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Menschlich-artige Tiere







Pascha



Es ist ja nicht so, daß wir keine Katze als - zeitweilige, weil in Italien - sehr geschätzte Lebensgenossin hätten....

Besser gesagt: es ist ein Kater. Und zwar ein wilder.
Er hat uns adoptiert; lebt, wenn wir nicht da sind, allein in Wald und Flur.
Auch wenn ich nicht ausschließen will, daß er dann eine andere Heimatadresse adoptiert hat.

Auch auf Freiersfüssen und auf der Brautschau mit anschließendem Gentransfer ist er öfter mal aushäusig, vor allem, wenn draußen sehr schlechtes Wetter ist, der Regen in diesen Gefilden quer kommt usw. Der Held!

Er hat sich folgendermaßen eingeführt: Genannt "Pascha" hatte er sich mit seiner Mutter gepaart, und sie hatte in unserem Blumenbeet ihre Jungen zur Welt gebracht. Da sie sich nicht weit entfernen konnte, haben wir angefangen, Katzenfutter zu kaufen und es ihr hinzustellen. Pascha kam und sie überließ ihm den Napf. Wir vertrieben ihn. Er ließ uns nicht näher als 3 m an sich ran.

Eines Nachmittags schlief Mario - der ein ausgesprochener Hundemann und Katzenfeind war - auf einer Liege unter der Pergola.

Als er aufwachte, fühlte er sich beobachtet.

Da saß Pascha zwischen seinen Beinen und beäugte ihn. Und eroberte sein Herz im Sturm.

Da ich im Sommer viel Zeit in Italien bin, bilden Pascha und ich eine Lebensgemeinschaft. Wir haben schon viel miteinander durchgemacht:

Einmal hatte er einen offenen Fuß von einem Biss, höchst entzündet und wurde vom veterinario mit meiner Hilfe operiert.
Ein anderes Mal war er an der Hinterpfote gebissen worden, die klöppeldick angeschwollen war. Er hatte 44 Grad Fieber, draußen war es heiß. Auch da habe ich ihn kuriert, u.a. brauchte er Chlorbäder seiner Pfote, bis der Abszeß aufbrach, und 8 Tage lang Antibiotikaspritzen, die er majestätisch entgegennahm.

Und als ich vor einem Jahr sterbenskrank war, wich er nicht von meinen Füssen, über vier Tage und Nächte.

Das ist also Pascha.

Wenn wir nächsten Dienstag wieder nach Italien fahren, hoffen wir, ihn zu sehen.


Pascha il tedesco



Eben noch hat Pascha sich die Augen gerieben, jetzt reiben wir sie uns.

Wir sitzen am 8.August auf einem Marienfest unter schattigen Platanen; hier feiert tutta Vernazza – jede Familie auf ihrem Teppich ausgebreitet - seine schwarze Madonna mit vielerlei Pomp und einem guten Essen; der Wein fließt in Strömen.

Auch wir haben uns mit Asado und Wein versorgt.

Da tritt eine deutsche Nachbarin an unseren Tisch. Erlauben Sie, dass ich sie vorstelle: Sie ist eine arrivierte Schriftstellerin, sie schreibt unter anderem Reiseliteratur und hat die 5Terre in einigen Büchern verherrlicht, gefeiert und auch praktisch beschrieben.
Sie lebt einen großen Teil des Jahres oberhalb Vernazza, etwa zwei Kilometer Luftlinie von uns entfernt. Luftlinie ist „das kleinste gemeinsame Vielfache“, der „kürzeste gemeinsame Nenner“ und eine Maßeinheit, die mein Mann, der Pilot ist, gerne benutzt.
Aber zwei Kilometer Luftlinie bedeuten fast vier Kilometer Wanderstrecke, bergauf, bergab, von einem Tal über den Bergrücken in das andere.

Unser kleiner Pascha, bei dem wir schon immer sicher waren, dass er deutsch versteht, weil er sehr differenziert auf unsere Aufforderungen reagiert, scheint nun wirklich die Reinkarnation eines Deutschen zu sein. Denn:

Die deutsche Autorin fragte uns, ob wir in letzter Zeit den orange-weißen Kater gesehen haben. Da ich weiß, dass sie die Verfechterin der Kastration der Katzen ist, teilte ich ihr sofort mit, dass Pascha jetzt kastriert sei. Ihre Gedanken gingen aber in eine ganz andere Richtung.
Sie erzählte uns, dass dieser Kater lange Zeit des Jahres bei ihr Wohnung genommen habe, wenn sie hier in Vernazza sei. Sie habe ihn „Poldo“ getauft und vermisse ihn.

Das ist also sein Doppelleben: Als „Pascha“ bei einer deutsch-italienischen Familie und als „Poldo“ bei einer der wenigen deutschen Nachbarinnen.

Und er fühlt sich bei Beiden im Klang der deutschen Sprache ausgesprochen zuhause.



 

 

Hoch oben auf dem Turm zu Babel


Sprach der Uhu zum Fisch:
„Huhuhu! Noch bist du frisch.“

Sprach der Fisch zum Uhu:
„Ju ju ju ju júhu.“

Drauf der Uhu: „Krisch krisch krisch.“
„Ju ju ju.“ Das war der Fisch.

 

 

 




Die Geschichte vom Fisch im Wasser



Es war einmal ein Fisch, der lebte in einem großen Wasser. Tag für Tag hielt er sich am Leben, einesteils mit regelmäßigem Öffnen des Mauls und Einsaugen des sauerstoffhaltigen Wassers, das er durch seine Kiemen presste, andererseits durch Einsaugen von Plankton, das ihm in großzügiger Lösung umgab, tags fast unsichtbar und nachts schillernd wie Goldstaub, wenn es berührt wurde.

So lebte er und wuchs an Größe und Erfahrung.

Eines furchtbaren Tages aber kam ein Verdikt von oben, er solle sein Maul nicht mehr öffnen und auch seinen Schließmuskel versiegeln.

Und als er merkte, dass er so mitten im Wasser auf dem Trockenen saß, beschloss er, dem Herrn der Fluten zu entkommen und an Land zu gehen.

Der Abschied fiel ihm schwer; er war sich jedoch gewiss, dass er mit dieser Anstrengung dem Lauf des Lebens und dem der Evolution folgen und so neue Fertigkeiten erlernen könnte, von denen er in seinem bisherigen Leben nichts geahnt hätte.

Mit letzter Anstrengung schnalzte er sich an’s Land und glaube seinen eigenen Ohren nicht zu trauen, was er da hörte: ein rasselndes Atemgeräusch, einen abgrundtiefen Seufzer und einen Höllenlärm um sich herum, den er sich nicht erklären konnte.

Er fackelte nicht lange, sagte ‚nein‘ und meinte damit seine neue Umgebung und die Stimme von oben, der er nun keine Bedeutung mehr beimaß.

Er sprang zurück in die blaue Flut, öffnete und schloss sein Maul wie eh und je und stülpte sein Hinterteil nach außen, um einen wundervollen Schiss auszustoßen, der ihn schon geraume Zeit gedrückt hatte.

Infauste Prognose

 

Sprach das Schwein zum Eber:
„Denk an deine Leber!“
Sprach der Eber zum Schwein:
„Schön fett soll sie sein,

schenk ein mehr Wein!
Denn Spaß muss sein,

Trallalla, lall, lall!
Ich sauf‘ bis zum Knall.

Und sei das Leben noch so schön.
Ich will trotzdem nicht in die Rhön.

Und ist das Leben noch so mies.
Ich will deshalb nicht an den Spieß.

Ich denk‘ als Milz- und Leber-Eber:
Verarschen kann ich mich schon seber.“


Das Phantom des Maskenballs



Der Eidechs hatte eine Einladung zum Maskenball.

Da seine Frau, die Eidechsin, von ihm liebevoll ‚Eiderechse‘ genannt - damit sie sich nicht als weibliches Wesen ausgegrenzt fühle – schon eine tolle Verkleidungs-Idee hatte, musste er sich ranhalten, um fantasiemäßig nicht abzufallen.

Sie ging als Kreuzotter, er als Blindschleiche.

Ein muscle shirt wurde am Rückenteil mit einem gelben Kreuz aus Blütenstaub geschmückt; das war ihr Festgewand.

Er stülpte sich eine schwarze Schlafmaske über die Augen: „Seh ich dich nicht, siehst du mich nicht.“

Beim Hinweg konnten sie noch auf ihren Füssen gehen und sich an den Händen halten.

Am Eingang zum Festsaal hieß es: ‚Flossen anlegen.‘

Der Abend verlief soweit ganz o.k., bis ein majestätischer Adler heranschwirrte und sich die vermeintliche Kreuzotter krallte.

Sie wusste nicht mehr ein noch aus: Sollte sie sich aus dem muscle shirt herauswinden und in die Tiefe stürzen mit der Option der Rettung, oder sollte sie sich, verzweifelt wie sie war, in ihr Schicksal ergeben – war es doch in letzter Zeit mit ihrem Mann immer schwieriger geworden, so dass sie sich oft nicht mehr zu helfen wusste, wenn er sich ihr mit erigiertem Schwanz näherte und dann doch nichts daraus wurde.

Der Schwanz war das Problem, nicht er.

Schon vor dem nächsten Anfall von Mitleid und Verständnis war die Sache gegessen; die Eidechsin war gegessen, verschlungen mit einem mächtigen Adler-Schluck.

Von allen ungesehen, aber doch Zeuge dieser urtümlichen Naturgewalt, schlich der Eidechs blind vor Tränen nach Hause. „Die Blindschleiche mach‘ ich nie mehr!“

Über’s Jahr – ein Jahr der Trauer und der Einsamkeit – trudelte die nächste Einladung zum Maskenball ein.

Der Eidechs ließ sich die Sache auf der Zunge zergehen und beschloss, dieses Mal allein und im Gewand des Lurches zu erscheinen. Er wollte auf keinen Fall provozieren.

Das Fest war der Hammer.

Die Combo „Garganta del diablo“ heizte ein mit südamerikanischen Rhythmen, und der Eidechs hatte es schnell heraus, die Hüften so zu rotieren, dass sein Schwanz bei jedem Tanzschritt nach links und nach rechts ausschwang wie eine Peitsche und eine gute Figur machte.
So wurde er schnell von Frau Smaragdeidechse ausgemacht, die einen etwas gröberen, doch im Grunde ähnlichen Körperbau hatte wie er.

Im Laufe des Abends wurden beide ein Herz und eine Seele. Beim letzten Bossa Nova aber trat ihm die Smaragdin versehentlich auf den Schwanz, wobei dieser sich abtrennte und für sich allein in wilden Windungen weitertanzte. Die Smaragdin vermählte sich mit ihm und vergaß den Eidechs auf der Stelle.

Dieser ging recht beschwingt, weil beschwipst, nach Hause. Um sein Potential wissend - nämlich: dass im Nu ein neuer Schwanz aussprießen und sich mit etwas Geduld genau wie der verlorene entfalten würde und dass niemand ihm über’s Jahr mehr das Missgeschick ansehen könnte – grub der Eidechs sich in seinem Erdloch ein und harrte der Dinge.

Die nächste Einladung kam, diesmal mit dem Vermerk ‚Für Risiken und Nebenwirkungen kann nicht gehaftet werden, es sei denn, sie wären Arzt oder Apotheker‘ (was auf ihn nicht zutraf).

Da sich der neue Schwanz prächtig entwickelt hatte und sogar von etwas härterer Konsistenz war als der alte, ging der Eidechs diesmal als Skorpion.
Er rechnete damit, dass die Damen der Schöpfung dann etwas vorsichtiger mit ihm umgingen, als vordem.

Schon beim Betreten des Festsaals begannen diese zu kreischen und der Eidechs hatte einiges zu bedenken, bevor ihm klar wurde, dass dies keine Lust- oder Vergnügensschreie waren.

So blieb er denn den ganzen Abend einsam und allein, isoliert von der freudvoll wogenden Menge, die sich unter dem Klängen der Bluesband „Body and Soul“ aneinanderschmiegte und in den Hüften wiegte. Und so hatte er alle Zeit der Welt, über das Hin und Her, das Für und Wider, das Schicksal im Allgemeinen und seines im Besonderen nachzudenken.

Die letzte Apotheose seine Schwanzes war eine eindrucksvolle: hochgereckt wie der Bogen einer Stadionslampe über seinem Haupte schwebend. So gab der Eidechs zum letzten Mal den Skorpion, bevor er sich aus dem Staub machte. Mehr ging nicht.

Von nun an beschloss er, keinen noch so raffinierten Einflüsterungen mehr zu folgen, sondern einfach nur der zu sein, der er war: ein stinknormaler Eidechsenmann, mit wundervoller Färbung und einem trickreichen Schwanz, der ihn in Balance hielt, wenn er die Wände hochging. Sonst nichts.




 

 

 

 

Vor Ostern ist der Hase schwanger –
er ward von einem Hahn bestiegen -,
die Wehen setzen ein.

Es wird dem Armen bang und banger,
im Geiste fragt er: was wird siegen:
wird’s Vöglein oder Häschen klein?

Es drückt und plagt ihn, er hockt nieder,
Sein Hinterteil schon ganz zerfetzt,
er drückt und hechelt hundegleich,

und als der Krampf vorbei die Sinne kommen wieder,
dreht er sich um und sagt sich: Jetzt
will sehen ich den Nachwuchs reich.

Doch die Bescherung ist perfekt:
Ein Furz war’s, was ihn so erschreckt.

Der Einzelhandel schreit Alarm:
geht es so weiter sind wir arm!






Proklamation der Katzenrechte

Was guckt der Kater so...
ich weiss nicht, wie ?
Der Kater muss auf's Klo,
das arme Vieh.

Was schnurrt der Kater nicht,
in dieser Still‘ ?
Vergessen hab‘ ich Wicht
die Wellness-Pill‘.

Was wird der Kater fett !
Setz‘ ihn auf’s Nasenfahrrad drauf.
Er liegt nur noch im Bett.
Sein Fitness-Trainer rät ihm: „Rauf !“

Was kommt der Kater angeschlichen,
als zweiter Sieger aus dem Kampf ?
Die Manneskraft, sie scheint verblichen.
Der Hammer, er verlor den Dampf.

Ich ziehe vor Gericht !
Der Trainer hat uns falsch beraten.
Die Katz‘ hat R e c h t e, eben nicht
nur auf ein Stück vom Sonntagsbraten.

Impressum

Texte: Copyright bei der AutorinHasenbild: Eckart RotterFotos: Dr.Ulrike Lupi-Fuß
Tag der Veröffentlichung: 29.07.2011

Alle Rechte vorbehalten

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