Prinzessin der Nachtwesen
Das Abendessen
Ich ließ mich auf mein Bett fallen und schloss für einen Moment die Augen, um alles zu vergessen.
Es war langsam einfach alles zu viel für mich.
‚Warum konnte ich kein normales Mädchen sein?’, fragte ich mich jetzt. ‚Warum musste es ausgerechnet mich treffen, wenn doch genau so gut jedes andere Mädchen mein Los ziehen konnte! Lag es etwa daran, dass ich das reichste Kind ganz England war?’
Es war bereits zwölf Uhr.
Ich seufzte genervt auf.
Die Zeit war so schnell vergangen, dass ich mich selber fragte, wo sie nur hin ist.
So viel hatte ich schließlich nicht gemacht.
Nur ein Flucht versuch, das Frühstück und dann der Zusammenstoß mit Fly.
Und doch war die Zeit wie im Fluge vergangen.
Das Abendessen mit Fly rückte mit jeder verdammten Stunde immer näher.
‚Warum musste mein Leben nur so verlaufen?’, dachte ich gequält. ‚Zuerst der Tod meiner Eltern und dann das hier. Gefangen in einer großen Villa. Und verlobt mit einem Vampir, der mich zu allem Überfluss auch noch zum Essen eingeladen hat.
Wo ich natürlich hingehen musste!
Mich fragt ja niemand, ob ich da überhaupt hin wollte.
Die Entscheidungen werden einfach über meinen Kopf hinweg entschieden ohne das ich auch nur das geringste dagegen tun konnte.
Ich wollte nicht zu diesem verdammten Abendessen!
Fly war zwar mein Verlobter und es gehörte sich dann ja eigentlich nicht, eine Verabredung abzusagen, aber wenn man es genau nahm, wusste ich überhaupt nichts über ihn.
Er war einfach so plötzlich in meinem Leben aufgetaucht.
Oder war ich in seinem Leben einfach aufgetaucht?
Wie dem auch sei.
Es spielte keine Rolle, wer in welches Leben eingedrungen ist.
Die Tatsache ist, dass er ein Fremder für mich ist und es würde sich daran auch nicht so schnell etwas ändern, da er ja nie über sich sprach!
Fly war die letzten Tage, seitdem ich wieder zu mir gekommen bin, nicht da gewesen.
Es hatte ihn nicht sonderlich interessiert, ob es mir gut oder schlecht ging.
Er hatte mir noch nicht einmal mitteilen lassen, dass er nicht da war.
Hätte Vainetta es mir nicht erzählt, dann hätte ich es bis eben nicht gewusst.
Vielleicht hätte ich es aber auch überhaupt nicht erfahren dürfen!
Das wäre natürlich ein Grund, warum er mir nichts davon gesagt hatte.
‚Dachte er etwa, dass ich dann eher in der Villa bleiben würde, wenn ich im Glauben war, dass er sich irgendwo in dem Haus aufhielt und mich vielleicht sogar beobachtete? - Jeden meiner Schritte überwachen ließ?’
Warum also sollte ich dann zu diesem Abendessen gehen?
Fly kümmerte sich einen feuchten Dreck um mich, also würde ich seinen Wünschen, Bitten und auch seinen Aufforderungen nicht nachkommen.
Es war mir herzlich egal, wenn ich Fly damit verärgerte.
Was konnte er schon groß tun?
‚Ja, er könnte versuchen mich gefügig zu machen, aber selbst dann würde ich mich noch gegen ihn wehren, denn er war einfach ein verfluchter Vampir!’
Immer wieder hallte dieses eine Wort in meinem Kopf.
Ich konnte einfach nicht über diese Tatsache hinweg sehen.
Egal wie sehr ich es auch versuchte, es wollte mir einfach nicht gelingen.
‚Warum grübelte ich überhaupt so lange über die ganze Sache nach?’, fragte ich mich jetzt. ‚Ich kann es nicht ändern. Es ist wie es ist. Das scheint wohl mein Schicksal zu sein. Aber ich wollte das alles nicht. Ich konnte Fly nicht heiraten und ich konnte auch nicht die zukünftige Prinzessin sein, denn ich liebte ihn einfach nicht!’
Wir waren verschiedene Persönlichkeiten.
Er war außerdem ein Vampir.
Ich wollte ganz sicher nicht so werden wie er. Niemals!
Fly war einfach so besitzergreifend und behandelte mich schon wie sein Eigentum.
Dabei war noch lange nichts entschieden.
Okay ich habe es hingenommen, dass ich mit ihm verlobt bin, aber dennoch hatte ich doch wohl ein Wörtchen mitzureden.
Dieser arrogante, teils unfreundliche, kalte Mistkerl würde das noch bereuen. Ganz sicher!
Ich lasse mich schließlich nicht so behandeln.
Immer stets freundlich der Gute und wenn man dann mal nicht nach seiner Pfeife tanzte, wurde er sehr ungemütlich.
Bei mir schien es also ständig zu passieren.
Der gute alte Fly schien sich daher gerne zu streiten, wie es mir scheint.
Es kam bei unseren Gesprächen und Aufeinandertreffen noch nie etwas anderes heraus, als Streitereinen, wo ich ihn anschrie und er mir am Ende den Mund zu hielt.
Ich seufzte wieder, öffnete die Augen und richtete mich leicht auf.
Die Sonne schien jetzt hell am Himmel und warf ihr Licht durch die großen Fenster ins Zimmer.
Sie wärmte mein Gesicht und gab mir ein wohliges Gefühl.
In diesem Moment hatte ich meinen Entschluss gefasst.
Fly konnte den Abend heute alleine verbringen, denn ich hatte nicht vor ihm dabei Gesellschaft zu leisten.
Ich würde ohne hin keinen Bissen runter bekommen, wenn mir ein dämlicher Vampir gegenüber saß.
Und schon wieder konnte ich es nicht verhindern daran zu denken, dass Fly ein Vampir war.
Das wollte mir einfach nicht aus dem Kopf gehen.
Aber ich wäre ihm gegenüber auch so gewesen, wenn er ein ganz normaler Mensch, verzeih, Prinz wäre.
Es war für mich schon schlimm genug, dass ich nachgegeben habe, was das Thema heiraten betraf.
Ich konnte es immer noch nicht glauben, dass ich dem zugestimmt habe.
Das war alles nur Flys Schuld.
Schließlich verhinderte er, dass ich in seiner Nähe klar denken konnte.
Meine Reaktionen waren ganz andere, wenn ich mit ihm sprach.
Warum genau das so war, konnte ich mir nicht erklären.
Vielleicht wollte ich den wahren Grund aber auch einfach gar nicht wissen!
‚Aber warum dachte ich überhaupt über so etwas nach?’
Jetzt war wichtiger, was ich wegen des Abendessens unternahm.
Hingehen würde ich sicher nicht.
Entschlossen stand ich auf und ging zu einem der großen, weißen Fenster, aus denen man den Garten gut sehen konnte.
Er war so wunderschön.
Überall waren Bäume und rote Rosen.
Ich weiß nicht genau warum, aber ich liebte die Natur unglaublich.
‚Nicht ablenken!’, ermahnte ich mich.
Es war aber dennoch sehr erstaunlich, dass der Garten so gepflegt war, schließlich gehörte die Villa Fly und der machte nicht den Eindruck, als würde er viel Wert auf einen schönen Garten legen.
„Ist doch auch egal“, sagte ich dann für mich. „Ich werde nicht mit ihm zu Abend essen, egal was er davon halten sollte.“
„Das ist keine kluge Entscheidung Liebes!“, entgegnete jemand hinter mir.
Erschrocken fuhr ich herum und starrte in ein wunderschönes Gesicht.
„Fly“, erwiderte ich atemlos und starrte ihn nur mit großen Augen an.
„Ich dachte mir schon, dass du mir Schwierigkeiten machen würdest. Es ist erstaunlich wie gut ich dich mittlerweile kenne Eveelin.“
„Na da kennt wenigstens einer von uns den anderen gut!“, antwortete ich spöttisch. „Was willst du Fly? Du bist schließlich nicht um sonst gekommen! Es gibt immer einen Grund, warum du zu mir kommst, hab ich Recht?“
Er lächelte vergnügt.
„Ja. Da liegst du wohl richtig. Scheint so, als würdest du auch schon so einiges über mich wissen meine liebe Eveelin.“
„Nein. Da liegst du ausnahmsweise mal falsch. Ich kenne nichts über dich. Also, was willst du Fly?“, fragte ich noch einmal.
„Du könntest ruhig mal etwas freundlicher sein“, sagte er, doch sein Lächeln war noch immer bezaubernd schön.
Es störte ihn nicht wirklich, dass ich ihm gegenüber so wirsch und unfreundlich war.
Aber er hat es auch nicht anders verdient.
„Oh verzeih“, sagte ich säuerlich. „Aber ich habe vergessen was Freundlichkeit ist. Muss wohl an diesem Haus liegen, in dem ich jetzt wohne!“
Ich sah ihn aus zusammen gekniffenen Augen an.
„Würdest du jetzt bitte meine Frage beantworten?“, zischte ich ihn an.
„Immer wieder gern“, sagte er freundlich und ließ sich von mir seine gute Laune scheinbar nicht verderben. „Ich will dir die Chance geben mich besser kennen zu lernen. Heute Abend hast du Gelegenheit dazu!“ „Beim Essen“, fügte er dann noch hinzu.
Mein Blick verdüsterte sich noch ein wenig mehr, wenn das überhaupt ging.
„Und wenn ich mich weigere zu kommen?“, fragte ich angriffslustig.
„Du wirst kommen Eveelin! Darüber brauchen wir nicht zu sprechen. Wenn du nicht kommst, dann kann ich sehr ungemütlich werden und das willst du doch nicht oder?“
„Willst du mir jetzt etwa drohen?“, fragte ich tonlos.
„Nein“, erwiderte Fly, packte mich an den Schultern und drückte mich sanft gegen die Wand neben dem Fenster.
Ich keuchte erschrocken auf und starrte ihn mit großen Augen an.
Mein Körper zitterte ganz leicht und mein Herz klopfte wie verrückt.
Es war in diesem Moment jedoch keine Angst, die ich verspürte.
Behutsam legte er seine Hand an meine Wange und sah mich liebevoll an.
Was war nur plötzlich los mit Fly?
Ich wandte meinen Blick von ihm ab und starrte zu Boden.
Noch nie hatte ich ihn so zärtlich, so einfühlsam erlebt.
Fly war sonst immer der kalte und beherrschte, selbstsüchtige Prinz gewesen.
„Warum machst du es uns beiden so schwer?“, flüsterte Fly leise. „Es könnte alles viel einfacher sein, wenn du es nur zulassen würdest!“
„Wenn ich das alles zulassen würde, dann hätte ich mein Schicksal kampflos hingenommen und du hättest gewonnen. Aber genau das will ich verhindern!“, antwortete ich leise und hilflos, doch ich sah ihn weiterhin nicht an.
Er nahm seine Hand von meiner Wange und legte sie unter mein Kinn.
Sanft hob er es an und zwang mich dazu ihn anzusehen.
„Bitte Eveelin“, bat er mich. „Bitte zwing mich nicht dazu dir weh zu tun!“
Seine silberblauen Augen durchbohrten mich regelrecht.
„Was willst du damit sagen?“
Anstatt einer Antwort beugte er sich zu mir.
Seine Lippen berührten die empfindliche Stelle unterhalb meines Ohres.
Ein kleiner Schauer lief über meinen Rücken.
Mir wurde plötzlich ganz warm ums Herz.
Ich spürte wie Fly lächelte, als er mich dann wieder ansah.
Zärtlich zog er mich in seine Arme und legte seine Wange auf mein Haar.
Der Vampir war nicht ganze zwei Köpfe größer als ich.
Für einen kurzen Moment schloss ich meine Augen und fing an die Berührungen zu genießen.
‚Stopp’, ermahnte ich mich. ‚Das ist Fly, der Prinz aller Vampire. Ich darf ihn nicht mögen, denn das wäre dann ein großer Fehler! Es würde schließlich bedeuten, dass ich mein Schicksal einfach so hin nahm und er hätte gewonnen.’
Ich wehrte mich heftig gegen seine Umarmung und versuchte sofort von ihm los zu kommen.
„Lass mich los!“, schrie ich jetzt panisch, als er mich noch immer nicht los ließ. „Ich will das nicht!“
„Ganz ruhig Eveelin.“
„Nein. Ich will nicht ruhig sein! Verschwinde!“
Mit einer schnellen Bewegung drehte er mich mit dem Rücken zu sich und hielt mir energisch den Mund zu.
Genau das Selbe hatte er auch schon vor drei Tagen gemacht.
Der Gute konnte mein Geschrei wohl nicht mehr ertragen.
Tja. Aber es lässt sich nun mal nicht ändern.
„Warum muss es immer so enden?“
Ich konnte ihm diese Frage nicht beantworten.
Es lag aber nicht daran, dass er mir den Mund zu hielt, sondern weil ich die Antwort einfach nicht kannte oder nicht kennen wollte.
Unsere Begegnungen mussten einfach im Streit und Geschreie enden, denn wir waren einfach so verschieden, die totalen Gegensätze.
Ich atmete hastig ein und aus.
Fly schlang seinen freien Arm um meine Brust.
Verzweifelt und mit zitternden Händen klammerte ich mich an seinen Arm.
Tränen stiegen mir in die Augen und ich wusste nicht warum.
Hatte ich etwa Angst, dass er mir jetzt etwas tun würde.
Es verlief alles ein wenig anders, als bei unseren letzten Aufeinandertreffen.
„Alles ist gut Eveelin“, sagte er mit sanfter, beruhigender Stimme. „Ich werde dir schon nichts tun meine Kleine!“
Ich nickte nur kurz und kraftlos.
„Hast du dich jetzt wieder beruhigt?“
Ein weiteres Nicken sollte ein ‚Ja’ meinerseits sein.
Fly ließ den Arm, mit dem er eben noch mein Mund zugehalten hatte, sinken.
Sacht strich er mein kastanienbraunes, langes Haar zurück.
Zärtlich berührten seine Fingerspitzen meine Wange und fuhren immer wieder auf und ab.
Es war eine kaum merkliche Bewegung seiner Finger.
„Ich erwarte dich heute Abend“, sagte Fly nach einigen Minuten der Stille leise und seine Berührungen endeten abrupt.
„Gut. Ich werde da sein!“, antwortete ich geistesabwesend.
„Weshley oder Vainetta werden dich abholen.“
Und dann verschwand der Prinz auch schon so plötzlich, wie er hier erschienen war.
Ich blieb noch eine Weile einfach nur so stehen und starrte mit ausdruckslosen Augen aus dem Fenster direkt in den Himmel.
‚Wie konnte ich nur so dumm sein?’, fragte ich mich dann voller Entsetzen, als mir klar wurde, was ich eben gesagt hatte. ‚Wie konnte ich Fly nur zusagen?’
Das war ja mal wieder so klar gewesen, dass mein Verstand nicht richtig denken konnte, wenn dieser verfluchte, idiotische Vampir in meiner Nähe war.
Er hatte schon wieder seinen verdammten Willen bekommen.
Jetzt musste ich da wohl oder übel hingehen.
Es gab keinen Ausweg mehr, um sich da doch noch raus zu reden.
Ich konnte es noch immer nicht fassen, was ich da getan habe.
Zuerst zwingt Fly mich hier zu leben, dann will er, dass ich seine Frau werde und jetzt auch noch dieses Essen mit ihm ganz allein!
‚Na ganz toll’, dachte ich ärgerlich. ‚Das hast du mal wieder super hinbekommen!’
Wütend über mich selbst und auch über den Vampir biss ich die Zähne zusammen.
„Du verfluchter Vampir, du“, schimpfte und fluchte ich vor mich hin.
Fly hatte mich wieder einmal dazu gebracht ihm nachzugeben.
„Was hab ich dir denn getan?“, fragte Vainetta verwirrt und sah mich mit schräg gelegtem Kopf an.
„Nichts!“, zischte ich noch immer aufgebracht. „Dich hab ich gar nicht gemeint!“
„Dann ist ja gut“, sagte sie lächelnd und kam langsam näher.
„Was gibt es Vainetta?“
„Warum fragst du mich das?“
„Ich kenne dich mittlerweile so gut, um zu wissen, dass du nicht ohne Grund hier bist. Genau so wie alle anderen Vampire in diesem Haus! Also, schieß los. Ich höre?“
„Ist ja gut“, seufzte sie. „Fly schickt mich.“
„Und warum schickt er dich? Was will er?“
„Es ist schließlich schon drei Uhr und in genau drei Stunden musst du fertig angezogen sein. Er will das ich dir ein bisschen zur Hand gehe. Dir ein Kleid aussuche und dich schick mache!“
Ich seufzte genervt.
Die Stunden sind wieder einmal so schnell vergangen.
Hatte ich wirklich so lange über Fly und seine Eigenart gegrübelt?
Ist ja auch egal!
„Sag jetzt aber nicht, dass du dich weigerst zum Essen zu gehen!“
„Nein!“, ich schüttelte den Kopf.
Vainetta sah mich überrascht an.
Damit hatte sie wohl jetzt nicht gerechnet.
„Keine Proteste? Und auch keine Wiederworte? Wie kommt das jetzt nur?“
„Ganz einfach. Es ist schon längst entschieden. Ich werde hin gehen, da ich Fly leider mein Wort gegeben habe, dass ich den Abend mit ihm verbringe, wenn man es so will.“
„Ach deshalb ist Fly also eben so zufrieden und gut gelaunt an mir vorbei gegangen. Und ich meine es bedarf schon sehr viel, um den Prinzen mal zum Lächeln zu bringen“, erwiderte sie grinsend.
„Dieser Mistkerl hatte mir ja auch gar keine andere Wahl gelassen, als ihm zu zusagen. Ich bin total auf ihn herein gefallen! Er und seine bescheuerte Art einem den Kopf zu verdrehen, dass man noch nicht einmal mehr richtig denken kann!“
Wütend blickte ich die schöne Vampirfrau an, obwohl ich doch wusste, dass sie eigentlich nichts für meine schlechte Laune konnte.
Sie war schließlich nicht Schuld, dass Fly so ein mieser, arroganter, dickköpfiger, selbstsüchtiger Mistkerl von einem Vampir war!
„Sieh mich nicht so an Eveelin“, erwiderte Vainetta gelassen. „Ich kann nichts dafür. Aber mal ganz ehrlich. Warum regst du dich nur so darüber auf. Fly kann ein ganz netter Kerl sein wenn er will. Und so schlimm wird es schon nicht mit ihm sein!“
„Doch wird es. Fly ist und bleibt ein verdammter Vampir, der mit miesen Tricks spielt!“
„Komm, stell dich nicht so an. Der Prinz mag dich wirklich.“
„Und wenn schon“, entgegnete ich zornig. „Mehr wird da auch nicht sein!“
„Willst du etwa mehr?“
Aufmerksam sah Vainetta mich nun an und wartete darauf, dass ich ihre Frage beantwortete.
„Nein. Fly kann mir gestohlen bleiben. Ich würde mich niemals herab lassen ihn zu lieben oder mir zu wünschen, dass er es tat.“
Ich sagte ihr lieber nicht, wie es wirklich war.
Immerhin hatte ich bei unserer ersten Begegnung in dieser Villa mir genau das gewünscht, dass er mich liebte und mich bei sich behielt.
Nicht weil er sein Versprechen meinen Eltern gegenüber einhalten wollte.
„Wie kommst du jetzt überhaupt darauf?“
„Ach nur so. Ich dachte vielleicht empfindest du ja doch etwas für Fly, auch wenn du es nicht zu geben möchtest. Aber jetzt sollten wir dich am besten fertig machen, damit du rechtzeitig zum Abendessen kommst. Am besten du nimmst erste einmal eine schöne Dusche, um wieder runter zu kommen und dich zu beruhigen. Eine Abkühlung würde dir jetzt sicher gut tun!“
„Ich brauch aber keine Abkühlung!“, erwiderte ich nur aufgebraucht.
„Ja, ja. Schon klar Eveelin. Und jetzt hopp, hopp unter die Dusche.“
„Ist ja gut. Ich geh schon.“
Lustlos lief ich an ihr vorbei ins Badezimmer.
Mit einem lauten Knall machte ich die Tür hinter mir zu.
Ich war selber Schuld, wie der Tag heute verlaufen war.
Aber irgendwie auch wieder nicht.
Schließlich hatte Fly mich irgendwie Willenlos gemacht, sodass ich nur zusagen konnte.
Das war sicher seine Absicht gewesen.
Er hatte immerhin, das bekommen, was er wollte.
Ich konnte einfach nicht klar denken, wenn ich mit ihm zusammen war.
Egal was für eine Spannung zwischen uns herrschte.
Ob ich sauer auf ihn war und ihn am liebsten angeschrieen hätte oder ihn gern hatte.
Das mit dem gern haben, kam jedoch nie vor, also gab es nur die eine Option.
Ich konnte ihn nicht leiden. So einfach war das.
Schnell ging ich unter die Dusche und ließ das Wasser laufen.
Es fühlte sich angenehm an, wie es warm auf meinen Rücken prasselte und ich entspannte mich langsam wieder.
Ich schloss meine Augen und streckte mein Gesicht dem Wasserstrahl entgegen.
Nach etwa einer halben Stunde stieg ich endlich aus der Dusche und schlang mir ein Handtuch um den Körper und um meine Haare.
Sofort ging ich in mein Zimmer zurück, wo Vainetta schon ungeduldig auf mich wartete.
„Du brachst wirklich lange um dich zu duschen, weißt du das Eveelin? An jedem Tag hättest du es gerne tun können, aber nicht heute. Du wirst sonst nicht fertig!“
„Tut mir leid, aber das hatte ich einfach mal gebraucht nach so einem stressigen Tag.“
Entschuldigend sah ich sie an, obwohl ich innerlich noch immer wütend war.
„Macht nichts“, erwiderte sie freundlich. „Dann wollen wir dich mal fertig machen.“
Vainetta führte mich zu dem großen Schminktisch gegenüber meines Bettes und drückte mich sanft auf den Stuhl, der direkt davor stand.
Langsam um mir nicht weh zutun, zog sie mir das Handtuch vom Kopf, sodass meine Haare mir jetzt über die Schultern vielen.
Sie reichten mir knapp bis zur Brust.
Vorsichtig kämmte sie die Haare durch.
Meine Haare waren noch ziemlich nass vom Duschen, so dass das Wasser auf den Boden tropfte und kleine Pfützen bildete.
Doch den Vampir hinter mir störte es nicht weiter.
Vainetta nahm einfach einen Föhn und ließ die Haare so trocknen, bis sie wieder geschmeidig glatt und mit leichten Locken auf meine Schultern fielen.
„Du bist echt schön Eveelin. Für einen Menschen. Ich kann jetzt immer besser verstehen, was Fly an dir findet.“
„Ach ja?“, fragte ich bissig und funkelte sie durch den Spiegel an.
„Ja. Er findet dich bestimmt genau so schön wie ich. Du bist eine Naturschönheit. Ich glaube genau das schätzt er am aller meisten an dir. Du bist wie du bist, einfach du. Mit deinem Temperament und deinem Mut.“
„Ihm bin ich doch völlig egal. Dem Prinzen interessiert es nicht wirklich, wie ich mich fühle oder ob es mir in diesem Moment gut geht. Es ist ihm nicht wichtig, wie ich über alle das denke, was er ohne mich entschieden hat. Mich hat er nicht einmal gefragt, ob ich das überhaupt will. Fly kann einfach nichts an mir gelegen sein, sonst würde er doch nicht so handeln und mich damit verletzen!“
„Du irrst dich Eveelin! Er ist nicht so, wie du jetzt in diesem Moment von ihm denkst!“
„Ach wirklich? Irre ich mich so sehr in dem was ich sage?“, fragte ich verächtlich und warf ihr einen vernichtenden Blick im Spiegel zu.
„Ja, tust du! Du scheinst Fly nicht gut genug zu kennen, wenn du so etwas sagst!“
„Um genau zu sein kenne ich den Prinzen überhaupt nicht. Nichts weiß ich über ihn, obwohl ich doch schon so viele Tage hier bin. Auch wenn ich die meisten davon bewusstlos war. Aber es spielt keine Rolle. Ich weiß nur, dass Fly für mich ein völlig Fremder ist!“
„Du kannst mir ruhig glauben, wenn es um Fly geht. Ich lebe schon viele Jahre mit ihm zusammen. Er ist schließlich der Prinz und das schon seit mehr als dreihundert Jahren. Er hat dich ziemlich gern und du bist ihm sehr wichtig. Das sieht man an seinem Blick, so wie er dich ansieht, wenn ihr euch immer wieder begegnet. Ich hab euch heute im zweiten Stock gesehen, als ihr miteinander gesprochen habt. Wie ich es mitbekommen habe, hast du endlich eingewilligt ihn zu heiraten.“
„Du hast doch überhaupt keine Ahnung“, erwiderte ich aufgebracht und wandte meinen Blick vom Spiegel.
„Nein Eveelin! Das stimmt doch überhaupt nicht. Ich weiß wo von ich rede. Warum sonst sollte er dich retten und in seiner Villa dulden? Kannst du mir das mal beantworten? Da der Fly, den ich kenne keine Menschen in seiner Nähe haben möchte. Selbst die Bediensteten bekommen ihn nur sehr selten zu Gesicht. Aber das weißt du ja sicher schon selbst!“
„Ich beantworte dir deine Frage gerne. Das alles macht er eigentlich nur, weil ich seine Verlobte bin! Er will, dass ich ihn heirate!“
„Noch ein Beweis mehr, wie gern er dich doch hat! Und er lädt dich sicher auch nicht einfach so zum Essen ein, wenn das nichts zu bedeuten hätte!“
„Es ist alles ganz anders!“, flüsterte ich leise und wollte ihr wiedersprechen. „Aber genug darüber geredet. Wir könnten ewig so weiter machen, nur nicht jetzt.“
Ich wollte nicht länger über ihn nachdenken.
‚Fly’, dachte ich plötzlich sehnsüchtig. ‚Warum muss nur alles so schwierig sein?’
„Wie du willst Eveelin“, gab Vainetta sich geschlagen und riss mich aus meinen Gedanken.
Behutsam steckte sie mein kastanienbraunes Haar hoch und befestigte es mit kleinen, schwarzen Spangen, damit es auch da blieb wo es war.
Nur einige wenige Strähnen rechts und links von meinem Gesicht hingen locker nach unten, da die Haare kürzer waren, als die anderen.
„Die Frisur sitzt schon mal perfekt. Noch ein bisschen Haarspray und dann machen wir uns ans schminken, obwohl du ja so schon schön genug bist. Aber es soll Fly ja schließlich umhauen, wenn er dich sieht.“
„Mach dir nicht die Mühe. Es wird ihn wie immer kalt lassen.“
„Wird es nicht. Du wirst schon sehen. Ich hab dir übrigens ein paar schöne Abendkleider mit gebracht.“
Ich stöhnte ganz leise, da ich Kleider seit Anfang an nicht ausstehen konnte und eigentlich auch nie welche getragen hatte.
Nichte einmal als kleines Kind hat man mich in eines dieser schrecklichen Kleider bekommen!
Und jetzt tat man mir so etwas an!
„Muss das denn sein?“, fragte ich mit verzogenem Gesicht.
Vainetta musste über meinen Gesichtsausdruck lächeln.
„Ja, es muss sein. Schließlich wird dieser Abend nur euch beiden gehören.“
Sie drehte den Stuhl, sodass sie jetzt vor mir stand.
„Halt still!“, befahl sie mir.
Vorsichtig trug sie Wimperntusche, Lidschatten und ein bisschen Rouge auf.
„Das müsste reichen.“
Ich erhob mich vom Stuhl und ging zu meinem Bett, wo die ganzen Kleider lagen.
Es gab fünf verschiedene Kleider und eines schöner, als das andere.
„Such dir eines aus Süße. Sie dürften dir eigentlich alle passen. Es ist deine Größe hab ich mir sagen lassen“, entgegnete Vainetta direkt hinter mir.
Ein schwarzes, cremefarbenes, rosafarbenes, dunkelblaues und schließlich auch noch ein rotes Kleid lagen vor mir.
Es dauerte einen Moment bis ich mich entschieden hatte.
Immer wieder probierte ich die Kleider aufs neue an, bis ich dann doch das rote Kleid nahm, das mir von allen sofort am meisten gefallen hatte.
Ich fand es passte einfach am besten zu meiner schlanken Figur, außerdem glänzte es so wunderschön im Licht, als wären da ganz kleine Diamanten eingearbeitet.
Die Entscheidung viel mir dann ja eigentlich doch nicht so schwer.
Das Kleid war schon die ganze Zeit in meine Auswahl gefallen.
Es war aus weicher Seide und sehr elegant.
‚Genau das richtige für einen Abend mit einem Prinzen’, dachte ich spöttisch und konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen.
Fragend blickte Vainetta mich an, doch ich winkte nur ab.
Dazu würde ich dann noch silberne Absatzschuhe tragen.
Doch als ich mich dann so im Spiegel betrachtete, dann bereute ich es fast schon wieder mich genau für dieses Kleid entschieden zu haben.
Nicht das es nicht schön war.
Es gefiel mir nach wie vor, doch es war Träger los, worauf ich bei der Anprobe gar nicht geachtet hatte, weil ich so beeindruckt vom Kleid war.
Aber das war noch nicht genug, es musste dann ja auch noch einen ziemlich tiefen Ausschnitt haben, sodass man meine Oberweite zum Teil sehen konnte.
‚Das würde ja mal heiter werden’, dachte ich entgeistert. ‚Fly würde seinen Spaß haben, da war ich mir sicher!’
Es war bodenlang und hatte auf beiden Seiten Schlitze, die bis zu den Knieknöcheln gingen, sodass man sich besser darin bewegen konnte.
‚Wenigstens ein Vorteil’, dachte ich erleichtert.
Jetzt stand weniger Gefahr, dass ich fallen würde, wenn da nicht noch die hohen Absatzschuhe wären.
Sie waren zwölf Zentimeter hoch.
„Du bist wunderschön Eveelin!“, sagte Vainetta zufrieden. „Wie eine richtige Prinzessin, die du ja zum Teil schon bist. Da wird Fly große Augen machen. Man erkennt dich kaum wieder. Das wird der entscheidende Abend. Ganz sicher!“
„Es ist ein ganz normaler Abend, wie sonst auch“, sagte ich schwach.
„Wir werden sehen. Aber nun geh. Weshley wird dich zum Essenssaal begleiten. Hab viel Spaß und gib Fly eine Chance. Ich bin mir sicher, du wirst es nicht bereuen!“
„Was soll das heißen?“, fragte ich, doch Vainetta war schon durch das große Fenster verschwunden, das leicht offen stand und ich war allein im Zimmer, jedoch nur für kurze Zeit.
Schon bald klopfte es an der Tür.
„Herein.“
Die Tür öffnete sich und Weshley betrat den Raum.
Er sah sich im Zimmer um, als suche er nach irgendjemanden.
Vielleicht hatte er erwartet, Vainetta hier noch aufzufinden.
Da hatte er sie wohl knapp verpasst!
Sein Blick wanderte dann plötzlich zu mir und seine Augen wurden größer.
„Bist du das wirklich Eveelin?“, fragte Weshley leicht verunsichert.
„Ja, wer sonst sollte es sein?“
Ich sah ihn mit einem ernsten und leicht belustigten Blick an.
„Es tut mir leid!“, erwiderte er und verbeugte sich leicht vor mir.
Irritiert und total verwirrt blickte ich ihn an.
Was war plötzlich in ihn gefahren?
„Was machst du da?“, fragte ich mit verwirrter Stimme.
„Ich verbeuge mich vor der zukünftigen Prinzessin. So ist das üblich bei uns Eveelin. Außerdem entschuldige ich mich hiermit, dass ich dich nicht erkannt habe. Verzeih!“
„Lass das. Noch bin ich nicht die Prinzessin. Ich bin nur mit Fly verlobt, aber nicht verheiratet, also kannst du die Verbeugung sein lassen! Und du musst dich auch nicht bei mir entschuldigen!“
„Wie du wünscht Eveelin.“
Weshley kam langsam auf mich zu und reichte mir seine Hand.
„Komm wir gehen. Der Prinz wartet sicher schon auf dich.“
Anstatt seine Hand zu ergreifen, hackte ich mich bei ihm ein und wir verließen gemeinsam das Zimmer.
Es war bereits kurz nach achtzehn Uhr und der Himmel verdunkelte sich zunehmend.
Ich kam also zu meiner ersten Verabredung auch noch zu spät.
Eigentlich war ich ja nicht so scharf auf diesen Abend, aber ich wollte jetzt auch nicht kneifen, nachdem es ohne hin schon längst zu spät dafür war, um noch einen Rückzieher zu machen.
Im Gang war alles hell erleuchtet, durch kleine Lampen.
Das Licht war angenehm.
Nicht zu hell und auch nicht zu grell.
Der Weg zum Saal war nicht besonders weit.
Ich musste es ja schließlich wissen, da ich heute schon dort gewesen war.
Natürlich unbeabsichtigt, als ich auf der Suche nach dem Fluchtweg war.
Weshley und ich waren also daher auch schnell da.
Vor der Flügeltür blieben wir stehen.
Mein Herz klopfte wie verrückt und meine Hände zitterten ganz leicht.
Was war nur plötzlich mit mir los?
War ich etwa aufgeregt?
Ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen und atmete einmal tief durch.
„Ab hier wirst du auf dich allein gestellt sein“, grinste Weshley und seine Augen funkelten ganz kurz.
„Ich hab auch nicht erwartet, dass du mit rein kommen würdest!“
Ich löste mich kurz darauf von ihm und er öffnete mir die Tür.
Mit langsamen, unsicheren Schritten betrat ich den großen Raum.
Es war genauso wie heute morgen alles war gleicht, doch dieses Mal brannte ein kleines Feuer im Kamin und erwärmte damit den Raum und ließ ihn gemütlich erscheinen.
Ich ging noch weiter hinein.
Meine Unsicherheit löste sich langsam wieder auf.
Gedankenverloren ließ ich meinen Blick durch den Raum schweifen.
Überall brannten jetzt Kerzen und die Deckenbeleuchtung gab nur schwaches Licht wieder.
Es war alles romantisch her gerichtet, dass ich mich schon fragte, ob ich mich vielleicht in dem Raum geirrt hatte.
Schnell sah ich mich nach Fly um und da stand er.
Eine seltsame Wärme breitete sich in mir aus, als ich Fly da so stehen sah.
Verwirrt schüttelte ich ganz leicht den Kopf.
‚Was war nur auf einmal los mit mir? Das war doch nur Fly! Fly der Vampir und gleichzeitig auch der Prinz der Dunkelheit.’
So würde ich es jedenfalls nennen.
Und er wollte, dass ich ebenfalls dazu gehörte oder wie sollte man das sonst nennen, wenn jemand einen zwang die Prinzessin dieser Geschöpfe zu werden.
Aber ich würde mich niemals in einen Vampir verwandeln lassen.
Lieber sterbe ich!
Doch ich hatte ein seltsames Gefühl in mir, sodass ich Fly in diesem Moment dafür nicht hassen konnte, was er mir mit seinem Verhalten antat.
Ich konnte es mir nicht erklären, was genau das war.
Dieses Gefühl war so seltsam und verwirrend.
So etwas hatte ich noch nie gespürt.
Nicht einmal im geringsten!
Fly stand gerade mit dem Rücken zu mir und sprach mit dem Vampir von heute Morgen.
Ich hatte mich mit ihm angelegt und ihn richtig wütend und rasend vor Zorn gemacht.
Bei diesem Gedanken musste ich lächeln.
Schade das Fly es beendet hatte.
Es wäre doch mal lustig gewesen, wenn ein Mensch sich mit einem Vampir anlegt, wobei ich doch eigentlich wusste, dass ich körperlich gegen ihn keine Chance hatte.
‚Wie war noch mal der Name dieses Vampirs gewesen?’
Ich überlegte einen kurzen Moment.
Der Name wollte mir nicht auf der Stelle einfallen.
‚Lenning’, ging es mir dann durch den Kopf.
Aber eigentlich war dies doch ohne Bedeutung.
Der Vampir konnte mir ruhig gestohlen bleiben.
Wenn ich ehrlich bin, dann war ich eigentlich nicht besonders erfreut ihn hier zu sehen.
Ich starrte die beiden an ohne jedoch etwas zu sagen.
Sie waren wohl so in ihr Gespräch vertieft, dass keiner der beiden mich wirklich bemerkte.
Langsam, jetzt mit sicheren Schritten ging ich zum Kamin und stellte mich davor.
Noch Gedanken versunken starrte ich in die Flammen.
Das Gespräch hinter mir verstummte abrupt, doch ich ließ mich davon nicht weiter stören.
Ich würde warten, bis Fly endlich die Zeit für mich und unseren gemeinsamen Abend hatte.
Eine Vorfreude breitete sich in mir aus, die ich nicht verstehen konnte.
Es gab in den letzten Tagen so viel Gefühle und Eindrücke, die ich noch nie erlebt hatte und daher auch nicht so ganz verstand.
Oder wollte ich sie einfach nicht verstehen und verdrängte das wissen?
„Kann ich ihnen irgendwie helfen?“, fragte plötzlich eine sanfte, melodische Stimme.
Sie gehörte Fly, da war ich mir absolut sicher.
Er erkannte mich wohl nicht wieder.
So wie Vainetta es mir vorher gesagt hatte.
Ich musste lächeln über die Tatsache, dass der Prinz, ein Vampir mich nicht erkannte.
Schließlich müsste er mich doch an meinem Geruch erkennen können!
Oder hatte Vainetta auch dafür gesorgt?
Eigentlich war es ja egal.
Es amüsierte mich nur um so mehr.
„Nein!“, antwortete ich und konnte das Lächeln nicht aus den Worten halten.
Ich hörte wie Fly hörbar nach Atem rang, bevor er sich scheinbar wieder gefasst hatte.
„Hallo Eveelin“, erklang Flys warme Stimme dann.
„Du hast mich wirklich lange warten lassen“, entgegnete ich nur, doch drehte mich nicht zu ihm um, da der Zeitpunkt noch nicht gekommen war.
„Verzeih meine Schöne. Doch ich hatte noch etwas wichtiges zu besprechen und ich habe dich leider nicht erkannt!“
Ich hörte das Bedauern und die Entschuldigung in seiner Stimme heraus.
„Schon gut. Wie hätte es auch anders sein sollen? Es wird nie anders sein!“
Gelassen drehte ich mich zu Fly um.
„Wann hast du dir jemals Zeit für mich genommen, seitdem ich hier bin? Noch nie!“
Der Prinz sah mich nur voller Bewunderung an.
Seine Augen waren leicht geweitet und sein Blick ruhte die ganze Zeit auf mir.
Lenning sah mich eher überrascht an.
Er traute seinen Augen wohl nicht, das ich wirklich das Mädchen von heute Morgen war.
Würde ich an seiner Stelle auch nicht.
Ich glaubte ja mir selber kaum, wenn ich in den Spiegel sah.
Es war einfach unglaublich, dass ich die schöne Frau sein sollte, die mich aus den Himmelblauen Augen anstarrte.
Aber so war es und das verdankte ich ganz alleine Vainetta.
Sie hatte große Arbeit geleistet.
Es dauerte einen Augenblick, bis Fly sich wieder gefasst hatte.
Vainetta hatte mit einfach allem Recht.
Der Vampirprinz war zum ersten Mal wirklich sprachlos, was ich seit meinem Aufenthalt hier noch nie erlebt hatte!
Ich konnte mir ein leises Lachen nicht verkneifen.
„Lenning“, sagte ich mit leiser Stimme.
Der Vampir drehte sich sofort zu mir.
„Würdest du uns bitte alleine lassen!“, fügte Fly dann hinzu.
Lenning nickte nur und verließ den Raum.
Langsam und anmutig kam der Prinz nun zu mir.
Seine Arme umschlossen meinen Körper und er zog mich sanft und bestimmend an seine Brust, als würde er mir zeigen wollen, dass ich ihm gehörte. Nur ihm!
Und ich wollte ihn diesem Moment nur ihm gehören.
Erst jetzt merkte ich auch, was Fly zu unserem gemeinsamen Abendessen anhatte.
Er trug heute nicht die schwarzen Jeans und das schwarze Hemd wie sonst, sondern ein schwarzen Anzug und darunter ein weißes Hemd, was ihn noch schöner machte und ein Kontrast zu seiner blassen Haut bildete.
Ich rang nach Atem.
So viel Schönheit war nicht zu ertragen.
Er war ein wunderschöner Vampir, obwohl ja alle Vampire schön waren, doch nichts war vergleichbar mit Fly.
„Du bist wunderschön meine Prinzessin“, flüsterte Fly mir mit zarter Stimme ins Ohr. „Dieser Abend gehört heute nur uns beiden, meine kleine, süße Eveelin!“
Sanft, kaum merklich küsste er meinen Hals und fuhr ihn mit seinen Lippen auf und ab.
Ich ließ ihn einfach gewähren, denn ich hatte heute keine Lust mich gegen ihn zu wehren.
Es würde ja irgendwann doch so enden.
Er bekam schließlich immer seinen Willen, egal wie sehr ich mich auch dagegen wehrte.
Außerdem wollte ich es.
Es gab in diesem Moment nichts, was ich mir mehr wünschte, als das er mich berührte.
In diesem Moment war Fly nicht länger der Vampirprinz, der nur an sich selber dachte und meine Wünsche und Sehnsüchte ignorierte.
Er ließ mich wieder los und trat einen Schritt zurück.
Aus seinen silberblauen Augen sah Fly mich zum ersten Mal liebevoll und zärtlich an.
Behutsam griff der Vampir nach meinen Handgelenken und umschloss sie.
Seine Hände fuhren abwärts und verflochten sich mit meinen Fingern.
Ich lächelte ihn zufrieden an.
Es war das erste Mal, dass ich ihm ein aufrichtiges, ehrliches Lächeln schenkte.
Und in diesem Augenblick fing ich Fly sogar an richtig zu mögen, ihn gern zu haben.
‚Ja, heute ist unser Abend’, dachte ich.
Es fühlte sich einfach alles so richtig an.
„Komm“, sagte Fly und zog mich mit sich.
Ohne jegliche Gegenwehr folgte ich ihm.
Er führte mich zu dem großen Tisch, der bereits gedeckt war, was nichts neues für mich ist, da ich schon heute hier gewesen bin.
Die hinterste Ecke war gedeckt.
Ein großer Kerzenständer, weiße Tischdecke, eine einzelne rote Rose auf meinem Platz, weiße Porzellanteller und eine Flasche eisgekühlter Champagner.
Ich war sprachlos und konnte Fly nur mit großen, erstaunten Augen anstarren.
‚War das wirklich der Vampirprinz vor mir?’, fragte ich mich in Gedanken.
Langsam bezweifelte ich das.
Er war so anders als sonst.
Das konnte unmöglich der selbe Vampir sein, den ich in den letzten Tagen gesehen hatte.
Eigentlich war er ja wirklich nicht der selbe.
Fly war in diesem Moment ein ganz anderer, was ich irgendwie nicht ganz verstand.
‚Warum war er an diesem Abend nicht dieser Mistkerl, der er in den letzten Tagen schon war?’, fragte ich mich immer wieder in diesem einen Augenblick, doch es wollte mir nicht gelingen eine Antwort darauf zu finden.
Er ließ meine Hände los, schob meinen Stuhl zurück und bedeutete mir, mich zu setzen.
Verunsichert sah ich ihn an, bevor ich mich dann geschmeidig leicht auf den dunkelbraunen Eichenstuhl sinken ließ.
Fly schob den Stuhl wieder an den Tisch, so als würde ich überhaupt nichts wiegen und setzte sich dann gegenüber von mir auf den Platz.
Ich sah ihn aufmerksam an und musterte ihn unauffällig.
‚Bildete ich es mir jetzt nur ein oder sah Fly wirklich so unwiderstehlich gut aus, dass ich meine Augen einfach nicht von ihm abwenden konnte?’
Wieso musste mein Leben nur so kompliziert verlaufen?
Konnte ich nicht einen normalen Jungen kennen lernen und mich in ihn verlieben?
Ich kannte die Antwort ja schon.
Sie lautete ‚Nein’, sonst würde ich hier ja nicht gegenüber von einem Vampir sitzen, der mich aus seinen Augen liebevoll ansah und in diesem Moment ein Engel war.
Anders hätte ich Fly in diesem Moment nicht beschreiben können.
Er war ein Engel ohne Flügel und man würde gar nicht glauben, dass er eigentlich ein richtiges Arschloch war.
Aber in diesem einen Augenblick war er einwach so unglaublich toll.
Ich verschränkte meine Arme miteinander, um nicht noch auf dumme Gedanken zu kommen und meine Hände nach ihm auszustrecken.
Es war irgendwie ein seltsames Gefühl Fly so gegenüber zu sitzen und den Wunsch zu haben ihn berühren zu können.
Woher das so plötzlich kam, wusste ich nicht, aber letztendlich war es ja auch egal.
Keiner von uns sagte etwas.
Wir starrten uns in diesem Moment einfach nur an, bis ich es irgendwann nicht mehr aushielt und mein Blick von ihm abwand.
Ich starrte vor mich auf die Tischplatte, wo ein volles Champagnerglas stand.
Verwirrt blickte ich zu erst das Glas und dann Fly an.
‚Was hatte das jetzt nur zu bedeuten? Gab es etwas zu feiern?’, fragte ich mich, als Fly plötzlich sein Glas erhob und mich abwartend ansah.
‚Er erwartete doch jetzt nicht etwa von mir, dass ich mit ihm anstieß, worauf auch immer oder?’
Ich dachte nicht länger darüber nach und tat es ihm einfach gleich, obwohl ich nicht im geringsten wusste, was als nächstes kam.
„Worauf stoßen wir an?“, fragte ich ihn dann einfach. „Was gibt es so besonderes zu feiern, dass du Champagner servieren lässt?“
„Unsere Verlobung mein Schatz. Außerdem stoßen wir darauf an, dass sich ab dieser Nacht alles schlagartig ändern wird.“
Meine Kinnlatte fiel vor staunen herunter.
‚Das gibt’s doch nicht!’
Mit großen Augen starrte ich den schönen Vampir vor mir an und konnte nicht glauben, was er da gerade sagte.
Es erschreckte mich nicht im geringsten, dass er so offen darüber sprach.
Ich war eher überrascht von seinen Worten.
‚Ihm schien es doch mehr zu bedeuten, als ich gedacht hatte, wenn er so ein Abend veranlassen lässt, nur um mit mir auf eine banale Verlobung anzustoßen’, ging es mir durch den Kopf.
Fly stieß mit mir an und setzte das Glas an seine Lippen.
Er nahm einen großen Schluck und sah mich dabei die ganze Zeit aufmerksam an.
Ich saß einfach nur da, das Glass in der Hand, doch trinken wollte ich nichts.
‚Warum überraschte mich diese ganze Situation nur so? Ich hätte doch mittlerweile wissen müssen, dass er genau so etwas machen würde! Und doch hatte ich nicht damit gerechnet.’
„Was hast du Eveelin?”, fragte er leise.
„Nichts. Ich darf nur keinen Alkohol trinken!“
„Mein kleiner Schatz. Vergiss für diesen einen Augenblick, dass du noch keine sechzehn bist und trink mit mir auf unsere heutige Verlobung! Bitte du mir diesen Gefallen!“
Fly sah mich aus seinen wunderschönen, klaren silberblauen Augen bittend an, sodass ich gar nicht erst ‚Nein’ sagen konnte.
‚Also gut’, dachte ich.
Warum eigentlich nicht. Schließlich war es unser erster gemeinsamer Abend zusammen und ich wurde das Gefühl nicht los, dass es auch unser letzter sein würde!
Zögernd setzte ich das Glas an meine Lippen und trank dann einen tiefen Schluck daraus.
Ich hustete, da ich den Champagner zu schnell getrunken hatte, doch das Zeug schmeckte unglaublich gut.
Also nahm ich einen Schluck nach dem anderen, bis das Glas leer war.
Eine Wärme erfüllte mich und mir war ganz leicht schwindelig, doch ich fühlte mich dabei auch seltsam gut.
‚Ob es wohl an dem Champagner lag?’
Wahrscheinlich habe ich ein bisschen zu viel davon getrunken.
„Na siehst du“, sagte Fly erfreut. „Es schmeckt dir sogar.“ „Möchtest du noch mehr davon haben?“, fügte er dann noch hinzu.
„Ja gerne“, antwortete ich und reichte ihm mein Glas, das er sofort mit Champagner füllte.
„Wie sieht es mit Essen aus? Hast du schon Hunger?“
„Ein wenig“, gab ich zu und doch hatte ich eigentlich keinen Hunger.
Aber es war besser, wenn ich etwas anständiges in den Magen bekam.
Schließlich hatte ich kein Mittag gegessen und gefrühstückt hatte ich kaum etwas.
Fly klatschte zwei Mal in die Hände, da öffnete sich auch schon eine Seitentür und zwei Angestellte mit jeweils einem Tablett in der Hand betraten den Raum.
Was auch immer sie gerade herein brachten, es roch einfach köstlich.
Es waren zwei Männer, die nicht schlecht aussahen, auch wenn sie nur Menschen waren.
Der eine hatte schwarzes sehr kurz geschnittenes Haar und eine gebräunte Haut, während der andere langes, leichtgewelltes braunes Haar hatte, das er sich zu einem Pferdeschwanz zusammen band und auch er hatte leicht gebräunte Haut.
Sie stellten die Tabletts vor uns ab, sowie man es auch in einem Restaurant kannte.
„Eine Tomatencremesuppe vom Chefkoch selbst zubereitet“, sagte der junge Mann höfflich und schenkte mir ein freundliches lächeln, das seine weißen Zähne zum Vorschein brachte.
Ich erwiderte das Lächeln und sah dann zu Fly rüber, der seinen Angestellten nur mit einem tödlichen Blick bedachte und ganz leise knurrte.
Seine Augen wurden pechschwarz, so wie ich es noch nie bei ihm gesehen hatte.
Der arme Kerl sah es jedoch und entfernte sich rasch von mir mit einer kleinen, kaum merklichen Bewegung, bevor er im eiligen Schritten den Raum verließ.
Angst hatte in seinen Augen gelegen, was mich schon irgendwie wütend machte.
Fly musste seinen Angestellten ja nicht gleich Todesangst einjagen, nur weil sie freundlich zu seiner frischen Verlobten waren oder?
‚Er war doch nicht etwa eifersüchtig?’, ging mir der nächste Gedanke durch den Kopf.
„Musste das gerade eben sein?“, fragte ich sauer.
„Was?“, fragte der Vampir mich ganz unschuldig.
„Du weißt ganz genau was ich meine! Es hätte auch gereicht, wenn du ihn einfach nur weggeschickt hättest, anstatt ihm noch ein bisschen Angst mit deinem ach so tödlichen und Raubtierhaften Blick zu machen!“
„Niemand macht sich an meine Verlobte ran und schon gar nicht einer der Angestellten!“, knurrte Fly als Antwort.
„Du bist doch wohl nicht etwa eifersüchtig auf diesen männlichen Verehrer?“
„Und wenn doch? Was dann?“
„Es gibt kein Grund eifersüchtig zu sein. Erstens bin ich nicht dein Eigentum und zweitens war ich ohne hin nicht an diesem Kellner interessiert! Also komm mal wieder runter!“
Ich sah ihn noch immer sauer an, doch langsam beruhigte ich mich wieder.
Wegen so etwas wollte ich mir schließlich nicht den Abend verderben lassen.
„Du irrst dich Eveelin!“, sagte Fly plötzlich leise. „Du gehörst mir schon jetzt und wenigen Monaten für immer! Gewöhn dich schon einmal an den Gedanken.“
Darauf sagte ich nichts, da es wieder nur in einem Streit endete und ich jetzt wirklich keine Lust darauf hatte.
„Darüber können wir gerne ein anderes Mal reden“, sagte ich dann nur. „Aber nicht heute Abend. Haben wir uns verstanden Fly? Ich hoffe du tust mir diesen einen Gefallen, um den ich dich bitte!“
„Es gibt dazu nicht viel zu sagen, aber einverstanden.“
Zufrieden nahm ich meine Serviette und steckte sie mir zum Teil in den Ausschnitt, um Flecken zu verhindern, da ich das Kleid ja nicht gleich nach dem ersten Mal Tragen nicht gleich weg werfen wollte, weil der Fleck nicht raus ging.
Langsam und vorsichtig aß ich die Suppe, die nicht nur gut roch, sondern auch so schmeckte.
Das würde ich dem Koch wohl ausrichten lassen oder es ihm einfach persönlich sagen, wenn ich noch einmal die Gelegenheit dazu haben sollte.
Ich sah immer wieder zu Fly, der die Suppe ebenfalls aß und fragte mich wie das sein konnte.
Vampire ernährten sich schließlich von Blut und nicht menschlicher Nahrung, so wie er es gerade tat.
Neugierig sah ich ihm zu, aber versuchte natürlich auch unauffällig zu bleiben, wobei ich mir sicher war, dass er schon längst gemerkt hatte, dass ich ihn immer wieder ansah.
„Wie kommt es, dass du menschliche Nahrung zu dir nehmen kannst?“, fragte ich Fly.
Es interessierte mich brennende, wie er das machte.
Noch nie habe ich in irgendeinem Buch gelesen, dass Vampire auch normales Essen zu sich nahmen ohne daran zu sterben oder sich davor zu ekeln.
Er sah mich belustigt an und amüsierte sich scheinbar daran, dass ich so unwissend war, was Vampire und ihre Gewohnheiten anging.
„Meine kleine Eveelin“, sagte er mit zarter Stimme. „Nur weil ich ein Vampir bin, heißt es nicht gleich, dass ich mich nur von Blut ernähre. Es würde schließlich auffallen, wenn wir nichts zu uns nehmen würden. Aber dennoch hast du in einem Punkt Recht. Ich bräuchte das menschliche Essen gar nicht zu mir nähmen, da es mich nicht sättigt. Einzig das Blut hält uns bei Kräften und gibt uns die nötige Kraft, um auf den Beinen zu bleiben!“
„Wie kommt es, dass du als Vampir ins Licht gehen kannst?“
„Du solltest lieber nicht alles glauben, was man über uns Nachtwesen erzählt. Nicht alles entspricht der Wahrheit. Das einzige was uns wirklich umbringen würde, wäre ein Holzpflock direkt durchs Herz und nicht einmal dann wären wir richtig tot. Nur außer Gefecht gesetzt.“
„Warum erzählt du mir das alles eigentlich? Du weißt, dass ich dir mit diesem wissen gefährlich werden könnte und dennoch erzählst du es mir! Wieso? Wieso hast du dich dazu entschieden mir mehr über dich zu erzählen, wenn du es vorher auch nicht getan hast?“
„Das weiß ich selber nicht genau. Vielleicht wollte ich einfach, dass du mehr über mich weißt. Ich will nicht, dass du sagt ich bin ein Fremder für dich. Du sollst mich kennen lernen. So wie ich bin oder wie ich sein könnte. Es ist unfair von mir gewesen, dir nichts über mich zu erzählen und genau das will ich heute Abend wieder gut machen! Also frag mich alles, was du wissen willst. Ich werde es dir bereitwillig erzählen und keine Geheimnisse mehr vor dir haben. Einverstanden?“
Ich nickte nur und sah ihn aufmerksam und mit einem liebevollen Blick an.
Er war wirklich nicht mehr der selbe.
Doch so wie Fly jetzt war, mochte ich ihn gleich viel lieber und fühlte mich auf einmal seltsam wohl in seiner Nähe und genoss die Zweisamkeit mit ihm.
„Wie alt bist du eigentlich Fly? Vainetta hat mir erzählt, dass du schon seit über dreihundert Jahren der Prinz der Vampire bist! Stimmt das?“
„So könnte man es wohl sagen. Die Herrschaft unserer Welt ist schon seit vielen tausend Jahren im Besitz meiner Familie. Ich bin der erstgeborene in dieser Familie und habe somit den Anspruch auf den Thron. Und zu meinem Alter zurück. Ich lebe schon seit über fünfhundert Jahren auf dieser Erde, aber mein eigentliches Alter beträgt neunzehn Jahre!“
„Wie kam es dazu, dass du jetzt ein Vampir bist?“
„Ich konnte es mir nicht aussuchen. Es ist nun einmal mein Schicksal!“
„Es ist dein Schicksal ein Vampir zu sein?“, fragte ich ihn ungläubig. „Du hättest es auch verhindern können oder wolltest du so unbedingt ein verdammter Vampir werden?“
„Dieses Mal ist es ganz anders Eveelin!“, sagte er leise und wandte den Blick von mir ab.
„Warum sagst du mir nicht einfach, wie es wirklich ist?“
„Du willst also wirklich die Wahrheit über mein ganzes Vampirleben wissen ohne Ausnahmen?“
„Ja. Du hast es mir versprochen! Weißt du nicht mehr? Du sagtest, dass du mir alles über die erzählen würdest und keine Geheimnisse mehr vor mir haben möchtest!“
„Wie du willst Eveelin! Vielleicht verstehst du dann besser, dass ich mir mein Leben nicht aussuchen konnte.“
Fly schwieg einen kurzen Moment und sah mich nur mit einem ernsten Blick an, bevor er dann endlich zu erzählen anfing.
„Wie viel weißt du eigentlich über uns Vampire?“, fragte Fly plötzlich, sodass ich nicht sofort antworten konnte.
„Nicht besonders viel. Eigentlich gar nichts, außer das ihr Blut trinkt und das mit dem Holzpflock, was du mir selber erzählt hast. Warum?“
„Ich werde dir dann wohl die ganze Geschichte erzählen müssen.“
„Die ganze Geschichte?“
„Ja. Mein Geschichte, wie ich zu dem geworden bin, was ich jetzt bin!“
Ich sah ihn aufmerksam an und wartete darauf, dass er endlich zu erzählen anfing.
Das Warten machte mich unruhig und nervös.
„Es gibt zwei Arten von Vampiren. Die einen sind reinblütig und die anderen werden von ihnen geschaffen. Meine Familie gehörte zu den Reinblütern. Sie wurden als Vampire geboren und daher auch von den anderen geachtet und gefürchtet, denn sie waren mächtiger, als einfache geschaffene Vampire. Sie hatten besondere Gaben vor denen sich alle fürchten.“
Ich sah ihn mit großen, geschockten Augen an.
‚Das war unmöglich’, sagte ich mir. ,Er konnte nicht so ein Vampir sein. Das durfte er nicht!’
Ich konnte es einfach nicht glauben, dass Fly als ein reinblütiger Vampir zur Welt kam.
„Nun verstehst du vielleicht, warum ich mir mein Schicksal nicht ausgesucht habe. Ich bin schon immer ein Vampir gewesen. Ich wurde nun mal so geboren!“
„Du konntest es dir wirklich nicht aussuchen. Bist du es nicht leid so zu sein?“
„Nein. Ich habe schließlich nie etwas anderes gekannt. Meine Bestimmung ist es nun mal, mein Land zu regieren, indem alle Vampire miteinander friedlich leben können.“
„Aber warum du? Warum haben deine Eltern beschlossen den Thron an dich weiter zu geben? Liegt es etwa daran, dass du der Erstgeborene bist?“
„Ja. Damit hat es zum größten Teil zutun. Ich bin nicht nur der erstgeborene, sondern auch der stärkste Vampir, den es jemals gegeben hat. Sie fürchten mich. Nur zu recht tun sie es! Ich bin gefährlich, denn ich habe schon vielen von uns den Tod gebracht. Sie haben gegen die Regeln verstoßen und sie haben mich gereizt! Aber der andere Grund ist, ich habe mich dazu bereit erklärt unser Land zu regieren.“
„Bist du jetzt der einzige Prinz im Reich der Nachtwesen oder regieren deine Geschwister auch. Schließlich kannst du kein Land regieren, wenn du hier bist!“
„Mein Bruder und meine jüngere Schwester haben ebenfalls Anspruch auf den Thron, aber auch nur wenn ich ablehne und darauf verzichte. Ansonsten habe nur ich das sagen. Während meiner Abwesenheit kümmern sie sich um alles wichtige. Nur ich habe den Titel des Prinzen vererbt bekommen. Natürlich leben meine Eltern noch und sie regieren das Land, bis sie der Meinung sind, dass ich bereit bin ein Land gemäß zu regieren.“
„Braucht man nicht normalerweise eine Gefährtin, um so eine schwierige Aufgabe zu meistern?“
„Ja. So ist es wohl. Meine Geschwister haben Gefährten gefunden mit denen sie bis in alle Ewigkeit zusammen leben werden, was bei mir nicht der Fall ist.“
„Aber warum? Du hast doch jetzt auch eine Gefährtin gefunden. Auch wenn sie nur menschlich ist und nicht das unsterbliche Leben besitzt.“
„Ja, aber dennoch ist es etwas ganz anderes, als bei meinen beiden Geschwistern!“
„Warum lebst du eigentlich alleine hier in einer Villa, wenn du doch eine Familie hast?“
Ich verstand das ganze nicht.
Das erste Mal war mir wirklich klar, dass auch er kein leichtes Leben führte.
Es war eher kompliziert und nur sehr schwer für mich zu verstehen.
Aber was wusste ich schon?
Eine sterbliche, die vor kurzem noch nicht einmal wusste, dass es überhaupt Vampire gab!
Wer weiß, vielleicht waren Vampire nicht die einzigen Mythoswesen die exsistierten.
Vielleicht werde ich noch einem gutaussehenden Werwolf begegnen, der mich zum fressen gern hat oder irgendeinen Gestalltenwandler, der sich als etwas ausgibt, dass er doch eigentlich gar nicht ist!
Ich hatte es langsam satt immer mehr in diese ganze Welt gezogen zu werden.
Hier gab es kein Platz für einen Menschen.
Schließlich hatte ich nicht wirklich vor mich dieser Welt anzuschließen.
„Ich lebe eigentlich nicht in London Eveelin“, riss Fly mich aus meinen Gedanken.
Verwirrt blickte ich ihn an.
Es wurde alles immer unverständlicher für mich.
Ich hatte immer mehr das Gefühl, dass ich Flys Leben niemals verstehen würde.
Immer wieder kamen Dinge hinzu, die ich nicht verstehen konnte.
Von denen ich noch nicht einmal eine leise Ahnung hatte.
„Das verstehe ich jetzt nicht. Du hast doch diese Villa und jede menge Personal. Aber wohnen tust du hier nicht?“
„Es ist nur vorübergehend. Ich werde das Haus bald wieder verlassen und zwar mit dir zusammen. Ich habe mir die Villa nur deinetwegen gekauft, weil du hier in London lebst und ich dich nicht gleich mit in mein Familienhaus mitnehmen wollte, mein kleiner Schatz.“
Fly lächelte mich an und seine Augen leuchteten einen kurzen Moment auf.
Es war Still und wir sahen uns einfach nur in die Augen.
Ich genoss die Stille und die Anwesenheit von Fly viel zu sehr. Mehr als ich eigentlich dürfte!
„Wie hat dir die Suppe geschmeckt?“, fragte Fly plötzlich, sodass ich ihn etwas irritiert ansah, bevor ich antwortete.
„Ganz gut. Du hast wirklich gute Köche. Das Essen schmeckt ausgezeichnet.“
„Ich weiß. Sie kosten mich schließlich ein Vermögen. Aber letztendlich soll es dir ja an nichts fehlen. Du solltest dich hier wohl fühlen und die Villa soll eine art Zuhause für dich sein, auch wenn es dir nicht immer so scheinen mag.“
„Es geht mir gut Fly. So erstaunlich es auch ist, ich fühle mich mit jedem Tag in der Villa wohler. Sie ist schon wie ein Zuhause, auch wenn ich es eigentlich nicht gerne zu gebe. Langsam fällt es mir sogar leichter mich an alles zu gewöhnen, was noch so neu für mich zu sein scheint.“
„Hast du fertig gegessen?“, fragte Fly und sah mich dabei fragend an.
„Ja“, erwiderte ich knapp.
„Gut, dann kann ja jetzt der Hauptgang serviert werden.“
„Wie viele Gänge hat das Abendessen überhaupt? Ich will schließlich nicht dick werden!“
„Keine Sorge, dass wirst du schon nicht. Und wenn doch, dann werde ich für dich extra ein Fitnistrainer einstellen, damit du auch ja in Form bleibst. Aber ich kann dich beruhigen. Das Essen hat nur drei Gänge. Vorspeise, Hauptgericht und zum Schluss der Nachtisch“, beantwortete Fly mir meine Frage.
Kurz darauf kamen die Angestellten ins Zimmer und räumten die Suppenteller ab.
Der Kellner der mir eben noch freundlich zugelächelt hatte würdigte mich jetzt keines Blickes.
Angst davor, dass Fly ihm vielleicht etwas antun würde, wenn er mir noch einmal so schmeichelte und mit mir flirtete.
Sie verschwanden wieder aus dem Raum und kamen nur wenige Minuten später mit zwei großen Tabletts wieder, die jeweils einen Deckel hatten, sodass ich nicht wusste, was sie gleich servieren würden.
Gespannt wartete ich auf das Essen, das ebenfalls gut roch.
‚Dann kann es ja nur gut schmecken’, dachte ich zufrieden.
Sie stellten die Tabletts vor uns auf den Tisch und nahmen die Deckel ab.
Ein feines Hähnchenfilet mit gerösteten Kartoffeln und ein bisschen Gemüse lagen darauf.
Das alles wurde mit einer dünnen Sahnesoße verfeinert und war sehr schön verzier.
An den Seiten lagen leckere Früchte.
„Guten Appetit Mademoiselle“, erwiderte der Kellner neben mir, woraufhin Fly leise knurrte.
Er warf mir einen warnenden und dem Bediensteten einen vernichtenden Blick zu.
Schnell eilten sie aus dem Raum und ließen uns wieder alleine.
Ich verstand Fly wirklich nicht.
Was sollte sein Verhalten eben gerade wieder?
„Darf man mir jetzt noch nicht mal guten Appetit wünschen oder was?“, fragte ich aufgebracht.
„Nein. Nicht wenn andere Absichten dahinter stehen!“
Ich verdrehte nur die Augen.
„Ich mein es ernst Eveelin. Du verstehst es vielleicht nicht, aber ich habe meine Gründe ihn so anzufahren.“
„Nein. Ich verstehe dich wirklich nicht!“
„Er ist dafür bekannt mit den Frauen zu flirten, um in der nächsten Sekunde über sie her zu fallen und manchmal sogar gegen ihren Willen mit ihnen schlafen!“
Ich sah ihn mit leicht geweiteten Augen an und entsetzen lag darin.
„Warum hast du ihn dann eingestellt, wenn du wusstest, dass er mit Frauen seine Spielchen trieb? - Vor allem wenn du vor hattest mich in diese Villa zu bringen? Ich bin mir nämlich nicht so sicher, ob er die Finger von mir lassen wird! Und im Bett will ich sicher auch nicht landen. Jedenfalls nicht mit ihm. Haben wir uns verstanden?“
„Er ist ein guter Kellner, wenn man es so nehmen möchte. Ich war mir sicher, dass er die Finger von dir lassen würde. Aber das wird noch ein Nachspiel haben. Niemand vergreift sich an dir, meiner Verlobten! Ich werde ihm das Fürchten lehren. Hab also keine Angst. Er wird dich nicht anrühren. Nicht solange ich das sagen habe und du mir gehörst. Nur mir allein!“
Ich wollte zuerst protestieren und Fly sagen, dass ich nicht sein Eigentum war, aber komischerweise gefiel es mir, dass er so von mir sprach. Das ich ihm gehörte. Sein war!
Langsam fing ich an zu essen.
Keiner von uns sagte mehr etwas.
Eine angenehme, friedliche Stille breitete sich im Saal aus, als Fly plötzlich nach einer Weile aufstand und mit eleganten Schritten auf mich zukam.
‚Er hat aufgegessen’, verriet mir ein kurzer Blick auf seinen Teller.
Verwirrt sah ich in an, als er neben meinem Stuhl zum stehen kam und auf mich herab sah.
‚Was hatte er jetzt nur vor?’, fragte ich mich angestrengt.
Sein Verhalten wurde mit der Zeit immer merkwürdiger.
Ich legte mein Besteck langsam auf den Teller und drehte mich dann mit meinem Körper zu ihm um.
Er zog meinen Stuhl einfach zurück und sah mir dann tief in die Augen.
Seine leuchteten und hatten ein irres Glänzen.
„Was ist?“, fragte ich durch ihn verunsichert.
„Würdest du mir die Ehre erweisen und mit mir tanzen?“ fragte Fly freundlich und reichte mir seine Hand.
Ich wusste, dass er kein ‚Nein’ akzeptieren würde.
‚Aber war das jetzt wirklich sein ernst?’
Verständnislos sah ich ihn an.
Das konnte er doch jetzt nicht ernst meinen!
Doch er wartete nur geduldig auf eine Antwort von mir.
„N-nein. Ich...ich kann nicht tanzen ...!“, stotterte ich und wurde ganz leicht rot. „Es...es tut...mir leid.“
„Ich bin mir sicher, dass du großartig tanzen wirst. Ein ‚Nein’ werde ich nicht akzeptieren!“
‚Wie hätte es auch anderes sein können? Mittlerweile wusste ich nur zu gut, dass seine Fragen eher Aufforderungen waren!’
Ich stöhnte innerlich auf, denn er griff nach meiner Hand und zog mich einfach hoch, direkt auf die Tanzfläche.
„Aber Fly...“, protestierte ich weiter. „Es gibt doch überhaupt keine Musik!“
Kaum hatte ich es auch nur ausgesprochen, da erklangen auch schon die ersten Töne des Liedes „Nothing gonna stopp us now!“
Ergeben ließ ich mich einfach von Fly mitführen.
Er legte die linke Hand auf seine Schulter während die andere in seiner lag.
Ich spürte seine linke Hand in meinem Rücken.
Geschickt führte er mich und ließ mich nicht einen einzigen Augenblick aus seiner Führung.
Glücklich legte ich meinen Kopf auf seine Schulter und schloss meine Augen.
Es war so wunderschön und ich wünschte mir, dass es niemals enden würde.
Das dieser Augenblick niemals zuende gehen mag. – So sehr genoss ich seine Nähe.
„Bist du glücklich?“, fragte er leise an meinem Ohr.
„Ja. Ich war noch nie so glücklich, wie in diesem Moment mit dir. Es ist ein wunderschöner Abend, der niemals zuende gehen soll!“, antwortete ich und hob meinen Kopf, um ihn anzusehen. Er war so unglaublich schön!
„Ich will, dass du diesen Abend niemals vergisst Eveelin!“
Fly beugte sich zu mir und dann lagen seine Lippen auch schon zärtlich auf meinen.
Er küsste mich mit einem solchen Verlangen und einer solchen Hingabe die ich nicht verstand und die mir einfach nur den Atem verschlug.
Es fühlte sich aber unglaublich gut an und ich erwiderte seinen Kuss bereitwillig, als ich mich wieder daran erinnerte, dass es falsch war, was wir hier taten.
‚Er ist schließlich ein Vampir!’, rief ich mir wieder in Erinnerung.
Diese Tatsache hatte ich für den Augenblick wirklich vergessen gehabt.
Das durfte mir nicht noch einmal passieren.
„Du darfst dich nicht auf ihn einlassen, egal was passiert und egal dass er dein Verlobter ist!’, sagte meine innere Stimme. ‚Er ist ein verdammter Vampir. Der Prinz aller Vampire! Du willst doch nicht etwa dazu gehören und eines Tages über sie mit ihm zusammen herrschen!’
Ich versuchte mich von ihm zu lösen und stieß ihn von mir.
Aber wirklich geholfen hat es eigentlich nichts.
Fla sah mich nur leicht verwirrt an, bevor er mich dann eindringlich ansah.
„Was hast du plötzlich Eveelin? Was ist jetzt nur in dich gefahren?“
„Es ist nicht richtig! Das was wir hier tun kann einfach nicht richtig sein!“
„Warum? Warum glaubst du nur, dass es falsch ist?“
Er sah mich irritiert an und konnte mein Verhalten nicht nachvollziehen.
‚Schien wohl so, als würde er mich doch noch nicht besonders gut zu kennen!’, dachte ich ätzend. ‚Schließlich war er die meiste Zeit nicht hier gewesen, seitdem ich wieder zu mir gekommen bin. Er kenn mich nicht. Kein bisschen, sonst würde er verstehen warum ich so reagiere!’
„Diese Nacht wird vielleicht alles anderes sein, aber danach nicht mehr! Aber wie wird es dann weiter gehen? Wird es immer so sein, dass wir uns so nahe sein können und uns sogar lieben können Fly? Ich glaube wohl kaum. Genau das ist der Grund, warum ich wünschte, die Nacht würde nie enden und es würde immer so sein, aber das wird es nicht. Niemals!“
„Es könnte immer so sein Eveelin. Du musst es nur wirklich wollen. Wenn du willst, dann wird es niemals enden! Aber du musst dir der Sache sicher sein!“
„Ich kann nicht Fly. Wir machen uns beide nur etwas vor, wenn wir diese Liebe zwischen uns zulassen würden. Nach heute Nacht wird es nie wieder so sein. Versteh das doch bitte!“
Ich wandte mein Gesicht traurig von ihm ab.
„Diese Nacht ist wie ein Traum. Ich werde erwachen und dann bleibt sie nur noch eine wage Erinnerung an das Geschehene!“
Aber ich würde diese Nacht niemals vergessen, da war ich mir absolut sicher.
Ich riss mich aus Flys Umarmung und war selber überrascht darüber, dass ich es überhaupt schaffte.
Langsam ging ich auf die Flügeltür zu, als Fly mich doch noch zurück hielt.
Ruhig blieb ich stehen, aber ich drehte mich nicht um, um diesen Vampir anzusehen.
Ich wehrte mich gar nicht erst, aber ich sagte auch nichts, wie ich es sonst immer getan habe.
Ein Teil von mir wollte unbedingt bei Fly bleiben, wollte nicht, dass der Abend sich dem Ende neigte und ein anderer Teil, der in diesem Moment kleiner war, sagte mir ‚Es ist Zeit zu gehen’.
„Bleib!“, sagte Fly leise und zog mich an seine Brust. „Bitte geh nicht! Lass mich nicht allein Eveelin!“
Ich nickte nur kurz und lehnte mich dann haltesuchend an ihn.
„Selbst wenn du Recht hast und es würde nie wieder so sein wie heute Nacht, dann lass mir wenigstens diese wenigen Stunden mit dir!“
Sanft legte er mir die Hände auf die Hüften und drehte mich dann in einer geschmeidigen Drehung zu sich herum.
Seine Bewegungen waren immer schnell und voller Anmut, während er wieder mit mir tanzte.
Fly beugte sich wieder hinab, um mich zu küssen.
Noch etwas zögernd und nachdenklich erwiderte ich seinen Kuss.
‚Konnte ich es wirklich zulassen und mich einfach so auf einen Vampir einlassen?’, fragte ich mich hin und her gerissen.
Einerseits wollte ich heute Nacht ganz ihm gehören, aber auf der anderen Seite war es meiner Meinung nach nicht richtig ausgerechnet einem Vampir zu vertrauen!
Was sollte ich nur tun?
Fly war in diesem Moment einfach nur unbeschreiblich einfühlsam, dass ich gar nicht anders kann, als mich ihm ganz hin zu geben!
„Vergiss für heute Nacht alles andere“, flüsterte er zwischen den Küssen, als hätte er meine Gedankengänge verfolgt, „und genieße den Augenblick!“
Und so ließ ich mich einfach fallen und vergas, dass ich gerade mit einem Vampir einen romantischen Abend verbrachte.
Ich nahm sein Gesicht behutsam in meine Hände und ließ jede Gegenwehr fallen.
Und küsste ihn so leidenschaftlich und voller Gier, wie ich noch nie irgendjemanden geküsst hatte.
Wenn es schon nur für diesen einen Augenblick reichen würde, bis diese sinnlichen Gefühle ein Ende hatten, dann sollte man diesen Augenblick wenigstens genießen können.
‚Vergiss alles und lebe diesen einen Augenblick, der leidenschaftlichen Gefühle!’, ging es mir plötzlich durch den Kopf und musste dabei lächeln.
Ich gab mich Fly also ganz hin.
„Bitte vergiss mich niemals mein Schatz!“, flüsterte er mir plötzlich leise ins Ohr.
Sein süßer Duft nebelte mich völlig ein und machte mich leicht benommen.
„Wie könnte ich dich vergessen Fly, wenn ich dich doch jeden Tag oder fast jeden Tag sehen werde?“, fragte ich ihn irritiert.
„Ich möchte, dass du mich so Erinnerungen behältst, wie ich jetzt bin. In dieser Nacht hast du eine völlig andere Seite von dem so selbstsüchtigen Vampirprinzen gesehen.“
„Warum sagst du das nur?“
„Das spielt keine Rolle. Versprich es mir einfach! Bitte!“
„Ich verspreche es!“
Fly machte mir mit seinen Worten immer mehr Angst.
Ich hatte das Gefühl, dass uns bald etwas schlimmes wieder trennen würde.
„Aber damit du mich auch wirklich nicht vergisst, möchte ich dir etwas schenken, das dich an den guten Teil von mir erinnern wird. Den Teil, der dich unglaublich gern hat!“
ich sah ihn überrascht an und löste mich von ihm.
„Schließ deine Augen mein Schatz!“
Zögernd tat ich, worum er mich bat.
Ruhig und still blieb ich stehen und vertraute ihm einfach mal.
Fly trat hinter mich, denn ich spürte seinen warmen Atem in meinem Nacken.
Etwas kühles legte sich um meinen Hals und hing dann etwas schwerer hinunter.
Überrascht zuckten meine Augen, denn ich hatte das Bedürfnis sie wieder zu öffnen, doch ich ließ sie weiterhin geschlossen.
„Du kannst deine Augen jetzt wieder öffnen!“, erklang seine melodische Stimme ganz dicht an meinem Ohr und er küsste die Stelle unterhalb meines Ohres, bevor er sich dann wieder aufrichtete.
Ich fasste sofort nach dem Etwas, das Fly mir umgehängt hat.
Es war eine silberne Kette mit einem wunderschönen Herz daran.
Vorsichtig strich ich über das Rubinherz, so als hätte ich große Angst, dass es jeden Moment zerbrechen könnte.
„Es ist wunderschön“, sagte ich mit erstickter Stimme.
„Ja. Und es gehört dir. Eine Schönheit wie du sollte so eleganten Schmuck tragen!“
Ich schlang meine Arme um seinen Hals.
„Danke Fly.“
„Ich habe es gern getan. Du sollst etwas haben, dass dich an mich und diesen Abend erinnert!“
„Aber warum? Ich verstehe es noch immer nicht! Warum glaubst du nur, dass ich dich nach dieser Nacht vergessen würde? Es ist so viel passiert. So viel schönes, dass du mir geschenkt hast!“
„Das ist unsere erste, aber auch unsere letzte Nacht, in der wir noch ein paar schöne, gemeinsame Stunden verbringen können. So wie du mich jetzt siehst und auch kennen gelernt hast, so wirst du mich nie wieder sehen!“
„Aber warum?“
„Es ist besser so für dich Eveelin! Es ist außerdem schwer zu erklären!“
„Bitte Fly ...!“, versuchte ich hilflos mit ihm darüber zu reden. „Sag mir ...sag mir was los ist!“
„Nein, dass kann ich nicht!“, sagte er zwischen zusammengebissenen Zähnen. „Du würdest es ja doch nicht verstehen!“
„Dann erklär es mir. Ich war auch die ganze Zeit ehrlich zu dir. Erinnerst du dich?“
„Ja“, gab Fly widerwillig zu. „Aber das war auch etwas ganz anderes gewesen. Bei mir ist es nicht so einfach! Gewiss nicht!“
„Natürlich. Dein Leben ist ja immer schwer!“, schrie ich. „Du als Vampirprinz hast es im Leben nicht leicht, schon klar! Dein Leben ist ja immer so kompliziert. Du musst schließlich deinen Pflichten nachgehen. Wahrscheinlich bin ich auch deshalb hier. Aber das interessiert ja niemanden. Ich bin doch nur Mittel zum Zweck!“
„Bitte Eveelin. Ich will nicht mit dir streiten. Und du warst nie nur Mittel zum Zweck. Bitte versteh mich doch!“
„Wie soll ich dich verstehen, wenn du mir überhaupt nichts sagst! Ich weiß fast nichts über dich, auch wenn du mir vorhin so einiges erzählt hast. Aber warum du dich so benimmst, warum du niemanden an dich heran lässt, dass verschweigst du mir! Wie soll ich dann bitte wissen, wer du wirklich bist Fly!“, antwortete ich schwach.
Er stöhnte gequält auf.
„Es hat etwas damit zu tun, dass ich ein Vampir bin. Der Rest ist bedeutungslos und tut nichts zur Sache!“, wich Fly mir einfach aus.
Ich seufzte ergeben und beließ es dabei, da er mir ohne hin nicht mehr erzählen würde.
Nicht einmal wenn ich ihn ausfragen würde und nicht locker ließ, denn er war genauso dickköpfig und stur, wie ich es auch war.
Nur das er die Macht hatte meine Gefühle zu beeinflussen.
Das war auch der Grund, warum ich letztendlich hier war. – Hier mit ihm zusammen!
Aber was meinte er mit ‚Es hat etwas damit zutun, dass er ein Vampir ist’?, fragte ich mich und sah ihn dabei nachdenklich an.
„Ich danke dir Eveelin!“
„Wo für?“, fragte ich verwirrt und wurde aus meinen Gedanken gerissen.
„Du bereitest mir das schönste Geschenk, indem du einfach nur bei mir bist mein geliebter Schatz!“
Fly küsste mich verzweifelt und doch voller Verlangen nach mir.
Seine Augen waren jetzt pechschwarz und mit einer solchen Intensität, wie ich es noch nie bei ihm gesehen hatte.
Sanft griff er nach meiner rechten Hand und wirbelte mich herum.
Mit einer viel zu schnellen Bewegung zog er mich dann an sich, sodass ich über meine eigenen Beine stolperte, doch ich konnte es nicht einmal richtig realisieren, da schlang er seine Arme auch schon um meinen Körper.
Erschrocken keuchte ich auf, aber entspannte mich dann sofort wieder.
En umschlungen tanzten wir die ganze Nacht durch, bis meine Beine plötzlich vor Erschöpfung unter mir nachgaben und er mich auffangen musste, damit ich nicht zu Boden sank.
Besorgt musterte Fly mich, während er mich noch immer in den Armen hielt.
„Es geht mir gut!“, sagte ich mit müder Stimme, damit er sich keine Sorgen um mich machte. „Ich bin nur müde und sehr erschöpft!“
Zärtlich strich ich im mit der rechten Hand über die Wange..
Langsam ging er auf die Flügeltür zu, blieb jedoch kurz am Tisch stehen.
„Möchtest du vielleicht noch deinen Nachtisch haben?“, fragte Fly ironisch und grinste mich dabei breit an.
Ich schüttelte lächelnd meinen Kopf zur antwort und legte ihn dann an seine Schulter.
Er nickte nur wissend und trug mich dann zufrieden aus dem Raum, die Gänge entlang in mein Zimmer, obwohl ich doch wirklich geglaubt hatte, dass er mich in sein Zimmer tragen würde, aber daraus wird wohl nichts.
Enttäuschung breitet sich in mir aus, doch ich ließ es mir auf gar keinen Fall anmerken.
Es war ziemlich dunkel und der Mond schien durch die großen, weißen Fenster.
Er erhellte einen kleinen Teil des Raumes, Flys Gesicht und den Rubinstein an meinem Hals.
Wie immer war Fly wunderschön.
Ich dachte schon, er würde das Licht anmachen, doch er ging ohne Zögern und Zielsicher durch das Zimmer auf mein Bett zu.
Und erst da erinnerte ich mich wieder, dass er doch ein Vampir war.
Er hatte sehr gute Sinne. – Seine Augen waren viel besser, als die eines Menschen und konnten selbst in der Dunkelheit sehen.
‚So etwas sollte ich mehr beachten!’, sagte ich zu mir selbst.
Vorsichtig stellte er mich wieder auf meine Füße
Fly löste die Spangen aus meinem Haar, dass mir jetzt leichtgewellt auf die Schultern fiel.
Zärtlich wuschelte er es durch und zog mir dann das rote Seidenkleid aus, sodass ich nur noch meine Unterwäsche anhatte.
Er sah mich mit einem entzückten Blick an und es schien im zu gefallen was er sah.
Sanft berührten seine Finger meine Haut und liebkosten mich, doch dann schüttelte er unmerklich den Kopf, brach seine Berührungen ab und trug mich langsam zum Bett.
Behutsam legte er mich darauf ab und deckte mich dann zu.
‚Wird Fly jetzt gehen?“, fragte ich mich
Ich wollte nicht das er ging!
Er sollte bei mir bleiben und das für immer!
Aber das würde nicht passieren.
Doch für den Augenblick würde es mir fürs erste reichen.
Meine Sorge war völlig um sonst gewesen, denn er zog seinen Anzug ebenfalls aus und legte sich dann nur in Boxershorts gekleidet ganz dicht zu mir.
Ich drehte mich zu ihm, obwohl ich kaum etwas sehen konnte.
Fly lächelte mich an und seine Zähne glänzten in der Dunkelheit.
Sanft fuhr ich dem Vampir mit meinen Fingern durch sein dunkelblondes, fast braunes Haar, dass er etwas länger trug und ihm Strähnenweise ins Gesicht fiel.
Er sah in diesem Moment wirklich zum anbeißen aus!
Ich drehte mich schnell weg von ihm, um nicht noch auf dumme Gedanken zu kommen und schloss dann meine Augen.
Hinter mir kuschelte Fly sich an mich, denn ich spürte eine warme, sehr muskulöse Brust in meinem Rücken und seine weichen Lippen an meinem Hals, die mich immer wieder ganz leicht liebkosten und dann schlief ich auch schon in seinen Armen erschöpft, aber überglücklich ein.
Texte: Copyright by Cassedy
Tag der Veröffentlichung: 28.06.2010
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