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Es war Freitag. Ich erledigte meine Einkäufe mit dem Fahrrad. In der Obstabteilung, des Edekas, schaute ich auf die grünen Birnen und kam auf eine Idee. Beichten, ich sollte mal wieder beichten gehen. Ich legte 4 Birnen in den Wagen und kaufte weiter ein. Toast, Kochschinken, Eier, Tiefkühlpommes, Fischstäbchen, Köttbullars, Zigaretten, Bier. Aus Versehen, rammte ich meinen Einkaufswagen, einer alten Dame in die Hacken.
„Haben Sie Tomaten auf den Augen?“, sagte sie grimmig.
„Eher Birnen!“
„Wollen Sie mich veräppeln?“
„Nein!“, erwiderte ich, drückte ihr 2 Birnen in die Hand und schob den Karren zur Kasse.
Vor mir standen 3 Nonnen. Ihr Einkaufswagen war gefüllt mit teuerem Wein und unzähligen Packungen, buntfarbigem Esspapier. Sie veranstalten bestimmt heute Abend, eine der sogenannten Pyjama-Parties – dachte ich mir.
Ich war an der Reihe, bezahlte, lächelte die junge Kassiererin an und watschelte mit 2 prallgefüllten Tüten und dem Gedanken – des Beichtens – zum Fahrrad.

Zuhause angekommen, verstaute ich die Einkäufe, setzte mich aufs Sofa und trank ein Bier. Ich konnte es nicht glauben, ich werde gleich beichten gehen. Ich hoffe der Pfaffe und Gott sind bereit – dachte ich mir.
Ich exte das restliche Bier, zog mir eine Trainingsjacke drüber, zog mir Turnschuhe an und machte mich auf in Richtung Kirche.

Da stand ich nun, vor den Toren Gottes. Ich zündete mir eine Zigarette an und schaute nach oben. Eine riesige Uhr bimmelte; es war 15 Uhr. Ich rauchte den Glimmstängel zu Ende und schmiss die Kippe auf den Boden.
„Verdammt!“, fluchte ich.
Die Türen waren verschlossen. Ich klopfte mit der bloßen Hand, 3 Mal vor dem harten Holz; nichts passierte. Dann trat ich, 2 Mal mit dem Fuß dagegen; nichts passierte. Ich ging enttäuscht um die Kirche herum. Von weitem sah ich einen Mann, mit einem grauen Hut, Laub fegen. Ich winkte ihm zu.
„Guter Mann! Wie sind Eure Öffnungszeiten?“
„Samstags von 17 bis 18 Uhr und Sonntags 11 bis...“
„Halt!“, unterbrach ich ihn, „Diese Zeiten kenne ich noch aus meiner Kindheit. In der Woche habt Ihr nicht auf?“
„Nein, nur mit Termin.“
„Eine tolle Firma seid ihr. Kein Wunder das Euch, die Kunden weglaufen und ihr bald Insolvenz anmelden müsst“, sagte ich und grinste.
„Sie Komiker!“, erwiderte der Küster mit ernster Miene.
„Gustav?“, rief eine Stimme aus dem Hintergrund, „Machen Sie gleich, wenn Sie fertig sind, noch meine Toilette sauber. Frau Banderali hat sich krank gemeldet.“
„Na gut.“, erwiderte Gustav und fegte weiter.
„Guten Tag, wie kann ich Ihnen helfen?“
„Sind Sie der Pfaffe?“, fragte ich.
„Höchstpersönlich“, antwortete er.
„Ich möchte die Beichte ablegen. Jetzt, hier und sofort.“
„Rufen Sie Montag meine Sekretärin an und vereinbaren Sie einen Termin.“
„Geben Sie sich einen Ruck. Ich war seit 30 Jahren nicht mehr beichten. Es muss heute geschehen.“
Der Mann Gottes blickte für einen Moment in den Himmel und sagte: „Für eine kleine Spende wäre ich bereit.“
„Also, gut!“, erwiderte ich, steckte ihm einen 50 Euro Schein in die Hemdtasche, der Pfarrer rieb sich die Hände und wir beide verschwanden durch den Seiteneingang in die Kirche.

Mein Herz tickte schneller. Weihrauch lag in der Luft. Ich hasse diesen Geruch – dachte ich mir.
„Nehmen Sie im Beichtstuhl Platz. Ich bin gleich bei Ihnen“, sagte er und verschwand.
Ich ging rein und hockte mich hin. Meine Hände zitterten leicht. Jemand der unter Klaustophobie leidet, könnte niemals Beichten gehen – dachte ich mir.
Ich wartete 10 Minuten; nichts passierte. Ich zündete mir eine Zigarette an und nahm einen tiefen Zug. Hallende Schritte ertönten. Schnell machte ich die Kippe an der Holzwand aus und wedelte mit den Händen ziellos durch die Luft. Der Pfaffe betrat den Beichtstuhl und öffnete die Luke. Durch das Gitter sah ich leichte Umrisse seines Gesichtes.
„Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.“, sagte ich.
„Gott, der unser Herz erleuchtet, schenke Dir wahre Erkenntnis Deiner Sünden und Seiner Barmherzigkeit“, erwiderte er.
„Kann ich Ihnen nun meine Sünden offenbaren?“
„Ja!“
„Also, letzte Woche bin ich betrunken Auto gefahren, dabei habe ich einen Hund überfahren. Ich hatte seit meiner letzten Beichte, Sex mit 343 Frauen. Ich schmeiße immer Zigarettenkippen aus dem Autofenster. Ich habe einen kleinen Kind, den Fußball geklaut und ihn dann zerstochen. Ich habe mit ihrer Putzfrau, in ihrem Bett geschlafen, dabei hatte ich ihren Umhang an. Ich habe vorhin im Beichtstuhl geraucht. Ich glaube nicht an Gott, obwohl, dass keine Sünde ist, streichen wir das mal von der Liste. Ich habe...“
Der Pfarrer unterbrach mich und räusperte sich.
„Das reicht mein Sohn!“
„Ehrlich? Ich bin doch noch gar nicht fertig.“
„Bete 1244 Vaterunser. Der Herr hat dir die Sünden vergeben. Geh hin in Frieden.“
„Wow“, sagte ich und verließ die finstere Kammer.
Ich ging in die Reihe neben dem Beichtstuhl und kniete mich hin.
Der Pfaffe denkt doch nicht wirklich, dass ich jetzt bete? – dachte ich mir.
Ich schloss die Augen und dachte an Betty. Wie sie mich verführt, wie sie an einer Stange tanzt, wie sie mir was leckeres zu Essen kocht. Nach einer halben Stunde, stand ich auf und verließ die Kirche mit einem reinen Gewissen. Ich fühlte mich wie neugeboren, wie ein neuer Mensch.

2 Tage später las ich in der Zeitung, dass Pfarrer Constantin sich mit einem Schrotgewehr, in den Himmel geschossen hatte.
Eine Priesterin übernahm seinen Platz. Vielleicht sollte ich nächste Woche noch mal beichten gehen? – dachte ich mir und machte eine Notiz im Kalender.

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Texte: (c) 2010
Tag der Veröffentlichung: 01.03.2010

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