1. Der Letzte Feuerkrümel
Es war nass.
So nass wie es immer gewesen war, seit 300 Jahren.
Da wunderte es Keinen, dass ein großer Anteil der Regenmeerbewohner unter chronischem Husten litt und die kleinen Funken auf den Wellen verpufften als wären sie Tränen in der Glut eines Kamins.
Aber die Zeiten hatten sich schon vor langer Zeit geändert.
Die Feuerkrümel: kleine, züngelnde Gestalten auf ihren Surf-blättern, mit evolutionsbedingt-mutierter Feuerschutzschicht, fuhren tagein tagaus über die Fluten, in der Hoffnung eines Tages würden die Götter sich erbarmen und ihnen ihre Rechtschreib-fehler verzeihen. Seit wann waren sie dazu bestimmt die Welt zu beschreiben? Außerdem spiegelte das Missgeschick zu allererst jawohl ihre Verzweiflung wieder:
Es hatte geregnet und geregnet, die letzte Zivilisation ihrer Art war vom Aussterben bedroht, die riesigen Tropfen erschlugen ihre Familien alle nach einander, wenn nicht auf einmal. Da konnten sie nicht umhin auf den Gedanken zu kommen, dass ihre Zeit ein für allemal abgelaufen war, sie ihres Sinnes beraubt worden waren. Außerdem ließen die Luftlinge, wie sie das überhebliche Gewimmel das über ihren Köpfen herum schwebte zu nennen pflegten, ihren „Überblick“ so über alle Maßen heraushängen, dass sie das nur noch kranker machte, abgesehen von der Sauerstoff-knappheit.
Wenn man sie dann noch an die Vergangenheit erinnerte, konnte man Zeuge eines sehr seltenen Ereignisses werden (wie kann mein einem Collektiv-Trauma-Opfer auch solche Konfrontation zumuten?):
Sauerstoff, den sie auf mühsamste Weise langsam verbrannten um sich über Wasser zuhalten,im wahrsten Sinne des Wortes, verschlangen sie binnen Nanosekunden um einen Backdraft-Effekt zu erzeugen und den penetranten, taktlosen Pseudo-Psychologen loszuwerden und opferten sich dabei selbst. Sie waren schon melancholisch genug, diese flammenden Fährmännchen auf ihren silbernen Schälchen.
Und noch dazu so Wenige.
Es regnete also.. 300 Hundert Jahre zuvor.. und.. regnete.. und außerdem regnete es, was erschwerend dazu kam.
Die Feuerkrümel entschlossen sich dazu, Russzeichen zugeben, um die Götter auf ihre mießliche, triefende Lage aufmerksam zu machen und wählten einen erlesen Auserwählten. Das Problem war nur, dass sie sich alle nicht trauten den Auftrag auszuführen, d.h. die Bitte in die von Wassergräben durchzogene Metallmurmelwüste zuschreiben. Feuerkrümel waren genetisch-programmierte Legasteniker! Außerdem war es eine schwierige Aufgabe: 3 Wörter! Und die Götter mussten sie lesen können. Nebenbei sollte ihre Größe möglicherweise noch erwähnt werden...Schließlich musste sich lnferni der 30.024 geschlagen geben, weil er sich in der hitzigen Debatte nicht hatte behaupten können.
Also ging er an die Arbeit: Wälzte sich Tag und Nacht in den kalten Kügelchen und zerrte an seinen Kräften. Er brauchte so lange, ganz alleine, weil keiner die Mitverantwortung auf sich nehmen wollte, dass er den genauen Wortlaut vergaß den er aufzeichnen sollte. Dann eines Tages, er war nur noch ein Glimmen seiner selbst vor Erschöpfung, blickte er an seinem Werk hinab.
Er las es mit brennenden Augen, (was eigentlich ganz normal war, aber es gibt keine passendere Ausdrucksform) verschluckte sich am Sauerstoff und wurde zur Stichflamme vor Schreck.
Wenn es nicht die Hölle gewesen wäre, die er und seine Mitkrümel sehnlichst herbeisehnten, hätte er den Anblick der ihm geboten wurde, als solche bezeichnet. Er hatte ein Wort total außer Acht gelassen, eines falsch buchstabiert und es mit dem Anderen zusammengeschrieben. Jetzt keine Kommentare bitte, Sie will ich mal rußen sehen, das ist komplizierter als es sich anhört.
Dort stand nun, quer über die Metallmurmelwüste: Regenmeer.
Anstatt: Kein Regen Mehr.
Kaum hatte er geschafft es zu ende zulesen, in seinen dahingestotterten Silben, ging ihm eine Flamme auf und er blickte zum Himmel, der sich zusammengezogen hatte. Trübe, grau, schwarz. Seinen winzigen, flackernden Kopf fast berührend. Wenige Augenblicke später zischte es und er war nicht mehr.
Man muss schon sagen, seine Nachfahren haben sich ganz gut gehalten, dafür, dass sich ein Meer in ihrem Lebensraum zu akklimatisieren begann. Vielleicht wollten sich die Götter auch nur einen Spaß erlauben, in dem sie sie auf feuerfeste Blätter setzten. Wir werden es nie erfahren. Eines ist sicher, sollten Sie jemals einem Feuerkrümel über den Weg schwimmen, lassen Sie ihn in Frieden, sonst war das hier alles umsonst.
So, das wollte ich nur einmal losgeworden sein, bevor mir der Sauerstoff ausgeht.
Nehmen Sie Rechtschreibung ernst, wenn Sie wollen, dass ihre Spezies überlebt, die da oben sind ziemlich nachtragend!
Mit freundlichen Grüßen
Der letzte Feuerkrümel
( Autogrammadresse: Alu-Lunchbox Nr. 47, Plusfiliale Schmelzingerstraße, Brentheiß, Flamdern) (Feuerkrümelschutz-kontakt-adresse: Siehe oben)
Texte: Copyright: Charlie Crumble
Tag der Veröffentlichung: 05.06.2009
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Für Birgit