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Kapitel 1

Mauro rappelte sich auf und ging zu dem großen Krug mit Wasser, der auf einer Anrichte stand. Er füllte sich davon etwas in die Schale und wusch sich. Lucius’ Blick prickelte angenehm auf seinem Rücken. Ohne sich umzuschauen, wusste er, dass der dekadente Mann einen ausgesprochen zufriedenen Gesichtsausdruck hatte.

Wie immer, nach einem Höhepunkt. Mauro schmunzelte, immerhin war er, wie zumeist, ebenso auf seine Kosten gekommen. Er wusste jedoch auch, dass er sich nun rasch aus dem Staub machen sollte. Meistens dauerte es nicht lange, bis sich der vom Sex vernebelte Verstand des Hausherrn klärte. Dann wurde der Mann wieder zu dem unnahbaren Römer, der sich mit einem Sklaven wie ihm nicht näher beschäftigte. Zumindest offiziell.

 

Er drehte sich um und ging auf die Liege zu, auf der Lucius sich ausgestreckt hatte. Die Spuren des vergangenen Erlebnisses zierten den Bauch des Mannes. Da Lucius die Augen geschlossen hatte, wagte Mauro einen etwas längeren Blick. Für sein Alter besaß Lucius einen ausgesprochen drahtigen Körper und war gut in Form. Die kurzen Haare waren von hellem Braun. Mauro spürte den Wunsch, über das kantige und mit Stoppeln übersäte Kinn zu streichen. Lucius’ Lider flackerten, sodass Mauro sich rasch ertappt abwandte und nach seiner Tunika griff. Er schlüpfte hinein. Just in dem Augenblick, als er die Kordel um die Taille binden wollte, ging ein spürbares Zittern durch den Boden. Er hielt inne und schloss für einen Moment die Augen.

„Ich werde wohl noch eine weitere Kerze für die Götter anzünden und einige Opfergaben vorbereiten lassen.“ Lucius seufzte leise und richtete sich auf.

 

Mauro äußerte sich nicht. Auch wenn ihm durchaus Antworten auf der Zunge lagen, ein rascher Blick auf Lucius’ Miene ließ ihn wissen, dass es nicht angebracht war. Der zuvor noch leidenschaftliche Ausdruck in den Augen des Mannes war kühl und distanziert geworden.

„Schick mir Ennio, damit er mir mit der Toga behilflich ist.“

 

Das war der offizielle Rauswurf für Mauro. Er nickte lediglich, schlüpfte noch rasch in die Sandalen und schob kurz darauf den Vorhang beiseite, der das Schlafzimmer vor unerwünschten Blicken schützte. Mauro schluckte den bitteren Geschmack, der aufkommen wollte, rasch hinab. Manchmal ärgerte er sich noch ein wenig über das Benehmen des Mannes. Auch wenn er wusste, wie Lucius sich verhielt. Es war immer das Gleiche. Kaum waren die hitzigen Momente erloschen, schlüpfte er in das Leben zurück, in dem Mauro lediglich als Sklave eine Rolle innehatte.

 

Mit großzügigen Schritten ging er durch das lichtdurchflutete Atrium und bog dann in den Gang ab, der zur Küche führte. Ennio sah stets zu, in einen der weit entferntesten Räume zu verschwinden, wenn Lucius sich mit ihm vergnügen wollte. Innerlich dankte er dem älteren Sklaven des Hauses für die eingeräumte Diskretion.

 

„Ennio?“, rief er, als er sich in der Nähe der Küche befand.

„Die Toga?“, erkundigte sich der Angesprochene und lugte um die Ecke.

„Genau.“ Mauro schenkte ihm ein schmales Lächeln und machte dann kehrt. Es war Zeit, an die Arbeit zurückzukehren.

 

 

Als er das Speisezimmer betrat, bebte die Erde ein weiteres Mal. Seit Tagen ging es so. Stets waren es leichte Erschütterungen, mal ließen sie sich Zeit und es blieb bei zwei bis drei pro Tag, manchmal folgten sie dichter aufeinander. Mauro hatte bereits von kräftigeren Beben gehört, sie aber selbst noch nicht erlebt.

Doch die Spuren des letzten großen, das Jahre zurücklag, waren noch immer in der Stadt zu erkennen. An allen Ecken und Enden wurde nach wie vor gebaut und wieder instand gesetzt. Die neusten Erschütterungen sorgten jedoch dafür, dass sich loses Mauerwerk verabschiedete, neue Risse in den Wänden entstanden und die eine oder andere Dachschindel versuchte, jemanden zu erschlagen.

 

Mauro biss die Zähne zusammen, denn das Beben hielt außergewöhnlich lang.

In der Stadt wurde zu Göttern gebetet, Schreine besucht, Kerzen angezündet und Gaben dargebracht. Ebenso wie Lucius es tat. Er selbst konnte damit nichts anfangen. Seine Wurzeln lagen wesentlich weiter südlich. Das sah man ihm nicht nur an, sondern man hatte ihn auch so getauft. Mauro – der aus Mauretanien.

 

Seine Eltern waren verschleppt worden, als er noch nicht mal laufen konnte. Zu Sklaven gemacht, wuchs er nicht nur in einer fremden Welt auf, sondern wurde zu einem Unfreien, ehe er das erste Wort sprach. Seine Kindheit lag in einem Nebel, den er nicht zu durchschauen vermochte. Die Erinnerungen an seine Eltern waren nur noch vage. Weitergereicht wie Vieh, war nur er übrig geblieben und weiterverkauft worden. Letztendlich zu seinem Glück, wie er über die Jahre gemerkt hatte. Mauro war nie entgangen und entging auch heute noch nicht, wie andere Sklaven behandelt wurden.

 

Sein Talent hingegen hatte ihn früh zu etwas Besonderem werden lassen. Cornelius, der inzwischen seit fast zwanzig Jahren sein Herr war, hatte ihn früh gefördert und Potenzial erkannt, das an anderen Orten

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Cat T. Mad
Lektorat: Bernd Frielingsdorf
Korrektorat: Bernd Frielingsdorf
Tag der Veröffentlichung: 10.01.2024
ISBN: 978-3-7554-6709-0

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