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AKT I


Die Zaubererbsen




Der Zauberwald existierte schon immer unverändert, seit Anbeginn der Zeiten, so groß, unheimlich, funkelnd, gruselig, geheimnisvoll, dunkel und hell, bunt und eintönig, laut und … nein, leise war er nie gewesen, … aber seeeehr gefährlich! So erzählten die Alten und Weisen in einem kleinen Dorf am Rande des Zauberwaldes. Diese Geschichten bekamen auch Hänsel Schaf und Gretel Ziege zu hören, die Kinder zweier sehr armer Bauernfamilien. Die beiden erzählten sich für ihr Leben gern selber unheimliche Geschichten über den verbotenen Zauberwald. Jedem unartigen Kind im Dorf wurde damit gedroht, es in den Wald zu bringen, wo böse Hexen und Kobolde ihr Unwesen trieben und alle Frechdachse in vermoderte Baumstümpfe verwandelten. Hänsel Schaf und Gretel Ziege jedoch waren sehr mutige Kinder. Oft standen die beiden stundenlang mit großen Augen vor dem Pilzkreis, der den Wald abgrenzte, und versuchten, zwischen den Bäumen funkelnde Feen oder tanzende Blumen zu sehen.


Eines Tages, es war kurz vor Wintereinbruch, beschlossen Hänsel Schafs Eltern, den riesig großen Kürbis zu verkaufen, der während des Sommers in ihrem kleinen Garten gewachsen war. Sie hatten kein Geld mehr und hofften, dadurch Vorräte für den Winter beschaffen zu können. Papa Schaf erntete den orangefarbenen Kürbis, Mama Schaf holte den Handwagen mit den vier Holzrädern aus der Scheune und knotete einen Beutel mit Verpflegung an einen Stock, während sich Hänsel Schaf sein blaues Tuch um den Hals wickelte. Da seine Eltern vor dem Winter das kaputte Dach des Hauses reparieren mussten, sollte er allein ins Nachbardorf wandern, um dort jemandem den Kürbis zu verkaufen. Gretel Ziege begleitete ihn natürlich und so machten sich die beiden auf den langen Weg ins andere Dorf. Sie waren schon weit gekommen, als sie sich am Abend, unter einem mächtigen Baum, einen Schlafplatz im weichen Moos suchten und es dauert nicht lange, bis sie in die schönsten Träume eintauchten.


Als Hänsel Schaf am nächsten Morgen aufwachte, starrten ihn zwei kullerrunde bernsteinfarbene Augen an. Eine alte Graugans mit unheimlich langen Zähnen hatte sich über ihn gebeugt und beim Schlafen beobachtet. Wäre er nicht von ihren langen Zähnen so beeindruckt gewesen, hätte er sicher seine Schafsschmolllippe beleidigt schräg nach oben gezogen, so wie wirklich nur Schafe es können, das tat er nämlich sehr gern. "Gehört der Kürbis euch?", fragte sie mit schnarrender Stimme. "Ich mache euch ein Angebot, das ihr nicht abschlagen könnt! Ich habe hier fünf Zaubererbsen, sie sind sehr wertvoll. Da ich eine herzensgute, alte Gans bin, wäre ich aber bereit, sie euch im Tausch gegen den Kürbis zu überlassen! Was sagt ihr dazu?" Hänsel Schaf und Gretel Ziege waren sehr neugierig, was diese Zaubererbsen wohl bewirkten, ob man damit grün und gelb gepunktete, fliegende Elefanten herbeizaubern konnte? Hatten diese dann auch so lange Zähne? Mit leuchtenden Augen tauschten sie den Kürbis ein und freuten sich, ein so tolles Geschäft gemacht zu haben. Hänsel Schafs Eltern mussten stolz auf sie sein! Er packte die fünf Erbsen in einen kleinen Lederbeutel und zurrte diesen gut zu. Die beiden machten sich sofort auf den Heimweg und sahen nicht mehr, wie die alte Graugans den Kürbis in eine prachtvolle Kutsche verwandelte und mit dieser in die andere Richtung davon preschte.





Entgegen aller Erwartungen der beiden Kinder waren Hänsel Schafs Eltern alles andere als begeistert. Papa Schaf kräuselten sich regelrecht die Hörner, als er die fünf Erbsen sah, die ihm die beiden freudestrahlend reichten. Mama Schaf schlug die Hände über dem Kopf zusammen, kullerte theatralisch mit ihren Augen und meckerte ohne Pause vor sich hin, dass sie nun alle verloren seien. Mit einem großen Besen jagte Papa Schaf die beiden aus dem Haus. Hänsel Schaf und Gretel Ziege hasteten schnell ins Freie. Wie von alleine bewegten sich ihre Beine in Richtung des Pilzkreises, vor dem sie schon so viele Stunden verbracht hatten. Als sie direkt davor standen, sahen sie sich an. Bis jetzt hatte noch kein Dorfbewohner es je gewagt, diesen Kreis zu übertreten, zu groß war die Angst vor dem, was dahinter lauerte. Aber für die beiden Kinder war momentan die Angst vor dem, was VOR dem Kreis lauerte größer, also nahmen sie ihren ganzen Mut zusammen, fassten sich an den Händen und machten einen großen Schritt über die Pilzlinie…


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Fortsetzung folgt demnächst in Akt 2!





Impressum

Texte: Alle Texte und Bilder wurden selbst erstellt.
Tag der Veröffentlichung: 09.08.2009

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
für Matthias

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