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Mörderspiel

Kriminalroman von Alfred Bekker

 

Der Umfang dieses Buchs entspricht 112 Taschenbuchseiten.

 

Leslie Craven ist Mitarbeiter einer literarischen Agentur und führt ein unauffälliges, zurückgezogenes Leben.

Bis er eines Tages verschwindet, nachdem er kurz zuvor von zwei Unbekannten bedroht wurde. Einer der beiden Angreifer findet sich dann wenige Tage später als Leiche im East River wieder. Bount Reiniger wird beauftragt, Craven zu suchen und schon nach kurzer Zeit stellt sich heraus, dass an diesem Mann nichts stimmt - weder Name noch Lebenslauf. Craven lebte unter einer falschen Identität. Je weiter Bount Reiniger in mit seinen Ermittlungen vordringt, desto tiefer gerät Bount Reiniger in den Strudel ebenso mysteriöser wie lebensgefährlicher Ereignisse, die in irgendeinem Zusammenhang mit Cravens Doppelleben stehen. Als Bount Cravens Schwester aufstöbert, lauern ihm Unbekannte auf und er entkommt ihnen nur knapp. Plötzlich gerät der Privatdetektiv in das Visier von Andy Carillo, einer rachsüchtigen Unterweltgröße, mit der Leslie Craven eine offene Rechnung zu haben scheint.

Die Ereignisse überschlagen sich. Ein toter FBI-Mann bringt Verwirrung, bevor Bount die richtige Spur findet...

 

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

© by Author

© dieser Ausgabe 2015 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

www.AlfredBekker.de

postmaster@alfredbekker.de

Hauptpersonen:

Leslie Craven ist ein Mann, an dem nichts so ist wie es scheint.

Joricia Nolan gerät in große Bedrängnis.

Andy Carillo ist nach New York gekommen, um alte Rechnungen zu bezahlen.

Toby Rogers hat ein paar Meinungsverschiedenheiten mit einem FBI-Beamten.

Roger Delcourt trug auch noch andere Namen.

Bount Reiniger löst den Fall.



1

"Er nennt sich Craven", sagte der dunkelhaarige Mann im braunen Kaschmir-Jackett, während sein Blick über die schlichte Einrichtung des Hotelzimmers ging. "Leslie Craven. Er arbeitet in einer literarischen Agentur, lebt allein, hat kaum Kontakte."

Der andere Mann im Raum beugte sich gerade über das Waschbecken und schabte sich den letzten Rest Rasierschaum aus dem kantigen Gesicht und griff zum Handtuch. Dann kämmte er sich noch die schütteren hellblonden Haare nach hinten und wandte sich seinem Partner zu.

"Sonst noch etwas?"

"Du könntest dir wenigstens mal die Bilder ansehen, die ich gemacht habe."

"Bitte!"

Der Blonde sah sich die Bilder nur sehr flüchtig an und nickte dann.

"Das scheint er zu sein", murmelte er.

"Ich bin dafür, die Sache bald durchzuziehen", erwiderte der Mann im braunen Jackett.

Davon schien der Blonde nicht sonderlich begeistert zu sein.

"Die Sache darf auf keinen Fall schief gehen", meinte er. "Ich bin dafür, Craven noch ein bisschen zu beobachten."

"Es gibt nichts mehr über ihn herauszufinden", erwiderte der andere gelassen. "Wir kennen seinen täglichen Lebensrhythmus, wir wissen, wann er aufsteht, wann er zur Arbeit geht, mit wem er in den letzten zwei Wochen telefoniert hat und in welchen Geschäften er regelmäßig einkauft!"

Der Blonde verengte die Augen wenig, während er zu seinem offenen Koffer ging und sich ein frisches Hemd herausnahm. Nachdem er es angezogen und zugeknöpft hatte, holte er noch etwas anderes. Eine Pistole samt dazugehörigem Schulterholster. Als er sich die Waffe umgeschnallt hatte, fragte er: "Hast du schon einen Plan?"

Der andere nickte. "Bis ins Detail", behauptete er.

"Okay", murmelte der Blonde. "Dann schieß mal los!" Währenddessen nahm er die Waffe in die rechte Hand, griff mit der anderen noch einmal kurz in den Koffer und schob dann ein volles Magazin in den Pistolengriff.



2

Leslie Craven war ein hochgewachsener, hagerer Mann, dessen Alter schwer zu bestimmen war. Seine Haare waren noch so dicht, dass man nicht die Kopfhaut hindurchschimmern sah, obwohl er sie ziemlich kurz trug. Aber ein paar graue Strähnen waren nicht zu übersehen. Craven stand am Fenster des Großraumbüros und blickte nachdenklich hinab auf das Labyrinth der Straßenschluchten von New York City. Es war ein klarer Tag mit hervorragender Fernsicht.

"Leslie! Träumst du?"

Craven schien einen Moment lang wie weggetreten zu sein, dann drehte er sich herum und blickte in Carla Davis' meergrüne Augen.

"Ein bisschen", erwiderte Craven mit einem matten Lächeln.

Carla war mindestens einen Kopf kleiner, als Craven. Eine gutaussehende Mittdreißigerin mit genügend Sex-Appeal, um den kältesten Eisklotz zum Schmelzen zu bringen.

Bei Craven war sie allerdings bislang mehr oder weniger erfolglos gewesen, obwohl sie nichts unversucht gelassen hatte. Aber zu mehr als einer Verabredung zum Essen in der ohnehin viel zu knappen Mittagspause sowie einem gemeinsamen Abend in einem Theater am Broadway war es nie gekommen.

Carla legte die Stirn ein wenig in Falten. Etwas stimmte heute mit Craven nicht, das war ihr sofort klar.

"Leslie, welche Laus ist dir denn heute über die Leber gelaufen!"

Craven grinste. Aber das wirkte seltsam maskenhaft. "Mir geht es hervorragend, Carla. Danke."

Damit war für ihn das Gespräch zu Ende. Für Carla jedoch noch nicht. "Du kannst es mir ruhig erzählen", meinte sie. Aber auf dem Ohr war Leslie Craven so gut wie taub.

"Vielleicht werde ich ein paar Tage Urlaub machen", murmelte Craven dann abwesend.

"Wohin geht es? Long Island vielleicht? Um diese Jahreszeit vielleicht gar nicht schlecht! Aber der Boss wird nicht sehr begeistert sein..."

"Der Boss ist nie begeistert, wenn man Urlaub haben möchte", erwiderte Craven.

"Ich soll dir übrigens sagen, dass du zu ihm kommen sollst, Leslie!"

Craven zuckte die Achseln. Jetzt schien er auf einmal wieder ganz der Alte zu sein. Selbstsicher, überlegen und eine Spur zu unterkühlt, wie Carla fand.

Der Boss, das war ein etwas zum Übergewicht neigender Mann namens Mark Franklin. Er war jemand, der sein Geschäft wie kein Zweiter verstand und die Franklin Literary Agency die Erfolgsleiter hinaufgeführt hatte.

Als Craven Franklins Büro betrat, aß dieser gerade ein mitgebrachtes Sandwich. Solange Craven schon hier beschäftigt war, konnte er sich nicht daran erinnern, gesehen zu haben, wie Franklin eine Mittagspause machte. Der Boss arbeitete für gewöhnlich durch und aß nebenbei etwas. Das war sicher nicht sein wahres Erfolgsgeheimnis, aber es zeigte die Einstellung, mit der er sein Geschäft betrieb.

"Was gibt es?", fragte Craven, während er seine Rechte aus der weiten Hosentasche herausnahm.

Franklin machte eine wichtige Miene. "Da war ein Anruf für Sie", berichtete er dann. "Vorhin, als Sie zum Essen weg waren."

Craven zog die Augenbrauen in die Höhe. Er konnte sich denken, worum es ging. "Die Japaner?", fragte er.

"Ja", nickte Franklin und beugte sich dabei etwas nach vorn. "Carla hat das Gespräch zu mir hereingelegt, aber wir standen ziemlich auf dem Schlauch. Schließlich sind Sie der einzige bei uns, der Japanisch spricht - und das Englisch von Mister Nakamura ist nicht gerade einfach zu verstehen."

Craven zuckte die Achseln. "Tut mir leid!"

"Sie können ja nichts dafür. Aber es wäre gut, wenn Sie langsam die Verträge vorbereiten könnten!"

Craven legte jetzt die Mappe, die er unter dem Arm hielt, Franklin auf den Tisch. "Alles fertig", sagte er dazu und Franklin blickte erstaunt auf.

"Alle Achtung! Wann haben Sie denn...?"

"Ich möchte ab morgen ein paar Tage Urlaub nehmen."

"Nun, gerade jetzt, da wir mit Nakamura ins Geschäft kommen. Japan hat 120 Millionen Einwohner. Das ist ein Buchmarkt, auf dem sich ganz ansehnliche Auflagen erzielen lassen."

Mit anderen Worten: ein Riesengeschäft. Und Leslie Craven war derjenige, der es ans Laufen gebracht hatte. Franklin war das sehr wohl bewusst - und das war Cravens Trumpf.

"Wie gesagt, es ist jetzt alles unter Dach und Fach", meinte Craven ziemlich gelassen.

"Nakamura deutete an, dass man sich in seinem Haus überlegt, uns auch noch den Kim-Basinger-Band abzukaufen", erwiderte Franklin.

"Wie schön", murmelte Craven. Aber er schien sich nicht wirklich darüber zu freuen, obwohl das auch sein Erfolg war.

Franklin seufzte. Dann meinte er: "Na schön, Les, Sie bekommen Ihren Urlaub. Jetzt, wo Nakamura angebissen hat, wird es vielleicht auch ohne Sie laufen."

"Das denke ich auch."

Franklin musterte seinen Angestellten stirnrunzelnd. Er kratzte sich nachdenklich am Hinterkopf und beugte sich dann etwas nach vorn.

"Was ist los, Les?", fragte er dann in vertraulichem Tonfall.

"Ich brauche einfach ein paar Tage, das ist alles." Leslie Craven lächelte. "Ich fühle mich ein bisschen ausgebrannt, wenn Sie wissen was ich meine."

Franklin nickte. "An dem Punkt sind wir alle irgendwann einmal." Er lachte heiser. "Meistens zu einem ungünstigen Zeitpunkt."



3

"Was ist das denn?"

"Das ist Kaffee, Bount. Und zwar so stark, dass wenigstens eine geringe Chance besteht, dass du gleich nicht wieder einschläfst, wenn du deinem Klienten gegenübersitzt!"

Bount Reiniger, der bekannte New Yorker Privatdetektiv, verzog den Mund, nachdem er den ersten Schluck genommen hatte. Der Kaffee schmeckte bitter, aber im Moment bedeutete er wohl die einzige Chance, auf die Schnelle ein paar Lebensgeister zurückzurufen. In den letzten Nächten hatte der Privatdetektiv so gut wie überhaupt keinen Schlaf bekommen. Bount war im Auftrag eines Reeders Hafen-Piraten auf die Spur gekommen, die ganze Containerladungen verschwinden ließen. Nächtelanges Observieren hatte ihn schließlich zum Erfolg geführt und in der letzten Nacht war die Bande dann in flagranti erwischt und verhaftet worden.

Kein angenehmer Job, aber ein sehr einträglicher.

"Ich hoffe nur, dass dieser Klient einen Auftrag hat, der sich tagsüber erledigen lässt", murmelte Bount an seine hübsche Assistentin June gewandt, während er sich mit der flachen Hand über das Gesicht fuhr.

June strich sich das enganliegende, dunkelblaue Kleid glatt, das ihre wohlproportionierten Formen ziemlich exakt nachzeichnete.

"Wer weiß", erwiderte sie und warf dabei ihre blonde Mähne in den Nacken. "Vielleicht bekommst du den Auftrag gar nicht, wenn der Gentleman drüben im Büro etwas von deiner Verfassung mitkriegt. Der macht mir nämlich einen sehr dynamischen und energiegeladenen Eindruck."

"Wer ist es denn?"

"Er heißt Mark Franklin und leitet eine literarische Agentur, die sich auf das Vermitteln von Lizenzen sogenannter 'Bücher zum Film' spezialisiert hat. Mehr konnte ich ihm nicht aus der Nase ziehen. Er will mit dir persönlich reden."

Reiniger zuckte die Achseln, trank den Rest des Kaffees und betrat dann sein Büro. Er versuchte dabei einen halbwegs frischen Eindruck zu machen.

Mark Franklin unterzog Bount einer eingehenden Musterung. Der Privatdetektiv spürte deutlich, dass er in diesen drei Sekunden gewogen und eingeschätzt wurde. Bount reichte ihm die Hand und stellte sich vor.

"Sie sollen sehr gut in Ihrem Geschäft sein, Mister Reiniger", begann Franklin.

Er hob mit einer hilflosen Geste beide Hände und setzte dann hinzu: "Um die Wahrheit zu sagen: Es ist das erste Mal, dass ich jemanden wie Sie aufsuche. Man hat Sie mir empfohlen..."

"Wo brennt's denn?", fragte, während er sich hinter seinen Schreibtisch setzte.

"Es geht um einen meiner Mitarbeiter. Leslie Craven. Er ist verschwunden."

Bount runzelte die Stirn und lehnte sich etwas zurück. "Erzählen Sie", murmelte er, während er sich eine Zigarette zwischen die Lippen steckte.

Franklin hob die Schultern. "Letzten Mittwoch bat Leslie mich um ein paar Tage Urlaub. Gestern war Montag, da hätte er eigentlich wieder in der Agentur auftauchen müssen. Aber er ist nicht gekommen."

"Ist er während seines Urlaubs weggefahren?"

"Keine Ahnung, ich habe ihn nicht gefragt. Aber selbst wenn ihm etwas dazwischen gekommen wäre, so dass er am Montag nicht ins Büro hätte kommen können, dann hätte Leslie kurz durchgerufen und mir Bescheid gesagt. Da bin ich mir absolut sicher. Leslie ist ein hundertprozentig korrekter Mitarbeiter...", der Agent seufzte, "...und dazu noch ein sehr wichtiger!"

Reiniger rieb sich die Schläfen und versuchte krampfhaft, ein Gähnen zu unterdrücken, was ihm schließlich gelang.

"Was macht Craven bei ihnen?"

"Er ist sehr sprachgewandt", erklärte Franklin. "Französisch, Spanisch - und sogar Japanisch. Für das Auslandsgeschäft ist das ein unschätzbarer Vorteil. Und unser Geschäft ist längst international. Wenn ein Hollywood-Streifen auch in Übersee ein wenigstens mittelmäßiger Erfolg wird, dann besteht die Chance, dort auch die entsprechenden Buchprodukte zu vermarkten: Den Roman zum Film, ein Buch mit Fotos zum Film, ein Buch über den Star des Films, in dem einen oder anderen Fall sogar eine Comic-Adaption oder ein Fotoroman." Man konnte Mark Franklin den Verdruss deutlich ansehen, den er empfand. "Wie gesagt, die Auslandsgeschäfte lagen zum großen Teil in Leslies Händen und nun stehen wir ziemlich dumm da, wie Sie sich denken können!"

Bount nickte. Er konnte sich denken, worauf das Ganze hinauslief. Aber er war nicht sonderlich begeistert davon. "Ich soll diesen Craven für Sie auftreiben, stimmt's?"

"So ist es."

"Er ist erst seit gestern überfällig. Das ist eigentlich noch kein Grund, einen Privatdetektiv zu beauftragen."

"Unter normalen Umständen hätten Sie vielleicht recht. Aber kommen noch ein paar Dinge hinzu, die das Ganze in einem merkwürdigen Licht erscheinen lassen."

"Und was wäre das?"

"Ich gehe immer als letzter aus dem Büro. So auch am Mittwoch. Unten im Parkdeck beobachtete ich dann, wie Craven sich mit zwei Kerlen herumstritt. Ich konnte leider nicht verstehen, was gesagt wurde, weil ein Wagen vorbeifuhr. Aber eine freundliche Unterhaltung war das nicht. Einer der beiden Kerle hatte eine Pistole. Es sah aus wie ein Straßenraub oder so etwas. In diesen finsteren Parkdecks kann man sich seines Lebens heute ja nicht mehr sicher sein."

Bount horcht auf. "Was geschah dann?", fragte er.

"Leslie hat sie fertiggemacht, auch den mit der Waffe. Ein paar geübte Schläge und die Kerle lagen im Dreck. Ich hatte bis dahin keine Ahnung, dass er so etwas drauf hat! Leslie ist dann ins Auto gestiegen und davongebraust."

"Und die Kerle?"

"Keine Ahnung. Ich habe zugesehen, dass ich ebenfalls in meinen Wagen kam. Wie gesagt, ich hielt die beiden für Straßenräuber und ich hatte keine Lust, ihr nächstes Opfer zu werden."

"Ich verstehe", nickte Bount.

Franklin grinste. "Ich bin nämlich nicht gerade sportlich, wenn Sie verstehen, was ich meine."

"Haben Sie die Gesichter gesehen?"

"Nur von einem. Der zweite Mann stand im Schatten."

"Beschreiben Sie ihn!"

"Er hatte vielleicht Ihre Größe, Mister Reiniger. Ein paar Zentimeter weniger, aber nicht viel. Blondes Haar, hoher Stirnansatz. Ich habe ihn aber auch nur ganz kurz von vorne gesehen." Er machte eine kurze Pause, dann fiel ihm noch etwas ein. "Ach ja, er trug eine Lederjacke mit der Aufschrift Eagle."

"Und was vermuten Sie nun?", fragte Bount. "Eine Entführung? Vielleicht waren es wirklich Straßenräuber."

Franklin zuckte die Achseln. "Möglich. Aber ich bin gestern bei seiner Wohnung gewesen. Seine Vermieterin behauptete, niemanden zu kennen, der Leslie Craven heißt."

"Waren Sie in der Wohnung?"

"Nein. Aber es war ein Schild angebracht, dass sie zu vermieten sei. Außerdem ist sein Wagen abgemeldet."

Bounts Augen wurden schmal.

"Woher wissen Sie das denn?"

"Ich habe einen Bekannten bei der Zulassungsstelle. Ich dachte, dass die Adresse vielleicht nicht mehr aktuell ist, die in Cravens Papieren steht und hoffte, so vielleicht an ihn heranzukommen. Seine Wagennummer kenne ich ja, schließlich hat er einen reservierten Platz auf dem Parkdeck."

Bount nickte nachdenklich. Wenn man das alles zusammennahm, dann war schon einiges merkwürdig an der Sache.

"Was glauben Sie, was passiert ist?", fragte Bount.

Franklin zuckte mit den Schultern. "Ich habe nicht die geringste Ahnung. Irgendwelche Lösegeldforderungen hat es bis jetzt nicht gegeben, aber das kann ja noch kommen. Ich weiß nur, dass Leslie verschwunden ist."

"Haben Sie eine Vermisstenanzeige aufgegeben?"

"Ja, habe ich. Aber Sie wissen doch besser als ich, was bei so etwas herauskommt, Mister Reiniger. Und im Augenblick unternehmen die noch gar nichts. Ein Mann, der den zweiten Tag nicht ins Büro kommt! Die haben mich überhaupt nicht richtig ernst genommen!"

Das konnte Bount sich lebhaft vorstellen. "Okay", murmelte er. "Ich werde sehen, was sich machen lässt."

"Am Geld soll es soll es nicht liegen", meinte Franklin. "Gleichgültig, wie unverschämt Ihre Tagessätze auch sein mögen - ein Mitarbeiter wie Leslie Craven ist das auf jeden Fall Wert!"

"Erwarten Sie trotzdem keine Wunderdinge von mir, Mister Franklin."

"Ich bin Realist." Und im nächsten Augenblick legte Franklin dann eine Mappe auf den Tisch. "Das ist Cravens Personal-Akte. Ich denke, die werden Sie brauchen."



4

"Ein ziemlich glatter Lebenslauf", stellte June fest, als sie in Cravens Akte herumblätterte. Bount, der den Inhalt bereits überflogen hatte, stand am Fenster und blickte hinaus auf den klaren Himmel über dem Central Park.

Craven war Mitte vierzig, geboren in Chicago als Sohn eines Lastwagenfahrers und einer Verkäuferin. Seine Abschlussnoten in der Schule lagen alle etwas über dem Durchschnitt, aber nicht so sehr, dass es besonders aufgefallen wäre. Dann ein paar Jahre Army und ein Studium an der University of California in Berkeley.

Betriebswirtschaft und Fremdsprachen. Ein paar Jobs bei verschiedenen Firmen folgten, die er in Fernost und in Nordafrika vertrat. Seit drei Jahren arbeitete er für die Franklin Literary Agency.

Zu den Unterlagen hatte Franklin vernünftigerweise auch eine Fotografie gelegt. Das Bild war offenbar auf einer Party oder einem Betriebsfest entstanden.

Franklin hatte Cravens Kopf mit Filzstift eingekreist und auf

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: (C) ALFRED BEKKER CASSIOPEIAPRESS
Bildmaterialien: Steve Mayer
Tag der Veröffentlichung: 05.02.2015
ISBN: 978-3-7368-7575-3

Alle Rechte vorbehalten

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