Diese Kurzgeschichte ist eine Fortsetzung von “Tobi und die Vambirke” und mein Beitrag zum “Tierisch gut”-Wettbewerb 2011. Den hat dieses Büchlein sogar gewonnen. :) Man muss den ersten Teil zwar nicht gelesen haben, da diese Geschichte hier auch eigenständig und abgeschlossen ist, aber es kann nicht schaden. XD
Im Mittelpunkt steht erneut das kleine Eichhörnchen Tobi in seinem nun zweiten großen Abenteuer.
Ich wünsche gute Unterhaltung.
Chris
Der Herbst hatte Einzug in dem abgeschiedenen Wald gehalten, in dem Tobi mit seiner Mutter inmitten der großen Eichhörnchensiedlung lebte. Die Blätter der Bäume schillerten im Licht der aufgehenden Sonne in allen Farben des Regenbogens, doch kaum jemand nahm sich wirklich die Zeit, sich an dem Anblick zu erfreuen. Überall herrschte reges Treiben. Die ganze Kolonie schien vollauf damit beschäftigt zu sein, Vorräte für den Winter zu sammeln und die Beute misstrauisch in geheimen Verstecken einzulagern.
Wie jeden Morgen beeilte sich Tobi mit dem Frühstück, denn auch heute hatte er eine Verabredung, zu der er um keinen Preis der Welt zu spät kommen wollte. Schnell aß er ein paar Bucheckern, die ihm seine Mutter bereitgestellt hatte. Sie selbst war wie viele andere Eichhörnchen in dieser Jahreszeit bereits sehr früh aufgestanden, um vielleicht einen kleinen Vorsprung bei der Nahrungssuche zu haben.
Er war kurz aufgewacht, als sie den Bau schon vor Sonnenaufgang verlassen hatte. Mit verschlafener Stimme hatte er sie gefragt, was los sei.
>Das frühe Eichhörnchen findet die Haselnuss!<, hatte sie sanft und mit einem Lächeln auf dem Lippen gesagt und ihm ein Küsschen auf die Stirn gegeben.
Für ihn war es allerdings zu früh gewesen, um aufzustehen, aber ihre Worte hatte er noch immer im Ohr.
Frisch gestärkt und bereit zum Aufbruch hielt er wie eigentlich immer noch kurz für ein paar Sekunden an dem Eingang der Baumhöhle inne und schaute sich um. Der Wald hatte sich in der vergangenen Nacht wieder ein kleines Bisschen verändert. Mehr Laub lag nun am Boden und hier und dort raschelte es, wenn flinke Eichhörnchen darunter nach Essbarem suchten oder dort ein gutes Versteck für Vorräte vermuteten.
Ein Grinsen stahl sich bei diesen Geräuschen auf Tobis Gesicht. Wenn er über den Waldboden rannte, dann versuchte er immer sehr leise zu sein und er sprang gezielt über die trockenen braunen Blätter hinweg. In der vergangenen Woche hatte er oft mit seiner Freundin Linda ein Wettrennen gemacht, bei dem man auch darauf achten musste, absolut lautlos zu sein. Sie beide liebten dieses Geschicklichkeitsspiel. Tobi war zwar schneller, aber sie war dafür geschickter. So war es jedes Mal sehr spannend.
Eilig kletterte er die Rinde der alten Eiche hinunter und machte sich auf den Weg zum üblichen Treffpunkt. Geradewegs sauste er die gewohnte Route entlang. Er kannte den Weg inzwischen so gut, dass er ihn blind laufen könnte. Jedenfalls war er davon überzeugt und schloss kurz die Augen, um es sich selbst zu beweisen. Es war ein verrücktes Gefühl, beim Laufen auf das Sehen zu verzichten und sich nur auf die anderen Sinne zu verlassen. Doch war es auch auf eine merkwürdige Art und Weise befreiend. Sein kleines Herz schlug schneller vor Aufregung und er stellte sich vor, dass Linda neben ihm rennen würde.
>Pass doch auf!<, holte ihn plötzlich eine altbekannte raue Stimme abrupt aus den Gedanken.
Erschrocken legte er eine Vollbremsung hin und riss die Augen auf.
>Hast du keine Augen im Kopf?<, meckerte ihn der alte Herr Eichner an.
“Mist”, dachte Tobi bei sich. “Warum passiert mir das immer bei ihm?”
Es war nicht das erste Mal, dass er diesen Eichkater fast über den Haufen gerannt hatte. Vor ein paar Wochen hatte der sich bei seiner Mutter lautstark über den “Bengel” beschwert. Sie hatte viel Geduld und noch mehr Beschwichtigungen gebraucht, um ihn wieder zu beruhigen. Letztlich hatte Herrn Eichner das Argument besänftigt, dass Tobi es doch nur deshalb so eilig hätte, weil er immer so schnell wie möglich zu seiner Freundin wollte. Das war Tobi natürlich furchtbar peinlich gewesen, denn das ging schließlich niemanden etwas an, aber wenigstens wurde er nicht mit Baumhöhlenarrest bestraft. Zumindest noch nicht, aber wenn er sich schon wieder beschweren würde, könnte es diesmal vielleicht doch passieren.
>Entschuldigung Herr Eichner. Tut mir leid.<
>Ach du schon wieder. Hast es wohl wieder besonders eilig, was?<
Tobi nickte nur verlegen, wusste aber nicht, was er darauf erwidern sollte.
>Allmählich glaube ich, du hast es auf mich abgesehen.<
>Was? N-Nein Herr Eichner. Das war nur ein Versehen.<
>Eines von vielen in letzter Zeit<, brummte er vor sich hin, bevor er sich dann mit einem Kopfschütteln wieder abwandte und weiterging. >Diese Jugend… Nichts als Flausen im Hirn.<
Tobi glaubte fast, ein kurzes Lächeln bei ihm gesehen zu haben, aber da hatte er sich sicherlich getäuscht. Er war jedenfalls sehr erleichtert, dass er sich keine allzu heftige Standpauke anhören musste. Er schien zumindest nicht allzu sauer zu sein. Vielleicht hatte er auch Glück bei der Futtersuche gehabt und war einfach gut gelaunt. Erleichtert machte er sich wieder auf den Weg und rannte weiter.
Am Ziel angekommen stellte Tobi fest, dass er wohl doch nicht allzu lange aufgehalten worden war. Linda war jedenfalls noch nicht da und so setzte er sich erstmal auf eine dicke Wurzel und wartete. Er dachte gerade bei sich, dass sie wohl jeden Moment kommen müsste, als ihm etwas unerwartet in den Rücken fiel, blitzartig umklammerte und zu Boden riss.
>Aaah!<, schrie er kurz vor Schreck auf, voller Überzeugung, dass ihn eine Wildkatze geschnappt hätte und dies sein Ende wäre. Doch schon im nächsten Augenblick hörte er ein fröhliches und klingendes Lachen hinter ihm.
>Hab’ ich dich<, sagte die süße Stimme, die er sofort erkannte.
>Bist du wahnsinnig?<, stieß er vorwurfsvoll, aber vor allem auch erleichtert aus. >Oh Himmel, hast du mich erschreckt.<
Sein Herz hämmerte wie wild in der kleinen Brust. Seine Rückenhaare kribbelten ihm bis zur Schwanzspitze und sie würden sich sicherlich alle aufstellen, wenn er nicht gerade von hinten fest umklammert würde.
>Tja, das ist die Strafe fürs zu spät kommen<, meinte sie nur keck und gab ihm ein Küsschen auf die Wange.
Der nächste Schauer, der ihm gleich darauf über den Rücken lief, hatte allerdings nichts mehr mit dem Schreck zu tun. Es war ihre Nähe, die ihm immer wieder so verrückte Gefühle schenkte. Einer der Gründe, warum er es jeden Morgen kaum abwarten konnte, zu ihr zu kommen und warum er ihr den kleinen Überfall auch sofort wieder verziehen hatte.
>Ich kann aber gar nichts dafür<, verteidigte er sich trotzdem. >Ich hatte nämlich beinahe einen Zusammenstoß mit dem alten Eichner.<
>Schon wieder?<, meinte sie halb entrüstet, halb amüsiert und ließ ihn los.
>Ja, leider. Aber er schien gut gelaunt zu sein. Ich glaube nicht, dass er sich bei meiner Mutter beschweren wird.<
>Na hoffentlich. Alleine schaffe ich es nicht, für uns beide genügend Vorräte zu sammeln. Also auf geht’s. Genug ausgeruht du Faulpelz.<
>Bin ich gar nicht<, meinte Tobi gespielt beleidigt und zupfte sich ein paar kleine Steinchen aus dem Fell.
>Wie siehst du denn wieder aus?<, sagte sie leise stöhnend.
>Hey, das ist doch nicht meine Schuld, dass ich schmutzig werde, wenn du mich zu Boden wirfst.<
>Ach… und was ist das?<
Linda zupfte gerade Krümel einer Buchecker aus seinem Fell und hielt sie ihm provozierend unter die Nase. Dagegen hatte er nun wirklich kein Argument und schwieg verlegen. Vielleicht hätte er doch nicht ganz so hastig frühstücken sollen.
>Und da hast du wieder ein bisschen Baumharz kleben<, ergänzte sie noch. >Stört dich das nicht?<
>Doch schon<, erwiderte er schulterzuckend. >Ist mir nur nicht aufgefallen.<
>Zeig mal her<, sagte sie geradezu zärtlich und nahm seinen buschigen Schwanz zwischen die Pfoten und begann gleich damit, ihn von Schmutz und kleinen Knötchen zu befreien. >Manchmal glaube ich, du kommst nur deswegen zu mir, damit ich dir das Fell sauber mache<, ergänzte sie noch schmunzelnd.
Tobi schluckte und konnte regelrecht fühlen, wie sein Gesicht heiß wurde. Natürlich stimmte das nicht. Zumindest kam er nicht nur deswegen. Aber er genoss es unheimlich, wenn sie es machte und deshalb konnte er auch gar nichts dagegen sagen.
Nach ein paar Minuten, die seiner Meinung nach viel zu schnell vorbei waren, machten sie sich schließlich auf den Weg, um Vorräte zu sammeln. Eigentlich mussten sie das nicht wirklich machen, denn Lindas Eltern versorgten sie und ihren kleinen Bruder immer noch mit und auch Tobis Mutter legte Nahrungsvorräte an, die ebenfalls für ihn reichen sollten. Trotzdem war Linda der Meinung, dass sie eigentlich schon alt genug wären, um sich selbst mit eigens gesammelten und versteckten Futterreserven im Winter zu versorgen.
Sie war auch ziemlich stolz darauf, dass sie schon einen hübschen kleinen Vorrat beisammen hatten. Vielleicht lag es daran, dass sie ein gutes Stück außerhalb der Eichhörnchensiedung aktiv waren. So machte ihnen das, was sie finden konnten, auch niemand streitig. Anderseits gab es hier aber auch nicht so viel zu finden, was die Suche wiederum sehr mühselig machte.
>Wie wäre es mit einem Wettrennen?<, fragte Tobi voller Hoffnung, denn das Sammeln und Vergraben von Nüssen fand er auf die Dauer doch ziemlich langweilig.
>Aber wir haben doch heute kaum etwas geschafft<, erwiderte Linda. >Wenn wir nicht immer so viele Pausen zum Herumtollen oder Beerenfuttern einlegen würden, könnten wir uns bestimmt alleine durch den Winter bringen. Dann würden unsere Eltern ganz schön große Augen machen.<
>Ja schon, aber es ist doch noch so viel Zeit und ich brauche etwas Abwechslung.<
>Ach ja? Na, wenn das so ist, dann fang mich doch.<
Kaum, dass sie das gesagt hatte, sauste sie auch schon los.
>Hey, das ist unfair<, rief er ihr nach und jagte sofort hinterher.
>Wer zuerst am Waldrand ist!<, neckte sie ihn kurz und rannte dann so schnell sie konnte, doch Tobi war ihr schon dicht auf den Fersen.
Kurz vor der großen Lichtung stoppte Linda so überraschend, dass er nicht mehr bremsen konnte, in sie hinein rummste und beide in ein Gebüsch schlitterten.
>Aua! Das hat weh getan<, beschwerte sich Tobi. >Was sollte das denn?<
>Schscht!<, machte sie und hielt ihm die Pfote vor dem Mund. >Sieh doch!<, fügte sie noch flüsternd an.
Er folgte ihrer Blickrichtung und riss vor Erstaunen die Augen auf. Nur einige Meter vor ihnen stand etwas auf der Lichtung, das sie noch nie zuvor gesehen hatten. Es war so riesig wie ein Felsbrocken, aber glänzte weiß in der inzwischen tief stehenden Sonne. Daneben befand noch etwas, das sie nicht kannten. Es war etwa halb so groß und grün, doch bei dem bewegte sich die Oberfläche leicht im Wind. Obwohl Tobi und Linda schon früher hier gewesen waren, hatten sie so etwas noch nie gesehen. Wo war das nur hergekommen?
Plötzlich klappte das grüne Ding vorne auf und die beiden Eichhörnchen zuckten vor schreck zusammen. Dann kamen nacheinander zwei gigantische Kreaturen heraus gekrabbelt, die ihnen auch völlig fremd waren. Das eine war sogar doppelt so groß wie das andere. Kaum, dass sie draußen waren, stellten sie sich wie riesige Eichhörnchen auf die Hinterbeinen und gingen so aufrecht sogar weiter.
Sie sahen so merkwürdig aus. Ihr Fell schien nur am Kopf aus Haaren zu bestehen und war ansonsten am Körper eigenartig bunt und glatt. Einen Schwanz hatten sie auch nicht. Von den Farben her schienen sie ganz unterschiedlich zu sein und trotzdem waren sie sich ähnlich.
>Was sind das für Wesen?<, fragte Linda flüsternd, doch Tobi wusste keine Antwort.
Versteckt hinter den Ästen und Blättern des Busches beobachteten sie, was dort geschah.
>Ich habe Hunger, Papa<, gab das kleinere Wesen von sich, doch konnten die Eichhörnchen kein Wort davon verstehen. Für sie war es nur grollende Laute.
>Aber ich habe den Grill doch noch nicht einmal aufgebaut. Das wird noch mindestens ein Stündchen dauern, Schatz.<
>Ich will aber jetzt etwas essen.<
>Dann hol’ dir eben eine Kleinigkeit aus dem Wagen. Du weiß ja, wo alles ist… Aber iss nicht zuviel, sonst hast du nachher keinen Hunger mehr.<
>O.K.<
Tobi und Linda staunten nicht schlecht, als sie sahen, wie das kleinere Wesen den riesigen weißen Felsen einfach aufklappte, hineinkroch und wenig später wieder heraus kam. Dann näherte sie sich hüpfend dem Busch, in dem sich die beiden versteckten und das Zittern des Bodens bei jedem Sprung spüren konnten. Wie erstarrt kauerten sie sich dicht aneinander und rührten sich nicht, in der Hoffnung, dadurch unentdeckt zu bleiben.
Sie beobachteten stumm, wie es sich ganz in der Nähe unter einen Baum setzte und sich anlehnte. Dann ertönte ein lautes Ratschen und Rascheln und kurz darauf vernahmen sie Knabbergeräusche, die tatsächlich von einem riesigen Eichhörnchen stammen könnten.
>Hilfst du mir mal kurz mit dem Gestell?<, erklang erneut die dröhnende Stimme des größeren Wesens. Seine Laute brachte die Luft zum Vibrieren und ging Tobi und Linda durch und durch.
>Na gut<, antwortete das andere und stand wieder auf. Dabei fiel etwas knisternd zu Boden und ein wenig vom Inhalt kullerte bis an den Rand des Busches.
Ein köstlicher Geruch erfüllte plötzlich die Luft und ließ den beiden das Wasser im Mund zusammenlaufen. Ihre Blicke richteten sich auf das, was dort auf dem Boden lag. Als das Wesen weit genug weg war, löste sich Linda von Tobi und lief schnell los, um das lecker riechende Ding zu holen. Er hielt dabei staunend die Luft an. Zwar wusste er, dass seine Freundin mutig sein konnte, aber dass sie so mutig war, hatte er nicht erwartet.
Sie schnappte es sich mit den Zähnen und kam schnell wieder zurück. Gleich darauf liefen beide tiefer in den Wald und den nächstbesten Baum nach oben. Erst als sie sich in mehreren Metern Höhe sicher fühlten, stoppten sie und begutachteten ihre Beute.
>Es riecht und schmeckt wie eine Nuss, aber so was von lecker<, meinte Linda, als sie sich das gebogene Etwas wieder aus dem Mund holte.
Sie drehte es in ihren Händen und begutachtete es von allen Seiten. Dabei fiel ihr auf, dass der Länge nach eine dünne Kerbe zu sehen war. Sie packte es links und rechts davon, versuchte es zu verdrehen und zog gleichzeitig etwas daran. Da lösten sich die Hälften auf einmal und ein weiterer Schwung des köstlichen Duftes zog ihnen in die Nasen.
>Das ist ja wie für uns gemacht<, freute sie sich und reichte Tobi zwinkernd eine Hälfte.
Etwas zögerlich kostete er von der komischen Nuss, doch dann war er vollauf begeistert. Sie hatte einen leicht salzigen Geschmack und war dabei weich und trotzdem knackig.
>Oh man, schmeckt das gut<, schwärmt er und beide futterten ihre Hälfte schnell auf.
Danach leckten sie sich sogar noch die Pfoten ab.
>Eigentlich bin ich ja satt<, meinte Linda, >aber ich könnte trotzdem noch eine essen.<
>Ja, ich auch.<
>Meinst du<, begann sie etwas zögerlich, >dass wir noch einmal hingehen sollten und sehen, ob wir noch eine holen können?<
>Im Ernst? Du willst zurück zu diesen Rieseneichhörnchen?<
>Glaubst du echt, dass das Rieseneichhörnchen sind?<
>Nein, eigentlich nicht, aber ich habe außer uns sonst noch nichts im Wald gesehen, das problemlos nur auf den Hinterbeinen stehen kann und am liebsten Nüsse futtert.<
>Ja, stimmt auch wieder<, pflichtete sie ihm bei. >Hast du gesehen, wie das Wesen die Nüsse aus dem weißen Felsending geholt hat? Ich glaube, da ist ihr Wintervorrat drin. Der ist bestimmt voll mit Nüssen. So groß wie die beiden sind, brauchen die garantiert riesige Reserven.<
>Das denke ich auch<, erwiderte Tobi zustimmend. >Aber willst du wirklich riskieren, von denen etwas zu stibitzen?<
>Ich bin mir sicher, denen fällt es noch nicht einmal auf, wenn ein Bisschen was fehlt. Außerdem haben wir dann bestimmt genug Vorräte. Stell dir vor, wie beeindruckt unsere Eltern sein werden, wenn sie sehen, dass wir es ganz ohne ihre Hilfe schaffen, durch den Winter zu kommen.<
Tobi lächelte bei ihren Worten. Er wusste nur zu gut, wie sehr sie sich wünschte, ihre Eltern beeindrucken zu können. Sie war ihre einzige Tochter und fühlte sich nie so ernst genommen, wie ihre älteren Brüder. Deshalb hatte sie auch die Idee gehabt, dass die beiden heimlich ihre eigenen Vorräte für den Winter sammeln sollten. Tobi selbst war davon nicht so begeistert, aber wenn es sie glücklich machte, wollte er sie natürlich unterstützen. Hauptsache sie waren zusammen.
>Ich glaube, du hast Recht. Die Riesen haben uns auch nicht bemerkt, obwohl wir direkt neben ihnen waren. Vielleicht sehen sie ja nicht so gut. Und so laut wie die sind, funktionieren ihren Ohren bestimmt auch nicht so toll<, schlussfolgerte er.
>Das heißt, wir müssen geschickt, schnell und leise sein. Klingt ja eher nach einer Aufgabe für mich<, meinte Linda schmunzelnd.
>Hey, ich habe es sogar mit der Vambirke aufgenommen. Da schaffe ich auch die beiden Kreaturen da<, gab er trotzig zurück.
>Oh nein!<, sagte sie bestimmend. >Du machst hier keinen auf Kampfhörnchen. Versprich mir das.<
>Warum denn? Traust du mir das nicht zu?<
>Doch natürlich, ich traue dir alles zu, aber ich möchte nicht, dass du dich schon wieder in zu große Gefahr stürzt. Bitte Tobi, versprich mir, dass du vorsichtig bist.<
Sie sagte das mit unglaublich sanfter Stimme und unterstrich das Ganze auch noch mit ihrem hinreißenden Augenaufschlag. Dem konnte Tobi beim besten Willen nicht widerstehen.
>Na gut, wenn es sein muss.<
>Muss es!<
>Aber nur, weil du mich so lieb bittest.<
Er gab ihr ein Küsschen auf die Wange, was ihr wie so oft einen wohligen Schauer über den Rücken laufen ließ und wieder einmal dazu führte, dass sich ihr Schwanz mit einem leisen “Fupp” aufplusterte. Ihm passierte das in solchen Momenten auch häufig, doch peinlich war das den beiden schon lange nicht mehr. Zumindest nicht, wenn sie so wie jetzt alleine waren.
>Danke<, sagte sie zufrieden und kuschelte sich ganz nah in ihn heran und legte wohlig seufzend ihren Kopf an seine Schulter. Wie von selbst wickelten sich ihre flauschigen Schwänze jeweils um den andern und sie saßen da, wie ein einziges großes Fellknäuel, das vollkommen glücklich damit war, einfach den Augenblick gemeinsam genießen zu können.
Sie warteten noch bis zum Sonnenuntergang, bevor sie sich auf ihre Mission zu den Riesen begaben. Im Schutze der Nacht würden sie es wohl noch einfacher haben, da waren sie sich ziemlich sicher. Zwar würden sie sich auf dem Rückweg dann besonders auch vor den Wildkatzen und Eulen in Acht nehmen müssen, aber die Gefahr kannten sie gut und sie wussten, wie sie sich verhalten mussten.
Geschickt und nahezu lautlos huschten sie von Ast zu Ast und Baum zu Baum. An der Lichtung angekommen hielten sie erschrocken an. Ein leichter beißender Geruch stieg bis in die Baumkronen empor und bohrte sich in ihre Nasen. Sofort wurden ihre Instinkte davon alarmiert. Sie wussten nicht genau was es war, doch ihnen beiden war klar, dass es Gefahr bedeutete. Dafür brauchten sie keine Worte. Sie schauten sich nur kurz an und jeder konnte in den Augen des anderen die Bestätigung seiner unheilvollen Ahnung erkennen.
Die Quelle dieses bedrohlichen Gestanks war schnell ausgemacht. Die Kreaturen saßen um einen Ring aus Steinen herum in dessen Mitte ein gelbes bis rotes Licht flackerte und nicht enden wollende dunkle Rauchschwaden zum Himmel schickte.
“Spürten sie die Gefahr denn nicht?”, fragte sich Tobi im Gedanken.
Insgeheim bewunderte er die Rieseneichhörnchen für ihren Wagemut. Er dachte auch kurz daran, sich selbst dorthin zu begeben um zu beweisen, dass er genauso mutig war, doch er erinnerte sich daran, dass er Linda versprochen hatte, sich zurückzuhalten.
>Und was machen wir jetzt?<, fragte er flüsternd, während sie noch immer gebannt die Szenerie beobachtete.
>Sieh doch!<, erwiderte sie aufgeregt. >Das weiße Felsenversteck scheint noch immer geöffnet zu sein und die beiden Wesen sind abgelenkt. Das ist die Chance. Warte hier.<
Noch ehe er etwas erwidern konnte, flitzte Linda den Baumstamm hinunter und rannte auf direktem weg zu der Öffnung. Tobi konnte vor Aufregung kaum atmen. Sein Herz schlug wie wild und in seinem ganzen Körper schienen die Muskeln zu brennen und leicht zu zittern. Sein Blick wechselte ständig blitzschnell immer von Linda zu den beiden Wesen und wieder zurück. Als sie dann bei dem merkwürdigen Felsen angekommen war, sprang sie flink und geräuschlos nach oben direkt in die Öffnung. Plötzlich erklang die Stimme des Riesen so dröhnend, dass Tobi vor Schreck fast das Herz stehen geblieben wäre. Die Sorge um seine Freundin ließ ihn die Luft anhalten.
>Ich hole mir noch etwas zu Trinken. Möchtest du auch noch etwas?<
>Nein danke, Papa. Ich habe noch genug.<
Fassungslos musste er mit ansehen, wie die Kreatur zu dem merkwürdigen Felsen ging.
“Komm schnell raus”, dachte er halb verzweifelt. “Bitte, mach schon. Schnell!”
Doch zu seinem Entsetzen musste er feststellen, dass Linda nicht heraus kam. Der Riese war inzwischen angekommen und steckte seinen Kopf in das Versteck. Ein Klappern und Klirren ertönte und Tobi flehte zum Himmel, dass seine Freundin unentdeckt blieb. Dann geschah das Schrecklichste, das er sich vorstellen konnte. Das Wesen schlug mit einem lauten Scheppern die Öffnung zu.
“Oh nein!”, dachte Tobi panisch. “Dieses Monster hat Linda gefangen!”
Unruhig lief er auf seinem Ast hin und her und überlegte fieberhaft, was er jetzt tun sollte, doch ihm fiel nichts vernünftiges ein. Auch wenn er mutig genug wäre, sich den Monstern zum Kampf zu stellen, war ihm bewusst, dass er keine Chance haben würde. Auch wenn er in seinem Herzen bereit war, für sie zu sterben, würde ihr das jetzt nichts nützen. Nein, er musste einen Weg finden, sie zu befreien.
Er versuchte sich selbst zu beruhigen, setzte sich still und regungslos auf seinen Ast und beobachtete alles, was dort unten geschah. Äußerlich wirkte er vielleicht sogar gefasst, doch in seinem Innern tobte es vor Sorge. Er hoffte inständig, dass es vielleicht noch einen anderen kleinen Zugang gäbe, den sie vielleicht nur noch nicht entdeckt hätten.
Nach einer endlos langen Zeit geschah wieder etwas dort unter ihm. Das große Monster erhob sich mit einem merkwürdigen Gebrüll und schien die Arme in einer Art Drohgebärde weit von sich zu strecken.
>Wir sollten jetzt schlafen gehen, Liebling. Ich bin müde und morgen wollen wir früh weiter.<
>Ja, ich bin auch müde.<
Das kleinere Wesen machte ihm die Geräusche und Pose nach und kurz darauf krabbelten beide in das grüne Ding hinein.
“Das ist meine Chance”, dachte Tobi und rannte hinunter.
Zuerst flitzte er dorthin, wo Linda hineingehüpft war, doch diese Zugang war verschlossen. Nur ein kleiner Spalt, in den er gerade so eine Pfote hineinstecken konnte, war dort. Natürlich versuchte er mit aller Kraft daran zu ziehen, doch nichts bewegte sich.
>Linda? Kannst du mich hören?<, flüsterte er so laut er es nur wagte direkt in die kleine Rille, doch er bekam keine Antwort.
Er gab diesen sinnlosen Versuch wieder auf und umrundete den eigenartigen weißen Felsen auf der Suche nach einer anderen Öffnung. Dabei bemerkte er, dass er gar nicht richtig auf dem Boden lag, sondern nur auf vier schwarzen, merkwürdigen Stämmen ruhte. Sie hatten eine Oberfläche wie eine Baumrinde, doch sie rochen sehr befremdlich. Tobi kletterte auf jeden der vier Baumfüße, doch konnte er keinen Zugang zum Inneren entdecken.
Obwohl er Angst hatte, der Fels könnte ihn unter sich begraben, suchte er auch unter ihm nach einem Eingang. Für einen kurzen Moment glaubte er sogar an einer Stelle einen geheimen Tunnel gefunden zu haben, doch seine aufgeregte Vorfreude verwandelte sich rasch in Kummer, als er erkennen musste, dass er dort nicht sehr weit kam und Linda erneut seine Rufe nicht beantwortete. Außerdem stank es dort furchtbar und er hielt es nicht sehr lange aus.
Zuletzt setzte er seine ganze Hoffnung darauf, vielleicht oben einen Durchlass finden zu können und sprang an der etwas flacheren Seite hinauf. Seine Schritte machten auf diesem Felsen merkwürdig klackernde Geräusche, doch er ließ sich davon nicht abhalten. Als er dann ein riesiges Loch vor sich sah, glaubte er seinen Augen nicht trauen zu können und fragte sich, warum sie nicht gleich da durch geflüchtet war. Den Grund erkannte er jedoch, als er näher kam. Es war in Wirklichkeit kein Loch, auch wenn es so aussah. Er berührte es mit seinen Pfoten und stellt fest, dass es hart und kalt war, ähnlich wie eine zugefrorene Pfütze. Man konnte hindurch sehen und gleichzeitig spiegelte er sich leicht darin. Er sprang dagegen und schlug mit seinen Fäusten darauf ein, in der Hoffnung, das Eis zerbrechen zu können, doch nichts rührte sich. Bald schon pochte es schmerzhaft in seinen Fäusten und er konnte nicht mehr richtig zuschlagen. Verzweifelt sank er in sich zusammen und rieb sich die schmerzenden Pfoten.
Da bemerkte er auf einmal eine Bewegung auf der anderen Seite der Barriere und kurz darauf sprang plötzlich Linda an der Innenseite nach oben. Sie zu sehen ließ sein Herz wieder schneller schlagen und er schöpfte neuen Mut. Er war so froh, dass es ihr anscheinend einigermaßen gut ging, auch wenn sie im Innern dieses verdammten Dings gefangen war.
>Wie geht es dir?<, fragte er sie, doch bekam er keine Antwort.
Schnell wurde ihm klar, dass er sie wohl einfach nur nicht durch dieses Eis hören konnte, denn er sah, dass sich ihre Lippen bewegt. Doch auch wenn er nicht verstehen konnte, was sie ihm zuzurufen schien, sagten ihm ihre Augen und ihr trauriger Gesichtsausdruck ganz genau, was sie von ihm wollte. “Bring dich in Sicherheit! Bitte. Du kannst mir nicht helfen.”
Ihr Blick schrie ihm diese Worte geradezu entgegen doch er verschränkte trotzig die Arme vor der Brust. Niemals würde er sie verlassen. Lieber würde er sich auch von diesen Monstern einfangen lassen, wenn er dadurch nur wieder mit ihr zusammen sein konnte.
Auch sie erkannte die Botschaft, die deutlich in seinen Augen geschrieben stand. Kurz seufzte sie auf und dann lächelte sie sogar für einen winzigen Augenblick. Es war so schön und magisch wie ein Sternschnuppe und auch wenn es nur für einen Wimpernschlag anhielt, genügte es doch, sein Herz für die ganze Nacht mit Wärme zu füllen. So rollte er sich neben ihr ein und versuchte zu vergessen, dass sie durch eine eisige Felswand voneinander getrennt waren.
Am nächsten Morgen erwachte er erst, als ein lautes Ratschen ertönte, obwohl die Sonne schon aufgegangen war. Er hatte vor Sorge um Linda einfach nicht einschlafen können und war noch lange in der vergangenen Nacht wach gewesen. Es kam ihm vor, als hätte ihn die Müdigkeit gerade eben erst übermannt und dementsprechend steckte sie ihm noch tief in den Knochen. Doch dieses Geräusch riss ihn regelrecht aus dem Schlaf. Er widerstand dem ersten Impuls, die Flucht zu ergreifen und blieb sitzen. Sofort schaute er nach Linda, die auch gerade aufgewacht war. Vermutlich hatte sie das laute Geräusch trotz der dicken Wand auch hören können.
Noch einmal sah sie ihn flehend an, doch Tobi war fest entschlossen, hier bei ihr zu bleiben und rührte sich nicht vom Fleck. Stattdessen beobachtete er gebannt, wie die beiden fremden Kreaturen aus ihrem Nachtlager herausgekrochen kamen. Zuerst das größere, das ähnlich wie am Abend zuvor ein schauriges Gebrüll von sich gab und erneut die Arme auf einschüchternde Weise von sich streckte. Dann das kleinere, das sich die Augen rieb und sich etwas tapsig vorwärts bewegte.
Schließlich geschah das Unvermeidliche. Er wurde entdeckt.
>Sieh mal, Papa! Wie süß. Da sitzt ein Eichhörnchen auf unserem Auto!<
Sie kam auf ihn zugelaufen, was Tobi große Angst machte, doch er nahm seinen ganzen Mut zusammen und versuchte tapfer zu bleiben.
>Geh nicht zu nah heran, Liebes. Auch wenn es niedlich aussieht, ist es ein wildes Tier. Darüber haben wir doch schon gesprochen.<
>Ja, ich weiß. Es könnte die Tollwut haben. Aber es ist so putzig.<
Tobi hatte keine Ahnung, was diese Laute zu bedeuten hatten, die diese Geschöpfe von sich gaben, doch es war ihm auch egal. Er wartete nur darauf, dass er gepackt wurde. Aber noch passierte nichts und jede Sekunde verging quälend langsam.
>Hey, da ist ja noch eines. Wie ist das denn ins Auto gekommen?<
>Was! Da ist eines im Auto?<
Die dröhnend laute Stimme des großen Monsters, das plötzlich schnell näher kam, ging Tobi durch Mark und Bein. Er fürchtete, dass nun sein letztes Stündlein geschlagen hatte und schaut noch ein letztes Mal zu seiner Freundin, die alles zitternd von innen beobachtete.
>Das gibt’s ja nicht. Los! Mach, dass du raus kommst!<
Das riesige Monster öffnete plötzlich völlig überraschend einen anderen Zugang direkt neben ihnen, von dem die beiden bisher noch nicht gewusst hatten. Tobi dachte schon, dass er jetzt gleich geschnappt und auch hinein geworfen würde, doch Linda erkannte darin die Chance zu entkommen. Wie von der Tarantel gestochen sprang sie blitzschnell auf und rannte so schnell sie nur konnte ins Freie.
Tobi traute seinen Augen kaum, als er das sah. Auch in ihm erwachte der Kampfgeist und er sprang erst nach oben über die kalte Felswand an die höchste Stellen und von dort todesmutig direkt zwischen den beiden Monstern hindurch. Er hoffte dadurch die Aufmerksamkeit auf sich lenken zu können, damit Linda die Flucht glückte.
Sein spontaner Plan schien Erfolg zu haben. Das kleinere Wesen stieß einen hellen spitzen Schrei aus und trat sogar einen Schritt zur Seite. Tobi erkannte, dass seine Freundin draußen war, lief aber erst noch ein Stück in eine andere Richtung. Dabei schlug er mehrmals wilde Haken, um die Riesen zu verwirren.
Es klappte. Er sah, wie Linda den Waldrand erreichte und flitzte ihr sofort hinterher. Auch sie schaute sich um und war sehr erleichtert, als sie Tobi dicht hinter sich sah. Die Geräusche der beiden Kreaturen hinter ihnen ließen aber nicht zu, dass sie das Tempo verlangsamten. Sie kletterten schnell einen Baumstamm empor und sprangen dann noch in sicherer Höhe über die nahen Äste weiter zu anderen Bäumen. Erst als sie nichts mehr von den Riesen hören und sehen konnten, hielten sie an und machten eine Verschnaufpause.
>Wir haben es geschafft, Linda. Du bist wieder frei! Ich dachte schon…<
Noch bevor er den Satz zu Ende sprechen konnte, fiel sie ihm um den Hals und drückte sich ganz fest an ihn. Sie wieder zu spüren und im Arm halten zu können, war ein Gefühl, als hätten sich alle Wünsche in seinem Leben erfüllt. Es war das pure Glück. Er nahm sie in seine Arme und wie von selbst legte sich sein buschiger Schwanz über ihren Rücken, um ihr noch mehr Wärme und Geborgenheit zu schenken. Dann lauschte er einfach still sitzend, wie sich ihre hektische Atmung allmählich verlangsamte und sich auch der aufgeregte Herzschlag, den er deutlich spüren konnte, nach und nach wieder beruhigte.
Nach einer kleinen Ewigkeit, in der beide diesen innigen Moment ihrer wiedergewonnenen Zweisamkeit genossen, löste sie sich leicht von ihm und schaute tief in seine Augen.
>Eigentlich sollte ich ja böse auf dich sein, weil du dich auch in Gefahr begeben hast, wo ich alleine doch diese Idee hatte und so blöd war. Aber ich weiß nicht, was ich ohne dich gemacht hätte.<
>Ach was, ich habe doch nur…<
Wieder konnte er nicht zu Ende sprechen, denn sie tat etwas, das sie noch nie zuvor getan hatte. Sie versiegelte seine Lippen mit einem Kuss direkt auf den Mund. So verrückt sich das auch anfühlte, so schön war es auch und es jagte ihm ein Kribbeln durch den ganzen Körper.
>Ich liebe dich<, flüsterte sie und kuschelte sich gleich danach wieder an ihn.
>Ich liebe dich auch<, erwiderte er leise und küsste sie auf den Kopf, was sie wohlig seufzen ließ.
Mehr konnte Tobi nicht sagen. Auch wenn ihm tausend Gedanken durch den Kopf schwirrten, war es doch nur dieser eine kleine Satz, der alles zum Ausdruck brachte, was er tief in seinem Herzen schon länger gefühlt hatte.
Die beiden blieben noch eine ganze Weile eng umschlungen auf diesem Ast sitzen. Bald wurde ihnen aber klar, dass sie sich zu Hause melden sollten, da sich ihre Familien sicherlich Sorgen machen würden. Nur was sie ihnen zur Erklärung sagen wollten, das war für sie schwer zu entscheiden. Schließlich einigten sie sich darauf, von der Futtersuche zu erzählen und davon, dass sie zufällig diesen Rieseneichhörnchen begegnet waren. Allerdings wollten sie Lindas Plan dann doch lieber für sich behalten.
So machten sie sich schließlich auf den Heimweg und begegneten auch schon bald Lindas Eltern, die sich zusammen mit ihren Brüdern und Tobis Mutter auf die Suche gemacht hatten. Einerseits waren alle sehr erleichtert, dass die beiden Ausreißer wohlbehalten, wenn auch ziemlich erschöpft, zurückgekehrt waren. Andererseits musste sie sich aber auch eine ziemliche Strafpredigt anhören, weil sie erst jetzt nach Hause kamen.
Natürlich verteidigten sich die beiden mit ihrer Geschichte und erzählen, dass sie sich aus Angst von den Monstern entdeckt zu werden, die ganze Nacht nicht aus dem Gebüsch getraut hätten, doch so recht wollte ihnen niemand glauben. Da sie aber beharrlich bei dieser Version blieben, gingen sie tatsächlich alle zusammen zu der Stelle, wo sie das schrecklichste Abenteuer ihres Lebens durchstanden hatten.
Tobi und Linda staunten nicht schlecht, als sie feststellen mussten, dass alles verschwunden war. Nur noch die Abdrücke der merkwürdigen Felsen und des Rings aus Steinen waren im Gras zu sehen. Zu wenig, um ihre Geschichte glaubhaft beweisen zu können, doch genug, um einen milde Strafe zu erhalten. Einen Tag Höhlenarrest für beide und die Auflage, künftig immer vor Sonnenuntergang zu Hause zu sein.
Mit dem Höhlenarrest waren beide einverstanden, denn sie hatten einen Menge Schlaf nachzuholen, doch was die Sache mit dem Sonnenuntergang betraf, da hofften sie natürlich, dass diese Strafe bald aufgehoben wurde. Denn schließlich gab es für die beiden nichts schöneres, als in einer Baumkrone zu sitzen und eng umschlungen einen Sonnenuntergang zu beobachten.
Texte: Alle Rechte liegen bei mir. Die Bezeichnung "Chris2010" auf dem Cover ist mein ursprünglicher BookRix-Username.
Bildmaterialien: Das Cover hat die BookRix-Userin "lostinlove" für mich gemacht.
Tag der Veröffentlichung: 20.09.2011
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Ich widme dieses Buch meiner Anja, denn für sie würde ich mich auch jederzeit selbst dem furchteinflößendsten Rieseneichhörnchen stellen. XD