Mitten im Waschprogramm hatte meine Maschine beschlossen das Zeitliche zu segnen.
„Verflixte, verdammte Scheiß - Waschmaschine!!! " ,schimpfte ich und trat mit aller Inbrunst dagegen. Ich war total im Zeitdruck, meine Wäsche war erst halb fertig und nun hatte ich mir auch noch mächtig den großen Zeh angestoßen.
Morgen war der Tag meines Umzuges. Vom beschaulichen niedersächsischen Kaff sollte es in die rheinische Metropole Köln gehen. Ich war an dem Punkt angekommen mein Leben komplett verändern zu wollen.Gescheiterte Beziehung, die Kinder aus dem Haus – was hielt mich hier im Norden also noch?
Eine Arbeit war schnell gefunden . Meine Freundin Lilly hat mich - bis auf Weiteres - in ihrem „Wasch-Cafe“ , einer Kombination aus Waschsalon und Internet - Cafe , angestellt. Und sie hatte mir eine nette , kleine Wohnung am Rande Kölns besorgt.
Lilly`s Freund Adrian würde morgen Abend die Spediteure in Empfang nehmen und mit Hilfe von Lilly`s Bruder schon einmal die Möbel aufstellen. Die Kartons auszupacken und alles andere würde ich dann selbst übernehmen. Ich wollte noch eine Nacht bei einem meiner Brüder verbringen und übermorgen mit dem Zug in meine neue Heimat reisen.
Jetzt war aber meine Waschmaschine verreckt...als wenn ich das gerade gebrauchen könnte. Ich rupfte also die nasse Wäsche aus der Maschine und schleppte sie ins Bad. Mußte ich sie eben mit der Hand zu Ende waschen.
Anschließend vereinbarte ich mit meinem ehemaligen Vermieter , dass ich die Maschine stehen lassen kann und er würde sie entsorgen. Mitnehmen machte nun wirklich keinen Sinn. Die paar Euro die das kosten würde , wären sein Abschiedsgeschenk an mich.
Nachdem ich mit der Wäsche fertig war und mir eine Pause gönnte , rief ich Lilly an.
„Du wirst es nicht glauben – meine Waschmaschine ist gerade in die ewigen Jagdgründe eingegangen!“, schimpfte ich wie ein Rohrspatz.
„Ach du Schande! Na, das ist ja ein feiner Mist."
„Das kannst du laut sagen. Zu all den Umzugskosten und so weiter kommt jetzt auch noch die Anschaffung einer neuen Waschmaschine dazu."
„Mach dich mal nicht verrückt. Vorerst kannst du ja im Cafe waschen...was läge näher? “ , lachte sie.
„Glaub es oder nicht...aber auf den Gedanken bin ich jetzt überhaupt nicht gekommen “ , grinste ich.
„Das ist der Stress. Komm erst einmal in Ruhe an und über alles andere kannst du dir immer noch einen Kopf machen. - Du, ich muss weiter machen. Eine Maschine ist irgendwie defekt und gleich kommt noch der Techniker."
„Okay. Ich habe auch noch reichlich zu tun. Wir sehen uns dann ja übermorgen “ , verabschiedete ich mich und zog mir eine Zigarette aus der Schachtel. Ja, ich weiß. Das ist nicht besonders gesund. Aber ein anderes Laster habe ich nicht – also finde ich das legitim.
Die Zeit bis zur endgültigen Abreise verging nahezu wie im Fluge. Ehe ich mich versah rollte der Zug im Kölner Bahnhof ein. Schon von meinem Fenster aus habe ich Lilly und Adrian auf dem Bahnsteig entdeckt.
Die Begrüßung fiel gewohnt herzlich aus. Lilly und ich fielen uns in die Arme und Adrian stand – wie bestellt, aber nicht abgeholt – daneben.
„Daran musst du dich gewöhnen “ , lachte Lilly ihren Schatz an. „ Wenn wir uns sehen wird geschnattert und erst mal alles und jeder bequatscht...“
„Das kann ja was werden “ , grinste er.
Wir gingen erst einmal in die nahegelegene Filiale einer Fastfoodkette . Die lange Reise und die vorher gegangene Nervosität hatten bei mir jegliches Hungergefühl lahm gelegt. Mit meiner Ankunft jedoch kam es geballt zurück und auch Lilly und Adrian wollten etwas essen.
Wenige Minuten nach meinem Eintreffen in meiner neuen Heimat saßen wir drei um einen Tisch herum und aßen und redeten . Binnen kürzester Zeit hatte Adrian 4 doppelte Burger verdrückt, lehnte sich zurück und rieb zufrieden seinen Bauch.
„Großer Gott, wo lässt der das alles nur? “ , wunderte ich mich , denn es war absolut kein Gramm zu viel an ihm.
„Ich habe keine Ahnung. Aber vielleicht besitzt er die Gabe seinen Stoffwechsel komplett abzuschalten “ , grinste Lilly.
„Diese Gabe hätte ich auch nur zu gern “ , grummelte ich lächelnd. Ich war- wie 90% aller Frauen – immer mit irgend etwas an mir unzufrieden. Speziell mit meinem Gewicht.
„Jetzt mach mal einen Punkt! “ , bestimmte Lilly rigoros. „Vielleicht ist es das eine oder andere Kilo zu viel, aber das ist nichts woran du nicht etwas ändern könntest. Du brauchst ja ohnedies noch ein paar Ziele für dein neues Leben."
„Alter Verwalter “ , platzte Adrian in unseren Mädels-Talk. „Ich könnte jetzt direkt eine Runde ratzen."
„Ich aber auch “ , stimmte ich zu und auch Lilly gab zu jetzt gerne entspannen zu wollen.
Sie fuhren ich noch zu meiner neuen Bleibe die ich heute zum ersten Mal live sah. Bisher kannte ich sie nur von Fotos die Lilly mir geschickt hatte. Nachdenklich schlenderte ich durch die 2-Zimmer-Wohnung die an der Südseite mit einer kleinen Terrasse versehen war. Ich schob die Balkontüre auf und ließ den Blick in meine Nachbarschaft gleiten.
Ich hatte Lilly mit der Wohnungssuche beauftragt weil sie Köln und Umgebung kannte und weil ich wußte sie würde alle meine Wünsche berücksichtigen. Meine einzigen Wünsche waren = Parterre oder Souterrain und mein Budget nicht übersteigend. Alles andere erschien mir unwichtig beziehungsweise akzeptabel.
Die Wohngegend war sehr ansprechend . Ich war mir sicher das ich mich dort sehr wohl fühlen würde.
„Sieht ganz so aus als gefiele es dir hier? “ , unterbrach Lilly mein stilles Ankommen.
„Es ist sehr schön hier. Sicher noch etwas fremd , aber ich werde mich hier ganz sicher sehr bald heimisch fühlen“ , antwortete ich lächelnd.
„Ich habe die beschrifteten Kartons dort abstellen lassen wohin sie sollen “ , meinte Adrian. „ Alle anderen sind im Korridor verblieben. Bett, Schrankwand, Couch , Schlafzimmerschrank und so weiter sind zusammen gebaut und stehen an ihrem Platz “ , klärte er mich weiter auf.
„Was täte ich nur ohne euch “, lächelte ich und dann folgte eine Gruppenumarmung.
Die beiden machten sich auf den Heimweg und plötzlich war ich allein. Ich legte ein Pad in die Kaffeemaschine und setzte mich wenige Augenblicke später – mit Kaffee und Zigarette bewaffnet – auf mein neues Sofa. Ich schaltete meine Musikanlage ein und gab mir eine gehörige Portion Bruce Springsteen – das brauchte ich jetzt.
Den Rest des Abends verbrachte ich mit dem Auspacken einiger Kartons und verstaute Bücher, Nippes und CDs in der Schrankwand und einem Regal. Um die Kleidung und andere Dinge würde ich mich morgen kümmern. Heute wollte ich nur noch ein wenig Geschirr und so weiter in der Küche einräumen und es mir dann vor dem Fernseher gemütlich machen.
Jetzt erst entdeckte ich einen Zettel auf der Fensterbank in der Küche. Er war von Lilly.
„Hallo Süße,
weil wir uns dachten dass du heute sicher nicht mehr zum einkaufen kommen wirst haben Adrian und ich ein paar Kleinigkeiten besorgt und in deinen Kühlschrank getan. Ich hoffe wir haben deinen Geschmack getroffen?
Falls nicht hast du hier ein Faltblatt eines griechischen Lokals nicht weit von deiner Wohnung. Wenn du dir den Weg sparen möchtest = die haben auch einen Lieferservice.
Herzlich Willkommen in deiner neuen Wohnung und in deinem neuen Leben “, schloß sie ihre Zeilen.
Sie hatte mir noch eine kurze Wegbeschreibung zum nächstliegenden Discounter aufgeschrieben und für alle Fälle die Telefonnummer eines Taxiunternehmens. Ich unterdrückte die Tränen der Rührung und ließ mich bis zum Schlafengehen von Mario Barth im TV ablenken.
Eine Woche hatte ich nun noch für mich. Zeit um die Wohnung weiter einzurichten und zu gestalten. Ich besorgte mir am nächsten Tag auf einem Flohmarkt ein paar schöne Bilder , eine kultige Stehlampe und eine Standlaterne in die ich eine dicke Kerze stellen würde und die ihren Platz auf der Terrasse finden sollte.
An meinem zweiten Tag in Köln stöberte ich in verschiedenen Kaufhäusern und in Deko-Shops. Nach und nach schaffte ich mir all die Dinge an die meine neue Bleibe wohnlich und warm gestalteten.
Voll bepackt wie ich war besuchte ich Lilly im Wasch- Cafe.
„Hi! Das ist ja nett das du vorbei schaust “, freute sie sich.
„Ich brauche dringend den besten Cappuccino der Welt “, grinste ich.
„Sollst du haben “, lächelte sie und ich setzte mich zu ihr an den Tresen.
„Ich habe heute noch ein paar Dinge besorgt... Nippes und so. Ich denke ich bin dann jetzt eingerichtet. Morgen will ich noch meinen Wocheneinkauf erledigen und Internet und Telefon anmelden. Ich bin dir sehr dankbar das ich eine Woche Zeit habe für das alles."
„Dafür doch nicht “, wehrte sie ab. „Ich freue mich im Gegenzug das ich hin und wieder alles hier dir aufbürden darf wenn ich einmal etwas erledigen muss oder einfach nur mal einen Tag frei brauche."
„Wie lange hast du das Cafe jetzt eigentlich? Ich habe es vergessen."
„Genau ein Jahr... nur Sonntags frei und Urlaub schon überhaupt nicht. Ich hatte nie an einen Partner oder eine Kollegin gedacht. Die Idee kam mir erst als du mir von deinen Umzugsplänen erzählt hast. Eigentlich war es die Idee meines kleinen Bruders. Er meinte das ich vielleicht ja dich einstellen
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: Hilde Linsel-Ladewig
Lektorat: Andrea Kochniss
Tag der Veröffentlichung: 04.01.2014
ISBN: 978-3-7309-7931-0
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Liebste Andrea. Dein Zuspruch und Deine Inspiration geben mir den Mut nicht nur weiter zu schreiben , sondern auch andere daran teilhaben zu lassen. Und auch ein dickes Danke an XXX von dem diese Story eigentlich handelt... ;-)