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Meine Lieben,

ich komme gerade eben aus der Hall of Sweat, in der sich Turnküken von internationalem Format einen heißen Fight am Stufenbarren geliefert haben. Angeblich sollen diese nüddelichen Flugentchen ja mindestens 16 Jahre alt sein, aber das können diese Schlemihle einer kampferprobten principessa

ja wohl nicht ernsthaft weismachen wollen. Wenn diese kleinen Pekingenten älter als dreizehn sind, gehe ich sofort in ein Kloster mit absolutem Schweigegelübde und ihr werdet nie wieder von mir hören~~~

Als ich den Stufenbarren sah, war ich vonne Seidenstrümpfe: Aus meinem Turnunterricht kenne ich dieses Teil aber ganz anders! Der Barren in London war ein Riesentrumm, und zwischen den Holmen war so viel Platz wie im Vorgarten der Kwien an der „Moolllll“. Bloß dass da keine Rittersporne, Strauchrosen und Lupinen gepflanzt waren. Wär ja auch blöd gewesen, denn manchmal fällt so ein Entenküken ja auch mal runter von der Stange, und dann so mittenmang in eine Rosa suaveolens mit ihren Mörderdornen... ein absolutes No go!

Wenn ich da an mein unseliges Zwangs-Turnabitur zurückdenke, mitten im Mai, also zur besten Leichtathletikjahreszeit, und eure principessa

war eine exzellente Läuferin und Springerin und auch die Kugel konnte sie weit stoßen, auch wenn kein Prinz dabei abfiel... Aber im bescheuerten Lehrplan des Landes BaWü war für das Turnabi... GERÄTETURNEN vorgesehen, wahrscheinlich, damit die hochbetagten Lehrer muggelig warm in der Halle sitzen bleiben konnten und beste Aussichten auf unsere Popöchen hatten, gell? Es saß nämlich das ganze Stoffvermittlungskollektiv, sprich das Lehrerkollegium, in unseliger Versammlung in der Turnhalle. Um es kurz zu machen- ich bin am besagten Stufenbarren zweimal vom Gerät gefallen. Da ich im Turnen eine ziemliche Null war, viel zu lange Beine und mit einer gesunden Antipathie gegen Turngeräte ausgestattet, hatte ich mir eine ziemliche Harakiri-Übung zusammengefriemelt, und da verpasst man dann bei einem Wechsel schon mal gerne den Holm. Beim zweiten Fallen bin ich dann mit geschlossenen Augen regungslos liegen geblieben, und nach einem kollektiven Aufschrei war es totenstill um mich herum. In heller Aufregung kam Frau Diplomsportlehrerin Lehmann angeschossen und schaute nach, ob ich um Himmels willen etwa schon über den Styx war. Habe dann die wohl beste schauspielerische Leistung meiner Schulzeit abgeliefert und die Benommene mit- mindestens- einer Gehirnerschütterung und möglichen inneren Verletzungen gespielt. Mein Abtransport auf der Erste-Hilfe-Bahre kam einem Triumphzug ziemlich nahe. Falls ihr „Cleopatra“ mit Lieschen Schneider kennt, wisst ihr, welchen Triumphzug ich meine.

Natürlich war mir wenig passiert, ein paar Prellungen an delikaten topographischen Stellen und zwei Tage lang mildes Kopfbrummen waren zu verschmerzen. Vor allem wenn man bedenkt, dass ich auf diese Weise die bescheuerte Ball-Kür in wenig rhythmischer Sportgymnastik nicht mehr vorführen musste. Ich war schon damals nicht der Leni-Riefenstahl-Typ vom Dampfer „Kraft durch Freude“...

Aber zurück zu den Peking-Entchen und russischen Taiga-Hühnern. Die waren genauso kamikazemutig wie ich damals in meiner „Kür“. Allerdings können die Mädelchen im Gegensatz zu mir sagenhaft gut kreiseln und fliegen und Salti in die Hallenluft schrauben. Ich frag mich allerdings, wie fit die in zwanzig Jahren sein werden- mit ihren hohlen Kreuzen, Watschelfüßen und mehrfachg geflickten Sehnen.

Gesund kann das ganze Gewirbel und Geschwurbel ja nu wirklich nicht sein. Vor allem, wenn die Mädels und Jungs auf knallhartem Hallenboden ihre Bodenkür krachen lassen. Das knallt dann wie am Schießstand. Allerdings nicht bei den schießenden Teuten. Die treffen nämlich selten die Scheibe und dürfen immer ganz früh zum Duschen. Dort warten dann meist schon die Schwimmer. Und die teutschen Musketiere. Es gibt ja in Kwiens-Land auch ein „Teutsches Haus“. Das ist in den Nasszellen untergebracht. In dem ganzen Dampf fallen dann wohl die verheulten Gesichter nicht so auf.

Aber die Trikots der Teuten sind schön. Ehrlich.

Impressum

Texte: cassandra2010
Bildmaterialien: wikicommons
Lektorat: c2010
Tag der Veröffentlichung: 06.08.2012

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