So, meine Lieben, ich hab wieder Sepia, bin einfach auf die pescheria
gegangen und hab mir einen Tintenfisch namens Pietro schlachten lassen. Das müsste jetzt für die Fortsetzung meines Berichtes aus der Stadt der Ewigen reichen.
Ich hatte euch doch noch erzählt, dass ich es zuerst nicht geschafft hatte, in den VatiKann hineinzukommen? Diese Gardisten in ihren Pumphöschen waren knallhart--- die guckten mich nicht einmal an, es war zum Mäusemelken! Aber ihr kennt mich. Der Troyan Princess kann auf Dauer niemand
widerstehen, und schon gar kein Mann. Auch kein Schweizer. Mit oder ohne Pumphöschen...
Dass ich zu einer List würde greifen müssen, könnt ihr euch denken. Ich badete in Stutenmilch und zog mir mein aufregendstes Kleid an, das cremefarbene aus schwerem Atlas, das mein De-Kolle-Tee so nett herrichtet. Allerdings verbarg ich meine pommes d'amour unter meinem blauen Seidenmantel, ich wollte die Auslage effektiv einsetzen, gell. Wie sagte noch einmal meine alte Freundin Mae West: „ Ich spreche zwei Sprachen, Körper und Englisch.“ Ich selber spreche ja nun gar kein Englisch, aber das nur nebenbei.
Wie ich es vorhergesehen hatte, war meiner List ein voller Erfolg beschieden. Der Wachhabende, ein Zuckerbürschchen von knusprigen zweiundzwanzig Jahren, machte derartige Stielaugen bei meinem tiefen Anblick, dass mir unwillkürlich eine weitere Sentenz meiner amie de coeur Mae in den Sinn kam, ihr wisst schon, als sie sich über eine Pistole in der Hose freut. Hab diesen Satz nie so ganz begriffen, er schien mir aber immer schon sehr gewagt zu sein.
Auf jeden Fall ließ Ueli, so hieß mein Geißen-Peter vom VatiKann, mich unbemerkt in den Palast schlüpfen. Ein riesiges, weitläufiges Areal, und irgendwo rechts im ersten Stock, so hatte mir Charon damals gesagt, sollte der papa, ein gewisser Herr R. aus Bavaria, eine Dreizimmerwohnung haben. Nun habe ich einen ganz fürchterlichen Orientierungssinn, ich lief andauernd im Kreis und kam immer bei Peters Dom
vorbei, meine Füße taten mir weh und meine Haare hatten sich mittlerweile auch aus der griechischen Banane gelöst, da traf mich der Schlag: Vor mir stand eine Reproduktion von George Clooney in einem langen schwarzen Kleid mit weißem Krägelchen. Euch kann ich es ja sagen: Männer, die Kleider (!!!) tragen, waren mir immer schon sehr suspekt, die haben so ein Je-ne-sais-quoi, wahrscheinlich haben sie sich nie richtig von Mami gelöst... mein Halbbruder Paris war ja auch ein bisschen von der Sorte, aber das ist jetzt wohl off topic.
George Clooney war jedenfalls wie vom Donner gerührt, als ob er noch nie eine Frau und schon gar keine Prinzessin gesehen hätte und machte mit der Hand so ein merkwürdiges Zeichen auf dem Oberkörper. Ob er wohl einer Sekte angehört??? Dabei murmelte er irgendetwas von einem Waden- Satan-Aas. Also ich vermute stark, dass er etwas geraucht hatte, vielleicht auch Pilze geschnupft. Meine Mama hat mich aber gut erzogen und so fragte ich auf Altgriechisch, mit wem ich denn die Ehre hätte, ich sei Prinzessin Cassandra aus Troja auf Euro-Tour und hätte gerne den papa
in einer dringenden Angelegenheit gesprochen.
Das hatte eine unerwartete Wirkung. Clooney raffte seine Röcke (hab ich schon erzählt, dass er auch einen Unterrock trug???) und eilte davon und rief mir über die Schulter zu, ich solle nur immer hinter ihm bleiben. Ich kann euch sagen, ich kam mir vor wie im Panoptikum, denn in diesem VatiKann trugen alle Männer lange Kleider, manche sogar in Knallrot. Ich will ihnen aber nicht Unrecht tun, vielleicht gab der Herr R. aus Bavaria ja einen Maskenball, die Bajuwaren feiern ja auch ein sehr seltsames Fest im Oktober, sie nennen es, glaube ich, Ozapftis
.
Nach einer halben Stunde waren wir gut zwei Kilometer im Vatikann herumgelaufen, als Clooney mich auf einmal fragte, ob mir die Sixtinische Kapelle bekannt sei. Weil ich höflich sein wollte, fragte ich Clooney-Boy, welche Art von Musik diese Band denn spiele. Daraufhin gab er sehr merkwürdige Gurgellaute von sich, was ich unhöflich und grob fand. Das hat man nun davon, wenn man nett zu komischen Männern in Frauenklamotten sein will! Er scheint mir auch einen hohen Blutdruck zu haben, denn er war rubbeldiwupps! knallrot angelaufen und atmete heftig. Er murmelte nur noch etwas von Gänsewein und dass ich bitte sehr hier warten wolle, der Heilige Vater komme in einer Stunde aus der Kurie zurück. Obwohl ich Leitungswasser im Allgemeinen verabscheue, hätte ich gerne einen Schluck zu trinken gehabt, aber der Stoffel hat mir nix angeboten.
Jetzt sitze ich schon seit fast einer Stunde auf einem schlecht gepolsterten Lehnstuhl und warte, dass der Vater mit seinen Kneippanwendungen fertig wird.
Sollte ich in diesem Leben noch mit ihm sprechen können, werde ich euch unverzüglich schreiben. In der Zwischenzeit werde ich ein paar Kreuzworträtsel im Osservatore Romano lösen, es liegen ein paar Ausgaben auf dem Beistelltisch.
Bess demnäx
Cassy
Texte: cover@wikicommons
Tag der Veröffentlichung: 24.10.2011
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Dem Ueli aus Bern...