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„Was machst du da, du kannst aufhören, wir haben was wir wollten!“, durchbrach ein Schrei die Stille. Doch die wildgewordene Bestie fühlte sich nicht angesprochen und zerfleischte die anderen weiter, ohne Gnade zu zeigen. Seine Gegner waren machtlos, keiner von ihnen überlebte. „Du hast sie umsonst getötet, was machst du d…“ Das nächste was er hervor brachte, war ein gequälter Schrei. Es wurde still, der Mörder verlies das Schlachtfeld.



Leise setzte ich eine Pfote vor die andere und überquerte den Zaun. Meine Bernstein farbenen Augen blickten aufmerksam umher, meine Ohren fingen jeden Ton auf. Jedes Geräusch, jede Bewegung nahm ich war. Ich blickte in den Himmel und verharrte einen Moment, als ich den Mond betrachtete. Mittlerweile war es Nacht, doch der Vollmond ließ alles hell erscheinen. Mein schwarzes Fell wurde von dem Wind durcheinander gewirbelt.
Mit einem Satz sprang ich von dem Zaun auf den Boden, landete sanft. Ein genervtes knurren verlies meine Kehle und ich schloss einen Moment genervt die Augen. Normalerweise wohnte ich an einem anderen, ruhigeren Ort, doch letzte Nacht, wurde mir der Auftrag verteilt, mich in diese Stadt zu begeben. Und das alles, nur wegen ihm.
"HILFEE!" Sofort blickte ich auf, versuchte die Quelle des Schreies zu identifizieren. Es klang, wie ein kleines Mädchen, sie schien in Gefahr zu sein. Sofort sprintete ich los, ich wollte wissen was da los war. Am Anfang einer Nebengasse stockte ich, blickte in die Dunkelheit. Da sah ich sie. Wimmernd saß sie auf dem Boden, über ihr ein großer Mann, in wessen Hand ein Messer auf sich aufmerksam machte. Ohne nachzudenken rannte ich sofort los, mit dem einzigen Gewissen, sie zu retten. Sie zu retten? Nein dass konnte nicht sein. Ich wollte IHN tötet. Ihm beweisen, dass er gar nichts in Gegensatz zu mir war. Ich biss die Zähne zusammen, so würde ich es nicht rechtzeitig schaffen. Der Mann stand schon vor den Mädchen und hielt sein Messer steil in die Luft. Sein Grinsen war der Beweis für mich, dass er nichts Gutes im Schilde führte. Er holte aus und stach mit einem grellen, widerlichen Lachen zu...Das nächste was ich spürte, war ein Schmerz in meinem Oberarm. Meine dunkelroten Augen blickten in die braunen des Mannes, dessen Gesicht Überraschung ausstrahlte. Mit einem Ruck zog ich den Arm zurück, machte eine halbe Umdrehung und beförderte ihn mit einem Tritt gegen die Hauswand. Durch den harten Aufschlag verlor er das Bewusstsein und blieb einfach liegen. Ein Blick nach unten verriet mir, dass das kleine Mädchen alles gesehen hatte. Sie schaute mich mit großen, ängstlichen Augen an, doch irgendwie war auch Bewunderung darin zu erkennen. Für einen Moment versank ich in ihren blauen Augen, doch eine mir bekannte Stimme, riss mich aus den Gedanken.
"Sieh einer an!", hörte ich die Stimme über mir und sah noch, wie eine Katze vom Dach sprang und neben mir landete, als seien es nur wenige Meter gewesen. "Vesper", begrüßte ich ihn nur knapp und blickte zu ihm runter. In dieser Form war ich immerhin dreimal so groß wie eine normale Katze. Dieser blickte mich jedoch unbeeindruckt an, bevor sein Blick zu dem Mann an der Wand schweifte. "Was denkst du dir eigentlich", hörte ich ihn leise sagen und verdrehte genervt die Augen. Die Katze wendete sich von Mann und schaute mir wieder in die Augen. "Dieses Mädchen, hinter dir", begann er erneut. "Sie hat alles gesehen. Was fällt dir ein, dich vor ihr zu verwandeln?"
"Kein Grund zur Panik, es ist nur ein kleines Kind."
"Du willst mir doch nicht sagen, du zeigst Gefühle?"
"Nein. Ich wollte nur dem Kerl zeigen, dass es schlimmere als ihn gibt."
Ein lächeln schlich sich auf sein Gesicht. Er wusste, ich war der kälteste Killer, unter allen anderen. Gefühle, wie Liebe oder Zuneigung, bekam keiner von mir zu sehen. "Töte sie", befahl er kurz, bevor er sich von mir wendete. "Das dürfte für dich ja kein Problem werden, Raygen. Oder wie man dich nennt 'gnadenloser Killer'. Wir sehen uns später." Damit war er auch schon wieder verschwunden.
Er nervte mich. Sehr sogar. Ein leises Wimmern machte mich wieder auf das Mädchen aufmerksam. 'Töte sie', das war der Befehl. Ich blickte wieder auf sie herab und hob meine Pfote. Besonders die langen Krallen waren auffällig.
Mein ganzer Körper war anders, es war fast nicht mehr zu erkennen, dass ich eine Katze war. In dieser Form konnten wir aufrecht stehen, hatten längere Arme und Beine, unsere Krallen wurden länger, unsere Augen änderten ihre Farbe zu einem dunklen Rot. Das war die geheime Waffe, die eine ganze Organisation erschuf. Ohne zu fragen, ob man es wollte. Ohne an das Leben des Betroffenen zu denken. Mein Hass hatte mich zu einem gnadenlosen Killer gemacht, nachdem meine Familie getötet wurde. Damals war es Vesper, der plötzlich vor mir stand, der mich zu dem machte, was ich war.
"Wer, wer bist du?", kam es unsicher von dem kleinen Mädchen. Meine ganze Aufmerksamkeit widmete ich wieder ihr. Es stimmte, sie durfte nichts von uns wissen. Niemand durfte es. Ich hob die Hand, blickte ihr ein letztes Mal in die Augen...


Die ersten Sonnenstrahlen weckten mich. Verschlafen öffnete ich die Augen und streckte mich. Heute wollte mich die Organisation sehen, sie sprachen von einer geheimen Sache. Nach wenigen Minuten traf ich schon in einem alten Lager ein, der als Treffpunkt genutzt wurde. Kein Mensch betrat diesen Ort, es war die geeignetste Stelle.
"Da bist du ja", kam es von einem der Katzen, ich kannte ihn nicht, wollte es auch gar nicht. "Wir haben eine spezielle Aufgabe für dich. Unserer Meinung nach, ist keiner dafür so geeignet, wie du. Es geht um Denzo, ein altes Mitglied dieser Organisation. Du müsstest ihn kennen, er war damals auch dort, als du beigetreten bist. Das Problem ist, er missbraucht seine Kraft und will uns stürzen. Deine Aufgabe ist es, ihn umzubringen. Lebendig brauchen wir ihn nicht."
Ich stand auf und ging, ohne auch nur ein Wort zu sagen. Denzo, ob ich mich ihm anschließen sollte? Es war ein schöner Gedanke, doch es würde mein Ende bedeuten. Ich würde diese Mission erfüllen und wieder nach Hause gehen. Dieser Ort nervte mich langsam extrem.

Als ich das Haus betrat, gab es ein scheppern, ich spürte etwas Schweres auf mir. Sofort wurde ich zu Boden gedrückt, nur schwer bekam ich Luft. Der Versuch, mich zu befreien, scheiterte. Jedenfalls, ohne sie zu verletzen.
"Sam, was soll das!?", sagte ich mit strenger Stimme.
"Ich hab dich vermisst, wo warst du solange. Du hast gesagt, es dauert nicht lange!", gab das kleine Mädchen von sich und umarmte mich weiter. Leise seufzte ich, musste jedoch lächeln. Warum ich sie verschont und auch noch versteckt hatte, war mir unklar. Ich hielt nichts von Gefühlen und Bindungen zu anderen Leuten, deswegen war es schwer für mich zu verstehen. Doch bei diesem Mädchen war es anders. Ich konnte ihr nichts tun, ich wollte sie beschützen, egal was passierte. Leise fing ich an zu schnurren, was mich im ersten Moment selber wunderte, doch ich entspannte mich sofort wieder. Sam hatte sich an mich gekuschelt und lag einfach da.

Ich hatte sie einfach mitgenommen und einen Ort gesucht, an dem ich sie verstecken konnte. Den Mann hatte ich liegen lassen, mir war nicht danach, ihn noch umzubringen und das vor den Augen dieses Kindes. Vesper musste ja nichts davon mitbekommen. Das würde meinem ganzen Ruf schaden. Noch kurz verharrte ich hier, bevor die Zeit gekommen war. Nun hieß es, Denzo finden und dann endlich wieder nach Hause gehen.

Auf dem Weg zu dem Park ging mir immer wieder die Frage durch den Kopf, was mit Sam passieren würde, nachdem ich abreiste. Ich konnte sie nicht einfach mitnehmen, aber auch nicht alleine lassen. Was würden die anderen denken, wenn ich mit einem kleinen Mädchen wieder kommen würde.
„Sieh einer an, du bist der, der mich umbringen soll?“ Die Stimme kam von einer Bank, auf der Denzo saß. Neben ihm waren noch drei weitere, die ich nicht kannte. Sofort sprang ich zu ihm rüber, verwandelte mich im Flug und rammte die langen Krallen in die Bank. Denzo war weggesprungen und hatte sich ebenfalls verwandelt. „Du hast es aber eilig“, kam es spöttisch von ihm. Sofort stieß ich mich von der Bank ab und stürzte wieder auf ihn. Unsere Krallen kreuzten sich, doch ich bemerkte schnell, ich war der stärkere. Ich hob die andere Hand und rammte sie in seinen Körper. Zumindest versuchte ich es, denn ein Widerstand machte es mir unmöglich, die Hand weiter zu bewegen. „Verdammt“, presste ich zwischen den Zähnen hervor. Ich hatte die anderen drei vergessen. Ein stechen in der linken Schulter ließ mich zusammenzucken, sofort sprang ich weg. Einer der anderen hatte mir eine tiefe Wunde zugefügt, doch sie schienen nicht zu wissen, mit wem sie es zu tun hatten. Die Wunde interessierte mich nicht, Schmerzen hinderten mich nicht in einem Kampf.
Egal, wie sehr ich verletzt war, ich war immer aufmerksam.
Und das war von Vorteil. Noch bemerkte ich, wie einer von hinten auf mich zusprang, im nächsten Moment hing er halb leblos auf meinem Arm. Meine Krallen hatten sich durch seinen Magen gebohrt, seine Überlebenschancen waren sehr gering. Mit einem Ruck warf ich ihn gegen den nächsten Baum und stürzte wieder auf Denzo. Der Ausdruck seines Gesichtes ließ mich lächeln. Er hatte Angst, er wusste, ich würde ihn töten. Meine Krallen hatten sich in kürzester Zeit in seine Brust gerammt, seine Augen waren weit aufgerissen, aus seinem Mund quoll Blut. Noch lachte ich voller Freude, im nächsten Moment verzog sich mein Lachen.
„Pass immer gut auf das auf, was dir wichtig ist“, brachte er stockend hervor. Er grinste. Er war kurz vor dem sterben, doch er grinste. „Was meinst du?“, versuchte ich selbstsicher wie möglich zu sagen, doch dann war er schon umgekippt.
Ich ließ ihn liegen und verwandelte mich zurück. Irgendetwas war faul an der Sache, ich wusste nur nicht was. Ein Blick in die Umgebung zeigte mir, dass seine anderen zwei Kameraden weggelaufen waren. Wo sie wohl waren?
Die Wunde an meiner Schulter erschwerte mir das laufen auf vier Beinen, doch an der Hütte war ich wieder schnell angekommen. „Ich bin wieder da, Sam“, rief ich noch in den Raum, musste jedoch im nächsten Moment die Luft scharf einziehen. Alles war verwüstet, am Boden klebte Blut. „SAM!?“ Mein Herz begann zu rasen, Angst füllte sich in mir. Angst. Etwas, was ich nie vorher gespürt hatte. Sofort rannte ich durch das ganze Haus, suchte nach einer Spur, doch vergeblich. Sie war weg.
‚ Pass immer gut auf das auf, was dir wichtig ist‘ Hatte er etwas damit zu tun? „Verdammt, Denzo…“ Ich musste sie schnell finden und retten, ich musste mich beeilen…
Kurz verharrte ich auf der Stelle. Wieso eigentlich? Ich kannte sie doch nicht einmal, ich war sie jetzt los, sie hatten die Aufgabe für mich erledigt. Wieso konnte ich es nicht dabei sein lassen?

Mit einem kurzen fauchen rannte ich raus. Wer sie auch immer mitgenommen hatte, er würde dafür bezahlen. Die ganze Stadt war ich schon durchgerannt, als ich einen Schrei wahrnahm. Es war Sam, ich wusste es ganz genau. Sofort hatte ich mich in meine andere Form verwandelt und stand schon vor zwei Wächtern. Diese schienen zu wissen, wer ich war, in kürze hatten sie mich attackiert. Dem ersten rammte ich meine Krallen in die Brust, der zweite hatte meine spitzen, scharfen Zähne im Hals. Ich war nicht zum Spielen da, meine Wut war deutlich zu erkennen.
„Sam!“ Sie war im Inneren des Gebäudes. Drei Katzen standen um sie herum, eine war verwandelt und stand vor ihn. Auf meinen Schrei hin, schaute er mich an. „Wie hast du uns gefunden“, gab er verwundert von sich. „Raygen, hilf mir!“ Ihre Stimme klang verzweifelt und sie schien verletzt. Ihr Amr blutete stark und ihr Gesicht war übersäht von Kratzern.
„Du bist tot“, knurrte ich und wollte gerade auf ihn losstürzen.
„Seit wann kümmerst du dich um andere?“, sagte er ruhig. „Ich dachte du bist Raygen, der gnadenlose Killer. Der, der jeden ohne Hemmungen tötet. Was ist los mit dir? Willst du dir deinen Ruf wegen einem Mädchen zerstören?“ Ein höhnisches Lachen schallte im Raum.
„Du hast Recht“, gab ich von mir und zuckte die Schultern. Ich drehte ihm den Rücken zu und ging Richtung Ausgang. Die Katze lächelte zufrieden, sie kannte meine Schwachstelle, meinen Drang jeden zu töten, der mir in den Weg kam. Noch nie hatte ich jemanden verschont. Noch nie jemanden gerettet. Meine Aufgabe war es, meine Missionen zu erfüllen, die umzubringen, die Ärger machten. Nicht einen Kindersitter zu spielen. Ein grelles Lachen erschallte, war gefolgt von einem gurgelnden Geräusch. Das nächste was man hörte, war ein dumpfer Aufschlag. Ich hatte ihm den halben Kopf abgetrennt. „W..Wieso“, war das letzte, was er sagte.
„Du hast Recht“, begann ich erneut. „Ich werde mir den Ruf wegen Sam zerstören.“ Das kleine weinende Mädchen stürzte sich auf mich. Ich hatte mich verändert. Nein, sie hatte mich verändert. Ich wollte mein Leben nicht mehr in ewiger Dunkelheit führen, ich musste es ändern.
Ich würde sie mitnehmen und mein ganzes Leben von neu anfangen. Sie war der neue Grund für mich, um zu überleben.

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Tag der Veröffentlichung: 01.09.2011

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