Cover

Hallo; ich heiße "Pfui, Aus" oder auch mal "böser Hund", je nachdem, was mein Herrchen für Laune hat. Ich lag unter dem hölzernen Ding, auf dem sie immer ihr Fressen abstellen. Natürlich nur ihres, meines steht am Boden und riecht bei weiten nicht so gut, wie dass ihre. Doch mir sind nur zwei Dinge wichtig. Erstens. Mein Herrchen hat immer recht. Zweitens, Hauptsache mein Bauch ist voll. Womit, ist erst mal irrelevant. Ich schrecke auch nicht vor den großen Fresskörben im Park zurück, in die die Zweibeiner ihre Reste werfen. Natürlich sehe ich mich vorher genau um, damit Herrchen mir nicht auf die Schliche kommt. Er mag es nämlich gar nicht, wenn ich so etwas tue. Er sagt dann immer so Sachen wie; „Böser Hund“ oder „Lass das! Aus!“ keine Ahnung warum. Nun ja, eines Tages, Herrchen roch wieder so komisch, gingen wir Gassi im Park. Meine Nase verriet mir, dass dort vorn, ein lecker Hamburger auf mich wartete. Ich tat so, als wäre der Fresskorb vollkommen uninteressant und ging daran vorbei. Herrchen lief noch ein Stück weiter, dann setzte er sich mit einer seiner stinkenden Flaschen auf eine Bank und machte mich los. Betont langsam schlich in einem weiten Bogen zu dem Fresskorb. Der Hamburger war so köstlich, dass ich vollkommen vergas, auf mein Herrchen zu achten. Ein scharfer Schmerz traf mich in die Seite, dann noch einer. Mein Herrchen tobte vor Wut. Wieder traf mich seine Schuhspitze, ich jaulte auf vor Schmerz und lief davon. Ich lief eine ganze Weile. Irgendwann war ich so Müde, dass ich mich unter einem Gebüsch zusammenrollte und die Augen schloss. Eine tiefe Stimme riss mich aus meinem Schlummer. „Na komm her; komm Kleiner!“ Ich sah mir den Zweibeiner etwas genauer an. Er sah mir genau in die Augen und zeigte mir seine weißen Zähne. Das mochte ich gar nicht, doch da ich keinen Stress mit ihm wollte. Ging ich langsam rückwärts und schob mich unter dem Gebüsch hervor, weg von dem Zweibeiner. Vielleicht war es ja sein Busch und er wollte ihn für sich haben. Ich sah mich um. Hier kam mir nichts mehr bekannt vor. Alles war fremd und roch falsch. Ich versuchte meiner Fährte zufolgen, um wieder nach Hause zukommen, doch ein Duft lenkte mich ab. Weiblich, Süß, verlockend. Mein Körper gehorchte mir nicht mehr. Er lief einfach dem Duft nach und so lief ich in die entgegengesetzte Richtung. Die Spur wurde stärker und stärker, je weiter ich ihr folgte. Dann endete sie plötzlich, mitten im Niemandsland. Keine Zweibeiner oder Häuser weit und breit. Ein Auto fuhr an mir vorbei, doch ich beachtete es nicht weiter, denn mein Magen knurrte. Ich hatte seit gestern Abend, nichts mehr gefressen. Also sah ich mich nach Fresskörben um. Doch hier gab es keine. Meine Nase nahm einen schwachen Duft wahr, der meine Sinne kitzelte und mir das Wasser im Maul zusammen laufen ließ. Maus. Meine Beine setzten der Spur nach, schließlich fand ich das Loch, von dem der Geruch ausging. Ich begann zu buddeln und fand schließlich meine Beute. Ohne viel Federlesen, machte ich einen Happs und weg war sie. Diese Prozedur wiederholte sich in den folgenden Tagen mehrere Male. Hin und wieder fand ich auch einen Fresskorb und so kam ich eines Tages in eine Stadt. Hier roch es überall nach leckerem Essen und Zweibeinern. Doch von denen hielt ich mich fern. Mein eigener Zweibeiner reichte mir, der würde schon genug mit mir schimpfen, wenn ich erst wieder zu Hause war.
Ich lief also durch die Straßen, immer auf der Suche nach etwas zu fressen. Den meisten Zweibeinern wich ich aus, doch manchmal erwischten sie mich, bei ihren Fresskörben und schrien mich an. Einer kippte mir sogar einen Eimer Wasser über den Kopf, ich brauchte eine ganze Nacht, um wieder trocken zu werden. Am meisten jedoch störten mich diese blöden Dinger, auf die sich die Zweibeiner setzten, um schneller zu sein. Die Dinger mit den großen runden Augen machten mir wirklich Angst. Also bellte und knurrte ich schon von weiten, wenn sich so ein Ding an mich heranschlich. Manch Zweibeiner schien auch Angst davor zu haben, denn sie traten immer wieder danach und um so schneller sie traten um so schneller liefen diese Dinger. Viel später lernte ich, dass die Zweibeiner Fahrrad dazu sagen. Aber selbst wenn sie die Dinger Lammkotelett genannt hätten, ich mochte sie nicht. Rrrrr.
Ein paar Tage später, ich war gerade bei einem späten Frühstück, tauchte eine Zweibeinerin auf. Doch da ich mit fressen beschäftigt war, bemerkte ich sie erst, als es zu spät war. Sie legte mir einen Strick um den Hals, an dessen Ende ein langer Stock war. Damit zerrte sie mich hinter sich her. Ein weiterer Zweibeiner stieg aus dem Auto und machte eine Tür auf. Ich warf einen Blick hinein und sah einen Käfig. Sie sperrten mich da rein. Und fuhren mich zu einem Gebäude außerhalb der Stadt. Dort durfte ich wieder aussteigen und wurde in einen anderen Käfig gesperrt. Mann stellte mir Fressen und Wasser hin und dann beginn das Warten. Tage vergingen immer im gleichen Rhythmus. Morgens kam jemand mit einem Schlauch und spritze den Käfig sauber, dann brachte er mir Wasser und Fressen. Am Nachmittag durfte ich auf die Wiese und anschließend wieder in den Käfig. Die Tage vergingen immer gleich, deswegen weis ich nicht mehr, wie lange es dauerte, bis eines Morgens eine Zweibeinerin mich mitnahm. Sie steckte mich in ihr Auto und wir fuhren eine weite Strecke. Die Zweibeinerin war noch jung, doch sie war eindeutig die Rudelführerin. Denn der kleinere Zweibeiner und die große Zweibeinerin hörten darauf, was sie sagte. Und so entschied ich auch, auf sie zuhören. Nach der langen Fahrt war ich froh aussteigen zudürfen. Meine Rudelführerin ging mit mir Gassi. Sie sprach nicht fiel und meckerte auch nicht ständig an mir rum, so wie mein Herrchen. Sie nahm mich mit zu sich nach Hause, zeigte mir einen Platz, wo ich schlafen sollte, doch er war dunkel und ich bekam Angst. Als sie mein Wimmern hörte, nahm sie mich mit zu sich und ich durfte vor ihrem Bett schlafen. Ich mochte sie, denn sie war nun mein Frauchen.
Mein Frauchen erklärte mir, was ich tun sollte und was besser nicht. Es machte Spaß, dass zu machen, was sie wollte, denn dafür bekam ich ein Lob und manchmal ein Leckerli. Sie gab mir einen neuen Namen. Ich heiße ab da Bobby. Sachen wie Pfui oder aus hörte ich auch, aber nur wenn ich etwas falsch machte. Nach einer Weile fühlte ich mich zuhause, ich vergas mein früheres Herrchen und schloss mein Frauchen ins Herz. Manchmal ärgerte ich sie, aber nicht mit Absicht. Nachdem ich alles konnte, was sie für wichtig hielt, dachte sie sich kleine Kunststücke aus. Zum Beispiel, wenn sie sagte, plus hieß, dass ich solle, nach Links gehen und bei Minus nach rechts. Das war toll, leider klappte es nicht umgekehrt so oft ich es auch versuchte, sie verstand mich einfach nicht. Aber naja Zweibeiner sind halt nicht so sprachbegabt wie Hunde. Also wenn mir ein Pekinese begegnet, braue ich jedenfalls kein Chinesisch-Deutsch Wörterbuch. Wir hatten viele gemeinsame Jahre, ich habe mein Herrchen nie wiedergesehen und auch nicht vermisst. Toll fand ich die Spaziergänge, wir fuhren jeden Tag woanders hin. Und mein Frauchen beschützte mich vor diesen gemeinen Fahrrädern. Ich brauchte gar keine Angst mehr vor ihnen zu haben. Denn sie passte ja auf mich auf. Dafür beschützte ich sie vor bösen Hunden, die sie beleidigten oder beißen wollten. Schön waren auch die Besuche beim Vater meines Frauchens, er war total lieb und ließ sich von mir um die Pfote wickeln. Am liebsten mochte ich verstecken spielen. Also dass lief so. Er sagte ich solle sitz machen und bleiben. Dann ging er in ein Haus ohne Türen und tauchte irgendwo anders wieder auf, ich habe nie begriffen wie der dass machte. Bei Feiern war ich immer mit dabei und ich brauchte nicht mal zu fragen, ob ich was von dem gegrillten bekomme. Sobald das Fressen abgekühlt war, reichten sie es mir runter, natürlich Schnauzen gerecht geschnitten. Es waren die schönsten Jahre meines Lebens. Ich hatte wirklich großes Glück, dass mein Frauchen mich liebte, obwohl viele sagten, ich sein ein hässlicher Mischling. Doch sie sagte mir immer, wie hübsch sie mich fand und wie sehr sie mich liebe und dafür liebte ich sie auch.

Nun bin ich alt, meine Knochen knacken bei jedem Schritt und tun mir weh. Lange werde ich nicht mehr bleiben. Sie fahren jetzt oft mit mir zum Tierarzt, doch auch er kann es nicht besser machen. Ich bin Müde und will nur noch schlafen. Eines Nachmittags träume ich davon, wie ich über eine grüne Wiese renne und mit meinem Frauchen Fange spiele. Dieser Traum wird niemals Enden, denn ich wache nicht mehr auf.


Für Bobby.

Ich hab dich gesucht, gefunden, geformt und gebunden.
Geliebt hab ich dich jeden Tag mehr, doch nun; nun bist du nicht mehr.

Wie oft hab ich dich gescholten, sitz, platz, aus; nie zog‘s du die Stirne graus.
Der Anfang war holprig, gar steinig und schwer, doch dass zählt alles nicht mehr.

Pech und Schwefel waren neidisch auf uns, selbst die Nachbarn, sahen uns mit Missgunst.
Wir waren glücklich, uns konnt keiner entzweien.

Nur einer hat es versucht, und legte nieder das Tuch.
Dein Wille erlosch, machte Platz der stummen Bitte.

Dein Wunsch war klar, doch wollten wir nicht, dass er wahr. Ein Jahr verging, voll Hoffnung und Bange, ehe es vorbei. Mein Herz brach entzwei.

Mein Freund, mein Herz, mein Leben. Ich würde meins, für deins geben.
Doch so läuft es nicht, in der Natur, dort gewinnt der Starke nur.

Der Abschied kam und schmerzte so sehr, dass mein Herz war leer. Keine Freude mehr innewohnte, für lange Zeit, nur Verlust und Einsamkeit.

Bobby; mein lieber Schatz, gib acht, dass du keine falschen Schritte machst. Vom Himmel, ist’s ein weiter Weg, wenn du ihn im Fall zurück gelegt.

*
In Gedenken, an den Besten Hund, den ich jemals kennenlernen durfte und der Leider viel zu früh gehen musste. Bobby ich werde dich niemals vergessen.

Hier der Zeitungsartikel über den ich Bobby, damals Max fand. Die Geschichte ist wahr und keine Fiktion.
Wenn sie einen Hund suchen, schauen sie doch mal im Tierheim. Ich habe es nie bereut.


Impressum

Texte: (C) Cover und Text Kathrin Große Zeitungsartikel siehe Bild.
Tag der Veröffentlichung: 04.02.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
In Gedenken, an den Besten Hund, den ich jemals kennenlernen durfte und der Leider viel zu früh gehen musste. Bobby ich werde dich niemals vergessen.

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