Cover

VORWORT

Ein Buch zu schreiben macht Spaß. Es ist toll, wie man den Verlauf einer Geschichte völlig frei bestimmen und eigene Erfahrungen und Gefühle mit einbringen kann. Dieses ist mein erstes Buch, zumindest das erste, dass ich begonnen habe zu schreiben.

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Das Schreiben an sich, verbunden mit einer Sportart ist meiner Meinung nach eines der besten Hobbys, das man zum Ausgleich für Schule und Beruf haben kann. Ich zum Beispiel versuche täglich zu schreiben, was prakti-scherweise auch meine Schreibgeschwindigkeit schult, die ich für meinen Beruf benötige. Zusätzlich gehe ich mehrmals die Woche laufen, im Training auf Halbmara-thons, was den Ausgleich für die Arbeit im Sitzen bringt. Wer also ein gutes Hobby sucht: ich kann dieses nur wei-terempfehlen.

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Doch ich will nun zu dem wesentlichen kommen, nämlich diesem Buch. Die einzige Frage, die wahrscheinlich aufkommt, ist: warum Green Monks.
Was das Grün betrifft, gibt es eine einfache Antwort: Ein guter Freund und Autor hat mir mit seinem Buch “Blau-klinge“ meine Lieblingsfarbe genommen. Was das Wort Monks (Mönche) betrifft, was auch gerne mit dem Wort Monkeys (Affen) verwechselt wird angeht: ich denke, das Eliteeinheiten etwas von beidem haben. Einerseits folgen sie den Befehlen ihrer Vorgesetzten willenlos und ohne Fragen zu stellen wie Affen und andererseits leben sie ein abgegrenztes Leben wie Mönche. Alles weitere über das Buch kann man erfahren, indem man es liest.

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Noch eine kurze Anmerkung: Alle Karten in diesem Buch sind Freihand auf Paint gezeichnet, also bitte nicht über die verschobenen Kontinente wundern.

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Viel Spaß beim Lesen,
P.P.


„Kriege mögen mit Waffen
geführt werden, gewonnen
werden sie von Menschen.
Es ist der Geist von Männern
die folgen und des Mannes
der führt, der den Sieg
erringt.“
General George S. Patton jun.


„Wenn die Guten
nicht kämpfen,
werden die
Schlechten siegen.“
Platon


„Erfolg ist nicht
endgültig;
zu versagen ist
keine Schande:
Was zählt, ist der
Mut, weiterzumachen.“
Winston Churchill


PROLOG


Der letzte Einsatz

In der Nähe von Kap Horn, Alaska
27. Februar 2008
05.02 Uhr

Es war kalt. Verdammt kalt.
Der 24 jährige Gunnery Sergeant Paddy Young, Spitz-name `Zap` war eines der vielversprechendsten Jungta-lente des US Marine Corps und im Augenblick kämpfte er sich durch den knietiefen Schneematsch in Richtung Beaufortsee. Er hatte seinen Auftrag erfolgreich ausge-führt. Die russische Spionagestation, die unter dem Schnee getarnt versteckt gewesen war, würde keine In-formationen mehr übermitteln.
Jetzt war er bereit zu sterben.
Vor einigen Tagen hatte ihn ein SEAL angeworben, sich einem kleinen Elitetrupp anzuschließen, der nur auf den Präsidenten der USA hörte. Nur Profis, die in Einsamkeit unter einem alten Kloster leben sollten. Zunächst fand Zap die Idee völlig bescheuert, doch je mehr er darüber nachdachte, desto besser gefiel ihm der Gedanke. Und dafür sollte er heute sterben.
Nach einem Blick auf sein Navigationsgerät merkte er, dass er bei den Koordinaten angekommen war, die der SEAL `Brain` ihm übermittelt hatte. Er öffnete seinen Rucksack und zog eine Ampulle, gefüllt mit einem halben Liter seines Blutes, das er sich zwei Tage zuvor ent-nommen hatte hervor, dass er jetzt unter ihm im Schnee verteilte. Dann griff er wieder in den Rucksack und ent-nahm eine Handvoll blutige Projektile heraus, die er in der Spionagestation aufgesammelt hatte und warf sie zur Seite. Er war zufrieden. Es sah wirklich so aus, als wäre er hier von einem Sperrfeuer erwischt worden. Sollte der Corps nach ihm suchen, würden sie nur den Ort seines Todes finden. Zum krönenden Abschluss nahm er sich noch sein Funkgerät ab, schoss es kaputt und warf es in den roten Schnee. Dann sah er auf die Uhr. 05.14. In einer Minute sollte Zap genau hier, über dem Todesort von Paddy Young von einem schwarz- grünen Jet abgeholt werden. Noch bevor er sich über irgendetwas anderes Gedanken machen konnte, hörte er das Dröhnen von Turbinen, als von weit oben der schlanke Flieger herabschwebte.
Ein letztes Mal blickte Zap vom senkrecht startenden Jet aus auf das blutrote Ende seines alten Lebens zurück, bevor er in Richtung USA davon schoss. Dann grinste er. Das würde irre werden.


Am 31. März 2008 wurde auf einem Rechner in der Hauptzentrale der NATO eine Datei abgespeichert, die alle Elitekämpfer der NATO- Länder enthielt, die in den letzten zwei Monaten als tot gemeldet worden waren. Sie sah folgendermaßen aus:

Name Einheit Todesart Todesdatum
Adams, M. SEALs erschossen (?) 22. Feb. 08
Collins, M. SEALs erschossen (?) 20. Feb. 08
Di Vida, T. GEO Autounfall 15. März 08
Durby, A. SEALs erschossen (?) 09. März 08
Eder, U. Brand. Selbstmord 02. Feb. 08
Golz, T. GSG-9 erschossen (?) 01. März 08
Graham, C. SAS erschossen (?) 06. März 08
Robson, S. SAS erschossen (?) 28. Feb. 08
Stapley, C. SAS erschossen (?) 27. Feb. 08
Tankara, A. SEALs erschossen (?) 04. März 08
Tremmel, M. GSG-9 erschossen (?) 25. Feb. 08
Unger, T. SEALs erschossen 29. März 08
Walker, S. USMC erschossen (?) 11. März 08
Young, P. USMC erschossen (?) 27. Feb. 08
Zetzmann, A. GSG-9 erschossen (?) 09. März 08
(?) = Kein Leichenfund, womöglich vom Feind verschleppt

Im Gegensatz zu den letzten Monaten waren in diesen zum einen erstaunlich viele - und zum anderen eine Menge Spezialeinheiten getötet worden, bei denen man keine Leiche gefunden hatte, und somit die Art des Todes nicht bestimmen werden konnte. Doch anstatt weiter darüber nachzudenken wurden die Akten der Toten zu denen ihrer Vorgänger gesteckt und ihren Angehörigen Briefe voller Beileid und mit dem Standartspruch - „Ihr Sohn ist im Kampf für sein Vaterland gefallen…“ geschrieben. Von diesem Tag an waren alle Mitglieder einer ganz besonderen amerikanischen Eliteeinheit offiziell tot.


GREEN MONKS




Washington D.C.
13. März 2009 16.50 Uhr

Es war ein relativ kleiner Konvoi.
Normalerweise nichts Ungewöhnliches für die Bewohner Washingtons.
Wenn da nicht diese merkwürdig lackierte Limousine zwischen den zwei schwarzen Alfa Romeo ‘Vincitore‘ und den Polizeimotorrädern gewesen wäre.
Sie war hellblau, genauer gesagt Metallic-babyblau, so wie sich Kate Flakeson, die neunjährige Tochter von Prä-sident Flakeson ihre Limousine gewünscht hatte.

Kate wendete ihren Blick für einen Moment von ihrem Laptop ab, auf dem sie ihre Hausaufgaben machte, um einen Blick auf die Straßen Washingtons zu werfen.
Sie hatte lange, braune Haare mit blonden Strähnen, die sie wie meistens zu einem Pferdeschwanz zurück gebun-den hatte und braune, mit Kontaktlinsen versehene Au-gen. Heute trug sie ihr dunkelblaues Lieblings- T-Shirt und Jeans.
Durch die von außen verspiegelten Fensterscheiben ihrer Limousine betrachtete Sie die glotzenden Menschen. Sie hatte sich an die Aufmerksamkeit ihr gegenüber inzwi-schen gewöhnt, denn ihr Vater war nun im zweiten Jahr seiner Präsidentschaft und diese Strecke war ihr alltägli-cher Weg von ihrer Privatschule zurück zum Weißen Haus.
Jetzt mussten es noch ungefähr eineinhalb Kilometer bis dorthin sein.
Aus ihren Augenwinkeln nahm Sie die zwei Gestalten wahr, die ihr gegenüber saßen und Sie beobachteten.
Der eine war Jimmy, ihr Bodyguard. Sie mochte Ihn.
Jimmy war groß, muskulös, immer freundlich zu Ihr und für jeden Spaß zu haben.
Den Anderen kannte sie nicht.
Er war auch groß und so etwa um die dreißig wie Jimmy, aber eher dünn.
Sie wusste nur, dass er vom Secret Service war - genauso wie Ihr Fahrer, der Beifahrer, die acht Leute in den Al-fas‘ vor und hinter ihr und die vier Motorradfahrer, die den Konvoi umkreisten.
Kate mochte die Typen vom Secret Service nicht. Sie waren ihr immer zu angespannt und hatten ausdruckslose Gesichter.

Ein Ruck durchfuhr die Limousine, als der Konvoi - ent-gegen der normalen Fahrtroute – um eine Ecke schoss und ordentlich Gas gab.
Kate war geschockt - so etwas war noch nie passiert. Ihr erster Gedanke war, dass die Limousine unter Beschuss stand - doch sie hatte keine Schüsse gehört, also wagte sie noch einen Blick aus dem Fenster.
So wie es aussah, raste der Konvoi nun durch eine enge und wohl kaum befahrene Seitenstraße, die sie nicht kannte.
Ihr Kopf schnellte herum, als sie von vorne ein Geräusch vernahm, das etwa klang, als ob jemand ein Feuerzeug betätigen würde - bloß irgendwie gedämpft.
Als ihr Blick bei den beiden Männern ankam, sah sie gerade noch, wie Jimmys‘ Körper nach vorne weg sackte und vor ihren Füßen auf den Limousinenboden knallte.
Blut quoll aus einem großen Loch in seiner Schläfe und bildete langsam eine große Lache.
Noch während sie zu kreischen begann, fiel ihr Blick wieder auf den Secret Service- Typ, der gerade eine Pis-tole Mk23 mit Schalldämpfer wegsteckte und daraufhin wieder in seine Tasche griff. Tränen schossen über Kates‘ Wangen, als sie wimmernd abwechselnd zwischen Jimmys‘ Leiche und dem Kerl vor ihr, der nun langsam und seelenruhig ein Tuch und ein kleines Gefäß zu Tageslicht förderte hin und her sah.
Auf einmal fiel ihr der Knopf unter ihrem Sitz ein, von dem ihr Vater ihr erzählt hatte. Wenn sie ihn drücken könnte, würde der Wagen sofort anhalten und ihre Tür aufgehen. Vielleicht könnte sie dann raus aus der Limousine und abhauen. Sie bückte sich schnell und wollte die-sen Knopf suchen, während sich ihre Tränen mit Jimmys‘ Blut vermischten, doch sie wurde brutal in ihren Sitz zurückgedrückt.
Das letzte, was sie sah, bevor die Welt um sie herum schwarz wurde, war das weiße, eklig riechende Tuch, das ihr Gegenüber ihr ins Gesicht presste.


Der Anruf

Washington D.C., Weißes Haus
14. März 2009
11.00 Uhr

Präsident Flakeson verstand die Welt nicht mehr. Was brachte einem ein Secret Service - der zum Schutz der Präsidentenfamilie gegründet worden war, wenn 15 lang-jährig zuverlässige Mitarbeiter dieser Organisation auf einmal die Seiten wechselten und die Präsidententochter - seine Tochter - entführten?
Er saß in seinem Büro, umgeben von seinen Beratern und seiner - völlig aufgelösten Frau Sarah. Allesamt hatten sie sich seit der Entführung vor etwa 19 Stunden keine Sekunde mit etwas anderem als der Suche nach Kate beschäftigt.

Die Sorge des Präsidenten um seine Tochter wich an-dauernd der Wut auf seinen Sicherheitsdienst und auf ihn selbst, da er seine Tochter nicht besser hatte beschützen lassen. Im Moment regte er sich jedoch am meisten darü-ber auf, dass es keinerlei Hinweise auf den Verbleib von Kate gab.
Die Alfa Romeos‘, die Motorräder und blaue Limousine samt Jimmys‘ Leiche hatten sie aufgrund der an den Fahrzeugen angebrachten Peilsender schnell geortet. Sie standen in einer unbedeutenden kleinen Seitenstraße, die Entführer hatten wohl die Fahrzeuge gewechselt. Vor Ort hatten sie keine brauchbaren Spuren gefunden.
Die einzige Hoffnung des Präsidenten lag nun in der vor-auszusehenden Lösegeldforderung der Entführer. Er fragte sich anfangs nur, wie die Geiselnehmer Kontakt zu ihm aufnehmen sollten. Die Antwort auf seine Frage be-kam er nach der Untersuchung von Kates‘ Bodyguard. Die Verräter hatten das Handy des Toten mitgenommen und darauf war die Handynummer des Präsidenten ein-gespeichert. Das Mobiltelefon hatten sie jedoch abge-schaltet, so konnten nur die Entführer den Präsidenten anrufen, nicht umgekehrt. Peter Flakeson war also völlig auf die Geiselnehmer angewiesen.
Schnellstmöglich hatte man das Handy des Präsidenten angezapft. Nun müsste er das Gespräch nur 5 sek. hinhal-ten und sie würden das Telefon des Anrufers orten kön-nen.
Seit geschlagenen 15 Stunden warteten Flakeson und seine Berater nun im Präsidentenbüro auf den Anruf der Entführer.

Plötzlich klingelte das Handy, das auf dem Schreibtisch des Präsidenten lag und per Bluetooth mit einem Laptop, der den Standpunkt des Anrufers anzeigen sollte verbun-den war. Egal, was die Personen im Raum gerade mach-ten, sie legten ihre Arbeit nieder und versammelten sich um den Tisch.
Flakeson erhob sich und griff langsam nach dem Mobil-telefon.
„Sie müssen ganz ruhig bleiben...“
„Mindestens 5 Sekunden...“ Von allen Seiten wurde der Präsident mit Hinweisen beschallt, doch er ignorierte sie. Er wollte das alles so schnell wie möglich hinter sich bringen, um seine Tochter zurückzubekommen.
Nach dem vierten Klingeln nahm er ab.
„Präsi...“
„Central Station, Schließfach 336!“. Die Männerstimme war leise, mit einem eindeutig russischen Akzent. Für den Bruchteil einer Sekunde kam sie dem Präsident bekannt vor.
„Wo ist meine Tochter...!?“, schrie er in den Hörer - doch die Leitung war bereits tot. Das Gespräch hatte nur 3 Sekunden gedauert.
„Verdammte Scheiße!“, fluchte Flakeson wütend und war drauf und dran, das Handy gegen die Wand zu schmettern.
Ein Murmeln durchlief den Raum.
„Verdammt, nicht geortet...“
„Central Station, Schließfach 336...?“
„Was war den dass...?“
„Und was jetzt...?“
„White!“. Der Präsident hatte sich wieder beruhigt und starrte jetzt seinen Sicherheitschef - A. White an. Sofort herrschte wieder Ruhe.
„Schicken sie augenblicklich ein paar Männer zur Central Station, die dieses gottverdammte Schließfach knacken. Jeglicher Inhalt soll sofort und ohne Umwege in mein Büro gebracht werden!“
„Jawohl, Sir.“ Der mittelgroße blonde Mann eilte aus dem Raum.
„Parker! Lassen sie sich die Überwachungsvideos der Schließfächer per E-Mail schicken und überprüfen sie, ob Irgend jemand in den letzten 20 Stunden Irgend etwas an Fach Nr. 336 verändert hat!“
„Sofort, Sir.“ Diesmal verließ der dickliche Informati-onschef die Gruppe.

Ohne noch irgend ein weiteres Wort an die Anwesenden zu verschwenden, ging Flakeson hinüber zu seiner Frau, die ein wenig abseits stand und ins Leere starrte und schloss sie in seine Arme.
Er mochte der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika sein, doch sein größter Teil war immer noch Vater.
Sie hatten ihr erstes und einziges Kind erst spät mit 36 und 39 Jahren bekommen. Kate war ihr größter Schatz. Lieber würden Peter und Sarah Flakeson ihr gesamtes Vermögen und ihre Ämter als Präsident und First Lady abgeben, als diesen Schatz zu verlieren.


Die Forderung

Washington D.C., Weißes Haus
14. März 2009
11.24 Uhr

Informationschef Parker hatte seinen Auftrag als erster erfüllt.
Mit einer DVD in der Hand kam er ins Präsidentenbüro gestürmt. Er hatte gute Arbeit geleistet, auch wenn sie bei der Suche nach Kate nicht unbedingt weiterhalf. Fünf Stunden nach der Entführung war eine - zumindest was das äußere betraf - alte Dame zur Central Station ge-kommen und hatte ihre schwarze Handtasche in Schließ-fach Nr. 336 gelegt. Es war eines der Schließfächer, in die man zwei Dollar hinein werfen musste, woraufhin ein kleiner Beleg ausgedruckt wurde, mit dessen Hilfe man sich später bei der Informationstheke den Schlüssel für das Schließfach abholen konnte. Die alte Dame hatte den Beleg auf ihrem Weg zum Ausgang mehrfach zerrissen und in den Nächsten Mülleimer geworfen. Es hätte kei-nen Sinn gemacht, nach dem Beleg zu suchen, da die Frau Handschuhe getragen hatte - an Fingerabdrücke war also nicht zu denken.
Vorausschauend hatte Parker sich sogar noch die Über-wachungsvideos des Vorplatzes der Central Station sen-den lassen. Doch entgegen der Hoffnungen des Präsiden-ten stieg die Alte Dame nach ihrer Handtaschen- Abgabe nicht in eines der vor dem Bahnhof geparkten Autos ein, sondern lief langsam und unauffällig zu Fuß außer Reichweite der Kamera.

Ein paar Minuten später traf endlich auch White, die Schwarze Handtasche achtsam in den Händen haltend ein. Flakeson nahm Sie ihm ab und stellte sie auf seinem Schreibtisch ab, bevor er sie vorsichtig öffnete. Zum Vorschein kamen eine Art Fernsteuerung, eine DVD und etliche Fotos.
Auf den Bildern war ausschließlich ein Mann zu sehen, auf einigen hatte er grinsend oder auch ernst in die Ka-mera gesehen, auf den anderen war er Tod.
Der Präsident erkannte den Mann sofort. Bis vor etwa eineinhalb Jahren war er einer der meist gesuchten Terro-risten der USA gewesen. Sein Name hatte auf dem ersten und einzigen Todesurteil gestanden, das Flakeson je un-terschrieben hatte. Er war Ruszlan Zubchenkov gewesen. ‘The Demolition Squad‘, also ‘Das Sprengkommando‘ waren er und seine beiden älteren Zwillingsbrüder Sergej und Boris damals in Polizeikreisen genannt worden. Die drei hatten alles in die Luft gejagt, was ihnen irgendwel-chen Nutzen brachte.
Dabei waren sie jedoch mit äußerster Präzision vorge-gangen und hatten nie brauchbare Spuren hinterlassen. Zum Beispiel hatten sie Nachts hinter einer Bank mit Hilfe einer winzigen Sprengladung, die sie durch ein vorher gebohrtes Loch nach innen geschoben hatten, den Hauptschaltkasten der Überwachungsanlage von außen gesprengt und konnten danach seelenruhig die Eingangs-tür aufbrechen und die Bank leer räumen.
In einem anderen Fall hatte das Sprengkommando eine U- Bahn per Zeitbombe direkt unter einem Museum ex-plodieren lassen. Nachdem die Museumswärter die Alarmanlage ausgeschaltet hatten um stürmisch zur nächsten U- Bahn- Station zu rennen und zu helfen, war-en die teuren Museumsstücke eine leichte Beute für die diebischen Terroristen gewesen.
Man hatte Ruszlan Zubchenkov dabei erwischt, wie er einen Sprengsatz mit Zeitzünder in ein Flugzeug schmuggeln wollte, in dem einige Gouverneure am näch-sten Tag nach Europa fliegen wollten. Ruszlan hatte we-der über den Aufenthalt seiner Brüder noch über den Verbleib ihrer Beute reden wollen, also musste er alle begangenen Straftaten - darunter auch die über 750 durch Bomben in Autos, U- Bahnen und Flugzeugen getöteten Menschen - selbst verantworten. Obwohl Flakeson ein Gegner der Todesstrafe war, hatte er in diesem Fall keine andere Wahl gehabt, als das Todesurteil zum Tod durch Giftspritzen zu unterzeichnen, denn mehr als 1000 Ange-hörige der ermordeten hatten den Tod des Terroristen gefordert.
Nach der Vollstreckung hatte man von Sergej und Boris Zubchenkov nichts mehr gehört.

All diese Erinnerungen kamen im Präsidenten hoch, als er die Fotos betrachtete. Doch was hatte Ruszlan Zub-chenkov mit seiner Tochter zu tun?
Er hoffte, die Antwort darauf auf der DVD zu finden, die mit in der Handtasche gelegen hatte.
Schnell war der riesige LCD-Fernseher an der Wand ihm gegenüber eingeschaltet und die Disc in den DVD- Player gelegt. Alle anwesenden Personen richteten ihren Blick auf den Bildschirm.
Zunächst war das Bild schwarz, dann tauchte ein Raum mit Betonboden und -Wänden auf. Und in dessen Mitte lag - auf einer Art Matratze - Kate Flakeson. Der Präsi-dent war zunächst erleichtert, denn es schien ihr denn Umständen entsprechend gut zu gehen. Sie schlief wohl, denn ihr Oberkörper bewegte sich langsam auf und ab.
Doch dann traten zwei Männer ins Bild, beide groß, muskulös, mit Schnurrbart und dunklen Haaren. Ihr auf-treten jagte Flakeson einen Schauer über den Rücken, da er auch sie sofort erkannte. Es waren die ungefähr 35 Jahre alten Zwillinge Sergej und Boris Zubchenkov.
Fragen schossen im Kopf des Präsidenten herum. Was wollten sie von ihm? Was wollten sie von seiner Tochter? Konnte es hier noch um Erpressungsgeld gehen, obwohl diese Kerle durch ihre Einbrüche unglaublich reich sein mussten? Er hoffte es. Denn wenn nicht, was wollten die Terroristen sonst mit seiner Tochter tun? Flakeson wollte lieber gar nicht darüber Nachdenken.
Der eine Entführer - es musste Boris sein, begann zu sprechen.
„Hallo Mr. Präsident“. Er sprach Englisch, hatte aber den typisch russischen Akzent - mit dem gerollten ‘R‘ und dem ‘H‘, dass er wie ein ‘Chr‘ aussprach. Das war es, was Flakeson schon am Telefon aufgefallen war.
„Ich denke, sie erinnern sich noch an uns? Bevor wir zur Sache kommen, Mr. Präsident, möchte ich ihnen einen Tipp geben.“ Der Terrorist legte eine Pause ein.
Was sollte das? Sie sollten ihm gefälligst sagen, was er tun sollte, um seine Tochter zu befreien, dachte Flakeson, doch es ging schon weiter.
„Sie sollen ihre Leute besser bezahlen. Ihre Secret Servi-ce- Männer sind auf unser erstes Angebot sofort einge-gangen. Aber keine Sorge, wir haben die Verräter für sie gerecht bestraft...“ Boris Zubchenkov machte eine ausla-dende Geste in Richtung der linken Seite des Raumes und die Kamera schwenkte herum. Der Anblick war gro-tesk. Die ganze Wand war übersät von Einschusslöchern und Blutspritzern – und auf dem Boden unter der Wand lagen die fünfzehn Leichen der Secret Service- Verräter in einer riesigen Blutlache. So wie es aussah hatten sie die armen Schweine nebeneinander an der Wand entlang aufgestellt, sich vor sie hingestellt und dann einfach das Maschinengewehr während des Abdrückens hin und her geschwenkt, denn einige der Toten waren übersät von Einschusslöchern.
Im Präsidentenbüro ging ein angewidertes Murmeln he-rum.
„Doch kommen wir nun zum mehr oder weniger ge-schäftlichen Teil.“ Die Kamera wurde wieder in ihre alte Position gebracht. Diesmal war es Sergej Zubchenkov, der sprach. Er trug denselben schwarzen Anzug wie sein Bruder und sah ihm daher zum verwechseln ähnlich, hat-te jedoch eine ein wenig tiefere Stimme.
„Sie haben uns genau heute vor einem Jahr und fünf Mo-naten das liebste genommen, was wir hatten – unseren kleinen Bruder Ruszlan. Etliche Menschen hätten ihn damals gerne tot gesehen, doch sie, Mr. Präsident, haben ihn mit ihrer Unterschrift getötet!“
Flakeson traten Schweißperlen ins Gesicht und die Welt um ihn herum wurde immer undeutlicher. Diese Kerle waren nicht hinter seinem Geld her. Sie wollten etwas sehr viel wertvolleres. Wie gebannt starrte er auf den Bildschirm.
„Am 20. Oktober 2006 hat man Ruszlan dann auf ihren Befehl hin die Giftinfusion eingespritzt. Er war nach sie-ben Minuten Tod. Das ist eine Sache, die wir ihnen nicht verzeihen können, Mr. Präsident, das können sie sicher-lich verstehen. Doch wir sind gütig – als Rache für den Mord an unserem Bruder fordern wir lediglich das Able-ben einer einzigen Person.“
Eine viel zu lange Pause entstand. Flakeson wäre es lieber gewesen, die Terroristen hätten schnell weiter ge-sprochen. Die Anspannung im Raum war spürbar, nie-mand schien zu atmen. Jedem war klar, worauf das ganze hinaus lief. Alle warteten nur noch darauf, das einer der Zubchenkovs‘ eine Waffe ziehen und sich umdrehen würde und... Auf einmal knallte etwas hinter dem Präsi-dent hart auf den Boden. Alle schraken auf. Sarah Flake-son war in Ohnmacht gefallen. Sofort sprang einer der Berater auf und kümmerte sich um sie. Der Präsident gab keine Regung von sich. Er stierte den Bildschirm wei-terhin wie in Trance an. Endlich unterbrach Boris Zub-chenkov wieder das Schweigen.
„Mr. Präsident. Seit exakt einem Jahr und fünf Monaten haben wir im Untergrund auf den heutigen Tag hingear-beitet. Ihre Tochter liegt auf einem zwei Mal einen Meter großen Kissen, komplett gefüllt mit C4- Plastikspreng-stoff.“ Allen im Präsidentenbüro stand der Schrecken ins Gesicht geschrieben. Das war genug um eine Explosion mit einem Reaktionsradius von etwa einem Kilometer auszulösen.
„Wir befinden uns hier mit ihr in einem Raum mit ziem-lich dicken Wänden. Dennoch könnte eine Explosion das ganze Arial hier in Schutt und Asche legen. Kate würde schnell und wahrscheinlich ziemlich schmerzlos sterben. Doch ihre Leiche könnten sie niemals finden, da die Asche ihrer Tochter komplett unter der des Gebäude-komplexes begraben sein würde. Sie werden sie nicht beerdigen können, genauso wenig, wie wir unserem Bru-der die letzte Ehre erweisen konnten.“
„In dem explosiven Kissen befindet sich ein Fernzünder.“ Sergej hatte wieder das Wort ergriffen.
„Der dazugehörige Auslöser befindet sich vor ihnen, Mr. Präsident. Ein Druck auf den grünen Knopf genügt und hier fliegt alles in die Luft.“
Alle Blicke starrten erschrocken auf die merkwürdige Fernsteuerung, die auf Flakesons‘ Schreibtisch lag. Dieser selbst betrachtete das Gerät mit einem Ausdruck aus einer Mischung von Hass und Ehrfurcht in den weit auf-gerissenen Augen, den man nicht in Worte fassen konnte.
„Wir verlangen von ihnen nicht mehr, als dass sie diesen Knopf drücken und sich somit das Liebste nehmen, was sie haben, so wie sie uns damals unser Liebstes, unseren kleinen Bruder genommen haben!“
Flakeson stierte den Mann im Fernseher, der die letzten Worte ausgesprochen hatte völlig entsetzt an. Das konnte nicht dessen Ernst sein! Sie konnten nicht von einem Vater verlangen, dass er seine eigene Tochter umbrachte! Er wusste nicht was er tun oder sagen sollte. Er betrach-tete nur mit einem Hasserfüllten Blick weiterhin den Bildschirm.
Boris Zubchenkov nahm wieder das Wort auf.
„Wenn wir alles richtig einschätzen, müsste es bei ihnen jetzt kurz vor 12 Uhr sein. Um ihnen, Mr. Präsident, ihre Entscheidung erleichtern zu können, haben wir weltweit einige Sprengsätze und ähnlich gefährliche Dinge gelegt. Bei jeder Detonation einer der Bomben oder der Entfes-selung einer der anderen Gefahren werden voraussich-tlich mindestens 100 Menschen sterben. Zu jeder vollen Stunde, angefangen heute Mittag, wird einer der Spreng-sätze explodieren.“
Jetzt brach die Panik aus. Alle im Raum riefen durchei-nander, einige – unter anderem der Nachrichtenchef - stürmten aus dem Raum, andere sahen erschrocken auf ihre Uhr. Auch Flakeson blickte kurz darauf. Es war 11.59 Uhr. Noch eine Minuten bis zur ersten Explosion! Sein Blick wanderte ein letztes Mal zurück zum Bild-schirm. Das letzte, was man darauf sah, waren die Terro-risten- Zwillinge, die hinter dem Filmenden den Beton-raum mit der Präsidententochter verließen und eine dicke Stahltür mit einigen Luftlöchern hinter sich schlossen. Dann brach das Video ab.


Erster Anschlag

Boing 747, London- Washington
14. März 2009
02.10 Uhr

Tracy Habord hatte nichts bemerkt, als sie in der Nacht ihre Stewardessen- Uniform angezogen hatte. Ihr war zwar aufgefallen, dass ihr Kopf nach dem aufsetzen ihrer schicken roten Mütze 250 Gramm schwerer war - aber sie schob den dicken Schädel auf den Alkohol, von dem sie gestern viel zu viel getrunken hatte. Noch einmal warf sie einen Blick in den Spiegel. Sie war zufrieden. Das Make-up betonte ihre strahlend blauen Augen perfekt und ihre glänzenden, zu einem Zopf gebundenen blonden Haare fielen über ihre Schulter auf ihre Brust hinab. So konnte sie vor Jakob treten. Seit genau zwei Monaten war sie jetzt mit dem Mann von der Sicherheitskontrolle zusammen. Glücklicherweise hatte dieser heute die Auf-gabe, die Stewardessen ihres Flugs durchzuchecken.
Das ganze lief dann auch genauso ab, wie Tracy – und die Gebrüder Zubchenkov – es sich vorgestellt hatten. Jakob ließ den Röntgen- Apparat und seinen Metall- De-tektor aus und während alle anderen Kolleginnen kopf-schüttelnd und ohne Kontrolle an ihnen vorbei liefen, wurde Tracy von ihrem Freund abgetastet – allerdings nicht ihre Mütze.

Sie waren heute sehr pünktlich dran. Es war kurz vor zwölf und im Momentan überquerten sie mit ihren knapp 245 Passagieren Washington D.C.- gleich würden sie Landen. Ein letztes Mal betrat Tracy das Cockpit, um den Piloten etwas zu trinken zu bringen. In diesem Moment sprangen alle Stunden-, Minuten- und Sekundenzeiger Washingtons auf die 12.
Das leise Piepen über ihr war das letzte, was Tracy Ha-bord in ihrem Leben hörte. Als die Sprengladung in ihrer Mütze detonierte, ging das ganze Cockpit in einem Flammenball auf. Unter einem mächtigen Feuerregen stürzte das Flugzeug in Richtung Washingtons Innenstadt und rammte in einer gewaltigen Explosion in ein fünfstöckiges Wohngebäude.
So schnell die Feuerwehr auch vor Ort war, so gut wie niemand konnte gerettet werden. Die Zahl der rund 300 Toten war schnell in aller Munde.


Green Monks

Washington D.C., Weißes Haus
14. März 2009
12.05 Uhr

Etwa drei Kilometer vom Absturzort entfernt saß Präsi-dent Flakeson vor seinem Fernseher und starrte die grau-envollen Bilder des Absturzes auf CNN an. Ihm war schon vor diesem grausamen Anschlag klar gewesen, dass die Terroristen nicht gelogen hatten. Es war fünf nach zwölf. Diese Leute waren gestorben, weil er seine Tochter nicht getötet hatte. Und es würden weitere, un-schuldige Leute sterben. Doch seine Entscheidung stand fest. Er würde alles daran tun, seine Tochter zu finden und zu befreien. Auch wenn er dafür die Tode etlicher Menschen verantworten müsste.
Seine Frau lag oben in ihrem Bett, sie war noch immer nicht aus ihrer Ohnmacht erwacht. Seinen Beratern hatte er Aufträge erteilt, sie sollten die Terroristen- DVD auf Hinweise über Kates‘ Aufenthalt durchsuchen, die Crew des Abgestürzten Flugzeuges überprüfen und - so gut wie es ging - die Spur der alten Dame verfolgen, die die Handtasche zur Central Station gebracht hatte.
Den Fernauslöser hatte er in seinem Privat- Safe einge-schlossen. Niemand sollte in sein Büro stürmen und den verdammten Knopf drücken, um seine Tochter zu töten - auch wenn das vielen Unschuldigen das Leben retten würde. Kate war auch unschuldig!
Flakeson scheuchte die letzten Anwesenden aus seinem Büro. Er wusste jetzt, was er tun würde. Er setzte sich wieder an seinen Schreibtisch, und griff in eine seiner unzähligen Schubladen. Darin lag nur ein einziger Ge-genstand. Ein dunkelgrünes Handy. Er schaltete es ein und gab den siebenstelligen Code zur Aktivierung ein. Dieses Handy war der einzige Link zu seiner besten Eli-teeinheit - der wohl weltweit allerbesten. Flakeson betä-tigte die Anrufs- Taste.

Vor etwa einem Jahr, am 19. Februar 2007 war ein 32 jähriger Captain der U.S. Navy SEALS - der härtesten Eliteeinheit der Welt in das Büro des Präsidenten ge-kommen. Er war der intelligenteste Mann, der Flakeson je begegnet war, und wurde ihm als Marek `Brain` Collins vorgestellt. Der Soldat machte dem Präsident ein Angebot, das dieser nicht abschlagen konnte. Er bot ihm an, eine Eliteeinheit aus den besten Kämpfern der Ame-rikaner, Engländer und Deutschen zu gründen - er hatte sie bereits angeworben - die nur auf die Befehle des Prä-sidenten hörten. Auch über die Existenz dieser Einheit wusste nur der Präsident bescheid.
Als Gegenleistung wollte Collins Geld, die komplette Auslöschung aller Namen seiner Einheit - er und seine Männer sollten offiziell tot sein - und eine ehemalige geheime unterirdische Anlage der CIA im Westen Ken-tuckys. Das Gebiet dieser Anlage umfasste das Umland in einem Umkreis von 50 Kilometern, es war als gesperr-tes Naturschutzgebiet getarnt und in der Mitte des Grundstücks stand auf einem Hügel - in dessen inneren die ehemalige, leer geräumte Station der CIA versteckt war - ein kleines Kloster. Die Einheit sollte den Namen `Green Monks` - Grüne Mönche - tragen.


Green Monks

Westen Kentuckys, Kloster der Green Monks
14. März 2009
12.09 Uhr

Seine Augen unter einer Mönchskutte versteckt, ging Marek Collins - Inzwischen nur noch `Brain` - In Rich-tung des einzigen Raumes mit elektronischem Gerät im Klosterteil der Anlage. Das Satellitentelefon klingelte schrill und widerspenstig. Nur ein Mann auf dieser Welt hatte die Nummer der Anlage. Der Präsident der verei-nigten Staaten von Amerika!
Endlich würde Brain beweisen können, dass sich die Gründung seiner Spezialeinheit gelohnt hatte.

Alles war perfekt gelaufen, als Marek Collins und seine Einheit vor einem Jahr diese Basis eingerichtet hatten. Er und seine elf Männer waren innerhalb von drei Wochen bei geheimen Einsätzen `gestorben`. Danach hatten sie sich im Kloster zusammengefunden. Sie waren allesamt Allrounder. Alle waren Perfekte Scharfschützen, Techni-ker, Sprengstoffexperten und Sanitäter, auch wenn jeder ein Spezialgebiet hatte. Die besten der Besten.
Marek `Brain` Collins, Jack `Stabwound` Durby, Austin `Cheroot` Tankara und Malcolm `Snake` Adams von den US Navy SEALs‘,
Paddy `Zap` Young und Steve `Efface` Walker vom US Marine Corps,
Toni `Hubcap` Golz, Max `Magnum` Tremmel und And-reas `Zero` Zetzmann von der deutschen GSG-9 und
Shane `Inspect` Robson, Scott `Style` Graham und Chuck `Acrimony` Stapley von der britischen SAS.
Nachdem sie nun alle offiziell tot waren, blieben ihnen nur noch ihre Spitznamen.
Ihre Basis war hochmodern eingerichtet, überall standen Computer herum, mit denen die Green Monks die ganze Welt überwachen konnten und ihre Ausrüstung war auf einem Stand der Technik, der allen anderen Eliteverbän-den der Welt weit voraus war.
Denn Brain und Hubcap waren die wohl besten Erfinder, Ingenieure und Techniker weltweit. Sie hatten Kampfan-züge entwickelt, die zu 90% aus Spinnenfäden bestanden. Dadurch waren sie zum einen um einiges leichter als normale, mit eingebauten Stahlplatten versehene Anzüge und zum anderen zehn mal sicherer, da gebündelte und gepresste Spinnenfäden um einiges mehr aushalten als die schwereren Stahlpanzerungen. Diese speziellen Kampfanzüge gingen über eine schwarze Hose zu einem ebenso schwarzen Oberteil bis hin zu Handschuhen und Sturmmaske. Allerdings hatte die Spinnenfäden- Idee einen kleinen Haken. Ähnlich wie bei einer Schutzweste würde das Projektil einer Waffe die Schutzausrüstung nicht durchschlagen – jedoch könnte es sie ziemlich eindellen, was üble Blutergüsse und - im schlimmsten Fall - auch Knochenbrüche mit sich bringen konnte. Um das vorzubeugen hatten die Green Monks einen simplen, aber effektiven Plan: Einfach nicht treffen lassen!
Auch an den Stahlkappen- stiefeln hatten sich Hubcap und Brain zu schaffen gemacht, sodass diese beim gehen kaum noch Geräusche von sich gaben. In ihrer Mehr-zweck- Schutzwesten, die sie über ihren Kampfanzügen trugen, fanden zwei Pistolen- und fünf MG- Ersatzmaga-zine, drei Blend- und drei Splittergranaten, vier Schall-dämpfer, zwei Plastiksprengstoff- Türsätze mit Fernzün-der, zwei Kampf- und Wurfmesser und eine Desert Eagle .50cal Platz, die ein Magazin mit 15 Schuss hatte und für die das Kommando JHP- Munition verwendete. JHP waren so genannte Jacked Hollow Point, also Teilmantel- Hohlspitzgeschosse, die gegen ungepanzerte Ziele einen enormen Schaden anrichteten.
Warum die Elitetruppe sich `Monks` nannte, war klar. Immerhin wanderten sie den ganzen Tag in Mönchskut-ten zwischen Geheimbasis und Kloster hin und her. Doch der Anhang `Green`, also grün hatte seine zwei Gründe. Der eine waren die grün verspiegelten Brillen mit schwarzen Plastikfassungen, die Brain schon vor wenigen Jahren entwickelt hatte. Sie schalteten automatisch in Nachtsicht um, wenn die Dunkelheit um einen herum überwiegte. Außerdem hatten die Brillen ein eingebautes Infrarot- System, das per Knopf ein- und ausgeschaltet werden konnte. Während das Nachtsichtgerät die Umge-bung in ein Grüne Welt verwandelte, die hell und dunkel unterschied, funktionierte das Infrarot- System wie eine Wärmebildkamera. Während es zum Beispiel einen Kühlschrank blau - für Kälte - und einen Stein grau bis grün - für normale Temperaturen - anzeigte, war der Mensch in dieser Sicht größtenteils orange- rot, da er eine große Hitze ausstrahlte. Auch eine solche Brille trug jeder des Kommandos - zusätzlich zu der in seinem Gesicht - als Ersatz in seiner Schutzweste mit sich. Neben den grünen Brillen war der zweite Grund für den Namen des Elitetrupps die grünen Laserzielvisiere, die sie auf all ihren Schusswaffen trugen. Neben der Desert Eagle ge-hörten dazu noch das leichte Maschinengewehr FN Pro-ject 90, kurz P90, Kaliber 5,7 x 28mm - mit einem Ma-gazin von 50 Schuss und das kompakte Sturmgewehr Enfield L85A1, auch SA-80 genannt, Kaliber 5,56 x 45mm - dieses hatte ein 100- Schuss- Magazin. Beide Gewehre waren nicht gerade die neusten Modelle, doch nachdem Brain und Hubcap sie modifiziert hatten, lieb-ten alle ihre Bewaffnung. Sie hatten es zunächst einmal geschafft, den Rückschlag und Verzug der beiden Waf-fen zu verringern, außerdem war es ihnen gelungen, dem L85A1 neben Einzel-, Salven- und Dauerfeuermodus noch einen Scharfschützenmodus hinzuzufügen. Für die-sen hatte man nun nur noch eine Lauferweiterung aufzu-schrauben und einen kleinen Schalter umzulegen und schon konnte man über hohe Entfernungen schießen.

Das ganze letzte Jahr hinweg hatten die Green Monks auf den heutigen Tag hingearbeitet. Sie hatten ihre Reflexe geschult, ihre Kondition, Präzision, Sicherheit und Zwei-kampfstärke. Und jeden dritten Tag hatten sie daran gearbeitet, keine Schmerzen mehr zu fühlen, bis sie sogar die härtesten Hiebe locker wegstecken konnten. Freizeit unter der Woche kannten sie nicht mehr. Nur sonntags konnte jeder tun und lassen was er wollte, doch selbst dann waren die meisten Elitekämpfer auf dem Schieß-stand anzutreffen.

Brain nahm den Hörer des Satellitentelefons ab.
„Sir?“ Wie schon vor einem Jahr war der Präsident von Brains Stimme überrascht, die keinen Akzent besaß. Der Mann am anderen Ende der Leitung hätte einer von Tau-senden auf dieser Welt sein können.
„Ich hoffe, du hältst, was du mir vor knapp einem Jahr versprochen hast, Brain. In diesem Fall seid ihr nämlich wirklich meine letzte Hoffnung.“
„Was auch immer ihr Befehl ist, Sir – Wir werden ihn erfolgreich ausführen.“
„Das hoffe- und erwarte ich auch von ihnen. Es geht um meine Tochter Kate. Sie ist gestern auf ihrem Schulweg entführt worden.“
Erstmals nach sehr langer Zeit stutzte Brain. Wie konnte das am besten gesicherte Mädchen der Welt entführt werden?
„Gibt es schon einen Hinweis auf die Entführer?“
„Die Zwillingsbrüder Boris und Sergej Zubchenkov ha-ben sich per Videobotschaft bei mir gemeldet. Sie halten meine Tochter in irgendeinem Bunker gefangen und mit ihr im Raum befinden sich etliche Kilo C4- Plastik-sprengstoff. Die Zubchenkovs verlangen von mir, dass ich den Sprengstoff per Fernzünder in die Luft gehen lasse um meine Tochter zu töten. Es soll ein Racheakt für ihren Bruder sein, dessen Todesurteil ich letztes Jahr un-terschrieben habe.“
„Wir sollen also ihre Tochter wieder finden, Sir?“
„Und dass schnell. Denn zu jeder vollen Stunde, in der ich meine Tochter nicht umbringe, werden irgendwo auf dieser Welt mindestens einhundert Menschen sterben. Der erste Anschlag war der Flugzeugabsturz in Washing-ton.“
„Wir brauchen Daten. Das Video der Terroristen und alles was sie sonst noch haben. Speichern sie das ganze Material in einem Ordner mit dem Namen `Z` ihres Computers ab. Einer meiner Männer - `Inspect` - gehört zur Weltelite der Hacker. In fünf Minuten haben wir al-les, was wir brauchen.“
„Was auch immer sie wünschen, Brain - solange sie mir meine Tochter sicher zurückbringen.“
„Wir werden sie finden, Sir. Das verspreche ich ihnen“

Tausend Gedanken schossen ihm durch den Kopf als Brain in Richtung des Arbeitszimmers des Abtes eilte. Dort angekommen, umrundete er den alten Holztisch und schob einen dunkelroten Vorhang zur Seite, der die halbe Wand einnahm. Dahinter verbarg sich der Aufzug zu den vier Etagen der Geheimbasis.
Die Tarnung war wichtig, denn es kam vor, dass irgend-welche Spinner den Zaun des `Naturschutzgebiets` hinter sich ließen, um das Kloster zu begaffen. Darum befand sich auch immer mindestens ein Elitekämpfer - bekleidet mit einer Mönchskutte - im Kloster um die neugierigen und ungebetenen Gäste zu vertreiben.
Der Aufzug hatte sich nicht bewegt, seit Brain mit ihm vor drei Stunden nach oben gefahren war. Er stieg ein und drückte den Knopf mit der Aufschrift `UG2- Zent-rum`. In dieser Etage befand sich die Hauptzentrale der Green Monks - der Besprechungs- und Planungsraum, die Computerräume und der Fernseh- Überwachungsraum, in dem Rund um die Uhr die weltweit wichtigsten Nachrichtenprogramme wie BBC und CNN liefen - die Fernseher waren momentan bedeckt von Bildern der Flugzeug- Absturzstelle in Washington.
`Inspect`, der - wie meistens - an seinem Computer- Terminal mit fünf Bildschirmen und zwei speziellen Tas-taturen saß, blickte auf. Die drei erhobenen Finger an Brains Hand reichten, um den Computer- Spezialisten sein Hack- Programm hochfahren zu lassen. Auf dem Weg zu Inspect zog Brain seine Mönchskutte aus und hängte sie über den nächstbesten Stuhl. So war es besser. Jetzt trug er seinen komplett schwarzen Tarn- Kampfan-zug und die zuvor von der Kapuze bedeckte, grüne Brille. Alle zwölf Green Monks hatten ihre halbe Ausrüstung den ganzen Tag an, um sich im Notfall nicht lange umziehen zu müssen. Erwartungsvoll betrachtete Inspect seinen Captain.
„Weißes Haus, PC des Präsidenten, Ordner `Z`“, mehr brauchte dieser nicht zu sagen.
„Wow“ der junge Mann zog seine Augenbrauen über-rascht hoch, dann drehte er sich zu seinem Arbeitsplatz um und begann zu tippen. „Gib mir zwei Minuten.“
Brain nickte kaum merklich. Sein Hacker war nun voll in seinem Element, er musste schneller sein als das Sicher-heitssystem des Weißen Hauses und seine volle Konzent-ration galt den fünf Bildschirmen vor ihm.
Der Anführer der Monks ging weiter in Richtung Besp-rechungsraum, der aus einem großen halbrunden Tisch mit zwölf Ledersesseln, einer Leinwand und einem Lap-top mit Beamer bestand, der neben Brains Platz in der Mitte des Tisches abgestellt war.
Er drückte einen Knopf an der Seite seiner Brille, der sein Kehlkopfmikrofon aktivierte und steckte sich den kleinen Kopfhörer ins Ohr, der von der rechten Seite seiner Brille herab- baumelte.
„An alle: Wir haben einen Auftrag. Treffen in zwei Mi-nuten im B- Raum.“
„Alles klar, Brain. Stabwound, Ende“
„Bin unterwegs. Hubcap, Ende“
Nacheinander meldeten alle Monks ihren Bescheid, wo-bei Brain als Captain die Nummer 01 hatte, danach ging es mit dem ältesten, also Stabwound und dem zweitältes-ten, Hubcap weiter. Als letzter meldete sich Inspect, da er der jüngste war.
Jetzt herrschte Hochbetrieb in der Basis. So gut wie alle Aufzüge an allen Enden des Raumes wurden in Betrieb gesetzt. Wie es aussah, kamen die meisten Elitekämpfer aus UG4, also aus der riesigen Trainingsetage, aber es kamen auch Aufzüge aus UG3, der Aufenthalts- und UG1, der Rüstungsebene an. Aus allen Richtungen stürmten die schwarz- grünen Soldaten in Richtung Besp-rechungsraum und setzten sich auf die ihnen zugewiese-nen Sitzplätze. Als letztes kam Inspect, der seinem Cap-tain einen USB- Stick reichte. Brain konnte seine Augen durch die verspiegelte Brille nicht sehen, doch er wusste, dass sie wahrscheinlich vor Stolz und Zufriedenheit strahlten. Mit einem Kopfnicken nahm er den Speicher-stick entgegen und steckte ihn in den bereits laufenden Laptop. Während er den Ordner „Z“ öffnete und durch-suchte, begann er in einem sachlichen Ton, seine Männer über den soeben erhaltenen Auftrag aufzuklären.
Acrimony war der erste, der danach etwas hervorbrachte.
„Und es gibt keinen einzigen Hinweis, wo wir mit der Suche anfangen sollen, Captain?“
„Ich hoffe, wir können die Antwort darauf in diesen Da-teien hier finden.“, antwortete Brain, wobei er nochmals einen Blick auf die Dateien warf, die ihm der Laptop anzeigte.
„Flakeson hat uns die Informationen zeitlich geordnet. Als erstes haben wir die Aufzeichnung eines Anrufs...“ Er drückte die Abspielen- Taste, woraufhin der Anruf von Boris Zubchenkov durch den Raum hallte.
„Präsi...“
„Central Station, Schließfach 336“
„Wo ist meine Tochter...!?“
Brain sprach weiter. „Tja, das war wohl zu kurz, um das Gespräch zu orten... Als nächstes sind hier zwei Videoda-teien der Überwachungskameras der Central Station.“
Die Truppe betrachtete aufmerksam die alte Dame, die ihre schwarze Handtasche in Schließfach 336 legte und danach den Bahnhof zu Fuß verließ. Niemandem fiel etwas auf, das einen Hinweis auf den Verbleib von Kate geben könne. Dann wurde noch das Video der Entführer angeschaut - jedoch auch ohne einen Verweis auf den Drehort zu finden. Als letztes hatte der Präsident noch alle möglichen Daten über die Zubchenkovs‘ angehängt.
Zero sprach aus, was alle anderen dachten:
„Wir haben also keinerlei Anhaltspunkte, wo wir Kate Flakeson zu suchen anfangen könnten.“
„So sieht es wohl aus“ Brain hatte wieder das Wort er-griffen. „Also machen wir uns erst einmal an das Material heran, das wir hier haben. Zap und Cheroot, ihr durch-sucht die Akte der Zubchenkovs nach brauchbaren Din-gen. Wie sie vorgehen, welche Gebäude sie bevorzugen, was sie am liebsten essen - was auch immer. Snake, Magnum und Zero, macht euch an das Video von den Terroristen ran. Durchsucht es nach winzigsten Hinwei-sen, die auf das Gebäude zurückführen. Style, ich erwarte von dir eine Liste aller Gebäude dieser Welt, die einen Schutzbunker besitzen. Acrimony, informiere dich genauer über den heutigen zwölf- Uhr- Anschlag und trage den Absturzpunkt auf einer Weltkarte ein. So wie es aussieht, können wir nur die nächsten Anschläge abwarten und hoffen, dass die Terroristen ihre Angriffe nach einem bestimmten Schema angehen. Mit etwas Glück können wir es dann entschlüsseln und die Orte der nächsten Anschläge herausfinden.
Hubcap, Stabwound und Efface, ihr solltet einen Abste-cher ins UG1 machen und unsere Waffen und Maschinen überprüfen. Inspect und ich werden uns daran machen, die alte Dame von der Central Station unter die Lupe zu nehmen und ihre Identität herauszufinden. Alles klar so-weit?“
Allgemeines Kopfnicken machte seine Runde.
„O.k, dann treffen wir uns in exakt einer Stunde wieder hier. Falls ihr etwas Wichtiges herausfindet, meldet es mir sofort.“
Die Green Monks verteilten sich - mit Ausnahme von Hubcap, Stabwound und Efface, die mit dem Aufzug ein Stockwerk höher fuhren - auf der Etage.


Der Bunker

Kleine Insel im Westen Guatemalas,
Luftschutz-Bunker unter einer alten Vil-la
14. März 2009
12.32 Uhr

Als Kate Flakeson aus ihrem langen Schlaf erwachte, hatte sie keine Ahnung wo sie war oder was sie dort zu suchen hatte. Langsam nahm sie die undeutlichen Umris-se des Raumes war, indem sie sich befand. Überall graue Betonwände, eine Betondecke und ein unbequem hartes Kissen, auf dem sie lag. Zunächst konnte - und wollte sie sich gar nicht bewegen, stattdessen kamen ihr langsam und verschwommen wieder die Erinnerungen an den Vortag hoch. Die Limousine, die plötzlich abbog und Gas gab, Jimmy, der tot vor ihre Füße viel, der Secret- Service- Typ, der ihr diesen Lappen ins Gesicht presste. Mehr wusste sie nicht. Wieder traten Tränen in die Au-gen. Sie richtete ihren Kopf auf, um sich genauer umzu-schauen. In die eine Wand war eine große Metalltür ein-gearbeitet. Links davon stand ein kleiner, alter Röhren-fernseher auf dem Boden, in dem offenbar CNN lief und daneben lagen - zu Kates‘ Verwunderung - einige Fla-schen Mineralwasser und ein Korb mit ein paar Broten darin. Schnell stand sie auf, um sich etwas davon zu nehmen - als ihr die Blutroten Schleifspuren auffielen, die von einer Seite des Raumes zur Tür verliefen. Vorsichtig drehte sie den Kopf in die Richtung, aus der die Spuren offenbar kamen. Sofort wurde ihr schlecht, doch ihr Magen war zu leer, als dass sie sich hätte übergeben können. Auf der ganzen Seite des Raumes war der Boden mit angetrocknetem Blut beschmiert und die Wand von Blutspritzern und Einschusslöchern übersät. Als sie vor ihre Füße auf den Boden blickte, war dieser voller Patronenhülsen. Das Gesicht voller Tränen wendete sie sich noch einmal dem Fernseher zu, der Amateurfilme von irgendeinem Flugzeug, das über Washington explodierte zeigte. Ihr war der Appetit vergangen. Sie drehte sich um und warf sich zurück auf das merkwürdige Kissen, drückte ihr Gesicht auf ihre Arme und lies ihren Tränen freien Lauf. Sie wollte hier weg. Leise wimmerte sie immer wieder vor sich hin „Papa, hol mich hier raus, bitte!“. Er würde sie retten. Das wusste sie. Er war der Präsident der Vereinigten Staaten. Doch wie sollte er sie finden? Wo war sie überhaupt? Noch einmal wagte sie einen Blick in den Raum. Nein. Niemand würde sie finden. Sie würde hier drinnen sterben. Wieder legte sie ihren Kopf auf ihre Arme und weinte in sich hinein. Nach einigen Minuten hörte ihr Körper endlich auf zu beben als Kates Gehirn ihr Flehen erhörte und sie einschlafen ließ.


Dorothy Malvert

Westen Kentuckys,
Unterirdisches Hauptquartier der Green Monks
14. März 2009
12.41 Uhr

Immer wieder sah Brain auf seine Uhr. Noch neunzehn Minuten bis zum nächsten Anschlag. Wo würde er statt-finden? Wieder in den USA? In Europa? Asien? Es konnte überall sein.
Er betrachtete den Bildschirm vor ihm. Der Computer ließ gerade ein Erkennungs- Programm der CIA über ein Foto der alten Dame laufen, das mit biometrischen Bil-dern arbeitete. Sie hatten Glück gehabt. Die Frau hatte einmal genau in die Kamera gesehen, was die Suche ex-trem erleichterte. Sowohl Inspect als auch Brain waren sich jedoch völlig unsicher, ob es sich bei dem Gesicht der Dame um ein echtes oder nur um eine Maske handel-te.
Auf einmal begann der Bildschirm zu blinken. Der Com-puter hatte eine Übereinstimmung zwischen dem Foto der Dame und einem der biometrischen Passbilder der CIA- Datenbank gefunden. Vom Aussehen der Frau her passte es. Laut der neben dem Passbild angegebenen Da-ten hieß die Dame Dorothy Malvert und hatte in ihrem Leben noch nie etwas kriminelles getan, war verwitwet, blauäugig und blond, sie war am 18. August 1947 gebo-ren - und am 24. September 2007 an einem Herzinfarkt gestorben!
Brain ließ sich in seinen Sessel zurückfallen, schloss für einen Moment seine Augen und massierte mit den Fin-gerspitzen seine Schläfen. Die Frau war also seit knapp sechs Monaten Tod. Also hatte die Person am Bahnhof eine Maske getragen, die dem Gesicht der verstorbenen Dame eins zu eins glich. Inspect meldete sich zu Wort.
„Irgendwie glaube ich, dass Frau Malvert nicht an einem Herzinfarkt gestorben ist“
Inspect starrte noch immer den Bildschirm an, als Brain sich dem 21- jährige zuwandte.
„Ich denke eher, dass sie sterben musste, weil man ihr Gesicht benötigte.“
„Womöglich. Aber wenn es so wäre, würde es wohl kaum Sinn machen, nach ihrem Mörder zu suchen. Der hat inzwischen sicher alle Spuren gelöscht. Prüf aber trotzdem mal nach, ob du noch irgendwas zu der Frau findest. Irgendeine Spur muss ja zu Kate führen. Ich sehe mich solange mal bei den anderen um. Ich denke du kommst allein auch sehr gut voran.“
Inspect grinste noch einmal in sich hinein, bevor er wie-der begann, seine Finger über die Tastaturen huschen zu lassen. Er war noch jung und liebte es, gelobt zu werden.
Brain sah noch einmal auf die Uhr, woraufhin er aufstand und in Richtung des Video- Zimmers ging, indem er wahrscheinlich Acrimony vor einem BBC- Bildschirm antreffen würde. Es war 12.53 Uhr. Noch sieben Minuten bis zum nächsten Anschlag.


Zweiter Anschlag

Mailand, Italien
Linon- Tower
14. März 2009
12.58 Uhr

Im Linon- Tower im Herzen Mailands waren hauptsäch-lich die italienischen Geschäftsstellen ausländischer Fir-men untergebracht. Das gewaltige, 42 Stockwerke hohe Glasgebäude umfasste 31 Firmenzweigstellen mit insge-samt 460 Mitarbeitern. Niemand hätte hier je mit einem Anschlag gerechnet. Vor allem nicht von einem der Mi-tarbeiter! Als einer der beiden Security- Leute vor der riesigen Eingangstür aus Glas zu seinem Kollegen sagte, dass er mal aufs Klo müsse, hatte niemand ahnen können, das er um Punkt 13 Uhr den Feueralarm- Knopf drücken und das hochgiftige, als `N-23X` bekannte Gas, das die Atemwege eines Menschen in Sekundenschnelle ver-stopfte, in der Eingangshalle freisetzen würde. Er war der erste, der daran erstickte - ihm folgten die 250 Mitarbei-ter in den Tod, die das Gebäude durch den Haupteingang verlassen wollten, anstatt die Notausgänge zu benutzen. Von den ABC- Truppen der Feuerwehr wurde das Gas dann abgepumpt - das Innere des Gebäudes sah schreck-lich aus. Der ganze Boden war bedeckt von Leichen, de-ren Gesichter grau und die blutunterlaufenen Augen merkwürdig hervorgehoben. Die unschuldigen Menschen waren qualvoll erstickt. Bei Nachforschungen stellte sich fest, dass es sich beim Attentäter um einen Psychopath gehandelt haben musste, da man in seiner Wohnung bald darauf auch seine Frau und seinen Sohn tot - wahrschein-lich von ihm umgebracht - vorfand.
Niemand konnte ahnen, dass Frau und Kind erst nach dem Anschlag in die Wohnung gebracht worden waren. Zwei Russische Brüder hatten dem Mann gedroht, dass seine entführte Familie sterben würde, falls er den Gift-gasangriff nicht ausüben sollte.


Zweite Besprechung

Westen Kentuckys,
Unterirdisches Hauptquartier der Green Monks
14. März 2009
13.17 Uhr

Brain konnte es nicht fassen. Zum einen, wie geschickt die Zubchenkovs ihre Attentate verdeckten. Ein Psycho-path, der mit seinem Leben nicht mehr zurechtkommt. Die Terroristen hatten wirklich an alles gedacht. Das zweite, was Brain nicht fassen konnte war der Streit der Nachrichtensender um Videoaufnahmen vom Tatort. Auf den Bildschirmen, die er vor sich hatte, wurden nonstop Reportagen live vom Linon- Tower gedreht, dabei wag-ten sich die Kameraleute immer näher an den Eingang des Gebäudes heran, an dem etliche Feuerwehrleute in ABC- Schutzkleidung mit einem Schlauch arbeiteten, der das Gas aussaugte. Immer wieder wurden sie von Polizis-ten zurückgedrängt. Vom Flugzeugabsturz in Washington D.C. sprach jetzt niemand mehr.
Einige Minuten später fanden alle Green Monks wieder im Besprechungsraum zusammen.
Zunächst klärten Brain und Acrimony den Rest über den zweiten Anschlag auf. Dazu hatten sie eine Weltkarte angefertigt, auf der Mailand und Washington eingezeich-net waren. Die Großstädte waren durch eine Linie mitei-nander verbunden und neben ihnen standen die Begriffe „Flugzeug- Anschlag“ und „Giftgas- Angriff“. Brain be-gann, seine Vermutungen zu äußern.
„Meiner Meinung nach haben die Terroristen es auf Großstädte abgesehen, in denen sie viel Aufmerksamkeit erregen können. Außerdem denke ich nicht, dass sie An-schläge in Südamerika, Afrika oder Australien verüben werden - darüber würde man womöglich zu wenig be-richten. Aber ich glaube weiterhin, dass die Zubchen-kovs‘ nach einem Plan arbeiten – momentan können wir die Struktur jedoch noch nicht erkennen. Wir werden wohl oder übel noch einen Anschlag abwarten müssen. Oder hat einer von euch eine Idee, wo das nächste Atten-tat stattfinden könnte?“ Inspect meldete sich zu Wort.
„Was diene Frage betrifft, Brain, hab ich keine Ahnung. Aber wäre es möglich, dass die Terroristen ihre Anschlä-ge alphabetisch planen?“ Die restlichen Green Monks nahmen die Weltkarte mit verwunderten Gesichtern unter die Lupe, in der Hoffnung, Inspect folgen zu können.
„Ich meine, beim ersten Anschlag war ein Flugzeug be-teiligt, also `F`, beim zweiten Giftgas, also `G`. Dann könnte ja beim nächsten irgendetwas mit `H`, z.B. ein H5N1- Anschlag oder so eine wichtige Rolle spielen.“ Brain nickte zustimmend.
„Wow, also darauf wäre ich nie gekommen. Ich glaube allerdings, dass auch Kate Flakesons‘ Entführer nicht an so etwas gedacht haben. Trotzdem sollten wir das über-prüfen. Zero, du könntest eine Liste mit allen Dingen, die mit dem Buchstaben `H` - und vielleicht auch schon mit `I` anfertigen, die etwas mit einem Anschlag zu tun ha-ben könnten.“
„Mach ich.“
„Habt ihr anderen bei eurer Recherche etwas herausge-funden?“
Reihum berichteten die Elitekämpfer von den wenig üp-pigen Ergebnissen ihrer Suche. Inspect hatte nichts wei-teres über den Mord an Dorothy Malvert herausfinden können, im Video der Terroristen waren keine Hinweise auf Kates‘ Aufenthaltsort zu finden - dafür hielt Brain jetzt eine scheinbar unendlich lange Liste alle Privathäu-ser mit Schutzbunker in seiner Hand - und in der Akte der Zubchenkovs stand auch nicht mehr als das, was das Green Monks- Team bereits schon wusste. Die einzige gute Nachricht kam vom Wartungsteam. Sie erklärten alle Geräte des Elitekommandos für voll funktionsfähig.
„Das heißt dann wohl, dass wir wirklich auf den nächsten Anschlag warten müssen. Meint ihr, dass es Sinnvoll wäre, ein Team nach Europa zu schicken?“
Wie in allen anderen Eliteverbänden dieser Welt zählte die Meinung des ältesten im Team - nach der des Grup-penführers - am zweitmeisten. Also begann Stabwound - der mit seinen 46 Jahren immer noch topfit war - Brains Frage zu beantworten.
„Einen Trupp von drei oder vier Männern sollten wir auf jeden Fall schicken. Nach Deutschland oder Frankreich, würde ich sagen und ich könnte mich dem Trupp an-schließen.“ Stabwound war inzwischen bekannt für seine knappen Antworten, das machte er jedoch mit seinem Umgang mit Waffen wieder Wett. Er war schon bei den SEALs‘ mit Brain befreundet gewesen.
„O.k., dann fliegst du mit Snake, Style und Efface sofort los. Nimm die `Tiger II` und fliegt bis Frankreich im Tarnkappenmodus. Dann solltet ihr in etwa drei Stunden in Straßburg sein. Inspect wird euch eine Landeerlaubnis beschaffen. Vor dem Bahnhof befinden sich Mietgara-gen. Nr. 66 und 67 gehören uns, es befinden sich Wagen und Ausrüstung darin, dadurch erspart ihr euch den Ärger mit dem Sicherheitsdienst. Wir halten euch per Funk auf dem Laufenden.“
Die vier Monks und Hubcap, der sich um die Technik im Hangar kümmern sollte, sprangen auf und liefen in Rich-tung UG1, in dem sich der kleine Hangar mit den zwei Jets befand.
„Und Hubcap!“ der stämmige Mann hielt inne und drehte sich herum. „Viel Glück!“
„Euch auch.“ kam die knappe Antwort zurück.
Brain sah seinem Freund nach, bis dieser im Aufzug ver-schwunden war.
„Zap und Inspect, ihr wisst, was ihr zu tun habt. Wir an-deren werden uns für unseren ersten Einsatz fertig ma-chen - Ich habe das Gefühl, dass dieser nicht mehr lange auf sich warten lässt...“

Um 13.39 Uhr hob ein schwarzer Jet `Z-33T` mit grüner Schnauze und dem Namen `Tiger II` aus einem plötzlich entstandenen Loch im Hügel unterhalb des Klosters ab und donnerte mit einer enormen Geschwindigkeit in Richtung Europa. Die relaxten Bewohner Kentuckys‘ betrachteten den dunklen Pfeil über ihren Köpfen nur mit einem Auge, denn Flugzeugtests gab es hier wirklich genug. Bis Europa sollte niemand die Tiger II auf einem Radar orten können, in etwa drei Stunden würden vier Piloten einen Flughafen in Frankreich verlassen.


Dritter Anschlag

Paris, Frankreich Palace de la Con-corde
14. März 2009
13.57 Uhr

Der Amerikaner Jeff Willson hatte sich seinen großen Traum erfüllt. Endlich stand er im Zentrum Paris‘ auf dem Palace de la Concorde vor dem größten Obelisken der Welt. Seit 42 Jahren war Willson nun Professor für Ägyptische Historie gewesen, die Pyramiden und Obelis-ken hatten ihn von Kind an in ihren Bann gezogen. Und jetzt, mit 69 Jahren ging sein größter Wunsch endlich in Erfüllung. Sein Kopf lag tief in seinem Nacken, als Will-son zur goldenen Spitze des Bauwerks hinaufsah.
Napoleon hatte seinerzeit das gewaltige, ägyptische Ge-bilde als Zeichen seiner Macht Stein für Stein nach Paris schaffen und dort wieder errichten lassen. Und jetzt ver-setzte es Willson ins Staunen. Er hatte seinen Aufenthalt in Frankreich extra um einige Tage verlängert, da der riesige Pfeiler bis vor einem Tag noch wegen Restaurie-rungsarbeiten von Gerüsten umgeben war. Aber das War-ten hatte sich wirklich gelohnt.
Erschrocken fuhr Willson herum, als er durch eine Hand auf seiner Schulter aus dem Bann des Obelisken gerissen wurde. Ein Japaner stand hinter ihm und hielt ihm freundlich lächelnd eine Kamera entgegen. Hinter dem schwarzhaarigen jungen Mann konnte Willson eine ganze Gruppe der Touristen ausmachen, die alle mit einem breiten Grinsen im Gesicht langsam in Richtung Obelisk wanderten. Es mussten um die 30 Leute sein.
`Verdammte Japse`, dachte Willson bloß. `Lasst mich doch einfach mit diesem Prachtstück hier für ein paar Minuten allein.`
Anstatt das laut auszusprechen, nahm er dem Japaner die Digitalkamera ab und lächelte zurück. Er hatte einfach ein zu gutes Herz. Der schlitzäugige Mann zog seine Mundwinkel noch höher, sagte etwas wie „Arigato“ und rannte zu seiner Gruppe zurück, die sich bereits vor dem ägyptischen Bauwerk aufgestellt hatte. Willson nahm einige Meter Abstand vom Obelisken, um diesen und die Reisegruppe gut auf das Bild zu kriegen. Jetzt hatte er alles perfekt auf dem Bild, sein Finger wanderte zum Auslöser - doch irgendetwas irritierte ihn. Erst, als er die Kamera sinken ließ, sah er es. Keiner der Japaner grinste mehr. Stattdessen starrten sie voller Furcht genau hinter Willson. Zunächst dachte er daran, sich wie in jedem billigen Film langsam umzudrehen - doch dann viel ihm ein, dass ihm dass wohl kaum etwas bringen würde. Stattdessen rannte er in einer, für sein Alter enormen Geschwindigkeit auf den Obelisken zu.
Er stürzte. Hart. Etwas war ihm von hinten in den Rück-en gesprungen. Er drehte sich herum, wollte versuchen, den Angreifer abzuwehren. Das letzte, was Jeff Willson in seinem Leben sah, war der Schädel eines riesigen Do-bermanns, der sein weit geöffnetes, mit riesigen Zähnen bestücktes Maul auf seine Kehle herabschnellen ließ, und wild zubiss.

Das Höllenhund- Gemetzel von Paris wurde es später genannt. 23 blutrünstige Kampfhunde waren auf einmal auf dem Palace de la Concorde aufgetaucht und hatten den berühmten Platz in ein blutiges Rot getaucht. In alle Richtungen hatten sie die Menschen verfolgt, um sie zu stürzen und ihnen blutig die Kehlen aufzureißen. Einige Männer hatten es geschafft, drei der Bestien zu Boden zu zwingen und sie zu töten, dafür bezahlten sie mit ihren Leben. Die restlichen 20 Kampfhunde wüteten weiter, bis sie von Polizisten zusammengetrieben und zu Fall gebracht wurden. 107 Leichen wurden gezählt, mehr als die Hälfte davon waren Touristen gewesen.


Aufbruch

Westen Kentuckys,
Unterirdisches Hauptquartier
der Green Monks
14. März 2009
14.07 Uhr

Langsam begannen einige Nachrichtensender, die drei Anschläge in Verbindung zu bringen. Der Flugzeugab-sturz über Washington, der Giftgas- Angriff in Mailand und das Höllenhund- Gemetzel von Paris. Alle zur vollen Stunde seit 12 Uhr. Aber wo könnte der nächste An-schlag stattfinden?
Brain und die restlichen sieben Green Monks standen im Besprechungsraum und betrachteten eine Karte mit der Punktverbindung von Washington- Mailand- Paris.


„Hat einer eine Idee, wo das nächste Attentat verübt werden könnte?“ Lange genug hatten sie geschwiegen. Brain wollte endlich Ergebnisse.
„Ich. Sogar zwei.“ Cheroot beugte sich mit einem

Bleistift über die Karte und zeichnete grob eine Linie ein.
„Etwa so, aber ich wüsste jetzt keine bekannte Stadt, die irgendwo dort liegt. Ich denke eher, dass es so weiter-geht...“


„...Und es ist zwar weit hergeholt, aber das passt etwa auf Chicago.“
„O.k., das hört sich nicht schlecht an. Andere Vorschlä-ge? Keine? Alles klar, dann haben wir wohl unseren ers-ten Einsatzort. Ich denke, dass Inspect vor einer Stunde mit seiner Vermutung über die Buchstabenfolge Recht hatte. Zero, was könnte als nächstes mit `I` kommen?“
Auf der Liste, die Brain gereicht wurde, stand nur wenig brauchbares. Zwei Dinge fielen ihm jedoch besonders ins Auge. Zum einen das Wort `Inferno`. Ein Wolkenkratzer, der in Brand gesteckt wird, oder etwas Ähnliches. Das zweite Wort - Irrgarten - wäre ihm nie aufgefallen, wenn nicht zufällig der größte dieser Art vor Chicago angepf-lanzt gewesen wäre.
`Das Irrgarten- Inferno`, Brain konnte sich die Schlagzei-le schon vorstellen. Natürlich waren auch andere An-schlagsarten möglich, aber da die Zubchenkovs offen-sichtlich auf viel Publicity aus waren, schien ihm die Möglichkeit groß, dass die Terroristen eben dies geplant hatten. Als Kind hatte Brain das Labyrinth bereits einmal besucht und er wusste, dass der Irrgarten täglich mehrere tausend Besucher hatte, gerade an so heißen Tagen wie dem heutigen. Einige Brandbomben an den Ein- und Ausgängen des Hecken- Wirrwarrs und die Menschen, die das Ende des Labyrinths suchten, würden völlig ver-brannt ihr eigenes Ende finden.
Also der Irrgarten in Chicago. Brain schätzte die Flugzeit dorthin auf etwa 40 Minuten.
Die anderen Monks schraken auf, als er aus seinen Ge-danken erwachte und weitersprach. „Cheroot, Magnum und Acrimony, wir fliegen nach Chicago. Sofort. Inspect, besorg unserem Jet freie Flugerlaubnis in den USA und schreibe der Labyrinths- Verwaltung eine anonyme
E-Mail, dass sie von einem Anschlag bedroht sind. Sie sollen sofort die Besucher evakuieren. Zero, die nächsten Buchstaben.“
Alle hatten verstanden und machten sich an ihre Aufga-ben. Mit einem letzten „Drückt uns die Daumen.“ rannten auch Brain und sein Trupp in Richtung Aufzüge, um schnellstmöglich ihre Reise anzutreten.

Wie auch die `Tiger II` war die `Tiger I` eine Z-33T und damit einer der modernsten und schnellsten Vier- Perso-nen- Jets der Welt. Er flog mit weit mehr als Mach 2 und war eher auf Wendig- und Schnelligkeit als auf Schuss-kraft spezialisiert. Brain liebte den Vogel in dem er jetzt saß. Während sich vor ihm ein großes Hangartor zur ter-ror- verseuchten Welt öffnete, checkte er seine Systeme durch. Alles war startklar. Durch die von außen pech-schwarzen Cockpitscheiben sah er Hubcap, der an einer Wandkonsole arbeitete und die Schubwand ausfuhr. Ein letztes Mal schaute er auf seine Uhr. 14.16 Uhr. Das würde verdammt knapp werden. Dann ließ er zunächst die Turbinen und daraufhin seine Nachbrenner aufheulen - und raste in den klaren Nachmittagshimmel davon, nach einer leichten Kurve ab in Richtung Chicago.

„Brain, ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht.“ Inspect hatte sich gemeldet. Er klang hektisch und ner-vös. Es war inzwischen 14.34 Uhr.
„Die gute ist, dass ihr irre gut in der Zeit liegt. Eigentlich kann euch auch nichts passieren, weil ihr offiziell als Testflug fliegt. Wenn ihr das Tempo halten könntet, wür-det ihr schon elf Minuten vor drei beim Irrgarten an-kommen.“
„Was soll das heißen, `könntet`?“
„Tja, damit komme ich wohl zur schlechten Nachricht. Ich hab gerade den Radar der von euch aus nächsten Air Force- Militärbasis angezapft, um eure genaue Position zu ermitteln. Dabei habe ich gemerkt, dass drei Jäger ohne Flugerlaubnis genau zwischen der Basis und Chicago patrouillieren. Ich habe so das dumpfe Gefühl, dass sie Flieger der Air Force aufhalten sollen, die nach Chicago fliegen.“
„Verdammte Scheiße. Du meinst, sie gehören den Terro-risten?“
„Exakt. Das Problem ist, dass sie genau auf eurer Strecke fliegen. Die Air Force hat ihnen zwar auch schon ein Geschwader entgegen geschickt, weil die Jäger - ich schätze mal es sind Phantome - stark bewaffnet sind, aber ihr werdet wohl vor dem Geschwader bei denen sein. Und zwar genau in - warte kurz - zweieinhalb Minuten. Ihr habt zwei Möglichkeiten. Entweder ihr fliegt einen Bogen um die Terroristen- Jäger und verliert wertvolle Zeit, oder...“
„...Oder wir fliegen durch sie hindurch.“, beendete Brain Inspects Satz. „Schneller als diese Schweine müssten wir ja sein und ihre Raketen können wir abschießen, immer-hin haben wir einige der weltweit besten Schützen an Bord. Was meint ihr, Jungs? Die Feiglingsvariante - oder auf volles Risiko Mittendurch?“ Er musste die Antworten seines Teams nicht erst abwarten, um die Entscheidung zu kennen. „Also die Action- Variante...“
Ein plötzliches Rauschen trat in den Funk. Dann meldete sich eine ernste Frauenstimme.
„AFSOC-19- Staffelführer Talson an `Tiger I`. Melden sie sich. Over.“
Verdammt, dachte Brain. Air Force Special Operations Command? Wenn die Amerikanische Luftwaffe gleich ihre Elite schickte, mussten die Terroristen bis zum Hals mit Waffen eingedeckt sein.
„Wiederhole: AFSOC-19- Staffelführer Talson an `Tiger I`. Melden sie sich. Over.“
Die Dame klang schon etwas unhöflicher.
„Ich höre sie. Over.“ Brain hielt es für kluger, zu antwor-ten.
„`Tiger I`, sie befinden sich aktuell auf Crashkurs mit möglicherweise schwer bewaffneten und nicht gemelde-ten Jägern der Phantom- Klasse. Wir befinden uns etwa eine halbe Minute hinter ihnen. Drehen sie auf 10 Uhr ab, damit sie in Sicherheit sind. Over.“
Gottverdammter Bullshit! „Hören sie, Staffelführer Tal-son, wir sind hier in einer wichtigen Mission unterwegs und können auf keinen Fall unsren Kurs ändern. Außer-dem haben wir ausgereifte Abwehrsysteme. Ich wieder-hole: Wir kommen da durch!“
„`Tiger I`, spielen sie nicht mit meiner Geduld. Drehen sie ab, oder es wird Konsequenzen haben. Das ist ein Befehl...“
Brain schaltete das Funkgerät ab. Diese verdammte Hart-näckigkeit der Amerikaner. Wenn er die Situation richtig einschätzte, würde es bald keine AFSOC-19- Staffel mehr geben.
Jetzt waren es noch 20 Sekunden bis zum Aufeinandert-reffen zwischen der `Tiger I` und den Terroristen- Jägern. Das Adrenalin stieg in ihm hoch. Er ballte seine Faust um den Lenk- Joystick des Jets, bis sich seine Fingerknöchel weiß färbten.
„Dann lassen wir die Party mal steigen.“

Hätte irgendjemand im Waldstück unter den drei raben-schwarzen, senkrecht schwebenden Phantom- Jägern gestanden, wäre er Zeuge eines wahnsinnigen Schauspiels geworden.
Die Terroristen durchkreuzten einen Teil von Brains Plan, indem sie ihn früh genug orteten und auf seine Flughöhe herabsanken. Dennoch hatte er einen gigantischen Vorteil: seine Geschwindigkeit. Als seine Z-33T noch etwa fünf Kilometer von den schwarzen Killern entfernt war, feuerten diese jeweils eine RFS- Luft- Luft- Rakete mit Wärmesuchkopf ab, die jetzt in einem enormen Tempo auf Brains Team zuraste. Im letzten Moment stieß die `Tiger I` einen Schwall Infrarot- Täuschkörper zu ihren Seiten und nach unten aus, die die Raketen dazu brachten, ihnen bis zum Waldboden zu folgen und dort zu detonieren. Noch bevor die Phantome zu einer weite-ren Waffe greifen konnten, war Brain an ihnen vorbei. Erst als er weitere fünf Kilometer von ihnen entfernt war, feuerten sie erneut eine Ladung Raketen ab, diesmal sechs PPA-45, die auf die `Tiger I` ‘spezialisiert‘ waren.
„Ok Jungs, das ist euer Part. Lasst euch Zeit, die Raketen holen nur langsam auf...“
Während die zwei Maschinengewehre an den Tragflä-chen der Z-33T nur auf ein Ziel zielten, konnten die bei-den Heck- MGs` separat voneinander bedient werden. Und genau das taten Cheroot und Magnum jetzt. Sie feuerten ihre Leuchtspurgeschosse gnadenlos auf die schlanken und lästigen Verfolger ab.
„Ha! Nummer eins...“ begann Cheroot.
„Ich bin schon bei zwei.“ entgegnete Magnum.
Nacheinander explodierten die Raketen hinter ihnen in gewaltigen Fontänen aus Feuer, Funken und Rauch. Kaum merkbar schüttelte Brain seinen Kopf.
„Drei zu drei. Unentschieden. Pha.“
„Nächstes Mal mach ich dich platt...“
Kinder, Kinder, dachte er und schaute auf seinen Radar. Die Phantome waren jetzt in einen Luftkampf mit den sieben Fliegern der AFSOC verwickelt. Sehr gut. Dann bog er seinen Steuerknüppel zur Seite und flog eine Sie-gesspirale, dass sich einem der Magen umdrehte.
„Fahr rechts rann Brain, ich muss kotzen“ stöhnte Che-root.
Der Captain lachte und schaltet sein Funkgerät wieder ein.
Sofort meldete sich Inspect.
„Das ist ja noch mal gut gegangen. Ihr habt kaum Zeit verloren und solltet in etwa acht Minuten ankommen. Dafür stürzt jetzt ein Air- Force- Jäger nach dem anderen ab. Die Zubchenkovs sind echt verdammt gut organisiert.
Meinen Informationen zufolge hat die Irrgarten- Leitung das Labyrinth evakuiert und sich selbst in Sicherheit ge-bracht. Ihr könnt zu 100% frei agieren.“

Sobald die `Tiger I` auf dem Parkplatz des `Big Laby-rinth of Chicago` gelandet war, sprangen auch schon die vier schwarzen Gestalten aus ihr heraus. Ihre Gewehre L85A1 hatten sie im Jet gelassen. Mühelos kletterten sie über den Zaun der gewaltigen Anlage und rannten zu den Ein- und Ausgängen des Labyrinths, das aus zweieinhalb Meter hohen Büschen bestand.
„Wir haben jetzt noch neun Minuten, um die kleinen Feuermacher zu finden. Schaltet auf Infrarot- Sicht um, die modernen Brandbomben werden durch Säure gezün-det. Die sollten wir dann als roten Fleck erkennen. Ich schätze mal, dass hier etwa drei Bomben versteckt sind. Wenn ihr sie gefunden habt, entschärft sie. Magnum und Cheroot, ihr umrundet den Haufen Busch hier und Acri-mony und ich schlagen uns ins innere durch. Auf geht’s!“
Die Welt um Brain herum wurde grau, als er auf den kleinen Knopf an der Seite seiner Brille drückte. Wäh-rend er die rot- gelb- farbigen Kleckse, die Cheroot und Magnum darstellen mussten, nach links und rechts da-vonrennen sah, wagte er sich selbst ins Labyrinth.
„Wir sollten versuchen, die Mitte zu finden. Benutz dein GPS. Bei der ersten Abzweigung gehst du links und ich rechts. Alles klar?“
„Mach ich.“ antwortete Acrimony.

14.58 Uhr. Brain hechtete um die Ecken. Er hatte durch die Wände aus - für ihn grauen -Blättern etwas rotes auf-leuchten sehen und laut GPS passte das ungefähr auf die Mitte des Irrgartens. Jetzt rannte er schon seit einer Mi-nute um die Brandbombe herum, nach links, nach rechts, nach rechts, nach links, in der Hoffnung, einen Weg zu ihr zu finden. Magnum und Cheroot hatten bereits jeweils zwei Bomben an den vier Ecken des Labyrinths ent-schärft, Acrimony hatte noch nichts gefunden. Das hier musste die Letzte sein! Auf einmal hielt Brain inne. Vor sich sah er eine graue Buschwand und direkt darunter lag der rote Fleck.
Brain legte sich flach auf den Bauch auf den Boden und griff mit der einen Hand weit unter die Blätterwand, während er mit der anderen die Infrarot- Sicht deaktivierte. Endlich bekamen seine Finger Metall zu spüren, und er zog es zu sich heran. Es war eine V- 101- Bombe, die etwa aussah wie eine kleine, dreiseitige Pyramide. Er sah auf die Uhr. Noch 18 Sekunden, bis sie in einer gewaltigen Feuerfontäne explodieren würde.
Noch 17 Sekunden.
Brain begann, die acht Schrauben an der Unterseite der Brandbombe mit einem seiner Wurfmesser zu lösen. Bei der V- 101 befand sich der Auslöser in der Spitze. Wurde er betätigt, fiel ein Funke in das darunter liegende Säure-bad, welches sofort Feuer fing und sich enorm ausdehnte. Dadurch detonierte die Bombe und setzte alles in ihrer Umgebung in Brand.
Noch 9 Sekunden.
Er hob den Deckel ab und hatte nun die Säurewanne mit dem Auslöser darüber vor sich. Und jetzt?
7 Sekunden.
Brain zögerte kurz, so eine Bombe hatte er noch nie ent-schärft.
6 Sekunden.
Dann riss er einfach den Auslöser ab...
5 Sekunden.
...und kippte die Säure um.
Ein einzelner Schweißtropfen löste sich von seiner Stirn und fiel in die langsam versickernde Säure, wo er sofort verdampfte.
4 Sekunden.
Als letztes nahm Brain den Auslöser und schleuderte ihn von sich.
Noch während er in der Luft war, zeigte Brains Stunden-zeiger exakt auf die 15 Uhr. Ein einzelner Funke löste sich aus der kleinen, fliegenden Apparatur und schwebte langsam auf den Irrgarten nieder, wo er in ein einziges Blatt ein winziges, schwarzes Loch brannte.

„Brennt irgend jemand?“ fragte der Captain der Green Monks scherzhalber und voller Erleichterung.
„Sorry, Magnum leider nicht und ich erst recht nicht. Treffen wir uns beim Jet?“
„Wir finden schon zu euch, Cheroot. Das GPS hat unse-ren Weg durchs Labyrinth ja aufgezeichnet, nicht wahr, Acrimony?“
„Jo.“ Fast wie Stabwound, der Junge, dachte Brain.
„Ihr könnt ja schon mal die Triebwerke anlassen...“

Um 15.05 saßen die vier Monks wieder in ihrer senkrecht startenden Z-33T und sprachen über Funk mit Inspect.
„Das fängt ja gut an. Unser erster Einsatz ist erfolgreich verlaufen. Habt ihr da unten irgendeine Ahnung, wo der nächste Anschlag stattfinden könnte?“
„Tja, Brain, was das angeht, sind wir uns alle uneinig. Die Hälfte denkt, dass es wieder in Washington starten könnte und die Anschläge immer im Viereck verlaufen. Die andere Hälfte meint, dass irgendwo auf dieser Welt ein neues - ich nenn es jetzt mal `Dark Quattro` - entste-hen könnte, haben aber keine Ahnung, wo.“
„Wenn das so ist, sollten wir es mit Washington versu-chen. Da haben wir immerhin eine fünfzigprozentige Trefferquote. Wie sieht’s mit der Anschlagsart aus? Mit `J`, wenn ich mich recht erinnere.“
„Da gibt es mehrere Möglichkeiten. Was auf Washington passen würde, wäre ein Anschlag auf die Besucher der Jake Beàrd- Fantage - du weißt schon, dieser Kino- Acti-onheld - die heute und morgen stattfinden, oder ein Angriff auf die Jacht `Agrenia` im Washingtoner Luxus-hafen, auf der heute eine Promi- Party steigt, die live im Fernsehen übertragen wird. Was die Art des Anschlags betrifft, haben wir zuerst an einen Jagdbomber gedacht. Aber nach dem 11. September 2001 wird es wohl sogar für die Zubchenkovs unmöglich sein, in den Luftraum über Washington zu gelangen, schon gar nicht bewaffnet. Deshalb denken wir eher an einen Junk-4- Sprengsatz. Der könnte so gut wie problemlos in der Jacht oder in der JB- Halle angebracht werden und alles in die Luft jagen.“
„Atme erstmal tief durch, Kollege.“ Sagte Brain, der sich Inspects vor Begeisterung glühende Augen genau vor-stellen konnte. „Pass auf. Wir fliegen jetzt direkt nach Washington und nehmen uns die Jacht vor. Sag Zap, Ze-ro und Hubcap, dass sie die James Bond- Feier nach dem Sprengsatz durchsuchen sollen. Und du schickst wieder Warnungs- Mails an die Veranstalter raus.“
„Geht klar, Brain. Du solltest…“ Inspect kam nicht dazu, seinen Satz zu beenden, da sich Zero plötzlich hektisch in den Funk einschaltete.
„Leute, wir haben ein Problem. Wir sind jetzt be-rühmt…!“

Um Punkt 15.12 Uhr reagierte der erste Nachrichtensen-der auf die Mail der Chicago- Irrgarten- Verwaltung. Die Aufnahmen der Überwachungskameras des Labyrinths wurden ausgestrahlt. Zunächst sah man den Parkplatz der Anlage, auf dem die schwarz- grüne `Tiger I` senkrecht landete, woraufhin vier - bis auf den Kopf völlig schwarz gekleidete Männer mit grünen Brillen heraussprangen und den Zaun des Irrgartens bestiegen. Danach teilten sie sich auf und nacheinander wurden vier Filme von weiter entfernten Kameras gezeigt, auf denen einzelne der schwarz- grünen Gestalten auf dem Boden knieten und an etwas arbeiteten. Zuletzt wurde eine Nahaufnahme einer Überwachungskamera in der Mitte des Labyrinths eingeblendet, die einen Mann zeigte, der etwas unter dem Gebüsch hervorzog und es in seine Einzelteile zerlegte. Während die Szenen im Hintergrund ein weiteres Mal abliefen, kam eine Nachrichtensprecherin ins Bild und begann die Aufnahmen in einem sachlichen, jedoch ein wenig gespannten Tonfall zu erklären.
„Diese Videoaufnahmen wurden uns vor wenigen Minu-ten von einem Mitarbeiter des `Big Labyrinth of Chicago` zugesendet, der sich mutigerweise trotz anonymer Warn- E-Mail im Überwachungsraum des Irrgartens aufgehalten hatte, als diese merkwürdigen Personen auftauchten, die offensichtlich einer Spezialeinheit angehörten. Die Männer entschärften offenbar fünf Brandbomben, die unsere Experten der Art `V- 101` zuordneten. Diese Bomben sind für jeden, der sich in diesem Gebiet auskennt, leicht zu besorgen. Allem Anschein nach hatte das alles mit den stündlichen Anschlägen in Washington, Mailand und Paris zu tun, da es fast ein Parallelogramm ergibt, wenn man die vier Großstädte miteinander ver-bindet. Weiterhin versteht niemand, in welchem Zusam-menhang die Anschläge ausgeübt wurden, wenigstens konnte nun einer verhindert werden, der laut Experten wohl das ganze Labyrinth in Brand gesteckt hätte. Nun fragen wir uns: Wer sind diese heldenhaften, schwarz- grünen Spezialisten? Wir sind dran, aber es scheint, als passe ihr Outfit auf keinen bekannten Eliteverband dieser Welt. Die nächste Frage, die sich uns natürlich stellt, ist: wo geht die nächste Bombe hoch? Auch darüber haben wir uns natürlich bereits Gedanken gemacht. Zum einen könnte…“
Brain hätte sich Ohrfeigen können, als Inspect - Zero und die anderen waren bereits auf dem Weg nach Washington - ihm die Szene im Fernseher beschrieb. Jetzt war ihre äußerliche Identität aufgeflogen, wegen einigen läppi-schen Überwachungskameras, die sie so einfach hatten ausschalten können. Na gut, dachte er, so weiß die Menschheit immerhin, wem sie den Weg frei machen muss, damit diese sie retten können. Die schwarz geklei-deten mit den grün- verspiegelten Brillen waren jetzt Helden und würden als `gut` anerkannt werden. Die Pub-licity hatte allerdings auch eine große negative Seite, denn auch die Zubchenkovs wussten nun, mit wem sie es zu tun hatten und wie ihre wohl größten Feinde aussahen, also auf wen sie aufpassen mussten. Verdammte Über-wachungskameras! Aber jetzt war es zu spät und die Green Monks mussten das Beste daraus machen.
Inspect, Brain und seine Truppe hatten sich darüber ab-gesprochen, wie sie bei der Jacht vorgehen würden. Beim Gedanken daran zog der ehemalige SEAL die Mundwin-kel nach oben. Auch wenn er sich nicht sicher war, ob sich wirklich ein Sprengsatz in der `Agrenia` befand, freute er sich auf die Aufgabe, die er alleine ausführen würde. Das lag weniger daran, dass er der Captain war, sondern daran, dass die anderen nicht halb so gute Tau-cher waren wie er.


Highway

Zwischen Kentucky und Washington DC
14. März 2009
15.23 Uhr

Hubcap, Zero und Zap rasten in ihren zwei Wägen mit Highspeed über den Highway. 310 Km/h zeigten die di-gitalen Tachos an. Den unterirdischen Weg aus dem Hauptquartier heraus hatten sie mit ihren Aston Martin DB9 schnell hinter sich gelassen. Etwa um 15.45 Uhr würden sie bei der Jake Beàrd- Fanfeier ankommen. Hubcap und Zero fuhren im vorderen Auto, Zap in dem dicht dahinter. Allein aufgrund dieses Wagens hatte sich das Aufgeben seines alten Marine- Lebens gelohnt, dach-te er. Der gesamte Innenraum war - bis auf die Anzeigen und einige andere Gegenstände, die grün beleuchtet war-en - schwarz. Von den Rennsitzen bis zum Funkgerät. Die von außen dunkelgrün- verspiegelten Fensterscheiben ließen die Umwelt dunkler erscheinen und der getunte Sportwagen selbst war bis auf zwei grüne Flammen- Vinyls an den Seiten völlig Metallic- schwarz lackiert. Zap hörte Zeros Stimme über das Funkgerät.
„Inspect, kannst du es irgendwie schaffen, dass alle Zivi-listen - und auch Polizisten - unseren Wägen den Weg frei machen? Noch sind die Straßen ruhig, aber je näher wir Washington kommen, desto dichter wird der Ver-kehr.“ Inspect Antwort ließ nicht lange auf sich warten.
„Mach ich, Zero. Ich fälsch einfach ein paar E-Mails von einigen Einflussreichen Personen und schick sie an die Radiosender. Wollt ihr versuchen, einen Weltrekord im Rasen aufzustellen, der vom Staat unterstützt wird, oder würdet ihr lieber gerne Undercover- Streifen auf einer Highspeed- Verfolgung sein?“ fügte der Hacker lachend hinzu.
„Ich denke, das mit der Verfolgung klingt glaubwürdi-ger.“
„Also gut. In vier Minuten werden alle Rechts ran fahren, die euch auch nur im Rückspiegel sehen. Übrigens, die Bombenwarnung in der Veranstaltungshalle wurde nicht ernst genommen. Wenn ihr also nicht vorsichtig seid, sind eure Aston Martins innerhalb von Sekunden von verrückten Jake Beàrd- Fans umringt. Parkt sie am besten im kleinen Wäldchen hinter der Halle und versucht, über das Dach einzudringen. Aber seid vorsichtig. Überall um das Gebäude patrouillieren Secruritys’, die auf die wert-vollen JB- Filmrequisiten darin aufpassen. Und drinnen sind bestimmt auch noch einige Handlanger der Zub-chenkovs, die auf euch warten, sollte sich wirklich ein Sprengsatz in der Halle befinden.“
Brain schaltete sich ein. „Und wenn wirklich einer da rum rennt, nehmt ihn verdammt noch mal gefangen! Er - oder Sie könnte wichtige Informationen für uns haben. Im besten Fall könnten wir sogar erfahren, wo sich die Tochter des Präsidenten befindet.“
„Versteht sich doch, Brain.“ Erwiderte Zero.
„Ach, und Brain: Für dich gilt das Gleiche wie bei Zero, Zap und Hubcap. Auch die Promis auf der Jacht ignorie-ren meine E-Mail. Pass auf, dass dich niemand sieht und du nicht aus versehen eine Berühmtheit verletzt. Grüß die Fische von mir.“ Fügte Inspect seiner Warnung hinzu. Auch die `Tiger I` würde etwa um 15.45 Uhr über ihrem Ziel ankommen. In den Luftraum über Washington zu gelangen, ohne als Feuerball zu enden sollte für sie kein Problem werden, immerhin war sie ja offiziell ein unbe-waffneter Testflug…

Es war 15.43 Uhr als Zero und sein kleiner Trupp im kleinen Wäldchen hinter der Veranstaltungshalle, die am südlichen Stadtrand von Washington lag erreichten. Die drei Männer versteckten ihre Wägen so nah wie möglich an der Halle, um im Notfall eine schnelle Rückzugsmög-lichkeit zu haben. Ohne lange zu zögern öffneten sie die Kofferräume und Hubcap nahm sich eine leichte und gerade mal 50 Zentimeter lange P90, Zero und Zap schulterten längere und schwerere L85A1. Nachdem Zap seiner Waffe den Scharfschützenaufsatz aufgesetzt und alle einen Schalldämpfer aufgeschraubt hatten, machten sie sich auf den Weg zum Waldrand. Dort angekommen suchten sie den einfachsten Weg auf das Dach der 30 Meter entfernten Halle, in dem das JB- Fanfest in vollem Gange war. Hubcap sah es als erster.
„Dort drüben schräg rechts ist eine Leiter zum Dach.“ die Halle war ein älteres, zweistöckiges Gebäude mit einem Flachdach. Die Feier war im Erdgeschoss, durch die In-frarot- Sicht konnten die Elitekämpfer erkennen, dass richtig viel los war und dass sich im Ersten Stock fünf Personen befanden.
Soweit vorbereitet wollten Zero, Zap und Hubcap gerade zur Leiter rennen, als Zap die anderen plötzlich zurück-hielt. Seine Ohren hatten ein Geräusch von sich nähern-den Schritten vernommen. Und tatsächlich kam nur eine Sekunde später ein Mann um die Ecke der Veranstal-tungshalle. Er trug Jeans, eine braune Lederjacke, einen schwarzen Vollbart - und ein modernes G36K- Maschi-nengewehr. Es war eindeutig ein Terrorist.
„Sieht so aus, als wären wir hier Richtig…“ sagte Zero.
„Ha, du schuldest mir einmal Küchendienst in der Basis!“ lachte Hubcap. Das einzige, was Zap dem entge-genbrachte war ein leises „Mist.“, denn er hatte darauf gesetzt, dass der nächste Anschlag auf keinen Fall wieder in Washington stattfinden würde.
Dafür war der bewaffnete Terrorist von ihm per Scharf-schützengewehr binnen Sekunden betäubt und an den Waldrand geschafft. Später wollten sie ihn als Informati-onsquelle mitnehmen, falls die Zeit dafür wäre. Jetzt rannten die drei Soldaten jedoch schnell und leise zur Leiter und stiegen aufs Dach. Nicht weit von ihnen ent-fernt war eine Dachluke in den flachen Boden eingelas-sen. Schnell war sie trotz Sicherheitsschloss geöffnet, dann stiegen sie hinunter in die erste Etage. Alles lag nun daran, die Bombe zu finden, die hier irgendwo versteckt sein musste.

Einige Kilometer weiter Richtung Osten betrat die `Tiger I` den Luftraum über Washington - verhältnismäßig lang-sam und tief fliegend, denn Brain sollte 150 Meter vor der Luxusjacht abspringen. Die Prominenten auf dem Schiff sahen nur kurz zu dem schwarzen Jet auf, als die-ser dicht über ihren Köpfen hinweg flog. Doch da nichts ungewöhnliches passierte, wendeten sie sich wieder ihren Gesprächspartnern und dem Buffet zu und einige Minu-ten später war der Vorfall wieder vergessen. Niemand hatte die kleine, schwarze Gestalt gesehen, die aus einer Klappe im Heck des Fliegers hinaus in das dreckige Wasser des Hafenbeckens, das extra für Luxusschiffe die nie auf das Meer ausfahren sollten, sondern für Partys gedacht waren, angelegt wurde, eintauchte.
Als Brain absprang, schlug ihm sofort der Flugwind hart ins Gesicht. Doch er war ein SEAL gewesen und hatte solche Sprünge schon etliche Male mitgemacht. Mit an-gespanntem Gesicht, auf dem nun eine maßgeschneiderte Taucherbrille über der grünen Spezialbrille saß, flog er die knapp 200 Meter tief in das algenverkrustete Hafen-becken. Die perfekte gerade Haltung beim Eindringen ins Wasser zeigte Wirkung: es entstand so gut wie keine Fontäne und Brain hatte nach dem Aufprall keine Schmerzen zu beklagen. Unter Wasser zog er sofort seine Beine nach oben, was ein Salto unter Wasser verursachte und ihn dicht unter der Wasseroberfläche zum Stillstand brachte. Seine Brille hatte auf das verdreckte Wasser sofort reagiert, indem sie auf Nachtsicht umschaltete. Jetzt konnte Brain den Bug der `Agrenia` ausmachen und tauchte in schnellen Zügen auf sie zu. Erst 50 Meter vor der Jacht kam er kurz zur Wasseroberfläche um sich Luft und einen Überblick zu verschaffen. Das Schiff war neu, etwa 70 Meter lang, momentan stark beleuchtet und die Stimmung an Bord war mehr als ausgelassen. Wenn die wüssten, dachte Brain. Er tauchte wieder unter, um direkt hinter der Luxusjacht wieder aufzutauchen und noch einmal tief Luft zu holen. Seit 2004 bekamen alle neuen amerikanischen Schiffe eine Unterwasserluke eingebaut, damit die Passagiere im Notfall unter dem Schiff hinwegtauchen konnten. Diese Luke war das eine, was Brain jetzt suchte. Von der Existenz der zweiten Sache wusste so gut wie niemand bescheid, nicht einmal die Besitzer der Schiffe. Brain suchte einen winzigen Schalter, der sich irgendwo in der Nähe der Taucherluke befinden musste. Wenn man ihn betätigte, wurde die von innen verriegelte Luke abgesprengt und der Weg in den Innenraum der Jacht war frei. Als Ex- SEAL kannte Brain den Knopf natürlich, immerhin war er für den Fall einer Schiffsentführung und die Anwendung durch Spezialeinheiten eingebaut worden. Die Luke fand er extrem schnell und kurz bevor er dachte, ihm würde die Luft ausgehen, spürten seine Finger den perfekt getarnten Knopf und betätigten ihn. Mit einem vom Wasser enorm gedämpften Knall und in einem Schwall von Luftblasen löste sich der Lukenverschluss und landete sanft auf dem Boden des Hafenbeckens, wo eine große Menge Dreck aufgewirbelt wurde.
Leichtfüßig stieg Brain durch die Taucherluke ins Innere des Schiffes, sein Spinnenwebenfaser- Anzug hatte keine Feuchtigkeit an seinen Körper gelassen. Schnell schloss er den inneren Lukenverschluss, der praktischerweise wohl offen gestanden hatte und deshalb nicht mit hinaus-geschleudert geworden war. Er sah auf die Uhr. 15.53. Dann setzte er seine Taucherbrille ab und zog eine Desert Eagle mit Schalldämpfer aus der ebenfalls Wasserfesten Schutzweste hervor und öffnete die einzige Drucktür des engen Raumes. „Showtime.“ murmelte er.

Hubcap, Zap und Zero wollten sich aufteilen, denn die Zeit war knapp. Vom Dach aus waren sie in einem Ab-stellraum herausgekommen, dessen Tür zu einem großen Flur geführt hatte. Auch dort wartete ein Wachposten der Terroristen, der völlig überrascht sofort mit einer Schall-dämpferbesetzten Vollautomatik- Pistole zu schießen begann. Die perfekt ausgebildeten Elitekämpfer gingen schnell wieder in ihrem kleinen Raum in Deckung, wäh-rend Kugeln in die nach außen geöffnete Tür einschlu-gen. Dann stoppte das Dauerfeuer abrupt, der Terrorist hatte keine Munition mehr. Im Normalfall wäre Zap her-vorgesprungen und hätte den Kerl ausgeschaltet, doch hier hatten sie es mit Profis zu tun, die vermutlich bereits eine Zweitwaffe in der Hand hielten. Statt also den Be-fehl zum stürmen zu geben, bildete Zero mit Daumen und Zeigefinger ein `O` und zeigte dann auf seine Brille. Die beiden anderen Green Monks hatten sofort verstanden und ordneten sich dementsprechend an. Keine drei Sekunden später flog eine von Zeros` Rauchgranaten in den Flur und begann, diesen einzunebeln. Schnell war die Infrarotsicht- Funktion der grünen Brillen aktiviert und der Terrorist erkennbar, der jetzt völlig verwirrt auf dem Boden lag und mit einer Pistole in den Nebel hineinzielte. Er würde beim kleinsten Geräusch schießen - wahr-scheinlich hatte er schon Unterstützung angefordert und versuchte nun nur noch, die Stellung zu halten. Armes Schwein, dachte Zero, dann hob er die Hand und bildete in der Luft eine Faust. Sofort stand Zap nach einer fixen, leisen Bewegung im Türrahmen, legte sein Gewehr an und zielte auf den roten Bereich im vielfarbigen Fleck, den er als den Terroristen identifizierte. Dieser war sofort tot, nachdem die Kugel wie aus dem Nichts aus dem Ne-bel aufgetaucht war und in seinen Kopf eindrang. Nun hatten sie wirklich genug Zeit verloren. Sie trennten sich und durchsuchten die Räume. Natürlich konnte es sein, dass sich die Junk-4- Bombe im voll mit Menschen be-setzten Erdgeschoss befand. Sollte die Bombe bis 15.58 Uhr deshalb noch nicht aufgetaucht sein, müssten we-nigstens die Leute gerettet werden. Wie die drei Green Monks beschlossen, sollte dann ein Feueralarm ausgelöst werden, um die Jake Beàrd- Freaks durch eine Panik aus der Halle zu bekommen.
Hubcap hastete aus einem kleinen Büro, um gleich darauf in den nächsten Raum einzubiegen. Doch die Tür war verschlossen. Bevor er sie aufstoßen wollte, aktivierte er noch einmal seine Infrarot- Sicht. Sofort stockte er. In dem Raum saß, in eine Ecke gekauert ein Mann mit et-was, das aussah wie ein Auslöser in der Hand. Für die Junk-4- Bombe? Nein, alle Anschläge wurden wohl aus weiter Entfernung direkt von den Zubchenkovs ausge-führt. Aber für was war der Auslöser dann gedacht? Die Antwort auf diese Frage fand Hubcap direkt vor ihm, an der anderen Seite der Alu- Tür. Eine Splittergranate. So-bald er die Tür öffnen würde, wäre er durchlöchert von tausend winzigen Metallsplittern. Ein direktes Eindringen war also unmöglich, und den Terroristen durch die Tür zu eliminieren auch, da diese aus Metall war. Aber Hubcap musste in den Raum, womöglich befand sich darin auch die Bombe, wenn er schon so gut bewacht wurde. Der junge Elitekämpfer hatte innerhalb von wenigen Se-kunden einen ziemlich riskanten Plan ausgeheckt. Blitz-schnell trat er die Tür auf - dank seiner Stahlkappenschu-he ohne Schmerzen - und sprang zur Seite. Noch im Flug hörte er die Granate detonieren, und eine tödliche Ladung Metallsplitter flog in alle Richtungen. Hubcap war eine Millisekunde zu langsam gewesen, also befand sich sein eines, halbes Bein noch im Türrahmen und bekam eine volle Ladung der winzigen Geschosse ab. Mit vor Schmerz verzogenem Gesicht landete er hart auf dem Boden und fasste sich sofort an das Bein. Der Fuß hatte dank der Stahlkappen nichts abbekommen und seine Spinnenfäden- durchzogene Hose hatte keinen Splitter durchgelassen - verdammt tief eingedellt und zum bluten gebracht hatten die Metallsplitter seine Wade trotzdem. Und es tat höllisch weh. Dennoch rappelte er sich wieder auf und zückte seine P90. „Dafür wirst du bezahlen, Ar-schloch!“ murmelte er, rückte seine Brille zu recht und schaute per Infrarot durch die Wand. Der rot- gelbe Fleck, der den Terroristen darstellte, lag jetzt wohl mit gezückter Maschinenpistole hinter einem umgekippten Metalltisch - der wohl auch die Splitter der Granate abge-fangen hatte - auf der Lauer und wartete auf ihn. Einen kurzen Blick ins innere des Raumes später wusste Hub-cap, was er zu tun hatte. Er nahm eine Splittergranate, zog den Stift nicht und warf den Blindgänger so im per-fekten Winkel gegen die Seitenwand des Zimmers, dass sie direkt neben dem Terroristen hinter dem Tisch zum stillstand kam. Vor Schock sprang dieser sofort vor den Tisch und legte sich flach auf den Boden. Damit wäre er der möglichen Explosion der Granate entgangen - den zwei gezielten Schüssen aus der P90 Hubcaps’, der jetzt im Türrahmen stand, entkam er jedoch nicht. Der Elite-kämpfer biss die Zähne zusammen, humpelte durch den Raum und nahm seine Granate wieder auf, dann machte er sich an die Durchsuchung des Raumes.
Ein Stockwerk tiefer war Panik ausgebrochen, als die Granate über der großen Halle detoniert war. Einige standen nur geschockt zwischen den ausgestellten Jake Beàrd- Waffen, Autos und anderen Requisiten und starr-ten zur Decke. Andere, vor allem Familien, versuchten so schnell wie möglich aus dem Gebäude zu gelangen. Überall schrieen Kinder, Securitys versuchten, die Men-schenmasse zu beruhigen und zu den Notausgängen zu leiten. Es war inzwischen 15.58 Uhr. Als jetzt auch noch der Feueralarm losging und von oben Schüsse ertönten, hielt es niemanden mehr in der Halle, alles drängte zu den Ausgängen. Auch die Green Monks über ihnen waren schon wieder dabei, auf das Dach zu steigen und zu ihren Wagen zurück zu kehren. Unten angekommen, nahmen sie den zuvor betäubten Terroristen mit zu den Aston Martins’. Wenigstens ein kleiner Sieg, auch wenn sie die Bombe nicht gefunden hatten. Jetzt konnten sie nur noch hoffen, dass alle Menschen sicher aus der Halle gekommen waren.
Punkt 16 Uhr ging die Junk-4- Bombe hoch, die in einen der JB- Wägen eingebaut worden war. Ein einzelner jun-ger Security- Mann lotste gerade die letzten Personen aus der Halle und wollte nun nach der Herkunft der Schüsse suchen, als ihm die Flammen ins Gesicht schlugen. Alle Scheiben zersplitterten und das gesamte Gebäude ging in lodernden Flammen auf. Die Leute vor der Halle warfen sich auf den Boden und schützten ihre Kinder mit ihren Körpern vor den brennenden Teilen, die in alle Richtun-gen geschleudert wurden. Genau wie den ganzen Aus-stellungsstücken und dem armen Security- Mann im in-neren des Gebäudes wäre es den ganzen Menschen er-gangen, wären sie nicht gewarnt worden. Jetzt kamen sie mit einigen Schnitt- und Brandwunden und einem gewal-tigen Schock davon.

Fünf Minuten früher, am Jachthafen Washingtons war Brain damit beschäftigt, sich zum Maschinenraum der Luxusjacht durchzuschlagen, denn dort hatte er per Infra-rotsicht einige bewaffneten Gestalten ausgemacht. Auf seinem Weg hatte er bereits zwei Terroristen ausgeschal-tet. Es war kein Problem gewesen, da er sie von hinten überrascht hatte. Natürlich hatten auch sie nicht damit gerechnet, dass er von unten angreifen würde. Jetzt trennte ihn nur noch eine Tür - die einzige Tür - vom Maschinenraum, und er wusste, dass alle Gewehre der etwa vier Terroristen auf diese gerichtet waren. Schnell bracht er eine Sprengladung an die Metalltür an und wich in den nächsten Raum zurück - und hatte plötzlich den Hauptschaltkasten vor sich. Das war sehr gut. Der Schalter für die Beleuchtung im Maschinenraum war schnell umgelegt und durch seinen Infrarot- Modus konnte Brain beobachten, wie die Bösen Jungs überrascht ihre Nachtsichtgeräte aktivierten. Dann drückte Brain den Auslöser für den Sprengsatz an der Tür und schnellte rasch vor, um eine Blendgranate in die Mitte des nun stockfinsteren Raumes zu schleudern. Die Terroristen feuerten kurz auf den Arm Brains’ dann gingen sie vor der vermeintlichen Splittergranate in Deckung, taten aber das, was alle in ihrer Situation gemacht hätten - sie sahen hin. Eine Blendgranate an sich blendete einen Menschen nur für etwa sieben Sekunden. Eine Blendgranate, die man durch ein Nachtsichtgerät detonieren sah, das jegliches Licht um ein vielfaches heller machte, konnte einen für immer erblinden lassen. Und so geschah es mit den Terroristen, die sich sofort zu Boden warfen und sich schreiend an die Augen fassten. Brain kam erst aus seiner Deckung hervor, als er das Jammern hörte. Er schaltete das Licht wieder ein und durchsuchte den Raum jetzt nach der Bombe. Sie war nicht schwer zu finden, den sie lag direkt am Ende des Schiffes auf dem Boden. Das schreien der Terroristen ignorierend beugte sich Brain über die Junk-4- Bombe und begann, den Deckel abzuschrauben. Es war eine einfache Bombe - wenn auch mit einer zerstörerischen Wirkung. Eigentlich musste Brain nur das Innere der Bombe nach dem Fernzünder durchsuchen und ihn herausreißen, doch als er den Deckel der etwa 40 auf 30 Zentimeter großen Junk-4 entfernt hatte, geriet er ins stutzen. Zwar lag der Fernzünder direkt vor ihm auf Plastiksprengstoff und Kabeln, doch er hatte einen merkwürdigen Zusatzanbau. Verdammt, dachte Brain, nur noch eineinhalb Minuten um herauszufinden, wofür das Extrateil ist und um die Bombe zu entschärfen. Das würde wieder verdammt eng werden. Schnell überprüfte er die Verbindungen vom Extrateil zu den restlichen Bestandteilen der Bombe - und kam auf ein schockierendes Ergebnis: sobald er den Fernzünder entfernen würde, müsste er seine Finger auf das kleine, sensorbesetzte Extrateil legen um als Leiter zu dienen - sollte er loslassen, würde die Bombe detonieren. Eine Minute um einen Umweg zu finden, oder… Brain zog einen Handschuh aus, fasste das Sensorteil mit Daumen und Zeigefinger und riss mit der anderen Hand den Fernzünder heraus. Jetzt hatte er länger Zeit, um die Jung-4 auf einem anderen Weg zu entschärfen - allerdings nur mit einer Hand.
16.01 Uhr. Brain fluchte leise vor sich hin. Irgendwie musste sich diese Bombe doch entschärfen lassen, doch überall waren Kabel mit allem perfekt verbunden, sodass beim trennen auch nur eines einzige Kabels alles hoch-ging. Plötzlich schrak er hoch. Etwas war anders als noch vor einer Minute. Leise klang von der Promiparty auf Deck Musik durch die dicke Metalldecke, doch ansons-ten…
„Herrgott noch mal, ich dreh hier noch durch!“ sagte Brain und beugte sich wieder über die Junk-4. Keine Se-kunde zu spät, denn gleich darauf zischte eine Salve Ge-wehrkugeln über ihn hinweg. Im letzten Moment wieder-stand er dem Reflex, zur Seite zu hechten, denn dass hätte bedeutet, seine Finger vom Sensor der Bombe zu lösen und sie zum detonieren zu bringen. Stattdessen presste er sich flach auf den Boden neben der Bombe und wartete das Ende des Beschusses ab. Das war ihm vorhin aufgefallen! Die Terroristen hatten aufgehört zu jammern und dann offenbar auf ein Geräusch Brains’ gewartet, das den inzwischen blinden Männern seine Position verriet. Als der Kugelhagel endlich endete, robbte er so leise es ging etwas nach links, wo er hinter einer großen Maschine in Deckung ging. Die schwere Bombe zog er - nach wie vor mit den Fingern am Sensor - hinter sich her. Dann holte er mit seiner freien Hand einen seiner Schalldämpfer aus der Schutzweste hervor und warf ihn quer durch den großen Raum. Die vier blinden Terroristen hatten sich in dessen Mitte versammelt und warteten nun auf ein weiteres Geräusch des Mistkerls, der sie geblendet hatte, denn sie hatten während ihres vorigen Beschusses keinen Schmerzensschrei gehört. Als der leichte Schalldämpfer kurz über den Boden rutschte, erzeugte er ein leises Geräusch, das sich nach einer ungewollten Metall- auf- Metall- Berührung anhörte. Während die Terroristen ihr Feuer auf die Wand Brain gegenüber richteten, zog dieser seine Desert Eagle und zielte auf die ständig blinzelnden Männer. Er mochte es nie gern, zu töten, auch wenn es keine anderen Möglichkeiten gab. `Aber besser die als ich` dachte Brain, während er den Brustkorb des ersten Terroristen anvisierte. Auch mit nur einer Hand war das ruhige Zielen mit der relativ schweren Waffe für ihn kein Problem - dennoch stockte er. Die Kerle trugen schwere Schutzwesten unter ihren Lederjacken. Dagegen waren Brains Hohlspitzgeschosse machtlos. Gegen ungepanzerte Ziele hatten sie eine weitaus verheerendere Wirkung als normale Munition, doch bei Panzerungen zeigten sie kaum Wirkung. Also in den Kopf… Brain hatte das ei-gentlich nicht tun wollen, denn das würde wirklich eine Sauerei geben. Aber er hatte keine andere Wahl, darum richtete er seine Desert ein wenig auf und betätigte den Abzug. In einer Blutfontäne wurde der erste Terrorist schräg nach hinten geworfen und bevor die restlichen Männer erschrocken den Ursprung des durch den Schall-dämpfer extrem leisen Schusses suchen konnten, klaffte auch schon ein großes Loch in der Stirn des zweiten Ter-roristen. Die anderen beiden warfen sich zu Boden und feuerten wild in alle Richtungen. In seiner Deckung dachte Brain darüber nach, die zwei zu überwältigen und sie über das Versteck der Zubchenkovs auszuquetschen. Allerdings waren das Profis, so leicht würde das hier ohne gewisse Spritzen nicht gehen. Plötzlich meldete sich Cheroot über Funk.
„Brain, alles klar bei dir? Wir haben keine Explosion gehört… sollen wir dich bald wieder einsammeln?“ So leise es ging versuchte Brain zu antworten.
„Gebt mir noch ein paar Minuten. Ich hab zwei Finger auf der Junk-4, und sobald ich loslasse, fliegt hier alles in die Luft. Außerdem sind noch zwei wild um sich ballern-de böse Jungs vor mir. Soll ich sie zum Verhör mitbrin-gen?“
„Negativ. Zero und sein Trupp haben gerade gemeldet, dass sie bereits mit einem Terroristen unterwegs zur Basis sind. Sie haben zwar nicht das Gebäude, aber immerhin die Menschen vor der Bombe retten können.“ Brain stutzte kurz. Eine zweite Bombe? Das wurde ja immer besser. Offenbar wollten Boris und Sergej Zubchenkov auf Nummer sicher gehen.
„Ok, ich melde mich, sobald ihr mich abholen könnt.“
„Geht klar. Beeil dich.“
Der Beschuss hatte aufgehört, anscheinend war den bei-den Schützen die Munition ausgegangen. Brain spähte um die Ecke. Völlig orientierungslos standen sie im gro-ßen Raum, ihre Gewehre zu ihren Füßen und die Hände in die Höhe. Sie hatten aufgegeben. Der Green Monk- Captain atmete erleichtert auf und ergriff die Gelegen-heit.
„Weiß einer von euch, wie man die Bombe hier entschär-fen kann? Ich bitte um richtige Antworten, ansonsten seid ihr genauso tot wie ich.“ Rief er zu ihnen herüber. Der eine Mann rief ihm etwas auf Russisch zu, der andere lachte gehässig.
„Alles klar, wie ihr wollt. Dann versuche ich es eben selbst. Soll ich einfach den fetten Strang Kabel hier durchschneiden?“ Diesmal ergriff der andere Terrorist das Wort.
„Uns ist egal ob wir sterben, solange du und die anderen neureichen Arschlöcher mit uns draufgehen!“ Der starke russische Akzent war unüberhörbar - die Kugel, die kurz darauf an seinem Ohr vorbeischoss auch. Brain beobach-tete, wie der Mann kreidebleich wurde.
„Ihr könntet lange vor mir sterben, wenn ihr es so wollt!“ Der eine Terrorist beleidigte ihn weiter auf Russisch, der andere brachte kein Wort mehr hervor. `Genug jetzt, kümmere dich um deine Aufgabe` mahnte sich Brain. Als er noch einmal das Kabelgewirr nach einem Fehler, von dem er profitieren könnte, durchsuchte, bekam er freie Sicht auf den einige Kilo schweren Plastiksprengstoff- Quader. Plötzlich kam ihm eine Idee. Er zückte sein Kampfmesser und begann, große Stücke der harten, kleb-rigen Masse herauszureißen. Er musste nur darauf achten, die ganzen Kabel, die darin steckten, nicht voneinander zu trennen. Zwei Minuten später lag neben ihm ein großer Haufen des herausgeschnittenen Plastiksprengstoffs. In seiner einen Hand hielt Brain den Sensor fest, in der anderen einen nur noch etwa kinderfaustgroßen Ballen Plastiksprengstoff, in dem alle möglichen Kabel steckten. Jetzt zog er die nunmehr viel leichtere Junk-4 bis zu dem fluchenden Terroristen und ergriff mit seiner freien Hand die des Mannes, der nun dachte, Brain würde ihm Hand-schellen anlegen. Stattdessen öffnete Brain die geballte Faust mit einem kräftigen Händedruck und ließ sie über dem Sensor wieder zusammenschnappen. Verwundert über das Objekt in seiner Hand - Brain hatte seine jetzt vom Sensor entfernt - hörte der Terrorist kurz auf zu flu-chen. Brain beugte sich näher zu ihm vor.
„Ich würde dir empfehlen, nicht loszulassen, sonst segnet ihr - nur ihr - das Zeitliche!“ Der andere Russe sagte im-mer noch kein Wort. Beruhigt über das funktionieren seines Planes machte Brain sich auf den Rückweg und funkte die `Tiger I` an. Unterwegs vernahm er hinter sich die streitenden Stimmen der Terroristen. Offenbar wollte der eine versuchen zu fliehen und den anderen zurücklas-sen, der mit der Bombe schwor jedoch, diese loszulassen falls er das versuchen würde. Kurz vor der Taucherluke vernahm Brain das gedämpfte Geräusch des explodieren-den, kleinen Ballen Plastiksprengstoffs. Er schüttelte den Kopf, dann sprang er zurück ins kalte Wasser.


Verhör

Westen Kentuckys, Basis der Green Monks
14. März 2009
16.32 Uhr

Der nächste Anschlag würde höchstwahrscheinlich wie-der in Mailand von statten laufen. Und da weder die acht Green Monks in der Basis unter dem Kloster noch Stab-wound und sein Team, die in einigen Minuten in Straß-burg landen würden etwas gegen ihn tun konnten, blieb ihnen nichts anderen übrig als die Nachrichten abzuwar-ten und sich auf den Anschlag danach - voraussichtlich in Paris - vorzubereiten. Immerhin hatten Brain und seine Leute jetzt einen Terroristen, den sie ausfragen konnten.
Ungefesselt auf einem Stuhl vor einem Halbkreis von Elitekämpfern sitzend starrte der Russe Brain an. Es schien, als würde er einfach durch die zu einhundert Pro-zent verspiegelten Brillengläser hindurch sehen. Es war ein Hüne von einem Mann, er war etwa zwei Meter zehn groß, sein Körper war völlig mit Muskeln bepackt und er hatte längere, schwarze Haare. An der linken Wange durchschnitt eine furcht einflößende Narbe den Stoppel-bart.
Der Terrorist war gerade erst aus seiner, durch Zaps’ Schuss hervorgerufener Ohnmacht erwacht und saß jetzt in Jeans und schwarzem T-Shirt vor den Green Monks, den Blick starr auf Brain gerichtet. Dieser wollte es zu-nächst auf die sanfte Tour versuchen.
„Wer bist du.“ Seine Lippen bewegten sich kaum, als der Terrorist mit leiser, rauer Stimme antwortete.
„Fick dich!“ Instinktiv legte Brain eine Hand auf die Ta-sche seiner Schutzweste, in der sich seine Desert Eagle befand. Doch der Russe machte keine Anstalten auszu-schreiten, sondern stierte weiterhin auf Brains’ Brille. Dieser versuchte es weiter.
„Wo sind die Zubchenkovs und die Präsidententochter?“
„Ihr werdet alle draufgehen!“ `Hunde die bellen, beißen nicht…`, dachte Brain. `…Dieser hier würde wohl bei-ßen, wenn er könnte`. Der Terrorist redete weiter, jetzt ein wenig lauter.
„Sie werden mich finden und dann werden sie euer ver-dammtes Lager dem Erdboden gleichmachen!“
„Wer wird dich finden? Die Zubchenkovs? Wie sollen sie dich hier finden?“ Der Russe wollte zunächst etwas sagen, doch stattdessen murmelte er nur etwas auf Rus-sisch. Brain ging einige Meter weiter zum Computerter-minal, an dem Inspect fieberhaft arbeitete. Vor ihm lag eine Art Tablett - voll bepackt mit den Dingen, die der Russe bei sich hatte. Einige von ihnen waren durch Kabel mit Inspects Computer verbunden. Brain griff zwischen die Maschinenpistole und das - inzwischen deaktivierte - Funkgerät des Terroristen und nahm einen winzig klei-nen, platinenähnlichen Gegenstand in die Hand. Auch diese blutbeschmierte Platine war mit dem Computerter-minal verbunden. Der Captain der Monks hob ihn vor seine Augen und zeigte ihn dann dem Russen. Als dieser das Blut im Halogenlicht der Basis schimmern sah, fasste er sich sofort ans Ohr. Er fühlte die kleine, genähte Wund sofort.
„Was zum…“
„Dein Ohr ist noch betäubt, deswegen hast du nichts ge-spürt. Sieht so aus, als würden wir deine letzte Trumpf- Karte gegen dich ausspielen…“ Der Terrorist schüttelte entgeistert den Kopf. Dann konnten die Elitekämpfer zusehen, wie sich sein Gesicht langsam verkrampfte. Zap richtete vorsichtshalber seine Betäubungspistole auf ihn.
„Wir haben dich nach Wanzen durchsucht, als du noch auf dem Weg hierher warst. Ein winziger Chip im Ohr-läppchen… raffiniert, aber eben doch nicht unsichtbar. Wir haben ihn dir noch während der Fahrt entfernt und deaktiviert. Hier haben wir dich dann genäht. Mein Freund Inspect hier ist gerade dabei, das Teil umzupolen und den Empfänger der Wanzensignale ausfindig zu ma-chen. Wo du nun sowieso keine Chance auf Rettung mehr hast, bist du nun etwas gesprächiger?“ Brain konnte das Gehirn des Russen fast arbeiten hören. Er hatte nur noch zwei Optionen. Den völlig blödsinnigen Ausbruch-versuch - oder mit der Sprache raus zu rücken.
Wenige Sekunden später lag er wieder Ohnmächtig auf dem Boden. Zap war schneller gewesen als der Terrorist, als dieser versucht hatte, in einer wahnsinnig schnellen Bewegung Hubcap anzuspringen. Der Technik- Spezialist starrte den Mann zu seinen Füßen verachtend an. Wäre er zum Schlag gekommen, wäre wohl bei Hubcap lange das Licht ausgegangen.


Ankunft

Straßburg Airport,
Frankreich
14. März 2009
16.37 Uhr

Es war alles perfekt gelaufen. Auf ihrem Flug hatte sie niemand gesehen, dank spezieller Tarnkappenfunktion weder über Radar noch mit dem bloßen Auge. Auch die Landung im Privat- Bereich des Straßburger Flughafens war planmäßig verlaufen. Ihr Jet ruhte nun in Privat- Hangar 09 und Stabwound, Snake, Style und Efface sprinteten durch die unterirdischen Gänge unter dem Flughafen in Richtung Hauptgebäude. Dort angekommen rannten sie sofort weiter zum Ausgang, doch es war lei-der unmöglich, in der Menschenmasse unentdeckt zu bleiben, vor allem in den auffälligen Kampfanzügen. Vor allem nach dem Irrgarten- Video von den „schwarz- grü-nen Helden“. Bereits als sie aus der Tür des Fahrstuhls, der der einzige Weg aus dem unterirdischen System war, traten, zeigten die ersten Finger auf sie. Stabwounds Team war darauf schon vorbereitet gewesen, Inspect hat-te sie per Funk über ihre neue Bekanntheit schon infor-miert.
„Beeilen wir uns, bevor uns noch neugierige Polizisten aufhalten oder noch schlimmer, ein Kamerateam auf-taucht.“ Stabwound spornte sein Team an, als es sich durch die Menschenmenge arbeitete. Eine Schneise zur Tür bildete sich vor ihnen in der inzwischen jubelnden Menge. Erst kurz vor dem Ausgang stellten sich ihnen zwei Wachmänner der Flughafenpolizei in den Weg, die ihnen auf Englisch mit starkem, französischem Akzent entgegen schrieen.
„Halt, Police! Halten sie sofort an und weisen sie sich aus!“ Natürlich, die Männer hatten schon den ganzen Mittag Dienst und keine Zeit gehabt, Nachrichten zu schauen. Von den Seiten fuhren die Menschen die Ord-nungshüter an, sie sollen die Spezialeinheit, die vermut-lich Leben in Paris retten würde durchlassen, doch die Männer in Uniform blieben standhaft. Für sie sahen die völlig in schwarz gekleideten Männer eher wie Terroris-ten, als wie Helden aus. Als die Green Monks vor ihnen standen, trat Style ruhig einen Schritt nach vorne auf die beunruhigten Wachleute zu und begann in fließendem Französisch auf sie einzureden.
„Bitte entschuldigen sie, aber sowohl wir als auch unsere Maschine sind hier im Voraus angemeldet gewesen. Tut mir Leid wegen unserem aufsehen erregenden Aussehen, aber das ist sozusagen Berufskleidung. Wenn sie uns nicht passieren lassen, könnten in ihrer Hauptstadt um 17 Uhr einige Menschen ums Leben kommen.“ Der eine Polizist zückte sein Funkgerät um bei der Zentrale die Wahrheit der Aussage zu überprüfen. Der andere blickte etwas eingeschüchtert auf die vier muskulösen Männer und nahm dann das Wort auf.
„Weisen sie sich aus!“
„Hören sie, wir sind hier in höchster Geheimhaltungs-stufe unterwegs, doch aus Zeitdruck hatten wir keine andere Wahl, als hier mitten durch den Flughafen zu ge-hen, da davor unsere für Europa stationierten Fahrzeuge stehen. Es ist wirklich…“ Der Franzose mit dem Funkge-rät tippte seinem Kollegen von hinten auf die Schulter und nickte ihm zu. Styles’ Gesprächspartner trat mit et-was gequältem Gesichtsausdruck zur Seite und weiß mit dem Arm Richtung Ausgang.
„Viel Glück. Wir werden Eine Spur auf der Autobahn in Richtung Paris für euch sperren lassen.“ Nach einem kur-zen Kopfnicken rannten die Elitesoldaten an den Wach-männern vorbei auf den Flughafenvorplatz. Gleich neben dem Parkhaus erblickten sie die Mietgaragen, die Num-mern 66 und 67 waren gleich erreicht. In jeder Garage standen ein Aston Martin DB9 und dahinter bleibezogene Schränke voller Waffen und Ausrüstung. Gerade als sie einen dieser Schränke öffnen wollten, tauchte hinter ihnen ein Kamerateam auf. Eine aufdringliche, junge Reporterin streckte Snake, der gerade dabei war, die Schutzplane vom ersten schwarz- grünen Aston Martin zu ziehen, ein Mikrofon entgegen.
„Es scheint, als würden derzeit Anschläge einer bisher unbekannten Terror- Organisation in einem Viereck durch Amerika und Europa verlaufen. In einigen Minuten wird wohl der nächste in Mailand geschehen, eine weitere Stunde später in Paris. Was wird dort passieren? Und wer sind sie, welcher Spezialeinheit gehören sie an?“ Snake wusste, was er zu sagen hatte.
„Schalten sie die Kamera aus und gehen sie weg. Was wir hier tun, geht niemanden etwas an.“ Doch die Reporterin blieb hartnäckig.
„Ihre Kleidung passt auf kein bekanntes Eliteteam. Wer sind…“
„Gehen sie, oder wir sind gezwungen, ihre Kamera zu zerstören. Wenn sie etwas senden, erfahren die Terroris-ten von unserer Ankunft und disponieren um!“
„Aber…“ Es war genug. Hinter Snake öffnete Efface eine Schranktür für besonderes Werkzeug und griff nach einem kleinen Gegenstand, den er seinem bedrängten Freund zuwarf. Dieser drehte sich zurück zur Reporterin und richtete das Handyähnliche Gerät auf die Kamera. Kurz starrte ihn die junge Frau verwirrt an, dann setzte sie wieder zum Sprechen an.
„Hat ihr Team keinen Namen? Etwas mit schwarz und grün? Ich meine Ihre Brillen und ihre schicken Wagen…? `TGB` - Team Green- Black vielleicht?“ Snake hatte drei Knöpfe vor sich, einen blauen, einen grünen und einen schwarzen. Der erste war dafür gedacht, durch einen kurzen, schrillen Ton Tonbänder zu zerstören, Menschen mit extrem gutem Gehör konnten durch ihn in Ohnmacht fallen. Der grüne war für einen tausende Lux starken, kurzen Lichtblitz gedacht, der aus der vorderen Seite des handlichen Gerätes kam. Auf Personen hatte der Blitz dieselbe Wirkung wie eine Blendgranate, das empfindliche Innere einer Kamera, welches das Licht durch die Linsen erreichen konnte, wurde vollkommen zerstört. Und der letzte - der schwarze Knopf, den Snake jetzt drückte führte die Funktionen der beiden anderen auf einmal aus.
Durch viel Training machte der Ton den Monks und auch ihren speziellen Mikros und Ohrhörern nichts aus, den Blitz sahen sie ja nicht einmal direkt, da das kleine Gerät von ihnen Weg zeigte. Das Fernsehteam jedoch traf alles hart. Während die Kamera und alle Mikrofone sofort Schrott waren, kippte die junge, ehrgeizige Reporterin schlichtweg um, ihr Assistent fing sie gerade noch auf durch seine dunkle Sonnenbrille und seine Kopfhörer hatte das Ganze ihn kaum betäubt. Der Kameramann schaute weiterhin nur völlig verdutzt durch seine kaputte Kamera. Bevor sich Snake wieder umdrehte und weiter half, sich und die Autos auszurüsten, sagte er noch einen letzten Satz zum aufdringlichen Reporterteam.
„Wir haben sie gewarnt - und jetzt gehen sie, verdammt noch mal!“ Es wirkte, die Leute zogen verwirrt ab.
Da sie unterwegs nur ihre Spinnenweben- Faseranzüge dabei hatten, rüsteten sich die vier Green Monks komp-lett neu aus. Jeder zog sich eine Schutzweste über und füllte sie mit dem Standart- Gerät auf, Snake zusätzlich mit Extra- Sprengstoff und Stabwound mit einigen Wurfmessern. In die Autos luden sie ihre Waffen und ein paar Koffer mit Spezialausrüstung. Dann stiegen Stab-wound und Style in den einen, Efface und Snake in den zweiten Wagen. Sie ließen ihre Motoren aufheulen und fuhren langsam an. Snake schloss noch schnell die Gara-gen und sprang dann zu Efface in den Aston Martin, wo-rauf die Wagen sofort Gas gaben und zum Flughafenaus-gang in Richtung Autobahn fuhren. Doch schon dort wurden sie von mehreren Reporterteams abgefangen, die versuchten, die von außen grün- verspiegelten Fenster-scheiben der DB9’s mit ihrem Blitzlichtgewitter zu durchdringen. Die Fernsehsender hatten ihre Leute wirk-lich schnell zum Flughafen geschickt. Erst als die Renn-wagen verdammt nahe herangekommen waren, sprang die aufdringliche Meute zur Seite. Hinter ihnen wartete eine zwei- wagengroße Polizeieskorte auf die Monks, die sie zur freien Autobahnspur nach Paris führte. Dort ange-kommen gaben die schwarz- grünen Wagen richtig Gas und rasten dahin, gefolgt von einigen schnellen Autos der Fernsehreporter, die die Polizeisperre durchbrochen hat-ten und auf der Jagd nach einer Superstory waren. Doch schon nach wenigen Kilometern hatten Stabwound und sein Team die Wagen abgehängt - alle, bis auf drei ra-benschwarze BMWs, die erst später hinzugekommen waren, dafür aber jetzt langsam und konstant aufholten. Sie gehörten wohl einem wirklich wohlhabenden Sender, wenn solche teuren Autos für Reporte eingesetzt wurden.


Sechster Anschlag

Köln, Deutschland
14. März 2009
16.57 Uhr

Nicht nur etliche Reporterteams waren in Mailand statio-niert worden, um so schnell wie möglich vor Ort zu sein, wenn der sechste Anschlag passieren würde, sondern auch das Militär hatte sich überall in der Stadt verteilt. Niemand hatte damit gerechnet, dass die Terroristen von ihrem, inzwischen offensichtlichen Plan abweichen könnten. Doch genau das sollte geschehen. Der Nächste Anschlag fand vor dem Kölner Dom statt - und auch, wenn keiner auf ihn vorbereitet war, wurde er live in Mil-lionen Fernseher übertragen.

Alle Green Monks in der Basis, ausgenommen Inspect, der fieberhaft an der Zurückleitung der Wanze des Terro-risten arbeitete, hatten sich vor den vielen Bildschirmen versammelt, die Nachrichtensender aus aller Welt zeigten. Auf den meisten kündigten Reporter Live aus Mailand schlimme Anschläge an, die womöglich gleich vor ihren Nasen passieren würden. An allen Ecken der Stadt hatten sie sich versammelt.
Einige wenige Sender berichteten über die hastige An-kunft der `schwarzgrünen Helden` in Straßburg und noch weniger, genau genommen nur ein einziger brachte einen Live- Bericht über die Ankunft des Papstes beim Kölner Dom in Deutschland. Und genau auf diesen Sender wur-de Brains Aufmerksamkeit vor etwa zwei Minuten ge-lenkt, jetzt sah er immer wieder nervös zum Bildschirm, auf dem das Papa- Mobil sich gerade den Weg durch die jubelnde Menschenmenge bahnte.
Kurze Zeit zuvor hatte Brain gerade den Bildschirm ne-ben dem mit der Papst- Reportage betrachtet, als sein Unterbewusstsein ihn auf eine Person nahe dem Papa- Mobil aufmerksam machte. Nur eine Millisekunde war diese zu sehen gewesen, sodass Brain sie nicht erkannt hatte - er wusste nur, dass er sie irgendwoher kannte. Jetzt suchte er verzweifelt das Publikum des Papstes ab - ohne Erfolg. `Das ist doch hirnlos, warum solltest du jemanden in Köln kennen? Außerdem muss der Anschlag eigentlich in Italien sein…`, dachte er. `Allerdings be-ginnt Ort oder Mittel des Anschlags mit „K“ und der Kölner Dom…` Inspects erschrockenes Gesicht, das plötzlich neben Brain auftauchte riss ihn aus seinen Ge-danken. Der Hacker richtete seien Zeigefinger auf eine
alte Dame, die bei einer Nahaufnahme des winkenden Papstes durch die Panzerglasscheiben des Papa- Mobils hindurch zu sehen war.
„Ist dass nicht unsere lebende Tote?“ Brain folgte In-spects Finger zu der alten Frau, die im Gegensatz zu all den Menschen um sie herum nicht auf den Papst sondern auf ihre Armbanduhr starrte, die andere Hand in der Ja-ckentasche. Sie hatte er vorhin kurz gesehen. Es war ein-deutig - zumindest vom äußerlichen her - Dorothy Mal-vert, die Dame, die die Tasche in das Schließfach der Central Station gelegt hatte.
Fast gleichzeitig begriffen Brain und Inspect und starrten auf die Zeitanzeige in der Bildschirmecke. 16.59 Uhr und daneben tickten die Sekunden unaufhaltsam dahin: 49, 50, 51… Für jede Warnung war es jetzt zu spät. Die Monks, die sich durch Inspects alarmierende Stimme hastig um den Bildschirm versammelt hatten, starrten nur wie gebannt auf die - von außen alte - Frau. Was auch immer sie vorhatte, völlig harmloses, friedliches Publikum vor den Augen des Papstes umzubringen ging um einiges zu weit. Brain, der christlich erzogen wurde und seinen Gauben auch nach seinem `Tod` respektierte, schwor den Zubchenkovs dafür Rache.
Die Sekunden schwanden, 53, 54, 55… In den Bild-schirmen um den mit dem Live- Papstbericht war es ruhig geworden. Die Reporter in Mailand schauten sich schweigend und voller Anspannung um, in Erwartung auf ein Anzeichen des Anschlags - eine Explosion oder das Schreien der Opfer. Keiner von ihnen dachte auch nur an die Möglichkeit, dass die schreckliche Sensation, der sie hier nachjagten, mehrere hundert Kilometer ent-fernt im Westen Deutschlands geschehen könnte.
Jetzt waren es noch drei Sekunden bis zum Anschlag und die Anspannung bei allen, die das Anschlag- Drama ver-folgten stieg ins unermessliche. Brain fragte sich, wie die Terroristen wohl eine Bombe an einen Platz geschmuggelt hatten, den der Papst - einer der wohl am besten ge-sicherten Menschen der Welt betrat. Erst, als die Glocken im Kölner Dom zu schlagen begannen, bekam er seine grausame Antwort.

Die Person in Dorothy Malvert Körper sah eine Sekunde vor 17.00 Uhr noch einmal zum Papst in seinem merk-würdigem Auto auf, bevor sie mit gehässigem und ver-krampften Gesicht einen kleinen Auslöser in ihrer Man-teltasche betätigte. Ein kleiner Klick mit brutaler Wir-kung. Der letzte Gesichtsaudruck der Person unter Mal-verts Maske war ein erlösendes Lächeln - ihr Auftrag würde erfüllt - und sie frei sein.
Den Green Monks bot sich ein groteskes Bild, als die Dame hinter dem Papa- Mobil ein zweite Mal starb. Sie explodierte in einem gewaltigen Feuerball von mehreren Metern Durchmesser und wie von einer starken Druck-welle wurden die Menschen in ihrem Umfeld zu Boden gerissen - um nie wieder aufzustehen.
Anscheinend war der ganze Mantel der Attentäterin mit Sprengstoff präpariert worden und außerhalb des Spreng-stoffs waren wohl Millionen Metallsplitter in das Futter eingearbeitet worden. So fungierte die Person als riesige Splittergranate und riss etwa einhundert Menschen mit sich in den Tod.
Der Kameramann der Live- Übertragung, der die Explo-sion direkt vor der Linse hatte zuckte bei dem Knall zu-nächst zur Seite und man spürte, wie er am liebsten fort-gelaufen wäre, doch er entschied sich dazu, etwas weg-zuzoomen und dann voll draufzuhalten. Das schwer ge-panzerte Papa- Mobil hatte kaum Schaden genommen, als es mit Vollgas die Flucht ergriff. Die Kamera erfasste die letzten Bilder des Papstes durch die leicht beschädigten Panzerglas- Scheiben, bevor er um eine Ecke schoss: Der Mann in Weiß hatte seine Handflächen auf die hintere Glasscheibe gelegt und blickte mit völlig geschocktem und von Trauer gezeichneten Gesicht auf die Menschen zurück, die nur Sekunden zuvor genau vor seinen Augen umgebracht worden waren.

Brain entfernte sich ein paar Schritte vom Rest der Grup-pe und ließ sich auf einem der Stühle im Besprechungs-bereich nieder. Die Anderen hatten nicht bemerkt, dass er weg war, denn sie waren voll damit beschäftigt, den „Passiven Papstanschlag“, wie er inzwischen in den Me-dien genannt wurde noch einmal in allen Kanälen und aus allen Perspektiven zu betrachten. Die Reporter in Mailand hatten die Bilder des Anschlags in Köln halb verwundert und geschockt und halb entrüstet und ent-täuscht angekündigt.
Angestrengt dachte Brain über das nach, was er gerade gesehen hatte. Er wollte es einfach nicht Wahr haben, das konnten die Zubchenkovs nicht getan haben. Das Ober-haupt der Katholischen Kirche - seiner Kirche - anzugrei-fen, war der größte Fehler, den sich die Terror- Zwillinge hatten leisten können. Jetzt hatten sie einen Feind fürs Leben gewonnen.
Bisher war alles für Brain nur ein Auftrag, sein einziges Interesse lag darin, die Tochter des Präsidenten ausfindig zu machen. Das hatte sich jetzt geändert. Ab jetzt würde er mit vollem Elan an die Sache heran gehen. Das Ziel, Kate zu retten trat an zweite Stelle - sein primäres Ziel war nun das ausfindig Machen der Zubchenkovs und ihre verdiente Bestrafung.


Hetzjagd

Autobahn nach
Paris, Frankreich
14. März 2009
17.06 Uhr

Efface und Style an den Steuern der Aston Martins rasten auf der freien Spur, die die Polizei wirklich sauber abgesperrt hatte, neben den anderen, von einem Stau belegten Straßenspuren dahin, dicht gefolgt von den drei rabenschwarzen BMWs. Stabwound, der im hinteren der beiden DB9- Rennwagen auf dem Beifahrersitz saß, drehte sich noch einmal leicht beunruhigt um. Die BMWs waren langsam aber sicher auf 5 Meter an sie herangekommen und das obwohl die Aston Martins schon fast 320 Km/h fuhren. ’Muss echt ein stinkreicher Sender sein, wenn die uns Reporter in so geilen Karren schicken…’ dachte Stabwound. ‚…So ein Aufwand wegen ein paar Fotos…’ Ein wenig rauschend meldete sich Cheroot über Funk.
„Leute, scheint so, als würden die Terroristen ihre Taktik ändern. Sie haben gerade einen Anschlag in Köln statt in Mailand ausgeübt. Entweder sie haben komplett umdis-poniert oder sie wollen uns nur in die Irre führen.“
Stabwound antwortete sofort. „Glaubt ihr nicht mehr an Paris?“
„Wie beim letzten Anschlag in Washington: die Chance liegt bei fünfzig-fünfzig. Aber trotzdem müssen wir uns auf Paris konzentrieren, wir haben keine Ahnung, wo der Anschlag sonst sein könnte.“
„Alles klar. Habt ihr schon Möglichkeiten der An-schlagsart gecheckt?“
„Glaubt du, wir schlafen hier?“ antwortete Cheroot ge-spielt entrüstet. „Hier haben wir ’L’, also z.B. Luftangriff oder ein Attentat auf dem ’Là Arc de Triumphe’. Wir haben allerdings festgestellt, dass es auch noch intelli-gente Menschen gibt: die Stadtführung von Paris hat sei-ne Bewohner angewiesen, in ihren Häusern und Büros zu bleiben und sie haben alle Veranstaltungen abgesagt. Wenn die Terroristen ihrer Drohung treu bleiben wollen und wieder vorhaben, 100 Menschen zu töten müssen sie wohl oder übel auf ein Gebäude losgehen.“
„Und…“
„Es gibt eigentlich nur eine Möglichkeit: das größte Bü-rogebäude Paris’ - den Bürotower ’Lè Port Eifèl’ in der Nähe vom Eifelturm. Ich habe denen schon ne E-Mail geschickt, aber noch keine Antwort erhalten. Brain hab ich noch nicht gefragt, aber ich könnt Inspect sagen, dass er sich bei denen reinhacken und den Feueralarm auslösen soll. Wart kurz… Verdammt! Die E-Mail wurde gerade wieder direkt zurückgeschickt, weil die irgendeinen Systemfehler haben.“ Inspects Stimme meldete sich ins Gespräch. Allem Anschein nach hatte er zugehört und irgendeinen Fehler oder so etwas entdeckt.
„Aber das kann nicht sein, das wäre für so einen Tower tödlich - oder…“
„Oder was…?“ Stabwound und Cheroot schienen ver-wundert über Inspects Einwand.
„Oder der Tower wird von Hackern der Terroristen abge-schirmt, die alle E-Mails abfangen. Jetzt reicht es. Ich hack mich jetzt rein. Der Computer übernimmt die Zu-rückverfolgung der Terroristen- Wanze gerade sowieso automatisch, da hab ich ein paar Minuten Zeit… Wollen wir mal sehen, wie deren Hacker gegen mich anstinken...“ Stabwound hörte, wie Inspect begann, auf die Tasten einzudreschen. Dann vernahm er ein ganz anderes klackern - eher ein lautes rattern, wie aus einer Maschi-nenpistole…
„Wir stehen unter Beschuss!“ rief er und erhaschte einen Blick nach hinten, auf den vordersten der BMWs. Er war nur noch etwa einen Meter von dem DB9 entfernt und an seiner Beifahrerseite ragte eine Hand mit einer Maschi-nenpistole Sig-Sauer SR-2 hervor, die versuchte, trotz des wahnsinnigen Fahrtwinds auf die Rückschutzscheibe des Aston Martins zu feuern. Stabwound wäre fast versucht gewesen, zu lachen, als er sah, wie die Waffe einen Schuss auf den Kofferraum traf, dann durch den Fahrt-wind immer weiter nach oben zog und dem Terroristen letztendlich aus der Hand geschleudert wurde. Erst recht zum freuen für Stabwound war, was er vorerst nicht sah, da der vorderste BMW ihm die Sicht verdeckte. Die Ma-schinenpistole wurde nämlich mit einer gewaltigen Wucht gegen die Windschutz-scheibe des zweiten schwarzen Wagens geschleudert und brachte diese zum zersplittern. Sofort wurden Fahrer und Beifahrer von Glassplittern übersäht und der BMW schleuderte nach links und rechts, bevor er sich zur Seite drehte und sich in Folge dessen mehrmals überschlug. Wäre das nicht schon genug gewesen, donnerte auch noch der dritte und letzten Wagen in den herumwirbelnden zweiten. Jetzt hatten die Monks nur noch einen Terroristen- BMW hinter sich.
Kurz dachte Stabwound nach, wie sie diesen aufhalten konnten - das Problem war nicht das Aufhalten an sich, dafür hatte Hubcap genug Specials in die DB9’s einge-baut. Viel ehre dachte er darüber nach, wie er den schwarzen Wagen loswerden konnte, ohne die ganzen Menschen in ihren Autos, die in den Spuren neben den dahinrasenden Sportwagen im Stau standen zu verletzen. Als hätte Style Hubcaps Gedanken gelesen, machte er einen Vorschlag.
„Der ElRob?“
„Sind wir dafür nicht zu schnell?“
„Ach was, das geht schon. Und das Ding bremst die Ter-ros’ hinter uns langsam und sicher ab.“
„Ok…“ Stabwound öffnete das Handschuhfach vor ihm und hatte einen Haufen Knöpfe und Hebel vor sich. Er überflog die Schalter `Öl`, `Smog` und `Nägel` bis er den Knopf mit der Beschriftung `ElRob` fand. Dann drehte er einen kleinen, danebenliegenden Regler auf `3 Meter` und legte einen Schalter von `▲` auf `▼` um. Zuletzt drückte er den `ElRob` - Knopf.
Augenblicklich löste sich ein etwa 30 Zentimeter langer Kasten auf Rädern unter dem Aston Martin und ließ sich zurückfallen - bis er nach drei Metern unter dem BMW abrupt stoppte, gehalten von einem Kabel, mit dem er mit dem DB9 verbunden war. Eine dünne, metallene Antenne auf dem Dach des `ElRob` berührte jetzt die ebenfalls metallenen Teile unter dem Wagen, und ehe die Terroristen in diesem auch nur reagieren konnten, jagten tausende Volt über die Antenne in das Innere des BMW und legten alles lahm, was nur irgendwie ging. Sowohl der Motor schaltete ab, als auch die Lenkung, was bewirkte, dass der schwarze Wagen auf der geraden Autobahn langsam ausrollte und letztendlich zum stehen kam. Dagegen konnten auch die - durch Gummi- und Ledergarnituren im inneren des Sportwagens vor dem Strom geschützten Terroristen nichts tun. Der Fahrer konnte nur noch auf das nutzlose Lenkrad schlagen und sein Handy zücken. Jetzt musste er in den sauren Apfel beißen und seinem Boss von seinem Versagen berichten - und, dass die vier grün- schwarzen Spezialeinheiten auf dem Weg nach Paris zum ’Lè Port Eifèl’ waren.


EPOLOG


Hackerduell

Westen Kentuckys, Kloster der Green Monks
14. März 2009
17.10 Uhr

Inspects Finger rasten über die Tastaturen und sein Kopf huschte von einem Bildschirm zum Nächsten. Einige der anderen Monks standen hinter ihm und starrten verwirrt und kopfschüttelnd auf die gewaltigen Datenmengen, die über die Bildschirme flogen. Inspects Hirn hingegen ar-beitete auf Hochtouren. Jede Zeile wurde von ihm aufge-nommen, aussortiert und in Befehle für seine Finger um-gewandelt. Er hatte festgestellt, dass die Zubchenkovs eine E-Mail- Sperre um dass Netz des Bürotowers ’Lè Port Eifél’ gelegt hatten und es mussten um die zwanzig Hacker sein, die damit beschäftigt waren, alle anderen Hacker daran zu hindern, mit dem Tower in Verbindung zu treten. Und in diesem Moment verzweifelten alle zwanzig an einem einzelnen Hacker, der ihre Daten- Mauer immer weiter durchbrach - und den sie aus irgen-deinem Grund auch nicht orten konnten.

In der Basis der Zubchenkovs war die Hölle los. In einem Raum mittlerer Größe waren in einem Kreis aufgestellt 26 Computerterminals aufgebaut, 21 der an diesen Terminals sitzenden, russischen Hackern hauten förmlich auf die Tasten ein und warfen einander hilflose Blicke zu. Boris Zubchenkov ging nervös um sie herum. Er wusste, wer das nur sein konnte. Er hatte die besten Hacker an-geheuert, die sein Land zu bieten hatte und wenn diese versagten, konnte es sich nur um dieses dämliche, grün- schwarze Spezialkommando handeln, dass ihnen die gan-ze Show vermieste.
Erst wenige Minuten zuvor hatte er die Nachricht erhal-ten, dass seine Posten am Straßburger Flughafen versagt hatten und einige Männer des Elitetrupps auf dem Weg nach Paris waren. Jetzt musste Boris seinen Leuten in Paris Bescheid geben, dass sie sich zum Aufhalten der Einheit bereit machen sollten.
„Ihr werdet es ja wohl noch schaffen, einen kleinen Ha-cker daran zu hindern, zu einem beschissenen Büro- To-wer durchzudringen, Herrgott noch mal!“ brüllte er plötz-lich durch den Raum, so, dass die Hacker- Profis er-schrocken zusammenfuhren. Boris war zwar nicht der Hellste, doch er wusste sehr wohl, dass der Tower derzeit die einzige Bombe in Paris barg, außerdem hatten er und sein Bruder jetzt keine Ausweichbombe mit „L“ mehr und Sergej hatte wegen dem Medienrummel fest auf die Einhaltung der alphabetischen Reihenfolge gesetzt.
Gerade dachte er darüber nach, Sergej, der in Guatemala ein Haus gemietet hatte, anzurufen, als einer der weniger beschäftigten Hacker einen Schrei abließ. Erschrocken sah sich Boris um. Der Mann stand völlig geschockt vor einem Bildschirm und starrte auf ein warnend blinkendes Fenster. Als der Zubchenkov- Zwilling hinzukam sah er die Gefahr: Ihr Versteck hier war soeben entdeckt wor-den. Irgendwer hatte es irgendwie geschafft, sich über eine der Wanzen, die jeder Handlanger der Zubchenkovs implantiert bekommen hatte, in den Hauptrechner einzu-schleusen und somit auch dessen Position zu ermitteln.

Viele Kilometer weiter reckte ein Elite-Hacker trium-phierend seine Faust in die Höhe. Ab jetzt würde die Offensive beginnen.

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Tag der Veröffentlichung: 07.01.2010

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