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Mein Retter, der Vampir




Der Kuss war so innig und voller Leidenschaft.
Nach einiger Zeit riss ich mich los, aber nur um wieder zu Atem zu kommen.
„Ich bin so glücklich mit dir“, flüsterte ich ganz leise.
„Durch dich hat mein Leben einen Sinn bekommen. Ich habe lange auf dich gewartet.“
„Hast du jemals so stark für jemanden empfunden?“, fragte ich und sah ihm in die Augen.
„Nein, noch nie“, sagte er entschieden.
„Eine Frage habe ich noch“, sagte ich und sah nachdenklich aus.
„Ja?“
„Woher weißt du eigentlich wie ich heiße? Ich weiß, du hast gesagt, dass du gehört hast, wie man mich bei diesem Namen nannte, aber ich bin noch nicht alle zu lange in dieser Stadt, daher wundert es mich ein bisschen.“
„Ach so. Ich war oft in der Nähe deines Hauses und da hab ich gehört, wie deine Mutter dich immer so nannte.“
„Moment mal. Meine Mutter nennt mich nur selten Anna, sondern ...“
Ich wollte gerade den Namen aussprechen, als er mich unterbrach.
„Ich weiß. Sie nennt dich immer Annabelle, aber da du das nicht sonderlich magst, nenne ich dich lieber Anna, wenn es dir recht ist.“
Ich nickte nur und dann küsste ich ihn wieder und schlang meine Arme dabei fest um seinen Nacken.
Er hielt mich fest im Arm und hob mich etwas hoch, sodass meine Beine in der Luft hingen.
Ich löste meine Lippen wieder von seinen, sah ihm tief in die Augen und stützte meine Hände auf seinen Schultern ab.
„Wie spät ist es eigentlich?“, fragte ich in die Stille.
„Ungefähr einundzwanzig Uhr, soweit ich weiß. Warum?“
„Ich muss um halb zehn zuhause sein und dabei habe ich noch einen langen Weg vor mir.“
Ich sah verzweifelt aus, denn ich wusste, dass meine Mutter sich Sorgen machen würde, wenn ihre sechzehnjährige Tochter noch so spät unterwegs ist.
„Du wirst rechzeitig zuhause sein“, versuchte er mich zu trösten.
„Wie soll das gehen, wenn ich einen Weg von vierzig, wenn nicht sogar fünfzig Minuten vor mir habe? Selbst wenn ich laufe, bin ich nicht rechtzeitig da“, sagte ich verzweifelt und niedergeschlagen.
„Du vergisst, dass du einen Vampir, als guten Freund hast. Ich weiß ja nicht, ob dir die Geschwindigkeit eines Vampirs bekannt ist, aber eins kann ich dir sagen und zwar, dass wir den Weg in wenigen Sekunden geschafft haben.“
Ich sah in seine Augen und wie ein Lächeln über seine Lippen huschte.
„Das heißt, du bringst mich nach Hause?“, fragte ich begeistert.
„Ja, ich kann dich schlecht alleine nach Hause gehen lassen, nachdem was passiert ist.“
„Stimmt“, sagte ich und erwiderte sein Lächeln ohne noch weiter zu zögern. „Du bist echt der merkwürdigste Vampir überhaupt.“
„In wie fern?“, fragte er und eine Spur Neugier lag darin.
„Na ja, nachdem was ich üerb euch in Büchern gelesen habe hätte ich nicht gedachte einen so gutmütigen Vampir zu begegnen, dem ich mein Leben verdanke und in den ich mich je verlieben könnte.“
„Es gibt nicht mehr all zu viele bösartige Wesen, da es leichter für uns ist, nicht aufzufallen und das meiste, was in Büchern steht, ist nicht ganz richtig.“
„Heißt das, du bist nur so, um nicht aufzufallen?“, fragte ich entsetzt und versuchte mich aus seiner Umarmung zu befreien.
„Nein!“, sagte er und schüttelte den Kopf. „Ich will kein Monster sein, vor dem man Angst haben müsste. Ich wollte immer so akzeptiert werden, wie du mich gerade akzeptiert hast.“
Er sah traurig aus, als er das so sagte.
„Doch die meisten, die mich etwas besser kennen lernen“, sprach er weiter, „haben Angst vor mir und weichen instinktiv zurück, deshalb wundert es mich auch, dass du keine Furcht zeigst.“
„Ach, vielleicht liegt es daran, dass du einfach unwiderstehlich bist und mir gerade das Leben gerettet hast. Ich finde dich kein bisschen beängstigend, wenn ich ganz ehrlich bin. Du redest dir etwas ein“, versuchte ich ihn aufzumuntern. „Ich meine, wenn die Menschen sich vor dir fürchten, dann kann ich es echt nicht verstehen.“
Ich kuschelte mich näher an ihn und verbarg das Gesicht an seiner Brust.
„Eigentlich sind wir Vampire ungefährlich, in gewisser Weise, denn wir können uns genauso gut von Menschen Nahrung ernähren. Wir können zwar nicht alles essen, was ihr auch, doch einen großteil können auch wir essen.“
„Es ist echt seltsam hier mit dir zu stehen und dann auch noch so nahe“, sagte ich mit einer gewissen Traurigkeit in der Stimme.
„Warum?“, fragte er und hob mein Gesicht an, um mir in die Augen zu sehen.
„Ich habe mich schon immer sehr für Vampire interessiert und mir gewünschte einmal einem zu begegnen, doch ich dachte schon immer, dass es nur ein vager Traum sein würde, wenn ich einem Nachtwesen begegne, geschweige denn, dass er sich in mich verliebt. Ich bin nicht gerade eine Schönheit und daher kann ich es immer noch nicht so recht glauben, dass ich hier mit einem Vampir stehe, der mich in den Arm nimmt.“
„Aber so ist es. Ich werde dich immer lieben und zwar nur dich, damit du es weißt. Du darfst dir niemals einreden lassen, dass du nicht schön bist, denn du bist wunderschön“, sagte er und seine Augen leuchteten.
„Ich bin nicht so hübsch, wie du denkst. Du könntest schönere Mädchen haben, als mich.“
„Und wenn schon“, sagte er schulterzuckend und völlig gleichgültig, als wäre ihm das noch nicht aufgefallen. „Aber keine der Mädchen wäre auch nur annähernd so toll, wie du es bist. Du bist ein wunderschönes und vor allem sehr kluges Mädchen und dagegen kann keiner etwas sagen.“
„Aber...“, protestierte ich, doch wurde gleich darauf unterbrochen, als Adrian mich plötzlich wieder küsste.
Er sah unglaublich schön aus mit seinen honigblonden Haaren und den dunklen Strähnen darin, die zerzaust und wie stacheln in alle Richtungen abstanden.
Während ich dunkelblondes schon leicht braunes Haar habe, das mir über die Schultern hängt und dazu meine blauen Augen, die ich von meinem Vater habe.
Leider lebt er nicht mehr, da er vor ein paar Jahren bei einem Arbeitsunfall ums Leben kam.
Und nicht zu vergessen ist meine Körpergröße, die ein Meter siebenundsechzig beträgt.
Ich riss mich von ihm los um nach Luft zu schnappen.
Obwohl er auch ohne Sauerstoff auskam, ging sein Atem etwas schneller.
Er sah mich mit seinen karamellfarbenen Augen an.
„Wir sollten uns auf den Weg machen, wenn du möchtest, dass ich noch rechzeitig nach Hause komme“, sagte ich und wich seinem Blick aus.
„Also gut, dann werde ich dich mal nach Hause bringen“, antwortete er widerstrebend.
Er hob mich hoch und schlang seine Arme fest um meine Mitte.
Dann stieß er sich so stark vom Boden ab, sodass wir mit einem Satz durch die Luft flogen.
Es war atemberaubend, wie schön die Stadt von hier oben aussah.
Ich genoss es in vollen Zügen, obwohl ich eigentlich Angst haben müsste von dieser Höhe hinunter zu schauen, doch ich fühlte mich in seinen Armen sicher und ich wusste, er würde mich nicht loslassen.
„Hast du Angst?“, flüsterte er mir ins Ohr.
Ich schüttelte den Kopf. „Nein. Es ist wunderschön von hier die Stadt zu sehen.“
Es dauerte nicht lange, da waren wir schon kurz vor unserem Haus gelandet.
„Ich danke dir“, sagte ich und nahm Adrian zum Abschied in den Arm. „Guten Nacht.“
Ich drehte mich zum gehen um, als er mich plötzlich am Arm packte.
Er zog mich ganz nah zu sich heran.
Mit der einen Hand hob er mein Kinn an, während er die andere fest um mich schlang und dann lagen seine Lippen auf meinen.
Der Kuss war drängender, als zuvor.
Ich entwandt mich aus seinem Griff um wieder Luft zu bekommen und vor allem um meine Gedanken wieder zu ordnen.
„Guten Nacht“, flüsterte er lächelnd. „Ich hoffe wir sehen uns bald wieder.“
„Das hoffe ich auch“, erwiderte ich, während ich schwankend zur Haustür ging.
„Geht es dir nicht gut?“, fragte Adrian besorgt. „Soll ich dir helfen und dich noch bis zur Tür begleiten?“
„Nein“, sagte ich kopfschüttelnd. „Ich glaube, der Kuss hat mich nur etwas überrascht. Ich hab nicht damit gerechnet, dass deine Lippen auch so drängend sein können, schon fast ungeduldig.“
„Ich verrate dir mal ein Geheimnis“, flüsterte er neben mir.
Ich erschrak kurz, da ich nicht damit gerechnet hatte, ihn neben mir stehen zu sehen.
„Du bist das erste und auch das einzige Mädchen, dass ich jemals geküsst habe . Ich habe schon viele von euch weiblichen Wesen kennen gelernt, doch keine hat sich besonders gut angestellt, wenn ich ehrlich bin.“
Ich sah ihn an und er schenkte mir ein bezauberndes Lächeln, wo mir für einen Moment der Atem stockte.
„Na ja, wer weiß, noch kennst du mich ja nicht alle zu gut, um beurteilen zu können.“
„Ich kenne dich gut genug, um zu unterscheiden. Ich habe mich noch nie so schnell in ein Mädchen verliebt und wenn ich mal wieder ehrlich bin, dann war ich noch nie wirklich verliebt“, sagte er und grinste. „Du solltest jetzt lieber rein gehen, sonst macht sich deine Mutter wohl möglich noch Sorgen.“
„Ja, dann bis irgendwann mal.“
Ich ging zur Tür und drehte mich noch einmal kurz um, doch Adrian war schon verschwunden.
Ich öffnete die Tür und betrat das Haus.
„Hallo Mama“, rief ich. “Ich bin wieder zu Hause.“
„Hallo Annabelle. Wie war dein Tag?“, fragte sie, als sie aus der Küchentür trat.
„Ganz okay. Ich hab mich ein bisschen umgesehen. Ich wollte mich mit der Gegend vertraut machen und hab meinen Schulweg ausprobiert.“
„Das ist schön. Du wirst sehen, schon bald hast du dich hier sehr gut eingelebt und Freunde gefunden.“
Ich nickte nur.
Dann ging ich die Treppe hoch in mein Zimmer, wo ich mich zum Duschen umzog.
Während ich duschte, dachte ich über Adrian nach.
Vielleicht währe es besser ihn wieder zu vergessen.
Ich meine, warum sollte er sich mit jemanden wie mir abgeben? Er würde bestimmt bald jemanden finden, dem er nahe sein kann und mich hat er dann vergessen.
Ich drehte das Wasser ab und trat aus der Dusche.
Schnell machte ich mich bettfertig und ging schlafen.
Die Schule würde für mich schon in wenigen Tagen beginnen.
In dieser Nacht träumte ich von der Begegnung mit Adrian und da wurde mir um so mehr bewusst, dass es ein Fehler wäre, sich mit einem Vampir einzulassen.
Ich hatte keine Angst vor ihm, doch ich wusste, dass ich nicht gut genug für ihn war.

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Texte: Copyright by Cassedy
Tag der Veröffentlichung: 11.07.2010

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