Krimi von Pete Hackett
Der Umfang dieses Buchs entspricht 73 Taschenbuchseiten.
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„Ich bin gespannt, was die Kisten an Überraschung für uns bereit halten“, sagte Special Agent Owen Burke ins Mikrophon und starrte auf den Monitor, der die Bilder ausstrahlte, die der Satellit aufzeichnete. Mitten im Long Island Sound dümpelten ein Frachter und eine große Yacht. Längliche Kisten wurden von der Yacht auf den Frachter umgeladen. Man bediente sich hierzu eines Krans, der zur Ausstattung des Frachters gehörte.
An verschiedenen Stellen waren im Long Island Sound Boote der Küstenwache positioniert. Von einem V-Mann hatte das FBI den Tipp erhalten. Er hatte in einer Kneipe in der Lower East Side aufgeschnappt, dass am 12. April auf dem Long Island Sound von einem Frachter hundert Panzerfäuste übernommen werden sollten. Woher die Panzerfäuste stammten wusste der V-Mann nicht, ebenso wenig, auf welchem Weg sie nach New York gelangt waren.
Nur soviel war klar. Es handelte sich um einen groß angelegten Waffenschmuggel. Und das FBI hatte sich vorgenommen, den Waffenschmugglern in die Suppe zu spucken. Owen Burke führte das Kommando von der Andrew Jackson aus.
Bei ihm befanden sich einige Männer, die zur Besatzung der Andrew Jackson gehörten. Jeder starrte fasziniert auf den Monitor. Der Kran hievte eine der Kisten von der Yacht auf den Frachter. Burke hob das Mikro vor seinen Mund und befahl den Zugriff. Der Kapitän der Andrew Jackson rief einige Befehle, die weitergegeben wurden. Die Motoren des Bootes sprangen an, dann setzte sich die Andrew Jackson in Bewegung, verließ die Mündung des Bronx River, wo sie gelegen hatte, und nahm Kurs auf die Yacht und den Frachter.
Von Osten, Westen und Süden näherten sich weitere Boote der Wasserschutzpolizei. Die Yacht und der Frachter kamen in Sicht. Sie lagen dicht beisammen. Männer standen auf Deck beider Boote und beobachteten die Schiffe, die sich ihnen näherten. Sicherlich fühlten sie sich nicht sehr wohl in ihrer Haut. Schließlich war die Andrew Jackson auf Rufweite heran und Burke sagte in den Lautsprecher: „Hier spricht Special Agent Burke vom FBI New York. Ergeben Sie sich. Widerstand ist zwecklos.“
Plötzlich aber löste sich die Yacht von dem Frachter und nahm Fahrt auf. Sie versuchte, zwischen zwei der Polizeiboote hindurchzukommen und zu fliehen. Eines der Boote veränderte seinen Kurs. Eine von einem Lautsprecher verstärkte Stimme erklang: „Geben Sie auf! Zwingen Sie uns nicht, auf Sie zu schießen.“
Die Yacht drehte bei.
Der Rest ging glatt über die Bühne. Die Besatzungen beider Schiffe wurden verhaftet und die Kisten sichergestellt. Es handelte sich in der Tat um hundert Panzerfäuste. Die Schiffe wurden in den Hafen geschleppt. Raymond Bernhard, der Kapitän der Ocean Star, des Frachters also, der die Waffen übernehmen sollte, wurde ins Field Office gebracht.
Die Agents Burke und Harris verhörten ihn.
„Die Panzerfäuste stammen aus Restbeständen der sowjetischen Armee“, erklärte Bernhard. „Sie waren für Sierra Leone bestimmt.“
„Und wurden sicher mit Rohdiamanten bezahlt“, sagte Burke.
„Das weiß ich nicht. Ich habe auch keine Ahnung, wie sie in die USA gekommen sind. Sie sollten sich vielleicht einmal mit James Golden unterhalten. Er ist Besitzer der Yacht, mit der die Waffen in den Long Island Sound transportiert wurden.“
Von dem Kapitän war nicht viel zu erfahren. Also fütterten die Agents den Computer mit dem Namen James Golden. Der Name erschien weder im Zentralcomputer des FBI, noch in dem des Police Departments. Golden war polizeilich noch nicht in Erscheinung getreten. Doch im Adressbuch New Yorks wurden die Agents fündig. Golden wohnte in der 12th Street.
Es war ein Hochhaus, in dem Ärzte und Rechtsanwälte sowie ein Wirtschaftsprüfungsunternehmen untergebracht waren, das aber auch Wohnzwecken diente. In der Halle des Gebäudes gab es eine Rezeption. Der Portier rief bei Golden an und erklärte ihm, dass ihn zwei Gentlemen vom FBI sprechen wollten. Das Apartment von Golden befand sich in der siebten Etage. Die Agents fuhren mit dem Lift nach oben. Golden - ein Mann um die fünfzig Jahre mit grauen Haaren -, erwartete die Beamten schon unter der Tür und musterte sie fragend.
Burke wies sich aus und stellte Ron Harris vor. Wahrscheinlich wusste Golden noch nichts davon, dass das FBI den Deal auf dem Long Island Sound verhindert und seine Yacht beschlagnahmt hatte. Golden bat die Agents in seine Wohnung. Im Wohnzimmer saß eine Lady von etwa fünfunddreißig Jahren auf der Couch und rauchte. Sie erwiderte den Gruß der Besucher und lächelte freundlich. Es war eine attraktive Frau, und Burke fragte sich, ob es sich um die Gattin von Golden handelte.
„Was habe ich mit dem FBI zu tun?“, fragte Golden und vermied es, einen der Agents anzusehen. Seine Stimme klang belegt, er verriet Unsicherheit.
„Wir haben Ihre Yacht beschlagnahmt“, erklärte Burke.
Golden wechselte die Farbe. In seinen Mundwinkeln zuckte es. Er zog die Unterlippe zwischen die Zähne und kaute darauf herum.
„Wer beliefert Sie mit Waffen?“, fragte Harris.
Golden räusperte sich, schluckte, und sagte: „Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden, Agents.“
„Es geht um hundert Panzerfäuste, die von Ihrer Yacht auf die Ocean Star umgeladen werden wollten. Hundert Panzerfäuste, die für Sierra Leone bestimmt waren.“
„Ich will meinen Anwalt verständigen“, stieß Golden hervor.
Burke nickte. „Dieses Recht haben Sie. Im Übrigen sind Sie festgenommen. Sie haben das Recht zu schweigen …“
Owen Burke klärte Golden über seine Rechte auf, dann legte ihm Ron Harris Handschellen an. „Der Haftbefehl wird Ihnen innerhalb von vierundzwanzig Stunden präsentiert, Mister Golden“, versprach Burke.
Den Haftbefehl zu erwirken war nur eine Formsache. Golden wurde in die U-Haft nach Rikers Island überführt. Die Agents hatten sich bei ihrem Vorgesetzten, dem Direktor des FBI New York, zur Besprechung eingefunden. Sie saßen an dem kleinen Konferenztisch, um den einige lederbezogene Stühle herumstanden.
„Golden hat ein Teilgeständnis abgelegt“, erklärte Owen Burke. „Danach wurden die Panzerfäuste im Auftrag von Fjodor Smirnov hier in den USA aufgekauft.“
„Fjodor Smirnov ist das Synonym für internationalen Waffenschmuggel“, sagte der Assistant Director nachdenklich. „Er lebt in Saudi Arabien und verfügt über weitreichende Verbindungen. Staatsmänner gehören zu seinen Duzfreunden. An ihn heranzukommen dürfte schwer sein.“
„Um nicht zu sagen unmöglich“, bemerkte Ron Harris und fügte sogleich hinzu: „Man müsste ihn nach Amerika locken.“ Er grinste. „Aber der gute Mann wird uns was husten, und sich in die Höhle des Löwen begeben.“
„Es wäre schon ein großer Erfolg, wenn wir seine Handlanger hier in Amerika ausschalten könnten“, meinte der AD.
„Golden hat keine Namen verraten“, gab Burke zu verstehen. „Wahrscheinlich hat er Angst.“
„Haben Sie mit ihm über die Kronzeugenregelung gesprochen gegebenenfalls auch über den Zeugenschutz? Wir haben doch Möglichkeiten.“
„Sicher. Aber Golden war nicht dazu zu bewegen, mehr preiszugeben, als dass er zu Smirnovs Verein gehört. Die Wohnungsdurchsuchung hat nichts ergeben. Lediglich soviel ließ er durchblicken, dass er nicht alleine arbeitete.“
„Wir müssen alles daransetzen, um zu verhindern, dass von amerikanischem Boden aus Waffen nach Sierra Leone oder in andere von Bürgerkriegen zerrüttete Länder gehen. Tun Sie alles, um den Waffenschmuggel in unserem Land zu unterbinden.“
„Wir werden sämtliche Hebel in Bewegung setzen, um diesem Auftrag gerecht zu werden, Sir“, versprach Burke.
„Das weiß ich“, versetzte der AD. „Was haben Sie als nächstes vor?“
„Zunächst werden wir uns noch einmal mit Golden befassen“, antwortete der Special Agent. „Und dann – nun, wir werden sehen. Kommt drauf an, welche Erkenntnisse wir aus der neuerlichen Vernehmung von Golden gewinnen. Vielleicht können wir ihn doch noch davon überzeugen, dass es für ihn von Vorteil wäre, wenn er sich kooperativ zeigen würde.“
„Ich wünsche ihnen viel Glück dabei“, murmelte der AD.
Burke und Harris begaben sich in ihr Büro, zogen ihre Jacken an und fuhren in die Tiefgarage. Wenig später saßen sie im Dodge Avenger und Ron Harris lenkte ihn in Richtung Brooklyn Bridge, um den East River zu überqueren.
Es war um die Mitte des Vormittags und die Stadt stand wieder einmal vor dem verkehrsmäßigen Kollaps. Ein Hupkonzert erfüllte die Straßen und es ging nur stockend voran. Ein Nervenkrieg. Adrenalin wurde ausgeschüttet, Aggressionen stauten sich. Immer wieder war das Heulen von Sirenen zu vernehmen.
Es nieselte leicht. Das unbeständige Aprilwetter hatte den Big Apple fest im Griff. Der Winter bäumte sich immer wieder auf und bot dem Frühling Paroli. In den Nächten war es noch erbärmlich kalt. Jedoch die Bäume und Büsche zeigten schon das erste zaghafte Grün. Zeichen dafür, dass der Frühling langsam den Sieg über den Winter davontrug.
Sie gelangten nach Brooklyn und wandten sich nach Norden. Ihr Ziel war Rikers Island.
Sie benötigen über eine Stunde. Dann stellte Harris den Dienstwagen auf dem großen Parkplatz vor dem Gefängnis ab. Da die Agents hier bekannt waren, bedurfte es keiner großen Formalitäten, um zu erreichen, dass ihnen Golden vorgeführt wurde. Sie befanden sich in einem Raum, in dem nur ein Tisch stand, um den vier Stühle gruppiert waren. Burke bat den Wachtmeister, Golden die Handschellen abzunehmen.
Golden leckte sich unablässig über die Lippen. Er fühlte sich nicht wohl in seiner Haut. Jeder Zug seines Gesichts verriet Unsicherheit und sein Blick sprang nervös zwischen den beiden Beamten hin und her. „Was wollen Sie? Ich habe Ihnen schon alles gesagt.“
„Wir wissen lediglich, dass Sie für Smirnov arbeiten“, versetzte Burke. „Internationaler Waffenschmuggel. Wir wollen Namen hören, Mister Golden. Mit wem arbeiten Sie hier in den USA zusammen?“
James Golden schwieg verbissen. Die Agents konnten ihm bieten, was sie wollten - er schwieg.
Sie nahmen mit Cody Short, einem V-Mann des FBI, Verbindung auf. Von ihm hatten sie auch den Tipp mit der Waffenübergabe im Long Island Sound. „Die Kneipe, in der ich von dem Deal hörte, nennt sich Mary’s Lounge“, erzählte Short. „Ob es von dort aus einen heißen Draht zu den Waffenschmugglern gibt, weiß ich nicht. Es war wohl eher Zufall, dass ich zu der Information kam.“
Nichtsdestotrotz begab sich Owen Burke am Abend in Mary’s Lounge, einen schummrigen Schuppen in der Cherry Street. Es war 21 Uhr vorbei.
An den Tischen saßen fast ausschließlich Kerle. Der Special Agent setzte sich an der Bar auf einen der Hocker. Ein Keeper fragte ihn, was er trinken wollte. Er bestellte ein Gedeck, wusste aber, dass ich weder das Bier noch den Schnaps anrühren würde, weil er mit dem Auto gekommen war.
„Können Sie mir helfen?“, fragte Burke den Keeper. „Ich suche jemand.“
Der Special Agent sprach gerade so laut, dass ihn der Bursche verstehen konnte. Er schaute Burke an. „Wen suchen Sie denn?“
„Einen Mann namens James Golden.“
„Sind Sie ein Polizist?“
„Nein. Ich möchte mit Golden ins Geschäft kommen.“
Der Keeper zuckte mit den Achseln. „Ich kenne keinen James Golden und kann Ihnen daher leider nicht helfen. Tut mir leid.“ Er wandte sich ab.
Burke verließ nach einer
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: (C) ALFRED BEKKER CASSIOPEIAPRESS
Bildmaterialien: Steve Mayer
Tag der Veröffentlichung: 29.03.2017
ISBN: 978-3-7438-0543-9
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