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Ein Rotkehlchen wird flügge


Die Rotkehlchen saßen rund um den Futterplatz, pickten eifrig die Körner, Nüsse und Früchte, die man für sie in Rindertalg eingebettet dort in gut erreichbarer Höhe oberhalb des Bodens im Vogelhäuschen festgemacht hatte. Ein Jungvogel aus dem zweiten Brutgelege war schlanker und kleiner als die älteren Vögel und fraß an diesem nasskalten und eisigen Tag noch schneller als diese. Der Schnee fing an zu tauen, doch da es noch früh in diesem Winter war, konnte das Wetter noch jederzeit wieder umschlagen, somit also neuen Schnee bringen.
Der Jungvogel piepte immer wieder zwischendurch, froh endlich nicht zu kurz zu kommen. „Frisst Du immer so schnell?“ tschilpte ein Altvogel sich ein wenig wun-dernd. „Ja, das habe ich gelernt während der Nestzeit. Ich war das kleinste und schwächste Tier, aber auch das Schlauste, ich will überleben!“ „Was meinst Du damit? Was hast Du in dieser Zeit erlebt?“ zirpte ein Altvogel.
„Ach meine Altvögel kümmerten sich mehr um die kräftigeren Geschwister, die überall auf dem Waldboden herum huschten. Ihr müsst wissen, unser Nest war in einem alten Schuh, also keine besonders sichere Unterkunft, wenn ihr mich fragt. Ich war ängstlich und schwächer, da ich immer als letztes versorgt wurde. Daher blieb ich näher beim Nest und verkroch mich auch mehr in den Fuß des Schuhs. Die Marder in der Nacht waren unsere größten Feinde. Die Marder sind ja so gefährlich, da sie sich so leise anschleichen, dass man sie nicht hört. Wenn man sie riechen kann, ist es im Prinzip schon zu spät, vor allem wenn man noch nicht wirklich fliegen kann. Ich lernte in der Zeit sehr schnell, am Tag immer wieder im Schuh zu schlafen, um Nachts munterer zu sein. Meine Warnungen verklangen ungehört oder kamen zu spät, genau kann ich dies nicht sagen. So nach und nach holten sie die anderen Jungvögel, ich kroch in die Schuhspitze, da fanden sie mich nicht. Der Marder hatte leichtes Spiel, er kam des Nachts, wo die meisten schlafen.
Am Tag sangen die Altvögel, besonders das Männchen und lehrte uns so den Gesang und was er zu bedeuten hatte. Wir übten ihn kräftig, damit wir ihn hoffentlich ihn für unser Leben anwenden konnten. So lernte ich die Gesänge, damit ich sie nun anwenden kann, wenn ich in der kommenden warmen Jahreszeit, ein Weibchen annehme. Ich werde dafür sorgen, dass ich mit dem Weibchen in meinem Revier zwei Nistplätze finde, die in sicherer Höhe liegen, damit mehr Junge groß werden.
Also hatten die Altvögel zum Schluss nur noch mich zu füttern, doch suchte ich mir auch schon mein eigenes Futter. Aber nach gut drei Wochen Nestzeit sind wir ja flügge und müssen selber zurechtkommen. Also übte ich am Tag das Fliegen bis ich mich endlich richtig in die Luft aufschwingen und dort halten konnte. Nachts verkroch ich mich in der Schuhspitze.
Die Altvögel hatten mich nun verlassen. Ich lernte ziemlich schnell, wie man einen Wurm aus der Erde zieht oder wie man eine Spinne knackt. Auch die Beeren der warmen Jahreszeit schmeckten mir ausgezeichnet. Langsam nahm ich zu und erwarb die Erfahrung, die man braucht, um nun in den kalten Winter zu starten.“ „Du hast gut gelernt und bist zäh und stark, auch wenn Du kleiner bist als wir!“ zwitscherte ein Rotkehlchen. Der Jungvogel ruckte mit seinem Köpfchen, als ob er sich für das Kompliment bedanken wollte. Doch als langsam die Dämmerung herein brach, erhob sich der Jungvogel, nahm Anlauf und flog in Richtung des nahen Waldes davon. Ein altes leeres Amselnest war bald gefunden, das in einer alten Kiefer gut versteckt lag, ihn so vor Regen und Schnee und auch vor der beißenden Kälte mit schützte.
Im Frühling des folgenden Jahres gehörte er zu den glücklichen Rotkehlchen, die von einem Weibchen angebalzt wurden. Der Jungvogel, der nun den vollen Erwachsenenstatus erreicht hatte, ließ sich einige Tage Zeit, die Balz zu akzeptieren. Dann begann der Kreislauf des Lebens von Neuem.


Gefährliches Badewasser für Meister Quakfrosch



Es war an einem Abend im Juni. Der Himmel war noch blau, die weißen Wolken bekamen langsam einen rosa Rand und einen goldenen Schimmer. Die Sonne ging langsam unter. Meister Quakfrosch, der älteste der Laubfrösche hier im Teich, saß auf einem Seerosenblatt. Um ihn herum hatte sich die ganze Bevölkerung der Laubfrösche dieses Teiches versammelt. An allen möglichen Ästen und Steinen und auf den kleineren Seerosenblättern hatte sie sich einen Platz gesucht. So erwarteten sie gespannt die neue Geschichte, die der Älteste nun erzählen wollte.
„Ach ja“, quakte er schon mit einer ein wenig brüchigen und rauen Stimme, die jedoch noch immer über den ganzen Teich trug. „ Es war auch so ein schöner Sommertag, ich war damals noch sehr viel unerfahrener, als ich fröhlich durch das hohe Gras eines Gartens sprang, der am Waldrand lag. Ich war auf dem Weg zum nahen Teich. Die Sonne schien heiß, etwas Abkühlung im frischen Wasser täte mir gut, so dachte ich es mir. Aber der Weg dahin sollte sehr aufregend werden.
„Wie ich da so sprang, kamen zwei dieser seltsamen Menschenkinder, in den Garten. Ihr wisst schon diese komischen Tiere, die nur auf zwei Beinen gehen und immer so buntes Leder um sich hängen, nie sieht einer mal so gleich wie der andere aus. Wie die sich vor ihren Feinden schützen, das verstehe einer mal von uns“. „Muss man davor Angst haben vor diesen bunten Menschen?“, ertönte ein Quaken aus dem Publikum. Langsam bewegte Meister Quakfrosch den Kopf: „Normalerweise sind sie ja nichts wovor man Angst haben muss. Sie fangen zwar gerne mal ein, setzen einen für ein paar Stunden auch mal in Glas, aber sie lassen einen ja auch wieder in die Freiheit zurück.“
„Aber diesmal war alles anders.“ „Warum, was denn so anders?“ erklang es von einem Seerosenblatt. „Na ja“, erklärte Meister Quakfrosch,“ Das kleinere und schnellere Menschenkind fing mich doch hinterrücks ein, strich dann mit den Fingern über mich. Weh tat es nicht, eher wie wenn Regen an einem hinab läuft. Dann rief das eine Menschenkind: ich hole einen Eimer, Oma hat einen im Schuppen, da ist Wasser drin! Doch dann holten sie einen „Eimer“, so nennen sie diese Behälter und setzten mich da hinein. Sie fanden es wohl lustig, wie ich da paddelte. Doch es war sehr seltsames Wasser, ganz weiß und seltsam schmierig. Ich hatte schon gesehen, wie diese Menschen damit ihre bunten Lederhäute waschen, dass denen das nicht die Haut verätzt und schmerzt.“
„Wie die ziehen ihre Häute aus!“ „ Ja, das tun sie, sie haben viele Häute, die sie ständig wechseln. Doch nun weiter! Dieses Wasser brannte zusätzlich ganz fürchterlich nun auf meiner Haut. Ich wollte nur noch da heraus. Panisch schwamm ich in dem Behälter, nichts, wo man daran heraus klettern konnte. Dann riefen sie etwas. Nun kam noch ein viel größerer Mensch angelaufen, sah in das Behältnis und fing an zu rufen und rannte weg.“ „ Wie so jemand großes fürchtet sich vor uns Fröschen?“ verlangte ein noch junger Frosch, der gerade laut genug quaken konnte, um von allen verstanden zu werden.
„Es gibt solche Kreaturen, die sich vor uns fürchten. Ich konnte vor Schmerzen gar nicht quaken, paddelte nur weiterhin hilflos vor mich hin. Ich wusste, wenn ich nicht bald aus dieser weißen Brühe heraus kam, würde meine Haut davon kaputt gehen. Stellt Euch das nur vor, meine schöne grüne Haut, ich kann mir doch keine neue wachsen lassen und diese auch noch austauschen, so wie diese Menschenwesen. Da endlich tat sich was. Die Stimme, die eben gerufen und sich dann entfernt hatte, kam näher, was würde wohl nun geschehen?“
Atemlos hörten die Frösche zu, nur das Quaken des erfahrenen Frosches klang krächzend durch den Abend. „Auf einmal ließ man eine Holzlatte in dieses Behältnis, endlich konnte ich mich schon halb entkräftet daran hochziehen und heraus kriechen. Dann ergoss sich Regen über mich aus einem Gegenstand, mit dem diese Wesen es nur an bestimmten Stellen nass werden lassen. War das eine Wohltat für mich. Dabei schien dieser große Mensch zu schimpfen mit Sophia und Felix, so hießen die Kinder.“
„Warum bekamen die Kinder Ärger? Nicht dass sie ihn sich nicht verdient hätten!!“, empörte sich ein Froschweibchen. „Diese unbedachten Kinder hatten die Waschlösung erwischt, die sie für ihre Häute benutzen. Das wussten sie nicht, daher erklärte und schimpfte die Mutter mit Sophia und Felix. Die Kinder brachten den gefährlichen Inhalt zurück in den Schuppen, wo er gestanden hatte. Dann setzte man mich in ein flacheres Behältnis um, das mit klarem Wasser gefüllt war. Was war das für eine Wohltat, das Brennen ließ nach, die Bewegungen wurden wieder befreiter und taten nicht mehr weh. Man hatte aber die Latte wieder entfernt.“ „Dann bist du ja doch nochmal gefangen worden, von diesen bösen Menschen, oder?“, kam es fragend aus dem Publikum.
„ Nein, sie waren nicht böse! Nur dachte ich auf einmal: Wollten die mich zu Tode schwimmen lassen, bis ich vor Erschöpfung sterben würde? Wozu sollte das gut sein? Aber es tat auch gut, alles was sich in den Hautporen an diesem Gift abgesetzt haben könnte wieder auszuwaschen, dafür war diese Anstrengung schon gut, aber wie lange sollte dies nun dauern. Ich hatte Hunger und wurde müde. Ihr wisst, wir brauchen immer wieder unsere Pausen an Land. Endlich reichte man mir wieder die Holzlatte, wartete bis ich mich dort hinauf gewuchtet hatte, trug mich an die Hecke mit Büschen und ließ mich ins Gras springen. Ich hatte überlebt. Meine Haut fühlte sich wieder sauber an und ich erholte mich schnell. Außerdem erkannte ich, dass Sophia und Felix nur aus Unwissen falsch gehandelt hatten, nicht weil sie bösartig waren.“
„Das war ja ein sehr aufregender Tag für Dich, alter Meister!“, quakte die Froschgesellschaft nun im Chor. „Also meine lieben Laubfrosch seid auf der Hut, wenn man euch fangen will, nicht immer ist es nur ein Glaskasten, in dem man euch setzt.
Nachdem ich ausgeruht hatte und mir noch eine oder zwei Fliegen gefangen hatte, hüpfte ich durch das hohe schon gelb werdende Gras zum See, wo ich unbeschadet einige Zeit lebte. Irgendwann wanderte ich weiter, bis ich diesen hübschen See mit den herrlichen großen Seerosen fand, in dem ich nun für den Rest meines Lebens bleiben werde. Quak, quak!“

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 29.01.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
für meine Nichten und Neffen, die mich angeregt haben auch Geschichten für Kinder auszuprobieren

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