Prolog
E
s war still und düster vor ihnen. Ophreo streckte seine Hand aus und ließ mit einer lässigen Bewegung einen leuchtenden Feuerball über seiner Handfläche erscheinen. Das Licht zog Schatten über die kalten Mauern, die sich zu beiden Seiten vor ihnen erstreckten. Er drehte sich zu Ilena um. Im flachen Licht sah man gerade noch die schwachen Umrisse einer Frau. Sie kniete auf dem, von den Jahrhunderten gezeichneten Boden des Ganges. Ophreo sah, wie sie die Hand nach etwas schimmerndem ausstreckte, das durch die Ritzen der Steine floss.
"Was ist das, Ilena ?“ erkundigte er sich mit seiner ruhigen und dennoch wichtigtuerischen Art. Er hockte sich neben Ilena., während sie die rote Substanz mit ihren Fingerspitzen untersuchte.
"Blut“ stellte sie fest, nachdem sie sich selbst ein kugelförmiges Feuer über ihrer Hand erschaffen hatte. Sie waren gerade ein paar Schritte der Quelle des Blutstroms entgegengegangen, als ihnen plötzlich ein bekannter, hier jedoch irritierender Geruch entgegen strömte. Es roch nach verbranntem Fleisch. Vor ihnen tauchte ein senkrechter Lichtstreifen auf, der bläulich schimmerte. Ilena streckte ihren linken Arm aus und hielt Ophreo an der Schulter zurück.
"Wir sollten keine unnötigen Risiken eingehen“ flüsterte sie ihm zu. Sofort erklang ein metallisches surren, Ophreo hatte sein Schwert gezogen. Es war eine gut gearbeitete Klinge, etwas länger als ein Kurzschwert und mit dem kleinen Smaragden, die in den Griff eingearbeitet waren, lag es auch gut in der Hand. Ilena dagegen ließ ihren Feuerball auf die Größe eines Kürbisses anwachsen und schleuderte ihn dem Lichtstrahl entgegen. Kurz bevor der Feuerball traf, konnte man noch eine alte, massive Holztür erkennen, die im nächsten Moment, unter lautem krachen, in ihre Einzelteile zersplitterte. Das bläuliche Licht erhellte den Gang vor ihnen. Eine Erhebung an der Tür zog Ohrepos Aufmerksamkeit auf sich, sie schien der Ursprung des Blutes zu sein. Er ging auf das Etwas zu, das blaue Licht ließ die Umrisse des Wesens verschleiern. Ilena blieb, mit ihrer Stabssichel im Anschlag, dicht hinter ihm. Nach einigen Schritten erkannte Ophreo das Etwas, es war ein Mann. Er war ein Mitglied der Gruppe Alchemisten, die sie voraus geschickt hatten. Seine Kleidung sah an manchen Stellen verbrannt aus und seine Arme und Beine waren mit spinnennetzartigen Brandmalen gezeichnet. In seinem erstarrtem Gesicht spiegelte sich der Schmerz wieder, den ihm die Wunden bereitet haben mussten. Sein Mund war weit aufgerissen und seine Stirn blutverschmiert. Ophreo konnte seinen Tod nur dem hohe Blutverlust oder einem Sturz zuschreiben.
"Was zum Teufel war denn das ?!“ wollte Ilena wissen, nachdem sie den Toten erblickte.
"Ich weiß es nicht, jedoch muss es mächtig gewesen sein,“ antwortete Ophreo „schau, es sieht danach aus, als sei er bis hierhin gekrochen“ und er deutete mit der Hand auf die Blutlache, die sich bis hinter die zerstörte Tür erstreckte. Sie standen einen Moment einfach nur da, als sie plötzlich ein leises Röcheln aus dem Raum mit dem Licht wahrnahmen. Überlegt vorsichtig bewegten sie sich auf die Reste der Tür und das Licht zu. Das Blau wurde mit jedem Schritt intensiver, beide ließen ihre Lichtkugeln erlischen, sie brauchten sie nun nicht mehr.Leicht geblendet traten sie über die Trümmer in den Raum.
Ilena fiel auf, dass im ganzen quadratischen Raum keine richtige Lichtquelle existierte. Der Boden war vor tausenden Jahren spiegelglatt geschliffen worden und die einzige Unebenheit bildeten feine Rillen, die sich im Halbkreis über den Boden des Raumes zogen. Ein Sichelmond, der sich langsam mit Blut füllte.
Ilena war fasziniert von diesem Bild und wollte Ophreo darauf aufmerksam machen, doch der hatte sich in der Ecke über einen weiteren Toten gebeugt, neben dem noch weitere lagen. Warum er sich diesen einen genauer anschaute, wurde ihr klar als das gleiche Röcheln von ihm ausging, das sie schon einmal gehört hatten.
Der Mann war nicht Tod, oder eher, nur fast nicht. Sie stand jetzt neben Ophreo, der dem Sterbenden gerade einen Arm um die Schulter legte, um ihn aufzurichten. Der Alchemist schaffte es nur Blut spuckend sich aufzusetzen, das lag hauptsächlich an den seltsamen Wunden die auch jeder andere im Raum aufwies.
Er litt fürchterlich, doch er lebte noch.
Er erkannte sie beide und versuchte panisch etwas mitzuteilen, doch bei den Mengen Blut konnten sie keines seiner Worte verstehen.
Langsam sackte er in sich zusammen, während er noch versuchte durch entsetzte Blicke zu sprechen. Sein Ableben war Botschaft genug.
Ophreo wischte sich das Blut an seinem Umhang ab und richtete sich auf, er schüttelte den Kopf, „sieht aus als wären wir nicht erwünscht... .“
Ilena nickte bloß, es gab nur zwei Dinge die sie beide jetzt noch tun konnten.
Entweder sie gingen denselben Weg zurück oder sie versuchten in den nächsten Raum zu gelangen, denn es musste noch einen Raum geben in dem man den Gegenspieler zum Mond dargestellt hatte.
„Pech, dass es die Alchemisten erwischt hat, sie würden in diesen Wänden bestimmt mehr erkennen als ich“ überlegte Ilena laut und berührte mit ihrer Hand die bläulichen Steine.
Sekunden. Die Reflexe jahrelangen Übens.Ein gleißender Blitz schlug gegen ihre Barriere, die Luft war plötzlich geladen, wie bei einem Gewitter, als unzählige Entladungen auf sie und Ophreo prasselten. Hitze, alles knackte vor freigesetzter Energie. Ilena blieb dich Luft weg, sie brauchte alle Konzentration um sich zu verteidigen. Ophreo rief etwas und zog sich dann rasch zum Eingang zurück. Die Blitze gewannen an Stärke und Zahl. Der Berg selbst, in dem dieser Raum lag, begann zu beben.
Ilena tat es Ophreo gleich. Flucht. Etwas anderes blieb ihnen nicht.
Tag der Veröffentlichung: 16.02.2009
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