McQuade und der Desperado
Western von Pete Hackett
Pete Hackett Western - Deutschlands größte E-Book-Western-Reihe mit Pete Hackett's Stand-Alone-Western sowie den Pete Hackett Serien "Der Kopfgeldjäger", "Weg des Unheils", "Chiricahua" und "U.S. Marshal Bill Logan".
Ein CassiopeiaPress E-Book
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© der Digitalausgabe 2014 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
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McQuade zügelte den Falben und beobachtete die Menschenrotte, die sich auf der Main Street von Continental vor dem Büro des Deputy Sheriffs eingefunden hatte. Auf dem Vorbau stand ein Mann, seine Hände umklammerten das Geländer, an seiner linken Brustseite funkelte matt der Sechszack. Er schrie etwas in die Menge, wildes Stimmendurcheinander erhob sich und erstickte alle anderen Geräusche, dann bahnten sich einige Männer einen Weg durch die Menge und rannten in verschiedene Richtungen davon. Der Deputy wirbelte herum und eilte in das Office.
Die Menschen – Männer, Frauen, Junge und Alte -, diskutierten und gestikulierten. McQuade fragte sich, was sie wohl auf die Straße getrieben hatte. Es war höllisch heiß, die Stadt lag unter einem flirrenden Hitzeschleier, die Sonne stand wie eine zerschmelzende Scheibe hoch im Zenit, und normalerweise hielten die Menschen zu dieser Tageszeit Siesta. Der Grund, der sie aus ihren kühlen Behausungen getrieben hatte, musste gravierend sein.
Der Kopfgeldjäger trieb den Falben mit einem Schenkeldruck an. Gray Wolf, der sich auf die Hinterläufe niedergelassen hatte, erhob sich, dehnte seinen muskulösen Körper, gähnte und trottete dann dem Pferd hinterher. Die Hufe rissen kleine Staubfahnen in die heiße Luft. Das Tier ging mit hängendem Kopf. Pferd und Reiter waren verstaubt und verschwitzt, im hohlwangigen Gesicht des Texaners wucherte ein tagealter Bart, seine Augen waren entzündet, zwischen seinen Zähnen knirschte der Staub.
Zwei ältere Männer kamen ihm entgegen. Er hielt den Falben an, stemmte beide Arme auf das Sattelhorn und sagte mit verstaubter Stimme: „Was ist los, Gentlemen? Die Stimmung hier scheint mir ziemlich aufgerüttelt zu sein.“
Die beiden Männer waren stehen geblieben, sie musterten den Kopfgeldjäger sekundenlang und schienen ihn einzuschätzen, dann ließ einer seine Stimme erklingen, indem er hervorstieß: „John Hudson hat den Vormann Big Jim Browers umgelegt. Jetzt ist er auf der Flucht, und Matt Gregor hat soeben die Männer der Bürgerwehr aufgefordert, ihre Pferde zu satteln, sich zu bewaffnen und mit ihm auf die Jagd zu gehen.“
McQuade fuhr sich mit der Zungenspitze über die trockenen, rissigen Lippen, dann fragte er: „Auf die Jagd nach diesem John Hudson, wie?“
Die beiden Männer nickten.
„Warum hat Hudson den Vormann erschossen?“, kam McQuades nächste Frage.
„Hudson betreibt eine kleine Ranch, sein Land grenzt an das Big Jims. Am 1. Juli sollte Hudson an die Bank einen Kredit zurückzahlen, was er allerdings nicht konnte. Big Jim kaufte von der Bank die Schuldverschreibung und setzte Hudson ein Ultimatum zum 15. Juli, bis zu dem er zusammen mit seiner Familie das Land verlassen sollte. Der 15. ist heute. Heute Früh ritt Hank Buster mit einigen Leuten zur Hudson Ranch, um sich davon zu überzeugen, dass John Hudson und sein Anhang verschwunden seien. Hudson weigerte sich, das Land zu verlassen, es kam zu einem Wortwechsel, und dann feuerte John Hudson sein Gewehr ab. Es gibt ein halbes Dutzend Zeugen des Mordes. Wenn sie Hudson schnappen, wird man ihn wohl hängen.“
„Dieser John Hudson hat Familie?“, fragte McQuade. Die Sache erregte sein Interesse.
„Ja, Frau und Kind. Peggy ist um die dreißig, der kleine Ronny ist sechs. Hudson hat die beiden mit ins Unglück gerissen. Es war ziemlich verantwortungslos von ihm …“
Der Sprecher brach ab.
„Danke“, murmelte McQuade und tippte mit dem Zeigefinger seiner Rechten an die Hutkrempe, dann trieb er den Falben an. Gray Wolf folgte.
Einige Männer führten ihre Pferde zwischen den Häusern hervor. Sie hatten sich Revolver umgeschnallt und in den Scabbards steckten Gewehre. Sie blickten grimmig und entschlossen drein.
Der Kopfgeldjäger ritt zum Mietstall, saß beim Hoftor ab, führte den Falben am Kopfgeschirr über den Wagen- und Abstellhof und wenig später über die Lichtgrenze unter dem Stalltor. Ein bärtiger Oldtimer war gerade dabei, einen langen Nagel in einen der Tragebalken zu schlagen. Er wandte sich dem Ankömmling zu, starrte sekundenlang misstrauisch auf den großen, grauen Wolfshund, dann krächzte er: „Ich hab von einem Hombre gehört, der ruhelos durchs Land zieht auf der Jagd nach irgendwelchen Banditen und den ein grauer Hund begleitet. Bist du der Bursche?“
„Mein Name ist McQuade. Ja, ich jage steckbrieflich gesuchte Verbrecher. Also bin ich sicherlich der Hombre, von dem du gehört hast, Oldman.“
Der Stallmann kratzte sich hinter dem Ohr. Sein Mund stand halb offen und McQuade konnte erkennen, dass sein Gebiss nur noch aus ein paar braunen, abgebrochenen Zahnstummeln bestand. Sein Gesicht war faltig und erinnerte an die Rinde einer alten Linde, die kleinen Augen wiesen einen listigen Ausdruck auf. „Dann bist du ja zur richtigen Zeit nach Continental gekommen, Hombre. Vor einer Viertelstunde brachte ein Bote Big Jims die Nachricht in die Stadt, dass John Hudson den Vormann der J.B.-Ranch umgenietet hat. Und nun hat Matt Gregor ein Aufgebot zusammengestellt, das Hudson einfangen soll. Hast du die Menschen auf der Straße gesehen, McQuade? Für sie alle ist John Hudson ein verdammter Mörder. Gregor und seine Leute werden ihn jagen, bis ihm die Zunge zum Hals heraus hängt. Und wenn sie ihn haben, werden sie ihn an Big Jim ausliefern. Was das heißt, brauche ich dir nicht zu sagen, McQuade.“
Zuletzt hatte die Stimme des Stallmannes geradezu bitter geklungen. Es war dem Kopfgeldjäger nicht verborgen geblieben.
„Hudson sollte die Ranch räumen“, murmelte McQuade versonnen. Seine Stimme hob sich ein wenig, als er weiter sprach. „Sicher, für die Menschen in dieser Stadt ist John Hudson wohl ein Mörder. Für dich etwa nicht, Oldman?“
Der Stallbursche lachte klirrend auf. „Sie haben Hudson hereingelegt. Er hat den Kredit, den ihm die Bank gewährte, auf den letzten Cent zurückgezahlt. Es handelte sich um achthundert Dollar. Am 1. Juli forderte Hawkins zweitausend Dollar von Hudson. Als ihn Hudson fragte, ob er übergeschnappt sei, präsentierte ihm der Bankier einen Kreditvertrag über zweitausendachthundert Dollar. Er hat – so John Hudson -, nachträglich eine zwei vor die achthundert gesetzt. Und weil Big Jim Brower schon lange auf das Land Hudsons scharf ist, weil es da ausreichend Wasser gibt, hat er, als Hudson die zweitausend Bucks nicht aufbringen konnte, die Schuldverschreibung unverzüglich aufgekauft.“
„Aus welchem Grund sollte der Bankier John Hudson auf derart üble Art und Weise über den Tisch ziehen?“, fragte McQuade.
„Die Stadt lebt im Schatten Big Jims“, antwortete der Stallbursche. „Jeder in Continental tanzt nach seiner Pfeife, auch der Bankier. Wenn Big Jim sein Kapital aus der
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: AlfredBekker/CassiopeiaPress, www.AlfredBekker.de
Bildmaterialien: Steve Mayer
Lektorat: Frank Schmitt
Tag der Veröffentlichung: 04.04.2014
ISBN: 978-3-7309-9733-8
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