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Ein Hurenhaus im Westen

Zwei Western Romane von Alfred Bekker

© 2014 Alfred Bekker/CassiopeiaPress

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Alle Rechte vorbehalten

Dieses E-Book enthält folgende Romane:

 

Zieh, Pistolero!

Lady in Blei

 

 

Zieh, Pistolero

Alfred Bekker

Zieh, Pistolero!

Western-Roman

© by Author

All rights reserved

Ein CassiopeiaPress Ebook

Ausgabejahr dieser Edition: 2013

 

 

Joe Hollister

Joe Hollister erhob sich von der Pokerrunde, die im Salonwagen stattfand. Das Rattern der Schienenschwellen war in diesem Moment das einzige Geräusch. Hollister schlug seine dunkle, lange Jacke zur Seite. Zwei tiefgeschnallte Colts mit Elfenbeingriffen wurden sichtbar.

Auch die Kerben, die sich daran befanden.

"Du willst mich für dumm verkaufen, Lackaffe!", knurrte Hollister unter seinem dunklen Schnauzbart hervor, der die Lippen verdeckte. Er warf die Karten auf den Tisch. Sein Gegenüber war ein Mann mit dunklem Texas-Hut, den er in den Nacken geschoben hatte. Die Fliege war korrekt gebunden und die goldfarbene, glitzernde Weste ließ ihn wie einen Salon-Löwen erscheinen. Der Kerl war ein ProfiSpieler. Auch er erhob sich. Seine Linke wanderte zum Holster, berührte den Coltgriff. Die anderen Mitglieder der Spielrunde wirkten wie erstarrt.

Der Lackaffe legt es drauf an!, dachte Joe Hollister, während er den glimmenden Zigarillo aus dem Mundwinkel nahm und dem Linkshänder den Rauch entgegenblies. Selbst wenn sein Gegenüber eher zog, war Hollister schnell und sicher genug, um den Linkshänder zu töten. Wäre vielleicht keine schlechte Übung, bevor ich mir Jesse Branson vornehme!, ging es ihm durch den Kopf. Ein zynisches Grinsen umspielte seine Lippen.

*

Der Linkshänder wirkte nervös. In seinem bleichen Gesicht zuckte es. Der Blick war auf die Dollarbündel gerichtet, die auf dem Tisch lagen.

"Können wir das nicht wie Gentlemen regeln?", fragte einer der beiden, die noch am Tisch saßen. Es handelte sich um einen dicken Mann mit einer grauen Melone auf dem Kopf.

"Ein Betrüger ist kein Gentlemen!", zischte Joe Hollister zwischen den Zähnen hindurch. Der stahlharte Blick seiner habichtartigen Augen fixierte den Linkshänder, der gerade nach einem Dollarbündel greifen wollte.

Aber Joe Hollisters Stimme ließ den Linkshänder zur Salzsäule werden.

"Keinen Cent nimmst du dir, du Bastard!"

"Du willst mich beleidigen!" Die Stimme des Linkshänders vibrierte leicht. Seine Unsicherheit war deutlich zu spüren. Joe Hollister nahm den Hut vom Kopf.

Er warf ihn umgedreht auf den Tisch.

"Pack mir alles dort hinein, Lackaffe! Aber schön langsam, sodass ich jede deiner Bewegungen sehen kann..."

"Ich muss schon sehr bitten!", ereiferte sich der der Mann mit der Melone. Sein Gesicht lief rot an. Der Vierte am Tisch war wie ein Cowboy gekleidet. Das weißblonde Haar fiel ihm lang über die Schultern. Er trug einen Vollbart mit rotblonden Einsprengseln, und über den Knien lag eine Satteltasche voller Dollars. Die ließ er nie aus den Augen. Es war der Erlös für eine Rinderherde, die er nach Kansas getrieben hatte.

Der Viehzüchter hielt sich raus, blickte gespannt von einem der Kontrahenten zum anderen.

"Na los, wird's bald! Ich habe gewonnen und deshalb stehen mir die Dollars zu!", murmelte Joe Hollister. "Wir zählen dein Betrüger-Blatt wie nicht gespielt..."

"Du willst Streit, ja?"

"Ich weiche ihm jedenfalls nicht aus, Lackaffe..." Einige Augenblicke lang herrschte Stille.

Nur das rhythmische Rappeln der Eisenbahnschwellen war zu hören.

Eine monotone Begleitmusik.

Es kam, wie es kommen musste.

Der Linkshänder verlor die Nerven.

Er griff zum Colt, riss die Waffe aus dem Holster heraus. Aber weiter kam er nicht.

Mit katzengleicher Eleganz und geradezu unglaublicher Schnelligkeit ließ Joe Hollister seine beiden Revolver hochgleiten. Innerhalb eines Sekundenbruchteils geschah das. Beide Waffen drückte Hollister ab, noch ehe sein Gegenüber den auf diese geringe Distanz mit Sicherheit tödlichen Schuss abgeben konnte.

Der Körper des Linkshänders zuckte, wurde durch die Wucht der beiden Geschosse zurückgerissen.

Aus dieser geringen Distanz abgefeuert durchdrangen die Projektile von Joe Hollisters 45er Colts den Körper des Linkshänders, traten aus dessen Rücken wieder heraus und fetzten auch noch durch die dünne Außenwand des Zugwaggons hindurch. Der Linkshänder prallte gegen die Waggonwand, rutschte an ihr zu Boden und zog eine blutige Schmierspur hinter sich her.

Der Melonenträger wirkte totenblass.

Und selbst der Viehzüchter hatte seine Coolness jetzt verloren. Ihm klappte der Kinnladen hinunter, und er vergaß

einige Augenblicke lang völlig, den Mund wieder zu schließen.

Joe Hollister drehte die Colts einmal elegant um die Zeigefinger herum und ließ sie dann zurück in die perfekt angepassten Holster gleiten.

"Ihr habt es gesehen, Gents!", sagte er dann rauh. Der Viehzüchter gewann als erster die Fassung wieder.

"Was haben wir gesehen?"

"Dass der Lackaffe zuerst gezogen hat. Oder ist jemand anderer Meinung?"

Jetzt war es der Melonenträger, der als erster antwortete. "Klar haben wir das gesehen", keuchte er eilfertig. "Notwehr, daran kann es keinen Zweifel geben!" Joe Hollister lachte rauh.

"Schön, dass du das auch so siehst!", knurrte er und begann dann die Dollarbündel in seinen Hut zu legen. "Es war mir ein Vergnügen, mit euch zu spielen", meinte er dann. Schließlich holte er eine Taschenuhr aus der Westentasche heraus.

Der Zug hatte Verspätung.

Eigentlich hätte er schon längst bei der kleinen Railway Junction in der Nähe von Lincoln, New Mexico, ankommen müssen.

Dort, wo er einen ganz besonderen Job vor sich hatte. Einen Town Marshal zu erledigen, war auch für einen Killer wie Joe Hollister keine alltägliche Sache. Schon gar nicht, wenn dieser Town Marshal Jesse Branson hieß und einen geradezu legendären Ruf als Revolverschütze besaß.

*

"Zieh, Marshal!"

Jesse Branson griff zum Revolvergurt, öffnete die Schnalle und ließ ihn zu Boden gleiten.

Neben dem großen Doppelbett stand Penny Atkinson, das blonde Hooker Ranch Girl, dass es sich mit Vorliebe von dem in jeder Hinsicht großgewachsenen Marshal besorgen ließ.

"Ich nehme an, du meinst nicht meinen Colt, Penny!"

"Du kannst dein Ding nennen wie du willst, Jesse! Nur komm endlich in mich hinein damit!"

"Du fühlst dich leer!"

"Wie einfühlsam du dich in eine Frau hineinversetzen kannst!"

"Tja, ich hoffe du weißt, was du an mir hast, Baby!"

"Ich weiß vor allem, was für ein Ding du hast!" Ein neckisches Grinsen erschien auf ihrem Gesicht. In ihren Augen blitzte es herausfordernd.

Welch eine Frau!, dachte Jesse.

Penny war vollkommen nackt.

Ihre Linke war in die geschwungene Hüfte gestemmt. Jesse Bransons Blick musterte sie von oben bis unten. Die prallen Brüste, die gerundeten Schenkel, das flaumige Haardreick dazwischen. Sie warf das lange Haar zurück. Ihre Brüste wogten dabei.

Jesse bemerkte, das ihre Brustwarzen inzwischen steil aufgerichtet waren.

Sie näherte sich mit eleganten, fast katzengleichen Bewegungen, Jesse war regelrecht hypnotisiert davon. Vor ihrem Job als Hooker Ranch Girl hatte sie einige Jahre als Cowgirl gearbeitet. Eine Tatsache, die dafür gesorgt hatte, dass ihr Unterkörper hervorragend trainiert war. Sie begann an seinem Hemd herumzunesteln, öffnete einen Knopf nach dem anderen. Schließlich streifte sie es ihm über die Schultern, so dass Jesses mächtiger, muskulöser Oberkörper sichtbar wurde.

Am linken Oberarm war die Narbe einer frisch verheilten Schusswunde zu sehen, die Jesse Branson erst vor kurzem verpasst worden war, als sich die Verbrechermeute von Roy O'Bannon, dem neuen Besitzer der Big-B-Ranch, auf ihn gestürzt hatte. Inzwischen lag O'Bannon auf dem Boothill und die Besitzverhältnisse auf der Big-B waren unklar.

"Tut das noch weh?", fragte Penny.

"Nein."

"Gut zu wissen..."

Sie schmiegte sich gegen ihn.

Er spürte, wie das Gewicht ihres Busens gegen ihn drückte. Ihren Atem und ihren Herzschlag spürte er auch. Letzterer beschleunigte sich merklich.

Er strich ihr über das Haar, über die Schultern. Seit Jesse Branson nach Lincoln gekommen war, um die größte Bordell Ranch der Umgebung als Erbe zu übernehmen, war die blonde Penny seine Geliebte. Und die Faszination, die dieses scharfe Girl auf ihn ausübte, hatte sich seitdem um keinen Deut gemindert. Ein einziger Blick auf ihren formvollendeten Körper, manchmal schon ein Blick ihrer liebeshungrigen Augen, ließen es in seiner Hose sehr eng werden.

Jesses Hände glitten tiefer, umfassten ihre festen Brüste, begannen mit den Nippel zu spielen. Penny drehte sich herum, wandte ihm den Rücken zu und schnurrte wie eine Katze. Ihre Augen waren geschlossen. Sie genoss es, was Jesse tat. Auch, als eine seiner Hände tiefer glitt und das Haardreieck zwischen ihren Schenkeln erreichte.

Feucht war es dort. Und warm.

"Jesse, hör nicht auf! Nicht aufhören..." Er drängte sich gegen sie. Sie spürte sein längst hartgewordenes Glied durch den Stoff seiner Hose hindurch und seinen Atem auf ihrer Schulter.

Dann drehte sie sich herum, begann mit geschickten, energischen Bewegungen seine Hose zu öffnen.

Jesse half ihr, streifte die letzten Klamotten ab. Vom Hut abgesehen.

Penny schmunzelte, als sie das sah. Aber ihr Blick machte deutlich, dass sie ihre Umgebung nur noch ganz beiläufig wahrnahm. Eine leichte Röte hatte die Haut ihres Gesichts überzogen. Ihre Brüste hoben und senkten sich bei jedem Atemzug, schienen sich Jesse geradezu entgegenzurecken. Wie von einem Fieber befallen wirkte sie. Einem Fieber purer Lust, dass auch Jesse längst in seinen Bann gezogen hatte. Sie zog ihn mit sich. Gemeinsam sanken sie auf das Bett. Die Federn ächzten. Jesse drehte sie herum, fasste von hinten ihren Po und zog ihn zu sich heran. Mit seinem zum Bersten geschwollenen Glied strich er zwischen ihren Schenkeln her, drang aber noch nicht in sie ein. Auch wenn sie sich ihm noch so sehr entgegenstreckte.

"Jesse!", keuchte sie.

"Genieß es, Darling!"

"Willst du mich wahn-sin-nig...ma...?"

"Yeah!"

Sie begann heftiger zu keuchen, wollte ihn dabei mit ihrer feuchten Wärme regelrecht einfangen. "Überspann den Bogen nicht, Jesse!"

"Keine Sorge Baby! Der hält 'ne Menge aus!" Dann drehte Penny sich herum.

Das Kribbeln zwischen ihren Beinen wurde so intensiv, dass es beinahe unerträglich war. Dieser Brand brauchte jetzt dringend eine Löschung! Ehe Jesse sich versah, hatte sie ihre Beine um seine Hüften geschlungen und zog ihn damit zu sich heran. Jesse konnte gar nicht anders, als in sie hineinzugleiten. Penny stieß einen Laut aus, der wie das wohlige Schnurren einer Katze klang.

Jesses Kopf sank zu ihren Brüsten hinab, die sich selbst dann noch prächtig vorwölbten, wenn das Hooker Ranch Girl auf dem Rücken lag. Mit der Zunge begann Jesse ihren Busen zu liebkosen, leckte abwechselnd über die rosigen Vorhöfe. Noch vermied er es, die Brustwarzen selbst zu streifen.

"Jesse... du Folterknecht!", flüsterte sie. Dann begann er endlich ihre Nippel zu liebkosen, saugte an ihnen, strich mit seiner Zungenspitze an ihnen entlang. Penny stöhnte begeistert auf.

Schweiß glänzte auf ihrer Stirn, auf ihrem aufregenden Körper.

Sie nahm seinen Kopf in ihre Hände, lenkte ihn weiter nach oben.

Leidenschaftlich, voll verzehrender Lust, küssten sie sich.

Ihre Hände krallten sich an seinen Rücken, glitten dann tiefer. So tief es ging zu seinen Hüften, um die rhythmischen Bewegungen, die er vollführte, zu unterstützen. Immer wieder holte sie ihn zu sich heran, um ihn so tief wie möglich in sich zu fühlen.

"Ja, weiter!", rief sie. "Reite mich, Marshal!"

"Mit Vergnügen!"

Immer heftiger wurden seine Stöße. Der Rhythmus beschleunigte sich. Auch auf seiner Stirn glänzte jetzt der Schweiß.

Gemeinsam strebten sie in einer Woge purer Lust dem Höhepunkt entgegen.

Jesse spürte die Intensität des kribbelnden Gefühls zwischen seinen Beinen sich immer mehr steigern. Bis zu einem Punkt, an dem es beinahe unerträglich wurde.

Dann endlich kam der Augenblick der Entladung. Sein Lebenssaft ergoss sich in sie.

Penny presste ihre Beine um seine Hüften, krallte sich an seinen Schultern fest. Sie atmete so heftig, dass es wie ein Schrei klang. Aber es war ihr vollkommen gleichgültig, wie weit man das hörte. Und wenn es bis zu den Gemächern der ehrwürdigen und in Unschuld ergrauten Jungfer Griffis drang, die in Lincoln den örtlichen Bible Circle leitete und dem Treiben auf der Hooker Ranch von je her mit besonderer Skepsis gegenübergestanden hatte! In diesem Augenblick war Penny das alles gleichgültig.

Sie rollten zur Seite, hielten sich fest.

Keiner von ihnen war für lange Augenblicke in der Lage, auch nur ein einziges Wort zu sagen.

Worte waren in diesem Moment auch überflüssig. Ihre Blicke begegneten sich.

Und die sagten alles.

Ein Schussgeräusch riss sie dann einen Augenblick später aus ihrer Glückseligkeit.

"Das war unten in der Bar!"

"Bleib bei mir, Jesse!"

"Ich täusche mich nicht!"

Jesse stand auf, begann damit, sich seine Sachen überzustreifen. Erst die Hose, dann den Revolvergurt. Auf Schuhe und Hemd verzichtete er.

"Da hat nur irgend ein Kerl mal gezeigt, dass er einen Colt abdrücken kann!", seufzte Penny, die sich inzwischen im Bett aufgesetzt hatte. Sie fing damit an, ihr zerwühltes Haar wieder etwas zu ordnen. Mit Jesse Branson ging es eben immer ziemlich wild zu! Aber genau das mochte sie auch an ihm. Sie sah ihn mit einem zufriedenen Lächeln an. "Glaub mir, das könnte bestimmt auch James erledigen!"

"Der ist gelernter Butler und kann zwar hervorragend Drinks mixen, aber..."

"...auch mit einem Spencer-Karabiner umgehen, Jesse! Komm zurück ins Bett! Glaub mir, du wirst es nicht bereuen." Jesse grinste, dann ging zu er zur Tür.

Bevor er hinaustrat, warf er Penny noch einen letzten Blick zu.

"Nichts würde ich lieber tun, Penny!" Dann ging er hinaus auf den Flur.

Er erreichte die Freitreppe, die hinunter in die Eingangshalle des großen Ranchhauses führte.

Mit jedem Schritt nahm er mehrere Stufen.

Links ging es ins Freie, rechts durch Schwingtüren in die Bar der Hooker Ranch.

Jesse ließ die Schwingtüren auseinanderfliegen. In der Bar war es totenstill.

Niemand rührte sich, niemand sagte ein Wort.

Auf dem Boden lag ein Toter. Der Mann hatte den Colt in der Hand und ein Loch mitten in der Stirn. Blut sickerte hinaus und tränkte das ungehobelte Holz der Fußbodenbohlen. In eigenartig verrenkter Stellung lag der Kerl da. Und jener Gunslinger, der ihn offensichtlich erschossen hatte, befand sich auf der anderen Seite des Raumes. Er stand an der Bar. Der dunkle Schnauzbart gab ihm etwas Düsteres. Unter der langen Jacke war ein Doppelholster sichtbar.

Nur einen seiner beiden Colts hatte der Kerl gezogen. In aller Seelenruhe lud der Zweicoltmann seine mit Elfenbeingriffen ausgestattete Waffe nach.

Jesse Branson bemerkte die Kerben am Griff.

Ein Pistolero, der sich offenbar eine Menge auf seine Revolverschnelligkeit einbildete.

"Was war hier los?", fragte Jesse.

Er ließ den Blick schweifen.

Die dunkelhaarige Laura-Sue Jenkins und Jeanne Duvalier, eine rothaarige Französin waren im Moment die einzigen Girls im Raum. Außerdem waren noch ein gutes Dutzend Cowboys und Männer aus der Stadt anwesend.

Und natürlich James O'Leary, der auf der Hooker Ranch so etwas wie ein Mädchen für alles darstellte.

Vor allem war die Bar sein Aufgabenbereich.

Aber jetzt hatte der Ex-Butler sein Spencer-Gewehr unter dem Tresen hervorgeholt.

Der Lauf war auf den Zweicoltmann gerichtet.

Dieser grinste nur schief, als er das bemerkte.

"Mach mir einen Drink, Mann!"

James reagierte nicht.

Statt dessen meldete sich Jesse wieder zu Wort. Seine Stimme hatte jetzt einen schneidenden Unterton.

"Ich hatte eine Frage gestellt, Mister!" Der Zweicoltmann wischte sich mit dem Ärmel über den Mund und deutete dann auf den Toten.

"Der Lumpenhund hat zuerst gezogen. Das können aller hier im Raum bestätigen!"

Jesse wandte den Kopf.

"Ist das wahr?"

Zustimmendes Gemurmel war zu hören.

"Er hat wirklich zuerst gezogen", stellte Laura-Sue fest. Die Quäkerstochter, die auf allerlei Umwegen den Weg auf die Hooker Ranch gefunden hatte, verschränkte die Arme unter den Brüsten. Sie trug ein Kleid mit sehr tiefem Ausschnitt, dass ihre Figur hervorragend zur Geltung brachte.

"Mais il s'agit d'un assassinat!", entfuhr es Jeanne Duvalier entrüstet. "Pardon - es war trotzdem ein Mord, Monsieur le Marshal! Dieser Cretin mit seinen zwei Colts hat den armen Garcon da auf dem Boden bis zur Weißglut provoziert."

"Trotzdem hat der Bastard zuerst gezogen", stellte der Zweicoltmann fest. Er steckte sein Eisen weg, drehte es zuvor nochmal um den Zeigefinger. Der Bewegungsablauf war sehr geschmeidig. Kein Zweifel, dachte Jesse, das ist ein Mann, der mit seiner Waffe umzugehen versteht.

"Ja", sagte Jesse. "Wenn der Tote zuerst gezogen hat, dann..."

Er zögerte, ehe er den Satz beendete.

Und so kam sein Gegenüber ihm zuvor.

"...dann war es Notwehr. Ich denke, da sind wir uns doch einig, Mister!"

"Sind wir."

"Na also!" Er wandte sich an James. "Nimm deine Bleispritze weg und mach mir lieber einen richtig guten Drink. Und dann werde ich mir mit der rothaarigen, chinesisch redenden Lady noch ein paar schöne Momente machen!"

"Ne jamais!", rief Jeanne.

"Schön, dass du dich schon freust, Baby!"

"Das hieß 'niemals', Mister!"

"Ich denke, deine Meinung zählt hier nicht besonders viel, Girl!"

Jesse mischte sich ein.

"Da irren Sie sich", sagte er.

"Ach, ja?"

"Hier entscheiden die Girls selber, ob sie mit jemandem mitgehen oder nicht. Tut mir leid, aber Sie scheinen sich durch Ihren Auftritt hier bei der Lady nicht gerade beliebt gemacht zu haben!"

"Was Sie nicht sagen."

Jesse machte James ein Zeichen und und wies ihn dann an:

"Mach dem Mann einen Drink, bevor er geht. Das wird ihn etwas abkühlen."

"Jawohl, Sir!", nickte der ehemalige Butler. Es war ihm anzusehen, wie sehr es ihm missfiel, den Lauf des SpencerGewehrs von dem Zweicoltmann zu nehmen. Aber nach kurzem Zögern tat er es schließlich doch.

"Wer sind Sie?", fragte Jesse Branson dann an den Fremden gerichtet. "Ich habe Sie hier noch nie gesehen."

"Ich war auch noch nie hier", sagte er. "Und vermutlich werde ich auch nie wieder hier her kommen. Bin

gewissermaßen auf der Durchreise.... Mein Name ist Hollister. Joe Hollister."

Jesse näherte sich, stellte sich etwa zwei Meter entfernt neben dem Zweicoltmann an die Bar.

"Ich habe von Ihnen gehört, Hollister."

"Ach, ja?

"Ab und zu kommen hier auch alte Zeitungen aus Kansas oder Colorado hin."

"Mit der Freight Line als Packpapier vermutlich"!", lachte Joe Hollister.

"Schon möglich."

"Und Sie müssen Jesse Branson sein." Hollisters Blick musterte Jesse etwas verächtlich. "Nicht gerade der offizielle Aufzug eines Marshals, wie ich sehe... Scheint, Sie waren beschäftigt!"

"War ich."

"Es war nicht meine Absicht, Sie bei was wichtigem zu stören! Aber um ehrlich zu sein, bin ich hier her geritten, um Sie kennenzulernen, Branson. Bumsen kann kann schließlich überall, aber nicht jedes Bordell gehört einem Marshall..." James stellte Hollister seinen Drink hin.

"Trinken Sie das aus, und dann verschwinden Sie", sagte Jesse. Seine Stimme klirrte wie Eis. Noch immer sagte niemand im Raum etwas. Alle starrten wie gebannt auf Branson und Hollister. Die unbeschwerte Stimmung, die normalerweise in der Bar der Hooker Ranch herrschte, würde sich nicht wieder so schnell einstellen.

"Ich hatte nicht vor, schon zu gehen."

"Wie Sie schon sagten, bumsen kann man auch wo anders." Er trank sein Glas aus.

"Sie haben 'ne seltsame Art, für Ihren Laden Werbung zu machen, Branson."

Er ging, zog sich den Hut ins Gesicht, ging an Jesse vorbei, stieg über den Toten drüber und hatte einen Augenblick später die Schwingtüren erreicht.

Dort blieb er stehen.

"Hey, Branson!", rief er plötzlich, wirbelte herum, riss beide Colts aus dem Holster heraus und...

...starrte in den Revolverlauf des Marshals.

Geradezu blitzartig hatte Jesse die Waffe herausgerissen. Einen Augenblick lang standen sich die beiden

Männer gegenüber.

Dann ließ Hollister seine Eisen wieder zurück in die Ledertaschen gleiten, die seinen Waffen geradezu perfekt angepasst waren.

"Nichts für ungut, Branson! Ich wollte mal sehen, ob Sie wirklich so schnell sind, wie man sagt."

"Jetzt haben Sie es gesehen, Hollister."

"Ja, allerdings!"

"Machen Sie das nie wieder, wenn Sie die Absicht haben, alt zu werden, Hollister!"

Hollister grinste. Ein heiseres Lachen kam über seine Lippen. "Man sieht sich immer zweimal, Marshal!" Er schnippste mit den Fingern und ging hinaus. Mit schnellen Schritten durchquerte er die Eingangshalle.

"Joe!"

Es war eine Frauenstimme, die seinen Namen rief. Joe Hollister blieb stehen, blickte die Freitreppe hinauf. Auf dem Absatz stand ein bildhübsches Girl, das gerade damit beschäftigt war, sein Mieder wieder zusammenzuschnüren. Der Cowboy, der hinter ihr stand, und offenbar mit ihr aus dem Zimmer gekommen war, schien sie hart rangenommen zu haben. Zumindest ihre Frisur war völlig zerwühlt. Er langte von hinten nach ihrem Busen, der sich aus dem Decollete herausdrängte.

"Lass das, Gary!", zischte sie.

"Wer wird denn so kleinlich sein!"

"Nimm die Pfoten weg!"

Joe Hollisters Augen wurden schmal.

"Cathleen!", murmelte er zwischen den Zähnen hindurch. Gary erstarrte, ließ dann von ihr ab. "Termindruck, was?" Cathleen schluckte, starrte Hollister wie entgeistert an. Dann kam sie die Treppe herunter.

"So sieht man sich wieder", murmelte Hollister. "Wer hätte das gedacht!"

"Joe! Was machst du hier?"

"Darüber können wir ein anderes Mal plaudern, Baby. Dein Boss mag mich nicht besonders..."

"Ach, Joe!"

"Die alten Zeiten sind vorbei, Baby!"

"Joe! Geh nicht so!"

Sie fasste ihn am Oberarm.

Er atmete tief durch.

"Ich bin in Martinsons Hotel, wenn du etwas von mir willst!" Er warf einen anzüglichen Blick in Garys Richtung.

"Mach's gut, Cathleen!"

Damit ging er hinaus. Einen Augenblick später hörte sie, wie ein Pferd davongaloppierte.

*

"Was war der Anlass für die Schießerei?", fragte Jesse Branson an James O'Leary gewandt, nachdem der ehemalige Butler ihm einen Drink auf den Schanktisch gestellt hatte.

"Nun, Sir, wie soll ich mich da diskret ausdrücken?"

"Am besten Sie sagen es einfach so wie's ist - ohne Diskretion!"

"Sehr wohl!"

"Schießen Sie los!"

"Sir, wie Sie sehen ist im Moment sehr viel Kundschaft in der Bar - und im Verhältnis dazu nur wenige Girls. Mr. Hollister hätte sich also etwas gedulden müssen, bis er an die Reihe gekommen wäre...

Laura-Sue stellte sich neben Jesse an die Bar und blickte auf den Toten. "Er hieß McConnor und ich war mir mit ihm einig. Aber Hollister funkte dazwischen, wollte vorher drankommen und provozierte McConnor mit Beleidigungen." James nickte. "Wenn Sie meine Meinung wissen wollen: Hollister hat es regelrecht darauf angelegt, McConnor abknallen zu können, ohne dass man ihm an den Kragen kann!" Branson nickte.

Hollister war ein äußerst gefährlicher Schütze. Das riskante Experiment, zu dem der Mann mit dem Doppelholster sich hatte hinreißen lassen, bevor er den Raum verließ, sprach Bände. Hollister war unglaublich schnell. Jesse Branson hatte nie zuvor einen Schützen gesehen, der in der Lage war, seine Revoler mit derartiger Geschwindigkeit aus dem Holster zu reißen.

Und wie das Loch in McConnors Kopf bewies, war er auch ein treffsicherer Schütze.

"Sie sollten ein Auge auf diesen Mann werfen, Sir - wenn ich mir diese Bemerkung erlauben darf", fügte James noch hinzu.

Jesse nippte an seinem Glas.

"Sie dürfen, James!"

"Sagen Sie Sir, ist dieser Joe Hollister nicht der sogenannte

'Killer von Kansas'? Ich habe da etwas in der Zeitung gelesen..."

Jesse Branson nickte.

"Ja, das ist er."

Der Name Joe Hollister war auch dem Town Marshal von Lincoln ein Begriff. Hollister war in einige Schießereien verwickelt gewesen, deren Ablauf immer derselbe war.

Hollister ließ sein Gegenüber als ersten ziehen. Kein Gericht des Westens konnte ihn für Notwehr verurteilen.

Aber ein derart schneller Revolverschwinger konnte es sich leisten, dem Gegner den Vortritt zu lassen... James' Blick blieb einige Augenblick an Jesse Bransons unbekleidetem Oberkörper haften. "Dürfte ich Sie vielleicht bitten, mir dabei zu helfen den Toten hinauszubringen, Sir? Natürlich nachdem Sie sich etwas standesgemäßer angezogen haben..."

*

Joe Hollister lenkte sein Pferd die Main Street von Lincoln entlang. Er hatte den Braunen im Zug mit hier hergebracht. Einen wertvollen Hengst, den er einem Züchter in einer Pokerrunde in Dodge City abgenommen hatte.

Der Züchter war anschließend so wütend gewesen, dass er Hollister des Falschspiels bezichtigt und zum Revolver gegriffen hatte.

Es war sein letzter Griff zum Revolver gewesen. Die Gedanken des Gunslingers waren im Moment bei der jungen Frau, die er auf der Hooker Ranch wiedergetroffen hatte.

Cathleen.

Hollister ritt an Martinsons Hotel vorbei, passierte den Dolan Store und erreichte schließlich den HAPPY SINNER

Saloon, dessen Besitzer Giles Davenport ihm telegraphiert hatte. Davenport hatte angeblich einen Job für ihn.

Einen sehr heiklen Job.

Die Beseitigung eines Town Marshals, der darüber hinaus als brillianter Revolverschütze bekannt war. Das war etwas anderes, als einen Pferdezüchter zu erledigen, dem die Wut ohnehin das Hirn vernebelt hatte und der darüber hinaus mit seinem Revolver so langsam war, dass man getrost abwarten konnte, bis er seinen Colt herausgerissen und den Hahn gespannt hatte.

Aber Branson war von anderem Kaliber.

Das hatte Hollister inzwischen erkannt.

Er war extra zuerst zur Hooker Ranch geritten, um sich ein Bild von dem zu machen, was auf ihn zukam. Ein Höllenjob, wie er noch keinen erledigt hatte. Das Risiko war groß und Hollister hatte keinerlei Neigung, sich eine Kugel einzufangen.

Jetzt ging er zu Davenport, um den Preis auszuhandeln. Er machte den Braunen vor dem Saloon fest und ließ einen Augenblick später die Schwingtüren auseinanderfliegen. Im HAPPY SINNER tobte bereits zur frühen Stunde das Leben. Kreischende Girls, das rauhe Gelächter der Cowboys... Dazu das Spiel des Piano Players, der versuchte, dem verstimmten Klavier ein paar gängige Melodien zu entlocken. Joe Hollister drängelte sich durch die Leute, stellte sich an den Schanktisch.

Er ließ die flache Hand auf den Tisch sausen, so dass es knallte und einige Gläser hochsprangen. Jemand prostestierte lallend. Ein barbusiges Girl mit langen dunklen Haaren drängte sich an den Kerl heran. Sie trug nichts weiter als eine Stützcorsage um die Körpermitte, die dafür sorgte, dass den Männern ihr ausladender Busen im wortwörtlichen Sinn unter die Nase gehalten wurde.

Der Kerl, dessen Glas einen kleinen Satz gemacht hatte blinzelte ärgerlich, weil ihm der Bourbon in die Augen gespritzt war. Er trug eine Bärenfellmütze und einen langen Bart. Beides war ziemlich verfilzt und so konnte man nicht genau sagen, wo das eine begann und das andere aufhörte.

"Welcher Schweinehund wagt es..."

Das barbusige Girl legte ihm einen Finger auf den Mund.

"Komm lass das, Ricky. Kümmer dich lieber um mich!"

"Ich erschieß den Kerl!"

"Ricky..."

Plötzlich wurde es ruhig im näheren Umkreis. Die Blicke waren auf den Kerl mit der Fellmütze und Hollister gerichtet, der seelenruhig am Schanktisch stand.

"Hey, Keeper, komm mal her!", knurrte Hollister zwischen den Zähnen hindurch. "Ich möchte Mr. Davenport sprechen. Er erwartet mich."

"Wen bitte darf ich..."

"Sag ihm, Joe Hollister ist hier!"

Der Mann mit der Fellmütze meldete sich zu Wort. "Ich bring dich um, du Hundesohn!"

Am Gürtel trug er ein ausgeleiertes Army-Holster, an dem die Lasche abgeschnitten worden war. Außerdem ein ziemlich langes Bowie-Messer.

Der Coltgriff zeigte nach vorn.

Hollister wartete in aller Ruhe ab.

Er wusste, dass man mit so einem Holster unmöglich schneller sein konnte, als ein Joe Hollister.

Selbst wenn der erst einen Drink nimmt, bevor er zieht!, ging es Hollister ironisch durch den Kopf.

Der Fellmützenträger wollte schon zum Eisen greifen. Aber die Barbusige drängte dazwischen, umfasste sein Handgelenk und sorgte dafür, dass seine Waffe dort blieb wo sie war. Joe Hollister betrachtete dabei ihren wogenden Busen, genoss sichtlich diesen Anblick. Bei jeder Bewegung, die sie machte, schaukelten die Brüste hin und her. Ein lüsternes Grinsen spielte um Hollisters Mund.

"Ich lass mich so nicht behandeln!", rief der Kerl mit der Fellmütze. Es gelang ihm, das Bowie-Messer

herauszureißen. Er schleuderte es. Die Klinge zischte durch die Luft. Hollister wich zur Seite. Das Messer rasierte dicht an seiner Schläfe vorbei, fuhr dann in ein Ölgemälde an der Wand hinein, das eine nackte Dunkelhaarige zeigte. Genau in der Mitte des dunklen Haardreiecks zwischen den Schenkeln blieb es zitternd stecken.

"Bravo! Volltreffer!", grölte jemand anderes. Aber dann war wieder Stille.

Denn alle im Raum spürten, dass die eigentliche Auseinandersetzung jetzt bevorstand.

Der Fellmützenträger war nicht bereit klein bei zu geben. Und Joe Hollister goss noch Öl ins Feuer...

Er fingerte einen Dollar aus seiner Westentasche hervor und ließ ihn über den Tresen rollen. Eine Handbreit vor dem Kerl mit der Fellmütze taumelte der Dollar hin und blieb scheppernd liegen.

"Der ist für dich, Filzlocke!", knurrte Hollister zwischen den Zähnen hindurch.

"Was - dafür, dass ich deine Beleidigung vergesse?"

"Nein."

"Wofür dann?"

"Dafür, dass du mir das Girl an deiner Seite überlässt..."

"Was?"

"...und dich verziehst, Filzlocke!"

"Ganz ruhig bleiben!", mischte sich das Girl ein. Aber der Fellmützenträger bekam jetzt ein dunkelrotes Gesicht. Er stieß das Girl von sich, griff zum Revolver. Da der Griff nach vorn zeigte, musste er das Eisen erst einmal herumdrehen.

Zeit genug für Hollister.

Er erledigte den Fellmützenträger buchstäblich mit links. Mit einer geschmeidigen Bewegung riss er einen seiner zwei 45er heraus. Er sah kaum zu seinem Gegner hin, als er abdrückte. Um den Bruchteil einer Sekunde kam Hollister seinem Gegner zuvor. Der Schuss knallte, zwischen den Augen des Fellmützenträgers bildete ich eine klaffende Wunde. Er rutschte am Schanktisch zu Boden. Blut tropfte auf die Fußbodenbretter. Nicheinmal für einen Schrei hatte der Kerl noch Zeit gehabt.

"Er hat zuerst gezogen!", meinte einer der umstehenden Männer und deutete dabei auf den Toten.

"Ja, das tun sie alle!", murmelte Hollister halblaut vor sich hin. Er lud seinen Colt nach, steckte ihn anschließend wieder ins Holster zurück.

"Bald kein Platz mehr auf dem Griff, was?", knurrte der Keeper gallig. "Ich meine, was zusätzliche Kerben angeht!"

"Zieh endlich ab und hol deinen Boss!", versetzte Hollister kalt. Er wandte sich an das Girl. Eine Gänsehaut hatte sie überzogen. Sie zitterte leicht. Und die Tatsache, dass ihre Brustwarzen steil aufgerichtet waren, rührte in diesem Moment wohl kaum von einem Gefühl lustvoller Erwartung her. Hollister verzog das Gesicht zu einem dünnen Lächeln.

"Sei froh, dass du mit mir bumsen darfst, Lady! Und nicht mit dem Sack Flöhe da unten auf dem Fußboden!" Sie keuchte, schluckte anschließend.

Einen Moment lang war sie unfähig, auch nur einen einzigen Ton herauszubringen.

"Du glaubst doch nicht..."

"Bleib warm, Baby! Bevor's mit uns beiden richtig rundgeht, habe ich noch was mit deinem Boss zu besprechen!"

*

"Amüsiert euch wieder, Leute!", rief der dunkel gekleidete Mann mit der Messernarbe, die sich quer über das Gesicht zog.

Giles Davenport kam die Freitreppe hinab, die hinauf zu den Separees führte.

In seinem Schlepptau befand sich ein Mann namens Killroy, gegen dessen Gefrierfleischgesicht selbst der Saloonbesitzer wie eine Schönheit wirkte. Killroy war sein Schatten und Leibwächter. Manche sagten, ab und zu auch sein Killer. Davenport ließ den Blick schweifen. Der Daumen seiner Rechten klemmte hinter dem Revolvergurt. Langsam und für Davenports Geschmack etwas zu zögernd kamen die Leute seiner Aufforderug nach.

"Sollte nicht einer den Marshal rufen?" fragte jemand.

"Quatsch!", rief Davenport. "Schließlich wollen wir hier keinen Ärger haben!" Er schnippste mit den Fingern. Zwei seiner Leute kamen herbei. Gunslinger wie Killroy. "Los, tragt das tote Zotteltier raus! Aber nicht einfach hinter dem Haus ablegen! Dann stinkt es nachher so erbärmlich!" Davenport spuckte geräuschvoll aus. "Bei der verdammten Hitze..."

Seine Männer gehorchten, packten den Mann mit der Fellmütze an Armen und Beinen und trugen ihn hinaus. Davenport hatte inzwischen den Fuß der Treppe erreicht. Er schritt auf Hollister zu.

"Sie müssen Joe Hollister sein!"

"Bin ich."

"Wie ich sehe, haben Sie sich gleich standesgemäß

eingeführt!"

"Man tut, was man kann!"

"Ich schlage vor, wir besprechen alles weitere im Separee! Die Stadt hat gute Ohren!"

"Davor sollten Sie sich nicht mehr fürchten, Davenport." Davenport hob die Augenbrauen. "Es besteht ja - zumindest theoretisch - die Möglichkeit, dass Sie es nicht schaffen, Jesse Branson umzulegen!"

"Ich befasse mich nicht mit theoretischen Dingen."

"Was Sie nicht sagen..."

"Wenn wir fertig sind, will ich eine Frau!" Er deutete auf das Girl in der Corsage. "Die da!"

"Nichts dagegen. Geht auf Kosten des Hauses, Mr. Hollister."

"Heißen Dank."

Davenport sah das verstört wirkende Girl kalt an:

"Verschwinde auf dein Zimmer und heiz dich schonmal auf. Mr. Hollister dürfte seine Kräfte für etwas anderes brauchen!" Davenport lachte rauh. "Folgen Sie mir, Hollister!" Sie gingen die Freitreppe hinauf.

Killroy, der Mann mit dem Gefrierfleischgesicht, folgte ihnen dabei wie ein Schatten. Die Hand hatte Killroy ständig am tiefgeschnallten Revolver. Dein Misstrauen würde dir im Ernstfall nichts nützen!, ging es Hollister zynisch durch den Kopf. Mit einem Durchschnitts-Pistolero wie dem da würde ich in jedem Fall mit links fertig!

Davenport führte ihn in ein Separee.

Cole Desroy, ein Angestellter der Bank von Lincoln machte da gerade mit einer gertenschlanken Chinesin herum, die schon eine ganze Weile im HAPPY SINNER arbeitete. Davenport hatte sich ihren Namen allerdings noch immer nicht merken können. War einfach zu kompliziert. Und daran, dass die Chinesin Englisch lernte, hatte er auch keinerlei Interesse. Cole Desroy war ein schmächtiges, blasses Männchen mit dicker Brille. Die Chinesin saß auf seinem Schoß. Ihre Bluse war aufgeknöpft. Sie streckte ihm ihre Brüste entgegen, aber dabei musste sie schon seine Hände führen, damit er sich traute auch hinzulangen.

"Verzieht euch!", sagte Davenport.

"Hey..."

Cole Desroys Gesicht wurde puterrot. Fast hatte es den Anschein, als ob er Atemnot bekommen würde. Nur gut, dass die Chinesin ihm vorher die obersten Hemdknöpfe und die Fliege gelöst hatte.

"Na los!", knurrte Davenport ungehalten. "Lasst das Vorspiel ausfallen und geh auf das Zimmer des gelben Girls! Aber ein bisschen Plötzlich! Ich brauch den Platz hier jetzt!" Die Chinesin sagte etwas in ihrer Sprache, was natürlich keiner der Anwesenden verstand.

Aber die gertenschlanke junge Frau mit dem seidigen blauschwarzen Haar, das ihr über den Po hinabfiel, verstand die Lage offenbar viel schneller als Desroy. Trotz der Sprachbarriere. Sie zog den verunsicherten Bankangestellten nämlich einfach mit sich, raffte dabei ihre Kleidung notdürftig zusammen. Killroy kniff ihr in den Po, bevor sie das Separee verließ. Sie kreischte auf.

"Beherrsch dich, Killroy!", knurrte Davenport. "Du verschreckst die Kundschaft!"

Killroy lachte dröhnend.

"Dieser spezielle Kunde sah schon so verschreckt aus, da konnte ich nichts mehr verderben!"

"Auch wieder war."

"Muss an dem zu häufigen Besuch von Miss Griffis'

Bibelkursen liegen, Boss!"

"Schon möglich! Hol unserem Gast 'nen Drink!"

"Ja, Boss!"

Killroy zog ab.

Davenport bot Joe Hollister einen Platz an. Dieser nahm den angebotenen Stuhl, drehte ihn herum und setzte sich rittlings darauf.

"Sie haben sich da unten im Saloon gleich so eingeführt, wie man es von einem Gunslinger erwartet!", meinte Davenport und grinste schief.

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Alfred Bekker CassiopeiaPress
Bildmaterialien: Agentur Munsonius
Tag der Veröffentlichung: 10.06.2014
ISBN: 978-3-7368-1948-1

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