Nachtschatten - Kapitel 4
Ein unglaubliches Gefuehl machte sich in ihr breit. Ihre Emotionen spielten verrueckt seit sie sich das erste Mal gekuesst hatten, und nun war es als wuerde ihr Blut ihm antworten, ihre Haut kribbelte und ihre Haende legten sich ohne ihr Zutun um seinen Hals. Als er dann ihre Huefte umfasste und sie naeher zu sich heran zog, laechelte sie an seinem Mund und liess dann ihre Zunge ueber seine Unterlippe streichen. Er hielt kurz inne, dann hielt er sie noch fester und seine Zunge begann mit ihrer zu spielen.
Nach einer Weile schob er sie ein wenig von sich weg und schaute in ihre gruenen Augen.
„Du hast Fragen. Du musst Fragen haben, also frag lieber jetzt, ich weiss nicht, wie viel Zeit wir spaeter haben.“
Ihre Augen wurden dunkel, sie hatte das unausgesprochene Wenn ueberhaupt... also gehoert. Doch dann vielen ihr anscheinend die Fragen wieder ein, die sie hatte stellen wollen, und ihr Gesicht wurde wieder zu dem Pokerface, dass sie regelmaessig aufsetzte.
„Wer bist du.“
Es war keine wirkliche Frage, sie erwartete eine Antwort; und es tat ihm weh, dass er direkt ihre erste Frage nicht beantworten konnte. Doch es war besser, wenn sie nichts wusste. Sie wuerde weniger wichtig erscheinen.
„Naechste Frage.“
Ihre Augen wurden kurz eiskalt, doch dann sah sie das Bedauern in den seinen und nickte leicht.
„Was ist gerade passiert?“
Er laechelte. Sie war ein sehr rationales Maedchen. Wo andere stundenlang geweint oder hysterisch gelacht haetten, stellte sie die richtigen Fragen und versuchte zu verstehen. Wenn er jetzt darueber nachdachte, was er mit ihr vorgehabt hatte, wurde ihm uebel.
„Was glaubst du, was passiert ist?“
Sie schaute ihn scharf an, dann blickte sie hinueber zu der Stelle, wo vorhin noch Kurio gestanden hatte.
„Eine Katze also... eine Raubkatze, um genau zu sein. Weisst du, ich war mir schon immer sicher, dass ich anders bin. Aber das hier...? Ich war immer besser als andere im Kaempfen oder allen anderen koerperlichen Faehigkeiten. Und meine Dehnbarkeit hat selbst die Aerzte verwundert. Bei der Untersuchung, die sie fuer die Grundschule gemacht haben, hab ich es wirklich geschafft, meinen Ellbogen zu lecken. Und das scheint wohl angeblich unmoeglich zu sein. Aber eine Katze? Bei dir kann ich das verstehen, und auch Kurio irgendwie, ihr seid beide seltsam; aber ich? Abgesehen von dem Kaempfen bin ich doch normal, ihr beide habt diese Ausstrahlung.“
Er sah sie an. Ihr Gesicht war ruhig, fast ausdruckslos, doch ihre Augen zeigten ihre Verwirrung. Er lachte auf.
„Du weisst es wirklich nicht, oder? Und du hast es ehrlich nicht bemerkt... Du hast eine wahnsinnige Ausstrahlung, was glaubst du warum die ganzen Jungen dir hinterher hecheln? Deine Ausstrahlung ist unglaublich, so selbstsicher und unergruendlich, und trotzdem so einfach und klar. Um ehrlich zu sein, ich habe eine solche Ausstrahlung noch nie gesehen. Das hat mich am Anfang auch am Meisten an dir interessiert....“
Sie sah ihn neugierig an.
„Das hat sich so angehoert, als ob dieser 'Anfang' schon etwas laenger her ist, als nur heute vormittag... Erklaerung?“
Sie hatte seinen Fehler also bemerkt. Natuerlich. Wie hatte er auf die Idee kommen koennen, sie wuerde so etwas nicht mitbekommen. Aber gut, sie wuerde es irgenwann so oder so herausfinden, warum also nicht heute und von ihm. Jetzt wuerde er also doch auf erste Frage antworten; zwei Fragen nacheinander konnte er nicht unbeantwortet lassen.
„Ich hatte eine kleine... Aufgabe zu erledigen. Dich zu... beobachten war ein Teil davon. Es hoert sich seltsam an, aber ich habe wirklich viel ueber dich gelernt, und glaub mir, ich habe weggeguckt wann immer du dich umgezogen hast.“
Eine klitzekleine Luege bei der er noch nicht einmal rot wurde. Sie lachte auf.
„Na dann hab ich ja keinen Grund mehr, um besorgt zu sein, oder? Abgesehen von dem Typen der mich beobachtet und angeblich wegschaut wenn ich mich umziehe, natuerlich.“
Sie zwinkerte ihm zu. Diese Luege hatte sie also auch bemerkt. Sie war gut, besser als die meisten.
„Na ja, auf jeden Fall hab' ich bis jetzt schon ziemlich viel ueber dich gelernt... Aber ich haette nie gedacht, dass es so ausgeht.“
Sie lachte, gab ihm einen sanften Kuss auf die Wange, dann setzte sie sich wieder aufrecht hin.
„Hoer auf, abzulenken. Gib mir endlich eine Antwort auf meine Frage.“
Er seufzte. Jetzt konnte es wohl nicht mehr laenger vermieden werden.
„Gut. Keine Unterbrechungen, okay? Es koennte allerdings etwas laenger dauern und es koennte unter Umstaenden einige deiner bisherigen Eindruecke ueber mich ziemlich drastisch veraendern... Hoer mir aber bitte bis zu Ende zu, danach kannst du weiterfragen.“
Ohne auf eine Antwort von ihr zu warten, fing er an. Seine Stimme war wie Samt, und Calyn schloss die Augen.
„Als ich klein war, so um die drei Jahre alt, sind meine Eltern bei einem Unfall ums Leben gekommen. Ich bin in ein Heim gegangen, und dort hatte ich so ziemlich die schlimmste Zeit meines Lebens. Die anderen Kinder hatten irgendwie mitbekommen, dass ich vorher ziemlich viel Geld gehabt hatte, dass nun irgendwo in irgendeiner Bank verrottete, und lachten mich aus weil ich im Heim war; dass sie ja auch im Heim waren, interessierte sie weniger. Ich machte mir nicht viel daraus, denn meine Eltern hatten mir beigebracht, dass es ueberall auf der Welt Menschen gab, die eifersuechtig auf mich sein wuerden, warum auch immer. Also hatte ich eher Mitleid mit den anderen, als dass es mich ernsthaft verletzte, was sie sagten. Bis ich das eines Tages aus Versehen ihrem Anfuehrer ins Gesicht sagte. Ich sagte:' Ich habe keine Angst vor dir. Du bist doch bloss ein armer Trottel, der eifersuechtig auf mich ist.' Nun ja, das fand er nicht so toll. Von da an wurde es noch schlimmer, keines der anderen Kinder traute sich, mich auch nur anzusehen, aus Angst, dass ihr Anfuehrer den Eindruck bekommen wuerde, dass sie mich mochten. Ich fuehlte mich immer einsamer, und in den Momenten wo sie mich wieder aergerten und herumschubsten, wurde es immer schwerer, mich daran zu erinnern, was meine Eltern gesagt hatten. Nach einiger Zeit hatte ich es vergessen; ich begann, die anderen zu hassen, auch die, die nichts mit den gelegentlichen Attacken zu tun hatten. Ich wurde ein Einzelgaenger, vertraute niemanden und kaempfte nur fuer mich selbst. Und wie ich kaempfte. Ich hatte keine Technik oder Strategie, dir mir half, ich hatte einfaches Kaempfen gelernt. Eigentlich war es mehr Raufen als alles andere, aber es Kaempfen zu nennen machte mich stolz. Ich war gut, meine Ueberlebensinstinkte waren genial. Die anderen Jungen erwischten mich seltener, und nach und nach liessen sie es bleiben. Ausser dem Anfuehrer. Er blieb unerbittlich feindselig mir gegenueber, doch ich war nicht einen Deut besser. Unsere Feindschaft war beruehmt, es wurden heimlich sogar Gruppen gebildet, die sich nach uns benannten und dann ihre eigenen kleinen Kaempfchen austrugen. Doch all das kuemmerte mich und Segev nicht. Wir gaben nicht an mit unserer Fehde, es war eine leise, toetliche. Eines Tages kam ein Maedchen in das Heim. Sie war schoen, aussergewoenlich klug, und vor allem: anders. Segev wollte sie. Ich wollte sie. Ich bekam sie. Danach wurde er noch bitterer, und unsere Kaempfe wurden noch verbitterter. In dieser Zeit war ich zwoelf, er dreizehn. Ella, das Maedchen, wurde meine erste feste Freundin. Sie war ein Jahr aelter als ich, doch das kuemmerte keinen von uns beiden. Am Anfang dachte ich nichts weiter ueber sie, doch nach und nach bemerkte ich, dass sie anders war als alle anderen. Und nicht etwa, weil sie gerne las oder weil sie nie mit den anderen Maedchen spielte. Nein, sie lag gerne in der Sonne, mit geschlossenen Augen, zusammengerollt auf einem warmen Platz, einem von der Sonne erwaermten Stein zum Beispiel. Sie liebte unsere Katzen, und beschaeftigte sich oft damit, ihre Haare zu kaemmen, zu flechten, oder sie einfach nur zu betrachten. Eines Nachmittags folgte ich ihr zu ihrem Stein. Er lag in einem kleinen Waeldchen, dass in dem weitlaeufigen Park des Heims angelegt war. Sie sass einfach nur dort, betrachtete ihre Haare, und sah hin und wieder einigen Schmetterlingen nach. Eine Weile hatte ich schon hinter meinem Baum gestanden – aus irgendeinem Grund konnte ich mich nicht mehr ruehren – da rollte sie sich ploetzlich zusammen. Sie begann sich zu winden, als ob sie Schmerzen hatte, und ich wollte schon zu ihr laufen um ihr zu helfen, da hoerte sie ploetzlich auf. Ganz still lag sie da, ohne ein Lebenszeichen von sich zu geben. Dann, mit einem Mal, sprang sie auf, warf das Kleid, das anscheinend nur auf ihr gelegen hatte, von sich und begann, nach einem Schmetterling zu schlagen, der sich zu nahe an sie herangewagt hatte. Doch sie war kein Maedchen mehr. Sie war eine kleine Marmorkatze, mit grossen Augen und wunderschoenem Fell. Ich konnte mich noch immer nicht von meinem Platz ruehren, doch irgendein Geraeusch musste ich wohl gemacht haben, denn ploetzlich machte sie einen grossen Satz auf den Baum zu, hinter dem ich stand, sprang, und sass ploetzlich auf Augenhoehe mit mit auf einem Ast. Eine Weile sahen wir uns nur an, dann stiess sie sich ab und lief in die andere Richtung zu ihrem Kleid hinueber. Ein weiteres Mal versuchte ich, einfach fortzulaufen, doch wieder konnte ich mich nicht ruehren. Dann stand sie wieder vor mir, diesmal als Mensch. Sie sagte:' Warum kommst du nicht auch, zu zweit hat man als Katzen mehr Spass.' Ich dachte zu dem Zeitpunkt, sie waere so etwas wie ein Monster. Und dann schlug sie mir vor, auch eines zu werden? Sie schien den Schock in meinem Gesicht zu sehen, denn sie legte mir die Hand auf den Arm, und zwang mich, mich neben sie auf den Boden zu setzen. Dann begann sie, mir alles zu erklaeren. Warum sie im Heim war. Warum ich im Heim war. Und warum sie eine Katze war. Nach und nach verstand ich, und danach wollte ich selber nichts lieber, als mit ihr durch das Waeldchen, und auch die Landschaft ausserhalb des Gebietes vom Heim herumzustreifen. Sie zeigte mir, wie ich mich verwandeln sollte, und sie half mir, mich in einer der beiden Gestalten laenger als nur fuer fuenf Minuten zu halten. Danach begann mein Training. Sie war von einer Sondereinrichtung, die sich undercover ueberall einschlichen, und dort nach Katzen suchten. Sie trainierte mich, am Anfang war es extrem schwer. Ihre Hiebe waren so schnell, dass ich sie noch nicht einmal sehen konnte, doch nach einiger Zeit wurde auch ich besser. Am Ende meiner Ausbildung war ich 15, und ich konnte sie muehelos in jeglichen Aufgaben, die sie mir stellte, schlagen. Und dann kam der Tag, an dem ich den Boss kennenlernte. Ich schien in zu beeindrucken, denn er entschloss sich, mich in dem Heim zurueckzulassen. Ich war dort einer seiner Agenten, Wochenlang wartete ich dort zusammen mit Ella auf andere Katzenkinder. Doch keiner kam. Ella und ich waren inzwischen ein Paar, wir waren selten getrennt und selten mit anderen zusammen. Doch eines Tages wurde Ella krank. Eine Katzenkrankheit, die Doktoren konnten nichts dagegen machen, da sie noch nicht einmal herausfinden konnten, was sie hatte. Als sie dann endlich das Zimmer verlassen konnte, vor dem ich einige Wochen gewartet hatte, erkannte ich sie nicht mehr wieder. Sie hatte ihre Kraefte verloren, und jeder konnte es sehen. Sie war nicht mehr das Maedchen, das ich vorher gekannt hatte, nicht mehr stark oder unabhaengig, nein, sie war sogar aengstlich geworden. Auch Segev, der vorher immer Angst vor ihr gehabt hatte, sah es. Und er nutzte es aus. Ich war noch immer mit Ella zusammen, ich versuchte sie nie mehr allein zu lassen, denn ich liebte sie sehr, und in ihrem Zustand konnte alles sie verletzen. Eines Nachts war ich nur fuer eine Minute aus unserem Zimmer, um ihr einen Tee zu kochen, denn sie hatte leichte Schmerzen, als es geschah. Segev hatte mich gesehen, wie ich das Zimmer verliess, und schlich sich hinein. Als ich zurueckkam lag er halb auf ihr, sie stemmte ihre Haende wehrlos gegen ihn waehrend er ihr das Hemd auszog. Ich liess den Tee fallen, kuemmerte mich nicht um die heissen Tropfen auf meinen nackten Fuessen, und zog ihn von ihr herunter. Mit einer Hand hielt ich Segev, mit der anderen streichelte ich ihr kurz ueber den Kopf. Dann verliess ich das Zimmer waehrend sie sich zusammenrollte, damit sie nicht miterleben musste, was ich mit Segev tat. Ich trug ihn den ganzen Weg hinunter bis zu einem kleinen See am Rande des Gebietes. In mir war eine Kaelte, so zerstoerend, dass selbst Segev, obwohl er einige Meter von mir entfernt auf einem Stein sass, Angst bekam. Ich konnte mich kontrollieren, ich hatte nicht einmal vor ihn zu schlagen. Ich wollte ihn einfach nur dort zuruecklassen, und ihn zwingen allein zu warten bis der Tag anbrach, da es dunkel war und ich nur mit meiner natuerlichen Nachtsicht zu dem See gefunden hatte. Doch dann sagte er diese zehn Woerter, und meine Plaene wurden durchkreuzt. 'Jetzt weiss ich, warum du mit dieser Schlampe zusammen bist.' Normalerweise haette ich gefragt, was er meinte, doch sein Gesichtsausdruck sagte alles. Er hatte sie also begrabscht, angetatscht und wahrscheinlich mehr. Mir war noch immer eiskalt, alles war gestochen scharf. Ich ging langsam auf ihn zu, und ich glaube im letzten Moment sah er, was fuer einen toetlichen Fehler er begangen hatte, als er sich mich als Feind ausgesucht hatte. Doch es war zu spaet. Als meine Haende sich wenige Sekunden spaeter von seinem Hals loesten, hing dieser seltsam schraeg und unnatuerlich da, und ich wusste, dass Segev Leroy mich nie wieder attackieren wuerde. Ich wusste auch, dass ich mich scheusslich fuehlen sollte, doch schon damals hatte es mich nie wirklich gekuemmert, wenn normale Menschen starben. Sie waren einfach nicht so wichtig fuer mich, verstehst du? Auf jeden Fall lief ich zurueck zum Heim, den Koerper warf ich in den See; es dauerte Tage bis er gefunden wurde. Als ich in unser Zimmer kam, sass Ella aufrecht auf dem Bett. Sie hatte leichte Traenenspuren auf dem Gesicht, und sie so zu sehen, rechtfertigte meine Tat in meinen Augen. Ich setzte mich zu ihr, und strich ihr uebers Haar. Wir beide wussten, was draussen passiert war, und als sie fragte: 'Er hat es bereut?', konnte ich nur mit dem Kopf nicken. Ja, dieser Bastard hatte bereut was er getan hatte, aber erst, als es schon zu spaet war. Nun konnte er nichts mehr bereuen, niemals. Danach ging alles sehr schnell, der Boss zog uns vom Heim ab. Die Kaelte, die mich befallen hatte als ich Segev toetete, verliess mich nicht mehr. Sie veraenderte mich, machte mich zum Einzelgaenger, und zum unbarmherzigen Killer. Mein Boss mochte das, Ella nicht. Sie machte einige Zeit spaeter mit mir Schluss. Ich sah sie nie wieder, und als ich ihre Todesanzeige in einer Zeitung sah, musste ich noch nicht einmal schlucken. Sie war ermordet worden, und der Moerder schon gefunden. Ich brach in seine Gefaengniszelle ein, und erzaehlte ihm, wer ich war. Seine letzten Worte waren: 'Die Schlampe hat mein Bier verschuettet.' Er hatte noch nicht einmal Zeit, es zu bereuen. Die Richter haben nie herausgefunden, wer ihn getoetet hat, und abgesehen von der Nachricht, die in den Tisch geritzt war, liess ich keine Hinweise zurueck. Ich bezweifle jedoch, dass 'Sie kann nun in Frieden ruhen.' ihnen so viel weiterhelfen wird.“ Calyn hatte ihm nun fuer eine Weile zugehoert, und selbst als er ihr von seinen Morden erzaehlt hatte, empfand sie noch nicht einmal einen Funken Furcht. Er sah sie pruefend an, doch sie nickte ihm bloss zu. Sie wollte das Ende seiner Geschichte hoeren.
„In den naechsten Jahren fuehrte ich nur Auftraege aus, bei denen andere gescheitert waren, immer auf der Suche nach einer Herausforderung. Doch nirgends fand ich sie. Fuer mich war es weder schwer, einen gesuchten Mafia Boss, der von Bodyguards umringt war, ohne Schwierigkeiten umzubringen, noch einen Banker um sein ganzen Vermoegen zu bringen, ohne dass er es merkte. Egal was mein Boss mir auftrug, ich kehrte nach kuerzester Zeit zurueck und meldete Erfolg. Fuer die anderen, die fuer ihn arbeiteten, war ich schon so etwas wie eine Legende; der Boss achtete sehr adrauf, dass das auch so blieb. Ich arbeitete nie mit jemandem zusammen; keiner waere mit mir mitgekommen. Vor einigen Wochen dann meldete ein Spaeher eine Katze mit unwahrscheinlich grossen Kraeften. Ich wollte losziehen und sie entweder fuer uns rekrutieren oder umbringen, doch der Boss schickte stattdessen einen anderen. Er kam zurueck und bestaetigte die Existenz einer solchen Katze, doch aus irgend einem Grund lehnte er es ab, noch einmal in ihre Naehe zu kamen. Niemand konnte herausfinden, warum nicht, und nach einer Weile gaben wir auf und schickten einen der anderen. Auch er kam zurueck, bestaetigte die Existenz und darueber hinaus auch die Kraft dieser Katze, und erneut wollte der Geschickte aus irgend einem Grund nicht mehr kaempfen. Der Boss war es satt, und schickte mich. Ich ging, und begann die angebliche Katze rund um die Uhr zu beobachten. Ich schlief nur wenn sie schlief, und war wach wenn sie es war. Sie zeigte keinerlei Anzeichen, dass sie eine Katze war, und in den ersten Tagen zweifelte ich sehr an der Intelligenz der anderen. Doch dann fing ich an, sie genauer zu beobachten. Ihre Aura war zu stark; sie konnte unmoeglich ein normaler Mensch sein, und doch verwandelte sie sich nie und hatte auch sonst fast ganz menschliche Zuege. Mir fielen jedoch ihre Kraft, Schnelligkeit und auch ihre Faehigkeit, andere in ihren Bann zu ziehen, auf. Lange Zeit war ich mir nicht sicher, doch dann sah ich etwas, das mich komplett davon ueberzeugte, dass sie eine Katze war. Ich schaute ihr in die Augen, und sah eine Wildheit und Freiheitsliebe in ihnen, die die Menschen schon laengst vergessen hatten.“
Sein Blick ruhte auf Calyn, suchte nach einer Reaktion auf das, was er sagte. Anscheinend fand er nicht, was er sehen wollte, und fuhr mit seiner Geschichte fort.
„Sie war ein wunderscheones Maedchen, doch ich nahm es nicht war; ich war nur auf meinen Auftrag konzentriert. Mein Boss hatte mir gesagt, ich sollte entweder mit ihr zurueckkehren, oder sie beseitigen. Mir war egal, welches von beiden, doch die strategische Seite meines Gehirns wusste, dass sie als Verbuendete sehr nuetzlich sein wuerde. Also wartete ich, statt sie einfach zu toeten. Ich wartete, und wartete. Anscheinend dauerte es dem Boss zu lange, denn er sandte jemanden, um meinen Job zu beenden oder ihn mit mir zusammen abzuschliessen. Wir begannen, einen Plan auszuarbeiten. Ich schlief nur noch wenig; tagsueber beobachtete ich die Katze, die nie eine Katze wurde, und nachts arbeiteten wir an dem Plan. Schliesslich war der Plan vollendet, und wir mussten nur noch auf einen weiteren Mann warten, um ihn auszufuehren. Das Maedchen veraenderte sich nicht; sie verwandelte sich nicht und blieb auch sonst ausserordentlich menschlich. Es gab Momente, in denen ich zweifelte, doch dann sah ich ihre Auswirkung auf andere, und war wieder sicher. Dann schliesslich war der Tag unseres Plans gekommen. Er sollte heute ausgefuehrt werden.“
Calyn oeffnete leicht verwundert die Augen. Warum heute? Doch er hatte die Augen geschlossen, und erzaehlte schon weiter.
„Ich hatte mich an das Maedchen gewoehnt, und aus irgendeinem Grund fand ich es auf einmal nicht mehr so toll, dass es schon vorbei sein sollte. Denn am Ende hatten wir entschieden, dass es zu viel Arbeit sein wuerde, das Maedchen zu rekrutieren, und es daher einfacher war, sie zu toeten. Ein Kampfturnier sollte stattfinden, und das Maedchen wuerde ganz sicher gewinnen. Sie war schliesslich eine Katze. Doch in der Mitte des Turniers sollte unser zweiter Mann sie provozieren, und dann in dem darauf folgenden Kampf K.O. schlagen. Sie war eine Katze, unser Mann hatte keine Schwierigkeiten, sie in ihrem Stolz zu kraenken, von dem sie viel besass. Der dritte Mann und ich beobachteten den Kampf mit wenig Interesse, der Ausgang war so oder so klar. Doch ich wollte es nicht dem anderen ueberlassen; ich vertraute nicht in sein Koennen. Ich lenkte sie ab, und er schlug sie nieder.“
Calyn schaute langsam auf.
„Ich bin das Maedchen, oder. Du redest von mir.“
Ihre Augen verengten sich und sie ballte ihre Haende in Faeuste. Der Junge holte tief Luft.
„Ja. Aber lass mich reden.“
Calyn ueberlegte kurz, dann lehnte sie sich wieder zurueck und wartete darauf, dass er fortfuhr. Der Junge musterte sie noch kurz als ob er doch noch einen Ausbruch erwartete, doch dann begann er wieder zu reden.
„Du hast unseren Plan durchkreuzt, in mehr als nur einem Aspekt. Du hast unseren Mann vernichtend geschlagen als deine Kraefte erst einmal erweckt waren. Und du hast mich von meinem Plan abgelenkt, was wahrscheinlich noch schwerer war. In diesem Moment merke ich schon, wie die anderen nach mir rufen; ich muss gleich weg. Aber vorher muessen wir uns noch ueberlegen, wie du Plan B ueberlebst. Wir werden dich auf dem Weg nach Hause ueberfallen, in der Allee mit den vielen Eichen. Dort ist niemand, also wird dir schreien nicht viel bringen. Kannst du vielleicht deine Eltern anrufen, damit sie dich abholen?“
Calyn schuettelte den Kopf. Das kam nicht in Frage.
„Das habe ich befuerchtet. Das heisst, wir muessen von unserem einzigen Vorteil Gebrauch machen. Sie haben keine Ahnung davon, dass du jetzt wieder eine komplette Katze bist.“
Tag der Veröffentlichung: 16.01.2011
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