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Varulfen

 

 

Frei nach einer Schwedischen Ballade. Nicht getreu des Textes!!!



Es war schon dunkel, als Sheryn den langen Heimweg antrat. Sie war bei einer guten Freundin gewesen, welche vor kurzem ihren Ehemann verloren hatte.
Die Umstände waren noch nicht ganz geklärt, doch man nahm an, das Ásbjorn von einem wilden Wolf angegriffen und und getötet wurde.
Da Sheryns Freundin Åsa in mitten eines Waldes wohnte, wollte Åsa das sie über Nacht bei ihr übernachtete. Doch Sheryn lehnte es ab, immerhin wollte sie ihr nicht auch noch zu Last fallen.
Außerdem kannte sie den Weg schon auswendig. Dennoch versprach sie, am nächsten Morgen noch einmal vorbei zukommen und Åsa noch einige Dinge vorbeizubringen.

So ging Sheryn mit schnellen Schritten auf dem mittlerweile stark verschneiten Weg nach Hause. Dies und die Dunkelheit ließen Sheryn immer vorsichtig werden.
Viel zu oft hatte sie schon die Geschichten von Dieben und anderen Gaunern gehört, welche sich gerne in den umliegenden Wäldern herumtrieben.
Es machte sie etwas nervös, aber sie glaubte nur einen Bruchteil der Geschichten. Die neusten Ereignisse mit den Wolfsangriffen waren die wenigen Geschichten die sie wirklich ernst nahm; zumal sie einige der Toten mit eigenen Augen gesehen hatte.
Die Unruhe in ihrem Dorf war kaum zu übersehen, jeder hatte Angst der Nächste zu sein.
Zwar teilte Sheryn ebenfalls diese Sorge, aber das Verhalten einiger Bewohner grenzte ihrer Meinung nach fast schon an Ketzerei.
Erst neulich hatte sie beobachtet wie ihre Nachbarin einem Scharlatan ein Schutzmedaillon abgekauft und um den Hals gelegt hatte. 
Andere wiederum versuchten es mit Kräutern, welche sie an ihre Türen hängten.
Darüber konnte sie einfach nur den Kopf schütteln. Sheryn betete jeden Tag und wie es der Zufall so wollte, wurde sie verschont.
Ob es nun an ihrem Glauben oder an ihrer Unschuld lag vermochte sie jedoch nicht zu sagen.

Als Sheryn auf halben Weg durch den Wald war, vernahm sie zum ersten mal das unheilvolle Heulen eines Wolfes. Die 19 Jährige erschauderte.
'Ob dies der Wolf ist? Oh lieber Gott im Himmel, bitte nicht...', flehte sie im Stillen. Sie war noch nicht bereit dem Allmächtigen gegenüber zu treten. Sie beschleunigte ihre Schritte, das Herz in ihrer Brust schlug schneller.
Wieder ertönte ein lautes Heulen, dieses mal klang es näher als beim ersten mal. Panisch sah sich Sheryn um, doch sie sah nichts.
Es war ihr so sehr unheimlich, dass sie nun vor etwas weglief, was sie noch nicht einmal sehen konnte. Sie rannte in ihrer Not vom Weg ab, immer tiefer in den Wald hinein.
Eine eisige Kälte welche sie bis sie bis dato noch nie in ihrem Leben gespürt hatte, schloss sich um sie. 
Trotz des dicken Mantels, den sie sich für den Weg übergeworfen hatte, wurde ihr mit einem Mal sehr kalt.
Dabei hielt er sie doch sonst immer warm. Normal war dies auf jeden Fall nicht.
'Hätte ich vielleicht doch bei Åsa bleiben sollen? Dann wäre ich immer noch im warmen und ich wüsste mir keine Sorgen machen. Es wäre ohnehin viel sicherer gewesen', dachte Sheryn sich, während sie immer mehr und mehr die Orientierung verlor.
Als das dritte Heulen nur wenig entfernt von ihr erklang, brach die junge Frau völlig in Tränen aus. Ein leises Schluchzen erklang aus ihrer Kehle, während sie sich abermals umdrehte und die Äste hart gegen ihre dünnen Beine peitschten.
Nach einer ihr gefühlten Ewigkeit kam sie an einer kleinen Lichtung an. Mit einem unguten Gefühl ging Sheryn über die Lichtung.
Weit kam sie jedoch nicht, denn wie aus dem nichts tauchte ein menschenähnliches Wesen vor ihr auf. Nur, das es mehr Monster als Mensch war.
Sheryn schrie vor Grauen, worauf das Monster ein langes Heulen ausstieß. Völlig außer sich stolperte die junge Frau zurück und fiel zu Boden.
Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie das Wesen an, welches bedrohlich auf sie zukam.
,,Bitte, lieber Gott. Ich will nicht durch...''
,,Halt den Rand!'', grollte das Wesen, welches nun direkt vor ihr war. Mit eisig kalten Augen und einem Atem, welcher eben so kalt wie die Nacht zu sein schien, baute es sich vor ihr auf.
,,Was... was bist du?'', fragte Sheryn leise.
,,Bist du so blöd oder tust du nur so, dummes Weib?'', grollte das Wesen und kam bedrohlich näher.
Nun konnte sie genauer erkennen was da vor ihr stand. Der Körper war etwas schlaksig mit wenigen Muskeln und stark behaart, im Gegensatz zu den Armen und Beinen. Diese waren muskulös, ohne eine nennenswerte Behaarung. Hände und Füße waren mit Klauen ausgestattet, welche sehr scharf wirkten.
Doch der Kopf und die Augen waren am schlimmsten. Der Kopf war Wolfs ähnlich und die Augen von der Farbe eines Bernsteins.
Als Sheryn genauer hinsah, bemerkte sie auch den Wolfsschwanz, welchem den Wesen wuchs. Nun dämmerte es ihr doch.
Es war...
,,Ein Werwolf? Ist es das, was du bist?''
Das Monster nickte. Dann bleckte es bedrohlich die Zähne, welche gelblich im Mondlicht aufblitzten. 
,,Bitte töte mich nicht, guter Wolf. Ich... ich kann dir das silberne Kleid geben, welches ich besitze! Es ist nur... zuhause...'', sagte sie. Doch der Werwolf schüttelte den Kopf.
,,Dein Silberkleid interessiert mich ein Scheiß. Ich will etwas anders.''
,,Aber... ich habe auch... Eine goldene Krone, welche ich dir geben kann. Aber lass mich... bitte am Leben!'', flüsterte sie.
,,Die Krone ist mir ebenso egal. Ich bin nur an deinem Fleisch und deinem unschuldigem Blut interessiert'', war die nüchterne Antwort.
Sheryn wimmerte, dann erhob sie sich und rannte los. Weit kam sie jedoch nicht, denn der Werwolf hatte sie schnell eingeholt. Sein lautes Heulen und die Schreie der jungen Frau vermischte sich mit dem Wind, welcher durch die Kronen der Linden rauschte.

Am nächsten Morgen machte sich ein Jüngling auf den Weg in den Lindenwald, um sich auf die Suche der Jungfrau zu machen. Denn diese war eine Frau der oberen Mittelschicht und damit auch recht bekannt in dem Dorf.
Während er durch den Wald ritt und ihren Namen rief, würde er das Gefühl nicht los, das irgendetwas schreckliches passiert war.
Leider wurde er auch zeitgleich das Gefühl nicht los, dass er selbst etwas damit zu tun hatte.
Denn als er an einer Lichtung ankam... Fand er nichts mehr als eine riesige Blutlache und einen blutigen Arm. Daneben waren mehrere Fußabdrücke welche den Jüngling etwas neben die Lichtung führten. 
Dort waren neben dem Blut und Kleiderfetzen auch Pfotenabdrücke und etwas, was aussah wie Haare. Oder zumindest wie Fell.
Er folgte der Pfotenspur, welche ihn zu einer Höhle führte. Diese war in der Nähe der Lichtung.
Als er sich der Höhle näher ansah, fiel ihm auf, dass es die Höhle war welche er nutzte, wenn er allein sein wollte.
Er hatte doch nicht...? Er konnte sie doch nicht...?
Der Jüngling war geschockt. Er konnte unmöglich die Bestie sein. Das konnte einfach nicht sein. Obwohl... er konnte sich seit einem halben Jahr nicht mehr an die Vollmondnächte erinnern. Und er war jedes mal Blut versaut irgendwo wach geworden.
Er war die Bestie. Er hatte eine hochgestellte Jungfer getötet und andere unschuldige Menschen.
Ihm war klar, was er tun musste. Mit entschlossenen Schritten ging er zu der Lichtung zurück und zog sein Langdolch, welchen er immer mit sich führte.
Damit stach er sich tief in verschiedene Stellen seines Körpers, bis er schließlich bewusstlos im Schnee liegen blieb und starb.

Was zuvor geschah

 



Mit einem leichtem Lächeln ging ein Jüngling durch die Straßen des Dorfes. Das Mädchen, welchem er heimlich das Herz geschenkt hatte, hatte einem kleinem Treffen in der Dorfmitte zugesagt.

Sie war aus der Oberen Mittelschicht, sprich, sie hatte genug Geld. Sie zwar keine Adlige, aber sie gehörte zumindest zu den gehobenen Kreisen und hatte auch einige Kontakte zu Adligen.
Die Dame hieß Sheryn; ihren Nachnamen hatte er bisher noch nicht in Erfahrung bringen können. So erhoffte er sich mehr von ihr zu erfahren.
Sie war auch wirklich sehr schön. Ihre Haare waren so blond und leuchteten schon auf mehrere Meter Entfernung. Aber am meisten faszinierten ihn ihre grünen Augen. Diese hatte sie sicher von ihrer Mutter, da ihr Vater dunkelbraune Augen hatte.

Er sah Sheryn schon von weitem, obwohl ihre Haare zu einem züchtigem Zopf zusammengebunden war, wie es die Mode der gehobenen Gesellschaft vorschrieb.
,,Jerk! Ich bin hier! Wie geht es dir?''
Der Jüngling lächelte sanft. Dass sie seinen Namen so liebevoll aussprach baute seine Hoffnung weiter auf. Sie hatte sich also seinen Namen mitbekommen.
Dabei war er ein einfacher junger Jägersmann. Zwar belieferte er die Adelschicht des öfteren mit dem Wild, welches er erlegte. Das er sich aber dabei einen Namen gemacht hatte, hatte er nur vage vernommen.
Als er zu Sheryn trat, verneigte er sich höflich vor ihr und hauchte ihr einen Kuss auf die Finger.
,,Ich grüße Euch, gute Dame. Ich kann mich nicht beklagen. Wie sieht es bei Euch aus, und wie geht es Eurer Mutter? Ich höre, sie sei krank?'', fragte er höflich nach.
,,Es ist alles in Ordnung. Meiner Mutter geht es besser, danke der Nachfrage. Es war wohl nur ein kleines Fieber'', erwiderte die Dame.
Der Jäger sah sie leicht skeptisch an. Das eine gestandene Frau wie Sheryns Mutter um diese Jahreszeit ein Fieber bekam war ganz gewiss nicht üblich. Sheryn sah dies wohl genauso, denn sie meinte, dass sie es selbst seltsam fand.
Dass es ihrer Mutter plötzlich schnell schlechter und dann wieder besser ging war ihr sehr suspekt.
,,Ich hoffe sehr, dass sie sich nicht an irgendwelche ketzerischen Menschen gewannt hat 
 und sie keine Hexerei betreibt'', sagte sie sehr leise. Der Jüngling nickte nur.
Sie gingen zusammen zu dem Brunnen, welcher in der Nähe war.
Die beiden unterhielten sich bis zum frühen Abend, wo sich Jerk höflichst von der Jungfer verabschiedete.

In den folgenden drei Tagen trafen sich die beiden jungen Leute immer wieder. Der Mutter von Sheryn entging dies wohl nicht, denn am Abend des vierten Tages stand sie urplötzlich vor ihrer Tochter und dem Jüngling.
Mit eisiger Stimme verlangte sie, dass ihre Tochter unverzüglich den Heimweg antrat.
Dann wandte sich die Frau an den Jüngling und sprach etwas auf einer Sprache, welche er selbst nicht verstand. Damit drehte sie sich und war verschwunden.

Die letzten sechs Monate bemerkte der Jüngling, das irgendwas mit ihm anders war. Doch die Gewissheit bekam er erst, als er einen grausamen Fund machte...

 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 25.03.2017

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für alle, die Balladen mögen.

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