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Ein Weihnachtsmärchen

Die Schneeflocken setzten ihren Weg fort aus dem Himmel auf die Erde. Unerbittlich, und die Nacht war kalt. Eine Gestalt ging durch den Schnee. Langsam setzte sie Fuß vor Fuß. Ich weiß nicht, wer oder was die Gestalt war, was sie bedeutete. Doch spielt es überhaupt eine Rolle ob das ein altes oder junges, männliches oder weibliches Geschöpf war, dass dort durch die Schneewehen schlich? War es überhaupt ein Mensch? Es ist egal, es spielt keine Rolle. Wir nennen das Etwas einfach Maria. Maria ging, und langsam ließ sie die Stadt hinter sich, mit ihrem Lärm, mit der dröhnenden Musik hinter geschlossenen Türen. Es war der 24. Dezember im Jahr 3000. Genau vor 3000 Jahren hätte Jesus geboren sein sollen, doch nicht einmal jeder 3. wusste, wer Jesus gewesen sein sollte. Maria wusste es. In ihrer Stadt war die Christ-Jesus-Party eine Nacht, um durchzumachen, oder um sich gegenseitig in voller Partystimmung umzubringen. Und deshalb ging Maria fort. Ganz allein. Und die Nacht war kalt. Sie war nun schon so weit gekommen, dass man von der Stadt nichts mehr sah, nicht einmal ein Licht. Maria fror nicht, obwohl sie allen Grund dazu gehabt hätte. Denn die Nacht war kalt, die Bäume glänzten im Schnee. Maria schritt auf einen finsteren, dunklen Wald zu. Es wurde dunkler, und mit der Dunkelheit kam auch die Kälte und der Schnee. Von weitem jaulte ein Löwe. Überall knarzte und raschelte es. Aus dem Gebüsch trat eine Katze. Sie war ein Stück kleiner als Maria. Maria beachtete die Katze nicht, aber die Katze sie. Mit ihren riesigen,kugelrunden Augen verfolgte sie jeden Schritt Marias. Nach einer Weile sprang sie zurück ins Gebüsch. Doch Maria ging weiter. Das Löwengeheul war längst verklungen.Maria war kalt, dicke Schneeflocken fielen. Sie trug schwer an ihrer Last in ihrem Bauch. Nichts rührte sich mehr. Ein Känguruh sprang vor ihr auf den Weg. Maria wollte es streicheln. Es ließ sie nicht. Auf einmal erhellte ein Lichtstrahl die Nacht, der Wald war erleuchtet wie nie zuvor. Und rund um Maria standen die Tiere im Kreis. Maria war warm, die Kälte wich von ihr. Als hätte sich ihr der Himmel geöffnet. In ihren Armen das lächelnde Kind. Maria erstrahlte in seinem Glanz. Der Löwe kam zu ihr, der Vater des Kindes und legte seinen Kopf zu dem Kind. Es gab keine Engel, die Tiere sangen jubelnd im Chor. Und Maria war glücklich wie nie. Denn sie hatte ein Kind geboren. Die Zeit ging zurück, drehte sich schneller, das Jahr 1 fing von vorne an. Und Maria gab das juchzende Kind dem Löwen in seine Pranken. Dann ging sie hoch in den Himmel hinein, der sich ihr geöffnet hatte. Der Löwe wand sich mit dem Kind um, und ging hinaus aus dem Wald in die Welt hinein. Keiner der Tiere sah in je wieder, nicht das Känguruh, nicht der Elefant. Und das Jahr 1 fing von vorne an.
Eins musst du wissen, die Geschichte ist wahr. Doch das wirst du selber bemerken, wenn die Nacht dunkel ist und der Schnee auf die Erde fällt. Und wenn du die Stadt hinter dir lässt.

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Tag der Veröffentlichung: 12.12.2010

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