Nachtschatten
Olivia Ashter ging forschen Schrittes die dunkele Gasse entlang. Sie schien sich nicht vor den Schatten zu fuerchten, die die Haeuser um sie herum warfen, geschweige denn den kleinen Schatten, die hastig vor ihr davon huschten, als sie naeher kam. Ein sanfter Wind erzeugte ein leises Rascheln in den Bueschen, die ringsherum in den Vorgaerten der Haeuser standen.
Mit den Gedanken schon bei dem Abendessen, das sie fuer ihren Mann kochen wuerde, hastete Olivia die Gasse entlang. Dabei bemerkte sie den Schatten and der Mauer, auf die sie zulief, nicht. Gerade als sie ueberlegte, welches ihrer Kinder zu Hause war um ihr zu helfen, stiess sich die Gestalt von der Mauer ab und trat der Frau in den Weg.
“Etwas spaet fuer eine Frau um so ganz allein draussen herum zu laufen, finden sie nicht?“
Bei der rauen Stimme bekam es selbst Mrs. Ashter, die sonst nicht so schreckhaft war, mit der Angst zu tun. Sie packte ihren Einkaufskorb fester. Dass der Fremde nun ein Messer hervorzog, beruhigte sie nicht besonders.
Der Mann, dessen Gesicht im Schatten seiner Baseball-Cap versteckt wurde, richtete seinen Blick nun auf seine Fingernaegel und begann, sie mit dem Messer (welches so lang wie Olivia s Unterarm war) zu saeubern.
Olivia schluckte. Sie war nicht mehr die Juengste, und ihr Rueckenleiden verschlimmerte es noch.
“Was... Was wollen sie?“
Nervoes leckte sie sich ueber die Lippen.
“Oh, Mrs. Ashter. Ersparen sie mir das Theater, so gut sind sie nun auch wieder nicht. Wir wissen beide, was ich will, und wir wissen beide, dass sie es mir geben werden, nicht wahr?“
Der Mann hob den Blick nicht von seiner Hand, und seine Stimme blieb so froehlich und gleichmuetig, als wuerden sie am hellichten Tag ueber das Wetter reden.
“Ich... Ich weiss nicht, was sie meinen!“
Olivia leckte sich erneut ueber die Lippen, und ihre Augen verrieten die schlechte Luege sofort. Sie wusste genau, worueber der Mann sprach, doch sie schien fest entschlossen, ihm zu trotzen. Der Mann hob traege den Kopf. Er hatte noch genuegend Zeit, um etwas mit seinem Opfer zu spielen.
„Warum eigentlich so foermlich, wollen wir uns doch vorstellen. Mein Name ist Wegner, Olaf Wegner.“
Er grinste erneut, als er sah, wie sich der Gesichtsausdruck der Frau schlagartig aenderte.
“Du! Du raeudiger Hund! Wie kannst du es wagen, in meine Naehe zu kommen?! Verdammt, du Stueck Dreck wagst es auch noch, mit mir zu reden! Ich warne dich, lass mich in Ruhe! Ich schwoere dir, dass du mich bedrohst wird noch Folgen haben, da kannst du drauf wetten! Jetzt lass mich in Ruhe, oder...“
“Aber, aber, Olivia, nun sei doch nicht so unhoeflich! Man koennte meinen, ich haette dir etwas getan!“
Er lachte spoettisch, doch Olivia schnaubte nur.
“Was willst du, du Ratte? Du warst derjenige, der mir diese... liebenswerten Briefe geschickt hat, nicht wahr? Wie kannst du es wagen?! Scher dich zum Teufel, Wegner! Ich habe nichts fuer dich.“
Sie schien nicht mehr nervoes, und ihr Gegenueber bemerkte dies.
“Meine liebe Olivia,“ diese Worte erzeugten nur ein abfaelliges Schnauben von ihr.
“Liebste Olivia, du weisst durch meine wirklich durchaus liebenswerten Briefe ganz genau, was ich will. Und du weisst, dass du es mir nun geben wirst. Es gibt keinen Ausweg, meine Liebe.“
Olivia spuckte ihm vor die Fuesse.
“Da. Das ist das Einzige, was du von mir bekommst. Und jetzt lass mich gehen, sonst...“
Der Mann lachte amuesiert.
“Was, sonst? Du kannst nichts tun, es ist niemand in der Naehe, der dir helfen koennte, und wirklich wehren kannst du dich in deiner koerperlichen Verfassung auch nicht. Mein Schatz, sieh es ein, du kannst nichts machen. Du bist besser dran, wenn du es mir einfach gibst.“
Er laechelte sie mit einem bittersuessen Laecheln an. Zu seiner Ueberraschung laechelte Olivia zurueck.
“Du wirst es nicht bekommen, das verspreche ich dir. Ich habe es naemlich nicht mehr, und die Person, die es jetzt hat, wird es dir ganz sicher nicht geben, selbst wenn du sie findest. Also kannst du mich ja jetzt gehen lassen.“
Mit diesen Worten trat sie an Olaf vor bei. Er war so schockiert, dass er ihren aengstlichen Gesichtsausdruck nicht bemerkte.
“Du! Dafuer wirst du bezahlen!“
Damit stuerzte er hinter Mrs. Ashter her und hieb ihr mit dem Messergriff hart gegen die Schlaefe. Ungeruehrt beobachtete er, wie sie zu Boden ging. Dann begann er, sie zu durchsuchen. Der selfsame Mann murmelte wirre Worte vor sich hin waehrend er ihre Taschen nach aussen stuelbte. Er war so vertieft in seine Arbeit, dass er die merkwuerdige Gestalt, die sich von hinten ueber ihn beugte, nicht bemerkte. Gerade als er sich enttaeuscht aufrichten wollte, weil er nicht gefunden hatte, wonach er gesucht hatte, fuehlte er einen Schlag auf seinen Halsansatz, und die Nacht stuerzte um ihm herum zusammen.
Calyn war gelangweilt. Sie hatte ihre Hausaufgaben schon erledigt - jedenfalls die, auf die sie Lust hatte - und nun hatte sie nichts mehr zu tun. Lustlos drehte sie an ihrem Radio herum, bis sie einen Sender fand, der etwas anderes als Oldies spielte. Eine Weile hoerte sie sich den mittelmaessigen Song an, dann schaltete sie auf einen anderen Sender. Genervt von der Tatsache, dass dort Werbung lief, schaltete sie abermals um. Sie schloss auf Grund des Lieds, dass auf diesem Sender gespielt wurde, die Augen und wollte das Radio wieder ausschalten, als es endete und die Nachrichten begannen. Das Maedchen wollte schon entnervt mit ihrem Fuss den Aus-Knopf druecken, als eine Durchsage ihre Aufmerksamkeit erregte.
“Heute zog ein merkwuerdiger Fall die Aufmerksamkeit vieler auf sich. Die 56-jaehrige Olivia Ashter, die von ihrem Mann vor zwei Tagen als vermisst gemeldet worden war, nach dem sie am Abend nicht vom Einkaufen zurueckgekehrt war, ist heute wieder aufgetaucht. Sie wurde von ihrem Mann heute Morgen bustles auf der Treppe zur Haustuer liegend vorgefunden. Der Polizei erklaerte er, dass sie auf einem ihrer Liegestuhl Polster, dessen Verschwinden er nicht bemerkte hatte, auf der Treppe lag, ausserdem zugedeckt mit einer ihm gaenzlich unbekannten Decke .
Die Polizei versucht zur Zeit, DNA Spuren auf der Decke zu sammeln, um etwas ueber den Tatverlauf herauszufinden, es zeichnete sich jedoch bis jetzt noch kein Erfolg ab, da auf der Decke merkwuerdigerweise keinerlei Spuren vorhanden seien, weder von der Frau noch von einer anderen Person. Im Moment versuchen Wissenschaflter herauszufinden, warum die Frau, die anscheinend etwa zwei Stunden lang unter der Decke lag, keinerlei Spuren hinterliess. Die Polizei geht jedoch von Fremdeinwirkung auf die Frau aus, da deren Bluttest keinerlei Alkoholzeichen trug. Die Frau erwachte kurz nach ihrem Fund im Krankenhaus und konnte erst wenig dazu sagen, was ihr passiert war. Nun jedoch beginnen ihre Aussagen klarer zu werden. Angeblich soll ihr Ex-Mann Olaf Wegner etwas mit ihrer Verfassung zu tun haben. Dieser konnte jedoch bis jetzt noch nicht aufgefunden werden. Sein Aufenthaltsort ist bis auf weiteres unbekannt. Die Frau liegt derzeit zur weiteren Beobachtung im Krankenhaus, in dem Fall wird weiter vermittelt.“
Danach kamen nur noch die ueblichen Aufforderungen bei Hinweisen jeglicher Art sich sofort and die Polizei zu wenden, und dann einige Telefonnummern. Calyn schuettelte den Kopf. Warum hatte so ein schlichter Fall die Aufmerksamkeit der Leute auf sich gezogen? Sie wunderte sich immer, wie leicht andere Leute sich von Raeubern oder aehnlichem angreifen liessen. Das konnte ihr auf jeden Fall nicht passieren.
Ein Blick auf die Uhr riss sie aus ihren Gedanken. Verdammt, sie hatte schon wieder viel Zeit vertroedelt, und nun wuerde sie sich wieder mal sehr beeilen muessen, um nicht zu spaet zu kommen.
Sie riss ihren Schrank auf, holte ein flaschengruenes, bodenlanges Kleid mit kurzen Aermeln und Schlitzen an beiden Seiten von einem Buegel, und zog es ueber. Dann streifte sie sich schnell die weichen Schnuerstiefel aus hellbraunem Leder ueber, und machte einige Weite Schritte durch das Zimmer, um ihre Beweglichkeit zu testen. Sie nickte zufrieden, dann zog sie hastig eine Jacke an, und lief kurz drauf durch die Kueche in die Garage. Jetzt wuerden die Leute, denen sie begegnete zwar seltsam gucken, aber das konnte sie nicht aendern. Schnell stiess sie das Garagentor auf, sprang auf ihr Fahrrad und fuhr hinaus auf die Strasse.
Die Baeume flogen an ihr vor bei, waehrend sie kraeftig in die Pedale trat, um so schnell wie moeglich zu werden. Bald fuhr sie nicht mehr an gruenen Baeumen, sondern an grauen Haeuserblocks vor bei, und dann kam auch schon ihre Schule und die angrenzende Gruenanlage in Sicht. Nach einem kurzen Endspurt fuhr sie auf den kleinen Parkplatz vor der Turnhalle, schloss ihr schwarzes Fahrrad am Zaun an, und stuermte in die Halle. Schon als sie den Eingangsbereich betrat, hoerte sie die Musik. Verdammt, es hatte schon angefangen! Gerade rechtzeitig, um eine ungeduldige Stimme ihren Namen sagen zu hoeren, betrat sie die Halle. Anscheinend war sie nicht zum ersten Mal aufgerufen worden, denn die Leute auf den Zuschauerraengen sahen sich schon suchend um.
“Hier, ich bin hier!“, sagte Calyn, nun wieder ruhig, und stellte sich neben etwa zehn andere Maedchen, die in einer Reihe nebeneinander standen, und sie teilweise amuesiert, teilweise missbilligend ansahen.
Calyn grinste den missbilligenden Maedchen unverschaemt ins Gesicht. Sie hatten anscheinend keine Ahnung, was ihnen bevorstand.
Calyn war kein muskuloeses Maedchen, sie war eher grazil und schlank, jedoch konnte sie jeden Jungen aus ihrer Klasse, und die meisten Jungen aus hoeheren Klassen muehelos im Armdruecken schlagen. Diejenigen, die beschlossen hatten, Calyn verdiene eine ordentliche Tracht Pruegel fuer ihr freches Betragen (dass sie grundsaetzlich jedem entgegen brachte), endete nicht selten mit einer blutigen Nase oder einer gezerrten Schulter. Die, die mehr Glueck hatten, beschlossen, Calyn waere doch ganz in Ordnung, und schlossen Frieden mit ihr.
Alles in allem war Calyn von Aussen her ziemlich huebsch, und es gab nicht wenige Jungen, die heimlich oder offen fuer sie schwaermten. Doch jedes Mal, wenn es jemand wagte, sie um ein Date zu fragen, blitzte sie ihn durch einen Vorhang aus schwarzen Haaren an, und lehnte freundlich aber bestimmt ab. Sie sagte es jedoch nie auf eine schlechte Art und Weise, niemand war ihr boese (nicht dass die Jungen es wirklich konnten), und ihre gruenen Katzenaugen blitzten schelmisch.
Nun jedoch glitten diese Augen abschaetzend ueber ihre Gegnerinnen, und dann durch die Halle. Anscheinend war sie die letzte gewesen, denn auch die Jungen standen schon nebeneinander aufgereiht den Maedchen gegenueber. Calyn war sich bewusst, dass ihr enges Kleid viel von ihr zeigte, und auch die Schlitze, die ihr an beiden Seiten fast bis zur Huefte gingen, waren vielleicht etwas freizuegig. Doch im Vergleich zu den anderen Maedchen neben ihr sah sie aus wie eine Nonne neben einer Stripperin.
Die einzige Regel in diesem Sport war, dass die Bekleidung fuer Maedchen ein Kleid, und fuer Jungen eine Tunika und ein Kleid sein musste. Die Teilnehmer durften alles andere selbst entwerfen, und das nutzten fast alle Maedchen weitaus schamloser aus als Calyn. Manche Kleider waren kuerzer als Tennisroecke, die mehr zeigten als sie verhuellten, andere Maedchen hatten Kleider die weite Ausschnitte am Ruecken und noch tiefere Dekolletes hatten. Die Farben waren sehr verschieden, doch so einfache Farben wie Calyn s Flaschengruen gab es kaum.
Doch dann wurde Calyn s Aufmerksamkeit auf einen Jungen gerichtet, dessen Blick schon die ganze Zeit auf ihr geruht hatte, den sie jedoch einfach nicht sehen wollte. Ihre Augen verengten sich, und ihre Blicke wurden zu eisigen Dolchen. Der Junge schien sich unwohl zu fuehlen, und schaute weg. Calyn jedoch wandte ihren Blick nicht ab.
Was tat er hier?!
Sie zwang sich, nicht weiter ueber ihr nachzudenken, und sah zu den zwei Maennern und der Frau, die an einem erhoehten Tisch sassen, und nun auf die volle Aufmerksamkeit der Athleten warteten. Als schliesslich alle zu dem Podium hinaufschauten, raeusperte sich die Frau und stand auf.
“Ich heisse euch alle willkommen zu unserer Meisterschaft. Die Regeln sind klar, und, wie jeder weiss sind Waffen ausser in den FreeStyle Kaempfen strengthens verboten. Ich werde nun die Paarungen fuer die erste Runde verlesen. Am Ende werden zwei Kaempfer uebrig bleiben, die dann in einem Kampf den wahren Meister herausfinden werden.
Gut, also dann, bei den Maedchen: Kala Weizenberg und Vanessa Kendel, Ring 1. Sofia Starfelder und Sella Weizenberg, Ring 2. Anita den Sarn und Valentine Kommissarouk, Ring 3. Mia Kern und Renita Seidl, Ring 4. Und Heather Tellz und Calyn Lien, Ring 5. Der Gewinner aus Kampf 1 wird gegen den Gewinner aus Kampf 2 antreten. Der Gewinner aus Kampf 3 wird gegen den Gewinner aus Kampf 4 antreten. Da in Kampf 5 zwei vom Publikum gewaehlte Favoritinnen nebeneinander antreten, wird der Gewinner dieses Kampfes gegen den Gewinner aus Kampf 6 bei den Jungen antreten.
Und jetzt, bei den Jungen: Shiriko Zwengert und Kevin Jaeger, Kampf 6. David Machaelis und Tom Ferreri, Kampf 7. Mike Koser und Mo Imi, Kampf 8. Jacob Strikes und Laurenz de Costa, Kampf 9. Und Alexander Russel und Kurio Selen, Kampf 10. Der Gewinner des Kampf 6 wird, wie gesagt, gegen den Gewinner aus Kampf 5 der Maedchen antreten. Der Gewinner aus Kampf 2 wird gegen den Gewinner aus Kampf 3 antreten. Und der Gewinner aus Kampf 4 wird gegen den Gewinner aus Kampf 5 antreten. Der weitere Verlauf wird nach Ende der zweiten Runde verlesen.“
Damit setzte sie sich wieder. Calyn laechelte. Sie konnte ihre Gegnerin nicht, und diese kannte sie also auch nicht... Das wuerde spassig werden. Sie zog sich ein einfaches Lederband ueber den Kopf, um sich die Haare aus dem Gesicht zu halten, dann schlenderte sie langsam auf den ihr zugelteilten Ring zu. Ihr Bauchkribbeln verriet, dass sie aufgeregt war, endlich wieder an einem richtete Wettkampf teilzunehmen. Als sie sich dem Viereck naeherte, dass den Ring da stellte, fiel ihr das arrogante Maedchen auf, dass neben dem Ring stand.
Heather Tellz.
Calyn musste sich ein Grinsen verkneifen, als sie den abschaetzigen Blick bemerkte, mit dem ihre Gegnerin sie musterte. Das Maedchen in dem kurzen, knallengen pinken Kleid mit dem tiefen Ausschnitt schien sie also wirklich nicht zu kennen. Gerade warf sie ihr langes wasserstoff-blondes Haar zurueck und laechelte eine Gruppe von Jungen, die sie von der Tribuene aus anhimmelten (und dabei nicht selten auf ihre Brueste starrten, die fast aus ihrem Kleid fielen), strahlend an. Calyn verdrehte die Augen. Jetzt wusste sie, warum Heather die andere Favoritin war. Mit einem letzten Blick auf ihre Gegnerin trat sie auf den Mann zu, der ihr Schiedsrichter sein wuerde.
“Calyn Lien, ich bin Heather s Gegnerin.“
Der Mann nickte, dann rief er auch die blonde Beauty Queen herbei.
“Ich werde jetzt noch einmal die Regeln erklaeren, damit nachher keiner sagen kann, er habe von etwas nichts bewusst.“
Calyn musste bei dem strengen Blick, den der Mann Heather zwar, laecheln. Anscheinend kam das bei ihrer Gegnerin oefter vor.
“Also, die beiden dunkelblauen Matten in der Mitte des Vierecks zeigen den Bereich an, in dem ihr absolut sicher seid. Die hellere Mattenreihe darum herum zeigt an, dass ihr euch langsam aus dem Center herausbewegt. Und die aeussere, dunkelblaue Mattenreihe zeigt an, dass ihr euch am Rand befindet. Die Farben sind lediglich eine Hilfe, sie haben keinen Einfluss auf den Verlauf des Kampfes.
Es hat verloren, wer laenger als zehn Sekunden auf dem Boden liegt, oder wer den Kontakt zu den Matten vollstaendig verloren hat. In diesem Kampf sind keine Waffen erlaubt. Wenn einer von euch eine Frage hat, dann stellt sie jetzt.“
Calyn und Heather warfen sich wenig freundliche Blicke zu. Der Schiedsrichter warteten noch etwas, dann sagte er:
“Kaempfer, nehmt eure Positionen ein.“
Heather ging zu einem Ende des Ringes, Calyn zum Gegenueberliegenden. Sie laechelte, ihre Vorfreude machte sich bemerkbar. Dann gab der Schiedsrichter das Signal.
“Kampf!“
Heather stuerzte sofort zur sichersten Stelle, genau in die Mitte des Rings. Calyn laechelte jedoch bloss, und fing an, auf der aeussersten Bahn um Heather herum zu kreisen. Wozu den Kampf schnell beenden? Sie spielte gern mit ihrem Gegner, liess ihn zappeln, und besiegte ihn dann mit einem einzigen Schlag. Und schon begann Heather, nervoes zu werden. Calyn laechelte wieder, und beschleunigte ihre Schritte um Heather herum. Diese wurde zusehends verwirrter, warum war ihre Gegnerin nicht wie alle anderen sofort in die Mitte gesprungen? Und was sollte diese merkwuerdige Kreiserei um die Mitte herum? Anscheinend war sie wirklich so verrueckt wie sie aussah, wer lief schon in einem bodenlangen Kleid herum? Und dann diese Schuhe... Total unmodern! Wahrscheinlich hatte sie noch gar keine Erfahrung in Kaempfen, und wollte einfach nur einmal ausprobieren, wie es so war.
Heather grinste. Nun, dann wuerde sie jetzt mal die Ueberraschung ihres Lebens erfahren, sie wuerde sie direkt im ersten Kampf in hohem Bogen herauswerfen. Doch ploetzlich sprang das Maedchen blitzschnell auf sie zu, und stand dann auf einmal so nah vor ihr, dass sie die goldenen Flecken in ihren gruenen Augen haette zaehlen koennen.
Calyn grinste in sich hinein, als sie Heather s Gesicht sah. Nein, sie hatte nicht verlernt schneller und flinker als die meisten anderen Menschen zu sein.
“Unterschaetze mich nicht, ja? Das wuerde mir die Freude an diesem Kampf nehmen.“
Calyn zwinkerte ihr zu, dann sprang sie blitzschnell rueckwaerts zum Rand des Ringes zurueck.
Heather schluckte. Ihre Augen folgten Calyn nervoes, als sie anfing, in langsamen Kreisen immer naeher zu kommen. Dann hoerte Calyn ploetzlich das Signal, das anzeigte, dass ein Kampf entschieden war.
“Anscheinend wurde schon ein Gewinner bestimmt... Dann wollen wir doch mal den Zweiten festlegen, nicht wahr?
Heather hatte gerade noch Zeit, erneut zu schlucken, dann bemerkte sie, dass sie Calyn aus den Augen verloren hatte, und bevor sie sich umschauen konnte, erhielt sie einen Schlag in den Ruecken. Sie stolperte einen Schritt nach vorn, dann drehte sie sich hastig um, um einen Schlag von Calyn abzufangen. Doch ihre Haende wurden durch die Wucht beiseite gefegt, und ein weiterer Stoss traf sie hart vor der Brust.
Calyn laechelte. Ihre Gegnerin hatte gute Reflexe, und auch ihre Kondition war gut, sie war noch immer nicht in Panik ausgebrochen. Wenn jemand anderes ihr erster Gegner gewesen waere, waere sie vermutlich weiter gekommen, doch nun wuerde dies ihre Endstation sein. Calyn brauchte sie nicht in Panik zu versetzen, um zu gewinnen, das haette das Ganze nur geringfuegig einfacher gemacht.
Ihr Stoss mit der flachen Hand konnte Heather nicht wehtun, dafuer war er nicht fest genug gewesen. Doch er war stark genug, um ihre Gegnerin auf die aeussere Mattenbahn zu stossen. Dort lag sie auf dem Ruecken und versuchte, vom Rand des Ringes wieder zurueck in die Mitte zu kommen. Sobald sie aufgestanden war, packte Calyn Heather am Arm , riss sie herum, sodass sie in Richtung Publikum schaute, und gab ihr einen letzten Stoss. Bevor Heather begriff, was mit ihr passierte, stolperte sie auch noch mit einigen letzten Schritten auf den Boden ausserhalb des Ringes hinaus.
Der einzelne laute Ton ertoente, und Calyn richtete sich aus ihrer leicht vorgebeugten Haltung auf. Sie hatte gewonnen, was fuer eine Ueberraschung. Sie nickte kurz in Richtung Publikum, dann verbeugte Calyn sich mit aneinander gelegten Handflaechen vor dem Schiedsrichter und verliess kurz darauf die Halle durch eine Hintertuer.
Draussen ging sie auf eine grosse Eiche mit weit hinunter reichenden Aesten zu und schwang sich hinauf; und, sich an die Rinde des alten Baumes lehnend, schloss sie die Augen.
Warum musste es bloss immer so einfacher fuer sie sein?
Sie seufzte. Calyn hatte keine Ahnung, woher ihre Kraft und Schnelligkeit kamen. Doch bis jetzt hatte sie noch keiner besiegen koennen, auch in der Grundschule war es schon soo gewesen. Doch dort wurde ihr schnell klar, dass die anderen Kinder begannen, sich vor ihr zu fuerchten, und von da an verlor sie hin und wieder gegen ein Kind aus den hoeheren Klassen. Das machte sie immer noch so, auch wenn dies den unangenehmen Nebeneffekt hatte, dass sie auswaehlen musste, wen sie durch einen Sieg ueber sie populaer machte.
Sie oeffnete die Augen, als ein Schatten auf sie fiel. Der Junge aus der Turnhalle sass vor ihr auf dem Ast. Calyn warf ihm einen einigen Blick zu, dann schloss sie die Augen wieder. Vielleicht verschwand er, wenn sie ihn lange genug ignorierte.
„Warum bist du so sauer auf mich, Babe? Wir hatten doch Spass zusammen, und ich dachte, nach allem was passiert ist, wir waeren ein Paar! Aber du nimmst ja nicht mehr ab, wenn ich anrufe, und auf meine SMS antwortest du auch nicht mehr. Was ist los?“
Erst stockte ihr der Atem wegen seiner Frechheit, doch dann oeffnete Calyn die Augen und sah ihn gleichgueltig an.
„Was los ist? Hoer mir mal zu: Vielleicht hast du dabei Spass gehabt, ich aber definitive nicht! Und zwischen uns ist nichts passierte, das uns auch nur irgendwie zu einem Paar machen koennte! Achja, und: Nenn mich nie wieder Babe! Hast du mich verstanden?“
Der Junge sah sie aus grossen braunen Augen an, doch Calyn liess sich von seinem Unschuldsgesicht nicht hereinlegen. Sie wusste, was hinter dieser Maske steckte.
„Wir haben uns gekuesst! Und das nennst du nichts ?! Verdammt noch mal, du wolltest es doch eindeutig auch!“
Nun schien auch er genervt. Calyn musste fast laecheln, doch dann dachte sie darueber nach, was er gesagt hatte, und sie wurde wieder wuetend.
„Achja? Das habe ich aber etwas anders in Erinnerung! So weit ich weiss hast du mich gekuesst, und ich habe dir danach eine Ohrfeige gegeben, oder etwa nicht? Aber du denkst wahrscheinlich, ein Schlag mit der flachen Hand der dich zwei Meter nach hinten haut ist der grosse Liebesbeweis, oder? Du Idiot, Kurio!“
Damit machte sie Anstalten, vom Baum zu springen. Doch Kurio griff nach ihrem Arm und hielt sie fest. Calyn blitzte ihn eisig an, doch obwohl er etwas zurueckschreckte, liess er sie nicht los.
„Scheisse, Calyn, ich weiss, ich war nicht gerade schlau, aber ich war verdammt noch mal verliebt! Und ich bin es immer noch, und zwar in dich!“
Calyn zoegerte fuer einen winzigen Augenblick, doch dann gab sie Kurio einen Stoss sodass er beide Haende brauchte, um sich festzuhalten, und sprang mit einem Satz vom Baum.
„Ich habe doch schon mit dir darueber gesprochen, oder? Verlieb dich in jemand anders, bei mir wirst du keinen Erfolg haben. Ich habe mich entschieden, und das reicht doch, oder? Ich bin fertig mit dir!“
Damit drehte sie dem Jungen den Ruecken zu und verschwand wieder in der Halle. Den Blick der beiden eisblauen Augen, die die Szene beobachtet hatten, bemerkte sie nicht.
Tag der Veröffentlichung: 20.10.2010
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