Alles fing 1966 an. Marie, ein kleines Mädchen, gerade mal 12 Jah-re, sah sich mit ihren Eltern die Nachrichten an. Sie besassen einen alten „schwarz-weiss“ Fernseher mit braunem Rand. Er stand auf einem kleinen Tischchen mitten im Wohnzimmer. „Jugendliche aus-ser Rand und Band.“, erzählte der Nachrichtensprecher Otto Neusen. „Von gestern Nacht auf heute Morgen hatten 7 Jugendliche in Ost-preussen 5 Polizisten verprügelt. Sie bewarfen sie mit Steinen. Die Polizei versuchte sich mit Tränengas und Munition zu wehren. Doch es gelang ihnen nicht. Nach einer halben Stunde Kampf verloren die Polizisten 3 von ihren Kollegen. Ein Drama. Auch für die Politik Deutschlands. Kurt Ochsenstahl, der neue Polizeichef ist nun in meinem Büro...“, sagte er weiter. Doch Marie hörte nicht zu. Sie versuchte die Gesichter der Jugendliche zu entziffern. „Mutti. Ist das nicht Jussuff von neben an?“ „Stimmt Ma-rie. Woher kennst du ich?“ „Aus der Schule.“ „Halte dich von ihm fern. Verstanden Marie?“ „Ja Mutti.“ „Gut. Nun ist es Zeit für dich ins Bett zu gehen meine Kleine.“ „Ich will noch nicht. Ich will noch mit Rufus kuscheln.“ Rufus ist Marie’s Teddybär. Überall ist er dabei. Sie hat ihn gefunden, als sie 1964 in dieses Haus zogen. Er lag unter der Treppe im Treppenhaus. Ganz schmutzig und zerfetzt. Ihre Mut-ter wusch und flickte ihn. Und schon bald wurde er zu Marie’s Lieblingsplüschtier. Also legte sie sich ins Bett und schlang ihre Arme um Rufus. „Mutti. Mach das Licht nicht aus. Ich will noch kuscheln.“ „Also gut. Kleine. Gute Nacht Süsse.“, sie gab ihrer Tochter einen Kuss auf die Stirn und ging aus dem Zimmer. Und setzte sich aufs Sofa neben ihrem Mann. Sein Name war Herbert. Gross, schlank, einen schwarzen Schnauzer, braune Augen und schwarz braune Haare. Elise kam sich neben ihm vor wie ein Gartenzaun. Sie war dünn, hatte lange blonde Haare, grüne Augen und war gross. Zwar fehlte fast einen Kopf zwischen ihrem Mann und ihr, doch für eine Frau war sie ziemlich gross, stark und selbstbewusst. Sie sagte sich immer „Ich selbst bin die Frau. Ich muss für meine Rechte kämpfen.“
Sie schlang ihre Arme um ihren Mann und küsste ihn zärtlich auf seine Wange. Er blickte auf sie herab und schmunzelte. Sofort dreh-te er sich wieder zum Fernseher. „Kuck dir das mal an, Liebling. Was für Menschen sind das? Ich verstehe die nicht. mal wollen sie das Beste für den Staat und dann geschieht so etwas. Krieg. Krieg und noch mal Krieg. Überall auf der Welt.“ „Ich weiss. Ich überlege mir schon eine Weile was man machen könnte. Doch mir fällt nichts ein...“, weiter kam sie nicht. Denn Marie stand voller Entsetzen im Wohnzimmer. „Mama, Papa. Es ist jemand im Haus.“
„Was?“, frag-te Elise. „Bist du dir sicher?“
„Ja. Bin ich. Mama ich habe Angst.“ Herbert liess sich nicht lange ablenken und schaute aus dem Fenster. „Oh verdammt seid still ihr alle.“
„Was ist Herbert?“, fragte die Mutter.
„Die Armee ist vor dem Haus und versucht reinzukommen. Kommt! Schnell! Versteckt euch! Marie! Du legst dich unter das Bett von uns. Elise du auch. ich muss die Eingangstüre verschliessen.“
„Nein Liebling. Nicht. Sie kriegen dich.“ Doch Herbert hörte das nicht mehr und rannte Richtung Eingang. Marie und Elise taten das was er sagte und krochen unter das Elternbett. „Kein Ton Marie. Verstanden?“
„Ja Mama. Aber ich habe Angst. Um Papa.“
„Ich weiss Schätzchen. Ich auch.“ Dann hörten sie lange nichts. Sie zitterten und bangten um den Familienvater. Plötzlich fiel ein Schuss. Ein Schrei. Und noch mehr Schreie. Marie verschloss ihre Augen und hielt die Hand vor die Ohren. Elise umklammerte sie und zitterte. „Neeeeein.“, dachte sie voller Schmerz und ihr liefen die Tränen in Strömen den Wangen runter. Die Beiden aber hielten den Mund, bewegten sich nicht und lauschten. Da hörten sie Schritte und Stimmen. „Durchsucht die Räume!“ „Raum eins. In Ordnung.“ „Raum zwei. In Ordnung. Halt nein.“ „Was denn?“ „Ach nichts. Dachte ich höre ein Schluchzen.“ „Ok.“ „Raum drei in Ordnung.“ „Gut. Hier finden wir nichts mehr. Wo ist Ferdinand?“ „Unten. Am Eingang.“ „Aha. Gut. Raus hier. Hier haben wir nichts mehr verloren. Ich rufe einen Leichenwagen.“ „Es wurde wirklich auf einen Menschen geschossen“, dachte sich Elise. Sie wagten sich erst zu bewegen als sie hörten wie die Männer die Treppe runter gingen und die Türe schlossen. Marie traute sich als erste aus dem Versteck. „Wo ist Papa?“ „Ich weiss es nicht Kind.“ Und Marie fing an zu weinen. Elise kam auf sie zu und um-armte sie. Ganz fest. Marie befreite sich und rannte in ihr Zimmer. Sie wollte ihren Teddy suchen. Und da lag er. Ganz erschöpft auf ihrem Bett. Er war noch etwas warm. Marie wollte wieder ins Bett steigen, doch Elise kam zu ihr ins Zimmer. „Marie. Nimm deinen Koffer vom Schrank und pack deine Sachen. Nur das nötigste.“ „Ich will aber nicht. Ich will hier bleiben und auf Papa warten.“ „Komm schon Marie. Nein.“ „Warum nicht?“ „Er ist tot.“ So nun ist es raus. Marie schaute Elise geschockt mit ihren grossen braunen Augen an. Tränen füllten ihre Augen und kullerten langsam an ihr runter. „Das heisst Papa kommt nicht mehr?“ „Nein Marie. Und nun mach schon. Wir müssen von hier verschwinden.“ „Wohin?“ „Zu deiner Tante Helene.“ „Ok.“ Marie stand auf und holte ihren Koffer raus. Stopfte alle Sachen rein, die sie für nötig hielt. Ihr Lieblingskleidchen. Ihr Morris (ein Plüschhase), Sandaletten und fertig war sie. Marie trotte-te in das Elternzimmer und sah, dass Elise auf dem Bettrand sass und weinte. Sie hockte sich neben ihre Mutter und streichelte ihren Rü-cken. „Mutti. Er kommt wieder. Ich weiss es.“ „Ach Süsse. Ich glau-be nicht. Mach dir keine Hoffnungen.“ „Doch ganz bestimmt.“ „Na gut. Glauben wir dran. Aber nun müssen wir vorwärts machen. Da-mit wir noch in der Nacht raus kommen.“ Marie half ihrer Mutter packen. Und in der Hoffnung an ihren Vater legte sie zwei Hemden und eine Hose in ihren Koffer. „Oh Marie. Dein Koffer ist fast leer. Ich komme gleich zu dir rüber und dann schauen wir weiter .“ Eli-se packte weiter. Schon bald schwankte sie mit ihrem Koffer zu ihrer Tochter rüber und half ihr die nötigsten Dinge mitzunehmen. „So fertig. Nun zieh deine Schuhe an und nimm dein Teddy. Dann gehen wir.“ Marie holte ihren Koffer, zog die Schuhe an und schlang ihren Teddy unter ihre Arme. Elise zog sich auch die Schuhe an und holte ihren Koffer aus dem Zimmer. „So gehen wir.“ „Also dann mal los.“
Elise ging aus der Haustüre, zog ihre Tochter an der Hand mit und spähte in die dunkle Nacht hinein. Sie roch Gefahr. Konnte sie je-doch nicht zuweisen. Sie packte Marie an der Hand und zog sie mit sich. Es war eine warme Frühlingsnacht. Klar und hell. Leider zu hell. Man konnte sie leicht erblicken. Denn sie waren die einzigen auf der Strasse. Jeden einzelnen Schritt mag man vernehmen wenn man gut lauschte. Bald schon kamen sie an die Strasse. Autos fuhren von links nach rechts. Und dann solche die von rechts nach links fuhren. Nach links ging es nach Salzburg und nach rechts ging es in die Stadt. „Wo sollen wir hin?“, fragte Marie ganz leise. Das erste Wort seit sie aus dem Haus waren. Sie trauten sich nicht. „Ich will nach Berlin. Dort finden wir Tante Helene. Aber nach Berlin sind es fast 64 Meilen. Und das schaffen wir nicht, wenn wir nicht auffallen wollen. Wir machen Autostop.“, sagte Elise mit unsicherer Stimme. Sie dach-te an ihren Mann. „Wo mag er bloss sein? Haben sie ihn erschossen oder nicht? Wie sollen wir heil nach Berlin kommen? In die Stadt des Grauens.“ Autostop war zu gefährlich. Das wussten beide. Doch eine andere Möglichkeit blieb ihnen nicht übrig. Marie blieb an der rechten Strassenseite stehen. Elise ging auf die Strasse und hob ihren Daumen Richtung Himmel. Drei Autos fuhren vorbei. Doch das nächste hielt an. „Wohin des Weges junge Dame?“ Stimmt sie war jung. Genug jung um als Jugendliche davon zu kommen. „Meine Tochter und ich möchten nach Berlin. Fahren sie bis dorthin?“ „Nicht ganz. Ich fahre nach Neuhausen. Ich kann sie aber bis dahin mitnehmen. Wenn sie mit einem alten Mann fahren möchten, stei-gen sie ein.“ „Gut danke. Komm Marie.“ Marie bewegte sich Rich-tung Auto blieb aber mitten auf der Fahrbahn stehen. „Marie komm da weg. Wir wollen doch nach Berlin. Jetzt steig schon ein!“ „Du hast immer gesagt ich soll nicht zu fremden Männer ins Auto stei-gen.“ „Ich weiss Schätzchen. Das gilt auch weiterhin noch. Nur in diesem Moment nicht.“ „Na gut.“ Marie streckte ihre Nase hoch, zog ihr Koffer weiter und marschierte schnurstracks auf das Auto zu von dem alten Mann. Stieg ein und verschränkte die Arme. Elise stieg auch ein. Aber auf der Beifahrerseite. Und der alte Mann fuhr los. „Warum wollt ihr denn so spät in der Nacht oder besser gesagt so früh am morgen nach Berlin?“ „Wir sind auf der Flucht. Sie ha-ben meinen Mann erschossen und wir gehen jetzt zu unserer Tante. Sie wohnt in Berlin.“ „Wenn ich auf der Flucht wäre ich würde nicht in die Stadt des Grauens gehen. Lieber in die Schweiz.“ „Warum den die Schweiz?“ „Sie ist ein neutrales Land. Viele sind in die Schweiz geflohen als Krieg war. Ich war noch nie dort. Und will es auch nie. Deutschland gibt mir alles was ich brauche.“ Elise blickte sich um und sah, wie Marie schlief. „Sieht süss aus die Kleine. Wie alt ist sie?“ „Marie wird in diesem Jahr 13.“ „Oh, Dachte sie sei schon älter.“ – „Marie... Schöner Name. So hiess meine Frau.“ „Ja sie ist ziemlich gebildet. In ihrem Alter ist das nicht normal. Warum denn „hiess“?“ „Sie wurde erschossen. Kein Mensch weiss wa-rum...“ „Ach das tut mir leid. Ich habe meinen Mann auch verlo-ren.“ „Ich weiss. Haben sie mir schon mal gesagt.“ Elise schaute aus dem Fenster in das grosse Feld. Sie fuhren an Lampen vorbei. Sie blitzten kurz auf und verloschen daraufhin sofort wieder. Es war niemand sonst ausser ihnen auf der Strasse. Kein Licht. Nirgendwo. „Warum sind sie denn in der Nacht unterwegs?“ „Ich habe in Preus-sen in einer Fabrik gearbeitet. Als Schuhmacher. Spannend aber an-strengend. Was arbeiten sie?“ „Ich bin Hausfrau. Mein Mann arbei-tete auch in einer Fabrik. Zwar keine Schuhmacherei sondern in einer Eisengiessfabrik.“ „Aha. Sicher auch spannend. So meine Teuerste. Ich muss sie da vorne ausladen. Ich muss nach links und sie müssen nach rechts um nach Berlin zu kommen. Es wird bald vier. Vielleicht haben sie Glück und finden ein Auto, welches nach Berlin fährt.“ „Danke viel Mal, gütiger Mann. Wie kann ich mich bei ihnen bedan-ken?“ „Mit nichts. Ich bin froh wieder einmal mit jemandem geredet zu haben. Danke ihnen, meine Dame. Auf Wiedersehen und viel Glück. Gott soll sie beschützen.“ Sie reichten sich die Hand als Ab-schied. Elise trug Marie sorgfältig aus dem Auto, packte ihre zwei Koffer zusammen und stellte sie beide auf die andere Strassenseite. Marie flüsterte: „Mama. Hat er dir etwas gemacht?“ „Nein Schätz-chen. Schlaf weiter. Es war eine anstrengende Nacht für dich.“ Und Marie schlief wieder ein. Auf den Armen ihrer Mutter. Den Teddy fest an sich gepresst. Sei träumte von ihrem Vater. Als sie 6 war, bas-telte Herbert ihr eine Schaukel. Nur für sie. Und sie schaukelten den ganzen Tag bis es beiden schlecht wurde. Nicht mal den Kuchen am Nachmittag vertrugen sie nicht.
Elise stand immer noch am Strassenrand und hielt Ausschau nach Autofahrern. Da blinkten in der Ferne zwei Lichter auf. Sie hatte Glück. Wieder ein Auto. Doch als dies näher kam. Erkannte sie zwar ein Auto, doch es war ein Polizeiauto. Sie packte ihre Koffer, rutsch-te den Hang hinunter und versteckte sich in einem Busch. Erst als das Auto stoppte, fuhr sie zusammen. „Marie! Wo ist meine Ma-rie?“, dachte sie, ohne einen Ton von sich zu geben und da merkte Elise, dass sie, sie verloren hatte. Die Polizeimänner stiegen aus und sahen Marie. Ihre Augen leuchteten und sie hatte Angst. „Was wol-len die von mir?“, dachte sie. „Na Kleine. Wohl deine Mutter verlo-ren. Was? Komm mit in mein Revier, dann suchen wir sie.“ „Was wird dann aus ihr geschehen wenn sie kommt?“ „Sie bekommt ihre Strafe. Ein normaler Mensch setzt kleine Kinder nicht auf die Stras-se.“ „Ich bin nicht klein!! Und meine Mutter hat mich nicht ausge-setzt. Wir wollten nach Berlin zu meiner Tante. Und da der Zug für uns zu teuer ist, wollten wir zu Fuss gehen. Meine Mutter kommt bestimmt gleich wieder.“ „Ach Kleine. Deine Geschichten. Erzähl sie deiner Märchentante. Aber nicht dem Polizeichef. Und jetzt kommst du mit auf das Revier und dann sehen wir weiter. Wenn deine Mut-ter wirklich kommt. Dann sind wir dir was schuldig.“ „Genau. Und sie wird kommen. Geht vielleicht noch 5 Minuten aber sie wird kommen. Und wenn Mutti da ist. Bestraft ihr sie nicht und lasst uns gehen. Versprochen?“ „Ja.“ „Versprochen ist versprochen und wird nicht gebrochen.“
Elise’s Augen füllten sich mit Tränen „Nein. Das kann nicht sein. Zu-erst Herbert und dann Marie. Was hat mein Leben noch für einen Sinn. Alles wird mir weggenommen. Genau, Gott soll mich beschüt-zen. Dieser verdammte Gott. Er macht gar nichts für mich. Nur ge-gen mich. Ich kann nicht zurückgehen. Wenn sie mich mitnehmen, dann ist Marie alleine und das kann ich nicht tun. Andererseits wenn ich nicht gehe, werden sie, sie mitnehmen.“ Sie wusste nicht was zu tun ist. Ihr Kopf sagte: „Geh nicht.“ und ihr Herz sagte ihr: „Geh und hilf Marie.“ Da alle Menschen sagten, sie sollen auf ihr eigenes Herz hören, entschied sie sich für den zweiten Weg. Sie stand auf und klopfte sich den Schmutz von den Kleidern.
„Kleine du hattest Recht. Sie kommt.“ „Was hab ich gesagt? Und dein Versprechen wird jetzt eingelöst.“ „Ha. Das denkst du dir so Kleine. Wer Kinder aussetzt, der muss bestraft werden.“ „Du machst meiner Mutter nichts. Sonst hast du’s in Berlin schwer.“ „Aha. Dro-hen auch noch.“ „Wenn man Versprechen nicht einhält. Hat man ein schweres Leben.“ „Aha. Und du kleines Ding kennst dich da aus. Ja?“ „Na klar. Und ich bin nicht klein.“ Elise stand auf der Strasse und schlang beschützend den Arm und ihre Tochter. „Was wollen sie von uns?“ „Was wir wollen? Pah. Gute Frage. Wissen wir auch nicht. Wenn ihr den Preis bezahlen wollt. Dann lassen wir euch frei.“ „Und was für einen Preis?“ „Den werden sie schon noch genug früh erfahren. Wie heissen sie eigentlich?“ „Ich bin Martina Heissen und das ist meine Tochter Leonie Heissen. Und wer sind sie?“ „Die Reichspolizei. Wir holen Menschen von der Strasse und sorgen für sie.“ „Sorgen nennen sie das? Für mich ist es arme Leute von der Strasse holen und in eine Gaskammer stecken, wo sie jämmerlich zu Grunde gehen. Zuerst werden sie noch gefoltert, damit sie euch sa-gen, wo sich die anderen befinden. Scheussliche Vorstellung.“, sagte Marie voller Entsetzen. „So genau weißt du das, kleines Ding? Find ich gut. Hat dir das deine Mutter erzählt?“ „Nein wir sprechen in der Familie nicht darüber. Aber ich habe es von meinen Nachbarn mit-bekommen, als ich draussen auf der Schaukel war.“ „Aha. Alles Lü-gen. Alles Lügner.“, sagte einer der Polizisten und der andere fügte hinzu „Komm Eduard, lass gut sein. Mit denen sind wir fertig und ich bin müde. Komm wir gehen jetzt. Und wehe sie haben uns nicht die Wahrheit erzählt. Sie werden beide gleich ermordet.“ Mit diesen Worten stiegen sie wieder ins Auto und fuhren los. Elise umarmte Marie. „Süsse. Du hast uns gerettet. Was wäre ich ohne dich. Ich will dich nie verlieren Marie.“ „Ich dich auch nicht Mutti. Gut, dass du gekommen bist. Ohne dich wäre ich nicht mehr hier.“ Elise nahm Marie an der Hand und so zogen sie weiter nach Berlin. Es waren noch etwa 3 Meilen. Gut eine Stunde zu Fuss. Es fing an hell zu werden. Die Sonne stieg auf und innert wenigen Minuten erleuchte-te das Feld, auf dem sie gingen in hellem rot und gelb Tönen. „Wunderschön.“, brachte Marie heraus, ehe sie auf den Boden lag und die warme Sonne auf ihrem Körper spürte. „Wirklich. So etwas habe ich noch nie gesehen.“ „Komm Marie. Wir gehen weiter. Sonst sind wir morgen noch am gehen.“ „Wenn wir das nächste mal an einem Gasthof vorbei kommen. Gehen wir hinein und schlafen ein wenig? Du siehst nämlich ziemlich müde aus.“ „Sehen wir dann. Komm Marie. Meine Süsse. Sonst ist es wieder dunkel wenn wir an-kommen.“ Elise lächelte und nahm ihre Tochter an die Hand. Und so spazierten sie weiter und weiter.
„Mama ich habe Durst und Hunger. Und ich bin müde. Können wir nicht kurz ausruhen.“ „Wo willst du denn ausruhen?“ „Dort.“ Und sie zeigte vor sich in die Ferne. Elise musste blinzeln um etwas zu erkennen. Und tatsächlich dort war ein Gasthof. Ihr fiel es schwer Nein zu sagen. Denn sie selber war hundemüde, hatte Hunger, Durst und heiss. „Ach Marie. Auf dem Land fallen wir mehr auf als in der Stadt. Kannst du nicht noch eine Halbestunde zu Fuss gehen?“ „Nein Mama. Ich kann nicht mehr.“ „Und was ist wenn die dich töten wollen? Was mach ich dann ohne dich?“ „Weiss nicht. Na gut. Gehen wir weiter.“ Super sie hat gewonnen.
Die Zwei gingen weiter. Unterwegs machten sie ein Spiel. Es hiess „Ich sehe was, was du nicht siehst“. Ausser Gras, Stroh und Steine hatte es nichts zu erraten und es wurde langsam langweilig. Dann bat Marie ihre Mutter Geschichten von früher zu erzählen. „Ach bit-te Mama. Bitte. Bitte. Bitte.“ „Na gut Kleine. Du hast gewonnen.“ „Super.“ „Also. Als ich jung war, das heisst als ich etwa 14 war, nähte mir meine Mutter ein Prinzessinnenkleid. Ein sehr schönes. Blau war es. Und viel zu gross. Ich schlüpfte hinein und konnte gleich wieder raus. Darum hat es mir nicht gefallen. Ich konnte zwar mit ihm spielen. Doch es bekam von mir kein Interesse. Als ich dann 17 wurde, durchstöberte ich mal unseren Kleiderschrank. Und ich erblickte das Kleid. Mein Prinzessinnenkleid. Es war immer noch blau. Und genau so schön wie vor 10 Jahren. Ich zog es an und trau-te mich vor den Spiegel. Und ich sage dir. Das Kleid passte wie an-gegossen. Ich ging nach unten und zeigte es meiner Mutter. Sie lä-chelte. Und sagte: „Ach Elise. Meine Prinzessin. Du siehst einfach fabelhaft aus.“ Ich wurde ganz rot. Am Abendessen kochte Mutti etwas ganz Besonderes. Gulasch-Suppe. Ich liebte dieses Gericht. Als wir dann fertig waren, zog ich meine Schuhe an und ging nach draussen. Ich setzte mich an den Fluss. Auf einen grossen Stein. Und da lernte ich deinen Papa kennen...“ Marie die neben ihr ging kon-zentrierte sich völlig auf die Geschichte und malte sich die Szenen aus. Wie schön ihre Mutter mit dem Kleid wohl ausgesehen haben musste. Sie wurde neidisch und sagte: „Ich werde genau gleich hübsch wie du Mutti.“ „Ich hoffe es. Oder vielleicht noch mehr.“ „Wie ging die Geschichte weiter?“ „Also ich sass auf dem Stein und las in meinem Roman. 420 Seiten hatte er. Ein junger Mann. Etwa in meinem Alter. Kam auf mich zu und sagte: „Wen willst du denn damit erschlagen?“ Ich war völlig perplex und rutschte vom Stein. Er konnte mich gerade noch fassen ehe ich in den Fluss fiel. Mein Herz klopfte wie wild. Und auch auf das hatte er einen Spruch. Der so lautete: „Oh meine Teuerste. Ihr Herz will zerspringen. Liegt es an meinem Charme?“ Ziemlich kitschig. Findest du nicht?“ „Doch. Sehr sogar. Erzähl weiter.“ „Dann stand ich auf und war ca. 20 cm von ihm entfernt. Ich konnte seinen Atem spüren. Und mir wurde heiss. Und ich dachte wirklich mein Herz würde zerspringen. Denn es schlug schneller denn je. Er hielt mich noch immer. Ein bisschen sanfter als vorher. Und meine Knie wurden weich. „Danke mein hol-der Ritter. Wie soll ich ihnen danken.“ Sagte ich und er antwortete: „Mit einem Kuss, holde Maid.“ Und wir küssten uns. Lange und sinnlich. Mein schönster Kuss. Und seit diesem Tag an waren wir zusammen.“ „So romantisch. Wie war denn der Name des Buches?“ „Es hiess „Die Rote Rose“. Das hast du auch gelesen. Warum meinst du?“ „Wegen dem was du mir erzählt hast. Herbert sagte das glei-che wie David und du das wie Emanuela.“ „Genau. Er kannte das Buch genau so gut wie ich.“ „Oh. Das hab ich noch nie erlebt.“ „Vielleicht wirst du es irgendwann mal erfahren. Wer weiss.“ Und die Beiden gingen wieder neben einander her. Und schon bald ka-men sie in Berlin an.
Die Stadt war gross. Viel grösser als Ostpreussen. Und die Menschen. Viel zu viele. Manche lagen auf der Strasse. Manche sassen auf den Bänken. Viele grüssten sich und lächelten. Manche waren in Eile und sahen nicht so glücklich aus. „Brötchen, frische Brötchen. 5 für 1 DM.“ „Brötchen, frische Brötchen. 5 für 1 DM.“, rief es von der An-deren Strassenseite her. Zwei Polizisten kamen sofort auf ihn zu und fesselten ihn. „Mama. Wohin kommt der Junge?“ „Wahrscheinlich ins Revier. Und später muss er vielleicht eine Busse zahlen. Und es wird seinen Eltern gesagt.“ „Ist ja nicht so schlimm.“ „Nicht so. aber die Busse ist ziemlich hoch. Also überlege es dir gut Marie. Ob du es gleich machen würdest.“ „Nein Mama. Ich bin ein anständiges Mäd-chen. Und anständige Mädchen machen das nicht.“ „Stimmt. Du hast recht. Also komm wir gehen Helene suchen. Ich weiss wo sie wohnt. Du auch?“ „Jawohl. Noch ganz genau. Es ist das schönste Haus weit und breit.“ „Na dann komm. Wer zuerst dort ist darf schlafen.“ „Juhuu. Ich bin als erste dort. Wetten?“ „Oh Nein Kleine. Ich bin als erste dort. Was wetten wir?“ „Wenn ich gewinne, gehen wir heute Nachmittag in die Stadt und schauen uns den Dom an.“ „Und wenn ich gewinne gehen wir Hand in Hand über das Geländer des Flusses. In Ordnung?“ „Klaro. Also. Auf die Plätze, fertig, los.“ Und die Beiden spurteten los. Es ging ca. 5 Minuten und Elise kam als erste beim Haus an. „Ach Mensch Mutti. Ich wollte doch Erste sein.“ „Nun komm schon. Sei nicht traurig. Ich hoffe Tante Helene wohnt noch hier.“ „Ich auch.“ Marie stürzte auf die Klingel und klingelte. Ein Mal lang. Zwei Mal kurz und dann wieder ein Mal lang. Das war das Klingelzeichen bei ihnen. Damit jeder wusste wer an der Tür war. Es könnte auch die Polizei sein. Tante Helene stürmte hin-aus und öffnete das Gartentor und rannte auf die Beiden zu. „Hallo meine Liebsten! Geht’s euch gut? Ach Marie. Meine Güte bist du gewachsen. Und hübsch siehst du aus. Wie deine Mutter.“ Sie nahm die Kleine in die Arme und drückte sie. Sie schaute zu Elise hoch und umarmte auch sie. „Ach Helene. Wie haben wir dich vermisst.“, sag-te Elise. „Ich euch auch. Ist schon lange her als wir uns das letzte Mal gesehen haben.“ „Stimmt.“ „Wo ist eigentlich Herbert?“ Und El fing an zu weinen. Helen umarmte sie noch einmal und sagte dann auffordernd: „Oh. Kommt doch rein. Dann erzählt ihr mir alles bei einer Tasse Kaffe und Tee. Ist gut?“ „Ja.“, stiessen sie heraus bevor Elise wieder einen Tränenausbruch über sich ergehen liess. Sie stiegen den schmalen Weg zum Haus hinauf. Links und Rechts wu-cherten Pflanzen in allen Farben. Rot, Violett, Gelb und so weiter. Als kleines Kind spielte Marie viel im Garten, auch als es regnete. Wenn es heiss war und die Sonne schien verkroch sie sich unter dem gros-sen, violetten Rhododendron Busch. Sie liebte wie er roch. Und man konnte mit den Blüten wunderschöne Gestecke machen. Wenn es aber regnete suchte sie auf der Wiese nach Regenwürmer. Die sie dann einsperrte und den Fischen im Teich verfütterte. Vor drei Jah-ren bastelten Helene, Herbert und Marie eine Schaukel. Sie baumelt nun am Ahornbaum.
Die Drei kamen nun zum Haus und traten durch die Wohnungstür hinein. Es war eine grosse Eichentüre. Verziert mit verschiedenen Formen, Blümchen und Ranken. Als sie eintraten erschrak Marie. „Wo ist denn der Gang hin? Und die Garderobe? Und die alte Kommode?“ „Ich habe umgebaut letzten Winter. Die Wände raus-genommen, neu gestrichen und tapeziert. Umgestellt habe ich auch. Aber eure Zimmer sind immer noch am gleichen Ort. Fühlt euch wie zu Hause. Als erstes bringe ich eure Sachen nach oben. Ihr könnt euch zuerst einmal umschauen. Es hat sich viel verändert. Bis bald.“ Und schon ist sie mit den beiden Koffern verschwunden.
Elise und Marie fingen links vom Eingang an. Sie staunten nicht schlecht als sie in das grosse, helle Zimmer kamen. An den Wänden hingen Tücher und Bilder von Musikern. Am Boden erstreckte sich ein riesiger Teppich mit Blumenmuster. Und in der Mitte des Raumes war eine Sitzecke eingerichtet worden mit einem Couchtisch. Hinter dem Sofa erfasste ein Plattenspieler die Aufmerksamkeit der Besu-cher. Die beiden Boxen standen neben dem Spieler. An der gegenü-berliegenden Wand stand ein Regal. Über und über voll mit LPs. Von „The Beatles“ über „Bob Marley“ bis hin zu den „Twisted Sister“ und „Led Zeppelin“. Diese Art von Musik wurde von Deutschen Staat verboten und man konnte sie hier nicht kaufen. Doch Helene lebte eine Zeit lang in England und brachte sie mit. Noch bevor das Verbot ausgesprochen wurde. Sie gingen in den zweiten Raum. Er war in etwa gleich gestaltet wie der Raum zuvor. An den Wänden hingen Tücher und Bilder. Am Boden war auch ein Teppich doch anstatt der Sitznische und dem Langplattenspieler, stand mitten im Raum ein grosser, viereckiger, heller Eichentisch. Um ihn herum zähl-te Marie zehn Stühle. Alle aus dem gleichen Holz wie der Tisch. Auf ihm standen zwei silberne Kerzenständer. Sie waren beide mit trop-fendem Wachs überzogen. Wie in alten Schauergeschichten. Der nächste Raum war ein Badezimmer. Die Wände waren rot gestri-chen. Der Fussboden ist schwarz weiss geplättet. Eine riesige Bade-wanne schmückte das Bad. Sie verweilten nicht lange im Bad denn es gab noch andere Räume. Kleinere. Doch sie kamen nicht weit. Helene war wieder unten angekommen und führte die Beiden in den ersten Raum. Der mit der Sitznische. Das Wohnzimmer. Wie sie es nannte. „So nun setzt euch. Ich habe extra Kakao gemacht für die Marie. Die magst du doch oder?“ „Ja. Sehr sogar.“ „Gut so. Wusst’ ich’s doch. Auf die alte Dame ist eben noch verlass. So nun erzähl mal Schwester. Was hat euch zu mir getrieben?“ „Also es war so...“ Elise erzählte die ganze Geschichte von vorne. Zwischendurch unter-brach sie Helen mit Fragen und Marie erklärte ihre Weise. Helene hörte gespannt zu und drückte Elises’s Arm. Sie tat ihr leid. Als sie ihren Mann verlor war sie 25. Sie heirateten einen Sommer zuvor. Olaf musste ins Militär. Nach Vietnam. Kurze Zeit später bekam He-lene ein Telegramm. Ihr Mann sei tot. Er sei von einer Bombe er-wischt worden. Seither traf sie sich zwar mit Männern. Doch keiner war gut genug um ihr Freund zu werden. Helene war wählerisch was Männer anging. Der warme Tee und der Kakao tat den Beiden gut und sie beruhigten sich ein bisschen. „So meine Lieben. Ich den-ke es ist Zeit für euch ein wenig zu schlafen. Die Zimmer sind immer noch wie gewohnt im zweiten Stock. Gebettet habe ich schon. Gute Nacht und bis morgen. Werde euch dann wecken.“ „Ok. Schlaf gut Helene. Und danke, dass wir bei dir sein können.“ „Kein Problem. Mach ich doch gerne.“ „Gute Nacht Tante Helene. Bis Morgen.“ „Tschüss.“ Elise und Marie stiegen die Treppe hoch, legten sich auf die Betten und waren kurz darauf in ihrer Traumwelt verschwunden.
Helene blieb noch ein wenig im Wohnzimmer. Sie machte sich auf dem Sofa breit und bastelte an einer Tüte. Sie legte ihn anschlies-send auf den Tisch und ging in ihr Zimmer. Und kurz darauf schlief sie ein.
Marie war als erste wach. Sie lief in der Wohnung umher und an-schliessend nach draussen. Unter dem Rhododendron machte sie halt und ihr blick fiel auf etwas Silbernes. Sie bückte sich um es ge-nauer betrachten zu können. Mit spitzen Fingern hob sie es auf. Eine Kette mit einem Anhänger. Marie wusste nicht genau was es für ein Zeichen war. Sie presste sie an sich und ging wieder ins Haus. In der Wohnungstür blieb sie stehen. Schaute zuerst links, dann rechts und dann gerade aus. Sie lief in ihr Zimmer machte die Türe auf und schloss sie wieder hinter sich. Ihre Mutter war noch nicht wach. Das war gut für Marie, denn dieser Fund wollte sie mit niemandem tei-len. „Wem er wohl gehört...“, überlegte sie sich und zuckte zusam-men als sie ein Knirschen hörte. Ihre Mutter stand vor ihr und begut-achtete ihre Tochter. „Was machst du Marie?“ „Ähm nichts. Ich bin am nachdenken.“ „Woran denkst du denn?“ „An Vater. Wo er wohl sein mag?“ „Ich weiss es nicht Liebling. Ich wüsste es auch zu gerne.“ Elise setzte sich neben Marie aufs Bett und nahm sie in die Arme. Tränen rannen ihr über die Wange. Auch Marie’s grüne Au-gen füllten sich mit Tränen. Bis auch sie es nicht mehr aushielt und liess die salzige Flüssigkeit heraus.
El wischte sich die Tränen ab und sagte: „So fertig getrauert. Es ist gut zu weinen. Dann lässt man seine Wut raus. Doch einmal pro Tag reicht. Egal ob am Morgen oder vor dem zu Bett gehen. Man muss sich Zeit nehmen. Und wenn man es hinter sich hat. Geht es einem viel besser. Man kann den Tag wieder geniessen. So nun auf meine Hübsche. Es gibt sicher bald Frühstück.“ „Ja Mama. Geh doch schon mal vor. Ich komme nach.“ Also verliess Elise das Zimmer und Marie blieb auf dem Bett sitzen. Sie öffnete langsam ihre Hand und blickte auf den Anhänger. Sie studierte ihn ganz genau. Marie erkannte eine Schlange die sich selber in den Schwanz beisst. Und in der Mitte des Kreises war ein Stein. Rot und glänzend. Ein geschliffener Dia-mant. Sie drückte ihn an sich und spürte plötzlich ein vibrieren. Ma-rie erschrak und warf ihn weg. Vor sich auf das Bett. Aber genug weit weg, dass sie sich strecken musste um ihn zu berühren. Lang-sam kroch sie auf die Kette zu und schaute ihn an. Sie streckte die Hand aus und berührte den kalten Anhänger. Sie nahm in an sich und legte ihn vorsichtig in ihren Koffer und ging mit erleichterter Mine in die Küche. Dort sassen Helene und Elise schon am Tisch. Sie redeten und tranken Kaffee und assen belegte Brötchen. „Guten Morgen Siebenschläfer. Auch schon wach?“, sagte Helene als Marie die Küche betritt. Und Marie konterte: „Ich bin schon lange wach und ganz früh am Morgen bin ich den Garten gegangen. Um Aus-schau zu halten auf Schnecken und Würmer.“ „Es hat doch gar kei-ne.“ „Warum denn nicht?“ „Es hat noch nicht geregnet.“ „Kom-men sie nur wenn es geregnet hat?“ „Ja Kleines. Aber vielleicht tut es heute und dann kannst du Morgen nach ihnen schauen. Vielleicht auch schon heute Nachmittag. Ach El. Wie lange habt ihr vor bei mir zu bleiben?“ „Ähm. Wir wissen noch nicht. Willst du uns los ha-ben?“ „Nein, nein ganz sicher nicht. Aber dann würde ich mal einen Tag frei nehmen und euch die Stadt ein wenig zeigen. Wäre das was?“ „Jaaa!“, sagte Marie voller Freude und tanzte umher. „Ge-hen wir dann am Süssigkeitenladen vorbei? Kann ich dort wieder einen Lolli haben?“ „Das werden wir dann sehen.“ Marie setzte sich an den Tisch und stocherte in ihrem Kakao. Ihre Gedanken drehten sich um die Kette in ihrem Koffer. Kaum als der letzte Schluck ver-schwand, stand Marie auf. „Wo willst du hin?“, fragte El.
„In den Garten.“
Helene. Was ist das für ein Zeichen. Wenn sich eine Schlange in ih-ren eigenen Schwanz beisst.“ „Puh. Für das gibt es mehrere Bedeu-tungen. Warum meinst du?“ „Ich habe, als wir her kamen, einen Mann gesehen, der ein Plakat aufmachte und an die Wand heftete. Auf ihm war das Symbol zu sehen.“
„Aha. Na gut. Für mich heisst es „Das ewige Leben“ für andere heisst es „Kreis des Bösen“ oder „Teufelskreis“. Wenn wir an einer Bücherei vorbei kommen, können wir ein Buch holen in dem die Be-deutungen stehen.“ „Ja. Gerne. Darf ich Mami?“ „Hmm. Ich weiss nicht so recht. Ich bin damit nicht einverstanden.“ „Warum denn nicht. wenn sich deine Tochter dafür interessiert kann sie das doch machen.“, entgegnete Helene. Marie stand auf und ging nach draussen. Sie wusste, dass sich ein Streit anbahnte. Doch sie ging nur vor die Tür und setzte sich dort auf den Boden. Damit sie verstand was geredet wurde. „Nein Helene. Ich will nicht, dass sie so wird wie du. Du bist kein Vorbild für sie.“ „Sie kann selber ganz gut entscheiden was sie interessiert. Du warst doch auch gegen die Schnecken und Würmersuche. Doch sie macht es gern. Und entwi-ckeln tut sie sich auch ganz gut.“ „Stimmt. Na und. Du kannst nicht alles über den Haufen schlagen was ich aufgebaut habe. Kaum ist sie hier wird sie frech. Läuft sie davon. Redet sie komische Dinge. Interessiert sie sich für das Gleiche wie du. Und... und...“ „Paperla-pap. Das denkst du nur. Du willst, dass sie immer artig ist. Kann sie aber nicht. Weil du es auch nicht warst.“ „Na und?“ „Lass mich re-den. Du willst aus ihr eine Hausfrau machen. Sie so schnell wie mög-lich unter die Haube bringen wenn sie alt genug ist. Das ist sie aber nicht. Marie ist ein kluges Mädchen und wenn sie klug genug ist stellt sie sich gegen dich. Das wirst du noch merken. Du kannst ihr eine gute Mutter sein wenn du sie lässt. Sie manchmal zurechtweist aber du darfst sie nie. Ich sagte nie! Verändern.“ El war weiss ge-worden. All diese Worte. Sie stimmten. Sie brach in Tränen aus. „Du Hexe. Was machst du nur aus uns.“ „Ich sage nur das was ich weiss. Und ich weiss was deiner Tochter gut tut.“ „Aha. Bist du ihre Mut-ter. Begleitest du sie durch ihr Leben? Du weisst ja nicht einmal wann sie geboren ist.“ „Oh doch. Das weiss ich sehr genau. Und zwar am 16. September 1935.“ El erstarrte. „Und du warst gerade mal 19 Jahre jung als du sie zur Welt brachtest.“ El klappte der Kie-fer runter. „Warum weisst du das?“ „Ich hab da so meine Quellen.“ Herbert, dachte sie. „Nein El. Nicht von ihm. Von Marie.“ Elise stütze ihren Kopf auf die Hände und weinte. Sie schluchzte und konnte nicht aufhören. SIe wusste, dass ihre Schwester mal was mit ihrem Mann hatte. Doch sie hielt es zurück, all ihre gestauten Emotionen, sie flossen einfach nur noch hinaus. Helene kam zu ihr und umarmte sie. „Ist doch gut El.“ „Nein ist es nicht. Du nimmst mir meine Toch-ter weg.“ „Nein mach ich nicht. Du behandelst sie so wie sie es nicht will. Sie muss selber entscheiden.“ „Ich weiss. Aber sie ist noch zu jung.“ „Und du zu dickköpfig.“
Fortsetzung folgt...
Tag der Veröffentlichung: 29.07.2010
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