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FBI Special Agent Owen Burke Band 48 und 49

Die Jagd auf einen Toten (Doppelband)

Krimi von Pete Hackett

 

Ein CassiopeiaPress E-Book

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© der Digitalausgabe 2015 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

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Der Umfang dieses Buches entspricht 85 Taschenbuchseiten.

 

 

1

Ein Mann namens Edward Biggers, sein Gattin Hazel sowie ihr zweijähriger Sohn waren in ihrem Haus in Brooklyn brutal ermordet worden. Zunächst war es ein Fall für die Mordkommission, doch dann stellte sich heraus, dass es sich bei dem Zweijährigen um ein adoptiertes Kind aus Malawi handelte, und so wurde der Fall an das FBI abgegeben.

Der Direktor des FBI New York beauftragte die Special Agents Owen Burke und Ron Harris mit den Ermittlungen. Owen Burke nahm sofort mit Detective Lieutenant James Howard vom Police Department telefonisch Verbindung auf. Howard sagte: „Wir gehen davon aus, dass es sich um eine illegale Adoption handelte. Das Haus Biggers’ wurde von der Spurensicherung regelrecht auf den Kopf gestellt, die Adoptionspapiere sind allerdings spurlos verschwunden.“

„Kann man davon ausgehen, dass die gegebenenfalls illegale Adoption auch der Grund für die Morde ist?“, fragte Owen Burke.

„Ja“, antwortete Howard ohne zu zögern und fügte sogleich hinzu: „Es ist wohl so, dass Biggers dem Vermittler auf die Schliche kam. Seine Kontoauszüge verraten, dass er etwa vier Monate vor seiner Ermordung von seinem Privatkonto hunderttausend Dollar abgehoben hat, zwei Monate später weitere hunderttausend. Und genau seit dieser Zeit war der Junge bei den Biggers’.“

„Ja, daraus kann man eine Reihe von Schlüssen ziehen“, murmelte Burke. „Zweihunderttausend für ein Kind – ein nettes Sümmchen.“

„Ja, das kann man wohl sagen. Dafür muss eine alte Frau lange stricken. Wir haben außerdem herausgefunden, dass Biggers am Tag vor dem Mord vom Apparat seines Büros aus mehrere Telefongespräche geführt hat. Natürlich sind wir sämtlichen Telefonaten nachgegangen und haben die Gesprächsteilnehmer intensiven Verhören unterzogen; wir haben sozusagen die Spreu vom Weizen getrennt.“

„Und? Was habt ihr herausgefunden?“, wollte Burke wissen.

„Nicht viel. Der Junge war aus Malawi. Das steht fest. Aus welcher Stadt er kommt, das wissen wir allerdings nicht. Da es nicht den geringsten Hinweis auf eine legale Adoption gibt, gehen wir davon aus, dass das Kind illegal in die Staaten gebracht worden ist. Sicher dürfte auch sein, dass Biggers zweihunderttausend Dollar an den Vermittler abgedrückt hat. - Wer aber war der Vermittler? Wer hat den Biggers’ auf – hm, unbürokratische Weise den Jungen besorgt, und woher kam das Kind genau?“

„Es gibt also eine ganze Reihe unbeantworteter Fragen“, konstatierte Owen Burke.

„Biggers hat dem Vermittler entweder gedroht, ihn auffliegen zu lassen, oder er hat ganz einfach nur sein Geld zurückgefordert - oder beides. Daraufhin hat der Vermittler einen Killer zu Biggers geschickt, und der hat auch die - sicherlich gefälschten - Adoptionspapiere aus Biggers’ Haus geholt.“

„Einen Killer?“

„Davon gehen wir aus“, erklärte James Howard. „Es ist so gut wie sicher, dass der Killer und der Baby-Vermittler nicht identisch sind. Die Frage ist, wer sich hinter dem Vermittler verbirgt. Entlarven wir ihn, kriegen wir auch den Killer.“

„Ihr habt einige Verdächtige herausgefiltert“, gab Owen Burke zu verstehen.

„Nicht einige, nur einen, Owen. Von all den Leuten, die wir in die Mangel genommen haben, ist lediglich Philip Hayden übrig geblieben. Der Mann verdient zwar sehr gut, seinen aufwändigen Lebensstil aber kann er sich mit dem Gehalt, das ihm sein Arbeitgeber zahlt, gewiss nicht leisten. Von seiner Sekretärin wissen wir, dass er am Tag vor dem Mord nach Biggers’ Anruf überstürzt und mit dem vagen Hinweis auf einen auswärtigen Termin sein Büro verlassen hat. Es war aber kein Termin vermerkt an diesem Nachmittag.“

„Was arbeitet er denn?“, fragte Burke.

„Er ist Einkaufsleiter in einem Unternehmen für Anlagentechnik, in seine Zuständigkeit fällt der Export von Industriemisch- und Entstaubungssystemen, mechanischen und pneumatischen Förderanlagen und so weiter und so fort. Das Unternehmen liefert einzelne Anlagenkomponenten, realisiert Teilanlagen oder übernimmt den kompletten Anlagenbau: vom Engineering über das Projektmanagement bis hin zur Inbetriebnahme. Hayden hat im Zusammenhang mit seinem Job gute, um nicht zu sagen hervorragende Kontakte ins Ausland, so auch nach Malawi.“

„Dann werden wir uns Philip Hayden noch einmal zur Brust nehmen“, knurrte Owen Burke.

„Wenn er der Vermittler ist, dann ist es sicher keine einmalige Sache gewesen“, vermutete James Howard. „Denn selbst wenn er von Biggers zweihunderttausend Dollar kassiert hat, so reicht dieses Honorar nicht aus, um derart in Saus und Braus zu leben. Möglicherweise ist er sogar der Kopf einer Bande, die den Kinderhandel zu ihrem Haupterwerb gemacht hat.“



2

Die beiden Special Agents statteten Philip Hayden einen Besuch an seinem Arbeitsplatz ab. Mrs Sears, die ältliche Sekretärin im Vorzimmer, meldete die beiden Beamten bei Hayden an und der ließ sie bitten, in sein Büro zu kommen.

Die beiden G-men wiesen sich Hayden gegenüber mit ihren ID-Cards aus.

Hayden saß hinter seinem Schreibtisch, musterte sie irgendwie lauernd und mit wachsamer Zurückhaltung und es war, als versuchte er in ihren Gesichtern zu lesen; ein intensives Erforschen und Einschätzen. Was hinter der Stirn Haydens vorging, war nicht zu erkennen. Er bot den Agents Plätze an seinem Besuchertisch an, und als die beiden saßen, fragte er:

„Was kann ich für Sie tun, Gentlemen? Ich nehme an, es geht um die Mordsache Biggers.“

Seine Hände lagen auf der polierten Tischplatte. Als er die Rechte jetzt zurückzog, war dort, wo sie gelegen hatte, ein feuchter Fleck zu erkennen. Hayden war offensichtlich sehr nervös.

Owen Burke registrierte es, nickte und übernahm es, zu antworten, indem er sagte: „So ist es, Mister Hayden. Der Fall ist in die Zuständigkeit des FBI übergegangen. Gestatten Sie, dass wir Ihnen im Zusammenhang mit der Angelegenheit noch einige Fragen stellen?“

Hayden zog den Mund schief. „Weshalb plötzlich das FBI?“

„Es geht um illegale Adoption – einfacher ausgedrückt um Kinderhandel, Mister Hayden. In der Sache Biggers lassen sämtliche bisher getroffenen Feststellungen darauf schließen, dass das brutal ermordete Kind auf gesetzeswidrige Art und Weise zu den Biggers’ kam.“

Burke ließ Philip Hayden nicht aus den Augen, er erwartete irgendeine Reaktion, aber Hayden zeigte nichts, außer einem betont gelangweilten, teilnahmslosen Blick, der von einem der G-men zum anderen sprang.

„Ich bin zwar schon von der Mordkommission in die Mangel genommen worden“, erklärte er etwas unwirsch und genervt. „Aber bitte, fragen Sie. Doch denken Sie daran, G-men, dass meine Zeit begrenzt ist.“

„Natürlich, Mister Hayden.“ Ron Harris hatte das Wort ergriffen. „Also, beginnen wir bei dem Telefonat, das Biggers mit Ihnen am Tag vor seiner Ermordung führte. Weshalb hat Biggers Sie angerufen?“

Hayden lehnte sich zurück und legte die Stirn in Falten. „Auch das habe ich schon zu Protokoll gegeben. Es war geschäftlich, G-man - rein geschäftlich. Wir arbeiten in derselben Branche.“

„Sind Sie nicht im Auslandsgeschäft Ihres Arbeitgebers tätig, Mister Hayden?“, fragte Owen Burke.

„Sicher. Aber mir war es nicht untersagt, im Namen der Firma auch Inlandsgeschäfte zu tätigen. Sie können das gerne nachprüfen, G-men.“

„Haben Sie Biggers etwa bei einem Geschäft übers Ohr gehauen?“, fragte Ron Harris lächelnd.

„Übers Ohr gehauen?“, echote Hayden und schaute verstört. „Wie kommen Sie darauf?“

„Nun, Biggers war ziemlich aufgebracht, als er mit Ihrer Sekretärin sprach. So erzählte es zumindest Mrs Sears den Beamten der Mordkommission.“

„Biggers war ein unverbesserlicher Choleriker, wenn es ums Geschäft ging“, versetzte Hayden starr grinsend. „Ja, es ging um einen kleinen Fehler in einer Anlage, aber ich sagte ihm zu, dass unser Betrieb im Rahmen unserer Gewährleistungspflicht die Sache unbürokratisch und unverzüglich bereinigen werde. Sein Zorn war schnell verraucht.“

„Und gleich nach dem Gespräch mit Biggers haben Sie Ihr Büro verlassen, um einen Termin wahrzunehmen“ stellte Owen Burke fest. „Mit wem hatten Sie einen Termin vereinbart?“

„Na, mit wem wohl?“, versetzte Hayden. „Ich bin zu Biggers gefahren, um mit ihm das Nähere wegen seines Gewährleistungsanspruchs zu besprechen. Es nahm zusammen mit der Hinfahrt fast zwei Stunden in Anspruch.“

„Wie eng sind Ihre Kontakte nach Afrika - genauer gesagt nach Malawi?“

„Die geschäftlichen Beziehungen sind ziemlich eng. Das können Sie sich ja denken. Die Firma, für die ich arbeite, ist ein Weltunternehmen. Und ich bin hier Chef der Exportabteilung.“

„Private Beziehungen zu irgendwelchen Leuten dort unten?“

„Mein Privatleben geht das FBI nichts an!“, begehrte Hayden auf.

„Da sind wir anderer Meinung, Mister Hayden“, versetzte Burke kühl. „Es geht immerhin darum, ein Kapitalverbrechen aufzuklären. Also antworten Sie.“

Die letzten drei Worte waren zwingend und fordernd aus Owen Burkes Mund gekommen.

Haydens Augen blitzten kämpferisch. „Was wollen Sie überhaupt von mir? Denken Sie denn, ich –„ Hayden tippte sich mit dem Daumen gegen die Brust, „- bin in Biggers’ Haus eingebrochen und habe die ganze Familie ausgelöscht?“

„Nein“, erklärte Ron Harris bedächtig, „das denken wir nun nicht gerade, Mister Hayden. Aber als Sie nach dem Gespräch mit Biggers ziemlich überstürzt ihr Büro verließen, murmelten sie etwas von einem Termin. Ein Termin war aber in Ihrem Terminkalender nicht vermerkt. Weshalb sagten Sie Ihrer Sekretärin nicht, dass sie zu Biggers fahren?“

„Weil ich meiner Sekretärin keine Rechenschaft schuldig bin“, stieß Hayden zwischen den Zähnen hervor.

Owen Burke lächelte hintergründig. „Sie verließen das Büro um 14 Uhr 25.“

„Das mag sein. Ich hab nicht auf die Uhr gesehen.“

„Und Sie haben sich mit Biggers in seiner Firma getroffen.“

„Natürlich. Wo sonst.“ In Haydens Augen blitzte es auf. „Ich weiß ja nicht mal, wo Biggers wohnt.“

„Wie lange sind Sie von hier aus gefahren, um zu Biggers zu gelangen?“

„Vierzig, fünfundvierzig Minuten etwa.“

„Dann können Sie Biggers kaum noch angetroffen haben, Mister Hayden. Denn er ist gleich nach dem Gespräch mit Ihnen nach Hause gefahren.“

„Unmöglich“, behauptete Hayden.

„Doch, das ist so. Wir wissen es definitiv“, kam es schneidend von Owen Burke. „Wir haben nämlich die Kollegen Biggers noch einmal vernommen. Mit einem der Männer hat Biggers sich auch ziemlich ausführlich über das Procedere einer Auslandsadoption unterhalten - das Verfahren, wenn alles seinen geregelten Weg geht. Er erzählte dem Mann, dass es oft viele Monate, manchmal ein Jahr und noch länger dauert, bis eine Adoption über die Bühne ist. Es sind zig Papiere auszufüllen und eine Reihe von Behörden einzuschalten. Unter Umständen sind sogar Reisen in das Land notwendig, aus dem das zu adoptierende Kind stammt. Dabei machte Biggers auch Andeutungen, dass so etwas viel schneller gehen kann, wenn man nur die richtigen Verbindungen und das nötige Kleingeld hat.“

„Das wird wohl so sein“, knurrte Hayden. „Die Verbindungen und genug Geld auf dem Konto.“

„Zweihunderttausend Dollar zum Beispiel“, kam es wie aus der Pistole geschossen von Burke.

„Wie kommen Sie auf diese Summe?“, blaffte Hayden. Seine linke Braue zuckte in die Höhe.

Burke hob nichtssagend die Schultern und ließ sie wieder sinken. „Tut nichts zur Sache. - Jedenfalls fiel in dem Gespräch im Zusammenhang mit einer schnellen Adoption Ihr Name, Hayden.“

Philip Hayden saß plötzlich kerzengerade auf seinem Stuhl, als hätte er einen Besenstiel verschluckt, seine Züge entgleisten, er knallte die flache Hand auf den Tisch.

„Was will man mir in die Schuhe schieben?“, herrschte er die G-men an. „Braucht man einen Sündenbock? Soll ich dafür herhalten, nur weil Biggers einen Tag, bevor er erschossen wurde, mit mir telefonierte? Wissen Sie was, G-men, ich sage von jetzt ab kein Wort mehr. Mein Rechtsanwalt wird mit Ihnen verhandeln - soweit es überhaupt noch etwas zu verhandeln gibt.“

„Wir werden sehen“, knurrte Burke unbeeindruckt. „Eine Frage noch, Mister Hayden.“

Während er sprach, hatte sich Burke erhoben, trat einige Schritte vor und stand vor Haydens Schreibtisch.

„Fragen Sie meinen Anwalt!“, schnaubte Hayden. „Ich …“

Er verstummte, als sich Owen Burke mit beiden Armen auf den Schreibtisch stützte und seinen Oberkörper weit zu ihm hinüber beugte. In den Augen des G-man war ein unnachgiebiges Glitzern.

„Womit finanzieren Sie Ihren aufwändigen Lebensstil? Wir wissen, was Ihr Arbeitgeber Ihnen bezahlt. Das ist zwar einiges mehr, als zum Beispiel ein Special Agent beim FBI verdient, dürfte aber kaum ausreichen, um sich eine Segelyacht, einen wahren Palast im teuersten Wohngebiet New Yorks und noch ein paar andere Dinge mehr - sehr teure Dinge - zu leisten.“

„Sie haben sich ja ziemlich genau über mich informiert!“, fauchte Hayden.

„Richtig“, schnappte Harris. „Auf der Liste unserer Verdächtigen stehen Sie nämlich an vorderster Stelle. Leider reicht das, was wir wissen, noch nicht aus, um Sie festzunageln. Aber wir bleiben am Ball. Und ich bin mir sicher, dass …“

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: (C) ALFRED BEKKER CASSIOPEIAPRESS
Bildmaterialien: Firuz Askin
Tag der Veröffentlichung: 10.05.2015
ISBN: 978-3-7368-9413-6

Alle Rechte vorbehalten

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