrt überhaupt, in der unsere Klasse wirklich zu einer Einheit wurde.
Und ich… schwebte in anderen Welten.
Vier Handykarten später tuckelte der Bus uns sehr früh morgens wieder nach Hause. Ich hatte quasi 10 Tage am Stück gefeiert, so wie der Rest unserer Klasse und im Bus war es Mucksmäuschenstill… so gut wie jeder fiel in einen Komatösen Schlaf. Nur wir raucher stiegen alle 2 Stunden mal aus um eine zu rauchen. Aber auch daran habe ich kaum Erinnerung, weil ich selbst da glaube ich halb am schlafen war. Auf der Rückfahrt saß Kimmi neben mir und schlief auch die meiste Zeit. Ich hörte das Nightwishalbum „Once“ in der Dauerschleife während ich schlief. Aber auf einmal kniff sie mich in die Seite. „Wasn süße… dauert doch noch… will jez nich rauchen“ gab ich ihr im Halbschlaf als Antwort.
„Süße wir sind schon in Hermesdorf, wir sind gleich da!“ sagte sie aufgeregt, weil sie von der Sache mit dem neuen Jungen gehört hatte und wusste, dass ich ihn bald sehen würde. Auf einmal war ich hellwach, nahm die Stöpsel aus den Ohren (die schon sehr weh taten, weil sie seid Stunden nicht rausgenommen worden waren) und blickte aus dem Fenster. „Oh mein Gott Kimmi! Wie sehe ich aus? Sag schon! Hast du Make up? Oh nein…. Nur noch so wenig Zeit!“ ich geriet in Panik. Sie lächelte mich nur beruhigend an und frischte mein Make Up auf… schließlich reichte sie mir die Haarbürste. „ Ganz ruhig Maus, du siehst toll aus. Es wird alles gut laufen. Er mag dich“ sagte sie lächelnd. Aber mein Puls raste immer schneller umso näher wir der Stadt kamen. Schließlich kamen wir am Buswendeplatz an und ab diesem Augeblick weiß ich nicht mehr viel. Nur das ich zu Hause kurz ein bisschen dösen wollte und dann in einen schlaf fiel… der leider 20 Stunden dauerte. Als ich am nächsten Mittag aufwachte hätte ich heulen können. Wie hatte das passieren können! Morgen würde er doch schon fliegen. Ich schrieb ihm sofort und ein paar Stunden später, stand er vor meiner Tür. Ich war so nervös, dass ich dachte meine Knie würden meinem Gewicht nicht standhalten. Und da stand er dann: So vollkommen, wie ich ihn in Erinnerung hatte und lächelte mich an. Als wir uns umarmten, hätte ich ihn am liebsten nie wieder losgelassen. Wir gingen in mein Zimmer und setzten uns auf mein Bett. „ Und? Wie wars?“ lächelte er. Und so fing ich an ihm zu erzählen, wie wundervoll es war. Dass wir so viel unternommen hatten und Abends so viel gefeiert hatten, dass wir meist vor Sonnenaufgang nicht ins Bett gekommen waren. Dass ich eine so starke Klassengemeinschaft noch nie erlebt hatte und natürlich unsere beiden Lehrer, die besten waren, die man sich hätte wünschen können.
Er schien sich darüber sehr zu freuen, aber er war auch sehr zurückhaltend, genau wie ich. Nur ab und an trafen sich unsere Blicke und jedes Mal war es so, als würden Tausend Blitze durch meinen Körper fahren. So verliebt war ich noch nie gewesen. Und es schien ihm nicht anders zu gehen. Leider hatte er nicht viel Zeit, da der Flug am nächsten Morgen schon sehr früh gehen würde. Zur Verabschiedung umarmten wir uns wieder, länger und intensiver dieses Mal, weil wir beiden schmerzlich erkennen mussten, dass wir uns wieder zwei Wochen nicht sehen würden. Ich konnte meine Tränen zurückhalten ,bis er gegangen war.
Die nächsten zwei Wochen krochen langsam wie ganze Menschenleben dahin. Es war schrecklich. Meine Sehnsucht wurde jeden Tag schlimmer und alles was ich von ihm hatte war dieses eine Foto, dass ich geschossen hatte, als er das eine Mal bei mir gewesen war. Ich trug es ständig bei mir, schlief sogar damit ein. Wir schrieben uns natürlich ständig, aber das reichte schon lange nicht mehr. Ich wollte bei ihm sein, in seinen Armen liegen, seinen Duft riechen, der mich jedes Mal betörte. Die letzte Woche konnte ich es kaum mehr ertragen ohne ihn.
Und dann… kam der Tag seiner Wiederkehr. Er hatte mir am Abend davor geschrieben wann er kam und „… wenn ich zurück bin, muss ich dir etwas sehr wichtiges sagen“
Dieser Satz ging mir nicht mehr aus dem Kopf.
Wie ein kleines Kind am Weihnachtsabend wartete ich in meinem Zimmer am Nachmittag des 31 Oktober 2004.
Ich konnte nicht mehr klar denken, spielte nervös mit einer meiner dunkelbraunen Haarsträhne. Und auf einmal, klopfte es dann. Ich hielt die Luft an.
Und er kam herein. Mir fehlen die Worte, zu beschreiben, welche Gefühle mir in diesem Moment durch den Körper strömten. Ich sprang auf und fiel ihm schon fast in die Arme. Er schloss sie fest um mich, so als wollte er mich nie wieder loslassen.
„Ich habe dich so vermisst“ ,sagte er leise und mein Herz machte einen Sprung.
„Dir ist klar, dass ich dich jetzt nie wieder loslassen werde oder?“, gab ich glücklich zurück.
„Da hab ich nichts gegen“ lächelte er und jetzt sahen wir uns in die Augen. „Aber macht es dir was aus, wenn wir uns setzen?“ Er blickte zu seinem Fuß. In dem Moment fiel es mir wieder ein! Er hatte im Urlaub einen Unfall gehabt, der ein sehr böses Nachspiel mit sich gezogen hatte. „ Oh… ja klar“ stotterte ich nur und ging mit ihm herüber zum Bett.
So saßen wir nun da, er rechts von mir und sehr schüchtern. Es entstand eine kleine Pause. Schließlich fasste er den Mut und sah mir tief in die Augen. „Ich muss dir was sagen…“ Ich hielt die Luft an. „Ich hab mich total in dich verliebt“
Und in diesem Moment war es um mich geschehen. Ich konnte nicht mehr denken. Mein ganzer Körper war erfüllt von so vollkommenem Glück, dass mir wirklich die Worte fehlten.
Also machte ich das, was ich in so Situationen machte die mich überforderten… ich versaute es.
„ Da…danke… dass du mir das gesagt hast“ brachte ich nur stotternd hervor und war gelähmt. Ich konnte mich nicht mehr rühren. Dieses Glück hatte mich so plötzlich getroffen.. so plötzlich erfüllt .. ich hasse mich heute dafür, wie ich reagiert habe.
Er sah das natürlich als Abfuhr .. nun , wer hätte das nicht. Ab dem Augenblick reden wir nicht mehr viel. Er hatte mir ein kleines Kuscheltier mitgebracht, eine kleine Maus, die ich Eddy nannte und die ich bis heute noch besitze. Ich schlief ab jener Nacht immer mit ihr im Arm. Als er ging und ich ihn nach oben brachte, brach ich endlich den Bann ,der mich so erfasst hatte. Ich hielt ihn am Arm fest und zog ihn an mich. Er blickte mich fragend an. Ich blickte ihm ganz tief in die Augen. „Ich war schon in dich verliebt… da wusstest du noch gar nicht ,dass es mich gibt.“ In diesem Augenblick verschwand jeder Zweifel und jede Traurigkeit aus seinem Blick und verwandelte sich in ein strahlen, so hell, dass selbst die Sonne verblasst wäre. Und dann küssten wir uns zum ersten Mal. Ab diesem Augenblick, war ich im Himmel. Wie hätte ich damals wissen sollen, dass er, mein ganzes Glück werden sollte… wie hätte ich damals wissen können, dass ich durch ihn lernen sollte, was wahre liebe ist.. und wie sich wahrer Schmerz anfühlt.. und wie er dich innerlich töten kann..
Die nächsten Monate waren wie der Himmel auf Erden. Wir sahen uns nahezu jeden Tag. Meine Mutter schien ihn zu mögen. Sie sah ihn zwar nur wenn er kam oder ging, aber sie war immer freundlich zu ihm. Seine Familie liebte ich vom ersten Augenblick an. Seine Mutter war die wundervollste Frau ,die ich jeh getroffen hatte. So warmherzig und lieb… und seine Schwester, einfach eine kleine süße Maus. Ich fühlte mich vom ersten Moment an, jedes mal wenn ich bei ihm war sehr wohl.
Dennoch waren wir beide mehr als schüchtern und es dauerte lange, bis er mich lehrte, ihm in die Augen zu sehen. Jeden Tag schwebte ich auf Wolken, ich sah alle Farben dieser Welt so intensiv um mich herum. Die Welt war zu einem schöneren Ort geworden.
In der Schule wurde ich immer besser und schaffte meinen Abschluss mit einem 2er Durchschnitt. Jedes Mal als wir uns trafen, stand die Welt still. Stundenlang verbrachten wir einfach nur damit uns in den Armen zu liegen und uns anzusehen. Wir erzählten uns alles, hatten bald keine Geheimnisse mehr voreinander, teilten einfach alles. An Weihnachten schenkte er mir diese wundervolle, silberne Kette mit dem Herzamulett, die ich die nächsten 5 jahre nie wieder ausziehen sollte. Ich trug sein Herz immer bei mir, wohin ich auch ging. Meine Freunde schlossen ihn auch bald in ihr Herz und alles schien perfekt. Ich erlebte ein Jahr, so vollkommen, dass es viel zu schnell verflog.
Wir wurden jeden Tag mehr eins. Eine Einheit.
Ich lernte auch seine Familie immer besser kennen, seine Oma und seinen Opa, die mir auch, sofort ans Herz wuchsen.
Außerdem seinen besten Freund, der genau wie Phil, ein sehr großes und reines Herz hatte.
Und das Verliebtsein… wurde zu richtiger Liebe. Ein Gefühl, dass ich nie zuvor gespürt hatte und das mich voll erfasste.
Durch ihn weiß ich nun… dass das anfängliche, verliebte, niemals mit Liebe verwechselt werden sollte. Denn diese beiden Gefühle sind so unterschiedlich wie Tag und Nacht. Verliebtheit vergeht eines Tages.. aber Liebe wurde geschaffen, für die Ewigkeit. Wenn man erst wirklich liebt, gibt es kein zurück mehr. Wenn man diese Grenze passiert, ist es unauslöschbar. Denn wahre Liebe verschwindet niemals, egal was geschieht.
Die Montate zogen dahin und ich war in meinem ganzen Leben noch nie so glücklich gewesen. Und im Sommer dann… begannen die Probleme so plötzlich, dass wir beide davon erschüttert waren. Meine Eltern , so schien es, hatten von heute auf morgen einen Packt geschlossen uns auseinander zu bringen, egal mit welchen Mitteln. Und so begann es. Es war nicht schwer für zwei Elternteile eine so junge Beziehung zu zerstören. Schließlich war ich gerade einmal 16 Jahre alt und es war leicht mit ständig irgendetwas zu verbieten. Es begann mit kleinen Sachen. Zum Beispiel wollte ich mit ihm und seiner Familie nach Wiehl ins Freibad und meine Ma sagte dann so etwas wie „Ihr wollt um 2 los? Um spätestens 5 bist du aber wieder hier“ , so dass es sich also kaum lohnte, da Wiehl allein schon eine halbe Stunde von hier entfernt war. Oder eine andere Dinge, an denen ich auf einmal Stubenarrest für Dinge bekam, die einfach nur unberechtigt waren. Sie bekamen es hin, dass wir uns immer weniger sahen. Aber bald mussten sie merken, dass sie sich mit den falschen angelegt hatten. Also wurden ihre „Spielchen“ auch immer drastischer. Ich lag mit ihm in meinem Zimmer und wir erforschten gerade unsere Körper bei Kerzenschein. Es war wunderschön. Und alles war perfekt für das erste Mal. Wir waren kurz davor… als… die Tür aufgerissen wurde und meine Mutter ihn anschrie „MEINE TOCHTER WIRD HEUTE NICHT ENTJUNGFERT, SIE MUSS HEUTE ABEND ARBEITEN!“ Ich habe ihn noch nie so schnell verschwinden sehen. Und sie trieben es immer weiter bis seine und meine Psyche fast vollkommen zerstört waren. Natürlich mischte sich nach dieser Aktion seine Mutter ein und versuchte vernünftig mit meiner zu reden. Weit gefehlt. Seiddem nannte meine Mutter sie eine Hure die bösen Herzens ist. Und seid jenem Tag, durfte ich nicht mehr zu ihm nach Hause. Meine Mutter wurde immer merkwürdiger und ich hatte langsam das Gefühl in einer Psychatrie zu wohnen. Denn meine Eltern sahen ihr Verhalten wirklich als richtig an und ich zweifelte jeden Tag mehr an meinem Verstand. War ich die jenige die durchdrehte? Damals konnte ich nicht ahnen, wieso das alles passierte…
Wo meine Mutter auch war, streute sie Zwietracht in der Familie, sprach schlechtes über ihn, stellte ihn als einen schlechten Menschen dar, sodass , ohne dass ihn irgendwer von ihnen richtig kannte, schon das schlimmste über ihn gedacht wurde. Und egal wie sehr ich mir den Mund fusselig redete, wer glaubt schon einer 16 Jährigen, wenn das Wort ihrer Mutter dagegen steht? Richtig, niemand!
Also stand ich immer mehr gegen meine ganze Familie. Und niemand verstand mich. Ich wurde sogar noch verpöhnt, weil ich zu ihm stand und nicht zu meiner Familie.
Aber eins muss ich sagen… wenn ich jemanden liebe, dann würde ich alles aufgeben. Und genau das tat ich. Ich stellte mich immer vor ihn und nahm ihn in Schutz, auch wenn das hieß, dass ich meine ganze Familie verlor. Es war mir egal, denn er war es denn ich wirklich liebte. Was mir natürlich auch keiner Glaubte, weil ich ja so jung war! Und gar nicht weiß, was das ist! Und so gingen die Psychospiele weiter und weiter und zerstörten ihn immer mehr. Ich kämpfte immer weiter , eher würde ich sterben, als dieses Glück aufzugeben!
Es wurde Winter und unser erster Jahrestag stand bevor.
Und diesen Abend, hatten wir uns so verdient. Nach all dem kämpfen war er wie ein Sieg für uns. Er hatte reserviert in einem wunderschönen Restaurant in Waldbröl. Für 8 Uhr Abends. Wir freuten uns seid Wochen auf diesen Tag. Und als ich an diesem Abend das Haus verlies, rief meine Mutter mir nur nach : „ Um 10 bist du wieder hier“ Ich blieb wie angewurzelt stehen. Ich hatte vor Wochen mühselig mit ihr gehandelt und sie hatte schließlich zugesagt, dass wir uns bis 12 sehen konnten und selbst das war schon wirklich wenig. Ich blickte sie Hasserfüllt an „Das ist verflucht noch mal nicht dein Ernst!“
Sie grinste mich bösartig an „Sry aber länger konnte ich bei deinem Vater nicht rausschlagen“ log sie mir ins Gesicht. Ich schlug die Tür hinter mir zu. Ich weinte. Ich weinte als ich zu ihm ging. Wir hatten so viele Rückschläge aushalten müssen, so viele Dinge, die uns beinahe den Verstand gekostet hätten und selbst diesen Abend, zerstörten sie uns. Auch er war am Boden zerstört. Meine Angst stieg von Tag zu Tag , dass er bald gehen würde. Denn ich würde es verstehen.. nur zu gut.
Er war lange schon nicht mehr so unbeschwert und glücklich wie früher. Meine Mutter hatte ihn psychisch immer mehr zerstört. Dabei hatten wir doch nur einen einfachen Plan gehabt, zusammen glücklich sein.
Und so ging es immer weiter. Immer weiter zerstörten sie uns. Im November dann… konnte er nicht mehr. Es sollte eine Aussprache stattfinden, doch meine Eltern… ich wage nicht daran zurückzudenken… sie behandelten ihn so respektlos und ungerecht, dass er irgendwann mit Tränen in den Augen das Haus verlies. Wir sahen uns dannach noch ein letztes Mal, bei dem er mir sagte, dass er mich mehr liebe, als alles andere zuvor, aber dass seine Kraft am Ende sei. Wir küssten uns unter Tränen.. lange und innig. Ich widersprach ihm nicht, denn ich wollte dass er geht. Wollte, dass er wieder glücklich ist. Und das würde er mit mir nicht werden. Weil meine Mutter bis zu ihrem letzten Atemzug versuchen würde uns zu trennen. Und ich wollte nicht, dass er zu Grunde ging. Also lies ich ihn gehen. Das war Ende November 2005.
Und dann, starb ich innerlich.
Alles was ich jeh gewollt hatte in diesem Leben, alles was ich geliebt hatte, war fort.
Ich brach zusammen, aß und trank nichts mehr eine Woche lang. Lebte in einer Schattenwelt weit entfernt vom Leben.
Phil wich mir nicht von der Seite. Er wusste ich würde meinem Leben ein Ende setzen ,sobald ich gelegenheit dazu fand. Und nach einer Woche dann, klingelte auf einmal mein Handy. Es war Anfang Dezember, das Wochenende, indem der Weihnachtsmarkt in unserer Stadt war.
„Er ist es“ sagte ich heiser zu Phil. Ich redete nicht mehr viel und meine Stimme hörte sich furchtbar an. „Geh ran!“ sagte er energisch. Ich hob meine müde Hand und ging ran. „Ja?“ Phils Augen wurden immer größer. „Hi, ich bins. Kommst du auf den Weihnachtsmarkt?“ hörte ich die tränendurchtränkte Stimme aus meinem Handy. „Ich bin doch nicht verrückt!“ sagte ich nun etwas lauter. „Bitte komm hin….“ Hörte ich die Stimme, die mir so vertraut war, sagen. Phil nickte energisch. Ich zeigte ihm nüchtern einen Vogel. Phil nickte weiter. Ich schüttelte mit dem Kopf. Und als Phils Augen drohten aus den Höhlen zu fallen…. „Schön.. ich bin um 8 unten“ dann legte ich auf. Ich wäre ihm am liebsten an die Gurgel gesprungen. Aber er tat es als nichts ab und so fand ich mich um 8 Uhr unten auf dem Marktplatz wieder. Dieses Jahr hatte es noch keinen Schnee gegeben. Die Dunkelheit war bereits hereingebrochen und als ich in den Himmel blickte, fielen die ersten Schneeflocken herab. Die größten, die ich in meinem Leben jeh gesehen habe. Ein paar Augenblicke später konnte man die Hand vor Augen nicht mehr sehen. Immer wieder blickte ich mich um. Was wollte er noch von mir? Ich hatte innerlich schon mit meinem Tot abgeschlossen, egal was er jetzt noch wollte, nach diesem Treffen wäre es vorbei für mich. Aber immerhin, würde ich dann noch ein letztes Mal in dieses vollkommene Gesicht sehen können… seine Engelsgleiche Stimme ein letztes Mal hören und mich noch ein letztes Mal… in diesen tiefen Augen verlieren.
Ich würde dannach sterben, aber das war mir egal. Nur aus diesem Grund war ich hier und bin darauf eingegangen ihn zu sehen. Ich hatte gesehen, was eine Woche ohne ihn mit mir gemacht hatte… und ich wusste , ich würde nicht mehr lange durchhalten. Und dann… sahen wir uns. Unter all den Menschen und dem vielen Schnee, waren dort zwei Menschen die sich sehen konnten. Und ich lief, lief auf ihn zu und er tat es mir gleich.
Wir hatten beide Tränen in den Augen als wir uns endlich im Arm hielten und unsere Lippen sich berührten. Dieser Kuss versiegelte unsere Liebe glaube ich. Er sagte mehr als tausend Worte. Nach diesem Kuss, der mein ganzes Leben veränderte, blickte er mir tief in die Augen und sagte die Worte, die ich niemals vergessen werde. „Ich kann und will nicht ohne dich leben, nie wieder. Es ist mir egal, was deine Eltern machen, ich werde dich nie wieder im Stich lassen.“
Ich kam mir vor, wie in meinem wunderschönsten Traum. Ich spürte ihn ganz deutlich, sah ihn, doch das alles schien so unwirklich! Erst als seine Mutter mir lächelnd und dann weinend in die Arme lief , realisierte ich, was hier geschehen war. Auch ich konnte die Tränen jetzt nicht mehr zurückhalten und ich glaube, an diesem Abend, war ich der glücklichste Mensch auf der ganzen Welt.
Die Stunden dort unten auf dem Marktplatz flogen dahin und wir ließen uns treiben. Überall roch es nach Weihnachten und der Schnee fiel immer weiter auf uns herab. Es war ein wunderschöner Abend, mit meiner ganz persönlichen kleinen Familie.
Es fiel mir schwer an diesem späten Abend als Phil und ich nach Hause gingen, so zu tun, als hätte sich nichts verändert. Ich setzte eine traurige Miene auf, als meine Mutter uns die Tür öffnete. Sowieso war unser Verhältnis dermaßen kaputt, dass es nie wieder das selbe wie früher sein würde. Ich hatte ganz klar von Anfang an Stellung bezogen und das wusste sie. Ich hatte mich gegen meine Familie und für ihn entschieden. Und als er gegangen war, vor einer Woche, hatte meine heuchlerische Mutter nichts anderes zu tun, als in mein Zimmer zu kommen und mich in den Arm zu nehmen. Zu sagen „Das geht vorbei… hey, ich hab dir von Anfang an gesagt, er ist kein guter Mensch, ich bin da“ und das in einer so überzeugenden ,traurigen Stimme, als würde sie ihre Worte selber glauben.
Wie gesagt, es war der reine Psychoterror. Aber indem Moment stieß ich sie von mir „ Du… du- verschwinde aus meinem Zimmer! Verschwinde aus meinem Leben.. du, du allein bist schuld, dass er gegangen ist, du hast alles kaputt gemacht.. verschwinde!“ schrie ich sie an. Ich wusste nicht wirklich was ich sagen sollte, ich war kurz davor, den Verstand zu verlieren. Was sollte man so einer Frau noch sagen? Sie war anscheinend schon so gestört, dass sie wirklich glaubte, was sie da sagte.
Seiddem redete ich kaum mehr mit ihr. Auch wenn ich ihn jetzt zurück hatte, das würde sich nicht mehr ändern.
Mit meinem Vater redete ich sowieso kaum. Wenn man diesen Mann Vater nennen kann. Früher, als ich jünger war, hat er viel mit mir unternommen und es war schön. Aber seid ich erwachsener wurde, wurde auch das immer weniger und schließlich wurde er nur noch der jenige, der Befehle erteilte, Gesetze entweder verbot oder erlaubte, die meine Mutter ihn fragte. Er war mehr wie ein Tyrann der herrschte und mir immer befahl, was ich zu tun, und was zu lassen habe.
Er hatte das sagen und wenn man nicht tat ,was er wollte, gabs eben ne Ohrfeige. So einfach war das. Respekt nennt sich so was bei ihm. Ich hatte nie Respekt vor ihm, immer nur Angst.
Wie auch immer als Phil und ich in meinem Zimmer waren fiel ich ihm glücklich um den Hals und wir berieten, was nun zu tun war. Wir entschieden, das alles erstmal geheim weiterlaufen zu lassen. Schließlich hatten wir Schule und es gab genug Möglichkeiten dannach oder zwischen Freistunden Zeit zu finden. Außerdem waren auch all meine anderen Freunde bestens über die Situation aufgeklärt und waren mehr als gewillt mir so viele Alibis wie möglich zu verschaffen.
Weihnachten stand wieder einmal vor der Tür und eben durch jene Alibis kamen er und ich uns immer näher. Wir verbrachten ganze Nachmittage bei ihm zu Hause bei seiner Familie und liessen meine Eltern in dem glauben, ich sei bei Phil oder Freunden.
Und am Abend des dritten Advent dann ,passierte es zum ersten Mal. Und es war wunderschön. Ein Erlebnis ,dass ich nie wieder vergessen werde. Unsere zwei Körper ,verschmolzen zu einem und es war reine Poesie. Es war nicht geplant, Kerzen brannten, leise Musik lief im Hintergrund.. es war einfach wunderschön.
Nichts würde uns jetzt mehr trennen können… Unser Band war so stark geworden, dass nichts es mehr hätte trennen können.
Weihnachten kam und ging, das Jahr 2006 brach an.. und damals konnte ich nicht wissen, dass es zu einer der schlimmsten Jahre meines ganzen restlichen Lebens werden würde. Im Frühling schien es, als hätten er und ich es endlich geschafft: Meine Mum kam eines Tages auf mich zu und sagte einfach „Ich weiß dass du ihn liebst und ich weiß, dass ich dich verloren habe. Du brauchst dich nicht mehr heimlich mit ihm zu treffen. Ich kann dich eh nicht mehr davon abhalten ,also werd glücklich“ ich stand da wie gelähmt. Meine beste Freundin Iris stand ebenfalls neben mir und konnte nicht fassen, welche Wörter da gerade den Mund meiner Mutter verlassen hatten.
Ich schmetterte ihr ein trockenes „Danke“ zu und ging. Was hatte sie erwartet? Das sie fast zwei Jahre nicht nur mein Leben sondern auch seins zerstört und es mit den paar Worten getan ist?
Nein, das was sie uns angetan hatte war so gut wie nicht mehr gut zu machen. Aber gut, ich wollte sie es wenigstens versuchen lassen, denn ich bin der letzte Mensch, der anderen keine zweite Chance gibt. Und ab dem Augenblick wurde alles leichter. Wir sahen uns wann wir wollten , aber natürlich nicht über Nacht, das war streng verboten bis ich 18 war und machten das beste aus den vielen Verboten die weiterhin immer bestand waren in unserem Leben.
Aber wir waren glücklich. Und meine Mutter teilte mir mit, ihr Therapeut hätte ihr ja gesagt, sie hätte diesen Schritt gehen sollen. Na klar, von sich aus wäre das auch nie passiert! Und egal wie viel Mühe sie sich gab, so zu tun, als sei alles in Ordnung, ich durchschaute sie jedes Mal. Es war alles gelogen, alles. Sie heuchelte das alles nur. Aber mir war es so egal, denn ich hatte mit ihr nicht mehr viel am Hut, weil ich seid etwa zwei Jahren ihr wahres Gesicht kennengelernt hatte und es war okay. Denn ich hatte ihn. Und wir hatten uns. Und nichts brauchte ich mehr um glücklich zu sein. Mutter? Seine Mutter war immer mehr wie eine Mutter für mich gewesen. Mit ihr konnte ich über alles reden, sie mochte mich selbst wie eine Tochter und bei ihr fühlte ich mich so wohl. Ich hatte bei ihm wirklich ein neues zu Hause gefunden, aber nicht weil ich es so wollte, sondern weil meine Familie im wahrsten Sinne des Wortes verrückt geworden war. Und ich weiß, dass ist alles schwer zu glauben, aber meine Erinnerungen lügen nicht und auch nicht das, was ich erlebt habe und hier aufschreibe. Und auch meine Freunde ,haben all das, am eigenen Leib erfahren damals.
Doch für Außenstehende war das alles natürlich nicht zu verstehen. Da war ich die Abtrünnige Tochter, die sich wegen irgendeinem Kerl einfach so gegen ihre Familie gestellt hat. Aber das war mir egal, solange ich die Wahrheit kannte.
Die Fassade meiner Mutter hielt nie lange. In manchen Nächten kam sie einfach so in mein Zimmer gestürmt und schrie mich an , was ich den von ihm wolle, dass er alles zerstört habe und ich ihm gehorche wie ein dummes Mädchen. Wie gesagt, es hörte nie auf, aber es war mir egal geworden. Ich hatte meine Mutter an den Wahnsinn verloren und wusste nicht einmal warum.
Vielleicht hätte ich mehr nachhacken sollen damals… vielleicht, mehr Zeit damit verbringen rauszufinden, was mit ihr los war. Aber ich tat es nicht. Ich tat es nicht weil ich zu wütend war auf sie, zu stolz.
Und das, werde ich mir nie vergeben.
Im Sommer 2006 stand mir ein Urlaub mit meinem Vater bevor. Wir wollten zwei Wochen nach Athen zu meinen Verwandten fliegen. Meine Ma kam nicht mit, genau wie letztes Jahr und ich fragte nicht einmal mehr warum. Sie hatte mir so viel angetan, dass es mich gar nicht mehr interessierte. Geblendet von Hass, war es mir einfach egal und auch Recht, weil ich dann mal zwei Wochen ruhe vor ihr und ihren Heucheleien hatte. Was zwei Wochen mit meinem Vater betraf so war ich Optimistisch, denn sobald wir beiden allein waren in Athen, wurde er immer zu einem ganz anderen Menschen. Zu einem Menschen der lacht, mit dem man reden kann.
Und die beiden Wochen waren eine wunderschöne Zeit, indem ich meine Griechische Familie wiedersah, mein Land- das ich so liebte. Die zeit verging wie im Flug und in der zweiten Woche hatte ich meinen Vater sogar so weit, dass er sagte, er wolle mal mit Ma drüber reden ,ob ich nicht mal bei Dom schlafen könnte. Ich war glücklich. Wir waren gerade in einem Ferienhaus bei Papas bestem Freund und er bot uns an diesem Abend an, nächstes Jahr wieder zu kommen und Ma und Dom mitzubringen. Ich war überglücklich und glaubte doch tatsächlich für einen Moment, dass dies wirklich sein könnte. Weil mein Vater schien ihn aktzeptiert zu haben und da ich immer dachte, mein Vater sei auch gegen ihn, fiel mir ein großer Stein vom Herzen. Mum hatte gar keine andere Wahl mehr als ihn zu mögen, wenn es sogar der Chef, mein Vater schon tat. Also rief ich sie an diesem Abend glücklich an und erzählte ihr von unserem Vorhaben. Aber sie… rastete komplett aus und schrie mich nur an. Wir stritten uns und irgendwann legte ich mit Tränen in den Augen auf. Ich war enttäuscht und wütend. Wie konnte ich glauben, dass sie sich ändern konnte.
Dannach haben wir noch einmal geredet und sie hörte sich an dem Tag wirklich beschissen an. Krank und.. alt. Sie wollte nicht sagen was los ist und schob es auf ihr Astma.
Es war ein geheucheltes Gespräch, nichts wahres wurde gesagt, nur oberflächlicher Mist.
Und als ich an dem Abend auflegte, wusste ich nicht, dass es das letzte Mal sein würde, dass ich mit ihr sprechen würde.
Dass ich nie wieder die Gelegenheit bekommen würde, etwas mit ihr ins reine zu bringen.
Ich würde nie wieder ihre Stimme hören.
Der Anruf meines Großvaters aus Deutschland erreichte und an unserem letzten Tag in Athen.
Mum sei zusammengebrochen und läge nun im Krankenhaus.
Es war für uns alle ein Schock, aber man versicherte uns, es ginge ihr gut und sie wäre gestern Abend noch ansprechbar gewesen.
Doch wir wollten nur noch eins, nach Hause.
Auf dem Rückflug freute ich mich sehr auf Dom, hatte aber auch Sorge um meine Mutter. Wir kamen um 5 Uhr morgens in Waldbröl an und ich schlief mehr, als dass ich wach war.
Dom stand auf der Straße als wir wiederkamen und es war ein schönes Wiedersehen. Mein Vater wollte ins Krankenhaus und ich bat ihn, ein paar Stunden zu Dom zu gehen, weil ich sehr müde war. Er willigte ein. Ich verbrachte ein paar wundervolle Wiedersehensstunden mit ihm und schlief zum ersten Mal in seinen Armen ein.
Und wachte in ihnen liegend wieder auf. Ich hatte zum ersten Mal bei ihm geschlafen und es war wundervoll.
Nachmittags meldete sich mein Vater bei mir und sagte mir, Mama schliefe jetzt, die Ärzte hätten sie in einen künstlichen Schlaf versetzt. Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte, aber mehr wusste er nicht. Also blieb ich erstmal bei Dom. Zu dem Zeitpunkt dachte ich an nichts schlimmes und wollte sie wiedersehen, wenn sie wach war. Das sagte ich auch meinem Vater.
Aber sie wachte nicht wieder auf.
Tage vergingen und ich besuchte sie. Sie lag an so vielen Schläuchen angeschlossen da, das es mir Tränen in die Augen trieb. Jetzt hieß es auf einmal sie habe einen Herzstillstand erlitten, als sie im Krankenhaus war.
Aber das ergab alles keinen Sinn! Schließlich hatte sie sich doch nur den Kopf gestoßen.
Als wir da neben ihr standen, sah mein Vater meine Tränen und meinte in einer sanften Stimme, die ich von ihm nicht kannte „Nicht weinen, sie wird bald wieder aufwachen, sie schläft ja nur“.
Also blieb ich stark und weinte nicht. Ich glaubte ihm.
Aber die Zeit verging und das gerede der Ärzte wurde immer verwirrender.
Sie würden jetzt wohl anfangen sie langsam wieder zurückzuholen, aber sie müsste nach Köln überwiesen werden dafür, falls sie aufwacht und einen Panikanfall erleidet. Die Ärzte dort seien wohl besser auf solche Fälle vorbereitet.
Ich verstand gar nichts mehr und so fuhr mein Vater mit nach Köln. Jede Minute ersehnte ich seinen Anruf, das Mama wieder wach sei und dass ich sie endlich sehen konnte, mit ihr reden konnte.
All das vergangene war so vergessen, dass es mir Angst machte. Ich wollte sie einfach nur wiederhaben. Ihr sagen, dass es mir leid tut, dass ich sie liebe.
Sie sollte einfach zurückkommen!
Aber das tat sie nicht. In Köln klärte man meinen Vater endlich auf: Meine Ma lag in keinem künstlichen Schlaf,
sie lag im Wachkoma, aus dem sie keiner mehr zurückzuholen vermochte.
Für mich brach in diesem Moment eine Welt zusammen.
Aber ich weinte nicht. Ich konnte nicht.
Es war wie ein Schockzustand. Ein böser Traum, der mich in meiner ganz eigenen ,kleinen Welt gefangen hielt.
Monate vergingen, ich wurde in der Schule immer schlechter, wurde gereizter und unausstehlich zu anderen Menschen, die überhaupt nichts dafür konnten. Auch zu Dom.
Mum wurde nach Hennef verlegt in eine Kurklinik ,sie hatte dort ein eigenes Zimmer mit Balkon.
Sie lag da Tag und Nacht, die Augen starr geöffnet. Ich war nicht oft dort, sie zu besuchen. Ich konnte einfach nicht. Wenn ich da war mit der anderen Familie, kam es mir immer wie ein Zirkus vor, indem alle die ganze Zeit auf jemanden starren. Wie auf ein eingesperrtes Tier.
Es war grauenvoll.
Und ich sperrte mich immer weiter ein in meine Welt des selbsthasses und der verdrängung.
Mein Leben geriet aus den Fugen, doch Dom war immer da, versuchte mir zu helfen. Aber er konnte es nicht. Niemand konnte es. Wenn ich sie da liegen sah. So hilflos.. eingesperrt in ihrem eigenen Körper. Oft saß ich bei ihr und sang ihr Lieder vor die sie mochte. Oder erzählte ihr was um sie herum passierte. Bis mir die Tränen kamen und ich sie immer nur anflehte zurück zu kommen. Wach zu werden. Das ich sie brauchte, und vermisste. Und, dass ich sie liebte.
Dass ich nicht wollte das sie ging. Und manchmal, ganz selten, wendete sie dann den Blick auf einmal auf mich und… sah mich an. Sie sah nicht durch mich hindurch wie sonst immer. Sie fixierte mich. Sie sah mir in die Augen. Und ich wusste sie hörte mich. Und manchmal, als sie meine Tränen sah, weinte auch sie. Dann rannen ihr leise Tränen die Wange herunter. Sie war eingesperrt in ihrem Körper obwohl ihr Geist noch da war. Dieser Gedanke war so unerträglich für mich, dass ich an meine Grenzen kam.
Deswegen konnte ich dort öfter nicht hin, aber ich betete jeden Tag um ein Wunder. Jeden Tag betete ich, dass er sie aufwachen lässt. Ich erzählte ihr oft von einem neuanfang, wir würden alles noch einmal von vorne beginnen. Sie , ich und Dad. Wir alle. Und alles würde gut. „ Bitte wach auf“ habe ich so oft zu ihr gesagt. Unter Tränen, laut und leise. Immer wieder wenn mein vater gerade raus war aus dem Zimmer um irgendwas zu erledigen. Weil wenn er da war, konnte ich es nicht. Konnte ich keine Gefühle zeigen. Ich weiß nicht warum.
Als die letzten Blätter von den Bäumen gefallen waren, war ich nur noch ein Schatten, gefangen in meiner eigenen Welt, in die ich niemanden mehr hineinlies. Dom und ich stritten uns auf einmal immer öfter, teilweise weil ich einfach unfair zu ihm war. Bis heute weiß ich nicht warum.
Ab und an fuhren wir Ma durch den großen umliegenden Park, damit sie etwas von dem wunderschönen Herbst sah. Aber ihr Zustand veränderte sich nicht.
Es war wie, als würde ich in zwei Welten leben, die in der Ma im Wachkoma lag und die, in der ich Abends mit Dom zusammen war und all das so weit weg schien. Es war, als hätte Dom seinen Platz in der anderen Welt nicht gefunden. Vielleicht, weil er auch nicht einmal mitgekommen war, sie besuchen. Aber er versuchte mir alles zu geben. Ich glaube heute, das hätte er nur gekonnt, wenn er da bei mir gestanden hätte, an ihrem Bett. Aber das hat er nie.
Ich glaube, ab da war eine Kluft zwischen uns, die immer größer wurde.
Weihnachten rückte immer näher doch auch nach so vielen Monaten, kam der Alltag nie zurück.
Meine Oma und Opa aus Griechenland waren angereist, um uns im Alltäglichen zu unterstützen, denn Papa war jeden Tag von früh bis spät in Hennef.
Er war nach außen hin immer stark, aber ich glaube innerlich zerstörte es ihn immer mehr, genau wie mich.
Ich schrieb nur noch schlechte Noten, obwohl mein Abi immer näher kam.
Ich hatte aber immer noch schöne Stunden mit ihm, wo wir eins waren. Er schenkte mir zu unserem zweiten Jahrestag Silbermond Karten für Anfang Dezember. Das Konzert war wundervoll und ich hatte bei unserem Lied „das Beste“ meinen zweiten ,unvergesslichen Kuss. Das werde ich nie wieder vergessen.
Der morgen des 12ten Dezember brach an und ich saß in Latein. Herr Hellert bat mich etwas kopieren zu gehen. Ich stand grummelnd auf, weil es schon neun war und um zehn nach neun die stunde endete und ich eigentlich vor der nächsten noch eine rauchen gehen wollte. Da der Drucker aber in der Hauptschule war, war das kaum zu schaffen. Ich schnappte mir also die Papiere und ging das eine Stockwerk runter zum Haupteingang.
Am Fuße der Treppe traf mich der erste Schlag: Mein Onkel und mein Vater standen dort! Ich strahlte vor Freude und stürmte zu ihnen. Ich war mir sicher, endlich war es soweit, sie war wach! Und endlich würde ich sie in den Arm nehmen können, so wie ich es mir so viele Nächte lang ausgemalt hatte.Ich würde sie endlich um verzeihung bitten können und ihr sagen, wie sehr ich sie liebe! Endlich würde alles gut. Aber als ich vor ihnen stand und in ihre Mienen sah, versteinerte meine plötzlich.
Mein Onkel trat auf mich zu. „ Artemis, deine Mutter.. hat sich entschieden.. zu gehen“ Er drückte mich an sich.
Was dann geschah ,weiß ich nicht mehr.
Ich weiß nur, dass es sich wie sterben anfühlte.
Dass seine Worte, wie Messerklingen mein Herz rammten und es in Stücke rissen.
Sie brachten mich nach Hause, aber ich war wie in Trance.
Erst als ich zu Hause vor meiner Oma stand und ihr Gesicht sah, realisierte ich es ein bisschen.
„ Sag , dass es nicht wahr ist… pes mou, oti einai psema..“ sagte ich immer wieder zu ihr auf griechisch unter Tränen. Aber sie schloss mich nur in die Arme und weinte. Meine Augen wurden starr. Ich riss mich los und rannte nach oben zu meinen anderen Großeltern. Meine Oma saß weinend auf der Couch „bitte… sag , dass es nicht wahr ist Oma“ sagte ich hilfesuchend zu ihr. Aber sie schüttelte nur den Kopf und weinte. Ich konnte es nicht glauben, wollte es nicht wahrhaben.
Das konnte einfach nicht wahrsein!
Es durfte nicht!
Ich fand mich wieder in Hennef.
Ich stand vor ihrer Zimmertür, aber ich konnte einfach nicht hineingehen. Es durfte nicht wahr sein, was sie alle sagten. Meine Mama konnte nicht tot sein. Da ergriff mein Onkel meine Hand und führte mich hinein. Sie standen alle um ihr Bett herum.
Ich zitterte am ganzen Körper, langsam trat ich genau neben sie. Sie lag so ruhig da, die Augen geschlossen und die Hände über der Brust gefaltet, wie zum gebet. Mein Onkel begann zu beten.
Ich hielt die Luft an. Leise rannen die Tränen meine Wange hinab. Ich blickte starr zu ihr, in ihr Gesicht.
Sie lag so friedlich da… sie ist nicht tot. Sie kann nicht tot sein. Doch nicht einfach so!
Ich ergriff ihre Hand und zuckte sofort zurück. Ihre Haut war von einer Kälte überzogen, wie ich sie noch nie gespürt hatte.
Seid her eckele ich mich vor kalten Sachen.
Es kostet mich viel Mühe sie anzufassen.
Ich ergreife ihre Hand. Sie ist hart und leblos.
Meine Knie werden weich und scheinen unter mir nachzugeben.
Ich begreife in diesem Augenblick, als sie dort vor mir liegt, dass sie gegangen ist. Dass sie nie wieder die Augen öffnen würde. Dass, ich nie wieder ihre Stimme hören würde… oder ihr lachen. Oder ihr weinen.
Ich lege meinen Kopf auf ihre Brust und weine. In Gedanken schreie ich ihr zu „Bitte komm zurück… komm zurück.. wach einfach auf… ich brauche dich hier. Ich liebe dich!“
Aber sie wacht nicht auf. Sie würde nie wieder aufwachen.
Nach einer halben Ewigkeit packt mich jemand an der Schulter. Ich will nicht gehen. Ich will hier bleiben und bei ihr sterben. Lasst mich allein! Lasst mich bei ihr! Aber kein Wort kommt aus meinem Mund. Nichts. Nur ein schluchzen entrann meiner Kehle. Sie zogen mich hoch. Ich riss mich los, blickte sie an. Und dann, senkte ich meinen Kopf und küsste ihre Stirn. Das weinen um mich herum hörte ich nicht.
Ich küsste sie. „Ich liebe dich“ sagte ich unter Tränen, dann brachten sie mich nach draussen.
Es ging alles so unglaublich schnell dass ich kaum begreifen konnte. Viel zu schnell. Vielleicht ist auch deshalb alles so gekommen wie es gekommen ist.
Dom und Phil hatten erfahren was geschehen war und warteten zu Hause auf mich.
Aber nichts gab es, was sie hätten sagen oder tun können. Welten trennten mich nun von ihnen.
Sie waren nicht da gewesen, hatten es nicht gesehen, sie nicht gespürt.
Wieso war Dom nicht da gewesen? Wieso?
Wieso entfernten wir uns immer weiter, weil er sich weigerte, teil von dieser Welt zu werden? Weil er sie nie mit besuchen wollte und sich immer raushielt?
Wie sollte ich mich nun von so einem Menschen verstanden fühlen? Wie sollte er auch nur im Ansatz verstehen können, wo er sie doch nicht einmal gesehen hatte, all die Monate?
Wir waren so glücklich und unbeschwert gewesen aber nun hatte uns das Leben entgültig einen Strick durch die Rechnung gemacht. Wieso ist das Leben so ungerecht? Wieso liegen so vollkommenes Glück und das schlimmste Leid immer nur so nah beieinander?
Die Wahrheit ist, niemand konnte mich verstehen. Außer einer Freundin, zu der ich seid Jahren keinen Kontakt mehr hatte. Desiree. Eine Sandkastenfreundin die ihre Mutter auch vor Jahren an den Krebs verloren hatte. Sie wäre die einzige gewesen, die in der Lage gewesen wäre, es zu verstehen.
Ich fühlte mich allein, auch wenn so viele Menschen um mich herum standen und mir beistand gaben. Niemand konnte mir helfen.
Nicht einer von ihnen, auch wenn ich sie alle über alles liebte. Aber das ist nun mal die Wahrheit.
Dom wich mir nicht mehr eine Sekunde von der Seite.
Wir waren viel mit meiner Familie zusammen und trauerten. Aber wirklich realisiert hatte ich es nicht mehr. Nur in dem kurzen Augenblick als sie da vor mir lag.
Es fanden zwei Beerdigungen statt. Die eine in einer Kapelle, als sie in einem Sarg lag und die andere am Friedhof, als wir ihre Urne beisetzten.
Ich sehe mich dort wieder sitzen in eben jener Kapelle. Sehe den Sarg vor mir, so prächtig geschmückt mit Blumen und Kränzen. Es war eine normale Zeremonie, ich hörte dem Pfarrer kaum zu als er sprach. Zwischen den Gebeten wurden Stücke von Theodorakis gespielt, ihrem liebsten Komponisten.. und am Ende das Lied, dass ich ihr gewidmet hatte „Tears in heaven“ Als die ersten Töne erklangen, konnte ich die Tränen nicht mehr zurückhalten und weinte. Mein Onkel stand auf und zündete eine von vielen Teelichtern an und stellte es vor ihren Sarg. Er war der erste, ihr Bruder. Dann kam er zu mir und reichte mir seine Hand. Unter Tränen stand ich auf und ging mit ihm nach vorne. Ich zündete als zweite eine Kerze an und so, taten es mir alle gleich die gekommen waren. Verwandte, Freunde und auch einige meiner Lehrer, die seid den Kinderschuhen ihre engsten Freunde waren. Am Ende waren wir allein in der großen Kapelle. Meine ganze Familie war dort und… auch Dom. Er wollte hinausgehen aber ich wollte, das er blieb . Ich konnte das nicht noch einmal allein durchstehen. Also blieb er dieses eine Mal. Die großen Türen wurden geschlossen. Und als der Sarg geöffnet wurde, blieb mir der Atem stehen. Sie war es. Nach einem halben Jahr, indem ich sie in so schlimmen Zustand gesehen hatte und auch nur noch so kannte, lag sie nun in ihrer vollkommenen Schönheit vor mir. Sie hatte die selbe Frisur wie früher, das gleiche Make Up.. und sie trug ein wunderschönes schwarzes Kleid.
Sogar ihr Duft war der alte. Dieses Parfum hatte sie immer getragen. Ich schlug die Hand vor den Mund und weinte. Wie wunderschön sie war.. Meine Mum. Dom hielt mich fest, weil ich wohl sonst umgefallen wäre. Ich hatte seid Wochen kaum mehr etwas gegessen, hatte viel abgenommen und war sehr schwach. Ich nahm ihre kalte Hand und küsste sie auf den Mund. „Du bist so wunderschön kleiner Tiger. Die Engel werden dich im Himmel um deine Schönheit beneiden“ flüsterte ich ihr tränenerstickt ins Ohr. Diesen Satz konnte niemand verstehen. Als ich klein war hatte meine Mum mich immer kleiner Bär genannt und ich sie kleiner Tiger. Diese beiden Figuren entsprangen aus „Janoshs Traumstunde“, einer Sendung die ich damals immer mit ihr zusammen geschaut hatte. Und ich hatte sie seid Jahren nicht mehr so genannt.
Dies war der zweite Moment indem ich realisierte, dass sie fort war. Ich konnte es nie glauben, auch wenn die Welt um mich herum mir etwas anderes zeigte. Ich konnte es nur glauben, wenn ich sie sah.
Und dann… wurde der Sarg wieder geschlossen.. und ich weinte.
Und als wir draussen waren, weinte Dominic… zum ersten Mal nach all diesen Monaten weinte er. Weinte um sie.
Ich glaube in diesem Moment, hatte er es geschafft ihr zu vergeben, für all das, was sie uns damals angetan hatte.
Endlich hatte auch er es geschafft. Und er weinte…( vika max fabi)
Als ich ihn in meinen Armen hielt, schaffte ich selbst es nicht mehr, die Tränen zurück zu halten. Dort in dieser Kammer… hatte ich sie zum letzten Mal gesehen. Nie wieder würde ich ihr Gesicht erblicken. In wenigen Tagen schon, würde sie verbrannt werden. Es sollte das letzte Mal sein, dass ich sie sah. Dieser Gedanke zerriss mich innerlich.
Lange standen wir noch so dort.
Dieser ganze Tag war so unwirklich gewesen… wie ein böser Traum, aus dem ich nicht zu erwachen vermochte.
Ich fand mich wieder in Wiehl… bei unseren Griechischen Freunden, die dort ein Restaurant haben. Alle hatten sich dort eingefunden.. Leichenschmaus nennt man so was. Dominic saß neben mir und als ich mich umblickte, hätte ich schreien können vor Wut. Sie saßen alle an ihren Tischen ,lachten ,tranken und aßen. So als sei dieses Treffen ein gewöhnlicher Familientag und keine Beerdigung. Wut entbrannte in mir. Am liebsten wäre ich gegangen. Weg von diesen Heuchlern.
Aber ich konnte nicht. Ich war nicht wirklich dort. Ich war gefangen in Erinnerungen, die so unbeschreiblich weh taten, dass sie mir die Luft zum Atmen nahmen.
Ich saß im Wohnzimmer meiner Großeltern. Pfarrer Gran war gekommen, um mit uns die Beerdigung zu besprechen. Es war vielleicht eine Woche vergangen.. an dem sie nicht mehr bei uns war. Wir saßen alle..gefangen in unserer Trauer, als mein Onkel auf einmal die Frage stellte, die mich noch bis heute verfolgt. „ Artemis, wusstest du, dass deine Mutter ein Alkoholproblem hatte?“
Ich blickte auf.. blickte ihm in die Augen. Konnte die Wörter nicht fassen, die gerade aus seinem Mund gekommen waren.
Lachen wollte ich über diese Abwägigkeit, über diesen Schwachsinn, den er dort von sich gab. Hilfesuchend blickte ich mich um- bin ich denn die einzige hier, die die schwachsinnigkeit seiner Worte erkennt? Aber alle schwiegen. Wichen meinem Blick aus. Ich erstarrte. „Das, ist verflucht noch mal nicht euer….“ Mir versagte die Stimme. Sie blickten alle nach unten. Der Schock dieser Erkenntnis traf mich wie ein Blitz. Ich konnte mich nicht rühren, noch fassen, was ich so eben erfahren durfte. Der Pfarrer räusperte sich. „Nun ich denke… dieses Thema ist nicht angemessen für dieses Treffen hier.. vielleicht solltet ihr das zu einem späteren Zeitpunkt klären“ sagte er schließlich leise und zerbrach die Stille.
„Sie war Alkoholkrank? Und ihr alle wusstet es? Ihr alle? Und keiner von euch… verfluchten Feiglingen hat auch nur all die Jahre in Erwägung gezogen, es mir zu erzählen?!“ Ich war außer mir und hatte gar nicht bemerkt ,dass meine Stimme lauter geworden war. „Artemis… bitte.. nicht vor Herr Gran“ zischte meine Oma. Ich schüttelte nur den Kopf. In diesem Moment hätte ich sie alle umbringen können.
„ Es hätte nichts geändert, wenn du es gewusst hättest“ sagte mein Opa. Ich war kurz davor den Verstand zu verlieren in jenem Augenblick. Nichts geändert???? Allein das änderte schon alles! Alles verdammt!
Ich lehnte mich zurück… und war nicht mehr anwesend. Der Pfarrer redete weiter über die Formalitäten.. aber ich bekam davon nichts mehr mit. Zu sehr stand ich unter Schock. Später erzählte mir mein Vater- beim Gurkenschneiden- dass meine Mutter nicht nur ein Alkoholproblem gehabt hatte, sondern auch viele Psychische und ebenso ein Drogenproblem.
Meine Welt war nun entgültig zerstört. Für jeden ,der das jetzt liest mag das komisch und fast ungläubig klingen aber… ich hatte all diese Jahre keine Ahnung.
War ich denn so blind gewesen? Bis heute frage ich mich das. So blind, dass ich es nicht erkennen konnte? So zerfressen von Hass ihr gegenüber, dass ich es ausschloss, dass sie wegen etwas anderem so geworden war?
Das ich eher hinnahm, das sie ein schlechter Mensch ist, statt zu hinterfragen warum?
Ich war blind gewesen… durch all diese Süchte und Probleme… darunter auch schwer wiegende Phobien, war sie zu diesem Mensch geworden ,den ich die letzten paar Jahre so gehasst hatte.
Und nie… nicht einmal hatte ich in Frage gestellt, warum sie so wahr. Warum sie Dom und mir das Leben so zur Hölle gemacht hatte. Ich hatte es nur hingenommen und gegen sie gekämpft.
Nun kannte ich die Wahrheit. Nun wusste ich, dass sie das nie war. Dass das eine kaputte Frau war, die vollkommen ihren Süchten und Ängsten zum Opfer gefallen war. Und einer Frau, die damit ganz allein gewesen war. Der niemand geholfen hatte. Und sie hatten es alle gewusst. Alle.
Und statt ihr zu Helfen, schweigten es die Verwandten lieber tot… aus den Augen aus dem Sinn… und mein Vater? War schon seid Jahren dermaßen gefangen in seinem Helferkomplex (eine Krankheit die bei den Partnern von süchtigen entsteht), dass er statt ihr wirklich zu helfen, sie lieber weiterhin mit Drogen versorgte. Was noch nicht einmal Absicht war. Denn Partner von süchtigen entwickeln sehr häufig dieses Muster. Da sie durch die abhängigkeit des Partners teilweise auch Erpresst werden, hat der Drogensüchtige sie irgendwann so in der Hand, das der Partner glaubt, indem er immer mehr Drogen besorgt, könnte er dem anderen am besten helfen.
Und mir? Mir hatte es niemand gesagt. Und dafür verfluchte ich sie alle.
Diese ganze Erkenntnis sollte etwas werden, dass ich mir nie verzeihen sollte. Etwas, dass mich manchmal immer noch mitten in der Nacht ,schweißgebadet aufschrecken lässt. Eine Schuld, die mich überall hinverfolgt. Und der ich niemals gerecht werden werde.
Ich hätte es sehen müssen… die Augen öffnen und ihr helfen. Aber ich hatte es nicht getan…. Und jetzt wo ich die wahrheit kannte, war es zu spät.
„Hey, alles okay?“ Dominics Stimme erschreckte mich und ich erwachte aus meinen Gedanken… Der Leichenschmaus… ich war immer noch hier.
Ich schüttelte den Kopf und blickte nach unten. Sanft legte er den Arm um mich und drückte mich an sich. Ich war so glücklich , dass ich ihn hatte. Er war der einzige Mensch, dem ich noch vertraute. Alle anderen, hatten mich verraten.
Ich hatte nur noch ihn. Er war jetzt meine Familie.
Und ich wollte ihn nie wieder gehen lassen. Wahre Liebe gibt es nicht oft.. sie ist sehr selten. Und manche Menschen sterben, ohne sie nur einmal erlebt zu haben.
Für mich ist dies der wahre Sinn des Lebens, genau jene zu erfahren.
Und ich habe sie erfahren, mit Leib und Seele. Und müsste ich heute sterben, würde ich mit einem lächeln gehen. Denn ich wüsste, dass ich meinen Lebenssinn schon erfahren habe. Das größte… das wunderbarste was ein Mensch erfahren kann. Für nichts anderes lohnt es sich zu Leben.
Ich weiß ich bin noch jung und viele werden sagen, zu jung. Aber wahre Liebe geht nicht nach dem Alter. Und jene, die so etwas sagen, haben sie in ihrem ganzen Leben noch nicht erfahren. Und das ist der Punkt.
Ich hatte das Glück… oder vielleicht auch das Pech sie so früh erfahren zu dürfen, aber selbst wenn ich heute zurückblicke… bereue ich nichts davon. Nicht einen Augenblick. Dominic hat mir den Sinn des Lebens gezeigt und dafür werde ich ihm immer dankbar sein.
Die Wochen zogen dahin, mein Vater blieb nächtelang weg und ich machte mir große Sorgen um ihn. Heute weiß ich, dass er kurz davor war, sich umzubringen… aber das er für mich nicht aufgegeben hat.
Aber es sollte die Zeit kommen, andem meine Welt weiter zerbrechen sollte…
Ich dachte nach ihrem Tod… würde es irgendwann weiter gehen. Der Schmerz würde irgendwann gehen und mir würde wieder Glück zu teil werden. Aber so war es nicht.
Es sollte alles noch viel schlimmer werden…
Der Februar zog ins Land und mit ihm.. eine Frau.
Eine Frau die auf einmal so häufig bei uns war, dass es mir Angst machte. Melanie. Ich kannte sie vom sehen her, sie war Mums Krankenschwester gewesen. Nicht sonderlich groß war sie, braune lange Haare fielen ihr bis zu den Schultern.
Sie hatte einen wohlgeformten Körper und tiefe braune Augen. Und ab Februar, kam sie fast jeden Tag zu uns nach Hause. Bei unserem ersten Treffen sagte ich zu ihr : „ Wenn wir beide miteinander auskommen wollen bitte ich dich nur um eins- lüg mich niemals an“ Das war alles. Und sie nickte.
Doch vertrauen konnte ich ihr nicht… ich konnte niemandem mehr vertrauen.
Sie seien Freunde hatte mein Vater gesagt. Melanie hätte ihm sehr geholfen und sei immer für ihn dagewesen. Ich wäre auch so gerne für ihn dagewesen, aber er hatte mich nie an ihn ran gelassen.
Doch so wie sie miteinander umgingen…kam mir ein furchtbarer Gedanke, den ich aber sofort wieder verdrängte weil er schon unausgesprochen so schmerzhaft war, dass ich ihn nicht ertragen hätte.
Zwei Monate war es erst hergewesen. Nein, undenkbar. Sowas würde er Mum nie antun.
Vor kurzem hatte ich meinen 18ten Geburtstag gefeiert… und es war so unbeschwert und schön gewesen.. wie endlich einmal ein kurzer schöner Traum in all dem Leid. Doch Mum war immer in meinen Gedanken. Ich weinte viel wenn ich allein war. Als ich eines Abends am Pc saß, lag dort das Handy meines Vaters. Und immer mehr zweifel bekam ich über diese „freundschaft“ denn so wie die beiden miteinander umgingen war es mehr das Verhalten zweier… immer noch wagte ich es nicht diesen Gedanken zu ende zu denken. Also tat ich es einfach. Ich nahm sein Handy in die Hand und las seine Mitteilungen. Auch wenn es so weh tat, musste ich gewissheit haben. Ob er mich schon wieder anlog.
Und die letzte Sms seines Handys, nahm mir den Atem. „12 Oktober 2006: …bis heute Abend, Ich liebe dich! Mel“
Ich starrte auf die Mitteilung und lies das Handy fallen.
Tränen schossen mir in die Augen.
Ich konnte nicht fassen, was ich da gerade gelesen hatte. Oktober? Seid Oktober ging das schon? Meine Mutter war erst im Dezember gestorben. Gerade mal 3 Monate hatte sie da im Wachkoma gelegen und…
Ich schlug gegen die Wand. Wusste nicht wohin mit all der Wut und Trauer. Nicht nur das er mich wieder angelogen hatte, das sie beide das hatten. Er hatte Meine Mutter mit … mit dieser Krankenschwester betrogen, noch während sie dort lag! Unfähig sich zu bewegen. Er hatte meine Mutter betrogen, während diese im Wachkoma lag… mit ihrer Krankenschwester, die fast 20 Jahre jünger war als er.
In diesem Augenblick starb ich innerlich glaube ich heute. Ab diesem Moment hatte der Schock mich entgültig so übermannt, dass ich lange keinen Weg mehr heraus finden würde und dem Wahnsinn verfiel. Es war zu viel gewesen… zu viel, als das ich das alles hätte fassen können.
Was dann passierte ist mir bis heute nicht wirklich klar geworden. Ich glaube einfach es war eine zeit, in der ich wirklich dem wahnsinn verfallen war. Ich sprach Melanie an… sie gestand sofort. „es tut mir so leid, dass wir es dir nicht gesagt haben… aber…“ sie schwieg und ich nickte nur… lächelnd. Ein unechtes lächeln. Sie zeigte mir einen Ring und sagte mir, sie seien erst wirklich zusammengekommen als sie starb. Sie lächelte dabei. Als sei ihr Tod nur irgendeine Nebensache gewesen. In dem Ring stand wirklich 12.12.06.
Diese Hure trug wirklich den Todestag meiner Mutter in ihrem Ring. Den Ring, den mein vater ihr geschenkt hatte.
Ich hatte den Verstand verloren. Das hatte ich wirklich.
Das wird fast niemand nachvollziehen können aber es war so. Auf einmal dachte ich mir (genau lesen, dann merkt man das ich wirklich den Verstand verloren haben musste)
,wie schön es doch wieder wäre eine Familie zu haben. Also lies ich alles hinter mir, Verdrängte ihren Tod und alles und spielte mit ihnen Familie. Sie zog sogar bei uns ein. Und ich bildete mir ein glücklich zu sein in dieser neuen Familie.
Bis April hatten wir ein schönes Leben und wir taten alles, was eine Familie tat. Wir fuhren in Urlaub, unternahmen viel zusammen. Eine perfekte Familie. Und anscheinend hatte sich mein Verstand diese Lösung ausgesucht, damit ich mich nicht umbrachte. Vielleicht reiner Überlebenswille.
Also gaukelte ich mir vor glücklich zu sein, in der perfekten Familie.
Wenn ich heute daran zurückdenke ist es wirklich heftig, wozu der Verstand eines Menschen fähig ist, wenn er nur an seine Grenzen gerät. An Grenzen, die wenn er sie weiterhin erfassen würde.. ganz erfassen würde.. daran zu Grunde geht. Und anscheinend hatte meiner seine Grenze erreicht, also flüchtete er sich in die Traumwelt um weiterhin überleben zu können.
Das schlimmste war ja, dass es für mich eine Traumwelt war, aber Mel und Dad lebten wirklich in ihr. Sie hatten keinen Schock erlitten.. nicht den Verstand verloren. Sie meinten diese Welt wirklich ernst.
Und sie wollten sie weiterhin zusammen ausleben.
Fliehst du vor deiner Vergangenheit… holt sie dich irgendwann wieder ein, so heißt es doch.
Und genau so ist es.
Und niemand wusste wirklich, wie es in mir aussah.. wie auch, wenn mein innerstes selbst vor mir ferngehalten wurde?
Ich war eine gute Schauspielerin und hatte selbst mich schon fast ganz davon überzeugt, dass diese Welt für mich die richtige ist.
Die Realität war in mir eingesperrt, unfähig ein Lebenszeichen zu geben.
Doch der April sollte alles ändern.
Meine Großeltern , die über uns wohnten, hatten nichts verdrängt. Sie sahen hilflos zu, wie diese neue Frau bei uns einzog. Doch es gab eine Sache, die feststand: Das Haus indem wir lebten, gehörte ihnen. Sie wohnten über uns.
Also kam mein Opa eines Abends hinunter zu uns, und bat darum, das Melanie ihm Monatlich 100Euro Miete zahlen sollte. Nichts verwerfliches wie ich finde, da die beiden schon froh sein konnten, dass mein Opa das alles einfach so hinnahm.
Aber mein Vater rastete aus. Er entschied mit ihr wegzuziehen und sagte mir das auch direkt. Ich war so glücklich gewesen doch in dem Moment, kam alles wieder. Die ganze Traumwelt die ich mir aufgebaut hatte, zerplatzte wie eine Seifenblase. Meine Erinnerungen kehrten alle mit einem Schlag zurück und die Dunkelheit umfing mich. Ich wollte nicht fort von zu Hause. Nicht mit den frischverliebten in eine kleine Mietwohnung ziehen. „Papa.. geh nicht“ habe ich ihm so oft gesagt, aber es gab nichts mehr zu rütteln… selbst als er wusste, dass ich nicht mitgehen würde, änderte er seine Meinung nicht. Das war der Tag an dem ich meinen Vater verlor. Als er sich für sie entschied und dafür sogar bereit war, sein Kind zurückzulassen.
Ich war eine Waise…
In der Schule wurden meine Noten Katastrophal und auch das Klima zu Hause war nur noch Krieg. Ich lebte wieder, war wieder da. Und ich hasste die beiden. Hasste sie für alles was sie mir und meiner Mutter angetan hatten. Endlich konnte ich wieder klar denken. Leider lies ich diese unglaublich große Trauer und Wut nicht nur an ihnen aus. Sondern auch an dem Menschen, der am wenigsten dafür konnte.. an Dominic. Wir stritten uns immer öfter wegen Kleinigkeiten, einfach nur weil ich unglücklich war. Bis heute tut mir das von ganzer Seele leid. Es war einfach zu viel in mir was zerstört war, zu viel.
Als ich mich eines Tages von der Schule für den Tag abmeldete, fragte endlich eine Lehrerin nach.
Frau Meyer, eine wundervolle Frau.
Ich erzählte ihr unter Tränen alles und sie war bereit mir zu helfen. Und für einen kleinen Augenblick, glaubte das kleine ,hilflose Mädchen, dass seinen Papa zurückwollte wirklich daran, sie könnte ihn aufwecken. Ihn mir zurückholen.
Sie redete Stundenlang mit ihm bei uns zu Hause und als sie mich nach vorne rief, stand ich ausdruckslos da. „Artemis dein Papa wird nicht gehen… das hat er mir versprochen… er bleibt bei dir, bis du nächsten Frühling dein Abitur machst“ Tränen schossen mir bei diesen Worten in die Augen. Wirkliche Tränen des Glücks. Ich blickte ihn an und er lächelte. Ich lief in seine Arme und war so glücklich.
Ich hatte wieder einen Vater. Und er liebte mich.
Wirklich… ich fühlte mich wie ein kleines Mädchen, geborgen in den armen ihres vaters.
Das ging ich Abends mit Phil und Dom im Havanna feiern.
Wir genossen den Abend und waren alle glücklich, dass nach all der Zeit, endlich einmal etwas gutes geschehen war. Und als wir alle schon ziemlich einen im Tee hatten, klingelte mein Handy. „Es ist Melanie“ grinste ich und ging ran. „Komm raus, wir warten da“ sagte sie ernst. Meine Miene wurde fragend. „Was willst du denn?“ Sie war mir so egal geworden, ich hatte meinen Papa wieder und das war alles was zählte. „Komm einfach“ sagte sie bissig und legte auf. Also schlenderte ich mit Phil nach draussen. Dort stand das Auto meines Vaters. Also stiegen wir ein. Ich lächelte. „Was gibt es denn so dringendes?“ fragte ich. Mein Vater blickte mich nicht an. Mel sagte „wusstest, du dass dein Opa auch von deinem Vater miete wollte?“ sagte sie in einem abfälligen Ton. „Eh… du redest im Präteritum richtig? Und wenn schon, nachdem Dad gesagt hat er will ausziehen, hat er das doch sofort zurückgenommen und sich entschuldigt bei euch. Er hat sogar gesagt, dass er auch von dir keine Miete mehr will nur damit ihr bleibt… wo is jez dein scheiß Problem Melanie?“ lachte ich. „Wir werden ausziehen“ ,sagte sie nur bestimmt. Und wieder kamen mir zweifel, die ich aber verdrängte, den mein Papa hatte es versprochen. „Mein Vater geht nirgendwo hin… sags ihr Papa.. du wirst nicht ausziehen“ sagte ich stolz. Aber er schwieg. Und dann sagte er „Wer hat gesagt ,ich zöge nicht aus? Natürlich ziehe ich aus ,ich hab nur gesagt, ich bin bereit oft zu dir zu kommen um dir beizubringen, wie du lernst einen Haushalt zu führen“ Meine Augen weiteten sich starr. Sie füllten sich mit Tränen. Phil drückte meine Hand sehr fest, es fiel ihm schwer die Fassung zu bewahren. „Das meinst du nicht ernst“ sagte ich tränenerstickt. „ Was dachtest du denn?“ fragte er sarkastisch und lachte. Und wieder starb etwas in mir. Wieder stand ich unter Schock, während die Tränen leise meine Wangen hinunterrannen. Die Wut übermannte mich. „Du verlierst mich.. du wirst mich verlieren, wenn du so weiter machst“ sagte ich erst leise… und dann wiederholte ich es.. immer weiter, wie in Trance. Und irgendwann schrie ich es ihm ins Gesicht. „Gut.. wenn du meinst…“ sagte er nur. Phil riss die Autotür auf, rannte auf die andere Seite und öffnete meine. Ich war nicht fähig mich zu bewegen. Er zog mich raus. Und wir gingen zurück… bis ich auf der halben Strecke weinend zusammenbrach.
All die Hoffnung ,all das Glück.. vergebens.. ausgelöscht.. zerstört. Er würde mich allein lassen. Er hatte es schon.
„ich will nicht mehr dahin zurück“ weinte ich Tränenerstickt in Phils Brust.
Dom war gekommen und Phil hatte ihm alles erzählt. Er blickte ihn nur ungläubig an. Dass alles, war zu unfassbar um es zu begreifen. Phil sagte ich könnte die nächsten Tage bei ihm bleiben und ich war so froh darüber.
„Aber sie wird Sachen brauchen“ sagte Dom.
„Die wir auch gleich holen werden“ antwortete ich voller Hass. Also fuhren wir zu mir nach Hause.
Melanie öffnete die Tür und machte sofort Anstalten auf mich zuzulaufen. Aber Dom stellte sich vor sie, drohend und schüttelte nur den Kopf. Sie redete auf mich ein aber ich ging kalt an ihr vorbei. In meinem Zimmer packte ich mit Phil das nötigste zusammen. In der Küche hörte ich wie Mel und Dom stritten. Meinen Vater kümmerte nichts davon. Er lag entspannt auf der Couch. „Was für Menschen seid ihr nur?“ hörte ihr Dom traurig und angewiedert sagen, als ich fertig war und wieder in der Küche stand. „Wir können“ sagte ich kalt.
Dom blieb wieder vor Mel stehen und hinderte sie daran mir zu nahe zu kommen.
Als ich meinen Vater auf dem Weg nach draussen da so liegen sah, traten mir Tränen der enttäuschung in die Augen. „Und du willst dich Vater nennen“ sagte ich erstickt und ging nach draussen. Phil und Dom folgten mir und bald schon, fand ich mich in Phils Haus wieder.
Seine Eltern verstanden mich schon immer. Seine Mutter ist einer der liebsten Frauen die ich jeh kennengelernt habe.
So blieb ich einige Tage bei Phil.
Wir redeten lange darüber, wie es nun weitergehen sollte. Es war klar, dass alles nie mehr so sein würde wie früher. Mein Vater hatte alles zerstört. Mich zerstört. Es gab keine Hoffnung mehr, dass er sich ändern würde ,auch wenn ein winziger Teil von mir sich das bis zum heutigen Tage noch erhofft. Aber er sollte sich niemals ändern.
Ich wollte, dass er seine Strafe bekommt, wollte weg von ihm und all dem was mich so fertig machte. Aber das ging nicht. Ich war gerade 18 geworden ,ging in die 12 Klasse und hatte keinerlei Finanziellen Rücklagen. Denn das Geld, das mein Vater am Tot meiner Mutter verdient hatte stand allein ihm zu. Und wir reden hier von sehr viel Geld, da meine Mutter eine Risikolebensversicherung abgeschlossen hatte. Leider konnte sie nicht ahnen was mein Vater für ein Mensch war und lies lediglich ihn eintragen. Also kassierte er all das Geld von dem ich bis heute nicht einen Cent gesehen habe.
Ich konnte also nicht das tun was ich wollte.. so musste ich das Problem anders lösen, bis ich eines Tages so weit sein würde, dass ich auf eigenen Beinen stehen konnte und ihm endlich, genau wie er es verdient hätte, den Rücken zukehren.. für immer.
Also tat ich das, was ich am besten konnte- ich begann eine Rolle zu spielen, die ich bis zum heutigen Tage nicht abgelegt habe. Die Rolle der netten, verständnissvollen Tochter, die ihren Daddy ja ach so liebt.
Es war notwendig weil ich auf sein Geld angewiesen war und heute immer noch bin. Also vertrug ich mich wieder mit ihm und ja, es gab Situationen in denen ich aus dieser Rolle fiel, weil er mir mit unfassbaren Dingen sehr wehtat. Aber außer diesen Zwischenfällen, spielte ich meine Rolle mit bravur.
Er war und ist leider immer noch eine der wenigen Menschen, die mir weh tun können. Und ich hasse es… aber so ist es nun mal. Mein toller Vater zog also aus, lies mir aber die Wohnung hier so wie sie war und nahm nichts mit. Warum auch? Er hatte ja genug Geld um sich mit Melanie alles neu zu kaufen. Meine Mutter würde sich im Grabe umdrehen, wenn sie das alles wissen würde. Manchmal denke ich, es ist besser dass sie erlöst wurde.. damit sie das alles hier nicht mehr mit eigenen Augen sehen musste. Es hätte sie zerstört.
Ich spielte vor ihnen also stets die liebe Tochter… nur meine Freunde und Dom wussten, wie sehr ich ihn hasste, aber doch irgendwo immer lieben würde.
Wirklich viel zeigte mein Vater mir wie versprochen nicht, vor allem weil ich es nicht wollte. Er war der letzte Mensch auf Erden von dem ich noch irgendwas lernen wollte. Aber Doms Mutter half mir sehr dabei , mir beizubringen, wie man einen Haushalt fühlt und sie wurde von Jahr zu Jahr immer mehr wie eine Mutter für mich.
Im Sommer dann entschloss Dominic sich bei mir einzuziehen.. und es war wirklich wie ein wunderschöner Traum. Dennoch hatte ich noch kaum etwas verarbeitet… ich war immer noch sehr zerstört innerlich. Vor allem kam ich niemals dazu das Vergangene zu verarbeiten ,weil mein Vater es immer wieder schaffte ein neues unfassbares Problem in den Vordergrund zu setzen, was dann meine ganze Aufmerksamkeit und all meine Tränen forderte.
Er zeigte mir einfach immer mehr, was für ein Mensch er war. Aber sonst hatte er sich natürlich von grundauf geändert. Vor Melanie war er der netteste Mensch überhaupt. Aber ich kannte ihn mein Leben lang und wusste einfach- er spielt doch nur. Wie soll man auch glauben dass ein Mensch sich so ändern kann? Vor allem änderte er sich mir gegenüber ja nicht, wie man lesen kann. Von daher. Zu ihm nach Hause ging ich wirklich nur wenn ich musste. In diese perfekt eingerichtete Wohnung, voller Eleganz und Schönheit. Ich hasste ihn dafür, hasste alles in dieser Wohnung. Es war mit dem Geld meiner toten Mutter eingerichtet worden, damit er und seine Hure hier ein schönes neues Leben beginnen konnten. Aber wenn ich nach Geld für ein paar neue Kleider fragte, musste ich betteln wie eine arme Frau.
Das zusammenleben mit Dominic jedoch war wirklich wundervoll. Natürlich auch manchmal stressig, weil man sich nicht einig war, aber alles in allem, war es wirklich schön. Wir waren wirklich wie ein Ehepaar das schon Jahrelang zusammen war. Ein schönes Leben, das mir sehr gefiel. Er erfüllte mich ganz und neben all dem Leid und den Tränen, war er der einzige Grund warum ich noch lachen konnte und immer wieder aufstand wenn man Vater mich niedergerungen hatte. Wir waren eins, auch wenn die Probleme die seid jeher bestand unserer Beziehung waren, oft schwer zu überwinden waren. Wir hielten dennoch zusammen .Lebten jeden Tag miteinander. Er war das letzte was ich am Tag sah und das erste, wenn ich morgens aufwachte. Ich glaube wäre es nur um uns gegangen… wären wir für immer zusammen geblieben….
Aber das ich nie verarbeiten konnte, sollte noch schlimme Konsequenzen nach sich ziehen. Ich schaffte mein Abitur mit ach und Krach, aber ich bestand es. Sofort meldete ich mich in der Universität Bonn an. Geschichte und Archäologie, das war immer mein Traum gewesen.
Und trotz all der Probleme mit meinem Vater und meiner Vergangenheit, ich wollte auch das schaffen. Aber meine Psyche litt immer mehr, was ich schon gar nicht mehr merkte. All das nicht Verarbeitete in mir , die Probleme ,mit denen mein Vater es immer wieder schaffte mich fertig zu machen lagen schwer auf meiner Seele. Und ohne das ich es merkte, rutschte ich ab… in eine Depression.
Ich denke weil ich langsam anfing, oder vielleicht auch nur mein Unterbewusstsein, zu verstehen, was die letzten anderthalb Jahre geschehen war. Denn nach dem Abi hatte ich endlich ruhe.. kein Stress mehr. Und ich glaube genau da fing es an. Ich kam zur Ruhe und begriff. Ich begriff nicht nur, ich glaube ich begann es zu verarbeiten.
Aber statt auf meine innere Stimme zu hören, die mir sagte „leg eine pause ein, erhol dich“ wollte ich kein Zeichen der Schwäche zeigen und meldete mich umgehend an der Uni an.
Mein Vater war ja so stolz auf mich, dass ich jetzt studieren würde und finanzierte alles. Dass ich ihn hasste, merkte er nicht. Ich spielte gut.
Also begann mein Studium. Aber ich, war auf einmal überfordert. Schaffte es nicht mich zu konzentrieren, mich aufzuraffen Hausaufgaben zu erledigen, schwänzte sehr oft. War kraftlos und immer müde auch wenn ich genug schlief.
War fast immer gedankenverloren und hatte schlechte Laune. Meine Welt wurde grau, ohne dass ich es überhaupt merkte. Hört sich komisch an, dass man so etwas nicht merkt, aber so war es. Ich verfiel in eine tiefe Depression und merkte es nicht. Die Farben von allem verblassten und ich versank immer mehr in meiner Welt. Dachte immer öfter an Mum, an das alles. Es gab wenige noch wirklich glückliche Momente in dieser Zeit, aber wenn es welche gab, dann verbrachte ich sie mit meiner großen Liebe. Unser vierter jahrestag am 31 Oktober 2008 werde ich nie vergessen: er erfüllte mir meinen größten Traum und schenkte mir Karten für das Musical König der Löwen in Hamburg. Jene Momente werde ich nie wieder vergessen. Doch ist dieser Traum leider niemals in erfüllung gegangen. Auch wenn wir uns immer öfter über Schwachsinnigkeiten stritten, liebten wir uns. Aber auch Dom merkte bald, das mit mir etwas nicht stimmt. Er versuchte mir so gut er konnte zu helfen… aber das vermochte niemand. Ich war gefangen in einer grauen Welt. Und ich war nicht mehr ich selbst.
Man sagte mir oft was mir fehlte und ich hörte es auch, aber wirklich ankommen tat es nie. Im januar brach ich mein Studium ab, schrieb nicht einmal die Klausuren mit. Meine Seele schrie seid einem Jahr nach einer Pause und nun nahm ich sie mir. Ich wurde perspektivlos, lebte in den Tag hinein. Bis mein Geburtstag kam… mein 20ter.
Es war mal wieder ein sinnloser Streit den ich vom Zaun gebrochen hatte. Aber diesmal war es anders als sonst. Dom sperrte sich mit seinem besten Freund ins Schlafzimmer ein. Und die Gäste trudelte nacheinander ein. Für mich bedeuteten diese Streits nichts… es war meist ein entladen von Emotionen… und schon wenige Minuten dannach tat es mir schon wieder leid. Durch diese Krankheit hatte ich oft Stimmungsschwankungen und deswegen passierte das recht oft. Es war der größte Fehler meines Lebens meine inneren Probleme an Dom abzuwälzen, dem Menschen, den ich am meisten liebte auf dieser Welt. Meinem Lebenssinn.
Immer mehr Leute rief er ins Schlafzimmer und ich verstand die Welt nicht mehr. Bis ich endlich reinging, als die Party schon in vollen Gange war. Es tat mir leid was ich getan hatte und wollte mich entschuldigen. Jeder verlies den Raum als ich hereinkam nur er blieb auf dem Bett sitzen.
„Es tut mir so leid Dom… ich weiß nicht was mit mir los war“ sagte ich leise und sein trauriger Blick traf mich mitten ins Herz. „Ich kann das so nicht mehr“ sagte er leise. Mein Herz schien aufzuhören zu schlagen. Ich setzte mich neben ihn und war schon jetzt nicht mehr imstande meine Tränen zurückzuhalten. „Es tut mir leid…. Es tut mir leid… es tut mir leid Dom… bitte“ sagte ich unter Tränen. „Artemis du hast eine Depression.. und ich kann dir nicht mehr helfen.. ich habe keine Kraft mehr. Ich schaffe es nicht.“
Ich schluckte hart und wir schwiegen. Er hatte so recht. Zum ersten Mal verstand ich was er sagte… was alle sagten. Ich brauchte hilfe… ich musste raus aus dieser Welt, die mich gefangen hielt. Zum ersten Mal begriff ich ganz , was mit mir los war. Wie eine blinde die auf einmal wieder sehen konnte. Der Schleier fiel von meinen Augen. „Möchtest du dein Geschenk haben?“ fragte er schließlich und sah mich an. Ich schüttelte den Kopf. „… erst… um 12… das weißt du doch… sonst bringt es unglück“ ich lachte traurig.
Er sah mir tief in die Augen. Eine Träne rollte ihm übers Gesicht. „Aber.. ich werde um 12… nicht mehr hier sein“ sagte er Tränenerstickt.
Ich stieß Luft aus. Als hätte er mir ein Schwert in mein Herz gerammt. Nein! Er konnte jetzt nicht gehen… doch nicht jetzt, wo ich meine Augen offen hatte! Ich stand auf… zitterte am ganzen Leib. „Sag… sag das nicht“ weinte ich.
„ Ich … werde um 12 nicht mehr hier sein… es… es tut mir leid“ .
Ich wandt mich um unter Tränen, hielt mich an der Wand fest. Ich fürchtete Ohnmächtig zu werden von diesen Worten, die immer wieder in meinem Ohr hallten. Ich schleppte mich ins Bad, wo ich neben der Badewanne zusammenbrach und weinte. Weinte wie nie zuvor in meinem Leben. Der einzige Mensch den ich noch hatte, den ich liebte… der eins mit mir war… verließ mich. Ich ertrug diesen Gedanken nicht. Phil kam schnell und maxi auch, eine alte Freundin. Sie brachten mir Vodka und Zigaretten mit. Ich trank sofort.. viel zu viel, auf leeren Magen.
Die badezimmertüre ging auf… dort stand er… mit etwas kleinem, eingepacktem. Er gab es mir.. blickte mich unter Tränen an und ging. Wie besessen riss ich das Papier ab und las, was auf dem Zippo stand. „Mein Engelchen, du bist das größte Geschenk in meinem Leben. Ich werde dich für immer lieben. Dein Krümelchen.“
(Fortsetzung folgt…)
Tag der Veröffentlichung: 06.05.2012
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